DDT NotfälleTransfusionszwischenfall16.10.2009
Dr. J. Martens
Institut für Transfusionsmedizin
Welcher Notfall?
• Notfalltransfusion• Notfall durch Transfusion
Notfalltransfusion
Zwei Patientengruppen:
1. Unbekannter Patient in der Notaufnahme
2. Bekannter Patient mit Komplikationen und erhöhtem Transfusionsbedarf
Serologische Untersuchungen vor der Bluttransfusion
1) Blutgruppenbestimmmung: AB0, Rhesus (CcDEe), (Kell)
2) Antikörpersuchtest
3) Verträglichkeitsprobe/Kreuzprobe
Notfalltransfusion:Transfusion, die keinen zeitlichen Aufschub oder keine Zeit für vorbereitende Untersuchungen zulässt
Zeitaufwand zur Durchführung der Kreuzprobe:
Notfalltransfusion
Notfalltransfusion:Transfusion, die keinen zeitlichen Aufschub oder keine Zeit für vorbereitende Untersuchungen zulässt
Zeitaufwand zur Durchführung der Kreuzprobe: ca. 45 min bei bis zu 4 EK (im Idealfall evtl. auch schneller)
Notfalltransfusion
Entsprechend klinischer Situation zwei Dringlichkeitsstufen:
- Blutprobe wird unverzüglich bearbeitet- Blutkomponenten werden bei Vorliegen des BG-Ergebnisses
sofort zur anfordernden Stelle geschickt- das Ergebnis der Verträglichkeitsprobe wird unverzüglich
nachgereicht
- O, (wenn möglich Rh (D)neg), EK werden sofort bereitgestellt- Wenn unvermeidbar: auch Rh(D) positive EK-Transfusion
möglich - Transfusion ohne BG-Bestimmung und Verträglichkeitsprobe- Bei bekannter BG des Patienten möglichst ABO/Rh(D)-
gleiche Transfusion
1.
2.
Notfalltransfusion
Notfalltransfusion
• Auch im Notfall müssen vor Transfusion Blutproben für die Blutgruppenbestimmung etc. entnommen werden und der ABO-Bedside-Test mit Patientenblut durchgeführt werden
Notfalltransfusion • Die Transfusion ungekreuzter EK ohne das Ergebnis des AK-
Suchtests impliziert das Risiko hämolytischer Transfusionsreaktionen aufgrund irregulärer erythrozytärer Ak
• Und: Risiko der Verwechslung des Patienten und/oder Konserven wegen unklarer oder fehlerhaft dokumentierter Patientenidentität und Stresssituation des medizinischen Personals
Notfalltransfusionen müssen einer strengen Indikationsstellung unterliegen. Die Dringlichkeit ist vom behandelnden Arzt im Rahmen der Anforderung schriftlich festzulegen
Welcher Notfall?
• Notfalltransfusion• Notfall durch Transfusion
Mögliche klinische Zeichen einer Transfusionsreaktion
Fieber Unruhe, AngstSchweißausbruch RückenschmerzenDyspnoe Bauch-, FlankenschmerzenTachykardie IkterusBlutdruckabfall/Schock HämoglobinämieSchüttelfrost UnwohlseinJuckreiz, Urtikaria HämoglobinurieÜbelkeit, Erbrechen NierenversagenAchtung: Symptomverschleierung bei narkotisierten
Patienten möglich
=häufig
Notfälle durch Transfusionen Einteilung der Risiken
Nicht immunologisch bedingte unerwünschte WirkungenImmunologisch bedingte unerwünschte Wirkungen
Nicht-immunologisch bedingte Transfusionsreaktionen
Komplikation UrsacheTransfusionsassoziierte Viren, Bakterien, Protozoen, Infektionen (bis Sepsis) PilzeHämosiderose EisenakkumulationEmbolien Transfusion ohne Filter;
Beimischung von Inf´.-Lsg.Hypothermie „Massivtransfusionen“Hypervolämie (“TACO“= transfusion-associated circulary overload. Risiken: Hohes Alter oder Kleinkind, chronische Anämie, Herzinsuffizienz, Nieren-/ Lebererkrankung)
Fallbeispiel94-jährige Patientin mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit und hypertensiver Kardiopathie; das Hämoglobin beträgt 93g/l.Nach der Transfusion von 1 EK (Transfusionsgeschwindigkeit unbekannt) entwickelt sie einen Blutdruckanstieg von 134/59 mmHg auf 195/73 mm Hg; sonst keine weiteren Symptome. Promptes Ansprechen auf …
… Furosemid.- Aufgrund ihres Alters und Grunderkrankung ist die Patientin eine Hochrisikopatientin für die Entwicklung eines TACO. Dank guter Überwachung konnte die Nebenwirkung rasch erkannt und behandelt werden, bevor schwerwiegende Symptome aufgetreten sind.
Notfälle durch Transfusionen Einteilung der Risiken
Nicht immunologisch bedingte unerwünschte WirkungenImmunologisch bedingte unerwünschte Wirkungen
Akute unerwünschte Wirkungen (Minuten bis Stunden)Chronische unerwünschte Wirkungen (Tage bis Wochen)
Nicht-immunologisch bedingte Transfusionsreaktionen
Komplikation UrsacheTransfusionsassoziierte Viren, Bakterien, Protozoen, Infektionen (bis Sepsis) PilzeHämosiderose EisenakkumulationEmbolien Transfusion ohne Filter;
Beimischung von Inf´.-Lsg.Hypothermie „Massivtransfusionen“Hypervolämie (“TACO“= transfusion-associated circulary overload. Risiken: Hohes Alter oder Kleinkind, chronische Anämie, Herzinsuffizienz, Nieren-/ Lebererkrankung)
VirenViren
ProtozoenProtozoenHelminthenHelminthen
PrionenPrionen
BakterienBakterien
Andere ...?„EmergingPathogens“
Kontaminations- und Infektionsrisiken am Beispiel von TKZ
<<1 : 500,000HBV
<1 : 23 Millionen HCV
1 : 23 MillionenHIV
Kontaminierte TK´s 1:2.000
Septische Reaktionen1:100.000
Blajchman MA, Trans Med Rev, 2004; 18: 11-24
Bakterielles Risiko Virales Infektionsrisiko
Beispiel eines Konservenetiketts
Notfälle durch Transfusionen Einteilung der Risiken
Nicht immunologisch bedingte unerwünschte WirkungenImmunologisch bedingte unerwünschte Wirkungen
Akute unerwünschte Wirkungen (Minuten bis Stunden)Chronische unerwünschte Wirkungen (Tage bis Wochen)
Immunologisch ausgelöste Transfusionsreaktionen
Hämolytische Transfusionsreaktion (akut / verzögert)
Transfusions-assoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI)
Febrile, nicht hämolytische Transfusionsreaktion (FNHTR)
Allergische Reaktionen
Transfusions-assoziierte Graft-versus-Host-Disease (ta-GvHD)
Posttransfusionspurpura (PTP)
www.baek.de
Akute hämolytische Transfusionsreaktion
• Zielstrukturen:überwiegend Oligosaccharidstrukturen
– 1. ABO
– 2. unter ferner liefen: P, p, pk, Tja, I/i, Lea, Vel, Lan
– 3. sehr selten Fya und Ika, H, HI
Akute hämolytische Transfusionsreaktion• ABO-Fehltransfusion
am häufigsten A-EK auf 0-EmpfängerKlinik: dramatische SofortreaktionMeist schon nach wenigen ml:
– Unwohlsein, Fieber, Schüttelfrost– Bauchschmerzen (Flankenschmerz,
Rückenschmerzen)– objektiv: roter Urin, Schocksymptomatik (RR-Abfall,
Zeichen des NV, Gerinnungsstörungen i. S. einer DIC)
– Labor: LDH ⇑ ⇑ ⇑, Haptoglobin ⇓ ⇓ ⇓
(nicht messbar)
– sehr selten: keine Reaktion
Therapeutisches Vorgehen bei akuterhämolytischer Transfusionsreaktion
Identitätssicherung Verwechslungen kommen 3-4mal häufiger vor alsFehlbestimmungen (Blutgruppen/Kreuzproben) im Labor
1. Patientenverwechslungen• Pat. mit Bewusstseinsstörungen (Narkose !)• Namensähnlichkeiten
(Fall aus der MHH: Röhrig, Walter versus Roehrich, Walter, beide 1937 geboren!)
• Patienten, die der Arzt zu kennen glaubt• Arzttätigkeiten auf fremden Stationen
2. Probenverwechslungen auf Station
3. Probenverwechslungen im Labor
4. erst dann: Fehlbestimmungen im Labor
SHOT-Report 2008
u.a.:IBCT: incorrect blood components transfusedATR: acute transfusion reactionsI&U: Inappropriate and unnecessary transfusionH&E: Handling and storage errorsTACO: transfusions-associated cirulatory overloadHTR: Hemolytic transfusion reactionsTRALI: transfusion-related acute lung injuryTTI: transfusion transmitted infectionsPTP: post-transfusion purpurata-GvHD: transfusion-associated graft-versus-host disease
Identitätssicherung und Kontrollen (1)Der transfundierende Arzt hat vor der Transfusion persönlich zu überprüfen, ob:
- Präparat für den betreffenden Empfänger bestimmt ist
- der Empfänger der tatsächliche Empfänger ist
- Zumindest die ABO - / Rh (D) - Blutgruppe des Präparates dem Blutgruppenbefund des Empfängers entsprechen bzw. damit kompatibel sind
- die Präparatenummer mit den Angaben im Begleitschein übereinstimmt
- das Verfalldatum nicht abgelaufen ist
- die Verträglichkeitsprobe noch Gültigkeit besitzt
Probleme auf Station
Identitätssicherung und Kontrollen (2)
Optische Qualitätsprüfung des Präparates:
- Unversehrtheit des Blutbeutels
- Aggregatbildung (z. B. Gerinnsel, Agglutinate)
- Hämolyse
- Verfärbungen (als Ausdruck einer Verkeimung)
Aufgabe des transfundierenden Arztes
Kunstfehler
Unterlassung des Bedside-Tests
Fehler bei der Durchführung
Fehler bei der Interpretation
Fehler bei der Dokumentation
Bedside-Test
Fremdbluttransfusion: Es wird die AB0-Blutgruppe vom Patienten überprüft
Das Ergebnis des Bedside-Tests wird dokumentiert
Eigenblut: Es werden die AB0-Blutgruppen vom Patientenund von den EB-Konserven überprüft!
Bedside-Test
Bedside-Test - Interpretation
Bedside-Test: So bitte nicht!
“Wrong blood“ transfusions – immer vermeidbar!
Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen
Ätiologie: Erythrozytäre Antikörper (Boosterung)1 : 1.000 - 1 : 4.000 Transfusionenselten tödlich (< 1 auf 1.000.000 Transfusionen)
Vermeidung:Vermeidung: historische AK berhistorische AK berüücksichtigen (Notfallcksichtigen (Notfall-- Ausweis!)Ausweis!)Kreuzprobe und Blut maximal 3 Tage alt!Kreuzprobe und Blut maximal 3 Tage alt!
Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion
• Zielstrukturen: Proteine
– 1. Rh-Antigene (D, c, E)– 2. Rh-Antigene in Kombination Fya, Jka oder K
(Antikörpergemische)
– 3. selten: Isoliert Fya, Jka, S/s oder K.
Fallbeispiel• Eine 48jährige Patientin wird in der Klinik wegen
Ulcusblutung mit 4 EK transfundiert.
• 8 Tage nach Entlassung aus der Klinik Wiederaufnahme mit Gelbsucht, dunklem Urin, Rückenschmerzen und stark ernie-drigtem Hb-Gehalt.
• Nachweis von anti-K im Serum. Dieser Antikörper war in der Prätransfusionsprobe nicht nachweisbar.
• Die Patientin berichtet jetzt über einen MHN bei der zweiten Schwangerschaft vor etwa 10 Jahren
Auftreten verzögerter hämolytischer Transfusionsreaktionen (SHOT-report 2008)
Median: 8 Tage,
Zeitspanne: 2- 18(!) Tage
Immunologisch ausgelöste Transfusionsreaktionen
Hämolytische Transfusionsreaktion (akut / verzögert)
Transfusions-assoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI)
Febrile, nicht hämolytische Transfusionsreaktion (FNHTR)
Allergische Reaktionen
Transfusions-assoziierte Graft-versus-Host-Disease (ta-GvHD)
Posttransfusionspurpura (PTP)
Fallbeispiel
• Absturz eines Mini-Hubschraubers, Pilot mit Verbrennungen an den Beinen in Spezialklinik
• Operative Versorgung und Substitution mit 4 EK + 2 FFP• 5 min nach Transfusion eines Plasmas plötzliche
Hypoxämie• Lungenödem (Rö-Thorax: bilaterale Infiltrate);• Leukozytenabfall; EKG unauffällig• Intubation, Absaugen von klarem schwammigen Exsudat
TRALI
– 1-2 (-8) Std. nach Transfusion– Klinik
• Schlagartiger Beginn mit Schüttelfrost, Fieber, Husten
• Tachy-, Dyspnoe, Cyanose, Temperaturanstieg (> 1°C)
• Hypoxämie, (Hypotension)• Radiologisch Lungenödem und
viele perihiläre noduläre Infiltrate, bei unauff. kardialem Befund
TRALI = Transfusion-related acute lung injuryNichtkardiogenes Lungenödem
TRALIKlinik: während oder bis 6h nach Transfusion:
plötzliche Atemnot, Rö: beidseitige LungeninfiltrationenRespiratorische Insuffizienz (ca. 70% beatmungspflichtig)Lungenödem, nicht kardiogen, nicht durch Volumenüberladung bedingt (DD: TACO)Mortalität ca. 5%Inzidenz 0,02% bezogen auf transfundierte Blutprodukte (insbesondere TK und Plasma)jedoch mit 15% zweithäufigste transfusionsbedingte Todesursache
•durch leukozyten-spezifische Antikörper (immunogenes TRALI 80%) oder durch biologisch aktive Lipide (nicht-immunogenes TRALI), ausgelöst •leukozyten-spezifischen Antikörper beziehungsweise biologisch aktive Lipide aktivieren neutrophile Granulozyten•diese setzen toxische Enzyme und Sauerstoffradikale frei, welche das Endothel der Lungenkapillaren schädigen•dadurch Erhöhung der vaskulären Permeabilität
Flüssigkeit und Proteine gelangen ins Interstitium und in die Alveolen Lungenödem
TRALI
Fallbeispiel TRALI: Nachuntersuchung
• Patient DRB1*01 *03• Plasma: Panreaktiver HLA Klasse II-Antikörper• Einzige negative Zelle DR7 DR53 DQ2• Interpretation: Immunologisch bedingte TRALI durch• HLA Klasse II-Antikörper im Spenderplasma• Spender: Frau > 50 Jahre
Immunologisch ausgelöste Transfusionsreaktionen
Hämolytische Transfusionsreaktion (akut / verzögert)
Transfusions-assoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI)
Febrile, nicht hämolytische Transfusionsreaktion (FNHTR)
Allergische Reaktionen
Transfusions-assoziierte Graft-versus-Host-Disease (ta-GvHD)
Posttransfusionspurpura (PTP)
Febrile nichthämolytische Transfusionsreaktion (FNHTR)
Antikörper des Empfängers gegen leuko-, thrombozytäreAntigene: HLA, HNA, HPA
Freisetzung von Zellinhaltsstoffen aus Leukozyten während Lagerung, Herstellung oder TransfusionKlinik: Temperaturanstieg von > 1 C° auf oft > 39-40 C°, Schüttelfrost, selten SchocksymptomeTherapie: Antipyretika, ggf.Antihistaminika, DolantinDD: akute Hämolyse, allergische Reaktion, bakterielle Kontamination
Immunologisch ausgelöste Transfusionsreaktionen
Hämolytische Transfusionsreaktion (akut / verzögert)
Transfusions-assoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI)
Febrile, nicht hämolytische Transfusionsreaktion (FNHTR)
Allergische Reaktionen
Transfusions-assoziierte Graft-versus-Host-Disease (ta-GvHD)
Posttransfusionspurpura (PTP)
Fallbeispiel
• 25-jährige Patientin mit Thrombozytopenie bei akuter Leukämie; Hustenreiz während der Transfusion einesTK. Nach Abschluss der Transfusion Juckreiz und Exanthem am ganzen Körper. Rasche Besserung derSymptome unter AntihistaminikaKommentar
• Hustenreiz muss als Asthma Äquivalent interpretiert werden; eine allergische Reaktion kann auch etwasverzögert auftreten.
Allergische Reaktionen
Meldewege beachten!