HCM 4. Jg. Ausgabe 12/2013
VerbAnDSSeiTe Der DGFM64
Ein Krankenhaus als Marke! Dieses Thema
wird in einschlägigen Fachkreisen und in
den Führungsetagen vieler Kliniken im-
mer häufiger diskutiert. Dies ist eine der
zwangsläufig auftretenden Reaktionen
auf einen Wettbewerb um schwer ver-
gleichbare Produkte bzw. Dienstleistun-
gen. Die wichtigsten Funktionen einer
Marke sind in diesem Zusammenhang die
emotionale Verknüpfung von wünschens-
werten Eigenschaften mit dem Kranken-
haus, eine Orientierungshilfe für die „Kun-
den“, die Steigerung des Vertrauens durch
das Verlassen der Anonymität des Mark-
tes sowie die sichtbare Positionierung mit
bestimmten, möglichst einzigartigen Leis-
tungsversprechen.
Um den offensichtlich in der Kranken-
hausbranche immer noch weit verbreite-
ten Irrtum klar anzusprechen: Corporate
Design oder auch ein Logo können sicht-
bare Zeichen einer aufgebauten bzw. po-
sitionierten Marke sein, sind aber nicht
deren Basis und schon gar nicht die Mar-
ke selbst. Eine Marke besteht letztlich aus
den Vorstellungen, die in den Köpfen der
Zielgruppen existieren. Sie wird nicht so
charakterisiert, wie z.B. eine Klinikge-
schäftsführung dies beschließt. David
Ogilvy hat bereits 1951 formuliert: „the
brand is the consumer’s idea of a pro-
duct“. Der Deutsche Markenspezialist
Prof. Franz-Rudolf Esch formulierte sinn-
gemäß: „Marken entstehen in den Köpfen
der Menschen.“ Marken sind ein Set von
Vorstellungen und Meinungen. Dieser
Tatsache muss man sich bewusst sein,
wenn man einen „Markenprozess“ bzw.
die Kommunikation einer strategischen
Positionierung plant.
Wenn man die Konsequenzen des-
sen ernsthaft zu Ende denkt, wird deut-
lich, dass die wichtigste Voraussetzung ei-
ner strategischen Positionierung und ei-
ner Markenbildung marktfähige Leistun-
gen sind. hier sind insbesondere die Qua-
lität der Leistungen sowie die Patienten-
freundlichkeit der Prozesse der täglichen
administrativen und medizinischen Ab-
läufe im Fokus. Denn genau an diesen
Kontaktstellen zwischen Patient/Angehö-
rigen und Klinik entstehen die von Ogilvy
und Esch genannten Meinungen und Vor-
stellungen über das Klinikum – mit ande-
ren Worten: hier entsteht die Marke. Will
ein Krankenhaus sich zu einer Marke ent-
wickeln, muss an diesen Basisprozessen
intensiv gearbeitet werden.
Krankenhausleistungen sind soge-
nannte Vertrauensgüter, denn die medizi-
nischen Leistungen können von Patienten
und Angehörigen in der Regel nicht be-
wertet werden. Dies führt dazu, dass Pa-
tienten anhand von Ersatzkriterien das
Krankenhaus und dessen medizinische
Leistungen bewerten. So führen der Erst-
STrATeGiSche PoSiTionierunG
Krankenhausmarke –Wunschdenken oder Realität?Coca-Cola, Persil, Tempo – diese Namen haben eines gemeinsam: Sie sind als Marken in den
Köpfen der Verbraucher verankert. Funktioniert das auch für Krankenhäuser? Unser Experte
klärt auf.
„Marken sind ein Set von Vorstellungen und Meinungen. Dieser Tat-sache muss man sich bewusst sein, wenn man einen Markenprozessbzw. die Kommunikation einer strategischen Positionierung plant.“PATrIC SoMMErHoFF
Vorstand der DGFM
• Prof. Dr. Christian Thielscher
(Präsident),
• Heinz D. Diste (Vize-Präsident),
• Gudula Stroetzel (Schriftführerin),
• Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke
(Schatzmeister),
• Prof. Dr. Thomas Jäschke,
• Patric Sommerhoff.
Kommissionen und Leitungen
• Marketing und Strategien:
Gudula Stroetzel, Patric Sommerhoff,
• Führung und Personal: Heinz D. Diste,
• Marketing und IT:
Prof. Dr. Thomas Jäschke,
• Qualität und ihre Kommunikation:
Prof. Dr. Christian Thielscher,
• Krankenhausmanagement:
Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff,
Prof. Dr. Andreas Goldschmidt.
Kontakt zur DGFMDGFM, c/o Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke, Zweibrücker Straße 8, 42697 Solingen.Telefon: 0212/2 21 77 90, Fax: 0212/2 21 77 91
Aktuelles zu Kommissionen und sonstigen
Aktivitäten unter:
www.dgfm-ev.org
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Fo
to:
pri
vat
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Die Positionierung und Markenbildung
von Krankenhäusern resultiert unmittel-
bar aus den vor Ort gemachten Erfah-
rungen der Patienten.
Quelle: Fazilet Gerekgil, Düsseldorf
PATricSoMMerhoFF
Universitätsklinikum Düssel-
dorf, Leitung Unternehmens-
kommunikation, Kontakt:
[email protected] oder
kontakt am Empfang, die Abwicklung der
Aufnahmeformalitäten, die Wartezeiten,
das Mittagessen, die Freundlichkeit des
Personals usw. zu einer Gesamtbewer-
tung der Klinik inklusive der medizini-
schen Leistungen. Hier gilt, was der Philo-
soph Epiktet schon vor rund zweitausend
Jahren sinngemäß formulierte: Nicht Tat-
sachen, sondern Meinungen über Tatsa-
chen sind entscheidend. Und genau die-
ses Phänomen ist eine große Chance für
Kliniken. Denn durch eine Verbesserung
der „Erlebnisse“ von Patienten und Ange-
hörigen in der Klinik ist ein großer Teil der
Positionierungsarbeit bereits getan, und
eine Marke ist dabei zu entstehen.
So trivial diese Erkenntnisse klingen,
gibt es in der Praxis bisher wenige Klini-
ken, die den anstrengenden, aber erfolg-
versprechenden Weg über Qualität und
die Prozessoptimierung hin zur Patien-
tenzufriedenheit und damit der Entste-
hung einer werthaltigen Marke gehen.
Tatsächlich ist aber zu beobachten, dass
der Prozess oft umgekehrt abläuft: Mar-
ken, Positionierungen und auch Leitbilder
werden am Konferenztisch „beschlossen“
und Patienten wie Mitarbeitern „verkün-
det“. Diese Form der Positionierung scha-
det mehr, als sie nutzt. Denn Versprechen,
die in der täglichen Praxis nicht gehalten
werden, sind noch deutlich negativer zu
bewerten als die gleichen Leistungen, oh-
ne dass vorher falsche Erwartungen bei
den Anspruchsgruppen geweckt wurden.
Letztlich bedeutet dies für eine Kli-
nik, dass sie in einem Positionierungspro-
zess vorzugsweise mit den eigenen Mitar-
beitern und weniger mit externen Bera-
tern an der kontinuierlichen Verbesse-
rung arbeiten muss. Dies setzt eine ver-
trauensvolle Zusammenarbeit zwischen
Klinikleitung und Belegschaft voraus, die
von kompetenten Menschen mit hoher
sozialer Kompetenz gesteuert werden
muss. Wer diesen Weg geht, wird im Ide-
alfall dadurch belohnt, dass die Patienten
wissen, wofür diese Klinik steht und dass
sie dort gut aufgehoben sind. Erhält das
Krankenhaus nach einem solchen Verän-
derungsprozess von seinen Patienten
mehrheitlich eine positive Rückmeldung,
ist eine Marke entstanden, und das Kran-
kenhaus kann beginnen, diese zu kommu-
nizieren und zu visualisieren.
Ein weiterer Sachverhalt legt nahe,
wie wichtig diese Vorgehensweise für
Krankenhäuser ist: Patienten und Ange-
hörige sind in nahezu allen Fällen emotio-
nal und daher mit einem hohen Involve-
ment an der Leistungserbringung betei-
ligt. Es ist erwiesen, dass Ereignisse bei
emotionaler Beteiligung oft dauerhaft im
Gedächtnis verankert werden. Die Wer-
bung bedient sich dieses Zusammen-
hangs seit vielen Jahren. Der Fokus auf die
Basisprozesse, innerhalb derer die Begeg-
nungen mit fast immer emotional betei-
ligten „Kunden“ stattfinden, ist der
Schlüssel zur Schaffung einer wertvollen
Marke, die mit positiven Attributen in den
Köpfen der Menschen verankert ist.
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