Bremen 09.06.2007 Beate Lingnau
Diagnostik
Semantisch-lexikalischer Fähigkeiten
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wichtig:
Allgemeine Anforderungen an die Diagnostik
Spezielle Bedingungen des Gegenstandes
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Spezielle Bedingungen des Gegenstandes
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Probleme
● Schneller altersabhängiger Entwicklungsverlauf● Unübersichtliche Größe des
Wortschatzumfanges (spätestens ab 3 Jahren)● Große interindividuelle Variabilität durch sozio-
kulturelle Einbettung des Sprechers
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● Welche Wörter sind in welchem Alter repräsentativ für die Gesamtwortschätze einer Sprachgemeinschaft?
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Fragen● Welche sprachlichen und kognitiven Strategien setzt das Kind
beim Erwerb neuer Wörter ein?● Wie stehen dem Kind informationsverarbeitende
Basisfunktionen für den Erwerb neuer Wörter zur Verfügung?● Welche linguistische Struktur besitzt der
aufgebaute/verwendete Wortschatz?● Wie baut das Kind die strukturelle Organisation der
Wissensbestandteile von Wörtern in seinem mentalen Lexikon auf?
● Welchen prozessualen Bedingungen unterliegt der Abruf von Wörtern aus diese Lexikon?
● Welche Bewältigungsstrategien setzt das Kind ein, wenn es auf Lücken oder Wortabrufschwierigkeiten stößt?
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Diagnostsiches Modell
nach Glück
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Anmerkung● Es gibt Kinder mit isolierten Störungen
ABER● Häufig Auffälligkeiten in mehreren Bereichen
z.B.: Wortwissen und Wortabruf
● Theoretische Überlegung:− Wortabruf kann immer nur so gut sein, wie die
Struktur des Wortwissens
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Einordnung semantisch-lexikalischer Störungen (Siegmüller & Kauschke)
Störungen der Sprachentwicklung
Sprachentwicklungsstörungen im Rahmen
von primären Störungsbildern
Spezifische Sprachentwicklungsstörungen
Auswirkungsebenen
Störungen derAussprache
Störungen der Semantik und des
Wortschatzes
Störungen der Grammatik
Profile: isoliert (asynchron), übergreifend (synchron), übergreifend (asynchron)
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Abschnitte diagnostischen Vorgehens
a)Allgemeine Einschätzung des Wortschatzes
b)Differenzielle Einschätzung von Teilaspekten
c)Einschätzung der Basisvariablen
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Allgemeine Einschätzung des Wortschatzes
Erscheint weder altersgemäß flüssig noch lexikalsich angemessen
entsprechende der Äußerungsintentionbesetzt
A1Lexikalische
Bestandsaufnahmeder
Spontansprache
A A2Gezielte
Wortschatzüberprüfung+
Sprache des Kindes
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A1: Lexikalische Bestandsaufnahme der Spontansprache
● Wortartenverteilung● Reichhaltigkeit (Type-Token Ratio)● Umfang in unterschiedlichen Themenbereichen
(Interessenwortschatz, Alltagswortschatz, unvertrauter Wortschatz)
➔ Keine allgemein etablierten Verfahren zur Beurteilung von A1
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Verteilung der Wortarten in Types (36 Mon)
16%
23%
6%8%16%
1%
12%
12%6%
NomenVerbenAdjektivepersonal-socialrelationale WörterOnomatopöienPronomenFunktionswörter Sonstige
Kauschke, 2000
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Beurteilung der Spontansprache
Wichtig● An den tatsächlichen
sprachlichen Anforderungen orientiert
● repräsentative Aussage über die typische sprachliche Leistungsfähigkeit
Problematisch● Anfällig für
Verzerrungen● Unsichere
sprachliche Bereiche werden vermieden
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Ausgleich durch gezielte Elizitationssituation
Bildbenennaufgabe
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A2
Gezielte Wortschatzüberprüfung
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Anzahl der Items
Wortschatz: hohe Zahl an Einzelelementen➔ Kann nur exemplarisch überprüft werden
Bsp.: 10% des Gesamtwortschatzes bei 6jährigen = ca. 600 Wörter
Kompromiss: Testumfang von ca. 100 Wörtern
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Möglichkeiten zur Repräsentativität der Wortauswahl
● Verwendungshäufigkeit in der Kinder- bzw. Erwachsenen-Inputsprache
● Anteile der Wortarten im Deutschen bzw. Kinderwortschatz
● Häufigkeitsverteilung verschiedener semantischer Bereiche
● Phonologische Merkmale● Typische Wörter bzw. typische semantische
Bereiche für bestimmte Altersgruppen
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Probleme● Repräsentative Aufteilung nach semantischen
Bereichen ist schwierig● Wortschatztest sollte keine kulturspezifischen
Items enthalten (kaum möglich)● Je älter die Kinder, desto individueller der
Wortschatz
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Qualitative Auswertung● Ein Ausweichen des Kindes in unspezifischere
Oberbegriffe wird – im Gegensatz zur Oberbegriffsverwendung in der Spontansprache – erkennbar.
● Die Relation der Äußerung des Kindes zum Zielwort kann im Sinne einer qualitativen Analyse der Falschantworten bestimmt werden.
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Diagnostische Intsrumente● Expressiv
− AWST (Kiese und Kozielsky 1996) 3-6 Jahre
− AWST (Kiese 2005) 3-5;5● Rezeptiv
− PPVT - Peabody Picture Vocabulary Test (Dunn & Dunn 2004) ab 13
− MSVK – Marburger Sprachverständnistest für Kinder (Elben & Lohaus 2000) Normen ab 5
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Wortschatz
Schnittstelle von sprachlichen und kognitiven Leistungen●Syntaktische Funktionen der Wortarten●Organisatione semantischen Wortwissens
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B: Differenzielle Beurteilung von Teilaspekten
● Qualität der Speicherung im mentalen Lexikon● Qualität der Abrufprozesse● Bewältigungsstrategien
− Geben Aufschluss über Gestaltung der Wortschatzerwerb- und Wortschatzgebrauchsituation
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B
B1Bewertung
der Bewältigungs-
strategienbei lexikalisch
nicht abrufbaren Wörtern
Untersuchung der
Quantität des Wortwissens für
auffällige lexikalische Einheiten
B4Untersuchung
der Qualität der
Abrufprozesse fürauffällige
lexikalischeEinheiten
B2Lemmaebene
B3Wortformebene
+ +
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Qualitative Beurteilung semantisch- lexikalischer Fähigkeiten
nach Glück (SemLexKrit)Beobachtung kann sich auf spontane Sprachdaten aber auch auf
Benennsituationen beziehen
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Weitere (SemLexKrit)● Einfache semantisch orientierte Ersetzungen
− Situationale Ersetzungen, visuelle Ähnlichkeit● Fortgeschrittene semantisch orientiert
Ersetzungen− Unterordnung, Nebenordnung
● Phonologisch orientierte Ersetzungen− Phonemische Ähnlichkeit, Auslassungen
● Abrufverhalten− Pausen, Starter, Suchbewegungen
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Qualitative Auswertung
nach Siegmüller und Kauschkefür Bildbenennaufgaben
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Semantische Substitutionen● Kohyponoym
− „der schiebt“ statt „ziehen“● Meromym (Teil-Ganzes)
− „Haus“ statt „Küche“● Hyperonym (Oberbegriff)
− „Klamotten“ statt „Schürze“● Hyponym (Unterbegriff)
− „Sonnenbrille“ statt „Brille“
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GAP Verben● „Brot hingeben“ statt „kaufen“● „Kaninchen aus dem Hut holen“ statt „zaubern“● „Stulle machen“ statt „schneiden“
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Neuschöpfungen
Durch Derivation● „Hopser“ statt „Känguruh“
Durch Komposition● „Koch T-Shirt“ statt „Schürze“
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Umschreibungen● „schwimmen unter Wasser“ statt „tauchen“
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Phonologische Ähnlichkeit● „Wachpuder“ statt „Waschpulver“
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Ersatzreaktionen durch Gesten● Handbewegung „wie kritzeln“ statt „kritzeln“
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Vermeidung metasprachlicher Kommentar
● Weiß nicht● Weiß nicht, wie das heißt
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Suchverhalten● „Der macht... der hängt sich... der hält sich da
fest“ statt „springen“
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Verwendung anderer Wortarten● „Mund auf“ statt „gähnen“● „Mann Bücher“ statt „tragen“
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Qualitative Analyse
Gibt wichtige Hinweise für die Therapieplanung
Aufschluss über semantisch Reaktion semantische Organisation des kindlichen Lexions
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Interpretation
Auffälligkeiten im expressiven Wortschatz:● Wörter wurden nicht erworben und mit wichtige
Bedeutungsmerkmalen gespeichert● Erworbene Wörter konnten nicht ausreichend
ins mentale Lexikon integriert werden − Zugriff ist aufgrund mangelnder Strukurierung
erschwert● Abrufprobleme
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C: Einschätzung der Basisvariablen
Zugrundeliegende Bedingungen für den Wortschatzerwerb und -Gebrauch
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C: Basisvariablen
Anregendes unterstützendes soziales Klima
● Personale und soziale Variablen (Selbstmamagement Eigeninitiative)
● Kognitive Verarbeitungs- und Worterwerbsstrategien
● Kognitive Prozessvariablen
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CC1Untersuchung
vonpersonalen und
sozialen Variablen
C2Untersuchung der
kognitiven Kapazitäten
und Strategien fürden Worterwerb
C3Untersuchung
kognitiver Prozessvariabel
n+ +
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C1: Personale und soziale Variablen
!Anregendes und unterstützendes soziale Klima!
● Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem● Kommunikationsfreude● Positives Problembewusstsein, realistische
Selbsteinschätzung● Fähigkeiten zur Anwendung und zum Erwerb
von Metawissen
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C2: Kognitive Kapazitäten und Strategien
Kapazitäten− Phonologisches Arbeitsgedächtnis − Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit− Aufmerksamkeit (joint attention)
Strategien− Lexikalische Erwerbsstrategien
● Artikel Rothweiler
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C3: Prozessvariablen
● Organisation der Wortabrufprozesse− Artikel zum „Fast Mapping“
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Diagnostik semantisch-lexikalischer Störungen bei Erwachsenen
Globale Aphasie
Hat sich nicht durch in vivo Untersuchungen nicht sicher bestätigen lassen
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LOGOGENMODELL
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Aufgaben● Diskrimmination (auditiv/visuell)● Lexikalisches Entscheiden● Nachsprechen (Wörter/Nichtwörter)● Lesen● Schreiben nach Diktat● Sprachverständnis● Benennen
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Patient RW (Rapp, 2001)
● Läsion in der linken frontoparietalen Hirnregion
● Probleme mit− Mündlichem und schriftlichem Benennen
● Sprachverständnis gut
● Vermutete Ursache− Orthographische und phonologische Wortform
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LEMO● Sprachverständnis
− Synonoyme mit semantischem Ablenker (auditiv/visuell)
− Wort-Bild Zuordnung (auditiv/visuell)− Synonnyme (auditiv/visuell)− Homophone / Allographen (Wortbildzuordnung
Wahl/Wal)− Entscheidung: Wort Neologismus?
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LEMO● Benennen
− Schriftlich − Mündlich
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De Bleser, R. , Cholewa, J., Stadie, N., & Tabatabaie, S. (2004). LEMO - Lexikon modellorientiert (1. Aufl.). München: Elsevier Urban und Fischer.Glück, C. Wolfgang. (03.03.2004). Semantisch-lexikalische Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Retrieved May 10, 2007, from http://www.paed.uni-muenchen.de/~glueck/semlex.htm.Glück, C. Wolfgang. (2005). Kindliche Wortfindungsstörungen: Ein Bericht des aktuellen Erkenntnisstandes zu Grundlagen Diagnostik und Therapie (3., korr. Aufl.). Münchner Beiträge zur Sonderpädagogik, 19. Frankfurt am Main [u.a.]: Lang.Kauschke, C. (2000). Der Erwerb des frühkindlichen Lexikons: Eine empirische Studie zur Entwicklung des Wortschatzes im Deutschen. Tübinger Beiträge zur Linguistik. Series A: Language Development, 27. Tübingen: Narr.Rapp, B. (Ed.). (2001). The handbook of cognitive neuropsychology: What deficits reveal about the human mind. Philadelphia Pa.: Psychology Press.Siegmüller, J., & Kauschke, C. (2002). Patholinguistische Diagnostik bei Sprachentwicklungsstörungen. München, Jena: Urban & Fischer.