Dezember 201618. Jahrgang
Das Fachmagazin für Naturheilkunde
Fettsäuren fürs Gehirn
Naturheilkunde Journal
Komplementärmedizin und konventionelle Medizin Sonderdruck
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2 Dezember | 2016 Naturheilkunde Journal
Fettsäuren fürs GehirnMehrfach ungesättigte Fettsäuren stärken kognitive Leistungen
Gute Fette sind notwendig für den Erhalt der Gesundheit. Den mehrfach ungesät-tigten Fettsäuren wird eine hohe Bedeu-tung für die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns zugesprochen. Neben bekannten Ölen wie Omega 3 und DHA gibt es jedoch weitere, die unsere kognitiven Fähigkeiten unterstützen.
Unser Gehirn braucht Fett. Es besteht zu 50 bis 60 % aus Lipiden (griech. Lipos = Fett). Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben daran einen Anteil von circa einem Drittel. Während die Docosahexaensäure (DHA) und Arachidonsäure bereits im Gehirn vorhanden sind, müssen weitere Omega3 und Omega6Fettsäuren mit der Nahrung zugeführt werden. Geschieht dies nicht, kann es zu kognitiven Beeinträchtigungen kommen. Das äußert sich in Konzentrationsschwäche, eingeschränkter Merkfähigkeit, Problemen beim Lernen, Wortfindungsstörungen und herabgesetzter geistiger Belastbarkeit. Darüber hinaus deuten Studien darauf hin, dass eine gute Versorgung mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren dazu beitragen kann, das Risiko für Demenz im Alter zu reduzieren.
Fettsäuren in der Ernährung
Die mediterrane Ernährung gilt als sehr wohltuend für Körper und Geist. Sie
zeichnet sich durch einen hohen Anteil pflanzlicher Kost aus. Dazu wird sehr viel Olivenöl (auch anstelle von Butter oder Margarine) verwendet. Das Speiseöl enthält eine einfach ungesättigte Fettsäure.
In tierischen Produkten sind vor allem gesättigte Fettsäuren enthalten. Gemäß der Uni Münster trägt eine hohe Aufnahme dieser Fettsäuren dazu bei, den Cholesterinspiegel und das Risiko für Arteriosklerose zu erhöhen. Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung sieht die sehr fettreiche Ernährung mit gesättigten Fettsäuren als Faktor für HerzKreislauferkrankungen, das Metabolische Syndrom und die Fettleber.
Eklatant für das Gehirn soll die Wirkung von Transfettsäuren sein, die in industriell gefertigten Lebensmitteln vorkommen. Gemäß einer Studie von Prof. Dr. rer. nat. Thomas Langmann (A fat to forget, Universität Köln, 2015) führen sie zu einer Beeinträchtigung der Merkfähigkeit.
Leptin markiert Fettgehalt
Das Hormon Leptin spielt in der Ernährung ebenfalls eine interessante Rolle. Es wird vom Fettgewebe gebildet und gilt als Indikator für den Körperfettgehalt. Leptin steigt an, wenn mehr Fett aufgenommen wird.
Das Hormon gelangt über die Blutbahn ins Gehirn. Dort wird ein Sättigungsgefühl ausgelöst, was zur Nahrungsreduzierung führt und den Stoffwechsel ankurbelt.
Diese Funktion ist allerdings bei adipösen Menschen nicht vorhanden, so dass eine Leptinresistenz vorliegt. Ursache ist eine sehr fettreiche Ernährung, wie Dr. Alexander Tups von der PhilippsMarburgUniversität (Neuronale Ernährungsphysiologie, Fachbereich Biologie) herausgefunden hat.
Mittelmeer-Diät
Die Bevölkerung des Mittelmeerraumes hat durch die Verwendung ihrer vorrangig vegetarischen Kost in Verbindung mit ungesättigten Fettsäuren eine wesentlich geringere Neigung zu HerzKreislauferkrankungen und eine höhere Lebenserwartung. Dies wird nicht nur ihrer genetischen Veranlagung, sondern der Ernährungsweise zugeschrieben.
Eine im Februar 2009 veröffentlichte Studie (ARCH NEUROL/VOL. 66, NO. 2) untersuchte übrigens den Einfluss von mediterraner Ernährung auf die Entwicklung von leichten kognitiven Beeinträchtigungen und in Folge die Entstehung von Demenz. Demnach hat die mediterrane Ernährung sogar lindernde Effekte auf
Abb. 2: Aus der Färberdistel wird wertvolle konju-gierte Linolsäure (CLA) gewonnen.
© Swapan – Fotolia
Abb. 1: Rapsöl ist besonders reich an Omega-3-Fett-säuren. Diese mehrfach ungesättigten FS wirken sich positiv auf das Gehirn aus.
© Gerhard Seybert – Fotolia
Abb. 3: Die Nüsse der koreanischen Strandkiefer sind reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
© Agnieszka Kwiecie –Wikipedia
3Naturheilkunde Journal Dezember | 2016
leichte kognitive Störungen (Mild Cognitive Impairment, MCI).
Sie kann vor allem dann hilfreich sein, wenn eine milde Beeinträchtigung zwar vorliegt, doch noch keine Gedächtnisstörungen festzustellen sind. Liegen Letztere vor, dann macht es sich nicht so stark bemerkbar, ob sich die Testpersonen mediterran ernährt haben. Diese Studie deutet also darauf hin, dass es einen prophylaktischen Wert haben kann, in der Ernährung pflanzlichen, frischen Lebensmitteln den Vorzug zu geben und gute ungesättigte Fettsäuren zu verwenden.
Omega 3-Fettsäuren
Olivenöl ist ein gesundes und sehr beliebtes Speiseöl. Es enthält jedoch nur eine „einfach“ ungesättigte Fettsäure. Viel hilfreicher für das Gehirn sind die „mehrfach“ ungesättigten Fettsäuren. Sie helfen nicht nur dabei, den Stoffwechsel anzuregen. Sie sind auch wichtig für neuronale Funktionen.
Zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren zählen zum Beispiel Omega 3, Omega 6, die Docosahexaensäure (DHA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Arachidonsäure.
Die meisten Menschen im deutschsprachigen Raum nehmen über die Ernährung genug Omega6Fettsäuren zu sich, doch zu wenig Omega3Fettsäuren. In der Regel beträgt das Verhältnis 15:1, optimal wäre 5:1.
Omega3Fettsäuren sind zum Beispiel reichlich in Leinöl, Walnussöl und Rapsöl enthalten. Während Walnussöl sehr aromatisch ist und gut als Alternative zu Olivenöl verwendet werden kann, mögen die meisten Leinöl nicht so gerne. Daher gibt es Mischungen mit Omega3Ölen, die sich gut im Ernährungsplan einbauen lassen. Man kann sie auch ins Müsli geben oder in den Joghurt rühren.
Die Wirkung von Omega 3 auf Körper und Geist ist im Sport seit Jahren bekannt. Viele Leistungssportler nehmen bis zu 3 Esslöffel Omega3Öl täglich zu sich, um ihre körperlichen und mentalen Herausforderungen zu meistern.
Unterversorgung führt zu kognitiven Störungen
Omega 3 und Omega 6Fettsäuren sind essentiell und müssen mit der Nahrung
zugeführt werden. Die Docosahexaensäure (DHA) und Arachidonsäure sind bereits im Gehirn vorhanden. Dort spielen sie eine wichtige Rolle für die Aufrechterhaltung der Nervenzellmembranen und die Signalübertragung.
Das erklärt, warum eine Unterversorgung mit diesen Fettsäuren zu kognitiven Störungen führen kann. Auch AD(H)S bei Kindern wie Erwachsenen sowie Lese und Rechtschreibschwäche könnte mit einem Mangel zusammenhängen. Vereinzelte Studien weisen auf positive Effekte nach einer optimierten Versorgung mit einer Kombination mehrerer mehrfach ungesättigter Fettsäuren (zum Beispiel Omega 3, Omega 6 und DHA) hin.
Die positive Wirkung auf Gehirnfunktionen ist von der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) bestätigt. Weiterhin sieht sie es als erwiesen an, dass ein ausreichender Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren dazu beiträgt, einen normalen Cholesterinspiegel aufrechtzuerhalten und sich DHA auch auf die Sehfähigkeit und die Herzgesundheit auswirkt. Auf Letztere hat auch die Eicosapentaensäure (EPA) eine unterstützende Wirkung.
Darm & Depression
Für die kognitive Stärkung gibt es jedoch mehr als Omega 3 und DHA. So sind die konjugierte Linolsäure (CLA) und ein koreanischer Strandkieferextrakt nicht nur hilfreich beim Abnehmen, sondern sie haben über die DarmHirnAchse auch einen positiven Einfluss auf unser Denkorgan.
Da mehr Nervenstränge vom Darm zum Gehirn als vom Gehirn zum Darm verlaufen, ist diese Verbindung bei der Gesamtbetrachtung nicht zu unterschätzen. Wir wissen heute, dass zum Beispiel eine gesunde Darmflora maßgeblich daran beteiligt ist, vor Depressionen zu schützen.
Dass Stoffwechsel und Gehirnfunktionen möglicherweise mehr miteinander korrespondieren, als uns bislang bewusst war, lässt sich daran ablesen, dass Forscher einen Zusammenhang zwischen hohem Serumcholesterin im mittleren Lebensalter und dem späteren Auftreten von Demenzerkrankungen sehen.
Im Rahmen der medizinischen Lipidforschung gibt es sogar Hinweise, dass Omega3Fettsäuren antidepressive Mechanismen aufweisen. Die Experten sind der Ansicht, dass Lipide nicht nur als Energielieferanten und Membranbestandteile
betrachtet werden können. Vielmehr kann es sein, dass sie eine aktive Rolle als Biosignalmoleküle innehaben und so an zellulären Regulationsprozessen beteiligt sind. Vor dem Hintergrund wird es noch spannend sein, was die Lipidforschung für die Therapie neuropsychiatrischer Krankheitsbilder herausfindet.
Konjugierte Linolsäure (CLA)
CLA (conjugated linoleic acid) kommt einerseits in tierischen Fetten vor. Kühe, Schafe und Ziegen bilden sie mit Hilfe eines Enzyms aus dem Bakterium Butyrivibrio fibrisolvens der pflanzlichen Linolsäure. Der Chemiker erkennt die konjugierte (= modifizierte) Linolsäure übrigens daran, dass die Doppelbindungen durch eine Einfachbindung voneinander getrennt sind. CLA aus tierischer Quelle findet sich in Lebensmitteln wie Butter und Milchprodukten sowie in dem Fleisch von Rindern, Schafen und Ziegen. Stammen die Tiere aus ökologischer Tierhaltung, ist der Gehalt an CLA deutlich höher als bei konventionellem Milchfett. Doch seit einiger Zeit gibt es CLA auch aus pflanzlicher Quelle: Sie kann unter anderem aus dem Öl der Färberdistel gewonnen werden.
Die pflanzliche Variante ist nicht nur für Veganer interessant. CLA hat sehr positive Effekte hinsichtlich des Abnehmens. Sie kann dazu beitragen, Heißhungerattacken zu reduzieren (Stärkung der Psyche) und die Fettverbrennung anzukurbeln. In diesen Fällen empfiehlt sich die pflanzliche Quelle als Nahrungsergänzung, da sich diese Effekte mit Lebensmitteln kaum erreichen lassen: Um auf die gleiche Menge CLA zu kommen, müsste der Patient sehr viel Milch und Fleischprodukte zu sich nehmen. Das wäre mit einer zu hohen Aufnahme an Kalorien, gesättigten Fettsäuren und Cholesterin verbunden. Wissenschaftler gehen überdies davon aus, dass wir über unsere Ernährung deutlich weniger CLA zu uns nehmen als vor 30 Jahren.
Tierversuche zeigten eine Wirkung von CLA auf den Glucose und Fettstoffwechsel: Bei Ratten, die an einer DiabetesErkrankung litten, normalisierte sich der Zuckerstoffwechsel und der Insulinspiegel sank. Kaninchen und Hamster, denen CLA verabreicht wurde, hatten geringere Werte von LDLCholesterin und Triglyceriden im Blut.
CLA regt den Stoffwechsel mehrfach ungesättigter Fettsäuren an und unterstützt dadurch Darm und Gehirn.
4 Dezember | 2016 Naturheilkunde Journal
Strandkiefer-Nussextrakt
Das Besondere am koreanischen StrandkieferNuss extrakt ist sein hoher Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Vor allem die Pinolensäure ist interessant. Sie stimuliert die Freisetzung von zwei Hormonen, die den Appetit hemmen: CCK (Cholecystokinin) und GLP1 (Glucagenlike Peptide 1). Diese beiden Hormone senden Sättigungssignale an das Gehirn, so dass das Bedürfnis zu essen deutlich reduziert ist. Placebokontrollierte DoppelblindStudien haben belegt, dass dies innerhalb von 30 Minuten nach dem Verzehr geschieht und bis zu drei Stunden anhält (Abb. 4).
STC1Zellen gehören zur enteroendokrinen Zelllinie des Dünndarms. Darunter versteht man bestimmte Zellen, die für die Verdauung wichtige Peptidhormone in das Darminnere abgeben. STC1Zellen spielen eine wichtige Rolle in den molekularen Mechanismen der Erkennung der fünf Grundgeschmacksstoffe, Fettsäuren und anderer Nahrungsbestandteile sowie für das Auslösen von Hormonen zur Appetitsteuerung und anderen hormonellen Prozessen. Der Darm schmeckt sozusagen und reagiert mit der Abgabe von Hormonen, um unter anderem die Sättigung zu regulieren. Die STC1 Zellen sind an diesem Prozess maßgeblich beteiligt.
Ein überlasteter Verdauungstrakt stresst nicht nur den Bauch, sondern – durch die direkte Verknüpfung – auch das Gehirn. Wir alle kennen den Spruch: „Ein voller Bauch studiert nicht gern.“ Es gibt bekannte Buchautoren, die schreiben an
ihren Publikationen grundsätzlich vor dem Frühstück oder vorzugsweise in der Fastenzeit. Kognitive Fähigkeiten werden durch einen überlasteten Verdauungstrakt stark beeinträchtigt. Der Strandkieferextrakt wirkt als Impulsgeber für die Sättigung und kann dazu beitragen, ein Gleichgewicht im Verdauungstrakt herzustellen, so dass auch das Gehirn wieder entlastet wird. Wer schneller spürt, dass er satt ist, wird sich kein Übermaß zumuten. Besonders wenn der Verdauungstrakt überlastet ist, kann ein „Impulsgeber“ für die Sättigung hilfreich sein.
Zimt fürs Gehirn
Nicht nur mehrfach ungesättigte Fettsäuren wirken sich sowohl positiv auf den Stoffwechsel als auch auf das Gehirn aus. Das Gewürz Zimt steht hier ebenso im Fokus der Wissenschaft. Neueste Forschungen des Neurologen Kalipada Pahan (Rush University, Chicago) deuten darauf hin, dass Menschen, die Zimt als Gewürz oder Tee zu sich nehmen, besser lernen. Schon in früheren Studien hatte Pahan etwas Interessantes festgestellt: Die neuronalen Veränderungen bei Parkinson konnten durch Zimt umgekehrt werden.
Der amerikanische Student Phillip Zoladz (Wheeling Jesuit University) forscht ebenfalls zum Thema Zimt und Gehirn. Er stellte fest, dass schon das Riechen des ZimtGewürzes die kognitiven Leistungen unterstützt. In seiner Studie war die sogenannte „Zimtgruppe“ geistig wacher, konzentrierter und schneller (u. a. schlagfertiger) als
die neutrale Gruppe. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Zimt dazu beiträgt, die ungünstigen Ablagerungen im Gehirn zu blockieren, die zu Alzheimer führen.
Der Einfluss von Zimt auf das Gehirn muss sicher noch weiter erforscht werden. Doch interessant ist, dass Zimt – wie die ungesättigten Fettsäuren – den Stoffwechsel anregt, zum Fettabbau beiträgt und helfen kann, Blutzuckerspiegel und Cholesterinwerte zu normalisieren.
Ausblick
Wir haben eine Menge natürlicher, veganer Vitalstoffe, die wir über unseren Ernährungsplan einsetzen können, um kognitive Fähigkeiten zu stärken und Prophylaxe zu betreiben. Die Umstellung auf mediterrane Kost scheint für den Körper hilfreicher zu sein, als mehrfach ungesättigte Fettsäuren allein als Nahrungsergänzung zuzuführen. Bei leichten kognitiven Störungen, Unruhe/ADHS oder Erschöpfung empfiehlt sich der gezielte Einsatz eines Omega3Öles, zum Beispiel DHA. Darüber hinaus kann eine Nahrungsergänzung mit CLA, Strandkiefernussextrakt (evtl. in Verbindung mit Zimt) den Fettstoffwechsel anregen, so dass Gehirn und die Figur profitieren. Mehr Informationen gerne auf Anfrage.
Norbert Hartwig
Rosenhof 7
CH – 8808 Pfäffikon
www.norbert-hartwig.ch
Der Autor:
Norbert Hartwig, DiplomPhysiker, Fachbuchautor und Entwickler von Präventionskonzepten, forscht seit 30 Jahren auf dem Gebiet der Selbstheilung. Unter anderem berücksichtigt er die neuesten internationalen Studien und das traditionelle Heilwissen alter Kulturen. Seine Empfehlungen basieren auf einem tiefen Verständnis für das Zusammenspiel von Körper, Seele und Psyche.
Linolensäure
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Strandkieferextr. OlivenölCLA
CCK-Freisetzung in STC-1 Zellen nach Stimulierung mit verschiedenen Ölen und Fettsäuren
Abb. 4: Freisetzung von CCK durch verschiedene Öle und Fettsäuren.