Insolvenzen in Zeiten der FinanzkriseBefragung von Insolvenzverwaltern zu Entwicklung, Ursachen, Konsequenzen
Aktuell. Detailliert. Fundiert.
Wirtschaft Konkret Nr. 107
In Zusammenarbeit mit:
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Wirtschaft Konkret Nr. 107
Inhalt107 Insolvenzen in Zeiten der Finanzkrise
Impressum
„Wirtschaft Konkret“ ist eine Veröffentlichung der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Friedensallee 254, 22763 Hamburg.
Verantwortlich: Hans Joachim Kasperski, Euler Hermes Kreditversicherungs-AG. Redaktion: Rainer Hupe Kommunikation, Hochallee 77, 20149 Hamburg.
Layout: UMP Utesch Media Processing GmbH, Tarpenring 13, D-22419 Hamburg. Druck:
Informationen nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Genehmigung des Herausgebers. Stand: Juni 2009
3 Editorial –Euler Hermes Kreditversicherungs-AG
5 Editorial – Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim (ZIS)
6 Die Untersuchungsmethode
7 Ergebnisse der Studie in Kürze
9 Die Insolvenzwelle rollt an9 Spektakuläre Pleiten als Signal
10 Neue Insolvenzrekorde erwartet11 Kurzarbeitergeld als Puffer12 Wer betroffen ist13 Aufträge brechen weg
14 Insolvenzursache Finanzkrise 14 Zwei Ursachen werden wichtiger17 Wen die Finanzkrise trifft18 Mittelstand besonders gefährdet19 Kreditzurückhaltung bei Banken
21 Retten, was zu retten ist21 Die Sanierung fest im Blick23 Qualifikationskriterien für
Insolvenzverwalter24 Barrieren für die Insolvenz -
ver walter25 Was sich ändern soll26 Das sächsische Modell26 Einflussfaktor Insolvenzrichter27 Qualifikation der Insolvenzrichter
28 Ergebnisse der Studie 2006
29 Ergebnisse der Studie 2007
30 Weiterführende Links
31 Anhang
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Wirtschaft Konkret Nr. 107
Editorial
Die Prognosen sind alles andere als gut. Nachdem die deutsche Wirtschaft 2009 in die tiefste Rezession seit dem
zweiten Weltkrieg gerutscht ist, werden auch die Firmeninsol-venzen als typischer Spätindikator der Volkswirtschaft nach-ziehen. In diesem und im nächsten Jahr könnte die Zahl wieder in die Nähe der alten Rekordmarke von 2003 kommenoder diese sogar übertreffen.
Einen Kreditversicherer wie Euler Hermes muss die Ent-wicklung natürlich alarmieren. Schließlich ist es unsere Aufgabe, Unternehmen vor Risiken und insbesondere existen-ziellen Gefahren zu schützen. Weil die Prävention, d.h. derrechtzeitige Hinweis auf die Risiken dabei eine wesentlicheRolle spielt, veröffentlichen wir regelmäßig Insolvenzprogno-sen und untersuchen die Ursachen von Insolvenzen. Zumdritten Mal legt Euler Hermes deshalb gemeinsam mit demZentrum für Insolvenz und Sanierung an der UniversitätMannheim (ZIS) eine entsprechende Studie vor.
In der aktuellen Studie geht es vor allem darum zu verste-hen, was die besondere Dynamik dieser Krise ausmacht undwomit die Unternehmen derzeit am meisten zu kämpfenhaben. Zu diesem Zweck wurden wieder Insolvenzverwalterinterviewt, die umfassende professionelle Erfahrungen haben
und eine große Zahl von Fällen bearbeiten. Sie berichten vonmassiven Auswirkungen der Krise, die sie in ihrer praktischenArbeit erleben. Noch immer sind Managementfehler eine derwesentlichen Ursachen für Insolvenzen, insbesondere in mit-telständischen Betrieben. Aber es kommen schwerwiegende,krisenbedingte externe Gründe hinzu: massive Auftragsein-brüche und große Schwierigkeiten, die Finanzierung zusichern.
Wir als Kreditversicherer haben schon einige Krisen erlebtund gemeistert. Unser Ziel ist es, den Unternehmen auch indiesen schwierigen Zeiten Orientierung zu geben. Unsere Studien, an die wir einen hohen qualitativen Anspruch haben,sollen unsere Kunden dabei zusätzlich unterstützen. Dass wirdafür nun schon zum dritten Mal mit dem ZIS zusammen -arbeiten können, ist für mich eine besondere Freude undbeweist, dass eine enge Verzahnung von Forschung und Wirtschaft sehr fruchtbar sein kann.
Dr. Gerd-Uwe BadenVorstandsvorsitzenderEuler Hermes Kreditversicherung
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EditorialZentrum für Insolvenz und Sanierungan der Universität Mannheim (ZIS)
Das Schlimmste scheint überstanden zu sein. Mit diesenWorten betitelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung Ende
Mai 2009 ihren monatlichen Konjunkturbericht. An derselbenStelle sah allerdings ein professoraler Experte für Insolvenz-recht eine enorme Welle von Unternehmensinsolvenzen her-anrücken. In der Tat: wenn die Experten der Insolvenzpraxis,die in der vorliegenden Studie befragt wurden, die Zeichenrichtig deuten, steht das Schlimmste noch bevor. Was neueInsolvenzrekorde bedeuten, lässt schon ein rascher Blick indas Zahlenmaterial des Statistischen Bundesamts erahnen:Im Jahr 2003, dem Höhepunkt der letzten Insolvenzwelle,kamen in Deutschland 39.320 Unternehmen zu Fall. Die Forderungen der geschädigten Gläubiger schätzt man auf31 Milliarden Euro. Der volkswirtschaftliche Gesamtschadenliegt unvorstellbar höher. Insolvenzwellen laufen erst mitmehrjähriger Zeitverzögerung aus, lange nachdem sich dieKonjunktur wieder erholt hat. Besonders beängstigend ist derdrohende Effekt im mittelständischen Bereich, der nicht dieGunst der wahlkämpferischen Politik großer Zahlen und gro-ßer Unternehmen genießt. Ihnen kommt „das große Retten“ –so ein Leitartikel Anfang Juni – allenfalls mittelbar zu Gute.
Vor diesem Hintergrund darf man mit Spannung beobach-ten, wie erfahrene Insolvenzverwalter eine Reihe von Schlüsselfragen beantworten: Wie hilfreich wäre ein steuer -finanzierter Rettungsfonds für insolvente mittelständische
Unternehmen? Wie dringlich sind Korrekturen des geltendenInsolvenzrechts, sei es an neuralgischen Einzelpunkten wie§ 613a BGB, sei es im Grundsätzlichen? Wie praxistauglich istdas Insolvenzplanverfahren, das gegenwärtig manche Hoffnung auf sich zieht? Wie ist es um den ökonomischenSachverstand der zuständigen Richter und Rechtspfleger anden Insolvenzgerichten bestellt? Und wie stark mindern dieHaftungsrisiken, die dem Verwalter nach geltendem Rechtdrohen, ihre Bereitschaft zur Sanierung insolventer Unter -nehmen?
Die Antworten der Verwalter fallen teils eindeutig, teils differenziert aus. Gehörige Aufmerksamkeit verdient die Stimme der Praxis allemal, besonders in einer Zeit, die vonhektischem, nicht immer zielführendem Aktionismus geprägtwird. Nach dem Auslaufen der kommenden Insolvenzwellewird die Rückfrage an die Politik erlaubt sein, wie viele kleineund mittlere Unternehmen – strukturell gesunde und konkur-renzfähige, aber von der globalen Krise hart angeschlageneUnternehmen – mit den steuerfinanzierten Automilliardendauerhaft zu retten gewesen wären.
Prof. Dr. Georg Bitter, Prof. Dr. Ulrich FalkZentrum für Insolvenz und Sanierungan der Universität Mannheim (ZIS)
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Die Untersuchungsmethode
Die vorliegende Studie ist die Fort-setzung der 2006 und 2007 von der
Euler Hermes Kreditversicherunggemeinsam mit dem Zentrum fürInsolvenz und Sanierung an der Uni -versität Mannheim (ZIS) präsentiertenUntersuchungen über die Ursachenvon Unternehmensinsolvenzen. Dies-mal steht im Mittelpunkt die Frage,welche Auswirkungen die allgemeineWirtschafts- und Finanzkrise und diemit ihr einhergehende Rezession aufdie Entwicklung und die Ursachen vonUnternehmensinsolvenzen in Deutsch-land haben. Im Auftrag von Euler Her-mes und in Zusammenarbeit mit demZIS befragte das KOHORTEN-Institut inWiesbaden im März und April 2009 ins-gesamt 107 Insolvenzverwalter in Tele-foninterviews. Grundlage der Befragun-gen war ein teilstrukturierter
Fragebogen, der in einer vorgelagertenDiskussion mit Insolvenzverwaltern,Bank-Mitarbeitern, Professoren des ZISsowie Experten von Euler Hermes ent-wickelt wurde.
Die Kriterien der Auswahl garantie-ren einen professionellen Standard derBefragten. Knapp zwei Drittel der Insolvenzverwalter beschäftigen sichausschließlich mit Unternehmensin-solvenzen, die weiteren hauptsächlich,also mindestens zur Hälfte der Arbeits-zeit. 94 Prozent sind seit mindestensacht Jahren als Insolvenzverwaltertätig; 90 Prozent sind in ihrem Verant-wortungsbereich verantwortlich fürmehr als 50 laufende Verfahren,38 % sogar für mehr als 200 Verfahren. Insgesamt bearbeiten die befragtenInsolvenzverwalter rund 21.000 laufen-de Unternehmensinsolvenzverfahren.
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1. Welche Auswirkungen hat die Finanzkrise?63 Prozent der Insolvenzverwalterglauben, dass der Rekordwert anInsolvenzen aus dem Jahr 2003 inder aktuellen Krise überschrittenwird, weitere 23 Prozent, dass wir ihnwieder erreichen werden.Einen deutlichen Anstieg der Insol-venzzahlen erwarten 51 Prozent derVerwalter für das 3. Quartal 2009;22 Prozent sehen die Insolvenzwelleim 4. Quartal auf uns zukommen.Den Höhepunkt der kommendenInsolvenzwelle erwartet die Hälfteder Insolvenzverwalter in 2009, dieandere Hälfte 2010 oder später.
Das Ausbleiben neuer Aufträge wirdnach Ansicht von 94 Prozent derInsolvenzverwalter zum Anstieg derInsolvenzahlen beitragen; die Stor-nierung oder Verschiebung bereitserteilter Aufträge sehen 73 Prozentals Auslöser. Mehr als zwei Drittel der Befragtenerkennen in der Insolvenz von Auf-traggebern oder Lieferanten dieGefahr des Dominoeffektes.62 Prozent sehen in der restriktivenKreditvergabe der Banken einen derzentralen Auslöser für einen Anstiegder Insolvenzen.
2. Welche Insolvenzursachen tretenjetzt besonders auf?Bei den aktuellen Insolvenzen stehenUrsachen im Mittelpunkt, die auf dieZukunft eines Unternehmens ausge-richtet sind: fehlender Mitarbeiter-Abbau bei sinkendem Umsatz (67 %),zu geringe Rücklagen für uner war -tete Ereignisse (64 %) und ein starresFesthalten an alten Konzepten(61 %).Fehlende personelle Kapazität fürStrategieüberlegungen ist die amstärksten angestiegene Insolvenz -ursache im Vergleich zur ersten Studie 2006.
Die tiefe Krise der Weltwirtschaft bringt die Unternehmen in Deutschland in extremeSchwierigkeiten. Dies lässt sich besonders aus den Antworten der Insolvenzverwalter indrei Bereichen schließen: Welche Auswirkungen hat die Finanzkrise? Welche Insolvenzursachen treten in dieser Extremsituation besonders häufig auf? Welche Konsequenzen sollten daraus gezogen werden?
Ergebnisse der Studie in Kürze
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Die Insolvenzverwalter schätzen,dass 34 Prozent der Insolvenzanträgedurch die Krise ausgelöst wurden.Mehr als 17 Prozent der Insolvenzenim Mittelstand sind ausschließlichauf die Finanzkrise zurückzuführen.Bei 39 Prozent der Insolvenzen ist dieKrise nur ein vorgeschobener Grund. 75 Prozent der Insolvenzverwalterbestätigen, dass bei ihnen Fälle vor-kommen, bei denen kleine Mittel-ständler einen Auftragseinbruch von40 bis 60 Prozent verkraften müssen.
3. Welche Konsequenzen sollten gezogen werden?70 Prozent der Insolvenzverwalterhalten es für sehr hilfreich, Para-graph 613a BGB (Verpflichtung beieinem Betriebs- oder Teilbetriebs-übergang, alle Arbeitsverhältnisse zuübernehmen) während der Krise fürmindestens drei Jahre auszusetzen. Ein radikal vereinfachtes Insolvenz-planverfahren und eine beschleunig-te Plangenehmigung halten 60 Pro-zent für sehr hilfreich.Eine knappe Mehrheit wünscht sichmehr Einfluss der Insolvenzverwalterauf die Gesellschafter durch Einbe-ziehung der Gesellschafter in dasInsolvenzplanverfahren und dieMöglichkeit, Änderungen des Gesell-schaftervertrages durch den Insolvenzverwalter durchführen zu können.
Ein spezieller Fonds, aus dem dieVerwalter Darlehen zur Fortführungund Sanierung bekommen könnten,sollte während der Krise eingerichtetwerden, meinen 56 Prozent. Schließlich plädieren 46 Prozent derBefragten dafür, das Insolvenzgeldvorübergehend länger zu zahlen.
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Spektakuläre Pleiten als SignalZu Beginn des Jahres 2009 geriet dieWeltwirtschaft immer stärker in denSog einer tiefen Rezession. Was zweiJahre zuvor mit der Krise an den US-Immobilien- und Kreditmärkten begon-nen hatte, erreicht die Realwirtschaftnicht nur der Industrieländer, sondernauch der Schwellenländer. In Deutsch-land sinkt das Sozialprodukt stärker alsjemals zuvor seit dem zweiten Welt-krieg. Nach einer positiven Entwicklungin den Vorjahren droht der Bundes -republik deshalb wieder eine Welle vonUnternehmensinsolvenzen.
Zwar wird die Zahl der Firmenpleiten– ein typischer Spätindikator der Wirt-schaft – nach allen Prognosen erst imweiteren Verlauf des Jahres 2009 anstei-gen, aber auch im ersten Quartal gab es
bereits deutliche Signale. So gerietenmehr große Unternehmen in Schwie-rig keiten als üblich. In den ersten dreiMonaten 2009 stellten weit mehrUnternehmen mit einem Umsatz größer 100 Millionen Euro einen Insol-venzantrag als es in der gleichen Periode 2008 waren.
Die öffentliche Aufmerksamkeit waraußerordentlich groß, weil traditions-reiche Betriebe mit großen Marken -namen in existenzielle Nöte gerieten:der Osnabrücker Cabrio-Spezialist Karmann etwa, oder der Porzellan -brenner Rosenthal, der Chipherstellermit dem Kunstnamen Qimonda,ursprünglich vom Siemens-Konzernabgespalten, genauso wie der Fertig-hausbauer Kampa, schließlich auch die Einzelhandelskette Hertie wie derSpielwarenhersteller Märklin.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der düsteren Insolvenz- Prognosen hat sich die Euler HermesKreditversicherung entschlossen,gemeinsam mit dem Zentrum fürInsolvenz und Sanierung an der Univer-sität Mannheim (ZIS) zu untersuchen,wie diese Krise die Unternehmen konkret trifft und was das Besondere andieser Krise ist. Damit führen sie die imJahr 2006 begonnene Reihe über dieUrsachen von Unternehmensinsolven-zen fort. Ermittelt wurde, was die Insolvenzverwalter in ihrer täglichenArbeit direkt vor Ort erleben und wiegerade mittelständische Unternehmendurch die Krise bedroht werden. DieStudie zeichnet nach, welche Erfahrun-gen die Experten machen, wie die Kriseihre Arbeit beeinflusst und welcheSchlüsse sie daraus ziehen.
Die Insolvenzwelle rollt an
Die Insolvenzverwalter sind sehr pessimistisch: Im Herbst wird wieder eine Insolvenz-welle in Deutschland anrollen; viele Mittelständler müssen um ihre Existenz fürchten. Es drohen neue Negativrekorde.
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Neue Insolvenzrekorde erwartetTatsächlich bekamen die meisten Insolvenzverwalter bei ihrer Arbeitschon zum Jahreswechsel die Folgender weltweiten Rezession zu spüren.Auf die Frage, ob sie bei ihrer eigenenArbeit in den vergangen Monatenbereits Auswirkungen der Finanzkrisebeobachten konnten, antworteten fastzwei Drittel zum BefragungszeitpunktMärz und April 2009 mit Ja.
Diese frühen Erfahrungen gebenoffensichtlich Anlass für eine recht pessimistische Sicht der Zukunft. Denn23 Prozent der Insolvenzverwalter glauben, der bisherige Höchstwert derInsolvenzen aus dem Jahr 2003 werdein der aktuellen Krise erneut erreicht.Damit befinden sie sich von der Tendenz her im Einklang mit der Insol-venzprognose der Euler Hermes- Experten, die ebenfalls einen Anstiegauf einen Wert knapp unterhalb derMarke von 39.000 voraussagt, allerdingserst für 2010. (Siehe Wirtschaft KonkretNr. 106 „Insolvenzprognose 2010“).
Die Mehrheit der Befragten ist jedocherheblich pessimistischer, denn fastzwei Drittel erwarten, dass die Rekord-marke von vor sechs Jahren überschrit-ten wird. Davon glauben 29 Prozentsogar, dass die Rekordmarke deutlichüberschritten wird. Ein Verwalter spe-kuliert bereits, dass „in Zukunft zu vieleVerfahren für zu wenig Verwalter“ dasein werden.
Beobachtungen zu den Auswirkungen der Finanzkrise
Frage: Haben Sie bei Ihrer eigenen Arbeit in den letzten Monaten bereits Auswirkungen der Finanzkrise
beobachten können? (gestützt) N = 107
Ja, Auswirkungen der Finanzkrise bei der eigenen
Arbeit beobachtet: 64 %
Nein: 36 %
Erwartete Entwicklung der Unter-nehmensinsolvenzen im Vergleichzum Höchststand 2003
Insolvenzverwalter 2009
N = 107
14
23
34
29
Unterschreiten
Erreichen
Etwas
überschreiten
Deutlich
überschreiten
Frage: Was schätzen Sie: Wird die Zahl der Unter-
nehmensinsolvenzen in der aktuellen Krise den bis-
herigen Höchstwert von 39.320 aus dem Jahr
2003 … (gestützt)
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Die Hälfte der Befragten rechnetdamit, dass die Zahl der Firmeninsol-venzen im 3. Quartal 2009 deutlichansteigen wird. Noch einmal fast einViertel glaubt an den Beginn einerrasanten Zunahme im vierten Quartal,
wobei jeder zweite auch davon ausgeht,dass der Höhepunkt der Firmeninsol-venzen vor dem Jahreswechsel erreichtwird. Die anderen erwarten dies erst2010 oder später.
Kurzarbeitergeld als PufferViele Insolvenzverwalter erwarten einstarkes Anschwellen der Insolvenzwel-le, sobald das Kurzarbeitergeld in derzweiten Jahreshälfte ausläuft. Tatsäch-lich wird dieses Instrument in dergegenwärtigen Rezession viel häufigerund intensiver von den Unternehmengenutzt als in vergleichbaren Situatio-nen früher. Immerhin 82 Prozent derInsolvenzverwalter bestätigen aus eige-ner Erfahrung, dass die Firmen dasKurzarbeitergeld zur vorbeugendenKostenentlastung heute häufiger alsfrüher nutzen. Da es aber zeitlich befris tet ist, wird es mit zunehmenderDauer der wirtschaftlichen Talfahrtauch seine insolvenzaufschiebendeWirkung für die Betriebe verlieren.
Eine große Rolle bei der Prognose desInsolvenzverlaufs durch die Insolvenz-verwalter spielt auch deren Annahme,dass die Liquiditätsreserven irgend-wann aufgebraucht sein werden oderder Auftragsbestand abgearbeitet istund keine Nachfolgeaufträge eintreffen.
Eine sehr viel wichtigere Rolle als inden früheren Studien spielt der Domi-no effekt, also die Insolvenz eines Unter-nehmens aufgrund der Insolvenz eines
Frage: Ab wann rechnen Sie mit einem deutlichen
Anstieg der durch die Finanzkrise verursachten In-
solvenzzahlen? (ungestützt) N = 107
Erwarteter Beginn eines deutlichen Anstiegs der Insolvenzzahlen
1. Quartal 2009 3(ist bereits geschehen)
2. Quartal 2009 17(ab April, Mai, Juni)
3. Quartal 2009 51(ab Jahresmitte)
4. Quartal 2009 22(im Herbst, Ende 2009)
2010 3
2012 1
Überhaupt nicht 2
K. A. 1
Frage: Und wann erwarten Sie den Höhepunkt für
die Frequenz von Insolvenzanträgen? (ungestützt)
n = 105
Erwarteter Höhepunkt für die Insolvenzantrags-Frequenz
3. Quartal 2009 15(ab Jahresmitte)
4. Quartal 2009 36(im Herbst/Winter 2009)
1. Quartal 2010 17
2. Quartal 2010 6
3. Quartal 2010 11
4. Quartal 2010 6
2010 (im Laufe des Jahres) 5
2011 1
2012 2
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Auftraggebers oder eines Lieferanten,der besonders in diesen Krisenzeitenals Auslöser weiterer Insolvenzen gesehen wird.
Wer betroffen istAls besonders gefährdete Branchenbetrachten die Insolvenzverwalter inÜbereinstimmung mit den aktuellenKonjunkturmeldungen die Auto -indus trie und deren Zulieferer, denMaschinenbau und die Transport- undLogistikbranche. An der Spitze der Nen-nungen stehen damit drei Branchen,die den deutschen Export wesentlichtragen. Dagegen werden die Konsum-güterindustrie oder andere inlands -orientierte Wirtschaftszweige eher alsgering gefährdet eingestuft.
Besonders gefährdete Branchen (Auszug)
Frage: Gibt es bestimmte Branchen, die nach Ihren Beobachtungen besonders gefährdet sind? (ungestützt)
N = 107
Automobilzulieferer 68
Autoindustrie (Autohäuser) 50
Maschinenbau (Werkzeugindustrie) 37
Transportbereich/Speditionen (Logistik, Reedereien, Werften) 29
Dienstleistungssektor (EDV, Consulting, Call-Center) 19
Einzelhandel 16
Stahl-/Metallverarbeitung 11
Bau/Hochbau 9
Handwerk 5
Personaldienstleistungen/Zeitarbeitsfirmen 5
Gastronomie/Beherbergungsgewerbe 4
Komplette Konsumgüterindustrie 4
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Aufträge brechen wegDie Angst vor weiteren Einbrüchen
bei den Auftragseingängen beherrschtganz offensichtlich die Einschätzungder Insolvenzverwalter. Spontangefragt, was ihrer Ansicht nach in dernächsten Zeit am meisten zum Anstiegder Insolvenzzahlen beitragen wird,kommen an den ersten beiden Stellen„Auftragsmangel und -einbrüche“ und„Absatzrückgang bei gleich bleibendenFixkosten“. Danach folgen „Liquiditäts-schwierigkeiten“ und „restriktive Kreditvergabe der Banken“.
Dieses Ergebnis der ungestütztenBefragung, bei der jeder Teilnehmerohne Antwortvorgaben sagt, was ihmwichtig erscheint, wird eindrucksvollbestätigt durch gezielte Fragen zurBewertung verschiedener Auslöser steigender Insolvenzzahlen. Wenn dieInsolvenzverwalter beurteilen sollen,ob bestimmte Einflüsse einen starken,mittleren oder geringen Effekt auf denerwarteten Anstieg von Insolvenzenhaben, dann sehen sie die Gefahr desAusbleibens neuer Aufträge eindeutigan der Spitze, gefolgt von der Sorge umdie Stornierung oder Verschiebungbereits erteilter Aufträge. Danach fol-gen drei Kriterien, die direkten Einfluss
auf die Liquidität der Unternehmenhaben.
Fasst man die von den Insolvenzver-waltern genannten Ursachen für denerwarteten rapiden Anstieg der Insol-venzen gerade jetzt in der Krise zusam-men, so ergibt sich aus ihrer Sicht fol-gende Wirkungskette: Den massivenAuftragseinbrüchen folgen Absatzrück-gänge bei gleichen Fixkosten, weil das
Personal wegen des schwerfälligen Arbeitsrechts nicht rechtzeitig und angemessen angepasst werden kann.Die daraus resultierenden Liquiditäts-schwierigkeiten werden durch die res -triktive Haltung der Banken verstärkt.Verschärft wird die Krise durch dasWegbrechen insolventer Liefer antenund Auftraggeber, so dass auch nochmit Dominoeffekten zu rechnen ist.
Ausbleiben neuer Aufträge
Stornierung oder Verschiebung bereits erteilter Aufträge
Dominoeffekt durch Insolvenzen von Auftraggebern und Lieferanten
Krisenanfälligkeit von Unternehmen, die von Private-Equity aufgekauft und danach mit hohen Schulden belastet wurden
Restriktivere Kreditvergabe der Banken
Rückgang des Auslandsumsatzes
Wachsende Nachfrage nach Kapital, der eine immer kleinere Zahlzahlungskräftiger Finanz-Investoren gegenübersteht
Durch Finanzkrise verringerte Bereitschaft von Finanzinvestoren,Private-Equity-Kapital zu investieren
Rückzug ausländischer Banken als Geldgeber
Ursachen für den Anstieg der Insolvenzzahlen
Frage: Werden die folgenden Einflüsse insgesamt Ihrer Meinung nach stark, in mittlerem Umfang oder eher wenig zu einem Anstieg der Insolvenzzahlen beitragen?
(gestützt) N = 107
Stark In mittlerem Umfang Eher wenig Angaben in %
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
53
29
2439
133057
92962
132164
3168 1
2473 3
694
3636
386
36
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Wirtschaft Konkret Nr. 107
Aus Sicht der Insolvenzverwaltersind viele Unternehmen nicht rich-
tig auf die Zukunft vorbereitet. Die Ana-lyse der aktuellen Insolvenzursachen,bei der die Befragten für insgesamt 14Kriterien angeben konnten, ob sie nachihrer Einschätzung sehr selten bis sehrhäufig als Insolvenzursache auftreten,bestätigt diese Aussage. Zwar werdenauch vergangenheitsbezogene Kriteriengenannt wie das unzureichende Debi-torenmanagement. Dominierend sindjedoch ganz deutlich diejenigen Krite-rien, die eine mangelnde Zukunftsvor-sorge erkennen lassen: der fehlendeAbbau von Mitarbeitern bei rückläufi-
gem Umsatz, die zu geringen Rückla-gen für unerwartete Ereignisse, dasstarre Festhalten an alten Konzeptensowie die fehlende Person mit strategi-schen Aufgaben.
Die typischen Managementfehler imBereich des Debitorenmanagements,der Kostenrechnung, des Controllings,der Produktionsabläufe und der Preis-politik, also die unternehmensinternenKriterien, wurden im Jahr 2009 seltenerals Insolvenzursache ausgemacht. Diesverwundert nicht angesichts der Fest-stellung, dass insbesondere massiveAuftragseinbrüche bei Unternehmenzu beobachten sind. Neben den inter-
Insolvenzursache Finanzkrise
Firmeninsolvenzen haben in dieser Krise eine wesentliche Ursache: Unzureichende Vorbereitung auf die sich teilweise dramatisch verändernde Situation. Bei weg -brechenden Aufträgen und gleichzeitiger Zurückhaltung der Banken führt dies vermehrt zu Insolvenzen und verhindert die Sanierung der Unternehmen.
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Wirtschaft Konkret Nr. 107
nen Ursachen wirken also jetzt vielstärker externe, volkswirtschaftliche, jasogar weltwirtschaftliche beim Abrut-schen von Firmen in die Insolvenz mit,wodurch die 2006 abgefragten unddamals klar dominierenden internenUrsachen jeweils relativiert werden.
Zwei Ursachen werden wichtigerBesonders interessant ist ein Vergleichder aktuellen Ergebnisse mit denen derStudie aus 2006. In der Rangfolge derUrsachen, die nach Ansicht der befrag-ten Verwalter häufig zur Insolvenz füh-ren, steht zwar nach wie vor an ersterStelle die fehlende Anpassung der Mit-arbeiterzahl an den Geschäftsverlauf.Doch bei den weiteren Insolvenzursa-chen schieben sich zwei Gründe deutlich in der Rangfolge nach vorn:zum einen die unzureichenden Rück -lagen für unerwartete Ereignisse (Rang 2 statt 5), zum anderen das Fehlen einer vom Tagesgeschäft frei -gestellten Person für Strategieüber -legungen (Rang 6 statt 10).
Deutlich werden die durch die Wirt-schaftkrise hervorgerufenen Verände-rungen auch bei der Betrachtung dergeringeren Häufigkeit, mit der die ein-zelnen Insolvenzursachen genanntwerden. Meinten 2006 noch 80 Prozentder befragten Insolvenzverwalter, dienicht rechtzeitige Anpassung der Mitar-beiterzahlen bei rückläufigem Geschäftsei häufig bis sehr häufig Ursache beiFirmenpleiten, sagen das 2009 nurnoch 67 Prozent. Ähnlich sind dieErgebnisse auch für die anderen abge-fragten Insolvenzursachen. Insgesamtzeigt sich damit, dass die klassischenInsolvenzursachen in der aktuellen Krisensituation aus Sicht der Verwaltereine geringere Bedeutung als Auslösereiner Firmenpleite spielen (siehe Tabel-le Seite 16).
Das wiederum erschwert die Arbeitder Insolvenzverwalter, was zusätzlichzu größerer Vorsicht im Urteil beitra-gen mag. Denn wenn es – wie 2006ganz deutlich zu beobachten – alleinbetriebswirtschaftliche Gründe sind,die das Unternehmen in eine existen-ziell gefährliche Situation gebracht
haben, dann ermöglichen oft schoninterne, organisatorische Änderungenwie die Optimierung des Controllings,des Produktmix oder der Produktions-abläufe eine Rettung. Hat man es dage-gen – wie 2009 verstärkt – mit externenUrsachen zu tun wie einem Auftrags-einbruch oder einer restriktiven Kredit-vergabepraxis der Banken – eine typische Folge der Krise an den Finanz-märkten –, dann wird auch die Arbeitdes Insolvenzverwalters schwieriger. Siestoßen bei der Bewältigung der Insol-venzursachen an Grenzen, die sie nichtstets autonom überwinden können.
Frage: Jetzt geht es speziell um die Insolvenzursachen in der Finanz- und Wirtschaftskrise. Ich möchte Ihnen dazu 14 Stichworte nennen.
Bitte bewerten Sie jedes mit 1-5. (gestützt; skaliert von 5 = sehr häufig bis 1 = sehr selten)
Ursachen von Insolvenzen: Vergleich der 2006 und 2009 genannten Frequenzen
Sehr häufig/häufig
2006 2009
Rang Rang
Sehr häufig/häufig
2006 2009
Rang Rang
Kein Mitarbeiter-Abbau bei rückläufigem Umsatz 1 1
Zu geringe Rücklagen für unerwartete 5 2Ereignisse
Starres Festhalten an alten Konzepten 4 3
Unzureichendes Debitorenmanagement 2 4
Keine Kostenrechnung, kein Controlling 3 5
Keine vom Tagesgeschäft freigestellte 10 6Person für Strategieüberlegungen
Unzureichende Kommunikation innerhalb 6 7des Unternehmens
Schlecht organisierte Produktionsabläufe 7 8
Inhabergeführte Unternehmen ohne 11 9brauchbare Nachfolgeregelung
Ungenügende Kenntnis von 9 10Marktveränderungen
Überhastete Expansion 13 11
Fehler in der Preispolitik 8 12
Falsche Vertriebswege 14 13
Falscher Investitionszeitpunkt 12 14
Wen die Finanzkrise trifftGrundsätzlich besteht natürlich dieMöglichkeit für Unternehmen, die allge-meine Krise der Wirtschaft zum Anlasszu nehmen, eine möglicherweise ohne-hin latent fällige Insolvenz jetzt anzu-melden. Tatsächlich gibt es unter Insol-venzverwaltern die Ansicht, einige Un-ternehmen hätten in dieser Situationgeringere Hemmungen vor dem Schrittins Insolvenzverfahren. Gut die Hälfteder befragten Verwalter hat solche Beobachtungen in der aktuellen Krisegemacht. Bezogen auf alle Insolvenz -fälle trifft dies bei rund 15 Prozent zu.
Dies erklärt auch zum Teil die leichtverbesserten Werte bei der Frage nachder rechtzeitigen Insolvenzantragstel-lung. Waren es 2006 noch 28 Prozent,die zum frühestmöglichen Zeitpunktoder nach einer gerade noch vertret -baren Wartezeit Insolvenz anmeldeten,so sind es 2009 rund 34 Prozent. Aller-dings stellen zwei Drittel der Unterneh-men ihren Antrag aus Sicht der Insol-venzverwalter weiterhin zu spät undverbauen sich damit eine bessere Ausgangsbasis für das Überleben ihresUnternehmens (siehe Grafik Seite 17).
Etwas anderes ist die Frage, ob dieaußergewöhnlich scharfe Rezession derWirtschaft als Vorwand dient, wenn einUnternehmer ohnehin Insolvenzanmelden muss. Immerhin 87 Prozentstimmen der Aussage zu, dass manchedie Finanzkrise als Insolvenzgrund vor-schieben, aber eine Pleite vermutlichauch ohne diesen Einfluss unausweich-lich gewesen wäre. Im Durchschnittstellen die Insolvenzverwalter in 39 Pro-zent aller neuen Insolvenzver fahrenfest, dass die allgemeine Krise von demin Wahrheit für die Insolvenz verant-
wortlichen Management nur als Vor-wand benutzt wird. Nach wie vor ist esoffensichtlich so: Gefühlsmäßig tunsich Unternehmer schwer, eine Insol-venz einzugestehen und sie nach dengesetzlichen Vorschriften anzumelden,auch wenn sie derzeit die Krise als Ausrede für eigene Fehler nutzen könn-ten. Einstellungen und Emotionenändern sich insoweit nur sehr langsam.Wird aber der Gang zum Insolvenzge-richt unausweichlich, dient die allge-meine Wirtschaftskrise als willkomme-ne Erklärung.
Tatsächlich sehen die Insolvenzver-walter im Durchschnitt bei 34 Prozentder Insolvenzen in der Finanz- undWirtschaftskrise die ausschlaggebendeUrsache. Hiervon betroffen sind auchUnternehmen, die bereits latent Insol-venzgefährdet waren, aber ohne Wirt-schaftskrise nicht zum jetzigen Zeit-punkt insolvent geworden wären.
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Wirtschaft Konkret Nr. 107
Frage: Jetzt geht es speziell um die Insolvenzursachen in der Finanz- und Wirtschaftskrise. Ich möchte Ihnen dazu 14 Stichworte nennen.
Bitte bewerten Sie jedes mit 1-5. (gestützt; skaliert von 5 = sehr häufig bis 1 = sehr selten)
Ursachen von Insolvenzen: Vergleich der 2006 und 2009 genannten Frequenzen Angaben in %
Sehr häufig/häufig
2006 2009
N = 124 N = 107
Sehr häufig/häufig
2006 2009
N = 124 N = 107
Kein Mitarbeiter-Abbau bei rückläufigem 80 67Umsatz
Zu geringe Rücklagen für unerwartete 65 64Ereignisse
Starres Festhalten an alten Konzepten 75 61
Unzureichendes Debitorenmanagement 79 60
Keine Kostenrechnung, kein Controlling 77 57
Keine vom Tagesgeschäft freigestellte 38 48Person für Strategieüberlegungen
Unzureichende Kommunikation innerhalb 53 38des Unternehmens
Schlecht organisierte Produktionsabläufe 51 36
Inhabergeführte Unternehmen ohne 38 34brauchbare Nachfolgeregelung
Ungenügende Kenntnis von 43 33Marktveränderungen
Überhastete Expansion 31 24
Fehler in der Preispolitik 45 21
Falsche Vertriebswege 27 16
Falscher Investitionszeitpunkt 35 16
Durchschnittliche Frequenz der Einstufung 53 41als „sehr häufig/ häufig“
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hat. Im Durchschnitt mussten diebetroffenen Unternehmen einen Rück-gang der Aufträge um 53 Prozent hin-nehmen (siehe Grafik Seite 18).
Im Mittelstand lassen sich mehr als17 Prozent der Insolvenzfälle aus-schließlich auf die Krise zurückführen.
Kreditzurückhaltung bei BankenDie Banken stehen seit dem Ausbruchder Finanzkrise im Zentrum der öffent-lichen Diskussion; die möglichen Kon-sequenzen für die Kreditvergabe unddamit die Finanzierung der Unterneh-men werden breit und kontrovers dis-
Mittelstand besonders gefährdetBereits jetzt zeigt sich, dass gerade in
dieser Krise Mittelständler, die dasRückgrat der deutschen Wirtschaft bil-den, besonders stark von Auftragsrück-gängen betroffen sind und damit auchüberdurchschnittlich häufig Opfereiner Insolvenz werden. Das wird durchdie Befragung der Insolvenzverwalterbelegt. Drei Viertel bejahen die Frage,ob es bei den von ihnen betreuten Fäl-len auch den kleinen Mittelständlergebe, dem plötzlich die Aufträge weg-brachen und der daraufhin schon nachwenigen Wochen Insolvenz angemeldet
kutiert. Gibt es eine Kreditklemme inDeutschland oder nicht? Führt einerestriktive Vergabe von Finanzmittelnoder gar die Kündigung bestehenderKreditlinien dazu, dass die Unterneh-men zusätzlich in Schwierigkeitengeraten?
Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung im Jahr 2006
Zum frühestmöglichen Zeitpunkt: 5 %
Nach einer gerade noch vertretbaren Wartezeit: 23 %
Zu spät: 72 %
Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung im Jahr 2009
Frage: Was meinen Sie: wieviel Prozent der Unternehmen stellen den Insolvenz-Antrag heute zum frühestmög-
lichen Zeitpunkt, wieviel Prozent nach einer gerade noch vertretbaren Wartezeit und wieviel Prozent zu spät?
(ungestützt)
Zum frühestmöglichen Zeitpunkt: 9 %
Nach einer gerade noch vertretbaren Wartezeit: 25 %
Zu spät: 66 %
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Immerhin 39 Prozent der befragtenInsolvenzverwalter sagen, die mangeln-de Bereitschaft der Banken zur weite-ren Kreditvergabe sei „die zentraleUrsache“ für die Insolvenz von kleinenMittelständlern gewesen, die siebetreuen. Bei 61 Prozent war das nichtder Fall.
Grundsätzlich zeigt sich anhand derInsolvenzfälle, dass Unternehmengegenwärtig erhebliche Probleme mitder Finanzierung durch Banken haben.Auf die Frage, welche Phänomeneihnen in der gegenwärtigen Krisebesonders auffallen, sagen 79 Prozent,dass Banken trotz langjähriger, unge-störter Geschäftsbeziehung beantragteKredite verweigern, dass sie sich nichttrauen, Finanzierungen zu überneh-men und sich bei ersten Hinweisen aufSchwierigkeiten im Geschäft zurückzie-hen. Hervorgehoben wird ebenfalls derschnellere Einstieg in die work-out-Betreuung, wenn sich Sanierungsbe-darf bei Unternehmen abzeichnet. Den„Herdentrieb der Banken“ (so ein Insol-venzverwalter), der ganz offensichtlicheine Folge davon ist, dass sie ihre Bilan-zen säubern, halten manche Insolvenz-verwalter für eine der auffälligsten Fol-gen der Krise (siehe Grafik Seite 19).
An sich ist das nicht überraschendangesichts der Tatsache, dass dieRezession der Weltwirtschaft ihrenAusgang in einer dramatischen Kredit-und Bankenkrise in den USA nahm undeinige Banken auch in Deutschland nur
durch den Staat vor der Insolvenzgerettet werden konnten. Aber wennkeine Kredite mehr für neue Investitio-nen bei Sanierungen oder für Moderni-sierungen gegeben werden und die Kre-ditgeber sich deutlich zurückhalten bei
Frage: Gibt es in den von Ihnen betreuten Insolvenzverfahren den kleinen
Mittelständler, der von heute auf morgen keine Aufträge mehr hatte, bei dem
Aufträge storniert oder verschoben wurden, und der nach wenigen Wochen
Insolvenz anmelden musste? (gestützt) N = 107
Frage: Wie hoch war der Auftragsrückgang in solchen Fällen? (gestützt) N = 80
Spezielle Probleme bei kleinen MittelständlernHöhe des Auftragsrückgangs bei diesen Mittelständlern:
Bis zu 20 % 1
20 - unter 40 % 19
40 - unter 60 % 53
60 - unter 80 % 15
80 % und mehr 11
K.A. 1
Im Durchschnitt 53
Ja: 75 %
Nein: 25 %
Wenn Aufträge wegbrechen!Es ist der typische Fall des kleinen Mittel-ständlers in der Krise, dem plötzlich dieAufträge massiv wegbrechen. Das Unter-nehmen fertigt Spezialmaschinen für dieAutomobil- und Chemieindustrie. In die-ser klassischen Nischenfertigung werden20 Mitarbeiter beschäftigt, der Umsatzerreicht rund eine halbe Million Euro imJahr. Die Tradition geht bis in die 60erJahre zurück, die Kunden sind gut,Umsatz und Gewinn immer auskömm-lich. Bis zum Herbst 2008 war die Welt inder Nische in Ordnung. Doch dann bricht die Krise über denBetrieb herein. Binnen drei Monaten werden zum Jahreswechsel sämtlichenicht begonnenen Auf träge gekündigt.Die Lieferfristen für bereits begonneneAufträge werden nach hinten verscho-
ben, was bedeutet, dass auch die Rech-nungen erst später geschrieben werdenkönnen. Schließlich wurden auch alleProjekte storniert, in denen die Firmabereits aktiv war. Üblicherweise ist es imGeschäft mit Spezialmaschinen so, dassdie Ingenieure bereits in die Planungender Kunden eingezogen werden, um diegenau passende Maschine für derenAnforderungen liefern zu können. Dieformalen Orders kommen dann später. Ob die Stornierungen rechtlich alle ein-wandfrei sind, lässt sich aus Zeitmangelkaum noch prüfen. Juristische Hilfe istalso aussichtslos. Was bleibt, ist der Gangzum Insolvenzrichter im Frühjahr 2009.Einige Monate später wird der Betriebgeschlossen.
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Wenn die Bank blockt!Der kleine Heizkesselbauer in Baden-Württemberg behauptete sich seit20 Jahren gut im Markt. Kunden wurdenweltweit akquiriert, die 30 Mitarbeiterwaren gut beschäftigt, der Umsatz beliefsich auf rund 5 Millionen Euro im Jahr.Finanziert wurde das Geschäft durch dieörtliche Hausbank, ob es um die laufendeKontokorrent-Linie ging oder den Kaufeiner Immobilie. Doch im Oktober 2008 zeichnete sicheine Flaute ab, die Geschäfte wurdenschwieriger, von einer kri senhaftenZuspitzung konnte allerdings keine Redesein. Der Geschäftsführer handelte weit-blickend, ließ im Dezember 2008 eine
Unter nehmensbewertung erstellen, umSchwachstellen zu erkennen und Kenn-zahlen zu ermitteln, die eine gewisseWarnfunktion haben. Die Ergebnissestellte das Unternehmen auch der Haus-bank zur Verfügung, Beleg für die lang- jährige, vertrauensvolle Zusammenar-beit. Eine Vorgehensweise, die vorbildlichist für eine gute Finanzkommunikation. Im Frühjahr 2009, die Firma war insge-samt mit 1,3 Millionen Euro bei der Haus-bank verschuldet, bat sie um eine Aus-weitung der Kreditlinie auf 1,5 MillionenEuro für drei Monate. Gebraucht wurdedas Geld für die Vorfinanzierung von Aufträgen, die genau dokumentiert
sowie mit Vertragserfüllungs- und Ge-währleistungsbürgschaften unterlegtwaren. Klar war auch: Das Unternehmenbekommt die Aufträge nicht, wenn es dieVorfinanzierung nicht leisten kann. Die Hausbank verweigerte allerdingsnach eigenen Recherchen und erneuterbankinterner Bewertung des Unterneh-mens die kurzfristige Zwischenfinanzie-rung. Daraufhin musste das Unterneh-men auf die Aufträge verzichten, imFrühjahr 2009 wurde der Insolvenzantrag eingereicht. Da es keine Perspektive gibt,wird der Betrieb voraussichtlich -geschlossen.
0 20 40 60 80 100
Aktuelle Auffälligkeiten
Angaben in %
Firmen nutzen das Kurzarbeitergeld zur vorbeugenden Kostenentlastung
Trotz langjähriger, ungestörter Geschäftsbeziehung verweigern Banken beantragte Kredite
Banken trauen sich nicht, Finanzierungen zu übernehmen, die vielleicht aufgrund der unabsehbaren Folgen der Finanzkrise schief gehen könnten?
Banken nutzen erste Indikatoren, die auf wirtschaftliche Schwierigkeiten hinweisen könnten, um sich als Kreditgeber zurückzuziehen
Sensibilisierte Geschäftsführer suchen im Vorfeld einer Insolvenzgefahr die Beratung durch einen Fachanwalt für Insolvenzrecht
Banken gehen heute von der normalen Kreditbetreuung schneller zur Work-out-Betreuung über, sobald sich Sanierungsbedarf abzeichnetAuslandsbanken haben Kapitalprobleme, müssen sich beschränken
und ziehen sich aus Banken-Konsortien zurückNach dem Inkrafttreten des MoMiG haben Gesellschafter
immer seltener die Bereitschaft Darlehen zu geben
Frage: Welche von den folgenden Phänomenen fallen Ihnen heute häufiger auf? (gestützt) N = 107
78
79
82
67
57
52
48
10
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Versuchen, Betriebe fortzuführen, dannwird es zunehmend schwierig, einesder Ziele des Insolvenzrechts zu erreichen, nämlich so viele Firmen wiemöglich zu erhalten und damit Arbeits-plätze und Vermögen zu retten.
Das ist auch deshalb von erheblicherBedeutung, weil auch andere Möglich-keiten der Finanzierung stark ein -geschränkt oder total versiegt sind. Soberichten 87 Prozent der befragten Ver-walter, dass es gegenwärtig schwierigersei als vor drei Jahren, für insolventeUnternehmen einen Finanzinvestor zufinden.
Wenn der Investor fehlt!Ein großes digitales Druckzentrum inHessen, das ausschließlich Geräte einesweltweiten Herstellers einsetzt, beschäf-tigt fast 150 Mitarbeiter und macht rund7 Millionen Euro Umsatz. Das Geschäft istsehr speziell, es geht um „Just-in-time-Aufträge“ mit Medien oder hochwertigeDruckerzeugnisse. Dafür hatte das Unter-nehmen auch besonderes Know-howangesammelt. Die Geschäfte liefen gut, doch der Betriebwurde dennoch von Krisen geschüttelt,weil er den Wechsel von Gesellschafternverkraften musste und ungeklärte Vor-gänge offenbar wurden. So stellte sichheraus, dass Aufträge schlecht kalkuliertund nicht kostendeckend abgeschlossenworden waren.Im Herbst 2008 meldete das Unterneh-men die Insolvenz an. In anderen Zeiten
wäre es das normale Ver halten des Gerä-telieferanten und Weltkonzerns gewe-sen, das Insolvenzverfahren für einigeMonate auch finanziell zu begleiten, umdem Insolvenzverwalter die Chance zugeben, die Möglichkeiten einer Fortfüh-rung und Sanierung auszuloten. So wiees oft in der Autobranche geschieht,wenn ein Händler existenziell bedroht istund der Hersteller einspringt. Doch in diesem Fall sah der Konzern derEntwicklung tatenlos zu. Es bildeten sichauch keine Gruppen von Kunden oderLieferanten, die sich bei anderen Gele-genheiten durchaus auch für eine Ret-tung eines Betriebes engagieren. Um Kunden vor größerem Schaden zubewahren, mussten Aufträge ver lagertwerden, das digitale Druckzentrum wirdgeschlossen.
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Die Sanierung fest im BlickDie Ergebnisse der Studie zeigen, dassdie Rettung insolventer Betriebe nachAnsicht der Insolvenzverwalter in dergegenwärtigen Krise der Wirtschaft ein-deutig schwieriger geworden ist. Denndie herrschende, fundamentale Unsi-cherheit bezüglich der Auftragslage,der Liquiditätsplanung und der Risiko-einschätzung dezimiert die Chancenfür die Fortführung. Es sind nicht mehrnur Managementfehler und betriebsin-terne Gründe, die eine Insolvenz
wesentlich verursachen, sondern eskommen externe wie Auftragsein -brüche und ein restriktives Verhaltender Banken hinzu. Folglich ist auch dieSanierung nicht „einfach“ durch dieUmstrukturierung und Professionali-sierung betrieblicher Abläufe zu erreichen.
Retten, was zu retten ist
Häufiger als früher wollen Verwalter insolvente Firmen sanieren, obwohl das in der Krise noch schwieriger geworden ist. Dafür fordern sie tief greifende Veränderungen: die vorübergehende Abschaffung des Paragraphen 613a BGB und spezielle Fonds zur Finanzierung von Insolvenzverfahren.
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zent konstatieren, sie sei gleich geblie-ben. Dieses Ergebnis ist überraschend,weil nicht nur die Entwicklung derInsolvenzursachen dagegen spricht,sondern die große Mehrheit von 87 Pro-zent der befragten Verwalter selbst ein-
Dennoch sagen zwölf Prozent derbefragten Insolvenzverwalter, ihre eige-ne Bereitschaft zur Fortführung oderSanierung eines schuldnerischenUnternehmens in der Insolvenz seigestiegen, und immerhin noch 84 Pro-
deutig erklärt, es sei noch schwerergeworden, Investoren für insolventeUnternehmen zu finden. Ohne Investoraber dürfte die Fortführung schwierigund nach der Gläubigerversammlungsogar unmöglich sein.
Unsichere Auftragslage, die die Liquiditätsplanung erschwert
Wegfall von strategischen Investoren und Finanzinvestoren
Generell viele schwer kalkulierbare Risiken aufgrund der Finanzkrise
Aufgrund internationaler Verflechtungen ist die Solvenz von Vertragspartnern schwer einschätzbar
Haftungsrisiken für Neumasse-Verbindlichkeiten, weil die Einnahme-Seite zu hoch belastet ist
Fehlen eines kleinen Schutzschirms für Insolvenzverwalter, ähnlich dem großen Schutzschirm, den die Banken haben
Selbst Bürgschaften von Großunternehmen sind nicht mehr sicher und stellen ein Haftungsrisiko dar
Umfangreiche Dokumentationspflichten
Gefahr von Bank-Insolvenzen
Probleme bei der Fortführung von schuldnerischen UnternehmenDamit hat der Insolvenzverwalter zu kämpfen:
Frage: Was erschwert dem Insolvenzverwalter heute die Arbeit bei der Fortführung von schuldnerischen Unternehmen?
Mit welchen von den folgenden Problemen haben Sie stark zu kämpfen, mit welchen in mittlerem Umfang und mit welchen eher wenig? (gestützt, skaliert von 1 – 3)
N = 107
Stark zu kämpfen In mittlerem Umfang Eher wenig Keine Angaben Angaben in %
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
17
13
15
20 15 64
42 2
1
3026
31 39 30
313633
35 45 21
53065
36 49
29 58
82
1
1
Qualifikationskriterien für Insolvenzverwalter!
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Schwingt bei diesem Ergebnis einegehörige Portion Eigenmarketing mit?Oder gibt es andere Erklärungsgründe
für die überraschende Einstellung?Hinweise geben die wörtlichen Aus -sagen der Befragten. So wird erwähnt,
dass die Entwicklung im Insolvenzrecht„in den letzten 10 bis 15 Jahren zuneh-mend in Richtung auf das Ziel einerKonsolidierung von Unternehmen“ hinausgelaufen sei.
Andere Äußerungen beziehen sichauf die Qualifikation der Verwalter,indem sie etwa betonen, dass „mitwachsender Berufserfahrung dasSelbstvertrauen und die Sicherheit steigen, eine Sanierung durchzufüh-ren“. Und hinzufügen, „mit wachsenderErfahrung wächst auch der Ehrgeiz,Sanierungen anzugehen und erfolg-reich zu sein“. Hier wirkt sich offen-sichtlich aus, dass die in der Studiebefragten Insolvenzverwalter bereitsüber ein hohes Maß an Berufserfah-rung verfügen und in der Regel für einegrößere Zahl von Fällen verantwortlichzeichnet (siehe Kasten „Qualifikations-kriterien für Insolvenzverwalter“).
Die Zahl der Insolvenzverwalter inDeutschland hat sich seit 1999 auf rund2.000 mehr als vervierfacht; viele vonihnen betreuen nur wenige Fälle im Jahr.Seit das Bundesverfassungsgericht voreinigen Jahren beschloss, dass die Gerich-te keine geschlossenen Vorauswahl-Listen mehr führen dürfen, sondern„jeder Bewerber eine faire Chance erhal-ten muss“, sind die Listen immer längergeworden. Kein Wunder, wenn sich inder vorliegenden Studie einzelne Verwal-ter kritisch äußern: „Es gibt 45 Prozentder Insolvenzverwalter, die weniger als20 Insolvenzen haben. Das sind keineProfis, da müsste der Gesetzgeber eineRegelung schaffen, dass diese wenigerwerden.“
Um nicht auf die Mühlen des Gesetz -gebers warten zu müssen, gibt es bereitsInitiativen auf privater Basis. Der Verbandder Insolvenz verwalter Deutschlands
(VID), in dem rund 400 Verwalter vertre-ten sind, hat seine Mitglieder verpflichtet,sich bis 2010 nach der QualitätsrichtlinieISO 9001 tes tieren zu lassen. Neben denallgemeinen müssen die Verwalter auch spezifische Anforderungen erfüllen, wieetwa die Dokumentation der Prozess ab-läufe. Die Zertifizierung muss gegenüberdem Verband dokumentiert werden; andernfalls droht der Ausschluss. Gemeinsam mit seinen Berufsgrundsät-zen will der VID so für eine hohe Kompe-tenz seiner Mitglieder sorgen.
Ein eigenes Insolvenzverwalter- Ratinghat der ehemalige Insolvenzrichter Hans Haarmeyer, Professor am RheinAhrCampus Remagen, entwickelt.Er ist überzeugt, dass tausende vonArbeitsplätzen und Milliarden an Forde-rungen der Gläubiger gesichert werdenkönnten, wenn die Insolvenzverwalterbesser qualifiziert wären. Eines von
28 Kriterien, nach denen die Einstufungerfolgt, ist denn auch die Quote, mit derGläubiger bedient werden. Mittlerweilehaben sich 140 Verwalter freiwillig demRating von Haarmeyer unter -zogen, des-sen Bewertungen von A bis AAA+ für her-vorragend reichen. Allerdings wird dasVerfahren unter den Insolvenzverwalternnoch kontrovers diskutiert.
Für den VID steht die Qualitätsdebattedenn auch erst am Anfang. Letztlichbrauchten auch die Insolvenzverwaltereine Berufsordnung, wie sie etwa Steuer-berater, Rechts -anwälte oder Architektenhätten – gesetzlich verankert und miteiner eigenen Kammer. Denn, so die Meinung eines befragten Insolvenzver-walters in der Studie: „Ohne Risikobereit-schaft, was Sachverstand voraussetzt, istman nicht zur Fortführung eines Betriebsbereit.“
Bereitschaft der Insolvenzverwalter zur Fortführung bzw. Sanierung
Frage: Jetzt geht es um die Fortführung bzw. Sanierung des schuldnerischen Unternehmens in der Insolvenz.
Wie ist Ihre Bereitschaft, eine Fortführung oder Sanierung zu versuchen, heute im Vergleich zu früher?
(gestützt) N = 107
gesunken: 4 %
gestiegen: 12 %
gleich geblieben: 84 %
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Barrieren für die InsolvenzverwalterAls größte Barrieren für eine erfolg -reiche Sanierung sehen 67 Prozent derbefragten Verwalter die Bedenken, ob inder aktuellen Finanz- und Wirtschafts-krise überhaupt mit hinreichend ver-lässlichen Geldgebern zu rechnen ist;26 Prozent halten diese Barriere sogarfür besonders groß.
Im vorderen Feld der Barrieren rangiert auch die Unsicherheit des Verwalters bezüglich höherer eigener Haftungsrisiken, die sich aus den Para-
graphen 60 und 61 der Insolvenz ord-nung ergeben. Zwar bewerten insge-samt nur 47 Prozent diesen Punkt alswichtig, aber kleinere Verwalter, dieweniger als 100 Fälle aktuell verantwor-ten, sehen hierin bereits zu 65 Prozenteine Barriere.
Insgesamt sagen 42 Prozent derInsolvenzverwalter, sie hätten in ihrerBerufspraxis Fälle erlebt, in denen sieaufgrund von Haftungsrisiken nicht dieoptimale Vorgehensweise wählenkonnten.
Ohne Zweifel dürfte auch die Haftung das Risikoverhalten dieserBerufsgruppe steuern und damit Aus- wirkungen auf die Bereitschaft zur Fortführung haben. Gerade junge, nochweniger erfahrene Insolvenzverwaltersehen das Haftungsrisiko, währendeine relevante Mehrheit, die sich vor-wiegend aus den Aussagen der erfahre-nen Verwalter ergibt, offensichtlich derMeinung ist, dieses Risiko sei tragbar.
Barrieren für die Fortführung bzw. Sanierung („große Barriere“)
Bedenken, ob in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise überhaupt mit hinreichend verlässlichen Geldgebern zu rechnen ist
Undurchsichtige Beziehungsgeflechte in den insolventen Unternehmen
Unklarheit und Unsicherheit des Verwalters bezüglich gesteigerter eigener Haftungsrisiken nach den Paragraphen 60 und 61
Bedenken bezüglich des langen Zeitraumes, über den sich die Fortführung erstrecken kann
Grenzen der individuellen Belastbarkeit, wenn im gleichen Insolvenz-team schon weitere Fortführungs- oder Sanierungsversuche laufen
Befürchtung des Verwalters, nach gescheitertem Fortführungs- oder Sanierungs-versuch in Zukunft nur noch weniger attraktive Verfahren zugedacht zu bekommen
Überwiegend negative, eigene Erfahrungen bei früheren Fortführungs- oder Sanierungsversuchen
Bedenken des Verwalters, schon heute die eigenen Ressourcen voll zu verplanen, falls in der Wirtschaftskrise noch neue, größere Verfahren auftauchen
Frage: Jetzt nenne ich Ihnen einzelne Gesichtspunkte. Bitte entscheiden Sie jeweils, ob das Genannte für eine Fortführung bzw. Sanierung im Insolvenzverfahren eine
große Barriere ist, eine mittlere Barriere oder keine Barriere ist. (gestützt) N = 107
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
7 16 77
8 33 58
13 27
16 31
17 39
26 41
15 80
23 724
5
Große Barriere Mittlere Barriere Keine Barriere Keine Angaben Angaben in %
60
53
43
33
1
1
1
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Was sich ändern sollErheblichen Änderungsbedarf sehendie befragten Insolvenzverwalter aller-dings in anderen Punkten, für die siekonstruktive Vorschläge machen. Aufdie Frage, welche Änderungen sie fürsinnvoll halten, um in der gegenwärti-gen Krise möglichst viele Betriebe zuretten, antworten 70 Prozent, die vor-läufige Aussetzung des Paragraphen613a BGB für mindestens drei Jahrewäre sehr hilfreich. Dieser Paragraphschreibt grundsätzlich vor, dass alleArbeitsverhältnisse bei einem Verkaufdes insolventen Unternehmens vomInvestor übernommen werden müssen.
Auf den weiteren Plätzen der hilf-reichsten Maßnahmen stehen die Ver-einfachung des Insolvenzplans und diestärkere Einflussnahme des Insolvenz-verwalters auf die Gesellschafter. Dieskann durch den Übergang der Zustän-digkeit für Änderungen des Gesell-schaftervertrages auf die Insolvenzver-walter und durch die Einbeziehung vonGesellschaftern in das Insolvenzplan-
Möglicher Nutzen von Änderungen des InsolvenzrechtsEinstellung zu verschiedenen Vorschlägen:
Während der Krise sollte der Paragraph 613a BGB für mindestens 3 Jahre abgeschafft werden
Der Insolvenzplan sollte radikal vereinfacht und seine Genehmigung starkbeschleunigt werden, sonst sind Kunden und Lieferanten längst weg
Im Insolvenzplanverfahren sollte für Änderungen des Gesellschaftsvertragsder Insolvenzverwalter zuständig sein und nicht mehr die Gesellschafter
Die Gesellschafter müssten in das Insolvenzplanverfahren genau so einbezogen werdenwie die Fremdkapitalgeber und Gläubiger und einen Sanierungsbeitrag leisten
Die Insolvenzgeldzahlung sollte in der Krise verlängert werden – z.B. auf 4 Monate oderauf 3 Monate vor und 3 Monate nach der Insolvenzeröffnung 1746 18 343
1792152
56
60
70 14 5 11
21 7 12
22 6 16
Der Verwalter sollte die Befugnis erhalten, in die Rechte der Gesellschafter umfassend einzugreifen
Der Insolvenzverwalter sollte nach Verfahrenseröffnung das Recht erhalten, Kurzarbeit zu veranlassen
Es müsste ein Konzerninsolvenzrecht entwickelt werden
Solange kein Konzerninsolvenzrecht zur Verfügung steht, sollte grundsätzlich nur ein Insolvenzverwalter für sämtliche Konzerngesellschaften bestellt werden 41 19 13 27
41
41
43 33 18
35 16 5
32 11 16
Die Insolvenzordnung sollte sanierungsfreundlicher gestaltet werden
Die Gläubiger sollten ein Vorschlagsrecht für die Auswahl des Insolvenzverwalters haben
Die Gläubiger sollten im Rahmen eines Anhörungstermins ein Anforderungsprofil für den künftigen Insolvenzverwalter darstellen dürfen
Während der Finanzkrise sollte befristet eine vereinfachte Insolvenzordnung gelten, ähnlich dem früheren Gesamtvollstreckungsrecht in den neuen Bundesländern
Frage: Manche Insolvenzverwalter plädieren für Änderungen am Insolvenzrecht. Wie denken Sie über die folgenden Vorschläge? (gestützt, skaliert) N = 107
Sehr hilfreich Hilfreich Unentschieden Lehne ich ab Keine Angaben Angaben in %
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
21
21
21
21
26 10 40
28 11 38
10 48
7 10 793 1
1
1
1
4
3
6
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Das sächsische Modell!Die Möglichkeit, Betriebe in Exis tenznotmit einem Insolvenzplanverfahren fortzu-führen und zu sanieren, war eine derwichtigsten Änderungen bei der Reformdes Insolvenzrechts 1999. Doch nochimmer gelingt die Rettung eher selten.In den vergangenen zehn Jahren wurdedas Verfahren für nicht einmal 1 Prozent der Fälle beantragt; die ursprünglich vom Gesetzgeber ange-strebte Quote von 5 Prozent wird bei weitem nicht erreicht.
Das liegt natürlich daran, dass die Anträ-ge häufig zu spät gestellt werden, dieVerwalter die nötige Recherche undAbstimmung für ein Insolvenzplanverfah-ren schon aus Zeitnot nicht mehr leistenkönnen. Gerade aber bei kleinen undmittleren Betrieben fehlt in der Regelauch das nötige Geld. Deshalb hat Sach-sen ein Programm „Krisenbewältigungund Neustart“, dotiert mit gut 16 Millio-nen Euro, aufgelegt, das im Oktober 2006von der EU-Kommission bewilligt wurde.Es wird von der Sächsischen Aufbaubankverwaltet und entspricht im Prinzipjenem Fonds, den mehr als die Hälfte derInsolvenzverwalter in der vorliegendenStudie fordert.
Das sächsische Förderprogramm für klei-ne und mittlere Betriebe, bei denen dieInsolvenz ansteht, hilft in drei Schritten.Bei positiver Bewertung wird Antragstel-lern zunächst die Hälfte der Kosten, maxi-mal 10.000 Euro, für die Anfertigungeines Insolvenzplans erstattet. Das Geldmuss nicht zurückgezahlt werden. Umdie Liquidität während des Insolvenzplan-verfahrens sicherzustellen, kann einUnternehmen dann ein Massedarlehenvon mindestens 20.000 und höchstens 1Million Euro für maximal sechs Monateerhalten, das marktüblich verzinst wird.In einem dritten Schritt ist schließlich dieFinanzierung von Betriebsmitteln undInvestitionen für den Neustart möglich.Dabei handelt es sich wiederum ummaximal 1 Million Euro, die grundsätzlichin Kofinanzierung mit der Hausbank zumarktüblichen Konditionen erfolgt.
Bereits 2006 wurden 19 Anträge von derSächsischen Aufbaubank genehmigt undrund 1,5 Millionen Euro ausgezahlt; 2007waren es 25 Anträge mit einer Summevon 4,2 Millionen Euro. Insgesamt, soberichtet die Bank, seien damit 1224Arbeitsplätze gesichert worden.
verfahren erfolgen, damit diese aucheinen Sanierungsbeitrag leisten.
56 Prozent der Befragten sind dafür,während der Wirtschaftskrise einenspeziellen Fonds einzurichten, bei demdie Insolvenzverwalter Darlehen für dieFortführung und Sanierung beantragenkönnen. Immerhin ein gutes Viertel istdefinitiv dagegen. Ein solches Modellgibt es bereits in Sachsen, wo es aucherfolgreich eingesetzt wird (sieheKasten „Das sächsische Modell“).
Einflussfaktor InsolvenzrichterEin weiteres Kapitel bei der Diskussionder Insolvenzentwicklung ist die Quali-fikation der Insolvenzrichter, mit denendie Verwalter es in ihrer täglichenArbeit zu tun haben. Eine weit verbrei-tete Klage lautet: „Die Insolvenzrichtersind häufig jüngere, eher unerfahreneRichter, für die diese Tätigkeit am Amts-gericht nur eine Durchlaufstation ist.“61 Prozent der Befragten bestätigeneinschlägige Erfahrungen in ihrerBerufspraxis.
Hier gibt es ganz offensichtlich eingroßes Potential für Verbesserungen,die zwar kurzfristig in der herrschen-den Krise noch nichts verändern, dafüraber langfristig die Bedingungen
wesentlich verbessern würden, mehrBetriebe als bisher aus der Insolvenz zuretten und damit den Anspruch derInsolvenzordnung besser als bisher zuerfüllen.
Die Palette der Möglichkeiten reichtvon einer besseren Ausbildung derRichter, die ihnen insbesondere mehrbetriebswirtschaftliche Kompetenz ver-mittelt, bis hin zur Einrichtung speziel-ler Kammern für Insolvenzverfahren.Dass die Notwendigkeit für Verände-rungen in einschlägigen Kreisenerkannt worden ist, zeigt die Tatsache,dass auch der Verband der Insolvenz-verwalter eine entsprechende Diskussi-on in Gang gesetzt hat (siehe Kasten„Qualifikation der Insolvenzrichter“).
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Qualifikation der Insolvenzrichter!Nicht nur die Kompetenz der Insolvenz-verwalter ist ein Problem; immer wiederwird auch über die Qualifikation der Rich-ter diskutiert. Im Jurastudium fristet dasInsolvenzrecht an den meisten Universi-täten ein Schattendasein; an kleinenAmtsgerichten erledigen häufig jungeRichter das Insolvenzverfahren nebenherund kümmern sich außerdem um denUnterhaltsstreit oder die Wohnungskün-digung. Die meis ten Richter können kei-ne Bilanz lesen. Wie sollen sie beurteilen,ob ein Unternehmen zu retten ist und obsich das lohnt? Und wie sollen sie, nachdem Primat der richter lichen Unabhän-gigkeit ihrem eigenen Urteil folgend, denbesten Insolvenz verwalter aussuchen?
Geplant war eigentlich, mit der Reformdes Insolvenzrechts 1999 auch die Insol-venzgerichte zu konzentrieren auf höch-stens vier bis fünf pro Bundesland. Dashaben einige Länder auch vollzogen,andere wie Baden-Württemberg oderRheinland-Pfalz aber nicht. Mit der Kon-sequenz, dass die Verfahren an denAmtsgerichten geblieben sind und dieInsolvenzgerichtsbarkeit für viele Richtereine Zwischenstation ist, die keine lang-fristigen Perspektiven bietet. Wollte mandie Tätigkeit aufwerten, müsste sie min-destens in einer Kammer am Landgerichtetabliert werden, so wie es dort auchKammern für Handelssachen gibt.
Mittlerweile wird aber auch im Bundes -justizministerium über neue Strukturennachgedacht. Dort steht inzwischen einKonzerninsolvenzrecht zur Diskussion,das nur noch an einem Oberlandesge-richt angesiedelt sein soll. Im Verbandder Insolvenzverwalter heißt es jeden-falls: „Wir sind schon aus Sachzwängengezwungen, den Weg der Konzentrationzu gehen“. Und die in der vorliegendenUmfrage von den Berufskollegen geäu-ßerte Sorge, dass die Zahl der Unterneh-mensinsolvenzen noch in diesem Jahrwieder neuen Höchstwerten zustrebenkönnte, könnte den Denkprozess beschleunigen.
Thema: Insolvenzrichter
Ausbildung und Status der Insolvenzrichter sollten verbessert werden
Insolvenzrichter sollten eine wirtschaftliche Zusatzausbildung bekommen
Gut wäre eine Kammer für Insolvenzsachen am Landgericht
Insolvenzverfahren sollten konzentriert an bestimmten Gerichtenabgewickelt werden, die dann einen besseren Überblick gewännen
Ähnlich dem Fachanwalt für Insolvenzrecht sollte es auch einen Fachrichter für Insolvenzrecht geben
Der Insolvenzrichter selbst sollte ein ganzes Verfahren vom Anfang bis zum Ende begleiten (kein Wechsel zum Rechtspfleger nach Verfahrensöffnung)
Es würde reichen, wenn das ganze Insolvenzverfahren von einem Rechtspfleger betreut würde
Frage: Wie denken Sie über die folgenden Vorschläge? Bitte antworten Sie mit „Stimme zu“, „Stimme nicht zu“ oder „Unentschieden“. (gestützt) ) N = 107
Stimme zu Unentschieden Stimme nicht zu Keine Angaben Angaben in %
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
23 12 64
46 18 36
58 9 33
62 7 31
71 24
83 15
89 5 7
5
2
1
1
28
Wirtschaft Konkret Nr. 107
Ergebnisse der Studie 2006
Unternehmen verpassen Chance zur Sanierung
72 Prozent der Insolvenzverwaltermeinen, dass Unternehmen den Insolvenzantrag zu spät stellen.96 Prozent betonen, die Chancen, dasUnternehmen zu sanieren, wären bei früherer Antragstellung größer.86 Prozent glauben, eine Liquiditäts-verbesserung sei bei früher Antragstellung leichter erreichbar.58 Prozent sind davon überzeugt,dass die Geschäfts führung Anre gun-gen erhalte, an die sie bisher nichtgedacht hat.56 Prozent der Verwalter rechnen im „typischen Fall“ damit, das Unter-nehmen sanieren zu können.
Abwehr und Angst verhindern rechtzeitiges Handeln
96 Prozent der Insolvenzverwalterglauben, dass Unternehmer die Hoff-nung hegen, es werde „irgendwie vonselbst wieder aufwärtsgehen“.95 Prozent halten Angst vor Bloß stel-lung im Bekanntenkreis und in der Branche für einen Grund, dieInsolvenz zu ver zögern.88 Prozent meinen, die Situationwerde zu lange als Krise und nicht alsInsolvenz eingestuft.
Insolvenzrecht nicht ausreichend bekannt
77 Prozent der Befragten sagen,Insolvenzanträge würden zu spät gestellt, weil das Vertrauen in das Verfahren fehle.58 Prozent halten fehlende Kenntnis des Verfahrens für einen Hinderungsgrund.
Insolvenz meist Folge mehrerer Managementfehler
79 Prozent der Insolvenzverwalterhalten „fehlendes Controlling“ für eine häufige Insolvenzursache.76 Prozent nennen „Finanzierungs-lücken“.64 Prozent sehen in einem „unzu rei-chenden Debitoren management“einen wichtigen Grund.57 Prozent bemängeln „autoritäre,rigide Führung“. 44 Prozent führen ungenügendeTransparenz und Kommunikation als Grund an.42 und 41 Prozent glauben, dass „Investitionsfehler“ und „falscheProduktionsplanung“ in die Insol-venz führen.
Externe Faktoren verschlechtern die Situation
82 Prozent erkennen in der schlechtenZahlungsmoral der Kunden einenentscheidenden Grund für die Insol-venz.81 Prozent kritisieren die büro krati-sche Anwendung des Arbeits- undSozialrechts.73 Prozent sagen, notwendige per so-nelle Umstrukturie rungen würdenvon den Arbeitsgerichten verhindert.60 Prozent machen den negativenEinfluss von Basel II auf die Finanzie-rungsmöglichkeiten geltend.37 Prozent benennen die Gefahr vonFolgeinsolvenzen.
Die Ursachen der Insolvenz: Gründe für Unternehmensinsolvenzen aus der Sicht von Insolvenzverwaltern
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Wirtschaft Konkret Nr. 107
1. Was fördert die Sanierung?Eine Mehrheit von 57 % der Insolvenz-verwalter glaubt, die Weiterführungeines Unternehmens kann nur durchfrühzeitigen Insolvenzantrag undschnelles Handeln, gesichert werden.Fast alle Verwalter (98 %) meinen, dasInsolvenzgeld sei die größte Hilfe. Für entscheidend halten mehr als 90 %der Verwalter, dass die wichtigstenMitarbeiter gehalten werden können.
2. Was behindert die Sanierung?Das größte Hindernis bei einer über-tragenden Sanierung, also dem Ver-kauf des insolventen Unternehmens,ist für 84 % der Insolvenzverwalter der§ 613a BGB, der grundsätzlich dieÜbernahme der gesamten Belegschaftvom neuen Eigentümer verlangt.Mangelnde Ausbildung und Erfahrungdes Verwalters werden als erheblicheBelastung für eine Sanierung erkannt:82 % der Verwalter selbst haltenErfahrung mit kleinen Unternehmenfür besonders wichtig, 50 % sehen ein großes Handicap in Verwaltern,die von den Insolvenzgerichten falschausgewählt werden. Schließlich ist eine große Mehrheitvon 78 % der Insolvenzverwalter da-von überzeugt, dass Kapitalmangelin folge einer restriktiven Haltung vonBanken und Finanzinvestoren eineSanierung insolventer Unternehmenentscheidend behindert.
3. Welche Rolle können Private Equity-Gesellschaften spielen?
Obwohl der Ruf von Finanzinvestorenin der Öffentlichkeit nicht besondersgut ist, wünschen 56 % der Insolvenz-verwalter eine stärkere Beteiligungvon Private Equity-Gesellschaften beider Sanierung von insolventen Unter-nehmen. Besonders optimistischsind sie allerdings nicht, denn ledig-lich 39 % erwarten dies auch. Nur eine Minderheit (43 %) der Befrag-ten aus dem Umfeld Private Equity,M&A-Berater und Sanierer findet einEngagement bei insolventen Firmenlohnens wert. In Bezug auf Unterneh-men in der Krise, also bevor das Insol-venzverfahren beantragt und eröffnetworden ist, steigt dieser Wert auf 64 %.Rund zwei Drittel der Finanzinves to-ren interessieren sich für Unterneh-men mit mehr als 10 Millionen EuroJahresumsatz; diese aber stellen nur eine Minderheit unter den insol-venten Firmen dar.
Ergebnisse der Studie 2007
Rettung aus der Insolvenz: Chancen, Barrieren und die besondere Rolle von Private Equity
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www.zis.uni-mannheim.deZentrum für Insolvenz und Sanierungan der Universität Mannheim (ZIS)
www.vid.deVerband der InsolvenzverwalterDeutschlands e. V.
www.insolvenzbekanntmachungen.deInsolvenzbekanntmachungen im Auftrag der Länder der BundesrepublikDeutschland gemäß Beschluss der74. Justizministerkonferenz zu elektronischen Internetveröffent lich- ungen von Insolvenzmitteilungen
www.bundesrecht.juris.de/inso/index.htmlInsolvenzordnung
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Nr. 100 Liefern unter Vorbehalt – Wie Unternehmen ihre Eigentums rechte durchsetzen können
Nr. 104* Im sicheren Hafen – Die richtige Finanzierung für hohe Risiken im Auslandsgeschäft
Nr. 105 Auf der sicheren Seite – Der richtige Schutz vor Forderungs ausfall und seinen Folgen
Nr. 106 Insolvenzprognose 2010 – Im Abwärtssog der Weltwirtschaft
Nr. 107 Insolvenzen in Zeiten der Finanzkrise – Befragung von Insolvenzverwaltern zu Entwicklung, Ursachen, Konsequenzen
Schutz vor Forderungsausfall
Nr. 301* Ein sicheres Netz – Computerrisiken sind Chefsache
Nr. 302 Gewappnet für den Ernstfall
Nr. 303 Wirtschaftskriminalität – Die verkannte Gefahr
Schutz vor Veruntreuung
Nr. 404* Erfolgreich neue Märkte erobern – Worauf es bei der Expansion ins Ausland wirklich ankommt
Nr. 412* Wissen richtig managen – Das Know-how der Mitarbeiter ist das Kapital für künftigen Erfolg
Nr. 414 Ursachen von Insolvenzen – Gründe für Unternehmensinsolvenzen aus der Sicht von Insolvenzverwaltern
Nr. 416 Fair Trade und Umwelt – Handel(n) ohne Grenzen
Nr. 417 Die Zukunft Deutschlands – Bildung und Demografie im Wandel
Nr. 418 Rettung aus der Insolvenz – Chancen, Barrieren und die besondere Rolle von Private Equity
Nr. 419 Der Charakter der Wissensgesellschaft – Möglichkeiten, Herausforderungen, Grenzen
Nr. 420 Leben versus Arbeiten? – Arbeitsmodelle der Zukunft
Nr. 421 FinanzKommunikation jetzt krisenfest machen! – Erfolgsrezepte für den Umgang mit Kapitalgebern
Nr. 423 Zukunfts-Welten. Lebenswelten 2050 – Wie wir leben werden
Nr. 424 Mittelstand in Deutschland – Herausforderungen für die Zukunftsfähigkeit
Allgemeine Themen
Nr. 201 Sicherheiten im Baugeschäft – Wie sich Auftraggeber gegen Ausfälle und Mängel schützen
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