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Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015-2030
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
Ref. I A – Stadtentwicklungsplanung
in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
Berlin, Jan. 2016
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen und Ergebnisse 2
2. Prognoseannahmen und -varianten 6
3. Ergebnisse für die Gesamtstadt 23
4. Ergebnisse für die Bezirke 27
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1. Vorbemerkungen und Ergebnisse
1.1 Hintergrund
Mit der „Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015-2030“ wird zum sechsten
Mal durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt eine Prognose für Berlin
vorgelegt. Sie zeigt die zu erwartenden Veränderungen in der Anzahl und im Altersaufbau
der Bevölkerung (demografischer Wandel) und berücksichtigt die außerordentlich positive
Bevölkerungsentwicklung seit Erstellung der letzten Bevölkerungsprognose im Jahr 2012
(Ausgangsbevölkerung vom 31.12.2011). Die Prognose weist Ergebnisse auf Ebene
der Gesamtstadt und der Bezirke als Grundlage für gesamtstädtische Politik- und Hand-
lungsfelder sowie
der 60 Prognoseräume als kleinräumige Einheit der lebensweltlich orientierten Räume
und als Grundlage für Fachplanungen (z. B. soziale Infrastrukturen) aus.
Aufgrund der seit dem Jahr 2011 in unerwarteter Höhe weiter steigenden Zuwanderung aus
dem Ausland, zuletzt auch aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen, liegt die Einwohnerzahl
oberhalb der oberen Variante der letzten Prognose. Mit rund 3,562 Mio. Einwohnern (Stand:
31.12.2014, Einwohnerregister) beträgt der Abstand zum prognostizierten Wert der oberen
Variante fast 20.000 Personen. Seit der letzten Bevölkerungsprognose ist Berlin damit in
den Jahren 2012 bis 2014 um 135.000 Personen gewachsen.
Die Prognose wird in drei Varianten vorgelegt. Diese orientieren sich an möglichen Szenari-
en zu den künftigen politischen, wirtschaftlichen und weiteren Rahmenbedingungen Berlins
(z. B. Attraktivität und Image als Arbeits- und Lebensort, Entwicklung des Berliner Woh-
nungsmarktes) sowie den absehbaren demografischen Entwicklungen in den Herkunftsregi-
onen der Zuwandernden, die das Wanderungsgeschehen beeinflussen. Die mittlere, obere
und untere Variante unterscheiden sich jeweils durch die Annahmen zur Außenwanderung
(Zuzüge / Fortzüge über die Grenzen von Berlin), nicht aber in den Annahmen zur Frucht-
barkeit und Sterblichkeit. Die Annahmen zu den Außenwanderungen unterscheiden sich
wiederum in erster Linie in den Ansätzen gegenüber dem Ausland und dem Umland, weni-
ger gegenüber den alten und neuen Bundesländern (ohne Umland).
Für die Ausrichtung von Stadtentwicklungspolitik ist Wissen über künftige Tendenzen der
Bevölkerungsentwicklung unerlässlich. Prognosen dienen als Orientierungshilfe für Fach-
leute aus Planung und Politik. In den Fachplanungen sind Flüchtlinge u. a. mit ihren infra-
strukturellen Bedarfen angesichts der derzeit hohen Entwicklungsdynamik besonders zu
berücksichtigen (siehe Kapitel 1.2).
Nach derzeitigem Erkenntnisstand bildet die mittlere Variante den künftigen langfristigen
Entwicklungsverlauf mit höherer Wahrscheinlichkeit ab als die anderen beiden. Im An-
schluss an die hiermit vorliegenden Prognoseergebnisse für Berlin und die Bezirke werden
die Daten für die mittlere Variante kleinräumig auf Prognoseraumebene aufbereitet.1
1 Die Daten werden etwa ab Ende Jan. 2016 auf der Homepage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zum
Download bereitgestellt.
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1.2 Erläuterung zur Flüchtlingsthematik in der Bevölkerungsprognose
Die Rahmenbedingungen der Prognose werden sehr viel stärker als in den vorhergehenden
Prognosen durch die aktuell hochdynamischen Flüchtlingsbewegungen aus dem Nahen und
Mittleren Osten, Afrika sowie der Abwanderung aus dem Balkan beeinflusst.
Die Prognose reflektiert die Flüchtlingsbewegungen der vergangenen Jahre nach bestem
Wissen, um ein wissenschaftlichen Anforderungen entsprechendes Ergebnis vorzulegen.
Die Bevölkerungsprognose ist jedoch keine Flüchtlingsprognose. Die Komplexität des Ein-
flusses der Flüchtlingsbewegungen auf die zukünftige Einwohnerentwicklung spiegeln die
zahlreichen Einflussfaktoren wider, z. B.
a. die vermuteten Flüchtlingsankunftszahlen für Berlin,
b. die (ggf. zeitlich verzögerte) Anmeldung von Flüchtlingen,
c. die Dauer von Anerkennungsverfahren sowie die Anerkennungs- und Abschiebequoten,
d. die demografische Struktur der Flüchtlinge (Alter, Geschlecht) sowie Fertilität und Sterb-
lichkeit
e. der (zeitlich verzögert erfolgende) Familiennachzug von anerkannten Flüchtlingen,
f. die Wohnstandortwahl (und damit ggf. Zuzug nach Berlin) von Flüchtlingen in Deutsch-
land nach Abschluss des Asylverfahrens,
g. das etwaige Rückwanderungsverhalten von anerkannten Flüchtlingen,
h. das faktische Verhalten von (anderen) Flüchtlingen angesichts behördlicher Entschei-
dungen sowie
i. politische Entscheidungen zum Umgang mit Flüchtlingen (z. B. Erklärung weiterer siche-
rer Herkunfts- und Drittstaaten).
Zu vielen dieser Punkte liegen keine empirischen Kenntnisse, schon gar nicht berlinspezi-
fisch, vor.
Um valide Prognosen erstellen und den zukünftigen Einwohnerbestand in den Prognose-
räumen darstellen zu können, sind Angaben zur demografischen Struktur (Alter, Geschlecht)
sowie zu Geburten- und Sterbeziffern und zum innerstädtischen Umzugsverhalten notwen-
dig. Für die nach Berlin kommenden und aus Berlin wegziehenden Flüchtlinge bzw. Asylbe-
werber, insbesondere die, die im Jahr 2015 nach Berlin kommen, liegen diese notwendigen
Daten nicht vor. Es ist daher nicht möglich, ihre Entwicklung zu prognostizieren. Daher wur-
de ein Weg entwickelt, der
eine valide Prognose mit den bekannten Wanderungsbewegungen und der natürlichen
Entwicklung abbildet und
eine Flüchtlingszahl – angesichts der eingeschränkten Datenverfügbarkeit – auf die Er-
gebnisse der Bevölkerungsprognose für die Jahre 2015 und 2016 pauschal aufaddiert.
Die Wanderungsannahmen für die Prognose basieren grundsätzlich auf den Entwicklungen
der letzten Jahre. Die im Einwohnerregister vorliegenden Daten umfassen neben den ge-
wöhnlichen Wanderungen mit dem Ausland somit auch bereits die Flüchtlinge, die in den
vergangenen Jahren bis Ende 2014 nach Berlin gekommen und registriert sind. Mit diesen
bekannten und abgesicherten Daten wird die Prognose auf Basis des Einwohnerregisterbe-
standes vom 31.12.2014 durchgeführt. Ausgehend von der zum Jahresanfang 2015 von der
Bundesregierung erwarteten deutschlandweiten Asylbewerberzahl wurde auch für das Jahr
2015 ein entsprechender Anteil von Flüchtlingen in die Annahmensetzung der Prognose
einbezogen. Auf dieser Basis wird ein Gesamtergebnis prognostiziert, das kleinräumig, das
heißt auf Ebene der 60 Prognoseräume verfügbar ist.
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Angesichts der Entwicklungen seit dem Sommer 2015 mit der außerordentlich starken Zu-
nahme der Asylsuchenden ist zusätzlich zu den ermittelten Ergebnissen dieser kleinräumi-
gen Bevölkerungsprognose die für die Jahre 2015 und 2016 erwartete Flüchtlingszahl für
Berlin aufzuaddieren.
Die ergänzend zur Bevölkerungsprognose zusätzlich aufzuschlagende Zahl berücksichtigt
das, was die Bundesregierung als Entwicklung der ins Land einreisenden Flüchtlinge ange-
nommen hat. Unter der Annahme von 50.000 Flüchtlingen, die das Land Berlin in den Jah-
ren 2015 und 2016 aufnimmt, werden zu dem Ergebnis der mittleren Variante der Bevölke-
rungsprognose für die Jahre 2015 und 2016 für die Gesamtstadt 20.000 und 25.000 Perso-
nen als Schätzwerte zusätzlich hinzugerechnet. Im Ergebnis liegt folglich eine Einwohner-
zahl für Berlin vor, zu der eine Flüchtlingszahl hinzukommt, die für die Jahre 2015 und 2016
nicht kleinräumig verteilt werden kann.
Für das Jahr 2015 wird basierend auf der neuen Bevölkerungsprognose und den derzeit
bekannten Annahmen zur Entwicklung der Flüchtlingszahlen (Stand: 30. Sept. 2015) für
Berlin eine Einwohnerzahl von rund 3,629 Mio. Personen, für das Jahr 2016 eine Zahl von
rund 3,696 Mio. Personen geschätzt.
Für die Jahre 2017 und folgende wird aufgrund veränderter politischer Rahmenbedingungen
schrittweise ein abnehmender Saldo der Flüchtlingszahlen angenommen. Die der Bevölke-
rungsprognose zugrunde liegenden Annahmen zu den Auslandswanderungen enthalten
diese Flüchtlingszahlen aus methodischen Gründen teilweise.
Konsequenzen für Fachplanungen
Weil derzeit auf Prognoseraumebene nicht bekannt ist, wie sich die demografische Struktur
der Flüchtlinge zusammensetzt und wie sich die Personen im Zeitverlauf von den Flücht-
lingsunterkünften auf die Stadt bzw. andere Regionen verteilen, ist bei Infrastrukturplanun-
gen, eine gesonderte Berücksichtigung und fachliche Bewertung hinsichtlich der besonderen
infrastrukturellen Anforderungen dieses Personenkreises erforderlich. Dies betrifft Prognose-
räume, in denen Gemeinschaftsunterkünfte liegen, in besonderem Maße.
1.3 Annahmen und Ergebnisse für die Gesamtstadt
Die Einwohnerentwicklung in Berlin steht in Verbindung mit bundesweiten Trends. Hierzu
zählen folgende Entwicklungen:
Der gegenwärtig deutschlandweite Bevölkerungsanstieg wird durch eine sehr hohe Zu-
wanderung aus dem Ausland getragen. Die seit 2013 stark gestiegenen Flüchtlingszah-
len haben die nachlassende Zuwanderung aus den (ehemaligen) ökonomischen Krisen-
staaten am Rand der EU mehr als kompensiert. Wie lange dieser Prozess andauert, kann
nicht prognostiziert werden. Die Politik stellt sich auf eine mittelfristig hohe Zahl an Flücht-
lingen ein. Die aktuellen Entwicklungen des Jahres 2015 können aufgrund fehlender Da-
ten in der Prognose für Berlin nur bedingt berücksichtigt werden.
Ein Ergebnis der aktuell veröffentlichten 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberech-
nung des Statistischen Bundesamtes ist, dass die Bevölkerung in Deutschland auch bei
einem langfristigen hohen positiven Wanderungssaldo gegenüber dem Ausland von
200.000 Personen pro Jahr ungefähr ab dem nächsten Jahrzehnt wieder zurückgeht.
Selbst bei einer angenommenen sehr hohen Nettozuwanderung aus dem Ausland von
300.000 Personen pro Jahr, verschiebt sich der Schrumpfungsprozess nur um knapp 10
Jahre nach hinten. Perspektivisch wird der demografische Wandel in ganz Deutschland
zu Bevölkerungsverlusten führen. Dieser Prozess ist auch durch die prognostizierten Zu-
wanderungen nicht umkehrbar.
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Hinter dem deutschlandweiten Trend zu mittelfristig wieder rückläufigen Einwohnerzahlen
verbergen sich sehr unterschiedliche regionale Entwicklungsmuster. Die attraktiven und
häufig wirtschaftsstarken Ballungsräume und Kerne der Metropolregionen und überwie-
gend auch die Mittelzentren profitieren durch die Binnenwanderungen innerhalb Deutsch-
lands. Dies geschieht zu Lasten der ländlich geprägten peripheren Regionen sowie der
wirtschaftlich schwächeren Agglomerationen und Kernstädte.
Die qualitativen Umstrukturierungsprozesse im Bevölkerungsaufbau wirken sich auf eine
Vielzahl planerischer Handlungsfelder in der Gesamtstadt, den Bezirken und in den einzel-
nen Stadtteilen aus.
Die gesamtstädtische Rechnung weist in ihrer mittleren Variante für das Jahr 2030 eine
Einwohnerzahl von rund 3,828 Mio. Personen aus (Einwohnerstand am 31.12.2014: 3,562
Mio.), die somit bis 2030 ein Wachstum von rund 266.000 Personen bedeutet. Die prognos-
tizierte Einwohnerzahl nimmt ab dem Jahr 2015 einen degressiven Verlauf. D. h. der relative
und absolute Einwohnerzuwachs nimmt von Jahr zu Jahr ab und fällt zum Ende des Prog-
nosezeitraums nur noch sehr gering aus.
Die zu erwartenden Verschiebungen im Altersaufbau der Einwohner stellen sich im Progno-
sezeitraum wie folgt dar:
Das Durchschnittsalter erhöht sich von 42,9 Jahren in 2014 auf 44,3 Jahre in 2030.
Ausschlaggebend für das steigende Durchschnittsalter ist die überproportionale Zunahme
der Einwohner in den höheren Altersgruppen. Die Zahl der über 80-Jährigen Personen
nimmt um knapp 62 Prozent auf rund 263.000 Personen; die Zahl der „jungen Alten“ im
Alter von 65 bis unter 80 Jahren wird um rund 12 Prozent auf rund 581.000 Personen
steigen.
Die Gruppe der erwerbsfähigen Bevölkerung im Alter von 18 bis unter 65 Jahren steigt
mit ungefähr 22.000 auf 2,36 Mio. geringfügig, dabei bleibt die Zahl der jungen Erwach-
senen zwischen 18 und 25 Jahren mit rund 263.000 Personen in etwa konstant.
Die Zahl der Kinder unter 6 Jahre nimmt über den gesamten Prognosezeitraum auf rund
206.000 Personen zu, wächst hierbei zunächst bis Ende des Jahrzehnts noch kräftig (auf
circa 225.000 Personen) und geht anschließend wieder um 19.000 Personen zurück. Die
Altersgruppe der 6- bis unter 18-Jährigen steigt um gut 23 Prozent auf 416.000 Personen
kräftig an.
Die positive Entwicklung der natürlichen Bevölkerungsbewegung (Saldo von Geburten
und Sterbefälle) infolge steigender Geburtenzahlen in den letzten Jahren setzt sich auf-
grund der angenommenen weiteren Zuwanderung junger Menschen fort. Der Trend hält
zwar nicht dauerhaft an, und langfristig fällt der Saldo von Geburten und Sterbefälle wie-
der negativ aus, das kumulierte Ergebnis der natürlichen Bevölkerungsentwicklung bleibt
aber bis 2030 positiv.
In der nachfolgenden Tabelle sind die Salden der angenommenen Zu- und Fortzüge über
die Grenzen von Berlin (siehe Kapitel 2.2) und die der errechneten Geburten und Sterbefälle
(siehe Kapitel 2.4) im Prognosezeitraum dargestellt.
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Tab. 1
Übersicht zu Annahmen und Eckwerten der Bevölkerungsentwicklung bis 2030,
Bevölkerung in Tsd.
Prognoseannahmen Prognoseergebnisse
Varian-ten
Wanderungssalden in Tsd.
Natürliche Entwicklung
in Tsd.
(Geburtenüber-schuss /-defizit)
Einwohner-
zuwachs in Tsd.
Einwohner-
bestand in Mio.
2014=3,562 Mio.
Umland
Neue Bundes-länder (ohne
Umland)
Alte Bundeslän-
der Ausland Gesamt
2015-2030 2015-2030 2030
mittlere -109 2 133 232 259 7 266 3,828
obere -146 2 133 377 366 23 389 3,951
untere -96 -18 113 151 150 -8 142 3,704
2. Prognoseannahmen und -varianten
2.1 Einordnung
Bevölkerungsprognosen berechnen die Bevölkerungszahl und die demografische Zusam-
mensetzung der Bevölkerung für die Zukunft. Die einzelnen Komponenten der Rechnung
sind Geburten, Sterbefälle, Zuzüge und Fortzüge. Entsprechend dem Standardverfahren der
Bevölkerungsfortschreibung werden diese basierend auf dem zu einem Stichtag vorhande-
nen Einwohnerbestand - gegliedert hier nach 100 Altersjahren und Geschlecht - durch Addi-
tion der Geburten und Zuzüge sowie Subtraktion der Fortzüge und Sterbefälle in die Zukunft
fortgeschrieben.
Für Aussagen zur realen und künftigen Bevölkerungsentwicklung (Bevölkerungsprognose)
stehen zwei Datengrundlagen zur Verfügung, die sich durch ihre Erfassungsmethoden der
Bevölkerungsdaten und in ihren Ergebnissen unterscheiden:
1. die amtliche Bevölkerungsfortschreibung (aktualisiert durch den Zensus 2011) und
2. das Einwohnermelderegister (EWR) Berlins.
Die amtliche Bevölkerungszahl dient der bundesweiten einheitlichen Erfassung von Bevölke-
rungsdaten, sie ist maßgebliche Grundlage für den Länderfinanzausgleich und die Ver-
gleichbarkeit der Bundesländer.
Seit Januar 2014 werden mit in Krafttreten des neuen Bevölkerungsstatistikgesetzes (Ge-
setz über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölke-
rungsstandes) aus der amtlichen Fortschreibung nur noch Daten für das Gebiet einer jewei-
ligen Kommune zur Verfügung gestellt. Damit sind auf dieser Datengrundlage nur Aussagen
für die Gesamtstadt möglich.
Prognosen werden als Grundlage bei allen Entwicklungsplanungen der sozialen und techni-schen Infrastruktur (Wohnungsbau, Schulen, Kitas, Krankenhäuser, öffentlicher Personen-nahverkehr, Straßenverkehr etc.). genutzt. Um als Planungsgrundlage dienen zu können, müssen die Prognoseergebnisse detailliert und kleinräumig zur Verfügung stehen.
Im Einwohnermelderegister werden die Ab- und Anmeldungen (Geburt / Sterbefall / Zu- und
Fortzug) jeder einzelnen Person auf Adressebene durch das Landesamt für Bürger- und
Ordnungsangelegenheiten (LABO) erfasst und unter Einhaltung der Datenschutzgesetze
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vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg ausgewertet. Durch diese Erfassungsmethode ist
die notwendige Detailliertheit der Daten für eine kleinräumige Prognoserechnung gegeben.
Die Daten stehen den Nutzenden zeitnah in der benötigten Struktur auf der für die Prognose
genutzten Ebene der Lebensweltlich orientierten Räume (LOR) zur Verfügung.2
Daher bilden die Einwohnermelderegisterdaten3 die Datengrundlage der hier vorgelegten,
kleinräumig gerechneten Einwohnerprognose für die 60 Prognoseräume Berlins.
Um mit anderen Bundesländern vergleichbare Bevölkerungsdaten zu erhalten, werden die
Ergebnisse der kleinräumigen Prognose mit Hilfe statistischer Methoden auf Basis der amtli-
chen Bevölkerungsfortschreibung für die Gesamtstadt aufbereitet.
Für die Darstellung der vergangenen Entwicklung Gesamtberlins bis 2014 werden in den
Grafiken und Diagrammen die Bewegungsdaten aus der amtlichen Fortschreibung genutzt,
da die Darstellung einer langen Zeitreihe dieser Daten aus dem Einwohnerregister nicht zur
Verfügung steht.
Die Annahmensetzung bildet die größte Quelle für mögliche Unsicherheiten. Prognosen sind
„Wenn-dann-Aussagen“. Das bedeutet: Wenn die Entwicklung der Prognoseparameter (bei
Bevölkerungsprognosen: Fruchtbarkeit, Sterblichkeit, Wanderungen) so verläuft wie ange-
nommen, dann treten die prognostizierten Entwicklungen ein.
Grundlagen für die Erarbeitung der getroffenen Annahmen zur künftigen Entwicklung der
Geburten und Sterbefälle sowie der Wanderungen sind:
Die Analyse der Entwicklung in den letzten Jahren und der sich abzeichnenden Trends,
vor allem auch hinsichtlich Zahl, Herkunft und Struktur der Zuwanderer aus dem Ausland,
die Durchführung eines Fachgespräches mit Experten aus Wissenschaft und Praxis zur
Bewertung der Faktoren, die das Berliner Wanderungsgeschehen beeinflussen sowie zur
Einschätzung der künftigen Entwicklung der Wanderungsbewegungen4,
die Abstimmung der Wanderungsannahmen zwischen Berlin und seinem Umland mit
Brandenburg,
die Annahmen des Statistischen Bundesamtes zur 13. koordinierten Bevölkerungsvo-
rausberechnung sowie
Statistiken und Einschätzungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
über die Zahl und Struktur der (erwarteten) Asylanträge in Deutschland und Spiegelung
mit den Erwartungen des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin (LaGeSo).
Für die Erarbeitung der Raten und Quoten der Prognose wurde die Entwicklung in den zu-
rückliegenden Jahren ausgewertet (Stützzeitraum 2011-2014) sowie die absehbare demo-
grafische Entwicklung in den Herkunftsländern der nach Berlin zuwandernden Personen
berücksichtigt.
Die der Rechnung zugrunde liegenden Raumeinheiten (Prognoseräume) basieren auf den -
in Abstimmung mit den Bezirken - im Jahr 2006 definierten lebensweltlich orientierten Räu-
men für Berlin.
2 Neben Daten zu den Bevölkerungsbewegungen werden dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg vom LABO auch Daten
zum Einwohnerbestand an bestimmten Stichtagen zur Verfügung gestellt. Diese Bestandsdaten werden zur Berechnung
der in der Prognose verwendeten Raten und Quoten herangezogen. Die Angaben, die den Startpunkt der Prognose dar-
stellen (31.12.2014), entstammen ebenfalls den Bestandsdaten.
3 Bestands- und Bewegungsdaten
4 Das Fachgespräch fand im Jahr 2014 statt. Externe Experten: Jörn Ehlert, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg; Dr. Steffen
Maretzke, BBSR; Prof. Dr. Martin Gornig, DIW; Klaus Illigmann, Stadt München, Dr. Thomas Alexander Letz, Berliner Se-
natskanzlei; Ludger Baba, empirica ag; Hans-Jürgen Volkerding, Landesamt für Bauen und Verkehr Brandenburg.
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Für die natürliche Bevölkerungsentwicklung wurde die im Trend leichte Erhöhung der Ge-
burtenziffer der letzten Jahre ebenso berücksichtigt wie die gestiegene und weiterhin stei-
gende Lebenserwartung.
2.2 Wanderungsannahmen
In den zurückliegenden 25 Jahren seit der Wiedervereinigung haben die Wanderungsbewe-
gungen über die Grenzen der Stadt die Bevölkerungsentwicklung Berlins sehr viel stärker
beeinflusst als die natürliche Bevölkerungsentwicklung. Die Bevölkerungsabnahmen und
-zunahmen sind vor allem seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre auf die Schwankungen
der Zu- und Abwanderungen zurückzuführen.
Abb. 1
Bevölkerungsentwicklung in Berlin 1991-2014
Quelle: amtliche Wanderungs-, Geburten- und Sterbestatistik
Auch die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung wird maßgeblich durch die Annahmen
zur Höhe und Struktur der Wanderungen bestimmt.
Die Wanderungen von und nach Berlin werden im Wesentlichen beeinflusst durch
die großräumigen Veränderungen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation in Gesamt-
deutschland, einschließlich der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung Berlins im nationa-
len Kontext,
politische und ökonomische Krisen, Kriege, Diskriminierung und Verfolgung sowie andere
Gründe, die Fortwanderungs- und Fluchtbewegungen aus dem Ausland nach Deutsch-
land und Berlin auslösen,
die demografische Entwicklung in den deutschen Herkunftsregionen der Zuwanderer
nach Berlin,
-35
-30
-25
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
in Tsd. Personen
Bevölkerungsveränderunggesamt
Natürliches Saldo(Geburten minus Gestorbene)
Wanderungssaldo(Zuzüge minus Wegzüge)
9
gesetzliche Bestimmungen auf Bundes- und Landesebene, z. B. zur Aufnahme von
Zuwandernden aus dem Ausland, zur Förderung des Wohnungsbaus, zur Hochschulpoli-
tik oder zur Standortfestlegung öffentlicher Einrichtungen,
die quantitative und qualitative Angebotsentwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt im
regionalen Kontext und in Relation zum Berliner Umland,
die veränderte Attraktivität Berlins innerhalb Deutschlands und auf europäischer Ebene.
Bei den Zu- und Fortzügen über die Grenzen von Berlin werden vier Bezugsräume betrach-
tet: Berliner Umland, neue Bundesländer (ohne Umland), alte Bundesländer, Ausland.
Umfang, Struktur und Qualität der Wanderungsströme nach Berlin und aus der Stadt hinaus
werden vorrangig durch die oben beschriebenen Faktoren beeinflusst. Wie bei den voran-
gegangenen Bevölkerungsprognosen werden daher drei Varianten für die Außenwande-
rungsverflechtungen Berlins mit den vier genannten Bezugsräumen formuliert.
Jedes Jahr wandern mit zuletzt steigender Tendenz rund 280.000-320.000 Menschen über
die Berliner Stadtgrenze. Im Mittel der letzten fünf Jahre (2010–2014) waren es rund
300.000 Personen. Davon entfielen auf Umzüge zwischen Berlin und
dem Berliner Umland rund 11 Prozent.
den neuen Bundesländern (ohne Berliner Umland) rund 12 Prozent.
den alten Bundesländern rund 27 Prozent.
dem Ausland rund 50 Prozent.5
Berlin erzielte im Zeitraum von 2010 bis 2014 Wanderungsgewinne bei Personen im Alter
von 7 bis unter 46 Jahren, d. h. in 39 Altersjahren. Bei den jüngeren zwischen 1 und 6-
Jährigen und bei älteren Personen fiel der Wanderungssaldo negativ aus. In der Vergan-
genheit, d. h. im Durchschnitt der Jahre von 1991 bis 2009, konzentrierte sich der positive
Wanderungssaldo ausschließlich auf die Altersjahre von 15 bis unter 31 Jahren und umfass-
te damit lediglich 16 Altersjahre. Die Wanderungsgewinne haben sich somit gemessen am
Alter deutlich verbreitert.
Nach Altersklassen differenziert ergibt sich folgendes Bild: Die Personen im Alter von 18 bis
unter 35 Jahren machten in den letzten fünf Jahren über 60 Prozent der gesamten Zuwan-
derung nach Berlin aus. Auf diese Altersgruppe entfiel auch fast der gesamte positive Wan-
derungssaldo. Dabei haben sich die Anteile zunehmend Richtung Berufseinsteiger und jün-
gere Erwerbstätige (25- bis unter 35 Jahre) verschoben: Im Zeitraum von 1991 bis 2009
machten die 25- bis unter 35-jährigen Personen einen Anteil von rund 27 Prozent am positi-
ven Wanderungssaldo der 18- bis unter 35-jährigen Personen aus, für den Zeitraum von
2010 bis 2014 erhöhte sich dieser Wert um fast 17 Prozent-Punkte auf fast 44 Prozent.
Nach Herkunftsgebieten differenziert zeigen sich folgende Abweichungen vom oben be-
schriebenen Muster:
Mit zunehmendem Anstieg des positiven Wanderungssaldos gegenüber dem Ausland
verbreitert sich auch – wie oben beschrieben - die Altersstruktur der Zuwandernden. Zu-
letzt fiel nur noch der Wanderungssaldo von Personen im Rentenalter (aufgrund von
zahlreichen „Rückwanderern“) negativ aus. Die größte Gruppe der Zuwanderer machen
wie bei den alten und neuen Bundesländern auch die jüngeren Erwachsenen im Alter von
18 bis rund 35 Jahre aus.
Aus den alten Bundesländern zeigt sich in geringem Umfang eine Ruhestandszuwande-
rung. Der Wanderungssaldo von Personen im Rentenalter (65+) lag in den letzten fünf
Jahren zwischen 300 und 800 Personen, wobei der Trend wieder rückläufig ist. Über ei-
5 Dabei ist zu beachten, dass es infolge der Einführung der einheitlichen Steuer-Identifikationsnummer auch in Berlin zu
einer umfangreichen Melderegisterbereinigung in den Jahren 2009 und 2010 gekommen ist, die sich insbesondere in einer
überproportionalen Erhöhung der Fortzüge in das Ausland darstellte (Abmeldungen von Amts wegen).
10
nen längeren Zeitraum hat vor allem auch die Zuwanderung von Personen im Berufsein-
stiegsalter und jüngerer Erwerbstätiger zugenommen. Der Wanderungssaldo dieser
Gruppe ist stark positiv, nachdem er noch ungefähr bis Mitte des letzten Jahrzehnts ne-
gativ war (Arbeitsplatzfortwanderungen nach Beendigung der Ausbildung / Studium).
Das Zuwanderungspotenzial aus den neuen Bundesländern wird demografisch bedingt
von Jahr zu Jahr geringer. Mittlerweile konzentriert sich der positive Wanderungssaldo
ausschließlich auf die Altersgruppe der Personen im Ausbildungsalter und auf junge Er-
werbstätige (15 bis unter 35 Jahre). In den Jahren zuvor erstreckte sich der positive
Wanderungssaldo noch bis in das mittlere Erwerbsalter von bis zu 50 Jahren.
Die Wanderungssalden gegenüber dem Umland unterscheiden sich in zwei wesentlichen
Punkten im Vergleich zu den anderen Bezugsräumen: Berlin erzielt gegenüber dem Um-
land nur in der Gruppe der Ausbildungsplatzwanderer der 18- bis 25-jährigen Personen
einen positiven Wanderungssaldo. In allen anderen Altersgruppen fällt der Wanderungs-
saldo negativ aus, insbesondere von Personen im Alter zwischen 30 bis unter 50 Jahren
und bis zu unter 15 Jahren (Familien).
2.3 Erläuterung der Prognose-Varianten
Die Wanderungsannahmen zu den drei Varianten basieren auf folgenden Szenarien:
Mittlere Variante
Diese Variante orientiert sich an den erkennbaren wirtschaftlichen, politischen und demogra-
fischen Entwicklungstendenzen und führt diese, abgestützt durch Erkenntnisse aus der regi-
onalen Raumbeobachtung und bundesweiten Abstimmungsprozessen, für den Prognose-
zeitraum fort. Der Prognose-Variante liegen folgende Annahmen zu Grunde:
Die Krisen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Teilen Afrikas führen zu hohen Flücht-
lingsströmen nach Deutschland, die in den Jahren 2015 und 2016 ihren voraussichtlichen
Höhepunkt erreichen.
Die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung Berlins verläuft weiterhin vergleichsweise
überdurchschnittlich; die industriell-gewerbliche Basis ist gefestigt.
Der Umzug nachfolgender Bundesinstitutionen bringt Impulse, die im Vergleich zu den
Effekten des Regierungsumzuges in den Jahren 1998 bis 2000 weniger ausgeprägt aus-
fallen.
Die in den letzten Jahren zunehmend zu beobachtenden Impulse der EU-Osterweiterung
halten weiter an, gehen im Trend aber leicht zurück.
Die dynamische Entwicklung im Wohnungsneubau in der Stadt hält weiter an und erreicht
zügig eine Größenordnung, die dem Nachfrageanstieg aktiv entgegenkommt. Die negati-
ven Wanderungssalden gegenüber dem Umland, d.h. Suburbanisierungsprozesse, neh-
men zunächst noch zu, sinken anschließend wieder und konsolidieren sich dann auf ei-
nem höheren Niveau gegenüber dem Tiefpunkt im Jahr 2010.
Berlin festigt seinen Status und sein Image als attraktiver Wohn- und Arbeitsstandort auf
nationaler und internationaler Ebene.
Obere Variante
In dieser Variante wird davon ausgegangen, dass sich aus den beschriebenen Annahmen
der mittleren Variante noch dynamischere und nachhaltigere, das heißt dauerhaft höhere
Entwicklungsverläufe bei der Auslandszuwanderung als Folge der positiven wirtschaftlichen
Entwicklung Berlins und der weltweiten Krisen ergeben:
Die Auslandswanderung fällt höher als in der mittleren Variante aus. Das Maximum wird
im Jahr 2016 erreicht, in dem der erwartete Höhepunkt des Jahres 2015 mit deutsch-
11
landweit geschätzten 800.000 Flüchtlingen nochmals übertroffen wird. Anschließend geht
die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber langsam zurück.
Die EU-Osterweiterung bringt anhaltend stärkere Impulse für die wirtschaftliche Situation.
Die Zuwanderung aus dem Ausland steht auf einer international breiteren Basis.
Die Wahrnehmung Berlins als wirtschaftliche und kulturelle Metropole von internationa-
lem Rang nimmt weiter zu.
Mittelfristig regelt ein Einwanderungsgesetz die wirtschafts- und arbeitsplatzbezogene
Zuwanderung aus dem Ausland nach Deutschland.
Durch die längerfristig sehr hohe Zuwanderung aus dem Ausland bleibt der Nachfrage-
druck auf dem Wohnungsmarkt trotz dynamischer Neubauentwicklung bestehen. Die
Suburbanisierung fällt im Vergleich zur mittleren Variante höher aus, ohne allerdings das
sehr hohe Niveau der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wieder zu erreichen.
Untere Variante
In der unteren Variante wird davon ausgegangen, dass die beschriebenen Entwicklungsim-
pulse geringer ausfallen als in der mittleren Variante und sich die demografische Entwick-
lung in den Herkunftsregionen der Zuwandernden in deutlich geringeren Zuwanderungsvo-
lumen nach Berlin niederschlagen:
Die wirtschaftliche Dynamik Berlins der letzten Jahre setzt sich nicht fort. Mittel- bis lang-
fristig verläuft die wirtschaftliche Entwicklung wieder durchschnittlich, vergleichbar mit
dem Bundestrend.
Die Zahl der Flüchtlinge erreicht im Jahr 2015 ihren Höhepunkt. Politische Maßnahmen
sowie die Entspannung von Krisen in den Herkunftsländern des Nahen und Mittleren Os-
tens sowie Afrikas führen zu einem deutlichen Abflachen der Zahl an Asylanträgen.
Die gegenwärtig hohe Attraktivität als Wohn- und Arbeitsstandort für junge, hochmobile
Personengruppen (18 bis unter 35 Jahre) lässt allmählich nach. Die relative Position Ber-
lins gegenüber anderen (aufstrebenden) nationalen und europäischen Metropolen ver-
schlechtert sich.
Die EU-Osterweiterung hat dauerhaft nur geringe Auswirkungen auf die Berliner Wirt-
schaft. Die zuletzt hohe Zuwanderung aus den neuen osteuropäischen Mitgliedsstaaten
der EU bleibt ein einmaliger Effekt und geht kurz- bis mittelfristig wieder zurück.
Hinzu kommt, dass sich die Ausdünnung der Bevölkerung, insbesondere der hochmobi-
len Altersjahrgänge, in den neuen Bundesländern, aber auch in den alten Bundesländern
und den osteuropäischen Ländern in deutlich niedrigeren Zuwanderungen nach Berlin
niederschlagen. In der Konsequenz wendet sich der positive Wanderungssaldo gegen-
über den neuen Bundesländern mittelfristig ins Negative.
Eine weitergehende Konzentration von Regierungsfunktionen und Folgeinstitutionen in
Berlin findet nicht statt. Es ergeben sich keine weitergehenden Impulse für Berlin.
Dagegen sinkt die Abwanderung in das Umland mangels kapitalkräftiger Bevölkerungs-
gruppen und nachlassendem Nachfragedruck auf den Berliner Wohnungsmarkt stärker
als in der mittleren Variante.
Allen drei Varianten ist gemein, dass sie auf das gegenwärtig sehr hohe Niveau des Wande-
rungssaldos aufsetzen und anschließend die positiven Wanderungssalden zurückgehen – je
nach Variante zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlich starkem Ausmaß.
Dabei ist zur berücksichtigen, dass es sich um die Abbildung eines langfristig angenommen
Trends handelt, der durch nicht vorhersehbare konjunkturelle Einflüsse (z. B. starker wirt-
schaftlicher Konjunktureinbruch in Deutschland in den kommenden Jahren) oder zukünftige
Trendbrüche (z. B. regionale Wirtschaftskrisen, Verstärkung und Abschwächung weltweiter
militärischer Konflikte) auch kurzfristig stark beeinflusst werden kann.
12
Die mittlere Variante bildet nach dem derzeitigen Erkenntnisstand die künftige Entwicklung
mit höherer Wahrscheinlichkeit ab als die anderen beiden. Deshalb werden die detaillierten
Prognoseergebnisse auf Grundlage der mittleren Variante dargestellt.
2.4 Annahmen im Überblick: Wanderungen über die Berliner Stadtgrenze 1991 bis 2030
Die Gesamtbetrachtung aller Wanderungsbewegungen zeigt, dass der Bevölkerungsprog-
nose im Vergleich zur Vergangenheit eine vorsichtig optimistische Annahme über die künfti-
gen Zu- und Abwanderungen zugrunde liegt.
In der mittleren Variante wird erwartet, dass sich der positive Wanderungssaldo in einer
Größenordnung zwischen 7.200 und gut 39.000 Personen pro Jahr bewegt. Die Wande-
rungsgewinne summieren sich im Prognosezeitraum auf rund 258.000 Personen oder auf
durchschnittlich rund 16.000 pro Jahr.
In der oberen Variante bewegen sich die Wanderungsgewinne Berlins in einer Größen-
ordnung zwischen 12.300 und 46.000 Personen pro Jahr und betragen im gesamten Prog-
nosezeitraum 366.000 Personen (durchschnittlich 23.000 Personen pro Jahr).
In der unteren Variante werden zwar weiterhin Wanderungsgewinne erzielt, allerdings be-
wegen sich diese ab 2020 in einer Größenordnung von deutlich weniger als
10.000 Personen pro Jahr. Der gesamte Wanderungsgewinn im Prognosezeitraum beträgt
insgesamt rund 150.000 Personen.
Abb. 2
Entwicklung des Saldos aller Wanderungen über die Berliner Stadtgrenze 1991-2030
Realentwicklung 1991-2014, Prognose ab 2015
Quellen: 1991-2009 amtliche Bevölkerungsfortschreibung, ab 2010 Einwohnerregister
-50.000
-45.000
-40.000
-35.000
-30.000
-25.000
-20.000
-15.000
-10.000
-5.000
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
45.000
50.000
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
Personen
obere Variante
mittlere Variante
untere Variante
Real
13
2.5 Wanderungssalden nach den Herkunftsgebieten 1991 bis 2030
Wanderungen Berlin – Umland
Nach der Wiedervereinigung musste Berlin gegenüber dem Umland erhebliche Wande-
rungsverluste hinnehmen. Im Zeitraum 1991-2014 zogen fast 260.000 Personen mehr in
das Umland als aus dem Umland nach Berlin kamen. Im Jahr 1998 erreichte die Abwande-
rung in das Umland mit einem Verlust von nahezu 30.000 Personen ihren Höhepunkt. Die
hohen Abwanderungen waren auch Ausdruck der Förderung des Wohnungsneubaus mit
enorm hohen Fertigstellungsvolumen im Umland von Berlin und einer nachholenden Ent-
wicklung bei der Nachfrage nach Einfamilienhäusern gerade aus Gebieten des östlichen
Berliner Stadtrandes. Mit Auslaufen der Förderung und einer deutlichen Entspannung auf
dem Berliner Wohnungsmarkt reduzierte sich die Suburbanisierung deutlich, gleichzeitig
stieg die Zahl der Zuzüge gerade von jüngeren Personen aus dem Umland nach Berlin stark
an. Der negative Wanderungssaldo reduzierte sich sukzessive auf unter 4.000 Personen bis
zum Jahr 2010. Mit der zunehmenden Anspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt stieg
der negative Wanderungssaldo als Folge der verstärkten Suburbanisierung seitdem wieder
auf rund 8.300 Personen im Jahr 2014 an.
Die Altersstruktur der von Berlin in das Umland Abwandernden entspricht dem typischen
Suburbanisierungsmuster. Die Mehrzahl der „Stadtflüchtigen“ gehört zur Altersgruppe der
28- bis unter 50-Jährigen mit den dazugehörigen Kindern, wobei der Schwerpunkt auf der
Altersgruppe der 30- bis unter 40-Jährigen liegt. Zuletzt umfasst die Gruppe der „Suburban-
sierer“ auch wieder höhere Jahrgänge. Wanderungsgewinne für Berlin zeigen sich lediglich
bei jungen, in der Regel in der Ausbildung befindlichen Erwachsenen zwischen 18 und 25
Jahren.
Wie in den bisherigen Prognosen sind die Annahmen zur künftigen Wanderung zwischen
Berlin und dem Umland (mittlere Variante) Ergebnis einer Abstimmung zwischen den zu-
ständigen Dienststellen der Länder Berlin und Brandenburg. Die Annahmen gehen in die
aktuellen Bevölkerungsprognosen beider Länder ein.
In der mittleren Variante wird eine leichte Erhöhung der gegenwärtigen Wanderungsverlus-
te auf fast 11.000 Personen pro Jahr bis 2018 erwartet. Damit wird die jüngste Entwicklung
im Trend fortgeschrieben. Sie begründet sich einerseits durch eine Verringerung des Zu-
wanderungspotenzials in der jüngeren Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen im Umland und
andererseits mit der Annahme von zunächst noch zunehmenden Engpässen auf dem Berli-
ner Wohnungsmarkt trotz der zuletzt stark gestiegenen Genehmigungen und Fertigstellun-
gen im Wohnungsneubau. Anschließend nimmt der Wanderungsverlust gegenüber dem
Umland wieder bis zum Jahr 2022 auf 5.000 Personen ab und bleibt in der Folgezeit kon-
stant auf diesem Niveau. Die Prognose geht in der mittleren Variante davon aus, dass –
trotz der aktuellen Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt – durch Umnutzungen und Neu-
planungen kurz- bis mittelfristig ein ausreichendes Wohnangebot für alle Nachfrageschich-
ten im Berliner Stadtgebiet geschaffen werden können. In diesem Fall erscheint der relativ
geringe Anstieg des negativen Wanderungssaldos realistisch. Insgesamt beläuft sich der
negative Saldo aus der Stadt-Umland-Wanderung auf rund 109.000 Personen bzw. jährlich
durchschnittlich 6.800 Personen für den Prognosezeitraum 2015-2030. Dieser Wert bedeu-
tet einerseits einen spürbaren Verlust für Berlin, zumal davon auszugehen ist, dass die Stadt
auch weiterhin vorrangig jüngere Familien mit überdurchschnittlichem Einkommen an die
Umlandgemeinden verliert. Andererseits ist der erwartete Wanderungsverlust für den Prog-
nosezeitraum von 16 Jahren erheblich geringer als die tatsächlichen Verluste in den zurück-
liegenden 24 Jahren 1991-2014 (260.000 Personen) bzw. durchschnittlich fast
11.000 Personen pro Jahr.
In der oberen Variante führt die erhöhte Nachfrage nach Wohnungen dazu, dass die Ab-
wanderungsverluste Berlins gegenüber dem Umland bis 2018 wieder auf 14.000 Personen
pro Jahr zunehmen. Anschließend entspannt sich die Wohnungsmarktsituation. Der negati-
ve Saldo geht wieder bis 2022 auf 7.000 Personen zurück und bleibt in den darauffolgenden
14
Jahren konstant. Der negative Saldo summiert sich im Prognosezeitraum auf rund
146.000 Personen bzw. durchschnittlich rund 9.000 Personen pro Jahr.
In der unteren Variante fallen die beschriebenen Effekte geringer aus. Zwar steigt zunächst
noch im geringeren Umfang als in der mittleren Variante die Abwanderung in das Umland
bis zum Jahr 2018. Danach verringert sich der negative Wanderungssaldo sukzessive auf
4.000 Personen pro Jahr bis 2022 und bleibt anschließend konstant. Insgesamt beträgt er
im Prognosezeitraum rund 96.000 Personen bzw. rund 6.000 Personen pro Jahr.
Abb. 3
Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber dem Umland 1991-2030
Realentwicklung 1991-2014, Prognose ab 2015
Quellen: 1991-2009 amtliche Bevölkerungsfortschreibung, ab 2010 Einwohnerregister
Wanderungen Berlin – Neue Bundesländer (ohne Umland)
Berlin ist als größte deutsche Stadt für Ostdeutschland von besonderer Bedeutung. Gegen-
über dem „natürlichen Einzugsgebiet“ neue Bundesländer (ohne Umland) hatte Berlin seit
1991 mit einer Ausnahme kontinuierlich Wanderungsgewinne. Den Höhepunkt der Wande-
rungsgewinne erreichte Berlin mit fast 10.000 Personen in den Jahren 2008 und 2009. Seit
2011 geht der Wanderungsgewinn aufgrund Rückgangs der Zuzüge, aber auch leicht stei-
gender Fortzüge von Berlin in die neuen Länder stark zurück und sank zuletzt auf einen
Wert unter 2.000 Personen. Der Rückgang der Zuzüge ist sowohl demografisch bedingt
(Rückgang der hochmobilen Personengruppen in den neuen Ländern) als auch einer ver-
stärkten (wirtschaftlichen) Attraktivität von Regionen in den neuen Bundesländern geschul-
det. Letzteres führt auch zu einem höheren Fortzug von Berlin in die neuen Bundesländer,
u. a. (aber nicht nur) nach Dresden, Leipzig, Magdeburg oder Jena. Beide Gründe können
bei Trendfortschreitung langfristig dazu führen, dass der Wanderungssaldo Berlins gegen-
über den neuen Bundesländern (ohne Umland) negativ werden kann.
Die Altersstruktur der Zuwandernden hatte sich nach der Wiedervereinigung verbreitert. Bis
Ende der 1990er Jahre wurde die Zuwanderung aus den neuen Bundesländern durch junge
Erwachsene im Alter von 18 bis 28 Jahren getragen. Seit 1999 schließt der positive Saldo
auch die 29- bis 35-Jährigen mit ein, ging in den letzten Jahren jedoch wieder zurück und
umfasst nun überwiegend die Gruppe der 18- bis 30-Jährigen Den größten Anteil am positi-
-40.000
-35.000
-30.000
-25.000
-20.000
-15.000
-10.000
-5.000
0
5.000
10.000
15.000
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
Personen
untere Variante
obere Variante
mittlere Variante
Real
15
ven Wanderungssaldo machen über alle Betrachtungsjahre die 20- bis 25-Jährigen aus. Der
Wanderungssaldo der höheren Altersgruppen (50 Jahre und älter) ist dagegen von wenigen
Jahren abgesehen durchgängig negativ, allerdings auf sehr geringem Niveau. Im Vergleich
zu den Wanderungen mit dem alten Bundesgebiet ist Berlin für die Bewohner der neuen
Bundesländer kein erkennbares Ziel für Ruhestandswanderungen.
In der mittleren Variante wird erwartet, dass der Wanderungsgewinn gegenüber den neuen
Bundesländern sukzessive weiter zurückgeht und von heute knapp 2.000 Personen bis zum
Jahr 2019 auf null sinkt und anschließend konstant bleibt. Diese Entwicklung spiegelt die
besonders ausgeprägte Alterungsproblematik in den neuen Bundesländern wider. Das Po-
tenzial der mobilen Altersgruppen, von denen Berlin in der Vergangenheit besonders profi-
tiert hat, geht zurück. Im gesamten Prognosezeitraum wird mit einem Zuwanderungsgewinn
in Höhe von nur noch knapp 2.000 Personen gerechnet.
Die obere Variante unterscheidet sich in den Annahmen nicht von der mittleren Variante.
In der unteren Variante können die beschriebenen negativen Effekte der demografischen
Entwicklung in den neuen Ländern nicht mehr durch eine steigende Attraktivität Berlins und
in der Folge steigenden Zuzugsraten kompensiert werden. Der positive Wanderungssaldo
sinkt relativ schnell. Fort- und Zuzüge halten sich nicht wie in der mittleren und oberen Vari-
ante ab dem Jahr 2019 die Waage. Vielmehr kehrt sich der Wanderungssaldo bereits ab
dem Jahr 2017 ins Negative. Er wächst bis zum Jahr 2028 auf minus 1.700 Personen an
und bleibt anschließend konstant. Nach dieser Variante verliert Berlin im Prognosezeitraum
rund 18.000 Personen oder durchschnittlich 1.100 Personen pro Jahr an die neuen Bundes-
länder.
Abb. 4
Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber den neuen Bundesländern
(ohne Umland) 1991-2030
Realentwicklung 1991-2014, Prognose ab 2015
Quellen: 1991-2009 amtliche Bevölkerungsfortschreibung, ab 2010 Einwohnerregister
-20.000
-15.000
-10.000
-5.000
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
Personen
mittlere / obere Variante
untere Variante
Real
16
Wanderungen Berlin – Alte Bundesländer
Die gestiegene Attraktivität Berlins zeigt sich auch deutlich in den Wanderungen mit den
alten Bundesländern. Diese verliefen seit der Wiedervereinigung in mehreren Phasen: In der
unmittelbaren Nach-Wende-Phase 1991-1993 verlor Berlin per Saldo mehr als 15.000 Per-
sonen; im Zeitraum 1994-1997 war der Saldo nahezu ausgeglichen. Zwischen 1998 und
2002 brachte der „Hauptstadteffekt“ mit rund 29.000 Personen per Saldo spürbare Wande-
rungsgewinne für Berlin. Im Jahr 2004 führten starke Rückgänge bei den Zuzügen von Stu-
dierenden zu einem negativen Wanderungssaldo. Anschließend stieg der Saldo bis 2010
kontinuierlich auf rund 15.000 Personen an. Seitdem ist er wieder leicht, aber kontinuierlich
auf 12.400 Personen im Jahr 2014 zurückgegangen.
Die Altersstruktur der Zu- und Fortziehenden gegenüber dem alten Bundesgebiet hat sich
deutlich verändert. Verlor Berlin im Saldo in den 1990er Jahren noch an Kindern und an
Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 30 bis 50 Jahren, hat sich die Zuwanderungs-
basis seitdem deutlich verbreitert. Berlin gewinnt zwar noch immer überwiegend Personen
aus der Altersgruppe von 20 bis 30 Jahren. Der Saldo der älteren erwerbsfähigen Personen
über 30 Jahre hat sich aber auch zunehmend positiv entwickelt, wenngleich er sich in abso-
luten Zahlen auf relativ geringem Niveau bewegt. Mit dem Rückgang des gesamten positi-
ven Wanderungssaldos gegenüber den alten Bundesländern hat sich seit 2010 auch der
Saldo in dieser Altersgruppe wieder leicht verringert.
Ähnliches gilt für die Ruhestandswanderungen. Seit Übernahme der Hauptstadtfunktionen
ist die Attraktivität Berlins als Ziel von Ruhestandswanderungen gestiegen: Während bis
1997 für Personen im Rentenalter die Fortzüge deutlich überwogen, hat sich der Trend ab
1999 gewendet. Bei einem insgesamt vergleichsweise sehr geringen Wanderungsvolumen
in dieser Altersgruppe (rund 3.500 Bewegungen pro Jahr) gewinnt Berlin seitdem jährlich
rund 350 bis 800 Ruhestandswandernde hinzu. Es steht zu vermuten, dass diese einerseits
zu einem erheblichen Teil die Stadt wegen ihrer urbanen Qualitäten und vielfältigen kulturel-
len Angebote als Alterssitz gewählt haben und andererseits ihren Kindern in die Hauptstadt
nachgezogen sind.
Für alle Varianten gilt, dass das Zuwanderungspotenzial aus den alten Bundesländern in
erheblichem Ausmaß durch die demografische Entwicklung in diesen Ländern beeinflusst
wird und Im Vergleich zu den neuen Bundesländern ist dieser demografische Einfluss aller-
dings geringer. Auch in den alten Ländern geht langfristig insbesondere die hochmobile jün-
gere Personengruppe im Alter von 18 bis unter 30 Jahren zurück. Von der Zuwanderung
dieser Altersgruppen hat Berlin in den letzten Jahren besonders profitiert.
In der mittleren Variante wird entsprechend angenommen, dass Berlin weiterhin, jedoch
mit rückläufiger Tendenz Wanderungsgewinne gegenüber den alten Ländern erzielen wird,
die sich im Prognosezeitraum auf rund 133.000 Personen summieren (durchschnittlich rund
8.300 Personen pro Jahr).
Die obere Variante unterscheidet sich in den Annahmen nicht von der mittleren Variante.
In der unteren Variante wird neben dem demografischen Effekt auch eine leicht sinkende
Attraktivität Berlins für die Bewohner der alten Länder angenommen. Der Rückgang der
Wanderungsgewinne fällt größer aus. Per Saldo ergibt sich im Prognosezeitraum ein Wan-
derungsgewinn von nur noch knapp 113.000 Personen bzw. von im Mittel
rund 7.000 Personen p. a.
17
Abb. 5
Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber den alten Bundesländern 1991-2030
Realentwicklung 1991-2014, Prognose ab 2015
Quellen: 1991-2009 amtliche Bevölkerungsfortschreibung, ab 2010 Einwohnerregister
Wanderungen Berlin – Ausland
Die Wanderungen mit dem Ausland unterlagen in der Vergangenheit deutlichen Schwan-
kungen. Die Volatilität ist größtenteils Ausdruck von einmaligen Ereignissen (z. B. Fall des
„Eisernen Vorhangs“, des Zustroms von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Ju-
goslawien und gegenwärtig aus den Konfliktgebieten des Nahen und Mittleren Ostens). In
den vergangenen Jahren zeichnete sich ein anhaltender Trend einer gesteigerten Attraktivi-
tät Berlins für Zuwandernde aus dem Ausland ab (insbesondere osteuropäische EU-Länder
aber auch Länder aus dem Süden Europas), der zurzeit in der Wahrnehmung deutlich über-
lagert wird von der hohen und steigenden Zahl an Flüchtlingen. Im Jahr 2011, vor dem star-
ken Anstieg der Asylbewerberzahlen, belief sich der positive Wanderungssaldo gegenüber
dem Ausland auf fast 24.000 Personen und erreichte damit den Höchststand seit dem Jahr
1993. Im Jahr 2014 lag die Zahl bei fast 28.000 Personen und damit bislang nur um 4.000
Personen höher.
Auch die Zuwanderung aus dem Ausland wird in der Summe des Zeitraums 1991 bis 2014
durch die Altersgruppe der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis unter 35 Jahren getra-
gen. Als Besonderheit kommt ein fast über den gesamten Zeitraum dauerhaft positiver
Wanderungssaldo bei den Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahre hinzu.
Die Wanderungen zwischen Berlin und dem Ausland werden auch künftig stark durch
externe Faktoren bestimmt werden, wie z. B. durch Entwicklungen in Krisen- und Kriegs-
regionen, die Asylgesetzgebung oder die Zuwanderungspolitik. Ihre Vorausschätzung ist
daher mit besonders großen Unsicherheiten behaftet (siehe auch Kapitel 1.2).
Für die mittlere Variante wird von zunächst noch steigenden Wanderungssalden bis 2016
infolge hoher Asylbewerberzahlen ausgegangen. Anschließend normalisiert sich der Ent-
wicklungspfad. Vom Hochpunkt des Wanderungsgewinns von 36.000 Personen im Jahr
2016 sinkt die Nettozuwanderung auf 6.900 Personen im Jahr 2022 und bleibt anschließend
konstant. Im Prognosezeitraum summieren sich diese Gewinne auf rund 232.000 Personen.
-20.000
-15.000
-10.000
-5.000
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
Personen
mittlere / obere Variante
untere Variante
Real
18
Unter den Annahmen der oberen Variante steigen die Wanderungsgewinne zunächst noch
stärker auf 47.000 Personen im Jahr 2016, gehen dann sukzessive auf 14.000 im Jahr 2023
zurück und bleiben anschließend konstant Im gesamten Prognosezeitraum betragen sie
rund 377.000 Personen.
In der unteren Variante nimmt die Attraktivität Berlins auch für Zuwanderer aus dem Aus-
land ab, die Krisenherde in Asien und Afrika beruhigen sich schneller. Der erwartete Wande-
rungsgewinn im Prognosezeitraum beträgt dann nur noch rund 151.000 Personenrund.
Abb. 6
Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber dem Ausland 1991-2030
Realentwicklung 1991-2014, Prognose ab 2015
Quellen: 1991-2009 amtliche Bevölkerungsfortschreibung, ab 2010 Einwohnerregister
Exkurs Entwicklung der Auslandswanderungen und Flüchtlingszahlen
Der Wanderungssaldo mit dem Ausland zeigt in den letzten Jahren einen bewegten Verlauf.
Jenseits von statistischen Effekten ist die Entwicklung in den Jahren 2009/2010 besonders
durch die Wanderungen mit den EU-Staaten geprägt. Die Wanderungen mit den südeuropä-
ischen Staaten spielten hierbei – bedingt durch die Finanz- und Wirtschaftskrise – eine wich-
tige Rolle. Die übrigen Länder und die im Jahr 2014 bedeutsamen Herkunftsländer von
Asylbewerbern waren zu diesem Zeitpunkt für die Auslandswanderung insgesamt weniger
relevant. Zwischen den Jahren 2011 und 2014 lässt sich eine Vervierfachung des Wande-
rungssaldos mit diesen Hauptherkunftsländern beobachten.
-10.000
-5.000
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
45.000
50.000
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
Personen
obere Variante
mittlere Variante
untere Variante
Real
19
Abb. 7
Wanderungssaldo Berlins gegenüber dem Ausland
Quelle: AfS, amtliche Wanderungsstatistik
Die Wanderungsannahmen der Bevölkerungsprognose berücksichtigen die Entwicklung der
Flüchtlingszahlen, wie sie insbesondere bis Ende 2014 zu beobachten war. Um die aktuells-
te Entwicklung darzustellen, die sich nicht in die Prognose einbeziehen lässt, wird mit einem
Aufschlag auf das Gesamtergebnis der Prognose gearbeitet (s. Kap. 1.2).
Innerstädtische Umzüge
Für die Bevölkerungsentwicklung in den Bezirken und städtischen Teilräumen ist zusätzlich
zu den vorgenannten Entwicklungskomponenten der Wanderungen über die Stadtgrenze
die innerstädtische Umzugsdynamik von großer Bedeutung.
Die Verteilung der Einwohner im Stadtgebiet wird neben den Zu- und Fortzügen über die
Stadtgrenze wesentlich durch innerstädtische Umzüge bestimmt. Im Jahr 2014 waren dies
insgesamt rund 611.000 Bewegungen. Rechnerisch bedeutet dies, dass pro Jahr jede
sechste Person eine Wohnung neu sucht (Zuwandernde), eine Wohnung aufgibt (Fortwan-
dernde) oder eine Wohnung wechselt (Umziehende).
Für die Prognoserechnung wurden die Wanderungstrends der vergangenen Jahre analysiert
und ihr zugrunde gelegt. Diese lassen sich vereinfacht wie folgt zusammenfassen:
– 10.000
– 5.000
–
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
Wanderungssaldo Berlins gegenüber dem Ausland differenziert nach Ländergruppen
EU-28
bedeutende Herkunftsländer von Asylantragstellern*
übrige Länder
??
* 30 Länder der TOP-40 Herkunftsländer von Asylantragstellern in Deutschland des Jahres 2014
20
Abb. 8
Wanderungen in Berlin 2010 bis 2014
Im Unterschied zur letzten Bevölkerungsprognose gibt es in Berlin keinen Prognoseraum
mehr, der durch Binnen- und Außenwanderung im Zeitraum von 2010 bis 2014 an Ein-
wohnern verloren hat. Alle Prognoseräume gewinnen durch die Wanderungsbewegungen
Einwohner, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß.
Hohe relative Wanderungsgewinne weisen die an die innere Stadt angrenzenden Gebiete
der äußeren Stadt mit einer teils hohen Wohnungsneubautätigkeit auf (südliches Pankow,
südliches Weißensee, Lichtenberg Nord und Süd, Tempelhof, Grunewald / Schmargen-
dorf oder Westend / Heerstraße). Die durch Einzelhausbebauung mit weiterhin teils ho-
hen Nachverdichtungspotenzialen geprägten Stadtteile im Nordwesten (Waidmannslust),
Nordosten und Osten (Buch und Biesdorf), Süden (Britz-Buckow, Mariendorf) und Wes-
ten (Gatow und Kladow) der Stadt weisen Wanderungsgewinne auf. Vergleichbares gilt
für die traditionell bevorzugten Wohngebiete im Südwesten oder auch Standorte mit Ent-
wicklungspotenzialen (Lichtenberg-Süd oder Oberschöneweide).
Die Wohnquartiere der inneren Stadt gewinnen durchgehend in unterschiedlichem Aus-
maß durch die Außenzuwanderung und verlieren alle durch die Binnenwanderung. Der
Gesamtsaldo unterscheidet sich jedoch zwischen den Teilräumen. In den südlichen
Prognoseräumen der inneren Stadt (Friedenau, Schöneberg-Nord, Kreuzberg-Nord, -Süd
und -Ost, Neukölln) sowie in Friedrichshain-Ost und im südlichen Prenzlauer Berg fallen
die relativen Wanderungsgewinne gemessen an den anderen Räumen geringer aus. Dies
ist größtenteils durch eine sehr hohe Abwanderung in die äußere Stadt (negativer Bin-
nenwanderungssaldo) bedingt, während die Zuzüge über die Grenzen Berlins sehr hoch
ausfallen.
In den Prognoseräumen der äußeren Stadt ist die Entwicklung dagegen sehr heterogen.
Es gibt Gebiete mit hohen relativen Außenwanderungs- und Binnenwanderungsgewinnen
(vgl. ersten Aufzählungspunkt), mit vergleichsweise geringen Wanderungsgewinnen, die
sowohl aus einer positiven Außen- und Binnenwanderung resultieren (z. B. Tegel, Lich-
21
tenberg-Mitte oder Alt-Treptow und Baumschulenweg) als auch mit Außenwanderungs-
verlusten und Binnenwanderungsgewinnen. Letztere grenzen überwiegend an die bran-
denburgische Landesgrenze (z. B. Frohnau und Heiligensee im Norden, Marzahn, Hel-
lersdorf, Hohenschönhausen im Osten oder Gropiusstadt im Süden).
Die Veränderungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass diese aktuellen Trends nicht
in allen Teilräumen über den gesamten Prognosezeitraum fortwirken müssen, sondern sich
in Abhängigkeit vom Wohnungsneubau, von der Gebäude- und Wohnungsstruktur sowie der
demografischen und sozialen Struktur der jeweiligen Bewohner längerfristig ändern können.
Im Prognosemodell wird das innerstädtische Umzugsverhalten über Umzugsquoten abge-
bildet, die aus den Daten der vergangenen Jahre ermittelt wurden. Hierin sind auch die
Auswirkungen des Wohnungsneubaus enthalten, der laufend in kleinen Projekten stattfindet
(z. B. Baulückenschließungen, Dachgeschossausbau, Nachverdichtungen). Ein relevanter
Faktor für die innerstädtischen Umzugsbewegungen und damit für Veränderungen in den
einzelnen Prognoseräumen ist Wohnungsneubau in größerem Umfang, da er zusätzlich zu
den üblichen Umzugsbewegungen wanderungsauslösende Konsequenzen nach sich zieht.
Die Umzugsbewegungen korrelieren hoch mit der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt.
Entsprechend erreichte die Zahl der Umzüge in Berlin im Jahr 1998, ein Jahr nach dem Hö-
hepunkt der Wohnungsfertigstellungen, mit 453.000 Personen ihren Höhepunkt. Danach
verringerte sich parallel zum abnehmenden Wohnungsneubau die innerstädtische Umzugs-
bewegung. In den letzten Jahren nahm sie mit zunehmender Wohnungsmarktanspannung
weiter ab und sank bis auf 288.000 im Jahr 2014.
In der vorgelegten Bevölkerungsprognose wird der absehbare Wohnungsbau auf größeren
Wohnbauflächenpotenzialen gemäß dem Wohnflächeninformationssystem der Senatsver-
waltung für Stadtentwicklung und Umwelt berücksichtigt. Annahmen zur räumlichen Vertei-
lung und zum Mengengerüst des Wohnungsneubaus wurden der vorliegenden Prognose-
rechnung zugrunde gelegt.
2.6 Prognoseannahmen zur natürlichen Bevölkerungsentwicklung
Geburten und Sterbefälle
Nach dem drastischen Rückgang der Geburtenzahl im Ostteil Berlins im Jahr 1991 sind
sowohl die absoluten Geburtenzahlen als auch die allgemeine Geburtenziffer (Lebend-
geborene je 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 bis unter 45 Jahren) wieder
angestiegen. Um langfristig die Bevölkerungszahl zu erhalten (ohne Berücksichtigung von
Wanderungen), müsste die Geburtenhäufigkeit bei etwas mehr als 2 Kindern pro Frau
liegen. Im Deutschland lag diese Rate in den meisten Jahren seit 1990 zwischen 1,3 bis 1,4
Kinder pro Frau (zusammengefasste Geburtenziffer), in Berlin betrug die durchschnittliche
Kinderzahl je Frau in den letzten zehn Jahren rund 1,3 Kinder (Median). Im Median erreichte
die Geburtenziffer im Zeitraum von 1991 bis 2014 nur einen Wert von 1,2 mit steigender
Tendenz im neuen Jahrtausend (siehe Abb. 8).
In den letzten 20 Jahren schwankten nicht nur die Zahl der Geburten und die zusammenge-
fassten Geburtenziffern, sondern es veränderten sich auch deutlich die altersspezifischen
Geburtenziffern (Zahl der Lebendgeborenen von Frauen in einem bestimmten Alter bezogen
auf 1.000 Frauen im entsprechenden Alter, siehe Abb. 9). Während im Jahr 1990 noch
Frauen im Alter von 25 Jahren die höchsten Geburtenraten aufwiesen, verschob sich das
Maximum im Jahr 2000 auf die Altersjahre 26 und 27 und liegt in 2014 bei 32 Jahren. Seit
der Wiedervereinigung ist damit das durchschnittliche Alter der Frauen bei der Geburt von
Kindern um mehr als fünf Jahre angestiegen. In den letzten Jahren hat sich das Alter der
Frauen, die je 1.000 Frauen in ihrem Alter, am meisten Kinder gebären aber nicht weiter
erhöht. Auch wenn der Hochpunkt sich zuletzt nicht mehr verändert hat, bleibt die allgemei-
ne Tendenz einer Verschiebung der Geburten hin zu Frauen in höherem Alter bestehen.
22
Abb. 9
Zusammengefasste Geburtenziffer 1990-2014 in Berlin:
Durchschnittliche Zahl der von einer Frau in ihrem Leben geborenen Kinder
Abb. 10
Entwicklung der altersspezifischen Geburtenziffer 1990-2014 in Berlin:
Lebendgeborene je 1.000 Frauen eines Altersjahres
Prognoseannahmen Fruchtbarkeit
Die Annahmen zur Geburtenentwicklung wurden für die Prognose räumlich differenziert, da
die Geburtenraten innerhalb der Stadt bezüglich der Sozialstruktur der dort lebenden Bevöl-
kerung erhebliche Differenzen aufweisen. Den Annahmen wurden die durchschnittlichen
Geburtenraten der Jahre 2012-2014 zugrunde gelegt, die über den Werten des vergange-
nen 10-Jahreszeitraumes liegen. Die sich weiterhin vollziehende Verschiebung der Gebur-
ten in ein höheres Alter der Mutter wurde bei der Setzung der Annahmen beachtet.
Trotz der angenommenen stabilen Geburtenraten wird die Zahl der Geburten, nach einem
zuletzt deutlichen Anstieg und mittelfristig stabiler Entwicklung, langfristig wieder rückläufig
0,00
0,10
0,20
0,30
0,40
0,50
0,60
0,70
0,80
0,90
1,00
1,10
1,20
1,30
1,40
1,50
1991
1992
199
3
199
4
199
5
199
6
199
7
199
8
199
9
200
0
200
1
200
2
200
3
200
4
200
5
200
6
200
7
200
8
200
9
201
0
201
1
201
2
201
3
201
4
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45
Kinder pro Frau
Altersjahre
1990
1995
2000
2014
2005
2010
23
sein. Das hängt insbesondere mit der dann wieder abnehmenden Zahl von Frauen im ge-
bärfähigen Alter (15- bis 45 Jahre) zusammen.
Prognoseannahmen Sterblichkeit
Die künftige Entwicklung der Sterblichkeit ist von großer Bedeutung für die Entwicklung der
Bevölkerungszahl in höheren Altersgruppen. Je höher die zu erwartende Steigerung der
Lebenserwartung ausfällt, desto stärker wird der Anteil dieser Altersgruppen an der Bevölke-
rungszahl wachsen.
Für die Bevölkerungsprognose wurde, angelehnt an die Annahmen der 13. Koordinierten
Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes, für Berlin eine Erhöhung
der durchschnittlichen Lebenserwartung bei den Frauen bei Geburt auf 85 Jahre und bei
den Männern auf 80 Jahre in 2030 angesetzt.
Für die Entwicklung der Geburten und der Sterblichkeit wurden keine unterschiedlichen
Varianten berechnet. Dennoch ergeben sich aufgrund der angenommenen Wanderungsbe-
wegungen Schwankungen bei den Geburten zwischen den drei Prognosevarianten mittlere,
obere und untere Variante.
In der mittleren Variante ist für den Prognosezeitraum insgesamt mit einem Geburtenüber-
schuss von etwas mehr als 7.000 Personen in der natürlichen Bevölkerungsentwicklung zu
rechnen.
3. Ergebnisse für die Gesamtstadt
Einwohnerzahl
Die Zahl der Einwohner Berlins wächst wieder seit dem Jahr 2003 mit steigender Tendenz,
nachdem sie in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre noch deutlich zurückging und im Jahr
2000 mit 3,331 Mio. Einwohnern ihr Minimum erreichte. Die positive Entwicklung ist in erster
Linie Folge des starken Anstieges der Zuzüge aus dem Ausland, aber auch aus den alten
und neuen Bundesländern sind mehr Personen nach Berlin zugewandert. Gleichzeitig ha-
ben sich die Fortzüge in das Umland gegenüber dem Hochpunkt des Jahres 1998 mehr als
halbiert. Die Einwohnerzahl Berlins hat im Jahr 2013 die 3,5 Mio.-Marke überschritten und
liegt aktuell bei 3,562 Mio. (31.12.2014), womit die Zahl von 1991 (3,444 Mio.) deutlich
überschritten wird.
Allen drei berechneten Varianten ist gemein, dass sich der prognostizierte Bevölkerungsan-
stieg im Zeitverlauf abschwächt. Während in der mittleren und oberen Variante aber das
prognostizierte Wachstum bis zum Jahr 2030, dem Ende des Prognosezeitraums, anhält,
markiert das Jahr 2026 in der unteren Variante eine Trend-Umkehr. Ab diesem Jahr sind die
Einwohnerzahlen wieder leicht rückläufig. In der oberen Variante nimmt die Zahl der Perso-
nen auch zum Ende des Prognosezeitraums noch deutlich zu, in der mittleren Variante fällt
das Wachstum in den letzten Jahren des Prognosezeitraums dagegen nur noch sehr gering
aus.
In der mittleren Variante steigt die Zahl der Einwohner bis zum Jahr 2030 kontinuierlich
mit stetig sinkenden Wachstumsraten an. Insgesamt ergibt sich mit der vorliegenden
Prognose für das Jahr 2030 gegenüber 2014 eine Zunahme um rund 266.000 Personen
auf 3,828 Mio. (+7,5 Prozent). Dabei entfällt rund 70 Prozent des Wachstums auf den
Zeitraum bis 2020 und nur noch 30 Prozent auf den Zeitraum 2021 bis 2030.
In der oberen Variante wird eine Zunahme der Einwohner bis auf 3,951 Mio. im Jahr
2030 prognostiziert. Insgesamt steigt ihre Zahl um rund 389.000 Personen
(+ 10,9 Prozent).
In der unteren Variante steigt die Einwohnerzahl zunächst bis zum Jahr 2026 auf rund
3,713 Mio. Menschen. Danach wird ein Rückgang der Bevölkerung bis zum Jahr 2030
24
auf rund 3,704 Mio. prognostiziert. Im Vergleich zu 2014 erhöht sich die Bevölkerungs-
zahl um rund 142.000 Personen (+4,0 Prozent).
Tab. 2
Prognostizierte Entwicklung der Einwohner Berlins bis 2030 (in Tausend)
Mittlere Variante Obere Variante Untere Variante
31.12. Ein-
wohner
Verände-rung zum vorheri-
gen Stich-jahr
zzgl. pau-schalem
Aufschlag Flüchtlinge
Ein-wohner
inkl. pau-schalem
Aufschlag Flücht-linge
Ein-wohner
Verände-rung zum
vorherigen Stichjahr
Ein-wohner
Verände-rung zum vorheri-
gen Stich-jahr
2000 3.331
3.331 3.331
2005 3.339 8 3.339 8 3.339 8
2010 3.388 48 3.388 48 3.388 48
2014 3.562 174 3.562 174 3.562 174
2015 3.610 48 +20 3.629 3.614 52 3.602 40
2016 +25 3.696
2020* 3.753 143 3.805 191 3.693 91
2025* 3.803 50 3.893 88 3.713 20
2030* 3.828 25 3.951 58 3.704 -9
2015 - 2030* 266
389 142
2015 – 2020* 191
243 131
2000 – 2030* 497
620 373
* jeweils ohne pauschalen „Aufschlag“ Flüchtlinge in 2015 und 2016
Abb. 11
Einwohnerentwicklung 1990-2030 in 3 Varianten für Berlin
Realentwicklung bis 2014, ab 2015 Prognose (Prognosebasis: Einwohnerregister)
Quellen: 1990-2014 Einwohnerregister, ab 2015 Prognoseergebnisse
3.300
3.325
3.350
3.375
3.400
3.425
3.450
3.475
3.500
3.525
3.550
3.575
3.600
3.625
3.650
3.675
3.700
3.725
3.750
3.775
3.800
3.825
3.850
3.875
3.900
3.925
3.950
3.975
4.000
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030
Tausende
mittlere Variante
obere Variante
untere Variante
Realentwicklng
25
Anlass zum Handeln ergibt sich vor allem in der mittleren und in der oberen Variante aus
dem Zuwachs der Bevölkerung (Wohnungsmarkt, Infrastruktur etc.), darüber hinaus in allen
Varianten aus den Verschiebungen im Altersaufbau sowie den räumlich ungleichen Wachs-
tumsdynamiken der Bevölkerung.
Altersstruktur6
Der Alterungsprozess der Berliner Bevölkerung setzt sich fort. Das Durchschnittsalter der
Berliner erhöht sich im Prognosezeitraum von 42,9 auf 44,3 Jahre.
Den folgenden Angaben für den Prognosezeitraum zwischen 2015 und 2030 liegt die mittlere Variante zugrunde:
Im Jahr 2014 waren 53 Prozent der Einwohner jünger als 45 Jahre; im Jahr 2030 wird der
Anteil der unter 45-Jährigen noch 52 Prozent betragen.
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Alter unter 18 Jahren erhöht sich zwischen
2014 und 2030 um etwa 84.000 Personen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung steigt
von 15 Prozent auf gut 16 Prozent.
Die absolute Anzahl der erwerbsfähigen Bevölkerung in der Altersgruppe von 18 bis unter
65 Jahren ändert sich um etwa 21.000 Personen. Bei einer insgesamt steigenden Ein-
wohnerzahl geht ihr Anteil von heute 66 Prozent auf knapp 62 Prozent im Jahr 2030 zu-
rück. Innerhalb dieser Altersklasse kommt es zu keiner grundsätzlichen Verschiebung in
der Altersstruktur.
Die Zahl der älteren Personen (ab 65 Jahre) wird bis zum Jahr 2030 um knapp ein Viertel
zunehmen. Dann wird ihr Anteil von gegenwärtig 19 Prozent auf circa 22 Prozent gestie-
gen sein. Im Jahr 2030 werden in Berlin etwa 844.000 Menschen leben, die 65 Jahre und
älter sind (Ende 2014: 683.000). Besonders hoch wird der Anstieg bei den Bürgern im Al-
ter von 80 und mehr Jahren ausfallen. Ihre Zahl wird um fast 62 Prozent von rund
162.000 auf 263.000 Personen (von 4,6 Prozent auf 7,0 Prozent der Gesamteinwohner-
zahl) ansteigen.
Tab. 3
Einwohnerentwicklung nach Altersgruppen (in Tsd. Personen) – mittlere Variante
Altersgruppe
Basis- Prognosejahre
Veränderung
jahr 2015-2030
2014 2015 2020 2025 2030 absolut in %
0 - unter 18 J. 538 557 607 626 622 84 15,5%
18 - unter 65 J.
2.341 2.362 2.420 2.406 2.362 21 0,9%
65 J. und äl-ter
683 691 726 771 844 161 23,5%
gesamt 3.562 3.610 3.753 3.803 3.828 266 7,5%
6 Die Ausführungen zur Altersstruktur sind ohne den pauschalen Aufschlag Flüchtlinge ermittelt. Etwaige Diffe-
renzen in der Summenbildung sind rundungsbedingt.
26
Abb. 12
Einwohnerentwicklung nach Altersgruppen in Berlin – mittlere Variante
Realentwicklung bis 2014, ab 2015 Prognose (Basis: Einwohnerregister)
Quellen: 1990-2014 Einwohnerregister, ab 2015 Prognoseergebnisse
Ausländer
Ohne Zuwanderung aus dem Ausland würde die Bevölkerungszahl in Deutschland spürbar
abnehmen und in Berlin deutlich weniger stark steigen als in der mittleren Variante prognos-
tiziert. Die Integration dieser Zuwandernden, z. B. im Bereich der Bildung, ist eine zentrale
Aufgabe aktueller und künftiger Politik. In früheren Bevölkerungsprognosen wurde die zu
erwartende Entwicklung der „Ausländer“, d. h. der Personen mit nicht-deutscher Staatsan-
gehörigkeit, gesondert ausgewiesen. Dieser Bevölkerungsanteil ist anhand der amtlichen
Statistik eindeutig definierbar, gibt aber nur einen ungenauen Hinweis auf die Zielgruppe der
Integrationspolitik, nämlich Personen mit Migrationshintergrund. Hierzu gehören neben Aus-
ländern in immer größerem Umfang auch deutsche Staatsangehörige (und ihre Kinder), die
aus dem Ausland zugewandert sind (Eingebürgerte oder Deutsche kraft Gesetz wie z. B.
deutschstämmige Spätaussiedler).
Im Jahr 2014 lebten gut 573.000 Personen mit ausländischem Pass (16,1 Prozent) in Berlin.
Dieser Anteil ist trotz hoher Nettoauslandszuwanderungen nach Berlin in den vergangenen
zehn Jahren als Folge des neuen Staatsbürgerschaftsrechts aus dem Jahr 2000 mit erleich-
terten Voraussetzungen für die Einbürgerung um 2,6 Prozent-Punkte gestiegen. Der Anteil
der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung wird dagegen auf
29 Prozent (mehr als 1 Mio. Personen) geschätzt und wird auch in den nächsten Jahren
voraussichtlich weiter zunehmen. Die mittlerweile eingebürgerten Ausländer in Höhe von
fast 200.000 machen an den Personen mit Migrationshintergrund einen Anteil von
19 Prozent aus.
Personen mit Migrationshintergrund sind derzeit für Prognosezwecke noch nicht in ausrei-
chend langen Zeitreihen kleinräumig statistisch erfasst. Für künftige Prognoserechnungen
27
ist zu prüfen, ob die statistische Datenlage belastbare Prognoseaussagen auch für Perso-
nen mit Migrationshintergrund zulässt.
4. Ergebnisse für die Bezirke
Die Entwicklung von Zahl und Struktur der Einwohner wird in den Bezirken unterschiedlich
verlaufen. In allen Bezirken steigt die Einwohnerzahl an, allerdings mit unterschiedlicher
Intensität. Der größte Zuwachs bis 2030 wird für den Bezirk Pankow mit +16 Prozent erwar-
tet.
Hinter den Gesamtergebnissen für die „Großstadt“-Bezirke können differenzierte und zum
Teil gegenläufige Entwicklungstendenzen in den einzelnen Stadtteilen stehen.
Die Ergebnisse auf Ebene der 60 Prognoseräume sind, auch differenziert nach drei Hauptal-
tersgruppen, im Anschluss abgebildet.
Abb. 13
Prozentuale Veränderung der Einwohnerzahl der Berliner Bezirke 2015 bis 2030
2,6
2,8
4,4
4,4
6,8
7,2
7,5
7,7
9,1
9,4
9,8
9,8
16,0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Tempelhof-Schöneberg
Steglitz-Zehlendorf
Charlottenburg-Wilmersdorf
Neukölln
Mitte
Friedrichshain-Kreuzberg
Berlin gesamt
Spandau
Marzahn-Hellersdorf
Reinickendorf
Lichtenberg
Treptow-Köpenick
Pankow
Prozent
28
Tab. 4
Bevölkerungsprognose für Berlin 2015 – 2030, mittlere Variante, Einwohnerzahl in den Berliner Bezirken 1991 - 2030
01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Berlin Mitte
Friedrichshain-Kreuzberg
Pankow Charlottenbg-Wilmersdorf
Spandau Steglitz-
Zehlendorf Tempelhof- Schöneberg
Neukölln Treptow-Köpenick
Marzahn-Hellersdorf
Lichtenberg Reinicken-
dorf
1991 341 263 302 331 219 289 345 311 213 291 287 253 3.444
2000 316 244 330 311 216 285 334 303 229 261 256 247 3.331
2005 318 255 346 309 217 286 328 302 233 248 252 245 3.339
2010 327 261 360 312 218 292 329 307 239 246 254 242 3.388
2014 357 276 384 326 230 299 336 326 249 256 268 254 3.562
2015 363 278 390 330 235 300 341 328 253 259 275 257 3.610
2020 385 295 416 341 244 305 343 336 268 267 287 265 3.753
2025 384 296 433 341 246 307 344 338 272 274 292 275 3.803
2030 381 296 446 340 248 307 345 340 273 279 294 278 3.828
2015-2030 24 20 62 14 18 8 9 14 24 23 26 24 266
2015-2030 24 20 62 14 18 8 9 14 24 23 26 24 266
Veränderung in % 6,8 7,2 16,0 4,4 7,7 2,8 2,6 4,4 9,8 9,1 9,8 9,4 7,5
2015-2020 28 19 32 15 14 6 7 10 19 11 19 11 191
Veränderung in % 7,7 7,0 8,2 4,7 6,2 1,9 2,0 3,2 7,8 4,2 7,2 4,4 5,4
2021-2030 -3 1 30 -1 4 2 2 4 5 13 7 13 75
Veränderung in % -0,9 0,2 7,2 -0,3 1,4 0,8 0,6 1,2 1,9 4,7 2,4 4,8 2,0
2000-2014 41 32 54 15 14 14 2 23 20 -5 12 7 231
Veränderung in % 13,0 13,1 16,4 4,8 6,5 4,9 0,6 7,6 8,7 -1,9 4,7 2,8 6,9
2001-2030 65 52 116 29 32 22 11 37 44 18 38 31 497
Veränderung in % 20,6 21,3 35,0 9,5 14,7 7,8 3,3 12,3 19,4 7,0 14,9 12,5 14,9
Quellen: 1991-2014 Einwohnerregister, ab 2015 Prognoseergebnisse / * jeweils ohne pauschalen „Aufschlag“ Flüchtlinge in 2015 und 2016
29
Karte 1 – Veränderung der Gesamtbevölkerung in den Prognoseräumen (in Prozent)
30
Karte 2 – Veränderung der 0- bis unter 18-Jährigen in den Prognoseräumen (in Prozent)
31
Karte 3 – Veränderung der 18- bis unter 65-Jährigen in den Prognoseräumen (in Prozent)
32
Karte 4 – Veränderung der 65-Jährigen und älter in den Prognoseräumen (in Prozent)