Arena: Sozialpolitik in Deutschland
Maria Nobis
Philipp Runge
Gliederung
1.Begriff;1.1 normative Grundlagen (Leitbilder)1.2 historische Entwicklung 1.3 rechtliche Rahmenbedingungen1.4 ökonomische Rahmenbedingungen
2. Grundlagen2.1 Akteure, Institutionen und deren Interessen2.2 Prinzipien und Instrumente2.3 Sozialleistungen im Überblick
3.politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Wirkungen Kosten und Nutzen des Sozialstaates
4. Bewertung des deutschen Sozialstaats4.1 Defizite und Lösungen4.2 zukünftige Herausforderungen
1.1 Normen
Eigenverantwortung: Leistungsgerechtigkeit auf Grundlage annährende gleicher Eigentumsverteilung
Solidarität: solidarische Gerechtigkeit auf Grundlage gleichen Rechts an Sozialeigentum ( gesell. Reichtum umverteilen)
Subsidiarität: vorleistungsfreie Gerechtigkeit auf Grundlage nicht vorhandener Eigentumsrechte (Staat verpflicht Vorleistungen zu erbringen)
Funktion Sozialpolitik: Kompensation, Konstitution und Prävention
Notmindernder und Gerechtigkeitsorientierte Ansatz
1.2 Historische Entwicklung
„Gründung“ des deutschen Sozialstaates durch Bismarcksche Sozialgesetzgebung
1883 Krankenversicherungsgesetz 1884 Unfallversicherung 1889 Alters- und Invaliditätsversicherung 1891 gesetzliche Rentenversicherung
Schwere Einschnitte in die sozialen Sicherungen: Erster Weltkrieg Hyperinflation bis 1923 Weltwirtschaftskrise 1929 Herrschaft Hitlers Zweiter Weltkrieg
1.3 Rechtliche Rahmenbedingung
Grundgesetz Art. 20 Abs. 1: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Grundgesetz Art. 28 Abs. 1: Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen.
staatliche Zentralnorm; Ausgestaltung durch die Regierung
Sozialgesetzbuch (SGB) in 12 Bänden Auch hier keine konkreten Leistungsansprüche
1.4 Ökonomische Rahmenbedingung
Wie hoch ist das Bruttoinlandsprodukt?
Wie staffeln sich die Einnahmen für das Sozialsystem?
Wie staffeln sich die Ausgaben für das Sozialsystem?
Akteure:
Parlament, Regierung, Ministerien und Beiräte auf zentralstaatlicher Ebene
SPD und CDU als Sozialstaatsparteien Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände Gewerkschaften Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Stiftungen supranationale und internationale Akteure Rolle der Bundesländer und des Föderalismus
sowie der Kommunen
Parlament, Regierung, Ministerien und Beiräte auf zentralstaatlicher Ebene
Beiräte: Beratung der Entscheidungsträger
Ministerien und Regierung: bringt Änderungen auf den Weg
Bundestag: Zustimmung der Änderungen
Bundesrat: Nicht an Ausgabeverteilung
beteiligt aber bei Gesetzesänderungen
Leistungsempfänger
SPD und CDU als Sozialstaatsparteien
Grundkonsens: Grundsicherung aller Bürger und Hilfe bei Einkommensausfällen
Unterschiede:
Union: Deregulierung der Wirtschaft und mehr Abstand zu den Gewerkschaften Erwerbszentrierter Sozialversicherungstaat Subsidiaritätsprinzip
SPD: starkes Leistungsniveau, mehr sozial- und arbeitsrechtliche
Schutzmaßnahmen Solidaritätsprinzip
Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände
Zusammenschluss von Arbeitgebern (Unternehmer) aus gleichen Branchen
Bundespolitische Interessen Interessen der regionalen Wirtschaft Brücke zwischen Geschäftsführern und Politikern Tarifverhandlungen
Gewerkschaften:
Arbeitnehmervertretung mit den Zielen: höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Mitbestimmung, Arbeitszeitverkürzungen
die Mittel sind Streik und Boykott
Lohn an Unternehmensgewinne anpassen im Gegensatz zu Gewinne einstreichen : Dividenden, Kapitalanhäufung
Kirchen und Wohlfahrtsverbände
Arbeiterwohlfahrt (AWO) Der Paritätische Wohlfahrtsverband Diakonisches Werk evangelisch Deutscher Caritasverband katholisch Deutsches Rotes Kreuz (DRK) Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland (ZWST)
Finanzierung über Sozialversicherung oder Kirchensteuern aber selbstständige Organisationen
religiöse oder humanitäre Einrichtungen
Prägefaktoren
Korporatismus und Beharrungtendenz Konsenszwang durch Konkordanzdemokratie und
Mehrheitsentscheidungen Institutionelle Begrenzung des Parteienstaat durch Föderalismus
(Bundesrat) und BVerfG, dt. Bundesbank, Europäische Zentralbank Selbstverwaltung geringer Spielraum für Bundesregierung durch Fragmentierung der
öffentlichen Haushalte, eigene Länder- und Gemeindehaushalten, Etat der Sozialversicherungen und der Bundesagentur für Arbeit
Folgen: viele Akteure können mögliche Vetokräfte hervor bringen unelastische Anpassungsfähigkeit der Sozialpolitik an veränderte
Rahmenbedingungen
Grundprinzipien
Versicherungspflicht Beitragsfinanzierung Selbstverwaltung Freizügigkeit Äquivalenz vs. Solidarität Kausalprinzip vs. Finalprinzip Personalitätsprinzip (Wirkungsrichtung) Subsidiarität
Prinzip der Versicherung, Versorgung, Fürsorge
Instrumente
a. distributivz.B. Zuschüsse des Bundes oder der Länder an die Gemeinden, beispielsweise zur Förderung der lokalen BeschäftigungspolitikSchaffung eines Anreizes
b. redistributivz.B. Rentenversicherung oder Sozialhilfe,Voraussetzungen: Leistungsanforderungen
c. regulativ ohne Leistungscharakter, z.B. (Jugendschutz)
d. selbst-regulative Politikprogramme
Instrumente
Anrecht Selbstverpflichtung des Staates zum sozialen Rechtsstaat Individuell einklagbarer Leistungsanspruch
Geld Gewährleistungen standardisierter Geldleistungen (Egalität), jedoch
Bedarfsungerechtigkeit → besser Sachleistungen (Individualisierung wie bei Krankenversicherung)
Sozialpolitik abhängig von Leistungserbringern (Ärzte) und vom Automatismus der Sozialbürokratie
Probleme: institutioneller Eigensinn (statt gesamtgesellschaftlichen Nutzen geht es um eigene wirtschaftliche Interessen); Beharrungsvermögen (System blockiert sich selbst); Kooperationsunfähigkeit (Vernetzung verschiedener Sicherungssysteme schwierig, da so Klientenblid/typischer Mensch entsteht → entgegen den advokatorischen Alleinvertretungsanspruchs)
Beteiligung Befähigung zur Eigenvorsorge Mitbeteiligung in Gremien (Sozialversicherung gehört nicht dem Staat, sondern
den Versicherten) Aushandlungsprozess zwischen Leistungserbringern und Leistungsbeziehenden Einzelinitiativen wie Menschen sollen sich gegenseitig im Sicherungssystem
helfen
Leistungen
Materiell... positive Transfers (BAföG) oder negativer Transfer (Abgaben und Steuern); ... Finanzhilfeprogramme (kommunale Wirtschaftsförderung), Infrastrukturprogramme (Quartiersmanagement) und
immateriell ... Dienstleistungen (Altenpflege)... Sachprogramme (Arzneimittelversorgung)
Überblick
indirekte Leistungen (65, 8%): soziale Sicherung, Arbeitgeberleistungen, Entschädigungen und soziale Hilfe und Dienste beinhaltet Allgemeine Systeme und Sondersystem für einzelne Berufsbereiche und das Leistungssystems des öffentlichen Dienstes
direkte Aufwendungen(7, 5%) der Unternehmen z.B. Lohnfortzahlungen bei Krankheit
Entschädigungen (0,6%) für Folgen politischer Ereignisse (Kriegsopfer, Wiedergutmachungen)
öffentliche Hilfs- und Dienstleistungen/ Förder- und Fürsorge (3,8%) z.B. Jugendhilfe und Kindergeld
Überblick nach Funktionen
Sozialversicherungen
Krankenversicherung Träger: Krankenkassen Finanzierung: Beiträgen ihrer Mitglieder; zur je Hälfte vom Arbeitgeber und vom
Arbeitnehmer gezahlt Der Beitragssatz der einzelnen Krankenkassen ist unterschiedlich alle sozialversicherungspflichtigen Personen sind bis zu einem Bruttoeinkommen von
3.937,50 Euro (2006) im Monat in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert
Unfallversicherung Unfallversicherung wird von der Berufsgenossenschaft getragen Finanzierung: Beiträgen der Arbeitgeber, deren Höhe sich nach dem Gefahrensatz
richtet, in den der Betrieb eingestuft ist
Rentenversicherung Träger: Landesversicherungsanstalt für Arbeit (LVA) und die
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Finanzierung: durch Beiträge finanziert, die jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmer und
Arbeitgeber bezahlt werden. Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung beträgt derzeit (2006) 19,5%
Sozialversicherungen
Arbeitslosenversicherung Träger: Bundesagentur für Arbeit Finanzierung: zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung beträgt derzeit (2006) 6,5 % vom
Bruttoeinkommen Höhe des Beitrages wird durch die Beitragsbemessungsgrenze (in 2006:
5.250 EUR mtl.) begrenzt
Pflegeversicherung Träger: Krankenkassen Beitrag zur Pflegeversicherung beträgt 1,7% des Bruttoeinkommens Eintreten eines Pflegefalles unterscheidet die Pflegeversicherung 3 Stufen:
erheblich pflegebedürftig, schwer pflegebedürftig und schwerst pflegebedürftig
3. Auswirkungen
THESEN:1. Überlastung
Leistungsfähigkeit der privaten Wirtschaft überlastet; Arbeits- und Steuermoral untergraben
2. ZielkonfliktWirtschaftsprozesse vs. Schutz des Individuum
3. FunktionsvoraussetzungSoziale Leistungen als Voraussetzung für arbeitsteilige, hochproduktive, weltoffene ökonomie
4. ProduktivitätStabilisierung, Kriminalitätsverhütung, Modernisierung
5. DoppelrolleVerwirklichung der sozialen Idee im Kapitalismus gegen den Kapitalismus (Bestandteil und Fremdkörper)
Sozialstaat: Problemlösung und Erzeugung
Lösungen und Defizite
Defizite und Lösungen
Problem: Ungleichgewicht zw. Höhe des Sozialschutzes und der Wirtschaftskraft eines Landes
Reformideen: „Fördern und Fordern"...Programm für aktivierenden Staat
(Selbstbeteilung und Abschläge bei eigenen Risikobelastungen wie Rauchen)
Teilprivatisierung und Verwettbewerblichung; Vermarktlichung
Neuorientierung von Governance- und Steuerungsarrangements: mehr querschnittsorientiert durch verschiedene Leistungsanbieter
Herausforderungen
demographische Herausforderungen Geburtenrat stagniert, Lebenserwartung nimmt zu Generationenvertrag brüchig Konfliktzonen zwischen
Jungen und Alten Angebot an Arbeitskräften langfristig stärker als die
Nachfrage, so dass zukünftig verstärkt Beschäftigungspotenziale mobilisiert werden müssen
Gesundheitssystem unter hohem Kostendruck, soziokulturelle Herausforderungen
Pluralisierung und Individualisierung Bürokratisierung und Entfremdungsphänomen
politisch-ökonomische Herausforderungen
Herausforderungen
Globalisierungsfolgen Internationalisierung Transnationalisierung Universalisierung Ziel: BRD international konkurrenzfähiger Wirtschaftsstandort
Sozialpolitik der EU Aufgaben: Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitskräfte im
Binnenmarkt verbessern, Hebung der Lebensstandards, sowie faktischere Arbeitsschutz
Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut und zur Förderung sozialer Netzwerke
Instrument z.B. "Europäische Sozialfonds" (ESF)
Bibliographie
Ferich, Johannes, Hrsg., 1996: Sozialpolitik. Das Sozialleistungssystem der Bundesrepublik Deutschland, München.
Frever, Bernrad; Dietz, Berthold, Hrsg., 2004: Sozialpolitik kompakt, Wiesbaden. Boeckh, Jürgen; Huster, Ernst-Ulrich; Benz, Benjamin, 2006: Sozialpolitik in
Deutschland, Wiesbaden. Schmidt, Manfred G., Hrsg., 2005:Sozialpolitik in Deutschland. Historische
Entwicklung und internationaler Vergleich, Wiesbaden. Pilz, Frank, Bundeszentrale für politische Bildung, Hrsg., 2004: Der Sozialstaat.
Ausbau-Kontroversen- Umbau, Bonn. Kraus, Katrin; Geisen, Thomas ,Hrsg., 2000 , Sozialstaat in Europa, Ziegelmayer,
Veronika, Sozialstaat in Deutschland: Ein Systemwechsel? , Bonn. Grieswelle, Detlef, Hrsg., 1996: Sozialpolitik der Zukunft, Grundsätze sozialpolitischer
Gestaltung, München und Landsberg am Lech. Butterwegge, Christoph, Hrsg., 2005: Krise und Zukunft des Sozialstaates,
Wiesbaden. Christen, Christian; Michel, Tobias; Rätz, Werner Hrsg., 2003: Sozialstaat: Wie die
Sicherungssysteme funktionieren und wer von den „Reformen“ profitiert, Hamburg. Pilz, Frank; Ortwein, Heike, 2007: Das politische System Deutschlands:
Systemintegrierende Einführung in das Regierungs- Wirtschafts- und Sozialsystem, Oldenburg.
Alternativen zum Sozialstaat ?
Referat von Philipp und Maria
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