Friedhilde Bartels, Pflegedienstleiterin, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gGmbH
Pflege von Menschen mit Demenz (MmD)
in der Notaufnahme
20. September 2014
Pflegesymposium Berlin
Friedhilde Bartels
Pflegedienstleiterin
Friedhilde Bartels, Pflegedienstleiterin, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gGmbH
Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
„Wichtigste
Grundlage
geriatrischen
Handelns ist die
Menschenwürde.
Die Würde gilt bis zum Tod und sie kann
nicht durch Krankheit verloren gehen, auch und
besonders nicht durch Demenz.“
Prof. Meier-Baumgartner, 2010
Friedhilde Bartels, Pflegedienstleiterin, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gGmbH
Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
• Demografische Entwicklung
• Demenz Definition
• Stadien der Demenz
• Verhalten von MmD
• Schmerzen
• Wichtige Strukturen/Prozesse
• Zusammenfassende Grundlagen
Friedhilde Bartels, Pflegedienstleiterin, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gGmbH
Demografische Entwicklung
• In der BRD sind ca. 1,3 Millionen Menschen erkrankt. Tendenz steigend!
• 250.000 Neuerkrankungen pro Jahr
• Zahl der älteren Menschen im KH steigt stetig, Zahl der jungen Menschen nimmt ab.
• Frauen sind nicht häufiger erkrankt. Männer sterben früher, holen aber auf!
• Alter ist Risikofaktor
• Demenz (viele Erkrankungen, z.B. Alzheimner)
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Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
• Demografische Entwicklung
• Demenz Definition
• Stadien der Demenz
• Verhalten von MmD
• Schmerzen
• Wichtige Strukturen/Prozesse
• Zusammenfassende Grundlagen
Friedhilde Bartels, Pflegedienstleiterin, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gGmbH
Demenz Definition
Demenz bedeutet:
• „Vom Geist, Gedächtnis entfernt zu sein“
• „Weg vom Geist“
• Wikipedia: „Ohne Geist“
(Mens = Verstand, de = abnehmend)
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Demenz Definition
Definition Demenz nach ICD 10
„Demenz ist ein Syndrom als Folge einer meist
chronischen oder fortschreitenden Krankheit des
Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler
Funktionen einschließlich Gedächtnis, Denken,
Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit,
Sprache und Urteilsvermögen.“
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Demenz Definition
Definition Demenz nach ICD 10
• Die kognitiven Beeinträchtigungen werden gewöhnlich von Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation begleitet, gelegentlich treten diese auch eher auf.
• Das Bewusstsein ist nicht getrübt.
• Die Symptomatik dauert mindestens 6 Monate
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Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
• Demografische Entwicklung
• Demenz Definition
• Stadien der Demenz
• Verhalten von MmD
• Schmerzen
• Wichtige Strukturen/Prozesse
• Zusammenfassende Grundlagen
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Stadien der Demenz
Frühes Stadium
• Störungen von Gedächtnis, Orientierung, Denkvermögen und Wortfindung (Gesprächsinhalte, Fernsehen, Zeitungen, Verabredungen, „Suchen“)
• Antriebsminderung, nachlassende Leistung bei anspruchsvollen Aufgaben (Urteile fällen, Entscheidungen treffen, Probleme lösen, Autofahren, Reise planen, Bankgeschäfte), sonst aber u.U. noch selbstständig
• Erhaltende Krankheitseinsicht (Depression, Fassade)Melanie Feige
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Stadien der Demenz
Mittleres Stadium
• Einschränkungen in der Bewältigung des Alltags, auch bei einfachen Aufgaben (Bus fahren, Einkaufen, Kochen, Körperpflege)
• Zunehmende Sprachstörungen, Erinnerungen verblassen, zunehmende Orientierungslosigkeit (Tageszeit, Ort, Datum, Verlaufen, Beruf, Namen von Familienmitgliedern vergessen)
• Verlust der Krankheitseinsicht (Personen erkennen/ verkennen, z.B. Kinder und Partner nicht mehr erkennen, („Zeitreise- Differenz Selbst- und Fremdwahrnehmung, Demenzbibliothek)
• Unruhe, Aggressivität, Wahn, Sinnestäuschungen, Verkennungen (Fernsehbilder werden als ‚echt‘ erlebt) Inkontinenz
Melanie Feige
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Stadien der Demenz
Fortgeschrittenes Stadium
• Hochgradiger geistiger Abbau
• Pflegebedürftigkeit, körperliche Symptome (Inkontinenz, Verlust der Kontrolle über Körperhaltung, Schluckstörungen, Krampfanfälle, Infektionsanfälligkeit)
• Tod nicht durch Alzheimer Erkrankung, sondern meist durch Pneumonien
(Deutsche Alzheimer Gesellschaft) Melanie Feige
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Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
• Demografische Entwicklung
• Demenz Definition
• Stadien der Demenz
• Verhalten von MmD
• Schmerzen
• Wichtige Strukturen/Prozesse
• Zusammenfassende Grundlagen
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Schutzstrategien von MmD
• Leugnen: „Das war ich nicht….“
• Humorisieren: „Ach, Schwester, das weiß ich doch auch nicht.“
• Relativieren: „Ich bin halt immer so tüddelig.“
• Fremdbeschuldigen: „Immer klaut die mir alles:“
• Somatisieren: „Ich habe immer solche Kopfschmerzen.“
• Notieren: „Gegenstände mit Zettel bekleben, Kleiderfolge….“
• Rituale schaffen- festgelegte Wege innerhalb und außerhalb der Wohnung/Abläufe
• Isolieren – Rückzug oft auch zusammen mit Angehörigen
……Schutz der eigenen Würde Melanie Feige
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Zwei Perspektiven
Fremdwahrnehmung
• Ist krank
• Ist alt
• Ist geschwächt
• Ist im Verhalten auffällig
Selbstwahrnehmung
• Fühlt sich gesund
• Fühlt sich jünger
• Fühlt sich kraftvoll
• Fühlt sich unauffällig
Eisenberg, Wojnar 2005 Melanie Feige
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Herausforderndes Verhalten
Das Verhalten wird zum primären Kommunikationsmittel, wenn Menschen mit Demenz ihre Gefühle, Bedürfnisse oder Wünsche nicht mehr verbal ausdrücken können.
• Hinlaufen/Weglaufen…
• Verweigerung von Hilfe und Pflege
• Beschimpfen und Beschuldigen
• Schreien
• Schlagen
• Enthemmtes Verhalten Melanie Feige
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Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
• Demografische Entwicklung
• Demenz Definition
• Stadien der Demenz
• Verhalten von MmD
• Schmerzen
• Wichtige Strukturen/Prozesse
• Zusammenfassende Grundlagen
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Schmerzen bei Demenz
• Kann Schmerzen nicht aussprechen
• Kann Schmerzen nicht erkennen
• Kann dadurch nicht adäquat gegen Schmerzen behandelt werden
Schmerzmanagement:
• Fest angesetzte Medikation statt Bedarfsmedikation
• Beobachtung des Gesichtsausdruckes
• Systematisches Nachforschen, ob Schmerzen vorhandenMelanie Feige
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Mögliche Kennzeichen von Schmerzempfindungen
• Unruhe, Wandern, Zappeln
• Schreien, wiederholtes Verbalisieren (Echolalie)
• Ausgeprägte Mimik
• Körperstellen „eincremen“
• Übermäßiges Schwitzen
• Tachykardie
• Bei Fragen nach Schmerzen, einem „Ja“ immer glauben!
Achtung!
• MmD können sich an die schmerzbefreiende Wirkung nicht erinnern
• Sie vergessen die Einnahme
• Demenz fördert Nebenwirkungen (Delir)
• NW werden von Patienten nicht erkannt
• Paradox: Häufig erst Psychopharmaka und dann erst Analgetika!Melanie Feige
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Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
• Demografische Entwicklung
• Demenz Definition
• Stadien der Demenz
• Verhalten von MmD
• Schmerzen
• Wichtige Strukturen/Prozesse
• Zusammenfassende Grundlagen
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Wünschenswerte Strukturen
Notaufnahme als beschützender Raum……..
• Freundliche, helle, ansprechende, phantasievolle Räume
• Kein „gesprenkelter“ Fußboden
• Licht angepasst an Tageszeit
• Möglichst geringe Geräuschkulisse, keine Hektik
• „Rooming in“ (Einbeziehen der Zugehörigen)
• Sicherheitsvorrichtungen (optische und akustische Barrieren)
Mehr Licht!
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Reduktion des Sturzrisikos
„Pop-out“ und
Tarnung
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Equipment
• ABS-Socken
• Namensbändchen
• Niedrigflurbetten
• RCN-Walker, Schaukelstuhl
• Klingelmatten
• Materialien, die man den Patienten in die Hand geben kann
• Achtung: Desinfektionsmittel
Reduktion des Sturzrisikos
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Ablauf-/Tagesstruktur
• Klare, deutliche Ansagen gleichen Inhalts von allen MA
• Pro Schicht eine Bezugsperson – kann auch EKH sein
• Möglichst kurzer Aufenthalt in der NA
• Möglichst nicht mehr als 3 Untersuchungen pro Tag
• Transferbegleitung zur Diagnostik durch Bezugsperson
• Zugehörigenberatung/ Einbeziehen in den strukturierten Ablauf – Partner nicht Gegner!
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Strukturen und Prozesse sind den MmD anzupassen
trifft auch für die NA zu
Qualifizierung der MitarbeiterInnen:
• Kenntnisse der Geschichte, Lebensverhältnisse ab ca. 1920
• gerontopsychiatrische Kenntnisse
• Kommunikation
• Kenntnisse über Gefühle- und Beziehungsarbeit
• Basale Stimulation
• Integrative Validation
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Integrative Validation nach Nicole Richard
Nehmen Sie Gefühle und Antriebe des Patienten wahr, bestätigen sie wertschätzend und heben das Gespräch zum Abschluss auf eine allgemeine Ebene.
Validieren bedeutet
hier „annehmen“
und „wertschätzen“
(Value = Wert)
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Pflege von Menschen mit Demenz (MmD) in der Notaufnahme
• Demografische Entwicklung
• Demenz Definition
• Stadien der Demenz
• Verhalten von MmD
• Schmerzen
• Wichtige Strukturen/Prozesse
• Zusammenfassende Grundlagen
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Grundlagen im Umgang mit MmD
• Lächeln Sie und gehen Sie ruhig und positiv auf die betroffene Person zu
• Mit offenen Händen und mit Augenkontakt dem MmDbegegnen
• Körpersprache und Beruhigung sind wichtiger als Sprache
• Sprechen Sie in einfachen und kurzen Sätzen, angenehmer Ton
Melanie Feige
Friedhilde Bartels, Pflegedienstleiterin, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gGmbH
Wohlbefinden für MmD
• Das Gefühl haben, etwas Wert zu sein.
• Das Gefühl haben, etwas tun zu können (K. Dörner, 2009)
• Das Gefühl haben, mit anderen in Kontakt treten zu können („Die größte Angst des Menschen ist die vor dem
Verlassensein“, Bauer, 2007) – für MmD lebensnotwendig!
• Das Gefühl der Geborgenheit und des VertrauensMelanie Feige
Friedhilde Bartels, Pflegedienstleiterin, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gGmbH
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!