Fakultät Wirtschaft
Total Quality Management im Finanzdienstleistungswesen
am Beispiel der Deutschen Vermögensberatung AG
Bachelorarbeit
zur Erlangung des Grades eines Bachelor
der Fakultät Wirtschaft
der Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften
eingereicht bei M. Gundlach, Prof. Dr. (Wirtschaft)
T. Volkmann, Dipl.-Kfm. (Wirtschaft)
von Robert Wertmann
Angelica-Kauffmann-Ring 19
38446 Wolfsburg
Matr.-Nr. 30710111
Wolfsburg, den 19.05.2010
I
Abstract
Mit der vorliegenden Arbeit wird untersucht, inwieweit Total Quality Management (TQM) in
einem Unternehmen Anwendung finden kann und welche Auswirkungen sowie
Voraussetzungen die Umsetzung in der Praxis aufweist (hier am Beispiel der Deutschen
Vermögensberatung AG). Nachdem die Grundlagen des TQM beschrieben sind, werden diese
auf das Finanzdienstleistungswesen konkretisiert. Ferner wird die Kundenzufriedenheit für den
langfristigen Unternehmenserfolg in einem zweiten Schritt als übergeordnetes Ziel des TQM
charakterisiert. Abschließend werden die gewonnen Erkenntnisse dazu genutzt, die
Anwendbarkeit des TQM-Programms zu bewerten. Ergebnis ist, dass sich das Konzept,
aufgrund der Struktur der DVAG, dort gut anwenden lässt. Dagegen erweist sich eine
Umsetzung des TQM-Programms bei den meisten Betrieben als äußert schwierig. Dies liegt
vorwiegend an Barrieren zwischen Abteilungen und Menschen, die Konfliktsituationen mit sich
bringen sowie an dem enormen Aufwand, welchen das TQM-Programm fordert.
II
Inhaltsverzeichnis
Abstract ....................................................................................................................................... I
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................. IV
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................... V
1 Einleitung ............................................................................................................................. 1
1.1 Einordnung des Themas ............................................................................................... 1
1.2 Aufbau der Arbeit .......................................................................................................... 2
2 Vorstellung Deutsche Vermögensberatung AG .................................................................... 3
2.1 Entstehung und Entwicklung ......................................................................................... 3
2.2 Die Vertriebspolitik ........................................................................................................ 6
3 Total Quality Management (TQM) ........................................................................................ 8
3.1 Grundlagen ................................................................................................................... 8
3.1.1 Begriffsbestimmung ............................................................................................... 8
3.1.2 Entstehung und Grundidee .................................................................................... 9
3.1.3 Die drei Inhalte des TQM ..................................................................................... 10
3.1.4 TQM als integratives Unternehmensführungskonzept .......................................... 14
3.1.5 Die Grenzen und Fehlerquellen des TQM ............................................................ 18
3.2 Demings TQM-Programm ........................................................................................... 23
3.2.1 Unternehmensphilosophie nach W. E. Deming .................................................... 23
3.2.2 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) .................................................... 24
3.3 EFQM und Business-Excellence ................................................................................. 29
4 TQM im Finanzdienstleistungsbereich ............................................................................... 31
4.1 Die Wettbewerbssituation ........................................................................................... 31
4.2 Dienstleistung als Produkt im Sinne des TQM ............................................................ 32
4.3 Der Dienstleistungsqualitätskreis ................................................................................ 36
4.4 Leistungserstellungsprozess im Finanzdienstleistungsbetrieb .................................... 38
4.5 Der Vermögensberater als Operator im Prozess ........................................................ 39
5 Kundenorientierung als Maßstab für Qualität ..................................................................... 41
5.1 Die Bedeutung der Kundenzufriedenheit .................................................................... 41
5.2 Das Dienstleistungsmarketing .................................................................................... 42
5.3 Kundenzufriedenheit als Garant für langfristigen Unternehmenserfolg........................ 44
5.4 Der Einfluss der Verhaltensqualität auf das Kundenurteil............................................ 46
6 TQM in der Praxis der Deutschen Vermögensberatung AG ............................................... 48
III
6.1 TQM als integratives Unternehmungsführungskonzept am Beispiel der DVAG .......... 48
6.2 Die Umsetzung des Deming-Programms bei der DVAG ............................................. 52
6.3 TQM in der Praxis des Vermögensberaters ................................................................ 55
6.4 Steigerung der Kundenzufriedenheit durch Beratungsqualität .................................... 57
7 Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................................... 58
Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 61
IV
Abkürzungsverzeichnis
CWQC Company-Wide Quality Control-Konzept
DVAG Deutsche Vermögensberatung AG
EFQM European Foundation for Quality Management
FMEA Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse
KVP Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
PDCA Plan Do Check Act
TQM Total Quality Management
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1.1: Aufbau der Arbeit ................................................................................................ 3
Abbildung 3.1: Total Quality Management ................................................................................ 10
Abbildung 3.2: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess ............................................................ 26
Abbildung 4.1: Potential-, Prozess- und Ergebnisdimensionierung ........................................... 33
Abbildung 4.2: GAP-Modell der Dienstleistungsqualität ............................................................ 35
Abbildung 4.3: Der Dienstleistungsqualitätskreis ....................................................................... 36
Abbildung 6.1: Das Aufstiegssystem der DVAG ........................................................................ 49
1
1 Einleitung
1.1 Einordnung des Themas
Um am Markt bestehen zu können ist die Unternehmensführung verpflichtet, den langfristigen
finanziellen Erfolg der Unternehmung sicherzustellen. Je intensiver und komplexer der
Wettbewerb ist, desto schwieriger gestaltet sich diese Aufgabe. Deshalb wenden Unternehmen
verschiedene Prozesse und Modelle an, um die Kundenzufriedenheit ermitteln zu können.
Dabei ist es wichtig ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass die stetige Ausrichtung an den
Bedürfnissen des Kunden zum Unternehmenserfolg führt. Exzellente Produkte und
leistungsbereite sowie loyale Mitarbeiter im erbrachten Service sollen eine solide und lukrative
Kundenbeziehung schaffen. Dadurch kommt es zu Wiederholungskäufen und
Weiterempfehlungen des Unternehmens durch eben diesen Kunden.
Somit nimmt die Bedeutung des Total Quality Managements (TQM) gerade im
Finanzdienstleistungssektor mehr und mehr zu. Dies hängt mit der Wettbewerbssituation in
dieser Branche zusammen. Durch Unternehmenszusammenschlüsse und das Entstehen neuer,
branchenfremder Institute im Bereich der Finanzdienstleistung besteht ein enormer
Wettbewerbsdruck. So können sich Finanzdienstleister dem Preiskampf nur dadurch entziehen,
indem sie sich durch Produkt- und Servicequalität von der Konkurrenz abheben. Zudem
benötigen Finanzdienstleistungen hohes Vertrauen von ihren Kunden. Somit ist es notwendig
durch einen hohen Grad an Produkt- und Beratungsqualität für die Zufriedenheit des Kunden zu
sorgen, umso die Kundenbindung zu erhöhen, die ausschlaggebend für Empfehlungen seitens
des Kunden ist. Empfehlungen werden eben nur dann gegeben, wenn Vertrauen da ist. In
diesem Zusammenhang spielt die Verhaltensqualität der Mitarbeiter von Finanzdienstleistungs-
unternehmen eine wichtige Rolle.
Durch das Bestreben des Hauptzieles, der Erreichung von Business-Ecxellence, setzen TQM-
Modelle wie das der European Foundation for Quality Management (EFQM) auf langfristigen
Unternehmenserfolg durch Kundenzufriedenheit. Voraussetzung dafür ist eine ständige
Verbesserung der Produkt- und Beratungsqualität.1 Die ständige Verbesserung der
Prozessqualität spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle und findet sich im
kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) des PDCA- oder Deming-Zyklus wieder.2
1 Vgl. Perger, E. (2002), S. 3. 2 Vgl. Pfeifer, T. (1996), S. 294.
2
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Auswirkung des ganzheitlichen
Managementansatzes des TQM-Modells auf die Kundenzufriedenheit und dabei speziell auf die
Kundenbindung sowie Weiterempfehlung des Unternehmens im Bereich der Finanz-
dienstleistung. Insbesondere soll dies am Beispiel der Deutschen Vermögensberatung AG
analysiert und praxisnah erläutert werden.
Ferner soll untersucht werden, inwieweit sich das TQM-Model in der praktischen Arbeit der
Mitarbeiter umsetzen lässt und welche Auswirkungen es auf deren Arbeitsweise darstellt. Dabei
soll die Frage geklärt werden, wie effektiv und praxisnah der Managementansatz tatsächlich ist
und mit welchem Aufwand er sich realisieren lässt.
1.2 Aufbau der Arbeit
Um die theoretischen Grundlagen und einzelnen Vertiefungen des TQM-Models besser
verstehen, analysieren und beurteilen zu können, werden diese am Beispiel der Deutschen
Vermögensberatung AG praktisch erklärt und weiter vertieft. Um die Übersichtlichkeit zu wahren
gliedert sich diese Arbeit deshalb in einen Theorie- und in einen Praxisteil.
Nachdem das Unternehmen Deutsche Vermögensberatung AG im zweiten Kapitel vorgestellt
ist, beschäftigt sich diese Arbeit im dritten Kapitel mit den Grundlagen des ganzheitlichen
Management Ansatzes des TQM. Dabei werden einzelne Begriffe definiert, Zusammenhänge
erläutert und besondere Aspekte hervorgehoben und vertieft. Weiterhin werden die
theoretischen Grundlagen des TQM-Programms im vierten Kapitel in Bezug auf das
Finanzdienstleistungswesen weiter vertieft.
Dabei werden Schwerpunkte gesetzt, die im Praxisteil, beginnend mit dem fünften Kapitel,
ausführlich beschrieben werden. Ferner soll bei der Anwendung des TQM-Models die
Kundengewinnung, -bindung und Weiterempfehlung des Unternehmens bzw. die
Kundenzufriedenheit als Zielsetzung definiert werden. Hierbei wird geprüft, wie wichtig dies für
ein Unternehmen in der Finanzdienstleistung ist und welche Priorität dem gegeben werden
sollte. Darauf folgt im sechsten Kapitel die Beleuchtung und Beurteilung der theoretischen
Grundlagen im Zusammenhang mit der praktischen Tätigkeit von Mitarbeitern der Deutschen
Vermögensberatung AG. Speziell geht es dabei um die Umsetzbarkeit der einzelnen
theoretischen Aspekte und Prozesse des TQM-Models.
3
Desweiteren soll dargestellt werden, welche Auswirkungen die Umsetzung auf das Erreichen
der Zielsetzung hat, nämlich die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Hierbei wird im siebten
Kapitel besonders der Zusammenhang zwischen Aufwand und Erfolgsaussichten ermittelt und
zusammenfassend dargestellt.
Abbildung 1.1: Aufbau der Arbeit
Quelle: eigene Darstellung.
2 Vorstellung Deutsche Vermögensberatung AG
2.1 Entstehung und Entwicklung
Die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) wurde 1975 gegründet und ist ein
börsenunabhängiges Familienunternehmen. Ab dem 1.1.2003 wurde der Fortbestand der
Deutschen Vermögensberatung AG als unabhängiges Familienunternehmen durch die Bildung
einer Holdinggesellschaft auf Dauer sichergestellt. Der DVAG Konzern besteht aus der Allfinanz
DVAG, SVAG (Schweitzer Vermögensberatung), FVD Ges. für Finanzplanung und
Vermögensberatung Deutschland mbH, Der Vermögensberater Verlags- und Service GmbH,
Deutsche Vermögensberatung Bank AG Österreich, Turisvilas-Investimentos, S.A., Alisol-
Investimentos Imobiliarios e Turisticos, S.A., der Nationwide Investment Inc. und Allgemeine
Vermögensberatung Gesellschaft für Vermögensanlagen mbH.3
3 Vgl. DVAG (Hrsg.) (2010).
Aufbau der Arbeit
1. Theorieteil
Vorstellung Deutsche Vermögensberatung AG
TQM - Grundlagen und Vertiefung
TQM in der Finanzdienstleistung
2. Praxisteil
Kundenorientierung als Maßstab für Qualität
TQM in der Praxis der Deutschen Vermögensberatung AG
Zusammenfassung und Ausblick
4
Gründer und Vorsitzender des Vorstands sowie Vorsitzender der Geschäftsleitung der
Deutsche Vermögensberatung Holding ist Prof. Dr. Reinfried Pohl. Er entwickelte das Konzept
der Allfinanzberatung. Seine Vision war, eine am Bedarf des Kunden orientierte,
branchenübergreifende Allfinanzberatung. Ziel war es, nicht einzelne Versicherungen oder
Produkte einer Bank zu verkaufen, sondern vielmehr ein Konzept zu bieten, welches dem
Kunden ermöglicht frei zu entscheiden, ob er z.B. seine Altersvorsorge mit einer
Rentenversicherung, einem Fondssparplan oder mit einem Mischprodukt, der fondgebundenen
Lebensversicherung, aufbauen will. Somit soll sichergestellt werden, dass der Kunde
bedarfsgerechte Produkte erhält.4
Die DVAG hat demnach klare Ziele und Bekenntnisse. Im Konzerngeschäftsbericht 2009 sind
diese zusammengefasst dargestellt:5
„Die Deutsche Vermögensberatung will bei ihren Kunden als vertrauensvoller Helfer in allen
Vermögensfragen gelten. Deshalb achten wir auf beste Qualität, eine optimale Beratung und
nicht zuletzt Menschlichkeit als Zeichen höchster Professionalität. Die Vermittlung von
Produkten ist immer nur eine Folge davon. So verwirklichen wir unser Konzept der Allfinanz:
alles aus einem Kopf, nicht alles aus einem Konzern, für alle eine gesicherte finanzielle
Vorsorge.“
Mit diesen Leitsätzen entwickelt sich die DVAG zum größten eigenständigen Finanzvertrieb und
bildet eine Berufsgemeinschaft, die auf Selbstständigkeit statt Abhängigkeit und Eigen-
verantwortung statt Kontrolle setzt. Sie versteht sich als Betreuungsgesellschaft für den
Vermögensberater, der in die Vertriebsstruktur der DVAG eingegliedert und in dieser tätig ist.
Der Vermögensberater wird von der Gesellschaft in seiner Arbeit unterstützt und gefördert.6
Dieser führt eine selbstständige Tätigkeit aus und ist somit Unternehmer im Unternehmen. In
der praktischen Arbeit gibt es zwei Wege zum Erfolg.
Der Vermögensberater hat deshalb zwei klar definierte Aufgaben: zum einen die Gewinnung
und Betreuung von Kunden und zum anderen die Gewinnung und Betreuung von Partnern. Da
in den meisten Vertrieben diese Aufgaben vorwiegend von unterschiedlichen Personen erfüllt
werden, unterscheidet sich die DVAG in diesem Punkt deutlich von anderen
Vertriebsorganisationen.
4 Vgl. Pohl, R. (2006), S. 6. 5 Vgl. O.V. (2010), S. 3. 6 Vgl. O.V. (2010), S. 2.
5
Diese Kombination aus Kundenberatung und Vertriebsaufbau ist sowohl für die Gesellschaft als
auch für jeden Vermögensberater ein entscheidender Erfolgsfaktor. Ihm stehen dadurch zwei
Wege offen. Er kann sowohl in der Praxis Kunden gewinnen und betreuen, und zugleich
ergänzend als Manager tätig sein und dabei die höchste Karrierestufe im Beförderungssystem,
die des Direktionsleiters, erreichen.7
Somit ist jeder Vermögensberater Fachkraft im Beratungsbereich, sowie Führungsperson im
Unternehmen. Diese Kombination aus Führung und Ausführung in einer Person stellt einen
hohen Anspruch an den Vermögensberater. Zu diesem Zweck erfolgt die Ausbildung zum
Vermögensberater sowohl im Training on the Job als auch in Produktschulungen und
Seminaren zur Persönlichkeitsentwicklung. Auf der anderen Seite ist der Managementanspruch
nicht zu vergleichen mit dem eines Unternehmens in der Produktion. Die Unternehmens-
steuerung erfolgt auf kurzen Wegen, da nicht eine Vielzahl von verschiedenen Abteilungen
vorliegt. Dadurch können Entscheidungen schnell getroffen und in die Tat umgesetzt werden.
Jeder Vermögensberater erhält zu Beginn seiner Tätigkeit die Unternehmensleitsätze, die ihm
dabei helfen sollen, im Bereich des Managements die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Neben den Grundsätzen der Geschäftspolitik sind klare und übergeordnete Unternehmensziele
aufgeführt. Dies spiegelt den Grundgedanken des ganzheitlichen Managementansatzes des
TQM wieder.
Als Vision und Ziel setzt sich die DVAG, die Marktführerschaft als Nr.1 der eigenständigen
Finanzvertriebe weltweit. Dies soll durch ein jährliches Wachstum im zweistelligen
Prozentbereich erreicht werden. Außerdem soll der Begriff Vermögensberatung in Deutschland
untrennbar mit der DVAG verbunden sein. Dabei soll der Vermögensberaterberuf im Ansehen
der Bevölkerung an den des Hausarztes herangeführt werden. Abschließend gilt es dabei, dass
die Positionierung bei den wichtigsten Partnergesellschaften als deren bedeutsamster
Vertriebsweg angestrebt wird. Dies ist durch einen überdurchschnittlichen Anteil an
Neugeschäft und Bestand anzustreben.8
Im Zusammenhang des TQM eignet sich die DVAG sehr gut als Beispielunternehmen. Dies
liegt an dem Zusammenspiel der Wettbewerbssituation in der Branche der Finanzdienstleitung
und der damit verbundenen Priorität auf das Erreichen eines möglichst hohen Grades der
Kundenzufriedenheit und der Kundenbindung.
7 Vgl. O.V. (2006), S. 31. 8 Vgl. O.V. (2005), S. 5ff.
6
Die gute Beziehung zwischen Kunden und Unternehmen sollte im Sinne des TQM, durch
Produkt- und Servicequalität hergestellt und weiter gepflegt werden. Somit sollte das Anwenden
des TQM für die DVAG eine besondere und maßgebende Rolle spielen. Im 6. Kapitel dieser
Arbeit soll verstärkt auf diesen Aspekt eingegangen werden. Dabei werden Beispiele genannt,
die belegen, welche Methoden und Grundsätze des TQM bereits Anwendung im Unternehmen
DVAG finden und an welchen Stellen diese in der Umsetzung Lücken aufweisen. Hierbei soll
ferner erläutert werden, mit welchem Erfolg eine Umsetzung des TQM möglich ist und was die
nötigen Voraussetzungen dafür sind.
2.2 Die Vertriebspolitik
„Eine Unternehmung lebt nicht von dem, was es produziert, sondern von dem was es verkauft.“9
Der Vertrieb ist dafür Verantwortlich, dass Produkte und Dienstleistungen vom Kunden in
Anspruch genommen werden. Wichtig ist dabei, dass der Kunde letztendlich zufrieden mit dem
erworbenen ist. Die Tätigkeit des Vermögensberaters spiegelt eben diese Definition wieder.
Von der Kontaktaufnahme zum Kunden über die Beratung bis hin zum Abschluss, gefolgt von
dauerhafter Betreuung und Partnerschaft ist der Vertriebsweg einzig und allein durch die
Aktivität des Vermögensberaters sichergestellt.
Die Entscheidung über den Vertriebsweg einer Unternehmung ist eine Management-
entscheidung. Diese hat einen langfristigen Charakter und stellt einen grundsätzlichen
geschäftspolitischen Beschluss dar. Die Vertriebsorganisation ist ein wettbewerbspolitisches
Instrument. Diese Absatzmethode hat Auswirkungen auf die Kosten- und Ertragsstruktur, und
beeinflusst quantitative und qualitative Mitarbeiterpotentiale, sowie das Image eines Betriebs.
Die DVAG setzt dabei auf Zweigstellen als traditionelle Vertriebsform im stationären Vertrieb.
Außerdem stellt sie den mobilen Vertrieb im Bankaußendienst ihrer Partner (z.B. Deutsche
Bank) dar. Das Kreditgewerbe wird unterdessen mit stetig steigenden Personal- und
Sachkosten konfrontiert. Durch die Einbuße im zinsabhängigen Geschäft ist es für viele Institute
schwer, fixe Kosten lediglich durch die Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen
zu kompensieren.10
9 Lacocca, L., zit. nach Ackerschott, H. (2002), S.2. 10 Vgl. Betsch, O. (1989), S. 13f.
7
Zweigstellen werden somit zu einem Belastungsfaktor für viele Banken und Sparkassen. Auch
für Vermögensberater der DVAG fallen diese Kosten an. Da jeder Vermögensberater der DVAG
gleichzeitig Unternehmer ist, trifft dieser eigene Entscheidungen über Standortwahl und
Aufmachung der Zweigstelle. Vorgaben seitens der DVAG gibt es nicht. Abhängig vom
Eigenkapitalpotenzial des Vermögensberaters bzw. der Gruppenstärke am jeweiligen Standort
und des nötigen Bedarfs, werden Räumlichkeiten gewählt.
Der zweite bereits erwähnte Vertriebsweg, der des Außendienstes, wird zusätzlich genutzt. Je
nach Kundenwunsch können Beratungstermine im Büro oder auch beim Kunden daheim
durchgeführt werden. Der klassische Bankaußendienst wird von Kreditinstituten in der Regel
kaum noch genutzt. Der Trend geht eher in Richtung von Kooperationen zwischen Banken und
Allfinanzunternehmen. Beispielsweise wird die Deutsche Vermögensberatung als mobiler
Vertrieb der Deutschen Bank bezeichnet. Diese Kooperation birgt, auf kollegialem Niveau, für
beide Seiten erhebliche Vorteile. Auf der einen Seite werden Kosten eines zusätzlichen eigenen
Außendienstes gespart. Auf der anderen Seite wird der Vermögensberater in seiner
Qualifikation im Bereich der Privat- sowie Firmenkundenbetreuung deutlich aufgewertet. Da er
durch vorhandene Infrastruktur (Geldautomaten der Deutschen Bank) und auch
Serviceleistungen seitens der Deutschen Bank profitiert. So ist es möglich, vorhandenes
Potential zu nutzen, um in einer Art Synergieeffekt seine Wettbewerbssituation weiter
auszubauen.11
11 Vgl. Betsch, O. (1989), S. 17f.
8
3 Total Quality Management (TQM)
3.1 Grundlagen
3.1.1 Begriffsbestimmung
Total Quality Management ist ein Unternehmensführungskonzept, welches als Voraussetzung
für die erfolgreiche Umsetzung ganzheitliches Denken und Handeln erfordert. Dies wird in der
Praxis oft unterschätzt.12 Nach DIN ISO 8402 (Deutsches Institut für Normung) wird der Begriff
wie folgt verstanden. „Total Quality Management (TQM) ist eine Führungsmethodik, welche auf
der Mitwirkung aller Mitglieder der betreffenden Organisation beruht, Qualität und
kontinuierliche Verbesserung in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kunden
auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für
die menschliche Gesellschaft zielt.“13
Allerdings ist in der Fachliteratur eine einheitliche Definition nicht zu finden. Vielmehr herrschen
dort lediglich Umschreibungen und Erklärungen charakteristischer Merkmale des TQM vor.
Anders als in der Qualitätssicherung geht es in dem typischen TQM-Konzept nicht um das
richtige Anwenden von Verfahren (Effizienz), sondern vielmehr um Effektivität. In Bezug auf das
Verwirklichen von Kundenbedürfnissen bedeutet dies, nicht nur die Dinge richtig zu machen,
sondern die richtigen Dinge zu machen. Die Priorität des Handelns wird also auf die
Ausrichtung der Kundebedürfnisse gesetzt.
Folglich bedeutet dies, dass der langfristige Unternehmenserfolg nur dann gewährleistet ist,
wenn der Kunde auf Dauer zufriedengestellt ist. Dementsprechend wird TQM als
Führungsmethode betrachtet, die genau darauf ausgerichtet ist, die Bedürfnisse des Kunden zu
erfüllen. Dies geschieht durch einen ständigen Verbesserungsprozess, um dem Ziel des
langfristigen Erfolges immer näher zu kommen. Konkret wird dabei Qualität in den Mittelpunkt
gestellt, sodass alle Prozesse in der Unternehmung hochwertig bzw. fehlerfrei ablaufen. Dabei
zählt die Unternehmensführung auf das Mitwirken aller Mitglieder der Unternehmung zur
Realisierung dieses Zieles. Angetrieben von der Unternehmensführung entsteht so ein
einheitliches Konzept, welches Führung und Umsetzung (Denken und Handeln) von oben nach
unten (Top-Down) über alle Hierarchieebenen der Unternehmung miteinander verknüpft. In
kleinen aber doch stetigen Schritten wird dadurch ein immer höherer Standard der Qualität
erreicht.
12 Vgl. Honegger, J./Vettiger, H. (2005), S. 7. 13 Deutsches Institut für Normung: DIN ISO 8402, zit. nach Perger, E. (2002), S. 15.
9
Dadurch kann das Unternehmen langfristig Kundentreue sichern und neue Kunden gewinnen.
So wird sichergestellt, dass sowohl der Kunde als auch jedes Mitglied der Organisation und
auch die Gesellschaft höchstmöglichen Nutzen aus der Unternehmung zieht.14
3.1.2 Entstehung und Grundidee
Total Quality Management taucht erstmals in den 80er Jahren als Fachbegriff auf. Seinen
Ursprung findet er in dem bereits 1961 entwickelten Total Quality Control-Ansatz des
Amerikaners Feigenbaum. Diesen Ansatz greift der Japaner Ishikawa auf und entwickelt daraus
1968 das Company-Wide Quality Control-Konzept (CWQC), wobei dieses erweiterte Konzept
sein Augenmerk stärker auf das Einbeziehen der Mitarbeiter und der Gesellschaft auf allen
Ebenen des Unternehmens legt. Der grundlegende Denkansatz, die Ausrichtung der
Unternehmensphilosophie auf Qualität, ist hierbei von den Theorien und Ansichten
verschiedener Experten wie z.B. Deming, Juran und Crospy abgeleitet. Somit wird TQM als die
umfangreichste (Qualitäts-) Strategie angesehen.15
Schon in den 50er Jahren entwickelt W. E. Deming diese Strategie, welche als Demings
Management-Programm bezeichnet wird und in Japan erstmals Anwendung findet. Sie besteht
aus mehreren Teilen, welche zusammengenommen eine einheitliche, Unternehmenscharakter
durchdringende und formende Struktur aufweisen. Diese Philosophie Demings erweist sich als
Grundlage des TQM und zieht sich wie ein roter Faden durch das Konzept.
Geprägt ist der Ansatz von drei Grundhaltungen, welche als Voraussetzungen für die
erfolgreiche Umsetzung des Konzeptes gelten.
1. Jede Aktivität kann als Prozess aufgefasst und entsprechend verbessert werden.
2. Problemlösungen allein genügen nicht, fundamentale Veränderungen sind erforderlich.
3. Die oberste Unternehmensleitung muss handeln, die Übernahme von Verantwortung ist
nicht ausreichend.
Von dieser Denk- und Anschauungsweise ausgehend entwickelt sich der ganzheitliche
Management Ansatz des TQM.16 Auch in Europa hat TQM bereits Fuß gefasst. So vergibt die
European Foundation for Quality Management (EFQM) nationale Qualitätspreise für
europäische Modelle eines umfassenden Qualitätsmanagements. So findet das EFQM-Modell
als TQM-Ansatz in vielen europäischen Betrieben eine breite Anwendung.17
14 Vgl. Perger, E. (2002), S. 14f. 15 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 327f. 16 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 41f. 17 Vgl. Zink, K. J. (2004), S. 9.
10
3.1.3 Die drei Inhalte des TQM
Um TQM in seinem ganzheitlichen Umfang besser verstehen zu können, ist es hilfreich, die drei
einzelnen Bestandteile des Modells zu betrachten.
Abbildung 3.1: Total Quality Management
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 12.
Diese drei Bestandteile bilden das Grundgerüst des TQM, wobei jeder einzelne Teil ebenso
wichtig ist wie der andere. Sie unterteilen sich in den umfassenden Charakter (Total), Aspekte
der Qualität, sowie das Management in Bezug auf Führung des Unternehmens (Leadership).18
So ergibt sich der ganzheitliche Managementansatz des „Qualitätsmanagements“. Hierbei rückt
der Mensch in den Vordergrund. Somit beginnt die Arbeit direkt beim Kunden.
Folglich sollten die Erwartungen und Erfahrungen des Kunden bekannt sein und als Maßstab
für Produkte und Dienstleistungen für alle Mitarbeiter im Unternehmen dienen. Dadurch können
maßgeschneiderte Produkte bzw. Dienstleistungen angeboten werden, die dann vom Kunden in
Anspruch genommen werden, weil sie qualitativ dessen Vorstellungen entsprechen.19 Somit
wird die gesamte Wertschöpfungskette auf externe und interne Kundenanforderungen
ausgerichtet. Alle Prozesse im Unternehmen werden zu diesem Zweck in kleine
Teilleistungsprozesse aufgeteilt. Zwischen den einzelnen Prozessgruppen herrscht eine
Kunden-Lieferantenbeziehung.
18
Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 328. 19 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 11f.
Q
M
T
Total:
• alle machen mit • alle sind gut informiert
Quality:
• der Arbeit • der Prozesse • des Unternehmens • der Produkte
Management:
• Vorbildliches führen und im Zweifelsfalle für Qualität entscheiden
11
Da das oberste Ziel die Erfüllung von Wünschen, Erwartungen und Bedürfnissen externer und
interner Kunden ist, werden nur i.O.-Teile produziert, weitergegeben und angenommen. Das
heißt, nur Teile die im Sinne der Qualitätsvorgaben in Ordnung (i.O.) bzw. fehlerfrei sind,
werden akzeptiert. Im Bereich der Forschung und Entwicklung scheint sich dies allerdings als
ein unmögliches Unterfangen herauszustellen. Bei Projekten die abhängig von Innovationen
und Kreativität sind, kann es kaum zum Austausch von Ergebnissen bzw. Produkten kommen,
die im oben genannten Sinn i.O. sind. Ideen und Projekte werden dort auch dann
weitergegeben, wenn sie nicht abgeschlossen und völlig ausgereift sind. Somit muss in diesem
Bereich ein entsprechendes Feingefühl bzw. eine andere Handhabung des
Qualitätsverständnisses herrschen. Bei der Entwicklung werden somit auch nicht ausgereifte
und ganz fertige Produkte im Zusammenhang des Leistungserstellungsprozesses zwischen den
einzelnen Prozesskettengliedern oder Stationen ausgetauscht.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine kollegiale Beziehung zwischen den einzelnen Gliedern
der Prozesskette besteht. Somit sollte die Verhaltensqualität, in Bezug auf den Umgang
miteinander, dementsprechend ebenfalls einen hohen Grad aufweisen. Ansonsten kann es zu
Spannungen zwischen den einzelnen Gliedern innerhalb der Prozesskette kommen. Das
gemeinsame Ziel der Verbesserung der Qualität im Leistungserstellungsprozess gilt es dabei in
den Vordergrund zu stellen. Um die Situation der internen Kunden-Lieferantenbeziehung zu
entschärfen, werden somit Toleranzen mit unterer und oberer Toleranzgrenze festgelegt.
Daraus ergibt sich ein gewisser Spielraum für Annahmekriterien von produzierten Teilen.
Beispielsweise werden in der Produktion Werte festgelegt, die Maße und Normen von Teilen in
der Fertigung vorgeben. Logischerweise müssen diese den Vorgaben entsprechen, um
weiterverarbeitet werden zu können. Je höher der Anspruch an die Qualität ist, desto höher ist
auf der anderen Seite der Aufwand.
Dies hat Auswirkungen auf die Produktivität und die Effizienz. Zum Beispiel ist durch den
Einsatz der in Kapitel 3.2.2 genannten Qualitätsregelkarten (Control Chart) ein erhöhter und
zusätzlicher Aufwand nötig. Dies wirkt sich sowohl negativ auf die Arbeitsleistung, als auch auf
die Stimmung der Beschäftigten aus, zumal der nötige Mehraufwand keine entsprechend
höhere Entlohnung der ausgeführten Tätigkeiten mit sich bringt. Die Anschauungsweise des
Leistungserstellungsprozesses als Prozesskette mit interner Kunden-Lieferantenbeziehung wird
als Prozessorientierung bezeichnet. Es beruht auf Null-Fehler-Qualität und setzt ständige
Verbesserung (Continuous Improvement) sowie vorbeugendes Verhalten voraus. Andernfalls
würde der Ansporn, Fehler zu vermeiden, fehlen.
12
Auf der anderen Seite sollen Fehler nicht als Hindernisse gesehen werden, sondern als Chance
zur Verbesserung. Um dies zu bewerkstelligen ist es allerdings dringend notwendig Fehler zu
erkennen. Fehler dürfen somit gemacht werden, müssen dagegen aber auch erkannt und
behandelt werden. Würde dies nicht geschehen, wäre die langfristig gesehene Folge daraus ein
erhöhter Aufwand durch Nachkontrollen sowie Nachbearbeitung und Reklamationen. Damit
stehen erhöhte Kosten in Verbindung. Das Vermeiden von Fehlern involviert damit eine
Einsparung in Form von Zeit, Material, Arbeitskraft und damit zusammenfassend von Kosten.
Ziel des TQM ist es weiterhin, Kosten zu senken, indem Nachkontrollen und vor allem
Nachbearbeitungen weitgehend vermieden werden. Um dies zu erreichen gilt es, nach Ansicht
des TQM, im Vorfeld Investitionen zu tätigen, die genau dieselben Faktoren beinhalten. Um
langfristig Zeit zu sparen, muss also im Vorfeld Zeit investiert werden. Eben dasselbe Prinzip
findet auf andere Faktoren, wie Material oder Arbeitskraft seine Anwendung. Diese Strategie
setzt also darauf, Fehler vorauswirkend zu vermeiden. So werden Teile des Marktmechanismus
in das Unternehmen getragen. Durch diese Kundenorientierung wird eine hohe Anforderung an
Qualität sichergestellt, um Kosten zu senken und die Kundenzufriedenheit zu steigern.20
Auf der anderen Seite steht der Mitarbeiter, ohne den eine Belieferung oder Bedienung des
Kunden unmöglich ist. Dies ist die zweite große Gruppe im Qualitätsmanagement. Je höher die
Anzahl der Mitarbeiter, desto höher steigt der Anonymitätsgrad des einzelnen. So soll
beispielsweise der Mitarbeiter an einer Produktionsanlage nicht nur für seine Arbeitskraft in der
jeweiligen Tätigkeit, sondern vielmehr auch für geistige Arbeiten und Fähigkeiten entlohnt
werden. Aufgabe des Mitarbeiters ist also nicht nur das Ausführen stumpfer Tätigkeiten,
sondern auch das Mitdenken. Verbesserungsvorschläge und die Optimierung der Vorgänge
sollen vom Mitarbeiter erarbeitet und weitergegeben werden. Dies führt dazu, dass der
Informationsfluss im Unternehmen an Wichtigkeit zunimmt.
Allerdings kann es in der Praxis zu erheblichen Kommunikationsstörungen kommen, da
zwischenmenschliche Spannungen und Konflikte vorprogrammiert sind, wenn eigene Ziele und
Vorteile durchgesetzt werden. So kann es durchaus passieren, dass zwischen Abteilungen
erhebliche Barrieren in der Kommunikation auftauchen. Dies äußert sich z.B. durch das
Vorenthalten von Informationen oder das strikte Beharren auf Zuständigkeiten. Gründe dafür
können Ressourcenknappheit innerhalb von Abteilungen (Nicht können) und die mangelnde
Bereitschaft von Kooperation (Nicht wollen) sein. Je größer ein Unternehmen ist, desto
spezifischer sind die Aufgaben der einzelnen Abteilungen.
20 Vgl. Adam, D. (1998), S. 80f.
13
Durch Zielvorgaben innerhalb von Abteilungen und einem straffen Zeitplan ist die Umsetzung
der abteilungsübergreifenden Kooperation sehr eingeschränkt. Zudem ist es allzu menschlich,
dass Angestellte mit leitender Funktion Vorteile der eigenen Abteilung durch das Ausspielen
ihrer Machtsituation durchsetzen wollen. Somit sind Konflikte und Spannungen
vorprogrammiert. Dies bezieht sich nicht nur auf Abteilungen, die konkurrierende Ziele
aufweisen, wie die Investition im Kundendienst (führt zu mehr Kosten) im Zusammenhang mit
dem Ziel der generellen Kostensenkung, sondern auch zwischen Abteilungen die eine
Zielinterdependenz aufweisen (unabhängige Ziele, wie Senkung der Umweltbelastung &
Sicherung des Arbeitsplatzes). Da jede Abteilung mehr oder minder unabhängig von den
anderen Abteilungen agiert, ist jede Abteilung in der Regel auch eher auf eigene Vorteile
bedacht. Diese Konkurrenzsituation im Bezug auf eigene Interessen, die natürlich auch
zwischen den einzelnen Mitarbeitern innerhalb von Abteilungen besteht, erschwert die
Umsetzung von TQM in bedeutendem Maße. Weiterhin erzeugen Meinungsverschiedenheiten
zwischen Angestellten, insbesondere in Bezug auf leitende Angestellte, ein zusätzliches
Konfliktpotenzial.
Abhängig vom Ziel der einzelnen Tätigkeit, steigt mit wachsender Selbstständigkeit auch die
Verantwortung des Mitarbeiters. Durch Übernahme von Verantwortung steigt das Interesse an
der Tätigkeit. Der Mitarbeiter wird angespornt, über geleistete Arbeit nachzudenken, zu
reflektieren und Verbesserungen vorzunehmen. In der Praxis bringt dies allerdings auch
Konflikte mit sich, da es sich für Führungspersönlichkeiten, wie z.B. Abteilungsleiter, in der
Regel eher als schwierig erweist Verantwortungen zu übertragen und zu delegieren. Das
Beharren auf die eigene Machtposition gilt dabei als größte Barriere.
Um diesen Prozess, der Integration der Unternehmensleitlinien ins Unternehmen, umsetzen
bzw. durchsetzen zu können, sind Schulungen und Weiterbildungen notwendig, die wiederrum
Kosten mit sich bringen. Dennoch ist es wichtig, dass Mitarbeiter neben dem Training „on the
job“ (am Arbeitsplatz) auch speziell ausgewählte Themen in Form von Lehrmaßnahmen
behandeln, um das nötige Verständnis für den umfassenden Charakter des Begriffs Total (alle
machen mit) zu erlangen.21
Diese klaren Grundpfeiler der Kunden- und Prozessorientierung werden vom Management-
verhalten geprägt. Somit bildet das Management die dritte Säule des TQM. Nach dem Top-
Down-Ansatz soll die Philosophie des TQM von der Führungsebene sowohl vorgelebt als auch
vollständig umgesetzt werden. Die Funktionsfähigkeit des TQM-Konzeptes hängt damit vom
Managementverhalten ab.
21 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 11ff.
14
Denn dort werden die Randbedingungen und Grundsteine gesetzt, in der eine
Verbesserungskultur entstehen kann. Das Management ist dafür verantwortlich, dass ein
Umfeld geschaffen wird, welches den Mitarbeitern erlaubt, sich voll in den
Qualitätsverbesserungsprozess einzubringen.22
3.1.4 TQM als integratives Unternehmensführungskonzept
Qualität ergibt sich, wie bereits in Kapitel 3.1.3 eingeführt, aus dem Zusammenspiel von
Technik und Geisteshaltung. Dies bedeutet auf den technischen Bereich bezogen, aus
ausgereiften Produkten, qualitätsfähigen Prozessen und der Anwendung von Qualitäts-
techniken. Allerdings erweist es sich als äußerst schwierig, dieser Aufgabe gerecht zu werden,
da beispielsweise Spezialisten auf dem Gebiet der Technik oftmals andere Prioritäten setzten
würden als das betriebswirtschaftlich denkende Management. Somit muss das Management
auch ein umfassendes Verständnis für technische Gegebenheiten mit sich bringen. In diesem
Sinne ist der Informationsfluss, ausgehend vom Leistungserstellungsprozess in Richtung Top-
Management (Bottom-Up) besonders wichtig. Das Management ist also aufgefordert diesen
Informationsfluss herzustellen, um bedarfsgerecht entscheiden zu können. Zu diesem Zweck
eignet es sich, die Besetzung des Managements so zu wählen, dass sowohl Fachleute der
Wirtschaft, als auch des technischen Bereichs vertreten sind. Ebenso wichtig wie die Technik ist
die Geisteshaltung, welche ein qualitätsorientiertes Management, lebenslanges Lernen,
Motivation zur Qualitätsarbeit in allen Ebenen und Ehrlichkeit beim Umgang mit Fehlern
beinhaltet.23
Aufgabe des Managements ist es, sich darum zu kümmern, dass sich Technik und
Geisteshaltung durch eine erfolgreiche Umsetzung vereinen. Nur so kann sich das TQM-
System innerhalb der Unternehmung förderlich entfalten. Somit spielen verschiedene Aspekte
in den Grundvoraussetzungen die eine Unternehmung mit sich bringt eine maßgebende Rolle
für den Einsatz von TQM. Da dieser mit einem erhöhten Potential von Arbeitskraft, einem
enormen zusätzlichen Zeitaufwand und erheblichen Kosten in Verbindung steht, können sich
viele Unternehmen, besonders kleinere Betriebe, ein umfangreiches TQM aus Kostengründen
gar nicht leisten. Die Abschätzung von Potentialen sowie die Prioritätensetzung sind Abhängig
von der wirtschaftlichen Situation einer Unternehmung. Insofern spielt die Prioritätensetzung der
Unternehmensleitung, unter Berücksichtigung und Abschätzung des notwendigen Aufwandes,
eine entscheidende Rolle in Hinblick darauf, ob das TQM-Programm im Unternehmen zum
Einsatz kommen soll.
22
Vgl. Adam, D. (1998), S. 80f. 23 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 25.
15
Ganzheitliches Management bedeutet in diesem Zusammenhang, die Steuerung produktiver
sozialer Systeme, wie es in einem Unternehmen der Fall ist. Eine zielgerichtete Steuerung kann
nur dann erfolgen, wenn die derzeitige Situation klar ist. Folglich entscheidet die
Unternehmensleitung über den Einsatz von TQM, abhängig von den Grundvoraussetzungen
des Unternehmens. Sowohl in kleinen als auch in größeren Betrieben, wird die Umsetzung zum
einen an der Kostenfrage scheitern und zum anderen an der nahezu unmöglichen Umsetzung
des TQM-Programms.
Wie in Kapitel 3.1.3 beschrieben, behindern zum einen zwischenmenschliche Konflikte und
Barrieren die Umsetzung des TQM und zum anderen die Prioritätensetzung des Managements.
In Bezug auf die in Kapitel 3.1.5 beschriebenen Grenzen und Fehlerquellen des TQM werden
viele Unternehmen eher auf TQM verzichten wollen, als nach Fehlern und Ursachen zu suchen,
warum sich das Programm nicht umsetzen lässt. Kleinere Betriebe haben dabei den Vorteil,
dass eine etwas bessere Übersicht besteht, als in größeren Unternehmen mit verschiedenen
Abteilungen und Unterabteilungen. Allerdings könnte es sich beispielsweise für ein
Bauunternehmen mit zehn Mitarbeitern kaum lohnen zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, die
sich ausschließlich der Umsetzung des TQM widmen. Somit wird auch hierbei deutlich, dass die
Prioritätensetzung des Managements entscheiden für den Einsatz von TQM ist.
Im Sinne des TQM als Führungsmethode geht es in erster Linie darum eine
Unternehmenspolitik zu entwickeln. Top-Down entsteht eine Unternehmensvision, die
Unternehmenswerte berücksichtigt und beginnend bei der Unternehmensmission ein
übergeordnetes Leitbild schafft. Darauf aufbauend gibt die Unternehmensleitung diese Werte,
Kultur und Vision an die Mitarbeiter weiter. Die Denkrichtung und Unternehmensphilosophie
werden in strategischen Zielen verfolgt. So entstehen Projekte, Pläne und operative Ziele, die in
verschiedenen Prozessen verwirklicht werden. Die operative Planung wird durch die
Identifikation mit der Unternehmenskultur gelenkt und anschließend (Bottom-Up) ausgeführt
und darüberhinaus bewertet. So entsteht eine Kommunikation durch Kooperation zwischen der
Festlegung von Maßnahmen, ausgehend vom Management, und deren Umsetzung mit
entsprechender Bewertung und Verbesserung vom Operator. Dieser ist direkt am Prozess tätig
und gibt Informationen Bottom-Up weiter. Unterstützt wird diese Vorgehensweise z.B. durch die
in Kapitel 3.2.2 beschriebene FMEA-Methode, die im KVP des Deming-Zyklus zum Einsatz
kommt.24
24 Vgl. Ebel, B. (2003), S. 174.
16
Desweiteren ist Aufgabe des ganzheitlichen Managements im Sinne von TQM, die klare
Weiterentwicklung der Führungsposition von der Haltung des „Befehlshabers“ hin zum „Coach“.
Kooperation durch Kommunikation wird dabei groß geschrieben. Anstelle von
Zwangsmaßnahmen bei falschen Entscheidungen oder Handlungen treten Hilfestellungen und
Problemlösungen zur Verhaltensänderung. Ferner sollte die Unternehmensführung die
Philosophie des TQM vorleben, statt vorbeten. Diese klare Zielsetzung der ständigen
Verbesserung ist an die Mitarbeiter des Unternehmens über alle Hierarchiestufen zu tragen.
Dieser mitarbeiterorientierte Führungsstil involviert die Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse
und überträgt somit Verantwortung. Dadurch entsteht eine Identifikation mit dem Unternehmen
und deren Leitlinien.25
Dadurch ergibt sich eine Verschiebung der Umsetzung von Qualitätsanforderungen durch die
neue Qualitätsphilosophie, von der klassischen Qualitätssicherung hin zu jedem einzelnen
Mitarbeiter der im Prozess tätig ist. Durch die Bildung von Teams werden so Fehler
systematisch erkannt und abgestellt. Diese Leistungen sollten von der Unternehmensführung
durch Auszeichnungen und Belobigungen anerkannt werden.
Durch diesen ganzheitlichen Ansatz und der Verpflichtung der Unternehmensleitung kann das
TQM-Konzept bedeutende Veränderungen bewirken. Insbesondere durch ständige, fördernde
Begleitung des TQM-Prozesses im Unternehmen und durch das Vorleben der stetigen
Qualitätsverbesserung im täglichen, persönlichen Auftreten und Handeln des Managements ist
eine erfolgreiche Umsetzung möglich.26
In Europa findet dieser Ansatz bereits eine breite und erfolgreiche Anwendung. Demgemäß
verwenden die drei beliebtesten Automarken Deutschlands dieses Konzept. In einer Umfrage
mit 96.800 Teilnehmern nehmen Audi, BMW und Porsche die ersten drei Plätze ein. Dicht
gefolgt von Mercedes Benz und Volkswagen27 Interessanterweise sind diese Unternehmen
unter den ersten vier der beliebtesten Arbeitgebern Deutschlands zu finden.28 In der
Automobilbranche wird das TQM-Modell der EFQM erfolgreich umgesetzt. Audi, BMW,
DaimlerChrysler, Ford, Porsche und VW wenden dieses Modell unter der Bezeichnung
Automotiv Excellence Modell an. In anderen Branchen sind es beispielsweise Bosch, Infinion,
ST und Schurter die sich zu TQM bekennen.29
25 Vgl. Adam, D. (1998), S. 81f. 26 Vgl. Frehr, H.-U. (1993), S. 26. 27 Vgl. Busse, H. (2010). 28 Vgl. Rettig, D. (2009). 29 Vgl. IMS Consulting GmbH (Hrsg.) (2002).
17
Durch den Gewinn des EFQM-Awards 2006 beweist BMW, die erfolgreiche Umsetzung des
TQM-Modells in ihrem Unternehmen. Frank-Peter Arndt, Mitglied des Verstands der BMW AG,
nimmt den Preis entgegen und erläutert, dass der Gewinn des Awards nur eine
Momentaufnahme darstelle und es weiterhin das Ziel der Unternehmung sei, die Prozesse
weiter zu verbessern, um auch in der Zukunft dieses Niveau halten zu können.30 Ebenso erhält
Volkswagen Motor Polska diese Auszeichnung in der Kategorie „Führung und Zielkonsequenz“
im Oktober 2009. Durch die Bewerbung und den Gewinn des Awards wird deutlich, dass sich
der Konzern um TQM bemüht und das Modell umsetzt.
Drei Jahre dauert es, von dem Beginn der Anwendung des EFQM-Modells for Excellence und
der Auszeichnung. Als Begründung für die Auszeichnung nennt die Jury die vorbildliche
Umsetzung der vereinbarten Unternehmensziele sowie das Erzielen positiver Ergebnisse durch
die konsequente Vermeidung von Verschwendung. Als Grundlage wird dabei das Engagement
der motivierten und qualifizierten Mitarbeiter angeführt.
Aus dieser Begründung lassen sich die Grundlagen des TQM herauslesen. Welche sich in Total
(Alle machen mit), Quality (Qualität der geleisteten Arbeit) und Management (Umsetzung von
Unternehmenszielen) wiederfinden. Die Priorität die Volkswagen auf das TQM-Modell setzt wird
auch dadurch deutlich, dass Volkswagen zu den Gründungsmitgliedern der EFQM zählt.31
Dies sind einige Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung des TQM-Modells. Somit lässt sich
vermuten, dass ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von TQM und der Beliebtheit der
Unternehmen in Bezug auf die Wahl des Arbeitgebers sowie erstellte Produkte besteht.
Allerdings ist fraglich, inwieweit eine Umsetzung des TQM im Unternehmen tatsächlich erfolgt.
Auch wenn der Gewinn des EFQM-Awards die erfolgreiche Umsetzung des TQM im
Unternehmen annehmen lässt, heißt es nicht, dass dies in allen Teilen des Unternehmens
tatsächlich geschieht. So kann es durchaus vorkommen, dass Volkswagen in Polen, TQM
erfolgreich anwendet und in Deutschland eher noch Probleme in der Umsetzung hat. Zumindest
lässt die Zielsetzung und Ankündigung des Konzernvorstands, Toyota im Jahr 2018 zu
überholen, die Anwendung des TQM als integratives Unternehmensführungskonzept bei
Volkswagen vermuten. 32
30 Vgl. BMW (Hrsg.) (2006). 31 Vgl. VW (Hrsg.) (2009). 32 Vgl. Peitsmeier, H./ Ruhkamp, C. (2009).
18
3.1.5 Die Grenzen und Fehlerquellen des TQM
Für das bessere Verständnis von TQM ist der Begriff der „Komplexität“ anzuführen. Dieser
Begriff umfasst Aspekte wie Unüberschaubarkeit, Eigendynamik und beschränkte
Kontrollierbarkeit. Diese Komplexität findet sich in der Umsetzung der einzelnen Methoden des
TQM wieder. In komplexen Systemen, wie Unternehmen es sind, erweist sich die Umsetzung
des TQM in der Praxis als deutlich schwerer, als die theoretischen Ansätze es vorgeben. In der
Literatur wird dem mit der Aufforderung zum ganzheitlichen, vernetzten und systemischen
Denken („System Thinking“) begegnet.33
Doch nützen die besten Theorien und Methoden nichts, wenn diese vom Management nicht
optimal eingesetzt werden. Dies wird zudem erschwert, wenn Mittel und Wege (Befähiger) zur
Umsetzung fehlen. Es gibt demnach kein „Patentrezept“ welches den Erfolg garantiert.34 So
muss der Manager auf der einen Seite fortschrittlich denken und auf der anderen Seite mit
Unsicherheiten, Zufällen und Risiken rechnen. Eine situationsgerechte und individuelle Führung
in einem sich ständig verändernden Unternehmensumfeld mit vielen Unbekannten und
Variablen erweist sich dabei als überaus große Herausforderung, die an eine ebenso große
Verantwortung geknüpft ist. Dieser Zustand des Wandels des Managements wird als „Change
Management“ bezeichnet.
Um richtige Entscheidungen treffen zu können muss es Vorgaben geben, die eine übergestellte
Funktion einnehmen. Diese Vorgaben werden durch die Unternehmenspolitik bestimmt. Z.B.
könnte der Unternehmenszweck bzw. die Kundenzielgruppe in diesem Zusammenhang
unternehmenspolitisch eine wichtige Richtschnur darstellen. Folglich werden im Unternehmen
in verschiedenen Bereichen unternehmenspolitische Entscheidungen getroffen. Dies bezieht
sich unter anderem auf die Produkt-, Preis-, Absatzpolitik, usw. Nach dem TQM-Ansatz sollte
die TQM-Philosophie bzw. die übergeordnete Vision des Unternehmens vom Management in all
diese Bereiche getragen werden.35
Allerdings erweist sich gerade die unternehmensweite Umsetzung des TQM als ein Vorhaben,
welches sich durch zahlreiche Projekte und Maßnahmen über Jahre hinweg hinziehen kann.
Durch den Wechsel von Führungsebenen und Strategien sowie Reorganisationen gerade in
Bezug auf Zusammenschlüsse von Großbanken wird das Qualitätsprogramm dermaßen
behindert, dass die Reife für eine Awardbewerbung von vielen Banken wohl nie erreicht werden
kann. Dennoch werden Teilerfolge bei der Umsetzung des TQM erzielt.
33 Vgl. Honegger, J./Vettiger, H. (2005), S. 17. 34 Vgl. Binner, H. F. (2005), S. 11.
35 Vgl. Binner, H. F. (2005), S. 22f.
19
Um TQM tatsächlich mit Erfolg anwenden zu können, bedarf es gerade in dieser Branche einer
besonderen Verpflichtung und Anstrengung. Kunden- und Mitarbeiterbefragungen sollten, trotz
der hohen Belastung für die Bank und deren Angestellte, nicht eingestellt werden, da diese
gerade in Zeiten des Umbruchs wertvolle Informationen und Daten liefern. Allerdings sind
solche Befragungen nur in einem ausreichenden Umfang sinnvoll. D.h. es sollten Erhebungen
durchgeführt werden, die eine möglichst große und repräsentative Gruppe einschließt. Solche
Erhebungen lassen den Kostenfaktor wiederrum steigen. Desweiteren werden dabei in der
Praxis Fehler gemacht, indem Fehlinterpretationen von Daten gemacht und somit falsche
Entscheidungen aufgrund falscher Basisdaten getroffen werden. Bei internen Befragungen
kann es bei der Interpretation durchaus passieren, dass Sachverhalte zu positiv ausgelegt und
dargestellt werden. Außerdem können sich Schwierigkeiten bei der Formulierung der
Fragestellungen ergeben, da zwar die Meinung zu bestimmten Bereichen eingeholt wird, jedoch
die eigentlichen Probleme und Defizite nicht formuliert werden und somit nicht zur Sprache
kommen. Dadurch wird die tatsächliche Situation nicht genau genug erfasst. In Folge dessen
kann dies dazu führen, dass sich Mitarbeiter übergangen fühlen und die tatsächliche Situation
samt Konflikten nicht erkannt wird.
Ferner weist das EFQM-Modell der Unternehmensleitung die Funktionen des Visionärs, des
Motivators und des Kommunikators zu. Dieser Rolle wird das Management allerdings allzu oft
nicht gerecht. Meist wird erst zu spät, beispielsweise nach Abgang bedeutender und
schwerwiegender Kunden und Mitarbeiter nach einer Fusion, an TQM gedacht. Hinzu kommt,
dass sich das Topmanagement aufgrund ihres vollen Terminkalenders max. zwei bis drei Tage
im Jahr mit TQM-Instrumenten wie das des EFQM-Models beschäftigen kann.
Die Unternehmensberatung McKinsey & Company bezeichnet, einer internen Untersuchung
zufolge, die mangelnde Überzeugungskraft des Qualitätsstabes vor dem Topmanagement als
Ursache für die schlechte Umsetzung von Qualitätsprogrammen. Dies wäre denn der Fall, wenn
ein Unternehmen bereits einen Bereich oder eine Abteilung für Qualitätsmanagement
eingerichtet hätte, welche eine der Geschäftsleitung direkt unterstellte Stabstelle oder ein
Gremium darstellt, jedoch von deren Impulsen und Anregungen nicht genügend motiviert
werden könnte, um TQM tatsächlich anzuwenden. Somit wäre zwar der erste Schritt zum TQM
getan, allerdings würde dabei die Umsetzung nicht gelingen, weil die Prioritäten des Top-
Managements sich nicht an den TQM-Bedingungen orientieren. Somit ist ein Grund, der das
Umsetzen von TQM erschwert, die mangelnde Überzeugung der Unternehmensleitung vom
TQM-Konzept selbst.36 Dies könnte auch an der schwierigen Gestaltungweise in der
Realisierung des Konzeptes liegen.
36 Vgl. Perger, E. (2002), S. 239f.
20
In diesem Sinne beschreibt Deming mit den „sieben tödlichen Krankheiten“ die häufigsten
Ursachen für das Scheitern des TQM-Programms:37
1. Fehlen eines festen Unternehmenszweckes.
2. Betonung von kurzfristigen Gewinnen.
3. Jährliche Bewertung, Leistungsbeurteilung, persönliches Beurteilungssystem.
4. Hohe Fluktuation in der Unternehmensleitung, Springen von Firma zu Firma.
5. Verwendung von Kenngrößen durch das Management – ohne Berücksichtigung von
solchen Größen, die unbekannt oder nicht quantifizierbar sind.
6. Überhöhte soziale Kosten.
7. Überhöhte Kosten aus Produkthaftpflichturteilen.
Diese „sieben tödlichen Krankheiten“ kommen in der Praxis häufig vor. Sie stellen Hindernisse
und auch typische Schwachstellen des TQM dar. Demnach werden häufig Aufwand und nötige
Sorgfalt bei der Umsetzung sowohl unterschätzt als auch vernachlässigt. Die Gründe dafür
könnten zum einen am mangelnden Enthusiasmus und Engagement für das Programm liegen
und zum anderen schlicht an den nahezu utopischen Bedingungen zur erfolgreichen
Umsetzung. Ein weiterer möglicher falscher Start spiegelt die Erwartungshaltung, ausgerichtet
auf kurzfristige Ergebnisse, wieder.
TQM ist ein Managementkonzept, welches auf langfristigen Unternehmenserfolg zielt. In
Anbetracht von Shareholder-Values spielt der kurzfristige Unternehmenserfolg allerdings sehr
wohl eine maßgebende Rolle. Somit ist Geduld gefragt, die angesichts dessen kaum vorhanden
ist, da die einzelnen Methoden sehr zeitaufwendig und damit auch kostspielig sind. Durch
Erhebungen und Befragungen entstehen Kosten, die oft unterschätzt werden. Gleichsam kostet
die Umsetzung des KVP einen enormen Zeit- und Personalaufwand. Bis der Prozess
letztendlich tatsächlich verbessert ist, und sich der Aufwand rechnet, sind die Investitionen
höher als der Gewinn. Somit ist das TQM-Konzept auf langfristige Ergebnisse und
Gewinnsteigerungen im Sinne der in Kapitel 3.2.2 beschriebenen Prozesskette ausgelegt.
Diesbezüglich kommt es oft zu dem Fehler, dass mit einer falschen Maßnahme begonnen wird.
Die Prozesskette sollte immer am Anfang gestartet werden. D.h. vor der Verbesserung der
Produktqualität gilt es, die Prozessqualität zu verbessern. Ansonsten verfehlt der Ansatz seine
Bestimmung. Ein weiteres Manko ist durch die Umsetzung einzelner Maßnahmen des
Management-Programms gegeben. Da der TQM-Ansatz ganzheitliches Denken und Handeln
fordert, ist es wichtig, dieses Programm möglichst vollständig anzuwenden und umzusetzen.
Auch hierbei treten häufig Fehler auf, da nur Teile des Programms umgesetzt werden.
37 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 44.
21
Somit wären die Maßnahmen schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt, da das Zusammenspiel
der im Kapitel 3.2.1 beschriebenen 14 Punkte der Deming-Philosophie nicht verstanden bzw.
beachtet wurden. Ein weiteres Hindernis stellt die Annahme dar, dass Mechanisierung,
Automatisierung und Computerisierung den Durchbruch erzwingen könnten. Auch hierbei fehlt
das Verständnis für die Gesamtheit des Konzeptes.38
In Bezug auf die ständige Verbesserung der Systeme und Prozesse, wie die ständige
Verbesserung in kleinen und stetigen Schritten die mit dem Begriff Kaizen (siehe Kapitel 3.2.2)
bezeichnet wird, ergeben sich ebenfalls einige Kritikpunkte. Es erweist sich zwar für viele
Unternehmen als erstrebenswert und hilfreich, diese Entwicklung der ständigen Verbesserung,
und dies unter Einbindung aller Mitarbeiter, in ihrer Organisation verwirklichen zu können, doch
fehlen dazu die strukturellen Rahmenbedingungen, wie z.B. geeignete Belohnungssysteme.
Kaizen beschreibt demnach eher eine Philosophie oder Geisteshaltung, als ein in sich
geschlossenes Konzept.39
In Anbetracht dessen bietet das TQM eher Partialkonzepte, die es zu verknüpfen gilt. Dies
bedeutet, dass die einzelnen Methoden und Inhalte, die in einzelnen Teilkonzepten vorliegen,
im Unternehmen zusammengetragen und einheitlich umgesetzt werden müssen, damit eine
Veränderung der Unternehmenskultur entstehen kann. In den meisten Konzepten ist
diesbezüglich allerdings nur wenig Konkretes über die Umwandlung und Umsetzung bzw. die
Integration der theoretischen Ansätze in die Praxis durch strategische und operative Inhalte
ausgesagt. Dies bezieht sich sowohl auf die vertikale Auswirkung, also die Übertragung von
Zielen und der Vision eines Unternehmens, Top-Down, auf die einzelnen
Unternehmensbereiche und Mitarbeiter, als auch auf der horizontalen Ebene, die sich auf die
Übertragung von Unternehmenskultur auf die Unternehmenspolitik und deren Ziele bezieht.
Z.B. stellt sich die Frage, wie eine Unternehmenskultur, die Mitarbeiter- und Kundenorientierung
in den Mittelpunkt stellt, in der Unternehmenspolitik und vor allem in konkreten Zielen
wiederzufinden ist.
Zwar behandelt das TQM diese Problemstellungen intensiv, doch die Umsetzung der
theoretischen Ansätze in die Praxis erweist sich als durchaus schwierig, da die Realität oftmals
mit den idealen Vorstellungen der Philosophie des TQM nicht vereinbar ist. Es entsteht also der
Eindruck, dass die TQM-Ansätze Teilkonzepte bieten, die nur mit größter Sorgfalt ins
Unternehmen integriert werden können. Dies erfordert ein hohes Maß an Präzision, die in der
Praxis kaum wiederzufinden ist.
38 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 45. 39 Vgl. Zink, K. J. (2004), S. 31.
22
Angesichts dessen werden viele Unternehmen wohl eher auf die Umsetzung des TQM-
Programms verzichten, anstatt nach Gründen zu suchen wie die „Krankheiten“ beseitigt werden
können. Allerdings wenden viele Unternehmen diese Konzepte in verschiedenen Bereichen
erfolgreich an. Somit besteht das Bestreben seitens verschiedener Unternehmen TQM im Sinne
des EFQM-Modells anzuwenden. Folglich bleibt festzuhalten, dass eine Umsetzung, wenn auch
in der Praxis nahezu unmöglich, doch zumindest erstrebenswert ist. Nichtsdestoweniger bedarf
dieses Vorhaben eines ganzheitlichen Denkens, das einen längeren zeitlichen Rahmen, im
Sinne von nachhaltiger Entwicklung und kontinuierliche Verbesserung fordert.40
40 Vgl. Zink, K. J. (2004), S. 41f.
23
3.2 Demings TQM-Programm
3.2.1 Unternehmensphilosophie nach W. E. Deming
Grundlage und richtungsweisend für ein TQM orientierten Unternehmensführungsansatz ist das
klare Bekenntnis der Unternehmensleitung zu TQM. Das Management folgt demnach einer
klaren Philosophie und Denkweise. William Edwards Deming entwickelt in den 50er Jahren
diese Unternehmensphilosophie. Die einzelnen Positionen und Haltungen, die diese
Philosophie vertritt, sind nicht überraschend neu oder gar fremd. Jedoch führen seine
Gedanken zu einer in der Praxis nie da gewesenen Qualitätsphilosophie. Dieses Management-
Programm enthält die drei in Kapitel 3.1.2 genannten Grundhaltungen. Im Einzelnen werden
diese in weiteren Bestandteilen des Management-Programms aufgefasst und weiter vertieft.41
So werden die Grundgedanken von Demings Philosophie in 14 Punkten zusammengefasst:42
1. Schaffe einen festen Unternehmenszweck.
2. Wende die Qualitätsphilosophie an, um wirtschaftliche Stabilität zu sichern.
3. Beende Notwendigkeit und Abhängigkeit von Vollkontrollen.
4. Mache nicht Geschäfte auf Basis des niedrigsten Preises, d.h.: vermeide Dumping.
5. Suche ständig nach den Ursachen von Problemen (Fehlern) und leite daraus den
Verbesserungsprozess ab.
6. Schaffe moderne Methoden des Trainings am Arbeitsplatz.
7. Setzte moderne Führungsmethoden ein.
8. Fördere effektive gegenseitige Kommunikation.
9. Beseitige die Abgrenzung der einzelnen Bereiche voneinander.
10. Beseitige den Gebrauch von Aufrufen und Ermahnungen.
11. Beseitige zahlenmäßige Leistungsvorgaben.
12. Beseitige Hindernisse, die den Mitarbeiter das Recht nehmen, auf ihre Arbeit stolz zu
sein.
13. Schaffe ein durchgreifendes Ausbildungsprogramm.
14. Definiere deutlich die dauerhafte Verpflichtung des Top-Managements zur Qualitäts- und
Produktivitätsverbesserung.
41 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 41f. 42 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 58f.
24
Diese 14 Punkte lassen sich laut Deming auf jedes Unternehmen anwenden und übernehmen,
auch wenn es so scheint als wären sie allein für die Produktion bestimmt. In Kapitel 6 wird dies
am Beispiel der Deutschen Vermögensberatung AG näher untersucht und behandelt. Ferner
soll dabei hinterfragt werden, in welchem Umfang sich die Philosophie Demings in der Praxis
sinnvoll anwenden lässt, da das gesamte Management-Programm Demings durch einen
Verstoß gegen eine dieser Regeln zu Fall kommen kann. Diese Verstöße werden als die sieben
tödlichen Krankheiten bezeichnet.
Diese Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Konzeptes sind bekannt. Dementsprechend sind
diese Hindernisse besonders zu beachten. Meist wird der Aufwand und die erforderliche
Sorgfalt bei der Anwendung des Programmes unterschätzt. Es werden kurzfristige Ergebnisse
erwartet. So kommt es dazu, dass nur Teile des Managementprogramms umgesetzt werden,
sodass das gesamte Konzept nicht aufgeht. Dies liegt am fehlenden Verständnis für die
Gesamtheit des Konzepts. Wichtig bei der Durchführung von TQM ist daher besonders das
Bewusstsein für die Gesamtheit der Philosophie sowie den Blick für den langfristigen und
kontinuierlichen Unternehmenserfolg.43
3.2.2 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)
Für die Anwendung des TQM sind zwei Ziele anzustreben:
1. Steigerung der Kundenzufriedenheit
2. Kontinuierliche Verbesserung aller Leistungen und Tätigkeiten im Unternehmen
Um diese Ziele erreichen zu können gibt es zwei Ansätze. Zum einen sollte der Wille zur
Verhaltensänderung bzw. zur dauernden Verbesserung aller Tätigkeiten bei allen Mitarbeitern
geschaffen werden. Zum anderen gilt es Methoden einzusetzen, die diesen Prozess
unterstützen. Das heißt, es ist ein systematisches Verbesserungsmanagement in allen
Bereichen notwendig. Die Firma Hewlett-Packard untersuchte im Jahr 1984, welche
Verbesserung erzielt werden könnten, wenn keine Fehler gemacht werden würden.
43 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 44f.
25
Verbesserungspotential bei Null-Fehlern:44 (Quelle: Hewlett-Packard)
- Aufwand in Produktion, Marketing, Verwaltung -30%
- Lagerbestände, Gewährleistung -50%
- Gewinn +100%
- Produktivität +30%
- Selbstfinanziertes Wachstum +100%
Beispielsweise würde der Aufwand in der Produktion, im Marketing und in der Verwaltung um
30% zurückgehen. Dies ist die Einsparung, die durch den Wegfall von Nachbearbeitung an
Produkten oder Teilen erreicht werden kann. Ebenso würden in der Verwaltung Kosten sinken,
die durch Reklamationen entstehen. Auf der anderen Seite würde die Produktivität um 30%
zunehmen. Durch diese Einsparungen würde sich der Gewinn verdoppeln. Fehler verursachen
Kosten. Durch das Vermeiden von Fehlern werden diese Kosten gesenkt. Dies steigert folglich
den Gewinn. Das Ergebnis der Untersuchung zeigt also, wie effektiv fehlerlose Prozesse sind
und wie bedeutend das Erstreben dieses Zieles ist. Das Verbesserungspotential ist enorm,
auch wenn es in der Praxis nie vollständig erschlossen werden kann.
Allerdings haben diese Zahlen keinerlei Aussagekraft in Bezug auf den Aufwand, der zur
Realisierung dieser Werte benötigt wird. Dennoch würde, laut dieser Erhebung, die
Verwirklichung von nur 50% von diesem Potential eine erhebliche Steigerung des
Unternehmensergebnisses bewirken. In Bezug auf TQM bedeutet Verbesserung also: das
Vermeiden von Fehlern jeglicher Art.
Anders als Innovationen, die Produkte, Prozesse oder Einrichtungen in gesonderten
Zeitintervallen maßgeblich verändern, geht es hierbei um Verbesserung in einzelnen, kleinen
Schritten in kurzen Zeitabständen. Dieses ständige Verbessern in kleinen Schritten wird mit
dem aus dem japanischen stammenden Begriff „KAIZEN“ bezeichnet.45 Es beschreibt eine
Weiterentwicklung der in Kapitel 3.1.2 genannten Grundhaltung der Demingschen
Qualitätsphilosophie, dass jede Aktivität als Prozess aufgefasst und ständig verbessert werden
kann. Dies bedeutet im Hinblick auf ganzheitliches Denken, dass jeder Mitarbeiter an diesem
Verbesserungsprozess teilnehmen und mitwirken soll. Es gehört zu seinen Aufgaben, diesen
Veränderungsprozess auszuführen und in seinem Arbeitsumfeld voranzutreiben. Dabei soll die
Verbesserung als neuer Standard eingeführt werden, um eine neue vorher nicht da gewesene
Qualität zu erreichen.46
44 Vgl. Frehr, H.-U. (1993), S. 148f. 45 Vgl. Frehr, H.-U. (1993), S. 148f. 46 Vgl. Pfeifer, T. (1996), S. 294.
26
Die Abbildung 3.2 stellt den KVP- oder Deming-Zyklus graphisch dar. Der Deming- oder PDCA-
Zyklus läuft in vier Phasen ab und beschreibt die genaue Vorgehensweise des KVP.
In der ersten Phase (Plan), der Planungsphase, geht es darum, relevante Daten zu sammeln
um den Prozess zu studieren und zu analysieren. Es geht also um die Identifikation von
Einflussgrößen bzw. Prozessparametern sowie Planung der Vorgehensweise.47
Als gängige Methode um potenzielle Fehler vorbeugend zu erfassen, wird hierbei die
Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) angewandt. Dabei werden unteranderem auch
Fehler nach Schadensfolgen und Risikofaktoren bewertet, sowie Maßnahmen zur Minimierung
der Risiken festgelegt. Es geht also um das Ausfindig machen von Fehlerquellen und um das
Bewerten von deren Folgen. Außerdem sollen Faktoren gefunden werden, die ein Risiko für
den Prozess darstellen. Diese Methode eignet sich für das Analysieren von Produkten und
Prozessen.48 Sie gliedert sich in eine strukturierte Vorgehensweise.
47 Vgl. Pfeifer, T. (1996), S. 300ff. 48 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 49.
Q
ualit
ät
A P
C D
Standardisierung
Abbildung 3.2: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Pfeifer, T. (1996), S. 294.
Legende: P = Plan; D = Do; C = Check; A = Act
27
Im ersten Schritt wird die Systemstruktur bestimmt. Hierbei werden der Aufbau des Systems
dargestellt und funktionale Zusammenhänge ermittelt. Um Fehler ausfindig machen zu können,
gehört es zur Grundvoraussetzung, das zu untersuchende System gut zu kennen. Darauf
folgen die Durchführung einer Funktionsanalyse und die Risikoanalyse mit anschließender
Bewertung. Hilfestellung geben in diesem Zusammenhang die Erfahrungen der Mitarbeiter,
welche Einflussfaktoren bereits aus der Praxis kennen und auch wissen, welche Fehler
entstehen können bzw. wodurch diese verursacht werden.49 Hilfreich sind ebenfalls Daten, die
aus Prozessregelkarten entnommen werden können. Diese Prozessregelkarten werden durch
Mitarbeiter geführt, die einen bestimmten Prozess ausführen. Der Einsatz von
Qualitätsregelkarten (Control Chart) stellt eine Methode zur Überwachung von Fertigungs-
prozessen dar. Die Daten werden in ein Koordinatensystem eingetragen. Es sind Messwerte,
die durch Warn-, Eingriffs- und Toleranzgrenzen in Abweichung vom Mittelwert dazu dienen,
einen Prozess zu untersuchen und zu steuern.
Es werden also Produkt- und Maschinendaten während der Produktion gesammelt. Diese
werden zum Auswerten dokumentiert. So können im Vorfeld bereits Einflussgrößen erkannt
werden. Mögliche Daten wären z.B.: Maschine A produziert bei Geschwindigkeit X 10 Teile in
der Minute. Dabei entsprechen 9 von 10 Teilen der Norm. Dieselbe Maschine produziert bei
Geschwindigkeit Y 8 Teile in der Minute, dabei entsprechen 8 von 8 Teilen der Norm. Diese
Daten sind in der FMEA sehr hilfreich.50 Im letzten Schritt ergibt sich daraus die
Risikominimierung.
In folgendem Beispiel soll eine typische FMEA näher erläutert werden. In einem
Beratungsgespräch erklärt der Vermögensberater seinem Kunden die Funktion und den Nutzen
eines Bausparvertrages. Dieser Vorgang kann als Prozess aufgefasst werden. Der erste Schritt
im der FMEA wäre eine Analyse des Prozesses. Dabei sind Fragen zu klären wie z.B.: Welche
Informationen sollen dem Kunden gegeben werden? Welches Wissen braucht der Berater um
diese Tätigkeit auszuführen? Auf welche Art und Weise soll das Produkt erklärt werden
(Wortwahl, Frage-Techniken, genutzte Beispiele)? etc. Nachdem der Prozess analysiert wurde,
können Szenarien durchgespielt werden, welche Fehler in dem Prozess auftreten können. Mit
Hilfe der Erfahrung des Vermögensberaters aus der Praxis könnte durch Überlegungen der
übermäßige Gebrauch von Fachbegriffen oder gar ein Defizit an Fachwissen seitens des
Beraters als ein möglicher Risikofaktor bestimmt werden. Dieser Parameter wird in einer
Hypothese formuliert. Dieses beschreibt die erste Phase (Plan).
49 Vgl. Pfeifer, T. (1996), S. 36f. 50 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 233.
28
Darauf folgt die zweite Phase (Do). Es werden also Maßnahmen festgelegt und durchgeführt.
Dabei wird untersucht, ob die aufgestellte Hypothese tatsächlich bestätigt wird und desweiteren,
ob die richtigen Parameter gewählt wurden und welche Veränderungen bzw. Verbesserungen
vorzunehmen sind. In Bezug auf das Beispiel bedeutet dies, dass in der zweiten Phase (Do),
die ermittelten möglichen Einflussfaktoren, wie das Produktwissen, die Darstellungsweise oder
das äußere Erscheinungsbild, in der Praxis durch Umsetzung der Verbesserungsmöglichkeiten
überprüft werden.
Dies beinhaltet die dritte Phase (Check). Hierbei werden die Ergebnisdaten analysiert,
ausgewertet und die Ergebnisse festgehalten. Mögliches Fazit könnte sein, dass ein besseres
Ergebnis erzielt wurde, der Kunde einen Bausparvertrag abgeschlossen hat, da Produktwissen
in Kombination mit einer anschaulichen Erklärung ihn überzeugen konnten. Wird die Hypothese
also bestätigt, wird die veränderte Verbesserung im vierten Schritt (Act) standardisiert. Dies
kann z. B. in Form einer Schulungsinitiative für alle Vermögensberater geschehen. Ein anderes
Fazit könnte sein, dass der Kunde trotz einwandfreiem Produktwissen und toller
Erklärungsweise keinen Vertrag abschließt. Der entscheidende Faktor muss demnach ein
anderer sein. Darauf folgt eine neue Hypothese (der Kreis beginnt vom Anfang). Z.B. der
Berater wirkt unsympathisch, da sein äußeres Erscheinungsbild (unrasiert, ungepflegte Nägel
etc.) den Kunden nicht überzeugen. Daraus ergibt sich eine erneute Parameterbestimmung und
eine entsprechende Veränderung, Ergebniskontrolle etc. Durch diese Untersuchung können
also Einflussgrößen ermittelt werden, die Auswirkungen auf den Prozess haben können. Durch
das spätere Verändern bzw. Anpassen dieser Prozessparameter können Fehler systematisch
abgestellt werden.51
Allerdings ist diese Vorgehensweise mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Wie in Kapitel
1.3.5 beschrieben, gilt es Aufwand und Nutzen gegeneinander aufzuwiegen, um die Intensität
und Effektivität der FMEA für den jeweiligen Prozess zu bewerten. Allerdings besteht die
Gefahr, dass falsche Einflussgrößen bzw. falsche Prozessparameter gewählt werden. Je
genauer die FMEA durchgeführt wird, desto größer ist der Aufwand, doch damit verbunden
auch die Erfolgsaussichten. Da es sich um einen ständigen Verbesserungsprozess handelt,
beginnt der Zyklus nach Durchlaufen wieder von vorne, damit weitere oder andere
Einflussgrößen gefunden werden können, um so weitere Verbesserungen zu erzielen, die
wiederum als neuer Standard zu setzen sind.52
51 Vgl. Pfeifer, T. (1996), S. 36f. 52 Vgl. Pfeifer, T. (1996), S. 300ff.
29
Daraus entsteht eine Kettenreaktion, die durch verbesserte Prozessqualität verbesserte
Produktqualität zur Folge hat. Dadurch sinken die Kosten, die gute Preise und damit
Marktanteile sichern. Das dient der Festigung des Unternehmens, schafft sichere Arbeitsplätze
und ein hohes Maß an Return on Investment.53
Durch den bereits genannten Informationsfluss innerhalb des Unternehmens entsteht so eine
Verbesserung sowohl in horizontaler Ebene, aus den Verbesserungen innerhalb der einzelnen
Unternehmensbereiche und in der Tätigkeit der einzelnen Mitarbeiter, als auch in vertikaler
Ebene durch Überlegungen und Umsetzungen der Unternehmensführung. Das heißt, dass die
Unternehmensleitung verantwortlich für den KVP ist. Sie muss die Initiative ergreifen und
Teams zur Durchführung des KVP bilden. Außerdem ist die Unternehmensleitung verpflichtet,
die Verbesserungen durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. die genannten Produktschulungen
oder Setzung von Standards in Punkto gepflegtes Äußeres, zu standardisieren.54
3.3 EFQM und Business-Excellence
Durch Zielsetzung und Vision kann die Unternehmensleitung bestimmen, wo sie hinsteuern soll.
Allerdings ist dies unmöglich, wenn nicht klar ist, wo sich das Unternehmen befindet. Eine
Richtung kann nur gewählt werden, wenn der Standort klar bestimmt ist. Das EFQM-Modell ist
eine Methode, mit der sich ermitteln lässt, inwieweit ein Unternehmen dem TQM-Anspruch
gerecht wird. Diese Methode kann in einer Selbstbewertung oder einer Fremdevaluierung z.B.
der des Europäischen Qualitätspreises durchgeführt werden.
Somit kann der EFQM-Status des Unternehmens eingeschätzt werden. Es ist üblich, dass bei
einer Selbstbewertung das Management-Team in einem Workshop, welcher von zwei bis drei
Moderatoren geleitet wird, zwei Tage lang Schulungen erhält. Dann wird unter bestimmten
Kriterien eine Bewerbungsmappe zum European Quality Award erstellt und anschließend
ausgewertet. Daraus werden Maßnahmen abgeleitet und durchgeführt, die zur Verbesserung
dienen sollen.55 Viele Konzerne organisieren mittlerweile interne Qualitätswettbewerbe wie die
der EFQM. Sie werden im Rahmen des Controllings durchgeführt und sind wichtige Instrumente
zur erfolgreichen Anwendung von TQM.56
53 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 45f. 54 Vgl. Frehr, H.-U. (1993), S. 165. 55 Vgl. Neumann, A. (2004), S. 343. 56 Vgl. Neumann, A. (2004), S. 349.
30
Bei der Vergabe des Europäischen Qualitätspreises werden folgende Punkte beurteilt:57
• Führung, Politik und Strategie
• Mitarbeiterorientierung
• Ressourcen und Prozesse
• Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit
• Gesellschaft
• Geschäftsergebnisse
Allerdings haben sich einige dieser Awards, so wie der Australien Business Excellence Award
oder der Malcolm Baldrige National Quality Award, vom Begriff der „Qualität“ verabschiedet. Er
wurde durch „Excellence“ ersetzt. Business Excellence spricht hier von einer Qualität in einem
weit größeren Ausmaß und Zusammenhang, als es das Wort selbst ausdrücken kann.
Excellence steht für den Qualitätsbegriff, wie er in der Thematik des TQM in seiner tiefsten und
weitesten Bedeutung gemeint ist. Excellence beschreibt eine Strategie der Unternehmens-
führung, welche aufs ganze Unternehmen ausgeweitet und strikt an den Bedürfnissen aller
Interessensgruppen („Stakeholder“) einer Unternehmung ausgerichtet ist.58 Um dem gerecht zu
werden, ist Selbstkontrolle zur Erreichung des Zieles Business-Excellence notwendig. Die
verschiedenen Kriterien des EFQM werden mithilfe einer logisch aufgebauten Vorgehensweise
behandelt.
Es wird mit dem Wort RADAR abgekürzt und setzt sich aus vier einfachen Schritten zusammen.
Results (Ergebnisse), Approach (Vorgehen), Deployment (Umsetzung), Assessment und
Review (Bewertung und Überprüfung).
Im ersten Schritt werden Ergebnisse festgelegt, die erzielt werden sollen. Diese Ergebnisse
sind wie Ziele zu sehen, die ähnlich einem Trend erreicht werden sollen. Diese können
finanzieller oder auch operationeller Natur sein. Sie sollen so gewählt werden, dass Sie erreicht
und übertroffen werden können. Im zweiten Schritt werden Vorgehensweisen, Schritte und
Methoden geplant (Approach), um gesetzte Ziele bzw. Ergebnisse zu erreichen. Diese
geplanten Vorgehensweisen sollen dann in der täglichen Arbeitsweise des Unternehmens
umgesetzt werden (Schritt drei Deployment). So kann die Realisierung der Ziele gewährleistet
werden. Im vierten Schritt werden diese dann bewertet und überprüft (Assessment und
Review).
57 Vgl. Pinter, E. (1999), S. 13.
58 Vgl. Zink, K. J. (2004), S. 50f.
31
Dieses Vorgehen soll Gegenstand fortwährender Bewertung und permanenter Verbesserung
sein. So kommt es im Hinblick auf das Ziel von Business-Excellence durch das EFQM-Modell
zu einem ständigen Ansporn, die Kriterien zu erfüllen und damit immer bessere Ergebnisse zu
erzielen.59
4 TQM im Finanzdienstleistungsbereich
4.1 Die Wettbewerbssituation
Als Beweggrund für den Einsatz des TQM im Finanzdienstleistungsbereich spielt die
Wettbewerbssituation eine maßgebende Rolle. Diese stellt eine große Herausforderung für das
traditionelle Bankgeschäft dar. Um sich in diesem engen Markt erfolgreich zu etablieren, gilt es
durch Methoden des TQM seine Position zu stärken. Wie in den vorangegangenen Kapiteln
beschrieben, kann eine dauerhafte Bindung des Kunden durch Produkt- und Servicequalität
erreicht werden. Die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit hat dabei höchste Priorität. Im
Hinblick auf die rasch voranschreitende Globalisierung kommt es zum einem weltweiten
Austausch von Waren, Informationen und Dienstleistungen. Auch das Bankwesen bleibt von
diesem Trend nicht ausgeschlossen. Daraus ergibt sich der Trend zu Unternehmens-
zusammenschlüssen und zur Allfinanz. So waren zur Jahrtausendwende Fusionen zwischen
führenden Bankhäusern zu beobachten. Diese Tendenz macht sich ebenfalls in der
Versicherungsbranche bemerkbar. Aufgrund dieser Tatsachen wird der Weg für die Entstehung
verschiedener Allfinanzkonzerne geebnet. Durch den Wegfall des Glass Steagel Acts im Jahr
1999 und der damit verbundenen Aufhebung des Trennbankensystems bietet sich auch US-
amerikanischen Instituten die Chance zu Kooperationen und gezielten Expansionen auf dem
europäischen Markt. Diese Entwicklungen führen zu einem extrem starken Wettbewerb.
Zusammenschlüsse einzelner Institutionen und damit verbundene Kostenvorteile ermöglichen
günstigere Konditionen und Preisnachlässe. Aus Sicht der Kunden gibt es allerdings kaum
weitere wesentliche Unterscheidungsmerkmale der Produktpaletten der einzelnen Banken
untereinander. Nach Meinung verschiedener Qualitätsmanager besteht die einzige Möglichkeit
sich dem Preiskampf zu entziehen darin, sich durch Investitionen in die Produkt- und
Servicequalität von Konkurrenzunternehmen abzuheben. Durch den Eintritt branchenfremder
Wettbewerber steigt der Konkurrenzdruck weiterhin. Beispielsweise erweitern Postunternehmen
ihre Dienstleistungen durch das Schaffen einer neuen Bank. Einzelhandelshäuser dringen im
Bereich der Konsumkredite zusätzlich in das klassische Bankgeschäft vor.60
59 Vgl. Binner, H. F. (2005), S. 239f. 60 Vgl. Perger, E. (2002), S. 20f.
32
So bieten Automobilhersteller, wie z.B. die Volkswagen AG mit der Volkswagen Bank, nicht nur
eigenen Kunden und Mitarbeitern, sondern nunmehr verschiedenen anderen Marktteilnehmern
anziehende Finanzdienstleistungen an. Zunehmend verschieben sich demnach auch klassische
Zielgruppen der Anbieter. Der kleinere Privatkunde wird ebenso von der Großbank umworben,
wie die Sparkassen große Firmenkunden gewinnen wollen.
Demnach steigt der Druck seitens der Kunden auf die Banken. Der heutige Kunde ist
anspruchsvoller und scheut sich nicht davor, die Bank zu wechseln oder mit mehreren
verschiedenen Banken zu interagieren. So haben über 50% der Deutschen mehr als nur eine
Bankverbindung.61 Im Zuge des technologischen Fortschritts zählen Online-Broker sowie
weitere Anbieter von Dienstleistungen des E-Banking zu weiteren neu entstandenen
Wettwerbern. Trotz dieser Entwicklungen benennen Experten den Vorteil, den traditionelle
Bankhäuser gegenüber neuen Wettbewerbern durch langjährige Erfahrung in Punkto
Kundenbetreuung haben, als ausschlaggebenden Faktor. Da das private Banking eine sehr
hohe Anforderung an Banken stellt, ist die Servicequalität entscheidend. Somit stehen
branchenfremde sowie traditionelle Banken vor einer sehr großen Herausforderung um in
diesem dichten Wettbewerb bestehen zu können.62
4.2 Dienstleistung als Produkt im Sinne des TQM
Mit der Automatisierung der Produktion von Sachgütern nimmt der Bedarf an Arbeitskräften ab.
Der Wandel von der Industriegesellschaft hin zur Dienstleistungsgesellschaft schreitet damit
weiter voran. Diese Entwicklung macht sich seit den 80-er Jahren deutlich bemerkbar. So
wurden in den Jahren 1984-1994 allein in den alten Bundesländern 3,2 Mio. neue Arbeitsplätze
im Dienstleistungsbereich geschaffen. Im Sinne des TQM kann jede Dienstleistung als Produkt
bezeichnet werden. Diese Produkte oder Güter sind immaterieller Art und werden von Personen
und materiellen Leistungsträgern an anderen Personen oder Objekten erbracht. An diese
immateriellen Güter werden ebenso wie an materiellen Gütern, Qualitätsanforderungen gestellt.
Diese werden ausgehend von den Bedürfnissen des Kunden festgelegt. Die
Dienstleistungsqualität ist eine komplexe Größe, die sich sehr schwer messen lässt.63
61 Vgl. Schmid, D. C. (1995), S. 16f. 62 Vgl. Perger, E. (2002), S. 21f. 63 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 31f.
33
Da Dienstleistungsprodukte im Gegensatz zu Sachgütern physisch nicht greifbar sind, kann die
Qualität vor der Erbringung der Leistung, also auch vor dem Kauf, meist sinnlich nicht
wahrgenommen werden. Der externe Faktor ist der Kunde selbst oder ein Objekt seines
Besitzes. Somit wird er direkt in den Leistungserbringungsprozess einbezogen. Die Produktion
einer Dienstleistung und deren Konsum geschehen daher im selben Vorgang und sind somit
nicht lagerfähig. Um die Qualität verbessern zu können bedarf es als Grundvoraussetzung der
Kenntnis der charakteristischen Eigenschaften von Dienstleistungen. Zur Unterstützung der
Systematisierung von Dienstleistungen eignet sich das Drei-Dimensionen-Modell von Hilke und
Donabedian. Durch drei Aspekte (Dimensionen) werden dort die verschiedenen Begriffsinhalte
beleuchtet. Dadurch können diese genau erfasst und anschaulich dargestellt werden.64
Die Potential-, Prozess und Ergebnisdimension:
Die Potentialdimension verknüpft das Erkennen von Strukturen und Potentialen des
Dienstleistungsanbieters. Sie beinhaltet den Blick auf die Fähigkeiten, eine Dienstleistung zu
erstellen (Können) und die Bereitschaft (Wollen), diese tatsächlich auszuführen. Dabei geht es
auch um die technischen Gegebenheiten, physikalische und organisatorische Voraussetzungen
und auch die Motivation der Mitarbeiter. Die Prozessdimension bezieht sich auf die Folge von
Aktivitäten (Prozessen) der Dienstleistung. Leistungserstellung und –verwertung werden dabei
gleichzeitig vollzogen. Der Fokus ist dabei auf den externen Faktor gerichtet (Kunde und
Verfügungsobjekt).
64 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 58ff.
Potential- dimension
Prozess- dimension
Ergebnis- dimension
Fähigkeit (Lebewesen,
Informationen, Güter)
Bereitschaft (Lebewesen,
Informationen, Güter)
Einbringung des
externen Faktors
immaterielle
Wirkung
Gleichzeitigkeit von Leistungs- erstellung und -verwertung
materielles
Endergebnis
Abbildung 4.1: Potential-, Prozess- und Ergebnisdimensionierung
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 60.
34
Die Ergebnisdimension beinhaltet die Beurteilung von Ergebnissen und Erfolgen einer
erbrachten Leistung. Diese finden sich am externen Faktor durch materielle (z.B. repariertes
Auto) oder immaterielle Veränderungen (Änderung des Verhaltens nach einer Beratung)
wieder.65
Im Allgemeinen können Aussagen über die Qualität einer Dienstleistung nur beschränkt und
nicht absolut getroffen werden, da eine Leistungsbereitstellung einer Dienstleistung sehr
persönlich und individuell je nach Leistungsangebot des Dienstleisters erfolgt.66 So variiert das
Angebot in der Breite des Angebots (Was wird Angeboten?) und in Art und Weise der
Leistungserbringung (Wie wird eine Leistung angeboten?). Ferner spielt die Leistungserwartung
des Kunden eine wichtige Rolle.
Dabei werden Routinekomponenten, also Leistungen die zum Standardprogramm gehören und
vom Kunden als Mindestvoraussetzung erwartet werden und Leistungen, die eine
Ausnahmekomponente beinhalten, unterschieden. Letztere beschreiben Zusatzleistungen die
vom Kunden nicht unbedingt erwartet werden. Außerdem spielen Faktoren wie vorherige
Erfahrungen des Kunden in einem bestimmten Bereich eine wichtige Rolle. Demgemäß können
vom Kunden Vergleiche angestellt werden, um so ein Urteil über erbrachte Leistung zu fällen.67
Dienstleistungsqualität zu beurteilen erweist sich aus wissenschaftlicher Sicht daher schwieriger
als Produktqualität im Produktionsbereich, da viele persönliche Empfindungen des Kunden
entscheidende Einflüsse nehmen.
Insofern richten sich die Kauf- und insbesondere die Wiederholungskaufentscheidungen
weniger auf die Erfüllung technisch-produktbezogener Merkmale, sondern vielmehr auf
persönliche Eindrücke. Abhängig sind diese vom Ablauf der Leistungserbringung und dabei von
der Art und Weise des Umgangs mit dem Kunden. Ferner geht es dabei um die tatsächlich
erreichten Ergebnisse bzw. Veränderungen des Leistungspotentials sowie um die Einschätzung
des subjektiven Nutzens seitens des Leistungsempfängers.
65 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 61. 66 Vgl. Ebel, B. (2003), S. 73. 67 Vgl. Kamiske, G. F./Brauer, J.-P. (2006), S. 61f.
35
Das Gap- oder Lücken-Modell zeigt dabei, welche Lücken in der Kommunikation auftreten
können:
Zum einen können Probleme bei der genauen Erfassung von Kundenwünschen entstehen.
Oftmals sind die Kundenerwartung und die Wahrnehmung seitens des Dienstleisters
unterschiedlich. Dies kann an der unterschiedlichen Einstellung der Beteiligten über die
Dimension der Dienstleistung liegen (GAP 1). Zum anderen ergibt sich daraus die Gefahr, dass
Kundenwünsche bei der Übertragung in die Vorgänge des Dienstleisters falsch interpretiert
werden und folglich nicht den Erwartungen des Kunden entsprechen. Die Spezifikation der
Dienstleistungsqualität kann somit Fehler aufweisen (GAP 2). Unabhängig davon, ob die
Kundenwünsche richtig verstanden wurden und in der Spezifikation auf
Unternehmensleistungen richtig übertragen wurden, kann die tatsächliche Umsetzung, also die
Erstellung der Leistung, von dem Sollwert abweichen.
Kun
de
Die
nstle
iste
r
Individuelle
Bedürfnisse
Erfahrungen der
Vergangenheit
Mund-zu-Mund
Kommunikation
Erwartete
Leistung
Wahrgenommene
Leistung
GAP 5
Kundengerichtete
Kommunikation
Wahrnehmung der
Kundenerwartung
Erstellen der
Dienstleistung
Umsetzung in
Spezifikationen
GAP 2 GAP 4
GAP 1
GAP 3
Abbildung 4.2: GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Ebel, B. (2003), S. 74.
36
Ursache dafür können das Unvermögen der Mitarbeiter oder auch technische Gegebenheiten
sowie nicht beeinflussbare Umweltbedingungen sein (GAP 3). Eine weitere Lücke stellt die
fehlerhafte Kommunikation des Leistungsumfangs dar, welcher seitens des Dienstleisters dem
Kunden vermittelt wird. Es könnten dem Kunden mehr Leistungen versprochen werden, als die
Dienstleistungsgesellschaft tatsächlich im Stande ist, sie zu erbringen (GAP 4). Eine weitere
Abweichung zwischen den Erwartungen des Kunden und seiner Wahrnehmung kann die
Bewertung der erbrachten Leistung darstellen. Der Kunde bewertet die erbrachte Leistung,
indem er seine Erwartung mit dem Ist-Stand vergleicht und dann entscheidet ob er zufrieden ist
(GAP 5). Objektive Aussagen über Qualität lassen sich somit nur sehr schwer feststellen, da
immer subjektive Empfindungen als schwer einzuschätzende Faktoren eine Rolle spielen.
Dienstleistungsqualität spiegelt also die Erfüllung von vereinbarten Leistungen und erwarteten
Vorstellung der Art und Weise der Leistungserbringung zwischen dem Dienstleister und dem
Kunden wieder.68 Um diese Qualität zu steigern und damit eine Verbesserung zu erzielen, gilt
der Dienstleistungsqualitätskreis in seiner Anwendung als eine gut geeignete Methode.
4.3 Der Dienstleistungsqualitätskreis
68 Vgl. Ebel, B. (2003), S. 73f.
Spezifikation der Dienstleistung
Kunden- Wunsch
Entwicklungs- prozess
Analyse, Verbesserung
Lieferung der Dienstleistung
Kunden- Urteil
Pflichten- heft
Bewertung der Dienstleistung
Eigenes Urteil
Marketing- prozess
Abbildung 4.3: Der Dienstleistungsqualitätskreis
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Umbreit, G. (2008), S. 35.
37
Die Ablaufelemente einer Dienstleistung beinhalten das Marketing, die Entwicklung, die
Auslieferung sowie die Analyse und die Verbesserung. Der Prozess beginnt beim Marketing in
der Marktforschung, welche sich auf den Kundenwunsch und die Kundenerwartung bezieht.
Weiterhin setzt sich das Marketing mit Benchmarking auseinander. Somit wird die eigene
Leistung mit denen der Wettbewerber verglichen. Außerdem beschäftigt sich das Marketing mit
der Werbung, welche dem Kunden bestehende Leistungen präsentiert. Allerdings ist es wichtig,
dabei nicht zu viel zu versprechen, sondern nur das anzubieten, was wirklich Bestand der
Leistung ist, um Lücken in der Kommunikation zu vermeiden. Das Pflichtenheft dient als
Ausgangspunkt für den Entwicklungsprozess. Dort werden die Spezifikationen der
Dienstleistung beschrieben. Es ist also eine Niederschrift über Qualitätsmerkmale. Desweiteren
sind beispielsweise Kriterien für die Annahmevoraussetzungen näher erläutert.
Dazu gehören insbesondere das Ablaufdiagramm für den Auslieferungsprozess, die
Lieferantenauswahl in Abhängigkeit von bestimmten Kriterien der Qualitätsfähigkeit,
Vereinbarungen mit Lieferanten und Prüfverfahren, um gelieferte Qualität zu kontrollieren. Des
Weiteren gehören dazu ebenfalls die Prüfmittel die für diesen Zweck eingesetzt werden und
auch das Festlegen der Annahmekriterien. Die Ergebnisse des Entwicklungsprozesses werden
systematisch mit den Zielen des Pflichtenheftes verglichen. Die Geschäftsleitung legt
Verantwortlichkeiten für den Auslieferungsprozess und die Einhaltung der vorgeschriebenen
Spezifikationen fest. Der Auslieferungsprozess wird dementsprechend bewertet. Insbesondere
soll dies in Abhängigkeit des Eigenurteils im Prinzip der Selbstprüfung geschehen. Desweiteren
dient das Urteil der Kunden dem Qualitätsmaßstab. Durch eine systematische Analyse wird die
Kundenzufriedenheit ermittelt. Zu diesem Zweck dienen Kundenbefragungen als Hilfsmittel.
Diese können in Form einer Checkliste evaluiert werden. Jeder Mitarbeiter ist verpflichtet,
Fehler herauszukristallisieren und diese zu melden. So wird es möglich, Korrekturmaßnahmen
zu treffen. Auch hier gilt es Zuständigkeiten zu regeln.
Der Dienstleistungsqualitätskreis erinnert an den Deming-Zyklus im Zusammenhang des
kontinuierlichen Verbesserungsprozesses: Genauso wie beim KVP gilt es hier, eine klare
systematische Sammlung, Weitergabe und Auswertung von Daten zu betreiben. Insbesondere
gilt es auch hier, Kompetenzen der Mitarbeiter zu nutzen und diese zu regeln. Im Sinne des
KVP ist es äußerst wichtig, Fehler und Bemängelungen zu entdecken und diese zu verbessern,
auch wenn sie noch so unscheinbar wirken. Die Ergebnisse der Fehleranalyse dienen zur
Verbesserung des Leistungsangebotes, wenn sie denn entdeckt und behoben werden können.
Diese sollten dann, entsprechend des Zyklus, in den Marketingprozess eingeflochten werden.
So kann dieser erneut durchlaufen werden.69
69 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 35f.
38
4.4 Leistungserstellungsprozess im Finanzdienstleistungsbetrieb
Wie in dem Kapitel 4.2 beschrieben, findet der Leistungserstellungsprozess im
Dienstleistungsbetrieb zeitgleich mit der Lieferung des Produktes „Dienstleistung“ statt. Dieser
Leistungserstellungsprozess soll in diesem Kapitel auf den Finanzdienstleistungsbetrieb
bezogen und vertieft werden. Leistungserstellungsprozesse können im Bankbetrieb in zwei
Aspekte unterteilt werden: der Geschäftsabwicklungsphase und der Geschäftsart. Dabei wird
die Geschäftsabwicklungsphase in zwei Phasen gegliedert, der kundenzugewandten Phase
und der Abwicklungsphase. Die zugewandte Phase beschreibt den Prozess der Beratung im
klassischen Sinn. Sie beinhaltet weiter die Erfassung und Analyse der Ist-Situation mit
Nachfrage und Aushändigung von Unterlagen sowie das Verkaufsgespräch. Die abwickelnde
Phase umschreibt den Vorgang der Durchführungsleistung.
Damit hängen das Erstellen von Unterlagen, das Weiterleiten von Daten, die Archivierung und
die Kontrolltätigkeit zusammen. Die Kontrolltätigkeit bezieht sich dabei insbesondere auf die
Betreuung des Kunden bzw. des bestehenden Vertrages. Nicht zwangsläufig finden diese
Phasen in einer bestimmten Reihenfolge statt. Zwar folgt die Abwicklungsphase der
Kundenberatung, doch können diese von Verhandlungen und mehrfachen Beratungs-
gesprächen unterbrochen werden. In der praktischen Tätigkeit wird die Meinung vertreten, dass
in der kundenzugewandten Phase mehr individuelle Spielräume für den Berater bestehen als
bei der abwickelnden Phase. Dies liegt daran, dass letztere durch externe Vorgaben wie
Programme, Rechtsnormen und Vereinbarungen stärker geprägt sind. So können in der
kundenzugewandten Phase verstärkt eigene Qualitätsanforderungen der des jeweiligen
Anbieters entwickelt werden. Die Erfüllung dieser Anforderungen hängen dabei sehr stark vom
persönlichen Geschick und Fingerspitzengefühl des Beraters ab. Dabei orientiert sich die
Qualitätsprüfung stärker am Prozessergebnis als am Prozess selbst.
Die abwickelnde Phase hängt in ihrer Qualität von der „Disziplin“ und Fachkompetenz des
Mitarbeiters ab. Im Allgemeinen gehen kundenzugewandte- und abwickelnde Phase in einander
über. Demnach gestaltet es sich schwierig, beispielsweise bei einer Entgegennahme einer
Schadensmeldung eines Sachschadens einer Versicherung zwischen Beratung und Abwicklung
klar zu trennen. So kann mit der Abwicklung gleichzeitig eine Beratung von statten gehen.
Bei der Geschäftsart werden zwei Begriffe unterschieden. Zum einen die Handels- und zum
anderen die Finanzleistung. Z.B. ist beim Wertpapierkauf die Beschaffung des Wertpapiers eine
Handelsleistung. Die Gestaltung der Zinskonditionen und Gebühren eine Finanzleistung. Auf
die Geschäftsart hat der Berater in seiner Tätigkeit kaum Einfluss, da diese vom Kreditinstitut
bzw. vom bankinternen Rechnungswesen festgelegt werden.
39
Der Leistungserstellungsprozess kann in einem Drei-Phasen-Grundablauf (Vorphase,
Produktionsphase und Nachphase) beschrieben werden. Die Vorphase beginnt mit der
Beratung und endet mit dem Abschluss des Geschäftes (Vertragsunterzeichnung).
Voraussetzung dafür ist der Eintritt in den Leistungserstellungsprozess durch Kundennachfrage
und Bankangebot. Diese Phase beinhaltet die kundenzugewandte- und die abwickelnde Phase.
Dabei werden Handels- und Finanzleistung vorbereitet. Die Produktionsphase oder Hauptphase
endet mit dem Prozessergebnis. Sie beinhaltet im Wesentlichen die Beratung, die
Antragsbearbeitung, die Vertragsbearbeitung sowie Pflege und Auflösung des Vertrages. Vom
Standpunkt des Kunden betrachtet ist das Geschäft damit abgewickelt. Die Nachphase
beinhaltet die Nachverarbeitung in der Bank und beim Kunden. Hierbei erfolgt die Abwicklung
im bankinternen Rechnungswesen. 70
Den gesamten Leistungserstellungsprozess gilt es durch den Dienstleistungsqualitätskreis bzw.
den KVP im Sinne des TQM ständig zu verbessern, um so zu besseren Prozessergebnissen zu
gelangen.
4.5 Der Vermögensberater als Operator im Prozess
Um einen Prozess wie beispielsweise den Leistungserstellungsprozess zu verbessern spielt der
Operator eine maßgebende Rolle. Dies ist der Mitarbeiter der am Prozess tätig ist. Im
Zusammenhang der Finanzdienstleistungen kann die Qualität des Prozessergebnisses sehr
stark von den Eigenschaften des Operators bzw. des Vermögensberaters abhängen. Dieser hat
Anforderungen sowohl seitens des Kunden als auch seitens der Bank in der Rolle des
Arbeitgebers zu erfüllen. Diese können aus Sicht des Kunden folgende sein: hohes
Fachwissen, gute Allgemeinbildung, gekonnte Ausdrucksfähigkeit, sicheres Auftreten, korrektes
Äußeres, Einfühlungsvermögen und persönliche Aussprache, Diskretion im Umgang mit
Kundendaten, ausreichend Zeit für Kunden, eine gute Gesprächsatmosphäre. Aus Sicht der
Bank sind es: hohe Abschlüsse und Umsätze, Einhaltung von Vorschriften und
produktspezifisches Fachwissen. Auf der anderen Seite spielen Erwartungen des Mitarbeiters
eine ebenso wichtige Rolle. Diese können beinhalten: Anerkennung, gutes Gehalt,
Aufstiegsmöglichkeiten und ein gutes Verhältnis zwischen den Beteiligten (Kunde-Kollege-
Vorgesetzter).
70 Vgl. Bokranz, R./ Kasten L. (1994), S. 50ff.
40
Diese Erwartungen fordern ein hohes Maß an Fachqualifikation. Der Berater sollte so
ausgebildet werden, dass er einen möglichst hohen Grad der Anforderungen erfüllt. Der Berater
hat die Aufgabe aktiv und initiativ auf den Kunden einzugehen und entsprechende
Problemlösungen anzubieten. Damit ist er verpflichtet, Grundregeln in der Kommunikation zu
beherrschen und verkaufspsychologische Grundkenntnisse aufweisen und anwenden zu
können. Der Begriff des Verkaufens ist in dieser Branche durch ein negatives Image geprägt.
So entsteht die Ansicht, dass Produkte durch Überredungskunst und Verkaufstricks vertrieben
werden. Umfragen zufolge misstrauen 10% der Befragten einem klassischen „Verkäufer“ an der
Tür, wohingegen 90% „ihrem Bankberater“ in Finanzfragen vertrauen. Dieser Verkäufertyp stellt
die Berufsgruppe des Vermögensberaters in ein schlechtes Licht. Das Gegenteil davon findet
sich im nicht genügend ausgebildeten und allzu oft schlecht bezahlten passiven Verkäufer typ
wieder. Der Verkauf von Bankdienstleistungen ist eine Herausforderung, die eben aus diesen
Bildern des klassischen Verkäufers entstanden ist.
Es liegt nun in der Hand der Finanzdienstleister, diesem Image durch geschulte und seriöse
Berater entgegenzuwirken. Somit gilt es den Kunden, sei es in einer Bank oder eines
Allfinanzanbieters, mit einem neuen Bild des Verkäufers entgegenzutreten. In diesem Zuge gilt
es, aktiv und initiativ den Bedarf des Kunden zu analysieren und Problemlösungen in Form von
Produkten anzubieten. Voraussetzung dafür ist eine kompetente Beratung, die am
Entscheidungsprozess des Kunden begleitend teilnimmt und dabei hilft, die richtige
Entscheidung zu treffen. Seine Aufgabe besteht nunmehr darin, den Kunden von den Vorteilen
der Nutzung der Bankprodukte seines Instituts zu überzeugen.
Eben diese Vorgehensweise in Kombination mit der Erfüllung der Anforderungen an die
persönlichen Eigenschaften des Beraters bzw. des Operators gelten als Voraussetzung einer
vertrauensvollen, langfristigen Kundenbindung. Somit liegt es in der Verantwortung der
Unternehmensleitung, diese Anforderungen an ihre Mitarbeiter zu erfüllen. Dazu sind
Schulungsmaßnahmen und Methoden zur Steigerung der Qualität im Leistungs-
erstellungsprozess unabdingbar.71
71 Vgl. Herrling, E./ Mayländer R. (1994), S. 6ff.
41
5 Kundenorientierung als Maßstab für Qualität
5.1 Die Bedeutung der Kundenzufriedenheit
Die Kundenzufriedenheit bildet den Grad der Erfüllung von Kundenanforderungen ab. Durch
Kundenzufriedenheit kann außerdem die Kundenbindung erhöht werden. Dies liegt im Sinne
des Unternehmens, da es empirischen Untersuchungen zufolge mind. fünfmal so teuer ist,
einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen vorhandenen Kunden zu halten. Durch zufriedene
Kunden ist es zudem leichter, neue Kunden zu gewinnen. Dadurch steigt außerdem die
Motivation für den Außendienst, da ein „sicherer“ Kundenstamm besteht. Weiter nimmt die
Preisempfindlichkeit ab, sodass Außendienst- und Innendienstkosten sinken. Ferner kann der
Betreuungsaufwand gezielter eingesetzt werden und somit eine Erhöhung der Wiederkaufrate
bewirkt werden.
Die Wirkungskette der Kundenbindung befasst sich mit einzelnen Punkten, die für die
Kundenbindung wichtig sind und möglichst erfüllt werden sollten. Zum einen ist es wichtig zu
wissen, was der Kunde tatsächlich braucht (Kundenbedürfnisse), um ihm passende Lösungen
anzubieten. Diese sollten möglichst seinen Forderungen (Kundenanforderungen) und
Erwartungen entsprechen (Kundenerwartungen). Dabei sollte die Kenntnis des Marktes als
nötige Voraussetzung gegeben sein. Der Kunde bewertet die erbrachte Leistung nach
individuellen Vorstellungen und Einstellungen. Je nach dem wie stark die erbrachte Leistung mit
der Vorstellung des Kunden übereinstimmt, wird der Zufriedenheitsgrad beeinflusst. Diese
Kundenzufriedenheit hat eine Auswirkung auf die generelle Einstellung des Kunden zum
Unternehmen. Sie bestimmt also auch den Grad der Loyalität zum Unternehmen.
Aufgrund dieser Tatsachen entwickelt sich ein Verhaltensmuster, welches sich auf zukünftige
Kaufentscheidungen auswirkt. Dieses Entscheidungspotenzial zukünftigen Kaufverhaltens wird
als Kundenbindung verstanden. Je größer die Zufriedenheit und Loyalität ist, desto höher ist die
Wahrscheinlichkeit des Wiederkaufs auf der einen und desto niedriger die Gefahr des
Anbieterwechsels auf der anderen Seite. Um eine nachhaltige Verbesserung des
Gesamtprozesses zu erzielen, ist die Auseinandersetzung mit den Anforderungen und Zielen
der Kunden von maßgebender Bedeutung. Dazu gilt es mehr zu tun, als lediglich Beschwerden
und Reklamationen zu analysieren. Vielmehr sollten Verfahren genutzt werden, wie der direkte
Austausch mit dem Kunden selbst, Auswertung von Fragebögen oder Analyse von Berichten in
Medien und Verbraucherorganisationen (z.B. Stiftung Warentest).
42
Überdies ist es ausgesprochen wichtig, Maßnahmen zur Verbesserung der Kundenbindung zu
ergreifen: ein systematischer und konstanter Informationsfluss zwischen Kunden und
beispielsweise Berater sowie persönliche Kundenbetreuung durch spezielle Angebote und
Aktionen ist dementsprechend äußerst wichtig. Im Übrigen gilt es, ein aktives
Beschwerdemanagement zu betreiben sowie die Kundenzufriedenheit als grundlegenden
Aspekt des Marketingcontrollings zu beschreiben. Eine weitere Maßnahme ist die Einführung
eines Vergütungssystems abgestimmt auf die ermittelte Kundenzufriedenheit.72
Zusammenfassend gilt es, ein intensives Marketing zu betreiben, um nötige Informationen und
Daten zu erhalten. So können dann geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die
Kundenzufriedenheit und die damit zusammenhängende Kundenbindung zu erhöhen.
5.2 Das Dienstleistungsmarketing
Die Wünsche, Anforderungen und Bedürfnisse des Kunden zu kennen, ist eine wichtige
Voraussetzung für die Kundenbindung und damit für den langfristigem Unternehmenserfolg.
Feste Ansprechpartner sind für den Privatkunden von Finanzdienstleistern zu einer bequemen
und vertrauenswürdigen Lösung geworden. Gleiches gilt für den vermögenden Privatkunden
sowie für den Firmenkunden. Ein fester Berater, der die Situation des Kunden genau kennt und
passende Lösungen für ihn bereit hält, sollte heute zum Standard gehören. Dieser Berater sollte
sich in allen Sparten der gesamten Produktpalette des Anbieters bzw. Instituts auskennen. Bei
sehr speziellen Problemen zieht dieser natürlich den Rat eines Spezialisten hinzu, doch der
Grundsatz, einen festen Ansprechpartner zu haben steht. Bankenmitarbeiter gehen je nach
Umfang der Bedürfnisse eines Kunden auf eben diese ein. Diese Aufbauorganisation verlangt,
dass Abteilungen nicht mehr nach Sparten getrennt, sondern nach zuständigen Marktbereichen
und dementsprechend nach Kundengruppen geordnet sind.
Dies ist das Ergebnis der Ausrichtung der Bank am Markt. Kreditinstitute entwickelten ab Mitte
der 70er Jahre Marketingkonzeptionen. Diese setzten ein markt- und kundenbezogenes
Denken und Handeln voraus. Das Marketing setzt sich aus Marktforschung, Marketingplanung
und der daraus resultierenden Produktdiversifikation zusammen. Die Marktforschung beinhaltet
das Erkennen des Marktpotentials und den damit verbundenen Stärken und Schwächen des
jeweiligen Kreditinstituts.
72 Vgl. Ebel, B. (2003), S. 276f.
43
Durch die Marktanalyse wird die tatsächliche Marktstruktur untersucht. Im Hinblick auf den
zeitlichen Ablauf werden Daten durch Marktbeobachtung ermittelt. Speziell werden dabei
Befragungen, Beobachtungen und Tests auf Teilmärkten getätigt. Diese Tätigkeit wird als
Primärforschung (Field-Research) bezeichnet. Dadurch werden durch Marktforschungsinstitute
das Marktpotential, das Image oder auch die Konkurrenzsituation des jeweiligen Instituts
ermittelt. Auf der anderen Seite befasst sich die Sekundäranalyse (Desk-Research) mit der
Auswertung bereits vorhandener Daten, wie beispielsweise über eigene Kunden. Die
Nutzungsanalyse gibt dabei Auskunft, wie viele Dienstleistungen des Finanzdienstleister von
vorhandenen Kunden bereits genutzt werden. Dies schafft eine Transparenz des
Marktpotentials bereits vorhandener Kundschaft. Durch die ABC-Analyse wird deutlich mit
welcher Kundengruppe, z.B. der meiste Umsatz gemacht wird oder welches Anlagevolumen
derzeit besteht.73
Beispiel: ABC-Analyse74
A-Kunden: 20% der Sparer halten 75% der Spareinlagen vermögende
B-Kunden: 30% der Sparer halten 15% der Spareinlagen Privatkunden,
C-Kunden: 50% der Sparer halten 10% der Spareinlagen Privatkunden
Nachdem das Potential erfasst ist, können Unternehmensziele kurzfristig (für ein Jahr) und
langfristig (ca. 5 Jahre) in einer Marketingstrategie sowohl qualitativ als auch quantitativ
festgelegt werden. Weiterhin wird der Einsatz von Marketinginstrumenten in der
Marketingplanung festgelegt. Insbesondere werden in der Preispolitik Preise, Gebühren, Zinsen
und Provisionen für die einzelnen Dienstleistungen und Teilmärkte geplant.
Finanzdienstleistungen gestalten sich in ihrer Durchführung sehr ähnlich und lassen sich leicht
durch Konkurrenzunternehmen nachahmen. Durch Produktdifferenzierung entstehen neue
Bankdienstleistungen in Form von Produkten, die sich den Bedürfnissen der Kunden anpassen.
Wachstumssparen, Zuwachssparen, Vorsorgesparen oder auch Versicherungssparen sind
Produkte, die sich eher im Namen als vom Inhalt im Bezug auf die Produktpolitik von einem
zum anderen Unternehmen unterscheiden. Durch Produktdiversifikationen vervollständigen
Finanzdienstleistungen wie Bausparen, Leasing oder auch Versicherungen die anfänglichen
klassischen Bankdienstleistungen. Auch die Frage nach dem Vertriebsweg der jeweiligen
Dienstleistung wird im Marketing behandelt. Durch die Distribution werden diese Fragen
behandelt und geklärt. Die Kommunikation ist für die Öffentlichkeitsarbeit sowie für die Werbung
verantwortlich. Es sollen Informationen, Kaufanreize und eine Vermittlung eines bestimmten
Images vom Unternehmen an die Marktteilnehmer geleitet werden.
73 Vgl. Herrling, E./ Mayländer R. (1994), S. 3ff. 74 Vgl. Herrling, E./ Mayländer R. (1994), S. 5.
44
Diese Maßnahmen bereiten den Verkauf der Dienstleistung vor, während die Verkaufsförderung
die Aufgabe hat, den tatsächlichen Kauf abzuschließen. Darin sind die in Kapitel 4.5
beschriebenen Fähigkeiten sowie kundenorientiertes Verhalten und die Ausstattung der
Mitarbeiter enthalten.
Um den richtigen Marketingmix zu erhalten, ist es notwendig, den Einsatz der verschiedenen
Marketinginstrumente zu bestimmen. Begleitend zur Durchführung der einzelnen Maßnahmen
findet eine Kontrolltätigkeit und wenn nötig eine Korrektur der Auswahl der einzusetzenden
Instrumente statt. Mit dem Begriff Allfinanzberatung lässt sich im Allgemeinen die Strategie der
Finanzdienstleister am besten beschreiben. Dies wird durch verstärkte Produktdifferenzierung
und Produktdiversifikation deutlich. Dabei ist das klare Ziel, einen möglichst hohen Grad an
Marktdurchdringung durch das Anbieten aller möglichen Produktsparten (Cross-selling) zu
erreichen und dabei eine möglichst enge Kundenbindung zu erzielen.75
5.3 Kundenzufriedenheit als Garant für langfristigen Unternehmenserfolg
Die Kundenzufriedenheit und -treue ist ausschlaggebend für den langfristigen Erfolg einer
Unternehmung. Das Senken von Kostenstrukturen bildet, langfristig gesehen, keine feste Basis
für den Unternehmenserfolg, wenn auf der anderen Seite zu wenig Kunden die Leistungen
einer Unternehmung in Anspruch nehmen. Zum Beispiel führt das Senken der
Kundenabwanderungsrate einer Kreditorganisation um fünf Prozentpunkte zu einer Steigerung
des Gewinns um rund 75 Prozent. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung, die in der
Dienstleistungs- und Handelsbranche durchgeführt wurde.76
Dementsprechend setzen sich Unternehmen eine möglichst hohe Kundenzufriedenheit als Ziel.
Z.B. Toyota formuliert dieses Ziel sehr deutlich: „Wir wollen in der Bundesrepublik Deutschland
die Automarke mit der höchsten Kundenzufriedenheit sein.“. Auch andere Unternehmen wie
beispielsweise McDonalds nehmen dabei eine klare Position ein: „Kundenzufriedenheit ist
unser Ziel Nr. 1“. Auch nach innen spielt diese Haltung eine wesentliche Rolle. Beispielsweise
vergibt der Autohersteller Renault einen Qualitätspreis für den Händler mit der höchsten
Kundenzufriedenheit. In verschiedenen Ländern wird die Kundenzufriedenheit in
unterschiedlichen Branchen gemessen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit
1992 das Kundenbarometer. Zu diesem Zweck werden deshalb jährlich 25.000 Personen in
verschiedenen Branchen nach ihrer Zufriedenheit befragt.
75 Vgl. Herrling, E./ Mayländer R. (1994), S. 5f. 76 Vgl. Faßnacht, M. (1999), S. 309.
45
Auf Grund verschiedener empirischer Befunde und Analysen wird die Kundenzufriedenheit als
feste Größe für das Handeln zahlreicher Unternehmen platziert.77 Die Kundenbindung umfasst
fünf Faktoren. Zum einen den Wiederkauf sowie die Wiederkaufabsicht, und zum anderen die
Weiterempfehlung, die Weiterempfehlungsabsicht und die Zusatzkaufabsicht. Diese fünf
Faktoren haben Einfluss auf den Absatz und damit auf das erzielte Preisniveau und die Kosten.
Diese werden durch die Masse des Absatzes reduziert, steigern damit den Gewinn und bilden
dadurch Spielraum für das Preisniveau.
In Bezug auf die Finanzdienstleistungsbranche bedeutet dies, dass zufriedene Kunden nicht so
einfach dazu geneigt sind einen Anbieterwechsel vorzunehmen. Sie bleiben bei ihrem Berater
des Vertrauens und wenden sich in Finanzfragen an ihn. Darüberhinaus besteht eine hohe
Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde weitere Produkte und Leistungen desselben Anbieters in
Anspruch nimmt. Dieses „Cross-Buying-Potential“ sollte durch eine Pflege der
Geschäftsbeziehungen genutzt werden. Beispielsweise könnte der Berater am Geburtstag des
Kunden eine Karte versenden oder über positive Entwicklungen berichten. Das Schaffen einer
angenehmen Geschäftsatmosphäre steigert nicht nur die Kundenbindung, sondern schafft die
Grundlage der Weiterempfehlung. Der Kunde berichtet Freunden oder Verwandten von diesen
Besonderheiten. Durch diesen Prozess entsteht ein Kreislauf, der durch eine akkurate Pflege
eine enorme Steigerung des Kundenpotentials mit sich bringt. Würde jeder bestehende Kunde
lediglich zwei Menschen empfehlen und dies über einen stetigen Zeitraum, würde der Wert der
Anzahl der Kunden exponentiell wachsen. Es gilt das Verhalten des Kunden dahin zu lenken,
dass dieser aktiv Empfehlungen gibt und dies in dem Wissen, etwas Gutes zu tun. Ihn dabei zu
motivieren und durch Lob und Anerkennungen dieses auch zu würdigen ist Aufgabe des
Vermögensberaters.
Folglich kann das Verhalten des Kunden zum großen Teil über seine Einstellung bestimmt
werden. Die Kundenzufriedenheit spiegelt in diesem Sinne seine Einstellung wider. Diese
Einstellung beeinflusst die fünf Faktoren der Kundenbindung und ist somit eine Variable die es
zu steuern gilt. Somit ist es notwendig, ein professionelles Management, ausgerichtet auf
Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, zu betreiben. Dadurch wird es möglich, die
Einstellung des Kunden zu steuern und damit auf das Verhalten des Kunden in gewünschter
Weise zu wirken.78
77 Vgl. Schmid, D. C. (1995), S. 33f. 78 Vgl. Faßnacht, M. (1999), S. 321.
46
5.4 Der Einfluss der Verhaltensqualität auf das Kundenurteil
Das Kundenurteil bildet sich zu hohem Anteil aus dem persönlichen Kontakt mit Mitarbeitern bei
der Erbringung der jeweiligen Dienstleistung. Deren Verhalten beeinflusst die Urteilsbildung
maßgeblich. Die Verhaltensqualität wird aus verschiedenen Kennzeichen gebildet. Die
Ehrlichkeit, besonders im Umgang mit eigenen Fehlern, ist dabei sehr wichtig. Eigenschaften
wie Höflichkeit und Freundlichkeit im Umgang mit internen sowie mit externen Kunden wird
schon beim ersten Kundenkontakt vorausgesetzt.
Weiterhin zählt Zugänglichkeit auch bei ausgefallenen Kundenwünschen zu einer nötigen
Eigenschaft in Punkto Verhaltensqualität. Gerade im Finanzdienstleistungsbereich ist
Verlässlichkeit sehr wichtig, da dort besonders großes Vertrauen gefragt ist. So ist es wichtig
Zusagen, Versprechungen und Verpflichtungen einzuhalten. Bei der Lösung von
Kundenproblemen und Optimierung von internen Abläufen spielt die Hilfsbereitschaft eine
wichtige Rolle. In jeglicher Beziehung und speziell bei der Erfüllung von Kundenverträgen ist
Pünktlichkeit unbedingt nötig. Insbesondere in Zusammenarbeit von Mitarbeitern mit
Führungskräften zählt Gerechtigkeit zu den wichtigsten Voraussetzungen für ein hohes Maß an
Verhaltensqualität.79
Neben diesen allgemeinen Eigenschaften spielen speziell psychologische Aspekte eine
wichtige Rolle. Dabei gilt es als besondere Herausforderung, den Kunden in seinen Motiven
besser verstehen zu lernen. Dieses Grundwissen dient als Instrument zur besseren
Kommunikation zwischen dem Kunden und dem Mitarbeiter. Dabei ist das Verstehen und
Deuten der Körpersprache, ausgedrückt durch Körperhaltung, Gestik und Mimik, eine wichtige
Voraussetzung. Z.B. können Beobachtungen wie das Runzeln der Stirn des Kunden oder das
auf die Uhr Schauen wichtige Informationen verraten.
In der Kommunikation werden deshalb drei Ebenen unterschieden. Die Sachebene, der
Gefühlsbereich und die Bedürfnisebene. Die Sachebene beschreibt einfache
Informationsinhalte eines Gesprächs oder einer Aussage. So sollten Informationen an den
Kunden so getragen werden, dass er diese auch genau verstehen kann. Das Übersetzen der
Fachsprache in einfache erklärende Formulierungen stellen dabei des Öfteren eine große
Herausforderung an den Mitarbeiter. Besonders im Finanzdienstleistungsbereich wird dem
Kunden im Beratungsgespräch dabei meist zu viel abverlangt. Fachausdrücke sollten dabei
vermieden werden. Das Gespräch sollte außerdem im Dialog verlaufen.
79 Vgl. Kamiske, G. F./Umbreit, G. (2008), S. 45f.
47
Eine weitere Ebene bildet der Gefühlsbereich. Die Kaufentscheidung findet weniger mit dem
„Kopf“, als vielmehr mit dem „Herzen“ oder abhängig vom „Bauchgefühl“ statt. Besonders im
Bereich der Finanzdienstleistung entstehen Kundenbindungen nicht in erster Linie durch
dauerhaft zufriedenstellende Konditionen. Obwohl diese natürlich die Kaufentscheidung
mitbestimmen, ist das Gefühl des Kunden oft ausschlaggebend. Nur dort, wo der Kunde sich
wohlfühlt entsteht dauerhaftes Vertrauen. Neben den nötigen räumlichen Voraussetzungen ist
die Gesprächsführung in einer positiven und persönlichen Atmosphäre zu halten.
Beispielsweise zählen ein freundliches Gesicht (Lächeln) und höfliche Anrede (Danke, Bitte,
Nennung des Namens usw.) zu wichtigen Aspekten. Die Bindung über den Gefühlsbereich bzw.
über die emotionale Ebene kann bei zukünftigen Auseinandersetzungen, wie bei Preis- und
Konditionsverhandlungen, Vorteile verschaffen und Ärger ersparen. Ein zufriedener Kunde ist
der, welcher die Bank mit dem Gefühl verlässt, dass sein Geld in „guten Händen“ ist.
Die dritte Ebene beschreibt die Bedürfnisse des Kunden. Der amerikanische Psychologe
Abraham Maslow ordnet die Bedürfnisse des Menschen in einer Bedürfnispyramide
systematisch an. So gibt es Grundbedürfnisse, wie Hunger, Durst, Schlaf etc. und auch
Bedürfnisse in höherer Stufe, wie Sicherheitsbedürfnisse, Soziale Bedürfnisse oder
Anerkennung, sowie Selbstverwirklichung. Dieser Theorie zufolge werden die höheren
Bedürfnisstufen automatisch angestrebt, wenn die Grundbedürfnisse befriedigt sind. Es entsteht
damit bei Erreichung einer bestimmten Stufe wieder neue Wünsche. Um dies auf
Finanzdienstleistungen zu übertragen, werden mit der Erfüllung von Kundenwünschen neue
Wünsche und Ziele eröffnet. Die Verhaltensqualität hängt also auch unmittelbar damit
zusammen, diese Wünsche zu erkennen und zu erfassen. Hat der Kunde beispielsweise das
Bedürfnis der Sicherheit durch den Abschluss einer Hausratversicherung für den Inhalt seiner
Wohnung abgedeckt, liegt es womöglich in seinem Interesse, nun mit einem Bausparvertrag
den Grundstein für den Erwerb eines Eigenheims zu legen. Es gehört also zur
Verhaltensqualität unausweichlich die Eigenschaft des konzentrierten Zuhörens, der
Beobachtung und des gezielten Nachfragens von Wünschen und Zielen. Die Verhaltensqualität
ist somit ein wichtiger Faktor zur Erreichung einer möglichst hohen Kundenzufriedenheit und
der damit verbundenen Kundenbindung, die als Grundlage für den langfristigen
Unternehmenserfolg dient.80
80 Vgl. Herrling, E./ Mayländer R. (1994), S. 8-12.
48
6 TQM in der Praxis der Deutschen Vermögensberatung AG
6.1 TQM als integratives Unternehmungsführungskonzept am Beispiel der DVAG
Um TQM erfolgreich anzuwenden bedarf es eines klaren Bekenntnisses seitens der
Unternehmensleitung zur Philosophie des TQM. Das Management ist demnach verantwortlich
für die Umsetzung des TQM-Programms. Dazu gehören klare Ziele und eine Vision, die es
(Top-Down) über alle Hierarchiestufen des Unternehmens zu tragen gilt. D.h. die
Unternehmenskultur und die Unternehmenswerte werden in Unternehmensleitlinien festgesetzt
und verständlich an alle Mitglieder der Organisation weitergegeben. Das dritte Kapitel dieser
Arbeit befasst sich eben mit dieser Thematik. Dies soll am Beispiel der DVAG nun noch einmal
aufgefasst und weiter vertieft werden.
Dieser ganzheitliche Managementansatz findet sich in der Konzeption der DVAG wieder.
Jedem Vermögensberater werden zu Beginn seiner Tätigkeit die Unternehmensleitsätze
ausgehändigt. Auf zehn Seiten werden dort die Ziele, Grundsätze sowie die Erfordernisse und
Verhaltensregeln für die Berufsausübung im Unternehmen dargestellt (Vgl. Kapitel 2.1). Damit
ist der Grundstein für den im TQM-Modell allzu wichtigen Informationsfluss gelegt. Allerdings ist
das Feedback an die Unternehmensleitung seitens der Mitarbeiter genauso wichtig.
Es gehört nämlich ebenso zu den Aufgaben des Top-Managements dafür zu sorgen, dass der
Informationsfluss in beide Richtungen (Top-Down und auch Bottom-Up) sichergestellt ist. Zur
Lösung dieses Problems trägt die Unternehmensstruktur der DVAG bei. Als nächste Instanz zur
Unternehmensleitung stehen die Direktionsleiter. Diese haben direkten Kontakt zu den
Vermögensberatern ihrer Direktion. Verbesserungsvorschläge sowie die Kontrolle von Qualität
bei der Leistungserbringung werden dadurch sichergestellt. So werden in Absprache mit den
Direktionsleitern Verbesserungen in Produktqualität sowie Produktdifferenzierungen und
Optimierung der Produkte vorgenommen. Außerdem geben Direktionsleiter Ideen und Anreize
zur Verbesserung, z.B. in Bezug auf das Entlohnungssystem oder zur Motivierung von
Mitarbeitern, an die jeweiligen Direktionsbeauftragten weiter.
49
Durch das Aufstiegssystem innerhalb des Unternehmens hat jeder Vermögensberater einen
direkten Betreuer und gleichzeitig auch einen Vorgesetzten:
Das Aufstiegssystem spiegelt das klare Bekenntnis zum Leistungsprinzip wieder. Leistung wird
durch Beförderungen, verbunden mit Gehaltserhöhungen und anderen nicht monetären
Leistungen wie Reisen und Auszeichnungen belohnt. Somit steht jeder Betreuer in der
Verantwortung, dass seine Gruppe erfolgreich ist. Der aktive Vermögensberater im
Gruppenaufbau kümmert sich darum, dass jedes Mitglied der Gruppe Erfolg hat. Da der Umsatz
jedes einzelnen Vermögensberaters der Gruppe zum Gruppengeschäft des Betreuers zählt, ist
dieser darum bemüht seine Gruppe zu motivieren. Dabei ist es wichtig, dass der Betreuer nicht
zu abhängig von der Gruppe ist und genügend Eigengeschäft schreibt. Ansonsten kann es zu
Konfliktsituationen kommen, wenn der Betreuer z.B. mehr von der Gruppe fordert, als die
Mitarbeiter zu leisten bereit sind. Da jeder Vermögensberater selbstständig ist, kann jeder
selbst darüber entscheiden wie viel Zeit er investieren möchte. Diese individuellen
Entscheidungen muss der Betreuer ohne widerrede akzeptieren. So gilt es für den Betreuer ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen fordern und fördern zu schaffen.
AL/D RGS
GS
RD1 HGS
AL/P VBA
RD2 D
Legende: VM=Vertrauens Mitarbeiter; VBA=Vermögensberater Assistent; AL/P=Agenturleiter/ Probe;
AL/D=Agenturleiter/Dauer; RGS=Regionalgeschäftsstellenleiter; GS=Geschäftsstellenleiter
HGS=Hauptgeschäftsstellenleiter RD1=Regionaldirektion 1
RD2=Regionaldirektion 2 D=Direktionsleiter
VM
Abbildung 6.1: Das Aufstiegssystem der DVAG
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: DVAG (Hrsg.), (2006), S. 32
50
Überdies ist der Betreuer dafür verantwortlich, dass die Unternehmensleitsätze eingehalten
werden und die Beratung ein hohes Maß an Qualität erreicht. Die Anreize der Beförderungs-
und damit steigenden Verdienstchancen gelten als Motivation zur Verbesserung der
Beratungsqualität, denn diese ist ausschlaggebend für die Ergebnisqualität. Je besser die
Ergebnisse sind, desto höher steigt der Vermögensberater im Beförderungssystem auf.
Somit kann auf der anderen Seite die Beratungsqualität vom Ergebnis (Anzahl Kunden,
Umsatz, Stand im Aufstiegssystem etc.) abgeleitet werden. Natürlich kann jeder
Vermögensberater frei darüber entscheiden, wie hoch sein Umsatz sein soll und wie weit er im
Aufstiegssystem kommen möchte bzw. welches Gehalt akzeptabel für ihn ist. Somit wird das
Gehalt in Abhängigkeit von erbrachter Leistung gesetzt. Je mehr geleistet wird, desto größer ist
folglich der Verdienst. In diesem Sinne gibt es keine Leistungsvorgaben, jeder entscheidet für
sich selbst, wie viel er leisten und verdienen möchte.
Allerdings kann durch hohe Beratungsqualität bzw. durch eine hohe Abschlussquote
(Umsatz/Beratungen), der Zeitaufwand kompensiert werden, der für einen bestimmten Umsatz
nötig wäre. Benötigt ein Anfänger für 5 Neukunden beispielsweise 20 Beratungstermine, kann
es ein erfahrener Vermögensberater möglicherweise in 7 Terminen schaffen, 5 Neukunden zu
gewinnen. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Beratungsqualität
eines Vermögensberaters in einer „niedrigeren“ Stufe schlechter ist als die eines
Vermögensberaters in einer „höheren“ Stufe. Daraus ergibt sich im Bezug auf die Konzeption
des TQM allerdings folgendes Defizit: besonders in niedrigeren Karrierestufen wirkt sich dies
negativ auf die Kundenzufriedenheit aus. Somit ist es wichtig, neben der grundlegenden
Ausbildung verschiedene Weiterbildungen zu absolvieren. Dementsprechend gibt es als
Voraussetzung für die Erreichung der verschiedenen Beförderungsstufen Prüfungen, die vor
der Industrie- und Handelskammer abgelegt werden müssen. Die Lerninhalte beziehen sich
neben Produktschulungen auch auf Persönlichkeitsentwicklung sowie Führungsqualitäten.
Die Qualität der Beratung hat gewiss keine Auswirkung auf die Qualität des Produktes, welches
der Kunde kauft. Deshalb ist an dieser Stelle eine Unterscheidung zwischen Produktqualität und
Beratungsqualität notwendig. Die Produktqualität, die vom Vermögensberater angeboten wird,
ist unabhängig davon, ob der Vermögensberater Direktionsleiter oder Agenturleiter ist, dieselbe.
Dagegen stellen sich in der Praxis deutliche Unterschiede in der Beratungs- sowie
Servicequalität zwischen Beratern heraus.
51
Allerdings kann in der Finanzdienstleistungsbranche selbstverständlich die Produktqualität
durch falsche Beratung an Wert verlieren. Wenn einem Kunden, der beispielsweise Schüler ist
und für einen Urlaub Geld sparen möchte, von einer Sparkasse ein Bausparvertrag angeboten
wird, kann das Produkt durch die „Falschberatung“ nicht der Qualität entsprechen, für dessen
Zweck es vorgesehen ist, auch wenn die Qualität des Produktes noch so gut sein mag.
Somit ist der thematische Schwerpunkt in dem gesamten Kapitel 6 überwiegend auf die
Verbesserung der Beratungsqualität gerichtet. Gerade weil Produktqualität in Bezug auf
Finanzdienstleistung erst durch den richtigen und zweckgebundenen Einsatz von Produkten
entstehen kann, ist eine qualitativ hochwertige Ausbildung nötig. Zu diesem Zweck bietet die
DVAG ihren Vermögensberatern kostenlose Schulungen und Seminare an. Diese finden in den
zahlreichen Berufsbildungszentren verteilt in ganz Deutschland statt. Außerdem unterstützen
Direktionsbeauftragte die Vermögensberater vor Ort durch Produktschulungen und persönliche
Betreuung.
Da jeder Vermögensberater, wie in Kapitel 2.2 beschrieben, Unternehmer im Unternehmen ist,
ist auch jeder Vermögensberater für seinen Erfolg verantwortlich. Somit ist die Erfüllung von
Qualitätsvoraussetzungen im täglichen Arbeitsfeld gang und gebe. Die Unternehmens-
philosophie der ständigen Verbesserung ist dabei stetiger Begleiter. Auch hierbei setzt das
Aufstiegssystem eine wichtige Grundlage. Das Ziel jeden Vermögensberaters sollte das
Erreichen der nächsten Beförderung sein, um letztendlich an der höchsten Karrierestufe, der
des Direktionsleiters, anzugelangen. Das Wissen um das nächste Ziel lässt neue Wege suchen,
um dieses zu erreichen. Natürlich gibt es ebenfalls viele Vermögensberater, die sich nicht für
den Unternehmensaufbau entscheiden, sondern den Praxisweg gehen. D.h. sie führen lediglich
Beratungen durch ohne neue Partner zu gewinnen. Auch hierbei gibt es Beförderungsstufen,
die als Ansporn dienen können.
Neben all den Möglichkeiten die das Aufstiegssystem bietet, pendelt sich der Umsatz und damit
der Verdienst eines Vermögensberaters in der Praxis mit der Zeit in dem Bereich ein, mit dem
der Mitarbeiter zufrieden ist. Natürlich muss er seine Beratungsqualität auf neustem Stand
halten, sodass sich sein Umsatz nicht unabsichtlich verschlechtert. Allerdings wäre durch die
ständige Verbesserung, bei gleichbleibendem Zeitaufwand, ein erhöhter Umsatz bis zu einem
bestimmten Grad möglich. Natürlich spielt die Prioritätensetzung des Vermögensberaters dabei
eine entscheidende Rolle. Insofern entscheidet jeder Mitarbeiter selbst, ob er die Chancen nutzt
die der Vermögensberaterberuf bei der DAVG bietet und zu welchem Grad er dies tut. Insofern
baut die Unternehmensleitung der DVAG auf Motivation, anstatt auf Kontrolle.
52
Dennoch ist das System der DVAG so aufgebaut, dass das nächste Ziel, die nächste
Beförderung sein sollte. Allein dieser Ansporn sollte genügen, um die oben genannte
Verbesserung auf natürlichem Weg zu erzielen. Somit sollte die Integration des TQM auf
natürliche Weise durch das Aufstiegssystem und weitere Anreize, wie das Gewinnen von
Wettbewerben mit den damit verbundenen Reisen (z.B. AIDA-Schiffsreise) und weiteren
Auslandsaufenthalten, gegeben sein. Die ständige Verbesserung sollte durch den Willen, das
nächste Ziel zu erreichen, umgesetzt werden. Somit sollte jeder Mitarbeiter an seinem Potential
arbeiten und durch die Praxis des Berufsalltags langsam, aber sicher besser werden.
Dies ähnelt dem Prinzip der ständigen Verbesserung in kleinen Schritten, welches mit dem
Begriff Kaizen gekennzeichnet ist. Wie bereits in Kapitel 3.1.5 kritisiert, ist der Grundgedanke
dieser Philosophie im theoretischen Ansatz zwar klar definiert, wohingegen über die Integration
im Unternehmen in Form eines Konzeptes wenig ausgesagt ist. Demnach ist eine
Kennzeichnung des Vorgehens bei diesem Vorhaben eher schwierig. Doch das Beispiel der
ständigen Verbesserung der Mitarbeiter der DVAG durch die Motivation eines klaren
Aufstiegssystems macht deutlich, dass eine Umsetzung dieses Grundgedankens in der Praxis
tatsächlich möglich ist. Demgemäß gilt das Motto: „Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört
gut zu sein.“ (Prof. Dr. Reinfried Pohl). Diese Aussage des Vorstandsvorsitzenden und
Gründers der DVAG spiegelt die Einstellung und Grundhaltung wieder, die jeder Mitarbeiter
bzw. Vermögensberater für eine erfolgreiche Umsetzung des TQM-Models haben muss. Die
Zielsetzung jedes einzelnen, sich persönlich und auch beruflich weiterzuentwickeln, ist der
Schlüssel zum Erfolg. Dementsprechend funktioniert TQM nur, wenn diese Philosophie von
allen Mitarbeitern gelebt wird. Die Unternehmensleitung steht demnach in der Verantwortung
dies zu erreichen, um das TQM-Programm erfolgreich anwenden zu können.
6.2 Die Umsetzung des Deming-Programms bei der DVAG
Laut Deming können die in Kapitel 3.2.1 beschriebenen 14 Punkte des TQM-Programms auf
jedes Unternehmen Anwendung finden. Am Beispiel der DVAG bzw. der Tätigkeit der
Mitarbeiter soll dies untersucht werden. Dabei soll es um die mögliche Umsetzbarkeit in der
praktischen Tätigkeit gehen, nicht um den tatsächlichen Stand der Anwendung dieses
Programms. Die Grundgedanken auf denen die 14 Punkte aufbauen sind in Kapitel 3.1.2
aufgeführt. Demnach könnte die Aktivität des Vermögensberaters in der Beratung als Prozess
aufgefasst und entsprechend verbessert werden. Dies soll als Voraussetzung gesetzt sein, um
die in diesem Kapitel angeführten Überlegungen zu stützen. Problemlösungen allein genügen
dabei nicht, vielmehr geht es um eine grundlegende Veränderung.
53
Wie in Kapitel 6.1 beschrieben, ist die Unternehmensleitung in diesem Sinne zum Handeln
verpflichtet. Im Allgemeinen ist zu der Philosophie Demings ein wesentlicher Kritikpunkt zu
nennen. Die Vorstellungen des Programms passen zu einer idealisierten Welt, im „rauen“
Wirtschaftsalltag können die Entscheidungen oftmals nicht unter Berücksichtigung aller Punkte
des Programms fallen. Um ein höchstmögliches Maß an Qualität zu erreichen, wäre dies zwar
nötig, doch ist es nicht unbedingt immer Ziel der Unternehmensleitung.
Beispielsweise schreibt der vierte Punkt des TQM-Programms nach Deming vor, dass
Geschäfte nicht auf Basis des niedrigsten Angebots gemacht werden dürften. Bei
Entscheidungen wird jedoch, gerade aus betriebswirtschaftlicher Sicht, sehr wohl des Öfteren
auch mal bewusst das niedrigste Angebot gewählt. Schließlich geht es letztendlich um den
Gewinn einer Unternehmung und die Befriedigung der Anforderung von Shareholder Values.
Also wird nicht das höchste Maß an Qualität angestrebt, sondern eher das Maß der
ausreichenden Qualität. Die Qualität soll eben nur so gut sein, wie sie zur Zufriedenstellung des
Kunden gerade nötig ist. Somit ist der vierte Punkt, der sich auf das Machen von Geschäften
auf Basis des niedrigsten Angebots bezieht, in der Praxis nicht haltbar. Vielmehr sollte ein
ausreichendes Preis-Leistungsverhältnis angestrebt werden. Auch das absolute Bekenntnis
seitens der Unternehmensleitung zum TQM, wie es in Punkt 14 gefordert wird, ist
dementsprechend nicht unbedingt praxistauglich. Es beschreibt vielmehr eine Voraussetzung
dafür, dass das Konzept aufgeht, als ein sinnvolles Bestreben in der Praxis. Somit
widersprechen die Punkte in vielen Aspekten dem klassischen betriebswirtschaftlichen Denken.
Ein Vermögensberater wird sicher nur soviel Zeit in die Verbesserung seiner Fähigkeiten in
Punkto Beratungsqualität investieren, wie zur erfolgreichen Umsetzung seines Erachtens nötig
ist. Werden seine Ziele durch weniger Aufwand erreicht, macht es betriebswirtschaftlich keinen
Sinn, noch mehr zu investieren, um den Prozess noch weiter zu verbessern. Somit ist die
Aufforderung des fünften Punktes, welcher die ständige Suche nach Ursachen und Fehlern
verlangt, betriebswirtschaftlich gesehen nicht unbedingt erstrebenswert.
Der elfte Punkt fordert das Beseitigen von zahlenmäßigen Leistungsvorgaben. Gerade in Bezug
auf das Beförderungssystem der DVAG bzw. allgemeine Zielsetzungen, wie beispielsweise in
der Produktion, erweist sich dies nicht immer als Vorteil und ist auch nicht immer umsetzbar.
Gerade in Zeiten der Just-in-Time-Produktion müssen zahlenmäßige und zeitbezogene
Stückzahlenvorgaben bestehen, um das nötige Teil X zum rechten Zeitpunkt an Stelle Y zu
montieren. Außerdem nützt die beste Qualität nichts, wenn die Kosten dadurch dermaßen
steigen, dass ein erhöhter Marktpreis gefordert werden muss. Zahlenmäßige
Leistungsvorgaben sind demnach für die gesamte Absatzpolitik notwendig. Allerdings sollten
diese Vorgaben nicht ohne Rücksicht auf Verluste durchgesetzt werden.
54
Eine zahlenmäßige Vorgabe kann demnach eine negative Auswirkung auf die erbrachte
Qualität haben. Gerade bei Prozessen die kreatives Denken und Handeln erfordern, wie in der
Forschung und Entwicklung üblich, können zahlenmäßige Vorgaben die Qualität des
Ergebnisses erheblich beeinträchtigen. Zwar sind Zahlen nicht alles, dennoch sind sie wichtig,
um Dinge zu Bennen und gewisse Rahmen zu setzen. Ein Vermögensberater der DVAG
beispielsweise verdient nur dann etwas, wenn er Leistung erbringt. Genauso gibt es als
Voraussetzung für die Beförderung bestimmte Zahlenwerte, die erreicht werden müssen.
Gerade dies gilt als Motivation zur Verbesserung der eigenen Beratungsqualität.
Leistungsvorgaben können in diesem Zusammenhang sogar als ein sinnvolles Instrument zur
Erreichung von Qualität dienen. Somit würde der Vermögensberater, auch wenn er das Ziel der
Beförderung erreicht hat, noch stärker an seiner Beratungsqualität bzw. der Ergebnisqualität
des Gruppenumsatzes arbeiten, um auf die nächsthöhere Karrierestufe aufzusteigen. Dies ist
natürlich nur durch ein ausreichendes Entlohnungssystem möglich. Somit müssen
Steigerungen von Fähigkeiten gerecht belohnt werden, damit ein Anreiz zur Verbesserung
gegeben ist. Dieser Aspekt wird in den 14 Punkten nicht beachtet. Zudem ist allerdings
anzumerken, dass finanzielle Anreize meist nur kurzfristige Wirkungen haben. Langfristig
gesehen spielen Aspekte wie Zufriedenheit am Arbeitsplatz durch bestimmte
Arbeitsbedingungen, ein gewisses Arbeitsklima und Kollegialität eine zunehmend wichtige
Rolle. Es bleibt festzuhalten, dass zahlenmäßige Vorgaben, je nach Art der Anwendung,
Sinnvoll sein können und auf der anderen Seite aber auch situationsabhängig negative
Auswirkungen auf Qualität haben können.
Obgleich die 14 Punkte in ihrer Theorie und Philosophie viele notwendige und nützliche
Verhaltensregeln beschreiben, mangelt es an der Umsetzbarkeit dessen und der
Prioritätensetzung, da Entscheidungen in Unternehmen auch unter Beachtung zahlreicher
anderer Gesichtspunkte getroffen werden müssen. Um die Qualität dauerhaft verbessern zu
können ist es also notwendig, Mitarbeiter ihren Ansprüchen gerecht zu motivieren, gerade im
Bereich der Dienstleistung. Allein der Gedanke dass Qualität wichtig ist, wird kaum
überdurchschnittliche Eigeninitiative der Mitarbeiter bewirken. Dies liegt womöglich mit daran,
dass die Erbringung von Qualität, gerade in Bezug auf ständige Verbesserung des KVP, sehr
aufwendig ist und einen erheblichen Zusatzaufwand fordert. Dieser wird zum größten Teil von
den Mitarbeitern und nicht vom Management erbracht. Um beim Beispiel des KVP zu bleiben,
kostet es den Vermögensberater einen enormen Aufwand diesen anzuwenden. Erst durch das
Bewusstsein, dass durch die Verbesserung seiner persönlichen Beratungsqualität er selbst
auch davon profitiert, sei es durch erhöhte Jobsicherheit, mehr Gehalt aufgrund eines höheren
Umsatzes etc. , wird er diesen Prozess mit einem erhöhten Maß an Engagement durchführen.
55
Zudem wird dadurch eine Identifikation des Mitarbeiters mit der Unternehmensphilosophie, die
auf Qualität ausgerichtet ist, erreicht. Dies wird durch den Begriff „Total“ betitelt. Jeder im
Unternehmen muss die Vorteile dieses Programms verinnerlicht haben, um TQM zielgerichtet
anwenden zu können. Nur dadurch kann eine Grundlegende Veränderung erzielt werden.
6.3 TQM in der Praxis des Vermögensberaters
Der Vermögensberater ist im Finanzdienstleistungswesen in Bezug auf Dienstleistungsqualität
der entscheidende Faktor beim Leistungserbringungsprozess. Die Prozessqualität hängt in der
kundenzugewandten Phase erheblich vom persönlichen Geschick des Vermögensberaters ab.
Somit ist der Vermögensberater für die Ergebnisqualität verantwortlich. Weiterhin spielt die
Wettbewerbssituation, wie vorangehend in Kapitel 4.1 beschrieben, eine wichtige Rolle. Der
Kunde stellt auf Grund dessen hohe Anforderungen an den Vermögensberater. Demnach steht
die Unternehmensleitung in der Verantwortung, diesen Anforderungen durch ausreichende
Ausbildung und Fortbildung der Vermögensberater gerecht zu werden. Methoden des TQM
können dabei zusätzlich unterstützend angewandt werden. Da es zu den Aufgaben des
Vermögensberaters im Unternehmensaufbau zählt, neue Partner zu fördern, liegt es in seinem
Interesse, dass diese einen hohen Grad an Ergebnisqualität liefern. Somit muss in jeder
Tätigkeit ein hohes Maß an Professionalität vorhanden sein. Folglich gilt es, in jedem Bereich
der täglichen Arbeit fehlerfrei zu agieren bzw. Fehler zu erkennen und zu verbessern. Hierbei
erscheint der KVP als geeignetes Instrument.
Als Beispiel der Anwendung von TQM im Alltag der Vermögensberater der DVAG soll ein
Telefonat aufgrund einer Empfehlung eines Kunden mit Hilfe des Deming-Zyklus inszeniert
werden. In der ersten Phase geht es darum, eine Analyse durchzuführen. Dabei werden
Einflussgrößen analysiert. Ein Team aus erfahrenen und auszubildenden Vermögensberatern
wird zu diesem Zweck gebildet. Gemeinsam werden dann Einflussgrößen ausfindig gemacht.
Dies ist für die Planung der Vorgehensweise wichtig. Das Ergebnis der gemeinsamen
Überlegungen könnte sein: Begrüßung des potentiellen Kunden mit freundlicher Stimme und
Fragestellung, ob denn wirklich die Person am Hörer ist, die tatsächlich erreicht werden sollte.
Z.B. Guten Tag Herr Muster, spreche ich mit Max Muster? Nach der Begrüßung folgt die
Vorstellung des Anrufers. Ziel des Gesprächs soll sein: einen Termin zu vereinbaren. Auch das
wird in der Planungsphase festgelegt. Einflussgrößen, die den Erfolg des Telefonats
beeinflussen, könnten sein: Der potentielle Kunde muss darüber informiert werden weshalb er
angerufen wird und es muss Interesse geweckt werden. Außerdem soll er die Vorteile des
Gesprächs erkennen und den Termin wirklich haben wollen. Wichtig ist auch, auf mögliche
Einwände vorbereitet zu sein. Zudem spielt die Einstellung und Haltung des Anrufers eine
56
entscheidende Rolle. Da beim Telefonat nur gesprochen wird, ist Wortwahl und Stimme
ausschlaggebend. Z.B.: Berater: „Der Anruf bei Ihnen hat einen ganz besonderen Grund. Vor
einigen Tagen hatte ich ein Gespräch mit Herrn Tom Mustermann, da möchte ich Sie ganz
herzlich von ihm grüßen.“ Max Mustermann: „ z.B. Danke, den kenn ich, das ist mein Cousin.“
Berater: „Durch dieses Gespräch hat Herr Mustermann durch wertvolle Informationen finanzielle
und wirtschaftliche Vorteile erzielt. Er sagte mit, dass Sie grundsätzlich auch immer ein offenes
Ohr für finanzielle Vorteile haben, stimmt denn das?“ Max Mustermann: „Ja das stimmt, aber ich
habe schon einen Berater.“ Nun folgt die Behandlung des Einwandes: „Herr Mustermann, ein
Gespräch hätte für Sie auf jeden Fall zwei Vorteile, entweder Sie erhalten die Bestätigung, dass
Sie einen momentan akzeptablen Partner gefunden haben, oder Sie finden einen besseren, für
die Zukunft.“ usw. In dieser Phase geht es also darum, verschiedene Szenarien durchzuspielen,
um auf alle möglichen Einflüsse Rücksicht zu nehmen. Die Erfahrungen der Vermögensberater
sind in diesem Austausch besonders wichtig.
In der zweiten Phase geht es dann darum, Maßnahmen festzulegen und durchzuführen. Unter
Berücksichtigung der besprochenen Verhaltensregeln und Vorgehensweise wird das Telefonat
durchgeführt. In der dritten Phase werden die Ergebnisse festgehalten und analysiert. Was war
gut, was war schlecht, was sollte geändert werden. Die Verbesserungen werden dann als
Standard übernommen. Dies kann die überzeugende Einwandbehandlung, die Haltung beim
Telefonieren (stehend oder sitzend) oder z.B. die Stimme (zu schnell, zu leise, genau richtig)
betreffen. Mittels dieser methodischen Vorgehensweise des KVP kann die, in Kapitel 6.1
beschriebene, „natürliche“ Verbesserung der Vermögensberater der DVAG durch eine gezielte
und strukturierte Anleitung erweitert werden.
Somit könnte die Verbesserung effektiver und genauer erfolgen. Obwohl diese Vorgehensweise
sehr zeitaufwendig ist, könnte die Entwicklung jedes einzelnen durch den Austausch und die
Analyse in der Vorgehensweise beschleunigt und gefördert werden.
Diese Vorgehensweis bietet einen Ansatz der Anwendung des TQM in der Praxis der
Vermögensberater der DAVG. Weitere Methoden wie Teile des Dienstleistungsqualitätskreises
werden in ähnlicher Weise schon benutzt. Z.B. wird dem Kunden nach einer Beratung ein
Bewertungsbogen zur Beurteilung der Arbeitsweise ausgehändigt. Dieser wird anschließend
ausgewertet und analysiert. Dadurch kann jeder Vermögensberater seinen persönlichen Stand
der Beratungsqualität erfassen. Außerdem erfährt er gleichzeitig, in welchem Bereich er sich
noch weiter verbessern muss bzw. worauf er verstärkt achten sollte. Weiterhin werden die
Wünsche und Ziele des Kunden vor der Beratung durch eine sorgfältig ausgefüllte Analyse
samt Fragebogen erfasst.
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Somit geht es im ersten Termin nur darum, was dem Kunden persönlich wichtig ist. Diese
Analyse wird vom Vermögensberater ausgewertet, worauf erst im zweiten Termin die
eigentliche Beratung folgt. Dadurch kann der Vermögensberater dem Kunden letztendlich auch
das anbieten, was seinen Vorstellungen entspricht. Dieser „Marketingprozess“ geschieht direkt
im Gespräch mit dem Kunden. Dadurch kann die Beratungsqualität deutlich verbessert werden,
da der Vermögensberater die Situation des Kunden besser und individuell einschätzen kann.
Somit kann er sich besser auf den eigentlichen Beratungstermin vorbereiten. Dies bietet die
Möglichkeit des Auffrischens von Fachwissen, der Überlegung wie das Produkt erklärt werden
soll und auch was überhaupt angeboten werden soll. Dies führt zu steigender
Kundenzufriedenheit, was Kundenbindung und Weiterempfehlung zur Folge hat.
6.4 Steigerung der Kundenzufriedenheit durch Beratungsqualität
Die Kundenzufriedenheit hat sowohl im TQM als auch bei der Deutschen Vermögensberatung
eine übergeordnete Priorität. Wie in Kapitel 5.3 beschrieben kann durch die
Kundenzufriedenheit langfristiger Unternehmenserfolg sichergestellt werden. Bei der DVAG
spielt dies eine wichtige Rolle. Die Vertriebsstruktur der DVAG ist darauf ausgelegt, dass sich
jeder Vermögensberater seinen eigenen Kundenstamm aufbaut. Somit liegt es in der Hand
jeden einzelnen Vermögensberaters dafür zu sorgen, Bestandkunden zu betreuen und neue
Kunden zu gewinnen. Zur Erlangung der dafür notwendigen Fähigkeiten ist jeder
Vermögensberater selbst verantwortlich. Diese Fähigkeiten spiegeln einen Grad an Qualität
wieder. Insbesondere geht es um das Erarbeiten eines bestimmten Qualitätsgrades in Bezug
auf Beratung, Service und Verhalten. Die DVAG ist eine Berufsgemeinschaft von
selbstständigen Mitarbeitern. Das übergeordnete Ziel des Unternehmens (siehe Kapitel 2.1) ist
zugleich das Ziel jeden einzelnen. Da es in diesem Sinne keine mengenmäßigen
Leistungsvorgaben gibt, entscheidet jeder persönlich, wie viel er zu tun bereit ist, um dieses Ziel
zu erreichen.
Daraus ergibt sich eine Kollegialität, die erstaunlicherweise die Konkurrenzsituation ausschließt.
TQM kann deswegen umso besser angewandt werden. Zudem gibt es kaum Konfliktpotenzial,
da der selbstständige Vermögensberater frei entscheiden kann, mit wem er zusammenarbeiten
möchte. Er sucht sich selbst aus, wen er als Partner haben möchte und wen nicht. In einer
Bürogemeinschaft kommt es so zu einer Gruppendynamik, die gegenseitige Motivation fördert.
So können die Erfahrungen jedes einzelnen aus der Gruppe, deren Mitglieder alle dasselbe Ziel
verfolgen, ausgetauscht und diskutiert werden. Somit lernt jeder von jedem. Das Optimum für
den einzelnen reflektiert dabei das Optimum für die Gruppe. Durch diesen Austausch kommt es
zur ständigen Verbesserung in der Qualität.
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Da die Qualität im Sinne des TQM eine maßgebende Rolle für die Kundenzufriedenheit
darstellt, ist dieser Prozess der Verbesserung durch den Austausch innerhalb der
Berufsgemeinschaft so wichtig. Der Vermögensberater der DVAG legt besonders hohen Wert
auf die Kundenzufriedenheit. Zumal sein Erfolg und damit der Erfolg der Gruppe und des
Unternehmens überwiegend von seiner Persönlichkeit abhängen. Nur wenn seine
Bestandskunden zufrieden sind, werden sie ihn weiterempfehlen. Zudem wird nicht unbedingt
das Unternehmen als ganzes weiterempfohlen, sondern in erster Linie der Berater selbst. Somit
ist er verpflichtet, einen guten Ruf als Vermögensberater zu haben, um am Markt bestehen zu
können. Deswegen sind die im gesamten Kapitel 5 genannten Eigenschaften, die die
Kundenzufriedenheit steigern, ebenso wichtig. Der Ansporn, die nächste Beförderung zu
erreichen und die damit verbundenen Sonderleistungen zu erlangen, motivieren den
Vermögensberater an sich zu arbeiten und die Prozesse weiter zu verbessern.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl die Vertriebsstruktur als auch das
Beförderungssystem wichtige Grundvoraussetzungen mit sich bringen, die zur Entfaltung des
TQM im Unternehmen dienlich sind.
7 Zusammenfassung und Ausblick
Die vorangegangenen Überlegungen machen deutlich, dass TQM in Bezug auf die
theoretischen Grundlagen einen unwahrscheinlich großen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit
und damit auf den langfristigen Erfolg einer Unternehmung haben kann. Dies wird durch den
ganzheitlichen Managementansatz ermöglicht, der ausgehend von der Unternehmensleitung im
gesamten Unternehmen qualitativ hochwertige Prozesse schaffen soll. Dadurch soll es zu einer
Standardisierung von Verbesserungen kommen was ein Höchstmaß an Produktqualität zur
Folge hat. Dadurch steigt neben der Kundenzufriedenheit der Grad der Kundenbindung sowie
die Bereitschaft zur Weiterempfehlung des Unternehmens durch den Kunden.
Folglich sollen Kunden, gerade im Finanzdienstleitungswesen, von Beratungs-, Service- und
Verhaltensqualität der Mitarbeiter überzeugt werden. Die Philosophie setzt auf Perfektion in
allen Bereichen und schafft somit den Grundstein für die Behauptung des Unternehmens gegen
Wettbewerber am Markt.
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In der Praxis kann sich die Umsetzung der Forderungen und Voraussetzungen des TQM-
Programms allerdings oftmals als ein unmögliches Unterfangen herausstellen. Dies liegt, den in
der vorliegenden Arbeit zugrundeliegenden Überlegungen und Erläuterungen zufolge,
überwiegend daran, dass die zur Umsetzung notwendigen Kriterien nicht erfüllt werden können.
Zum einen sind diese zu aufwendig und umfangreich, zum anderen behindern
zwischenmenschliche Konflikte den einwandfreien Ablauf. So scheitert das TQM-Programm
vorwiegend an horizontalen sowie vertikalen Barrieren in der Kommunikation und Kooperation.
Ferner bedeutet dies, dass durch Konkurrenzdenken und Meinungsverschiedenheiten von
Mitarbeitern und Abteilungen Konflikte vorprogrammiert sind. Eine abteilungsübergreifende
Kommunikation und Kooperation wird in der Praxis oft aufgrund von Ressourcenknappheit
(nicht Können) oder mangelnde Bereitschaft (nicht Wollen) nahezu unmöglich. Das TQM
schreibt vor, dass die Unternehmensleitung sich klar zum TQM bekennen muss und diese
Philosophie über alle Hierarchiestufen ins Unternehmen tragen soll. Allerdings wird dies mit
zunehmender Größe des Unternehmens und der damit verbundenen wachsenden Anzahl an
Abteilungen und Unterabteilungen immer schwieriger bis unmöglich. Da jede Abteilung nahezu
unabhängig von der anderen agiert und eigene Ziele verfolgt, ist die abteilungsübergreifende
Kooperation stark eingeschränkt.
Diese und andere Probleme in der praktischen Umsetzung, die in dieser Arbeit diskutiert
wurden, lassen vermuten, dass die meisten Unternehmen den notwendigen Aufwand, um TQM
im Unternehmen zu etablieren und erfolgreich umsetzen zu können, nicht in Kauf nehmen
wollen und auch können. Die mangelnde Überzeugung des Top-Managements vom TQM stellt
dabei ein ebenso großes Hindernis dar wie die zahlreichen Bedingungen, die bei nicht Erfüllung
das ganze Konzept zum Scheitern bringen.
Am Beispiel der Deutschen Vermögensberatung AG kann man jedoch erkennen, dass die
Umsetzung von TQM unter gewissen Voraussetzungen doch möglich ist. Bei der DVAG
funktioniert die Umsetzung aufgrund der bereits erläuterten Struktur des Vertriebssystems und
des Beförderungssystems sehr gut. Die Unternehmensleitung gibt die Unternehmensleitsätze
und die Ziele vor. Diese übergeordneten Ziele des Unternehmens sind dieselben wie die jedes
einzelnen Vermögensberaters. Somit ziehen alle an einem Strang. Dadurch, dass jeder
Vermögensberater der Berufsgemeinschaft eine selbstständige Tätigkeit ausübt, ist jeder für
seinen und den Erfolg der Gruppe verantwortlich. Somit gibt es kein Konkurrenzdenken. Das
gemeinsame Ziel schweißt die Gruppe zusammen und dient als Ansporn für jeden einzelnen,
durch Lernen vom anderen besser zu werden. Die Umsetzung ist strikt, da zwischen
Unternehmensleitung und dem Vermögensberater lediglich zwei Personen (der Direktionsleiter
und der jeweilige Betreuer) in der Hierarchieebene stehen.
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Somit lässt sich das TQM-Programm in so einfachen und klaren Strukturen wie die der DVAG
deutlich einfacher umsetzen.
Abschließend ist zu sagen, dass das TQM zwar hervorragende Ansätze und Partialkonzepte
zur Steigerung der Kundenzufriedenheit und des damit verbundenen langfristigen
Unternehmenserfolges bietet, jedoch in seinem ganzheitlichen Sinn für die meisten
Unternehmen zu aufwendig ist und zu viele mögliche Fehlerquellen (in Form von Barrieren in
der Kommunikation und Kooperation zwischen Mitarbeitern und Abteilungen) aufweist. Auch
wenn sich die Gestaltung der Umsetzung des TQM-Programms nicht ganz überzeugend
darstellt, können sich die theoretischen Grundlagen des TQM-Programms vom Grundsatz her
zur Verbesserung von Qualität und der damit verbunden Steigerung der Kundenzufriedenheit
durchaus als nützlich erweisen. Somit können viele der im TQM angeführten Themen als sehr
reizvoll und erstrebenswert angesehen werden.
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Ehrenwörtliche Erklärung
„Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
unerlaubte fremde Hilfe angefertigt habe, andere als die angegebenen Quellen nicht
benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich und inhaltlich entnommenen Stellen als
solche kenntlich gemacht habe.“
Wolfsburg den 19.05.2010
Robert Wertmann