Die Bielefelder Laborschule Die Bielefelder Laborschule im Spiegel ihrer PISA-im Spiegel ihrer PISA-
ErgebnisseErgebnisse
Referenten:F. RammJ. Körtner
S.Papenfuß
GliederungGliederung
1. Vorstellung der Laborschule• Ziele, Einrichtungen, Programm, Stufen
2. Durchführung der PISA-Studie
3. Ergebnisse der PISA-Studie
4. Kritik und öffentlicher Diskurs an und über die Ergebnisse
5. Kritik am Aufnahmeschlüssel. Eine „normale Schichtung“?
6. Wem nützt eine Laborschule?Interviewausschnitte von Wolfgang Klafki
Gründungsdaten und Ziele der Schule
• staatliche Versuchsschule des Landes Nordrhein-Westfalen. • wurde mit dem benachbarten Oberstufen-Kolleg im Jahr 1974 nach den Vorstellungen und Konzepten des Pädagogen Hartmut von Hentig gegründet
Ziele der Schule: neue Arten des Lehrens und Lernens und
des Miteinanders in der Schule entwickeln Erkenntnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen
theoretische und praktische Arbeit
Gründer der Gründer der LaborschuleLaborschule
• Hartmut von Hentig • Idee von 1970 • Universität soll eng mit Schulen zusammenarbeiten ein Gelände
Zwei EinrichtungenZwei Einrichtungenunter einem Dachunter einem Dach
• Organisationsstruktur entspricht einem doppelten Auftrag: zwei Einrichtungen unter einem Dach
1. Versuchsschule hat ein besonderes pädagogisches Profil und einen bleibenden pädagogischen Entwicklungsauftrag 2. Wissenschaftliche Einrichtung begleitet Entwicklungsprozess Auswertung
Beide Einrichtungen werden durch eine gemeinsame Leitung gesteuert.
• Der Laborschule ist außerdem ein Wissenschaftlicher Beirat zugeordnet
Das ProgrammDas Programmder Laborschuleder Laborschule
• angehende Lehrer sollen Praxiserfahrung in einem der Realität entsprechenden Raum sammeln können
• Suche nach einer Lösung für aktuelle Probleme (unter wissenschaftlicher Anleitung)
• Impulse auf das normale Schulsystem sollen entstehen
• neue, andere Formen des Lernens sollen erprobt werden
• mündige Bürger, gewaltfrei, Umgang miteinander lernen
PädagogischePädagogischeLeitlinienLeitlinien
• Schule als Lebens- und Erfahrungsraum Grunderfahrungen ermöglichen;
Lebensumwelt einbeziehen • mit Unterschieden leben Rücksicht / voneinander lernen• Schule als Gesellschaft im Kleinen Regeln des demokratischen Zusammenlebens lernen• Stufung in kleinen Schritten die Welt der Erwachsenen kennen lernen und an ihr teilnehmen
Struktur derStruktur derSchülerschaftSchülerschaft
Die Laborschule umfasst die Jahrgänge 0 (Vorschuljahr) bis10 und hat insgesamt 660 SchülerInnen (60 je Jahrgang).
Diese lässt sich in 4 Stufen gliedern:Stufe I (Jg. 0 - 2),Stufe II (Jg. 3 - 5),Stufe III (Jg. 5 - 7),Stufe IV (Jg. 8 - 10).
Jahrgang 5 der Stufe II stellt das Bindeglied zwischen der Primar- und der Sekundarstufe dar
Wie setzt sich die Wie setzt sich die Schülerschaft zusammen?Schülerschaft zusammen?
• Angebotsschule
• Kinder ab fünf Jahren z.B. Aufnahmeschlüssel
Ziel des Aufnahmeschlüssels : Schülerpopulation soll der gesellschaftlichen
Schichtung entsprechen
Schultag der Schultag der unterschiedlichen Jahrgängeunterschiedlichen Jahrgänge
• Gesamtschule• keine Einstufung nach Leistungen• Schüler der Jahrgänge 0 - 2 (Stufe I) haben einen Schulvormittag bis 12.30Uhr• bis 15.15 Uhr wird Nachmittagsbetreuung durch Erzieher/Innen angeboten• anschließend findet bis 16.30 Uhr eine Randbetreuung statt Finanzierung: Förderverein über Elternbeiträge • für Schüler/Innen der Jahrgänge 3 - 10 startet der Unterricht um 8.30 Uhr • an zwei bis vier Nachmittagen bis 15 oder 16 Uhr (nach Schulstufe gestaffelt) • Dienstag Nachmittag Konferenzen
UnterrichtsangebotUnterrichtsangebot
• Sekundarstufe Pflicht- und Wahlbereich
(nach Altersstufen)• abhängig von individuellen Lern- und Abschlussprofilen
Beurteilungssystem /Lernentwicklungsberichte• ab Ende des 9. Schuljahres ein Notenzeugnis• ab dem 10. Schuljahr werden übliche Abschlüsse der Gesamtschulen vergeben
Stufe I (Jahrgang 0-2)Stufe I (Jahrgang 0-2)
• sanfter Übergang integriertes Vorschuljahr• jahrgangsübergreifende Gruppen offener Unterricht mit individueller Fördermöglichkeit• kein Stundenplan ungefächerter Unterricht, Pausen
und Entspannung inbegriffen • ab der Vorschule altersgemäß eine Fremdsprache lernen
Stufe IIStufe II
• offener Unterricht in jahrgangsübergreifenden Gruppen• Erlernen der Kulturtechniken• Projekte
Stufe IIIStufe III
• Lernen in Erfahrungsbereichen Unterricht ist in größere
Einheiten gegliedert • Angebotsdifferenzierung statt Leistungsdifferenzierung• Reisen Haushalt selber erledigen gehört zur Philosophie
Stufe IVStufe IV
• individuelle Abschlussprofile• Einblicke in die Arbeitswelt Praktika• Jahresarbeiten• teilweise länderübergreifende
Zusammenarbeit
Wissenschaftliche EinrichtungWissenschaftliche Einrichtungder Laborschuleder Laborschule
• zwei miteinander kooperierende Einrichtungen• Laborschule als Versuchsschule und als
wissenschaftliche Einrichtung• in der Schule werden unter Aufsicht von
Erziehungswissenschaftlern neue Arbeitsweisen erprobt• Erziehungswissenschaft gewinnt dadurch an Praxis
ElternmitarbeitElternmitarbeit
• die Laborschule möchte die Eltern in ihre Arbeit integrieren z.B. AG
• alle 4-6 Wochen Elternabend Elternrat einmal im Monat
• Elternmitarbeit über die Elternabende hinaus erwünscht bspw. Lernberichte
Projekte Projekte der Laborschuleder Laborschule
• Schülerfirma UNESCO• Projektwochen Schulpartnerschaften• „Lernen für Europa“
Tipps für BesucherTipps für Besucher
• Infoabende• offene Besuchstage• Hospitationen
Durchführung der Durchführung der PISA-StudiePISA-Studie
• Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts 2002 beauftragt, Laborschule im Rahmen von PISA zu testen
• getestet wurden: sämtliche 15-Jährige, alle Neuntklässler insgesamt 82 Schüler
• zusätzliche Instrumente aus nationalen & internationalen Schulvergleichsstudien herangezogen
• zwei Schultage (23./24. April 2002) getestet
Durchführung der Durchführung der PISA-StudiePISA-Studie
• Vorbereitung: Mitarbeiter des MPIB, Berlin und
Schulkoordinatorin
• externe Testleiter (3 Studenten höherer Semester)
• Durchführung parallel in 3 Testgruppen
Durchführung der Durchführung der PISA-StudiePISA-Studie
1. Testtag: internationale Tests,
internationaler Schülerfragebogen
Durchführung der Durchführung der PISA-StudiePISA-Studie
2. Testtag: - internationaler PISA-Test um Mathematik-
bzw. Naturwissenschaftenblock erweitert
- Aufgaben des nationalen Mathematiktests
- kognitiver Fähigkeitstest
- Fragebogen zur politischen Bildung
- nationaler Schülerfragebogen
(Kooperation, Kommunikation)
- Soziometriefragebogen (soziale Beziehungen)
Durchführung der Durchführung der PISA-StudiePISA-Studie
• Dauer der Erhebung: jeweils ca. 3 Stunden
• an DPC in Hamburg geschickt
• Elternfragebogen
• Erwartungswerte werden geschätzt
• teilweise bereits veröffentlichte Aufgaben in Tests
Ergebnisse der Ergebnisse der PISA-StudiePISA-Studie
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (Berlin):
• Fachleistungen• „Bildung für alle“? Geschlechterspezifische Unterschiede• Kooperation und demokratische Kompetenz• Schulzufriedenheit
Ergebnisse der PISA-StudieErgebnisse der PISA-Studie1. Fachleistungen1. Fachleistungen
• Die durchschnittliche Leistungen der
15-Jährigen liegen in allen Bereichen
deutlich über den Mittelwerten NRWs
keine Aussage über Effektivität
• In den Bereichen Lesen und
Naturwissenschaften entspreche die
Leistungen ungefähr den der
Vergleichsgruppe
• Im Bereich Mathematik etwas unter
dem MittelwertQuelle: (Stand:30.01.2008) http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/Presseinformation.pdf
Ergebnisse der PISA-StudieErgebnisse der PISA-Studie2. Geschechterspezifische 2. Geschechterspezifische
UnterschiedeUnterschiede
• Mädchen erzielen deutlich bessere Ergebnisse als die Jungen,
besonders im Lesen
für Mädchen besonders günstiges Lernumfeld
• Werte der Mädchen übertreffen in den Naturwissenschaften die Werte
der Vergleichsgruppe um etwa 20 Punkte
• „Bildung für alle“:
Erzielen von guten Bildungserfolgen unabhängig von der
Schichtzugehörigkeit
weder besonders gute noch besonders geringe Erfolge
Ergebnisse der PISA-StudieErgebnisse der PISA-Studie3. Kooperation und3. Kooperation und
demokratische Kompetenzdemokratische Kompetenz
• Besonders starke Domäne der
Laborschule Markantester Unterschied in der
Bereitschaft zur sozialen
Verantwortungsübernahme und zu
sozialem Engagement
• Geschlechterunterschied zu
Gunsten der Mädchen, aber auf
insgesamt hohem Niveau
Quelle: (Stand:30.01.2008) http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/Presseinformation.pdf
Ergebnisse der PISA-StudieErgebnisse der PISA-Studie4. Schulzufriedenheit4. Schulzufriedenheit
• Hohe Zufriedenheit der Schüler
und Eltern mit der Schule sowie mit
den Lehrkräften
• Hohes Vertrauen in ihre Lehrer
• Besondere Mühe der Lehrer
mehr UnterstützungQuelle: (Stand:30.01.2008) http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/Presseinformation.pdf
Kritik und öffentlicher Diskurs Kritik und öffentlicher Diskurs an und über die Ergebnissean und über die Ergebnisse
1. dpa-Ausschnitte und Zeitungsmeldungen
2. Stellungnahme des Max-Planck-Institutes
3. Deutscher Lehrerverbund
4. Aussagen von Thurn und Tillmann
1.dpa-Ausschnitte und 1.dpa-Ausschnitte und ZeitungsmeldungenZeitungsmeldungen
13. November 2002• Meldung mit Titel „PISA-Traumnoten für zwei deutsche Versuchsschulen“ veröffentlicht
• Vergleich der erzielten Ergebnisse beider Schulen mit Mittelwerten Deutschlands, Finnlands und Koreas exzellente Leistungsergebnisse
• von mehreren Zeitungen aufgegriffen
1.dpa-Ausschnitte und 1.dpa-Ausschnitte und ZeitungsmeldungenZeitungsmeldungen
Tagesspiegel:
„Triumph der Struwwelpeter: Die Reformschulen haben bei PISA Traumergebnisse erzielt – weit über den internationalen Spitzenwerten“ (14. Nov.)
Süddeutsche Zeitung:
„Die Laborschule in Bielefeld und die Helene-Lange-Schule in Wiesbaden warten beim Schulleistungstest PISA überraschend mit Traumnoten auf.“ (19. Nov.)
2. Stellungnahme des2. Stellungnahme desMax-Planck-InstitutesMax-Planck-Institutes
26. November 2002• Meldungen irreführend
• entsprechen nicht der Darstellung der Ergebnisse für die Laborschule, die das MPIB der Presse präsentiert hat
• Zusammensetzung der Schülerschaft zu berücksichtigen
• unzulässiger Hinweis auf Effektivität
3. Deutscher Lehrerverbund3. Deutscher Lehrerverbund
10. Dezember 2002• Verdacht:
- PISA-Daten mit äußerster Zurückhaltung zu sehen bzw.
falsch dargestellt und interpretiert
- Nachrichtenagentur und Zeitungen bewusst positiv
berichtet
• dieselben Agenturen/Zeitungen sorgten dafür, dass Presseerklärung des MPIB nicht verbreitet wurde
3. Deutscher Lehrerverbund3. Deutscher Lehrerverbund
• PISA-Ergebnisse: kein Beleg für angebliche Überlegenheit
von Gesamtschulen• Darstellung: Laborschule B. als Schule mit angeblich
überragenden Werten falsch
Presseerklärung des MPIB
3. Deutscher Lehrerverbund3. Deutscher Lehrerverbund
• Laborschule 1 Jahr nach PISA- Hauptdurchlauf nachgetestet teilweise bereits Aufgaben bekannt
• Leiter der wissenschaftlichen Begleitkommission der Laborschule B. (Prof. Dr. Tillmann) zugleich Mitglied des nationalen PISA-Konsortiums
4. Aussagen von Thurn 4. Aussagen von Thurn und Tillmannund Tillmann
• angstfreies Lernen, Spaß am Lernen
• Ganztagsschule mit mehr gemeinsamer Zeit
• gegenseitiges Fördern und Helfen v.a. schwache Schüler profitieren
• Migrantenkinder erwünscht, Zusammensetzung von Bielefelds Bevölkerung entsprechen
4. Aussagen von Thurn 4. Aussagen von Thurn und Tillmannund Tillmann
jedoch fehlen Kinder aus bildungsfernen Milieus
• keine zentralen Themen der Regelschulen (Hausaufgaben, kein Sitzenbleiben, keine Zensuren)
• Erfolg zeigt sich im PISA-Test Ausnahme Mathematik
• Aus-Zeit für Lehrer alternative Konzepte
4. Aussagen von Thurn 4. Aussagen von Thurn und Tillmannund Tillmann
• enge Kooperation Uni – Schule reger Austausch, Flexibilität
• in Deutschland lernt Großteil der Schüler aus Angst vor sozialem Abstieg Gefühl ist Laborschülern fremd
• Selbstvertrauen; Freude am Weiterlernen
Kritik am AufnahmeschlüsselKritik am AufnahmeschlüsselEine „normale Schichtung“?Eine „normale Schichtung“?
Sozialschicht Schüleranteil in %
Gehobene Sozialschicht 25,8%
Mittlere Sozialschicht 38,4%
Grundschicht 35,4%
Sozialschicht Schüleranteil in %
An- und ungelernte Arbeiter 6,3%
Facharbeiter 8,7%
Mittlere Angestellte und Beamte 19,0%
Zwei Elternteile in
unterschiedlichen Berufsgruppen19,8%
Höhere Angestellte 46,1%
Aufnahmeschlüssel der Laborschule:
1. Einschulung nach fairen und transparenten Kriterien
2. Population der Schule gibt in etwas die „normale Schichtung“ wieder
„normale Schichtung“ war Fiktion attraktiv für Akademikerkinder durch
den reformpädagogischen Ansatz und die Nähe zum Einzugsbereich
Soziale Herkunft
LaborschuleIntegrierte
GesamtschuleGymnasium
BRD
Familie mit beiden Eltern
46,7% 68,5% 81,4%
Familie mit mindestens
einem Elternteil mit Abitur oder
Fachhochschul-reife
74,8% 35,9% 61,5%
Arbeiterfamilien 15,8% 51,4% 21,7%
Wem nützt eine Laborschule?Wem nützt eine Laborschule?Interviewausschnitte von Interviewausschnitte von
Wolfgang KlafkiWolfgang Klafki
Argument „so etwas ist gar nicht möglich“ wird entkräftet
„im Einzellfall, mit den bestimmten Rahmenbedingungen
und einem besonders geschulten und engagierten
Kollegium, mag das gehen – aber im Regelschulwesen
insgesamt geht es nicht.“
Laut Klafki wurde dieses Urteil noch nicht revidiert
Kritik an der Kürze von Experimental-Programmen Überforderung der Schulen
Zwang nach „Erfolgen“, die noch nicht abgesichert sind
empirische Beweisfunktion: „Überlegenheit“Wie gewichtet man die Unterschiede?
Offene FrageOffene Frage
Die Laborschule:
Ein Modell für die Schulen der
Zukunft?
Dankeschön!
Sehr gute Mitarbeit!
LiteraturangabenLiteraturangaben
Literatur• Kleinespel, Karin: Schule als biographische Erfahrung: die Laborschule im Urteil ihrer Absolventen. Weinheim; Basel: Beltz 1990 (Studien zur Schulpädagogik und Didaktik; Bd. 3)
• Stanat, Petra; Thurn, Susanne; Tillmann, Klaus-Jürgen; Watermann, Rainer (Hrsg.): Die Laborschule im Spiegel ihrer PISA – Ergebnisse. Pädagogisch – didaktische Konzepte und empirische Evaluation reformpädagogischer Praxis. Weinheim und München: Juventa 2005.
• Thurn, Susanne; Tillmann, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Laborschule – Modell für die Schule der Zukunft. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt 2005.
LiteraturangabenLiteraturangaben
Internet
• www.laborschule.de (Stand: 18.01.2009)
• www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/laborschule.html (18.01.2009)
• www.lehrerverband.de/mpib1.htm
• www.3sat.de/kulturzeit/themen/88927/index.html