Download - Diplomarbeit: Eine Analyse der Einsatzmöglichkeiten von Wikis zur Geschäftsprozessunterstützung
FREIE WISSENSCHAFTLICHE ARBEIT ZUR ERLANGUNG
DES GRADES EINER DIPLOM-WIRTSCHAFTSINGENIEURIN
MIT DEM THEMA:
EINE ANALYSE DER EINSATZMÖGLICH-
KEITEN VON WIKIS ZUR GESCHÄFTS-
PROZESSUNTERSTÜTZUNG
EINGEREICHT BEI: PROF. DR. ERIC SCHOOP
LEHRSTUHL FÜR WIRTSCHAFTSINFORMATIK,
INSBES. INFORMATIONSMANAGEMENT
FAKULTÄT WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN
TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN
EINGEREICHT AM: 21.04.2011
EINGEREICHT VON: SANDRA TÖGEL
EXTENDED ABSTRACT: EINE ANALYSE DER EINSATZMÖGLICHKEITEN VON WIKIS ZUR GE-
SCHÄFTSPROZESSUNTERSTÜTZUNG
EXTENDED ABSTRACT 1
EINE ANALYSE DER EINSATZMÖGLICHKEITEN VON WI-
KIS ZUR GESCHÄFTSPROZESSUNTERSTÜTZUNG
SANDRA TÖGEL
1. Kontext der Arbeit und Motivation zu diesem Thema
Die Arbeit ist dem Fachgebiet der Wirtschaftsinformatik sowie Organisationslehre zu
zuordnen. Sie beschäftigt sich mit den Themenkomplexen „Enterprise 2.0“ (insbeson-
dere der Anwendungsklasse der Wikis) sowie „Geschäftsprozessmanagement“.
Das Organisationsgestaltungskonzept „Geschäftsprozessmanagement“ hat seit den
90er Jahren zunehmend an Popularität gewonnen und ist ein anerkanntes Manage-
mentkonzept zur Steuerung der innerbetrieblichen Abläufe. Jedoch stößt das Konzept
vor dem Hintergrund der zunehmenden Dynamik der Umweltbedingungen sowie dem
steigenden Anteil an Arbeit mit Projektcharakter (Kurz, 2009, S. 1) auf immer mehr
Probleme und Grenzen. Es soll deshalb in dieser Arbeit untersucht werden, wie sich
das Verständnis des Geschäftsprozessmanagements im Enterprise 2.0 wandelt und wie
mit den neuen Technologien und Prinzipien des Enterprise 2.0 diesen Problemen be-
gegnet werden können.
2. Zielstellung der Arbeit
Diese Arbeit verfolgt das gestaltungsorientierte Ziel, ein Konzept für ein Wiki-
unterstütztes Geschäftsprozessmanagement im Enterprise 2.0 zu entwickeln. Dabei
soll kein einseitiger Fokus auf Technologien (Social Software) gelegt werden, viel-
mehr soll ein ganzheitliches Verständnis geschaffen werden, welches vor allen Dingen
organisationskulturelle Aspekte des Enterprise 2.0-Konzeptes einschließt. Das zu
entwickelnde Konzept soll dabei einen initialen, prototypischen Charakter aufweisen.
Eine anschließende empirische Erprobung des Konzeptes ist nicht Ziel dieser Arbeit.
3. Vorgehensweise
Zur Erreichung des Forschungsziels wurden folgende Forschungsfragen gestellt, wel-
che mittels einer literaturbasierten argumentativ-deduktiven Analyse (Wilde & Hess,
2007, S. 284) in qualitativer Form beantwortet wurden:
EXTENDED ABSTRACT: EINE ANALYSE DER EINSATZMÖGLICHKEITEN VON WIKIS ZUR GE-
SCHÄFTSPROZESSUNTERSTÜTZUNG
EXTENDED ABSTRACT 2
F1. Was versteht man unter dem Begriff "Enterprise 2.0"?
F2. Auf welche Probleme und Grenzen stößt das klassische Geschäftsprozessmana-
gement?
F3. Wie können Enterprise 2.0-Tools und -Prinzipien genutzt werden, um den aktu-
ellen Problemen des Geschäftsprozessmanagements zu begegnen?
F4. Welche Kategorien von Geschäftsprozessen können in ihrer Durchführung durch
den Einsatz von Wikis unterstützt werden?
4. Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Alle gestellten Forschungsfragen konnten beantwortet werden. Durch eine literaturba-
sierte Recherche konnten vier Probleme des klassischen Geschäftsprozessmanage-
ments identifiziert werden: 1. Prozesse „veralten“ rapide aufgrund hoher Umweltdy-
namik, 2. der Anteil an Prozessen mit Projektcharakter steigt, 3. fehlendes Einbinden
von Wissen über Prozesse bei der Prozessgestaltung sowie 4. Unwissen über Aktuali-
tät der Prozesse bei den Mitarbeitern.
Zur Lösung der identifizierten Probleme wurde das Instrument der Prozess Communi-
ty entwickelt, welches auf den Prinzipien von Enterprise 2.0 basiert. Unter Prozess
Community wird eine Organisationsform für Prozessmanagement mit dem Ziel der
Prozessverbesserung und Erhöhung der Prozessorientierung verstanden, in der Mitar-
beiter aus allen Hierarchieebenen und Abteilungen an der Prozessgestaltung mitwir-
ken können. Die Konzeptbeschreibung beinhaltet:
Ziele und Aufgaben der Prozess Community,
ein Rollenmodell, welches sicherstellt, dass die notwendigen Kompetenzen
und Ressourcen zur Verfügung stehen,
verschiedene Szenarien, wie eine Wiki-Plattform die Prozess Community un-
terstützen kann sowie
Gestaltungshinweise für den Betrieb der Prozess Community.
5. Implikationen und weiteres Forschungspotenzial
Auf Basis des entwickelten Konzeptes sind verschiedene Ansätze für Anschlussfor-
schungen denkbar. Die Durchführung einer Fallstudie, in der die reale Erprobung des
Konzeptes untersucht wird, kann weitere Potentiale für die Weiterentwicklung der
EXTENDED ABSTRACT: EINE ANALYSE DER EINSATZMÖGLICHKEITEN VON WIKIS ZUR GE-
SCHÄFTSPROZESSUNTERSTÜTZUNG
EXTENDED ABSTRACT 3
Gestaltungselemente der Prozess Community aufdecken. Zusätzlich können weitere
Aspekte wie die Kosten- und Ressourcensicht oder ein Meta-Prozess der Selbsterneu-
erung der Prozess Community untersucht werden, welche in dieser Arbeit bewusst
nicht betrachtet wurden.
6. Fünf wichtigste (verwendete) Literaturquellen
ALLWEYER, T. (2009). Geschäftsprozessmanagement: Strategie, Entwurf,
Implementierung, Controlling (3. Auflage.). Herdecke; Bochum: W3L.
BUHSE, W., & STAMER, S. (2008). Enterprise 2.0 - Die Kunst, loszulassen. Berlin:
Rhombos.
KOCH, M., & RICHTER, A. (2009). Enterprise 2.0: Planung, Einführung und
erfolgreicher Einsatz von Social Software in Unternehmen (2. Auflage). München:
Oldenbourg.
KOMUS, A., & WAUCH, F. (2008). Wikimanagement: Was Unternehmen von Social
Software und Web 2.0 lernen können. München: Oldenbourg.
KURZ, M. (2009). BPM 2.0. Organisation, Selbstorganisation und Kollaboration im
Geschäftsprozessmanagement. Bamberg, Regensburg, Erlangen.
INHALTSVERZEICHNIS
SEITE I
INHALT
ABKÜRZUNGEN III
ABBILDUNGEN IV
TABELLEN V
1 Einleitung ........................................................................................................ 1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung ..................................................................... 2
1.2 Aufbau der Arbeit ............................................................................................. 3
2 Enterprise 2.0 und Wikis ................................................................................ 5
2.1 Vom Web 2.0 zum Enterprise 2.0 ..................................................................... 5
2.2 Enterprise 2.0 als Einsatz neuer Technologie .................................................. 6
2.3 Enterprise 2.0 als neue Organisationsphilosophie ........................................... 9
2.4 Wikis ............................................................................................................... 10
2.4.1 Gestaltungsprinzipien .................................................................................. 11
2.4.2 Funktionen ................................................................................................... 12
2.4.3 Besonderheiten von Enterprise Wikis .......................................................... 13
3 Theorie des Geschäftsprozessmanagements ........................................... 15
3.1 Historische Entwicklung.................................................................................. 15
3.1.1 Scientific Management – Funktionsorientierung der Organisation ............... 16
3.1.2 Von der Aufbau- zur Ablauforganisation ...................................................... 17
3.1.3 Business Process Reengineering und Wiederentdeckung der Prozesse .... 18
3.2 Geschäftsprozessbegriff ................................................................................. 19
3.2.1 Klassifizierungsmöglichkeiten ...................................................................... 21
3.2.2 Einsatzgebiete für ein Wiki ........................................................................... 24
3.3 Das klassische Geschäftsprozessmanagement ............................................. 25
3.3.1 Der Geschäftsprozessmanagement-Kreislauf ............................................. 26
3.3.2 Das Rollenverständnis im klassischen Geschäftsprozessmanagement ...... 28
3.3.3 Herausforderungen für das Geschäftsprozessmanagement ........................ 29
4 Geschäftsprozessmanagement im Zeitalter des Enterprise 2.0 ............... 32
4.1 Bewältigung der Herausforderungen .............................................................. 32
4.1.1 Empowerment .............................................................................................. 32
4.1.2 Weisheit der Vielen ...................................................................................... 33
4.1.3 Virtuelle Community ..................................................................................... 34
4.1.4 Chancen und Risiken durch Enterprise 2.0 .................................................. 35
4.2 Prozess Community ....................................................................................... 36
4.2.1 Ziele und Aufgaben ...................................................................................... 37
INHALTSVERZEICHNIS
SEITE II
4.2.1.1 Prozessverbesserung ................................................................................ 37
4.2.1.2 Prozessorientierung .................................................................................. 38
4.2.1.3 Verhältnis zum klassischen Geschäftsprozessmanagement ..................... 39
4.2.2 Aufbau und Rollen ....................................................................................... 41
4.2.2.1 Prozessverantwortlicher ............................................................................ 43
4.2.2.2 Prozesspate .............................................................................................. 43
4.2.2.3 Moderator .................................................................................................. 44
4.2.2.4 Erweitertes Team ...................................................................................... 45
4.2.3 Das Wiki als Raum für die Prozess Community ........................................... 45
4.2.3.1 Die Rolle des Wikis ................................................................................... 46
4.2.3.2 Anwendungsszenarien .............................................................................. 46
4.2.4 Notwendige Rahmenbedingungen ............................................................... 50
4.2.4.1 Unterstützung durch das Management ..................................................... 51
4.2.4.2 Motivation von Mitarbeitern ....................................................................... 52
5 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................... 55
5.1 Ergebnisse der Arbeit ..................................................................................... 55
5.2 Kritische Anmerkungen .................................................................................. 58
5.3 Ausblick und weiterer Forschungsbedarf........................................................ 58
LITERATUR VI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
SEITE III
ABKÜRZUNGEN
Ajax
CSCW
ERP
HTML
RSS
WFMS
WWW
WYSIWYG
Asynchronous JavaScript and XML
Computer Supported Collaborative Work
Enterprise Resource Planning
Hypertext Markup Language
Really Simple Syndication
Workflowmanagement-System
World Wide Web
What You See Is What You Get
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
SEITE IV
ABBILDUNGEN
Abbildung 1.1: Aufbau der Arbeit ................................................................................. 4
Abbildung 2.1: Anzahl der Artikel in Wikipedia (Wikipedia, 2010) ............................. 10
Abbildung 3.1: Zusammenhänge zur Entwicklung des Geschäftsprozessmanagements ....................................................... 15
Abbildung 3.2: Funktionale vs. prozessorientierte Sicht der Organisation (Komus & Wauch, 2008, S. 237) ........................................................................ 17
Abbildung 3.3: Bezugspunkte des Geschäftsprozessmanagements (Schmelzer & Sesselmann, 2008, S. 5) ................................................................... 26
Abbildung 3.4: Der Geschäftsprozessmanagement-Kreislauf (Allweyer, 2009, S. 91) ................................................................................................. 27
Abbildung 4.1: Das strategische und operative Geschäftsprozessmanagement (Kurz, 2009, S. 34) ....................................................................................... 40
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
SEITE V
TABELLEN
Tabelle 2.1: Beobachtungsmerkmale der Veränderungen im Web (Gissing & Tochtermann, 2007, S. 12) ...................................................................... 6
Tabelle 2.2: Gegenüberstellung Groupware und Social Software (in Anlehnung an Tscherteu, 2004, S. 6) ............................................................................. 9
Tabelle 2.3: Wiki-Gestaltungsprinzipien (Müller & Dibbern, 2006, S. 48) .................. 12
Tabelle 3.1: Kategorisierungsrahmen für Geschäftsprozesstypen ............................ 23
Tabelle 3.2: Herausforderungen für das Geschäftsprozessmanagement ................. 31
Tabelle 4.1: Rollen in der Prozess Community .......................................................... 42
Tabelle 4.2: Wiki-Anwendungsszenarien .................................................................. 50
Tabelle 4.3: Einfluss des Transformationalen Führungsstils auf die Mitarbeitermotivation ............................................................................. 54
Tabelle 5.1: Potenziale der Prozess Community für das Geschäftsprozessmanagement ............................................................. 57
KAPITEL 1: EINLEITUNG
SEITE 1
1 EINLEITUNG
„Wenn Du wissen willst, was in deinem
Unternehmen verbessert werden kann,
frage deine Mitarbeiter.“
- Peter Drucker
Im Laufe der letzten 150 Jahre hat sich das Bild der Arbeit radikal verändert. Der Übergang
von der Agrar- zur Industriegesellschaft seit den Anfängen des industriellen Zeitalters war mit
epochalen Fortschritten der Technologien, Produktivität und Wissenschaften verbunden. Von
der zweiten industriellen Revolution, in deren Mittelpunkt die Automatisierung und Massen-
produktion von Gütern stand (Wende des 20. Jh.), über die Entwicklung der Mikroelektronik
und Informations- und Kommunikationstechnologie (1970er) bis hin zur heutigen global ver-
netzten Wissens- und Informationsgesellschaft hat die Arbeitswelt tiefgreifende Umbrüche
und Veränderungen erlebt (Niemeier, 2011).
In gleichem Maße hat sich die Organisations- und Steuerungsform der modernen Arbeit in
den Unternehmen gewandelt. Geschäftsprozessmanagement als eine Steuerungsform der Un-
ternehmensabläufe hat sich von einer anfänglichen Managementmode in den 90er Jahren zu
einem etablierten und anerkannten Konzept gewandelt. Verdeutlicht wird diese Entwicklung
durch die Forderung der Prozessorientierung im Qualitätsmanagement (vgl. EFQM) und die
Aufnahme in die DIN ISO 9000-Norm. Ziel der Prozessorientierung ist es, durch das Über-
winden von Abteilungsgrenzen und Durchbrechen von aufbauorganisatorischen Strukturen
eine höhere Flexibilität – und damit verbunden – eine stärkere Kundenorientierung zu erlan-
gen.
Gleichzeitig ist in den letzten Jahren eine intensive Diskussion zum Thema „Enterprise 2.0“
entstanden. Der vom Web 2.0-Phänomen abgeleitete Begriff beschreibt den Einsatz von neu-
en, webbasierten Tools wie Wikis und Weblogs (Social Software) im unternehmensinternen
Einsatz für die Unterstützung der Kollaboration und des Wissensaustausches. Neben diesen
technischen Aspekten ist unter „Enterprise 2.0“ auch eine neue Managementphilosophie zu
verstehen, in der unter anderem eine stärkere Partizipation und Selbstbestimmung der Mitar-
beiter gefordert wird (Buhse & Stamer, 2008).
KAPITEL 1: EINLEITUNG
SEITE 2
1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG
Die Auswirkungen des Enterprise 2.0-Konzeptes auf andere Managementkonzepte wie z.B.
Wissensmanagement (vgl. hierzu Lin, 2010; Koch & Richter, 2009; Schönefeld, 2009) oder
Projektmanagement (vgl. hierzu Alby, 2008, S. 44; Schmidt, 2008, S. 127) wurden in For-
schung und Praxis bereits untersucht. In Bezug auf die Vorteile des Enterprise 2.0-Konzeptes
für das Geschäftsprozessmanagement befindet sich die Forschung in einem noch relativ frü-
hen Stadium (Houy, Fettke, & Loos, 2010, S. 21).
Die ursprüngliche Zielsetzung dieser Arbeit war es, zu untersuchen, wie neue Enterprise 2.0-
Technologien – im speziellen Wikis – für die Durchführung von Geschäftsprozessen unter-
stützend eingesetzt werden können. Bei der Recherche zu dieser Fragestellung hat die Autorin
dieser Arbeit jedoch frühzeitig festgestellt, dass die rein operative Betrachtung der Geschäfts-
prozessunterstützung („Auf welche Weise unterstützt ein Wiki die Durchführung von Ge-
schäftsprozessen?“) der Konvergenz der Themen Enterprise 2.0 und Geschäftsprozessmana-
gement nicht gerecht wird. Ausschlaggebend sind die den Konzepten implizit zugrunde lie-
genden, teilweise gegensätzlichen Philosophien: Während in der Enterprise 2.0-Diskussion
jedem einzelnen Mitarbeiter die Rolle des aktiv Mitgestaltenden zugesprochen wird
(Weinberger, 2008, S. 94f), betont Geschäftsprozessmanagement im traditionellem Verständ-
nis die Vorteile einer zentralisierten Planung von Geschäftsprozessen durch wenige Experten
(Vanderhaeghen, Fettke, & Loos, 2010, S. 20).
Der ursprüngliche Untersuchungsgegenstand wurde aus diesem Grund auf zwei Ebenen er-
weitert. Anstatt isoliert die Anwendungsklasse „Wiki“ zu betrachten, wird der Fokus auf das
gesamte Enterprise 2.0-Konzept (Social Software inklusive verändertem Managementver-
ständnis) ausgeweitet. Auf dieser Basis soll nun nicht nur untersucht werden, wie die Durch-
führung von Geschäftsprozessen unterstützt werden kann; vielmehr soll erforscht werden, wie
sich das Verständnis des Geschäftsprozessmanagements im Enterprise 2.0 verändert.
Das Forschungsziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Konzeptes für ein Wiki-
unterstütztes Geschäftsprozessmanagement im Enterprise 2.0. Zur Erreichung des For-
schungsziels hat sich die Autorin folgende Forschungsfragen gestellt:
F1. Was versteht man unter dem Begriff "Enterprise 2.0"?
F2. Auf welche Probleme und Grenzen stößt das klassische Geschäftsprozessmanage-
ment?
KAPITEL 1: EINLEITUNG
SEITE 3
F3. Wie können Enterprise 2.0-Tools und -Prinzipien genutzt werden, um den aktuellen
Problemen des Geschäftsprozessmanagements zu begegnen?
F4. Welche Kategorien von Geschäftsprozessen können in ihrer Durchführung durch den
Einsatz von Wikis unterstützt werden?
1.2 AUFBAU DER ARBEIT
Diese Arbeit besteht aus 3 Hauptkapiteln (vgl. Abb. 1.1: Aufbau der Arbeit, S. 4). In KAPITEL
2 und KAPITEL 3 werden die thematischen Grundlagen aufgearbeitet und so ein gemeinsames
Grundverständnis geschaffen. In KAPITEL 4 wird aufbauend auf diesen Grundlagen das In-
strument der Prozess Community konzipiert und erklärt.
In KAPITEL 2 (Enterprise 2.0 und Wikis, S. 5-14) wird eine Einführung in das Thema Enterp-
rise 2.0 sowie zur Anwendungsklasse der Wikis gegeben. In diesem Kapitel wird konkret
untersucht, wie sich der Begriff Enterprise 2.0 herausgebildet hat, welche Dimensionen er
umfasst und welche Systematisierungsansätze für Enterprise 2.0-Technologien existieren. Im
Anschluss soll die Anwendungsklasse „Wikis“ näher untersucht werden und anhand von
Funktionen und Gestaltungsprinzipien beschrieben werden.
In KAPITEL 3 (Theorie des Geschäftsprozessmanagements, S.15-31) wird zunächst eine kurze
historische Einführung in das Forschungsgebiet des Geschäftsprozessmanagements gegeben.
Im Anschluss wird das Konzept der Geschäftsprozesse näher untersucht sowie Einsatzgebiete
von Wikis in der Durchführung von Geschäftsprozessen definiert. Abschließend werden Ein-
blicke in die Grundlagen des Geschäftsprozessmanagements gegeben sowie aktuelle Proble-
me und Herausforderungen des Geschäftsprozessmanagements herausgearbeitet.
Beide Themenkomplexe werden in KAPITEL 4 (Geschäftsprozessmanagement im Zeitalter des
Enterprise 2.0, S. 32-54) kombiniert betrachtet. Es sollen anhand von Prinzipien des Enter-
prise 2.0 Potenziale für das Geschäftsprozessmanagement aufgezeigt werden sowie mit der
Form der „Prozess Community“ eine neue Organisationsform für das Geschäftsprozessmana-
gement konzipiert werden.
Abschließend werden die Erkenntnisse der Arbeit in KAPITEL 5 (Zusammenfassung und Aus-
blick, S.55-59) zusammengefasst, kritisch betrachtet sowie weiterführender Forschungsbedarf
aufgezeigt.
KAPITEL 1: EINLEITUNG
SEITE 4
KAPITEL 1:
Einleitung
KAPITEL 2:
Enterprise 2.0 & Wikis
KAPITEL 3:
Geschäftsprozessmanagement
KAPITEL 4:
Geschäftsprozessmanagement im Zeitalter des Enterprise 2.0
Kombination der Themenfelder
Grundlagen / Vorarbeiten
KAPITEL 5:
Zusammenfassung und Ausblick
• Prozess Community
• Ziele und Aufgaben
• Rollenmodell
• Einsatz des Wikis
• Rahmenbedingungen
• Prinzipien des Enterprise 2.0
• Empowerment
• Weisheit der Vielen• Virtuelle Community
• Entstehung
• Begriffsbedeutung
• Grundlagen Wiki
• Historische Entwicklung
• Grundbegriffe
• Aktuelle Probleme
ABBILDUNG 1.1: AUFBAU DER ARBEIT
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 5
2 ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
Ziel dieses Kapitels ist es, eine Einführung in den Themenkomplex Enterprise 2.0 sowie zu
der Anwendungsklasse der Wikis zu geben. Dazu soll zunächst untersucht werden, wie sich
der Begriff Enterprise 2.0 herausgebildet hat und welche Verbindung zum Web 2.0 besteht.
Im Anschluss sollen sowohl technologische als auch organisationale Phänomene des Enterpri-
se 2.0-Konzeptes analysiert werden. Im Hinblick auf die Entwicklung eines Wiki-
unterstütztem Konzeptes für Geschäftsprozessmanagement im Enterprise 2.0 sollen die wich-
tigsten Eigenschaften und Prinzipien dieser Anwendungsklasse vorgestellt werden.
2.1 VOM WEB 2.0 ZUM ENTERPRISE 2.0
Der Begriff „Web 2.0“ wurde von O„REILLY (2005) in seinem Artikel: „What is Web 2.0“
geprägt, mit dem Ziel, auf die Veränderungen im WWW seit dem Platzen der Dotcom-Blase
aufmerksam zu machen. Im Wesentlichen werden unter dem Begriff Web 2.0 folgende wich-
tige Veränderungen verstanden (vgl. Tabelle 2.1: Beobachtungsmerkmale der Veränderungen
im Web, S. 6):
Neue Technologien und Anwendungsklassen
Neu aufgekommene Sprachen und Protokolle (Ajax, Flash, RSS, etc.) gestalteten das
WWW benutzerfreundlicher und flexibler (Stanoevska-Slabeva, 2008, S. 15). In Folge
dessen entstanden völlig neue Anwendungsklassen (Wikis, Weblogs, Social Networ-
king-Dienste), die durch große Plattform-Anbieter wie Wikipedia, Youtube oder
Facebook an Bedeutung gewonnen haben.
Verhaltensänderungen der Internetnutzer
Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der neuen Anwendungsklassen ist die Be-
teiligung aller User. Statt wie bisher als reiner Konsument von Inhalten zu agieren, hat
sich das Rollenverständnis der Internetznutzer dahin gehend verändert, Content selbst
zu erstellen und damit zum „Prosumer“ (Reichert, 2008, S. 68) zu werden. Dieses
Prinzip wird auch durch das synonym verwendete Schlagwort „MitmachWeb“ (Peters
& Stock, 2007, S. 22) veranschaulicht.
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 6
TABELLE 2.1: BEOBACHTUNGSMERKMALE DER VERÄNDERUNGEN IM WEB (GISSING & TOCHTERMANN, 2007, S. 12)
Web 1.0 Web 2.0
Governance Top down Bottom up
Fokus Erzeuger von Inhalten Nutzer von Inhalten
Information Discovery Search and Browse Publizieren und Abonnieren
Marketing Push, kontextuell Pull, persönlich
Kontrolle über Inhalte Verlage, Aggregators Autoren
Struktur des Inhalts Dokumente, Seiten Tagged Objects
Anwendungen Geschlossen, proprietär Offen, Standards
In Anlehnung an Web 2.0 haben sich Begriffe wie „Enterprise 2.0“, „Corporate Web 2.0“
oder „Business 2.0“ (Lin, 2010, S. 29) herausgebildet. Im ursprünglichen Bedeutungskontext
wurde darunter die Adaption der Prinzipien und Technologien des Web 2.0 im Unternehmen
verstanden. MCAFEE (2006a, 2006b), welcher den Begriff „Enterprise 2.0“ in der wissen-
schaftlichen Diskussion maßgeblich geprägt hat, versteht darunter „the use of emergent social
software platforms within companies, or between companies and their partners or customers“.
2.2 ENTERPRISE 2.0 ALS EINSATZ NEUER TECHNOLOGIE
Wie im letzten Abschnitt erläutert, wird unter „Enterprise 2.0“ die Adaption von Web 2.0-
Technologie – sogenannter Social Software – für Unternehmenszwecke verstanden. Trotz der
großen Bandbreite an existierenden Anwendungsklassen verfügen sie alle über für Social
Software charakteristische Eigenschaften. Einen weit verbreiteten Systematisierungsansatz
dieser gemeinsamen Kennzeichen liefert MCAFEE (2006b, S. 23-25). Mit dem Akronym
SLATES definiert er Merkmale von Social Software Plattformen. SLATES steht dabei für:
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 7
Search: Informationsplattformen müssen Nutzern benötigte Inhalte zur Verfügung
stellen können. Dies kann entweder durch eine geeignete Navigation bzw. Seitenauf-
bau, oder durch eine Suchfunktion realisiert werden.
Links: Inhalte sollten über Hyperlinks verknüpfbar sein. Dadurch werden diese struk-
turiert und ihre Relevanz lässt sich durch die Häufigkeit der Verlinkung abbilden.
Authoring: Informationsplattformen sollten die Möglichkeit der Inhaltserstellung für
eine große Gruppe von Nutzern bieten.
Tags: Mittels der Vergabe von Tags (Schlagwörtern) sollten Inhalte nutzergesteuert
strukturiert und kategorisiert werden.
Extensions: Gesammelte Nutzungsdaten sollten dafür verwendet werden, dem User
automatisch weitere mögliche interessante Inhalte vorzuschlagen (z.B. Amazon:
„Kunden die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch...“).
Signals: Durch Technologien (bspw. RSS-Feeds) können Nutzer interessante Inhalte
abonnieren, wodurch sie automatisch über die Veränderung bestehender oder die Er-
stellung neuer Inhalte informiert werden.
Dieser Systematisierungsansatz wurde von HINCHCLIFFE (2007) um vier weitere Begriffe zu
FLATNESSES erweitert.
Freeform: Informationsplattformen sollten die Herausbildung von Navigationsarten
und beliebiger Strukturen unterstützen und diese nicht im Vorfeld durch Vorgaben
einschränken.
Network-oriented: Inhalte sollten weborientiert, adressierbar und wiederverwendbar
sein (Schönefeld, 2009, S. 178).
Social: Informationsplattformen sollten es ermöglichen, Verbindungen zwischen In-
halt, Personen und Ereignissen sichtbar zu machen um somit transparent zu sein.
Emergence: Innerhalb der Informationsplattform sollten neue Eigenschaften und
Strukturen in Folge des Zusammenspiels seiner Elemente herausgebildet werden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Social Software als Klasse von Anwendungssys-
temen verstanden werden kann, „die unter Ausnutzung von Netzwerk- und Skaleneffekten,
indirekte und direkte zwischenmenschliche Interaktion [...] auf breiter Basis ermöglichen und
die Identitäten und Beziehungen ihrer Nutzer im Internet abbilden und unterstützen“ (Koch &
Richter, 2009, S. 12).
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 8
Die Fragestellung, wie Kooperation in Teams und Organisationen durch den Einsatz von In-
formations- und Kommunikationstechnologie unterstützt werden kann, ist dabei keineswegs
neu, sondern wird schon seit den 1980ern in dem Fachgebiert CSCW untersucht (vgl.
Schwabe, Streitz, & Unland, 2001, S. 2 ff.). „Computer-basierte Systeme, die eine Gruppe
von Personen in ihrem Aufgabengebiet oder Ziel unterstützen und eine Schnittstelle für eine
geteilte Arbeitsumgebung bieten“ (Ellis, Gibbs, & Rein, 1991, S. 40), werden dabei als
Groupware-Systeme bezeichnet. Trotz der thematischen Nähe dieser beiden Forschungsgebie-
te lassen sich dennoch Unterschiede zwischen Social Software und Groupware identifizieren
(vgl. Tabelle 2.2: Gegenüberstellung Groupware und Social Software, S. 9):
Der Schwerpunkt bei Social Software liegt auf der Unterstützung von Communities
und sozialen Netzwerken, während der Fokus bei Groupware eher auf die Vereinfa-
chung der Zusammenarbeit innerhalb eines Teams gelegt wird. Dadurch ist die Anzahl
der miteinander agierenden Personen bei Social Software wesentliche größer als bei
Groupware.
Bei Groupware steht die gruppenorientierte Kommunikation im Vordergrund, die
durch vorgegebene Strukturen des Systems (wo sind welche Informationen zu hinter-
legen) unterstützt wird. Social Software fördert durch die Selbstorganisation durch den
Nutzer eher eine persönlichkeitszentrierte Kommunikation.
Groupware verfolgt einen Top-Down-Ansatz und ist im Verwendungszweck stärker
determiniert. Social Software hingegen ist eher Bottom-Up-orientiert, da sie verschie-
dene Funktionalitäten bereitstellt, aber die Nutzung und Umsetzung dem Anwender
überlässt (Koch & Richter, 2009, S. 20).
Es ist jedoch die Tendenz erkennbar, dass die Grenze zwischen den beiden Begriffen aufge-
löst wird, da immer mehr Groupware-Applikationen Social Software nutzen (bspw. Lotus
Connections und Lotus Quickr) und auch Social Software um Groupware-Funktionalitäten
erweitert wird (z.B. TikiWiki).
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 9
TABELLE 2.2: GEGENÜBERSTELLUNG GROUPWARE UND SOCIAL SOFTWARE (IN ANLEHNUNG AN TSCHERTEU, 2004, S. 6)
Groupware Social Software
Top-Down Bottom-Up
Vorgegebene Organisation Selbstorganisation
Gruppenorientierte Kommunikation Persönlichkeitszentrierte Kommunikation
Eher gleich bleibende Strukturen und
Workflows
Dynamische Kommunikationsstrukturen
Vorgesetztenurteil Social Rating (Kommentare, Punkte)
2.3 ENTERPRISE 2.0 ALS NEUE ORGANISATIONSPHILOSOPHIE
Enterprise 2.0 ist wie bereits vorgestellt nicht nur ein technologisches Phänomen, sondern
weist noch eine weitere Bedeutungsebene auf. Da die neuartige Technologie in dem sozio-
technischen System der Organisation eingesetzt wird, treten das technische (Social Software)
und das soziale (Unternehmenskultur) System in Wechselwirkung und beeinflussen sich ge-
genseitig. So bedeutet für KOCH & RICHTER (2009, S. 16) „Enterprise 2.0 [..] vielmehr die
Konzepte des Web 2.0 und von Social Software nachzuvollziehen und zu versuchen, diese auf
die Zusammenarbeit in den Unternehmen zu übertragen. Dabei spielt allerdings die (Weiter-
entwicklung der) Unternehmenskultur eine bedeutende Rolle“. Wichtige Veränderungen sind
die hierarchischen Strukturen netzartiger und flacher zu gestalten und die horizontale sowie
vertikale Kommunikation zu fördern (Dückert & Hormess, 2007, S. 24). Als Folge dessen
werden die Selbstorganisation und Partizipation der Mitarbeiter gestärkt und das Management
setzt auf Vertrauen statt Kontrolle. STAMER (2008, S. 61) fasst jene Punkte unter dem Motiv
„die Kunst loszulassen“ zusammen.
Die angesprochenen organisationalen Veränderungen sind dabei nicht ausschließlich charak-
teristisch für ein Enterprise 2.0, sondern werden schon in bestehenden Organisationsansätzen
wie der Lernenden Organisation (vgl. Argyris & Schön, 2002) oder Virtuellen Organisation
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 10
(vgl. Picot, Reichwald, & Wigand, 2003) erwähnt. Das Besondere hierbei ist allerdings, dass
Social Software die Merkmale dieser Organisationsansätze durch seine Prinzipien fördert und
fordert (Komus & Wauch, 2008, S. 132).
2.4 WIKIS
Enterprise Wikis stellen derzeit die am häufigsten im Unternehmen eingesetzte Social Soft-
ware Anwendung dar (Göhring, Niemeier, & Vujnovic, 2010, S. 15). Es handelt sich dabei
um eine Form von Content-Management-Systemen, die es den Nutzern per webbasierter
Software ermöglichen, selbstständig Inhalte zu erstellen und bearbeiten.
ABBILDUNG 2.1: ANZAHL DER ARTIKEL IN WIKIPEDIA (WIKIPEDIA, 2010)
Das erste Wiki wurde 1995 von Ward Cunningham entwickelt und trug in Anspielung auf das
WWW und die hawaiianische Bezeichnung „wiki“ für „schnell“ den Namen WikiWikiWeb
(Back et al., 2008, S.10). Cunningham wollte damit die „simplest online database that could
possibly work“ (Leuf & Cunningham, 2001, S. 15) entwickeln, weshalb die technische Reali-
sierung auch recht einfach gehalten ist (Koch & Richter, 2009, S. 37). Bekanntheit erlangte
die Wiki-Technologie mit dem Aufkommen und dem Erfolg der Online-Enzyklopädie
Wikipedia (vgl. Abb. 2.1: Anzahl der Artikel in der Wikipedia, S. 10).
Neben der Wikipedia existieren noch weitere Anwendungen des Wiki-Konzeptes im Web,
wie Reiseführer, Wörterbücher, Städtewikis oder Wikis über ähnliche fachspezifische The-
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 11
men (Raabe, 2007, S. 37). Aufgrund des großen Erfolgs von Wikis im WWW findet die
Technologie auch zunehmend in privaten und öffentlichen Einrichtungen wie Unternehmen
und Universitäten Einsatzzwecke.
2.4.1 GESTALTUNGSPRINZIPIEN
Wikis unterliegen einer Reihe von Gestaltungsprinzipien, die die Säulen des grundlegenden
Konzeptes der Software darstellen. Ein wichtiger Ansatz ist das User Generated Content
Prinzip. Wikis sind prinzipiell als offenes System konzipiert, wodurch jeder Leser Inhalte
erstellen und editieren kann. Hintergrund ist der Wunsch, Erfahrungen und Wissen der Auto-
ren kollaborativ zu sammeln und weiterzuentwickeln. Durch das gemeinsame Bearbeiten von
Inhalten durch verschiedene Autoren werden aus zunächst subjektiven Ansichten sukzessiv
objektive Fakten. Dies liegt darin begründet, dass in einem Wiki nur solche Inhalte bestehen
bleiben, die durch die Allgemeinheit nicht mehr als überarbeitungswürdig angesehen werden
(Back et al., 2008, S. 14). Diese kollektive „Wahrheitsfindung“ weist dabei thematische Nähe
zu den Konzepten der „Weisheit der Vielen“ und der „Kollektiven Intelligenz“ (vgl. Kapitel
4.1.2: Weisheit der Vielen, S. 33) auf.
Die Einfachheit der Nutzung unterstützt hierbei die Bearbeitung durch viele Autoren und
den „Anyone can edit“-Gedanken (Harnad, 1990). Die User können die Seiten und Inhalte
ohne Kenntnis von Auszeichnungssprachen wie HTML verändern und anpassen. Ermöglicht
wird dies durch einen WYSIWYG-Editor, welcher den reinen Text bereits während der Bear-
beitung in seiner Ausgabeform darstellt. Dabei werden durch den wegfallenden Einarbei-
tungs- und Schreibaufwand Nutzungsbarrieren abgebaut und jedem Nutzer wird die Möglich-
keit zum aktiven Informationsaustausch gegeben. Weitere Prinzipien sind in TABELLE 2.3
(Wiki-Gestaltungsprinzipien, S. 12) zusammengefasst.
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 12
TABELLE 2.3: WIKI-GESTALTUNGSPRINZIPIEN (MÜLLER & DIBBERN, 2006, S. 48)
Prinzip Beschreibung
Offen Jede Person kann alle Inhalte betrachten und ändern.
Inkrementell Inhalte (Artikel) können auf Inhalte verweisen, die zu diesem
Zeitpunkt noch nicht existieren.
Organisch Die Struktur und die Inhalte entwickeln sich evolutionär.
Einfach Eine geringe Anzahl an syntaktischen Regeln ermöglicht die
Bearbeitung der Inhalte.
Universell Erstellen, Ändern und Strukturieren von Inhalten folgen den
gleichen Prinzipien.
Präzise Seiten sollten eindeutig bezeichnet werden, um Deutungs-
probleme zu verhindern.
Nachvollziehbar Die inhaltliche Entwicklung kann von jedem nachvollzogen
werden.
Konvergent Inhaltliche Doppelungen werden durch Verweise vermieden.
2.4.2 FUNKTIONEN
Die im vorherigen Abschnitt erwähnten Prinzipien von Wikis führen dazu, dass jede Wiki-
Software über bestimmte Basisfunktionen verfügt. Ergänzend zu den Social Software Charak-
terisierungsmerkmalen nach SLATES (vgl. Kapitel 2.2: Enterprise 2.0 als Einsatz neuer
Technologie, S. 6-8) sollen weitere spezifische Funktionalitäten von Wikis vorgestellt wer-
den:
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 13
Editing: Der Bearbeiten- oder Edit-Link stellt den wichtigsten Aspekt der Wiki-
Funktionalitäten dar. Nutzer können Inhalte gemeinsam mit anderen Autoren entwi-
ckeln und bearbeiten und auf diese Art iterativ eine Wissensdatenbank1 kreieren.
History: Diese Funktion sichert alte Versionen und damit die Veränderungen von In-
halten einer Wiki-Seite. Damit ist es dem Nutzer möglich, den Weg der Inhaltserstel-
lung (durch verschiedene Autoren) zu rekonstruieren und nachzuvollziehen, wie sich
Inhalte entwickelt haben. Gleichzeitig schützt die Versionierung von Inhalten vor
Vandalismus (z.B. komplette Löschung von Seiten), da vorangegangene Versionen
wiederhergestellt werden können.
Letzte Änderungen: Eine automatisch erzeugte Liste gibt einen Überblick, welche
Artikel in der letzten Zeit geändert worden sind. Meist befindet sich diese Information
auf der Startseite von separaten Wiki-Bereichen und steigert damit die Awareness von
Nutzern gegenüber (neuen) Artikeln.
Verlinkung: Mittels der Vergabe von Links können thematisch verwandte Inhalte der
Wikis-Seiten miteinander verbunden und in einen gemeinsamen Kontext gesetzt wer-
den. Das Ergebnis ist ein dynamischer Hypertext, welcher den Vorteil hat, redundanz-
arm zu sein. Zusätzlich wird den Nutzern die Möglichkeit eröffnet, durch assoziatives
Browsing weiterführende Inhalte selbstorganisiert zu erfassen.
Diskussion: Neben dem direkten Editieren von Inhalten ist ein weiterer Aspekt des
User Generated Content Prinzips die Möglichkeit, zu jedem Artikel Kommentare zu
verfassen. User können mit Hilfe dieser Funktion sowohl inhaltliche als auch organi-
satorische Fragen stellen, ohne direkt die Wiki-Seite bearbeiten zu müssen.
2.4.3 BESONDERHEITEN VON ENTERPRISE WIKIS
Zwischen Enterprise Wikis und offenen Wikis existieren bedeutende Unterschiede. Es ist der
Trend erkennbar, dass Enterprise Wikis in ihren Funktionalitäten erweitert werden und mit
anderen Social Software Anwendungsklassen zusammenwachsen (Richter & Bullinger, 2010,
S. 748). So können User in einem Enterprise Wiki über einen persönlichen Blog verfügen
oder Statusnachrichten mittels Microblogging veröffentlichen. Weiterhin können Lese- und
Schreibberechtigungen für Artikel vergeben werden, um vertrauliche Daten zu schützen.
1 Der Autorin sind die sprachlichen Probleme des Begriffes "Wissensdatenbank" bewusst. Da der thematische
Fokus dieser Arbeit jedoch nicht in philosophische Fragen bezüglich des Wissensbegriffes liegt, soll der etablier-
te Begriff "Wissensdatenbank" bewusst verwendet werden.
KAPITEL 2: ENTERPRISE 2.0 UND WIKIS
SEITE 14
Neben diesen Zusatzfunktionen von Enterprise Wikis gibt es erhebliche Unterschiede in der
Betriebsweise. Im Gegensatz zu offenen Wikis, welche im WWW hauptsächlich als
kollaborativ erstelltes Lexikon oder Artikelsammlung verwendet werden, sollen Enterprise
Wikis auch konkret bei der Durchführung der Arbeit eingebunden werden (Ebersbach,
Krimmel, & Warta, 2008, S. 138). Hierfür sollte zunächst untersucht werden, bei welchen
Arbeitsprozessen der Wiki-Einsatz sinnvoll ist, worauf aufbauend Anwendungsszenarien de-
finiert werden müssen (Lin & Ehrlich, 2011, S. 28).
Mit dieser Umorientierung in der Nutzungsweise wird das Problem einer möglicherweise zu
geringen Nutzerbeteiligung abgeschwächt. Das auf Freiwilligkeit der Artikelbearbeitung ba-
sierte Konzept bei offenen Wikis führt zu einer einseitigen Nutzerbeteiligung, welche Aus-
druck in der sogenannten 90-9-1 Regel2 findet (Nielsen, 2006). Aufgrund der vielfältigen
Anwendungszwecke eines Enterprise Wikis für die tägliche Arbeit lässt sich jedoch meist
eine höhere Beteiligungsquote beobachten (Mader, 2009).
2 Die 90-9-1 Regel beschreibt die Beteiligung in Online-Communities. Demnach sind 90% aller User reine Kon-
sumenten, 9% bearbeiten gelegentlich Inhalte und nur 1% der Nutzer ist für die Mehrheit der Inhalte verantwort-
lich.
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 15
3 THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGE-
MENTS
In diesem Kapitel soll ein einheitliches Grundverständnis über die Konzepte und Modelle des
Geschäftsprozessmanagements geschaffen werden. Dazu soll zunächst die Entwicklungshisto-
rie des Geschäftsprozessmanagements untersucht sowie ein bekanntes Modell näher vorge-
stellt werden. Neben der Sicht auf das Geschäftsprozessmanagement sollen auch dessen Ge-
staltungsobjekte – die Geschäftsprozesse – näher untersucht werden. Dazu werden zunächst
gängige Charakteristika von Geschäftsprozessen herangezogen, um daraus Einsatzgebiete für
Wikis abzuleiten. In einem letzten Schritt sollen aus dem Geschäftsprozessmanagement-
Modell Herausforderungen für das Geschäftsprozessmanagement in der heutigen Zeit abgelei-
tet werden.
3.1 HISTORISCHE ENTWICKLUNG
Der Wunsch, Abläufe und Strukturen in Organisationen zu optimieren, ist innerhalb der letz-
ten 100 Jahre immer wieder zyklisch in den Mittelpunkt von Organisationsansätzen und Ma-
nagement-Konzepten gerückt. Nachfolgend soll ein historischer Abriss gegeben werden, wel-
che verschiedenen Denkansätze zur Entstehung des Geschäftsprozessmanagements geführt
haben (vgl. Abb. 3.1: Zusammenhänge zur Entwicklung des Geschäftsprozessmanagements,
S. 15).
Geschäftsprozess-
management
Scientific
ManagementAufbauorganisation
AblauforganisationBusiness Process
Reengineering
gegenseitige
Einflussnahme
Aufgliederung der Arbeit nach
funktionalen Kriterien
Fokus: Trennung von
planender und aus-
führender Tätigkeit
Fokus: Bildung von
Organisations-
einheiten
Fokus: Ausrichtung
an wertschöpfenden
Prozessen
Fokus: Erfüllung der
betrieblichen
Aufgabe
Konzept zur Gestaltung
der Ablauforganisation
ABBILDUNG 3.1: ZUSAMMENHÄNGE ZUR ENTWICKLUNG DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 16
3.1.1 SCIENTIFIC MANAGEMENT – FUNKTIONSORIENTIERUNG DER
ORGANISATION
Zu Beginn der Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert begründete das Prinzip der Ar-
beitsteilung infolge massiver technischer Neuerungen (Arbeitsunterstützung mittels Maschi-
nen) eine Revolution der Arbeit. Bereits 1776 proklamierte SMITH (Nachdruck 2003 [1776],
S. 9), dass „die Arbeitsteilung [..] die produktiven Kräfte der Arbeit mehr als alles andere
fördern und verbessern [dürfte]. Das Gleiche gilt wohl für die Geschicklichkeit, Sachkenntnis
und Erfahrung, mit der sie überall eingesetzt und verrichtet wird.“. Als Grund für die aus der
Arbeitsteilung resultierende Produktivitätssteigerung sieht Smith die Spezialisierung der Ar-
beiter und damit verbundene Zeitersparnis durch geringere Rüstzeiten. Die Freisetzung dieses
enormen Produktivitätspotenzials erhoffte sich Frederick Winslow Taylor, als er mit seinem
Konzept des Scientific Managements nach rationaleren Formen der Arbeitsorganisation such-
te. Im Mittelpunkt des auch unter dem (allerdings mit einer negativen Konnotation behafte-
ten) Begriff Taylorismus bekannt gewordenen Organisationsansatzes steht die Erhöhung der
Effizienz und Produktivität der Arbeiter mittels naturwissenschaftlicher und technischer Prin-
zipien. Die wesentlichste Komponente des Scientific Managements ist dabei das Prinzip der
Arbeitsteilung und die Trennung von planenden und ausführenden Tätigkeiten (Schreyögg,
2003, S. 40). Nach PICOT (2005, S. 46) kann zwischen drei Formen der Arbeitsteilung unter-
schieden werden, welche in den meisten Fällen auch gemeinsam auftreten:
Sachliche Teilung: Die inhaltliche Komplexität einer Aufgabe soll mittels Zerlegung
in weniger komplexe Teilaufgaben reduziert bzw. bewältigt werden (z.B. kann die
Aufgabe „Erstellung und Verwertung eines Gutes“ in die Teilaufgaben „Beschaffung
der Produktionsmittel“, „Fertigung und Montage“ und „Vertrieb“ unterteilt werden).
Zeitliche Teilung: Das Problem der knappen Arbeitszeit soll mit Hilfe einer zeitli-
chen Verlagerung der einzelnen Teilaufgaben bewältigt werden (z.B. mittels Dring-
lichkeitsvorrang oder paralleler Bearbeitung).
Personelle Aufgabenteilung: Durch die Verteilung von Aufgaben auf mehrere Auf-
gabenträger können Beschränkungen hinsichtlich Arbeitszeit, finanzieller Ressourcen
und des Wissens des Einzelnen überwunden und die Leistungsfähigkeit erhöht wer-
den.
Das tayloristische System der Arbeitsorganisation geriet aber frühzeitig in die Kritik. Durch
das mechanistische Menschenbild wird der Mitarbeiter zu einer Ressource (ähnlich wie Ma-
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 17
schinen oder Automaten) degradiert, was mit einer Sinnentleerung und Entfremdung der Ar-
beit einhergeht (Hebeisen, 1999, S. 119).
3.1.2 VON DER AUFBAU- ZUR ABLAUFORGANISATION
Die von Taylor geforderte Aufgliederung der Arbeit nach funktionalen Kriterien prägt bis
heute wesentlich die Gestaltung der Unternehmen als Aufbauorganisation (Komus & Wauch,
2008, S. 236). Gleichzeitig wird dabei aber in der Organisation eine Struktur geschaffen, die
im Gegensatz zum Ablauf der Geschäftsprozesse steht (vgl. Abb. 3.2: Funktionale vs. pro-
zessorientierte Sicht der Organisation, S.17).
Unternehmen
Auftrags-
abwicklung
Produkt-
entwicklung
Kunden-
service
Unternehmen
funktionale Sicht prozessorientierte Sicht
ABBILDUNG 3.2: FUNKTIONALE VS. PROZESSORIENTIERTE SICHT DER ORGANISATION (KOMUS & WAUCH, 2008, S. 237)
NORDSIECK (1932) wies erstmals auf die Dualität von Aufbau- und Ablauforganisation hin. Er
erkannte, dass „der Betrieb [..] in Wirklichkeit ein fortwährender Prozess, eine ununterbro-
chene Leistungskette [ist]. Anzustreben ist in jedem Fall eine klare Prozessgliederung.“. Ne-
ben NORDSIECK erwähnte in den 1960er Jahren auch KOSIOL (1962) die Relevanz von Ge-
schäftsprozessen für Unternehmen. Beide Autoren betonen die Wichtigkeit von Aufbau- und
Ablauforganisation für den Unternehmenserfolg. Allerdings wird bei KOSIOL – sowie in der
damaligen unternehmerischen Praxis – die Aufbau- vor der Ablauforganisation definiert, so-
dass die Geschäftsprozesse innerhalb eines durch die Aufbauorganisation definierten Rah-
mens wenig Gestaltungsspielräume haben (Osterloh & Frost, 2006, S. 136).
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 18
Erst in den 1980er Jahren begann mit der Veröffentlichung von GAITANIDES (1983) eine
Trendwende. Er kritisierte die vorherrschende Dominanz der Aufbauorganisation. Nach
GAITANIDES sollten zunächst die Abläufe, welche ein wesentliches Mittel zur Erfüllung der
betrieblichen Aufgabe darstellen, definiert werden und im Anschluss Funktionseinheiten und
Stellen gebildet werden. Damit verkehrt er KOSIOLS Sichtweise auf die Gestaltung einer Or-
ganisation ins Gegenteil (Griese & Sieber, 1999, S. 8).
Die verschiedenen Vorgehensweisen zeigen, dass es sich bei der Unterscheidung in Aufbau-
und Ablauforganisation um eine gedankliche Trennung handelt, welche bei der Abstrahierung
des Unternehmens und der Verbesserung von internen Abläufen helfen kann. Während sich
die Aufbauorganisation mit der Bildung von Organisationseinheiten und der Zuteilung von
Befugnissen befasst, steht im Mittelpunkt der Ablauforganisation die Aufgabenerfüllung der
Unternehmung. Es ist aber weder die eine noch die andere Sicht auf das Unternehmen „rich-
tig“. Neuere Ansätze plädieren gar dafür, die Trennung nicht zu vollziehen (Griese & Sieber,
1999, S. 9).
3.1.3 BUSINESS PROCESS REENGINEERING UND WIEDERENTDE-
CKUNG DER PROZESSE
In der betrieblichen Praxis ist das Managen von Geschäftsprozessen heute als ganzheitliches
Konzept zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung anerkannt. Dies liegt vor allen Dingen an
zwei wesentlichen Entwicklungen innerhalb der letzten 20 Jahre:
Die Gestaltung von Geschäftsprozessen zur Steigerung des Unternehmenserfolges rückte in
den 90er Jahren in Folge von einigen sehr populär gewordenen Veröffentlichungen amerika-
nischer Autoren3 in den Mittelpunkt der Managementkonzepte. Besonders das von Michael
Hammer und James Champy veröffentlichte Buch „Reengineering the Corporation“ löste eine
„Business Reengineering“-Welle bei den Unternehmen aus (Allweyer, 2009, S. 81). Im Fokus
der meisten Ansätze stand die Verbesserung und Optimierung bereits bestehender Unterneh-
mensstrukturen und Abläufe. Durch die reine Evolution von Prozessen ist die Hebelwirkung
der Veränderung und damit der Erfolg dieser Anpassungen allerdings recht gering. HAMMER
& CHAMPY postulieren, dass Wettbewerbsvorteile und Kosteneinsparungen nur durch ein kri-
tisches Hinterfragen und radikales Überdenken der bestehenden Abläufe generiert werden
3 Beispielhaft zu nennen sind hier James Harrington „Busines Process Improvement. The Breakthrough Strategy
for Total Quality, Productivity and Competitiveness” oder Thomas Davenport “Process Innovation: Reengineer-
ing Work Through Information Technology”.
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 19
können (Hammer & Champy, 1993, S. 32). Demnach sollen das Unternehmen und seine Ge-
schäftsprozesse neu organisiert und so strukturiert werden, als ob es „auf der grünen Wiese“
gegründet wird. Bei dieser Neugestaltung wird eine konsequente Ausrichtung an wertschöp-
fenden Geschäftsprozessen und die Überwindung der funktionsorientieren Organisationsbil-
dung empfohlen.
Ein weiterer Impuls, der die Fokussierung auf Geschäftsprozesse förderte und forderte, waren
technologische Entwicklungen, welche es ermöglichten, den operativen Ablauf von Ge-
schäftsprozessen mittels IT-Systemen zu unterstützen. Im Vorfeld einer geplanten Einführung
eines IT-Systems ist aber die Anpassung an die unternehmensspezifischen Gegebenheiten,
Abläufe und Prozesse notwendig (dies wird auch unter dem Begriff „Customizing“ bezeich-
net). Um zu verhindern, dass ineffiziente Prozesse und Strukturen in ein teures IT-System
zementiert werden, ist es wichtig, die bestehenden Prozesse vorher zu analysieren und zu op-
timieren, um so die Unterstützung durch IT-Systeme zu gewährleisten (Staud, 2006, S. 40).
3.2 GESCHÄFTSPROZESSBEGRIFF
Geschäftsprozesse sind das „Material“ oder die „Objekte“ dessen, was beim Geschäftspro-
zessmanagement gesteuert und optimiert wird. Bevor darauf eingegangen wird, wie Ge-
schäftsprozesse optimiert werden können, muss also zunächst ein einheitliches Verständnis
darüber geschaffen werden, was Geschäftsprozesse sind.
In der betrieblichen Praxis und wissenschaftlichen Literatur wird der Begriff „Geschäftspro-
zess“ je nach Untersuchungsgegenstand unterschiedlich verstanden. ALLWEYER (2009, S.
51ff) nennt beispielhaft fünf verschiedene Konnotationen des Begriffes, welche eine differen-
zierte Tiefe aufweisen:
Betriebswirtschaftlich orientierte Verwendung: Dieses Verständnis umfasst alle
Abfolgen von Aktivitäten und Tätigkeiten, die nötig sind, um die betriebliche Aufgabe
zu erfüllen. Dabei wird nicht differenziert, ob die Leistung manuell oder IT-gestützt
erbracht wird, noch ob es sich um einen komplexen Gesamtprozess oder nur einzelne
Prozessschritte handelt.
Automatisierungsbezogene Verwendung: Diese Betrachtung umfasst nur eine Teil-
menge dessen, was in dem betriebswirtschaftlichen Verständnis unter dem Begriff
„Geschäftsprozess“ verstanden wird. Hier werden alle Abläufe, die durch ein IT-
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 20
System (z.B. Workflow-Management-Systeme) unterstützt und durchgeführt werden
können, als Geschäftsprozess verstanden.
Schnittstellenbezogene Verwendung: Diese Auslegung des Begriffs definiert zwi-
schen verschiedenen Schnittstellen, welche Daten ausgetauscht werden müssen. Häu-
fig vorzufinden ist dieses Verständnis im eBusiness, da in diesem Fall festgelegt wer-
den muss, welche elektronischen Dokumente bei der Abwicklung eines Geschäftes
ausgetauscht werden müssen. Hierfür wird nur der Datenfluss dargestellt, nicht aber
dazugehörige Aktivitäten und Rollen.
Anwendungssystembezogene Verwendung: Bei der Entwicklung von Anwendungs-
systemen werden häufig Use Cases betrachtet. Diese dienen dazu, zu erfassen, wie ein
Anwendungssystem zur Bewältigung von Aufgaben verwendet werden kann. Bei-
spielsweise ist die Tätigung von Überweisungen ein Use Case für ein Online Banking-
System. Ins Deutsche wird der Begriff „Use Case“ oft als „Geschäftsprozess“ über-
setzt. Dies birgt das Problem in sich, dass Use Cases nicht zwangsläufig eine Folge
von Aktivitäten sein müssen, sondern auch nur aus einer einzelnen Aufgabe bestehen
können. Damit wird der für den Begriff „Geschäftsprozess“ wichtige Aspekt der Ab-
folge von Aktivitäten vernachlässigt.
Software-Entwicklung-bezogene Verwendung: In der Software-Entwicklung wer-
den häufig Meilensteine und Phasen als „Prozesse“ bezeichnet. Dabei wird der Begriff
als nötige Vorgehensweise (im Sinne eines Vorgehensmodells) zur Erreichung von
Ergebnissen verwendet. Zu Missverständnissen kann es kommen, wenn Software zur
Unterstützung von Geschäftsprozessen (im betriebswirtschaftlichen Sinn) erstellt wird,
und dann beide Begriffe (Vorgehensweise, Aktivitäten die unterstützt werden sollen)
synonym verwendet werden.
Zusätzlich zu den bereits vorgestellten verschiedenen Betrachtungsebenen des Begriffs „Ge-
schäftsprozess“ wird der Begriff in der betrieblichen Praxis umgangssprachlich häufig falsch
verwendet. So wird die Bezeichnung durch Mitarbeiter oftmals adaptiert, um Abteilungen
oder Funktionen zu beschreiben (z.B. „Marketing-Prozess“) (Allweyer, 2009, S. 54). Durch
diese Unschärfe des Begriffs ist es notwendig, ein einheitliches Verständnis zu schaffen.
In dieser Arbeit wird der Begriff „Geschäftsprozess“ als eine „zielgerichtete zeitlich-logische
Abfolge von Aufgaben, die arbeitsteilig von mehreren Organisationen oder Organisationsein-
heiten unter Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien ausgeführt werden
können“ verstanden (Gadatsch, 2010, S. 41). Ziel des Geschäftsprozesses ist die Erbringung
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 21
von Leistungen, die den aus der Unternehmensstrategie abgeleiteten Prozesszielen entspre-
chen. Diese Definition ist umfassend, da sie nicht festlegt, welche Art der Leistung (Material-
oder Informationstransformation) erbracht werden soll und sie sowohl Geschäftsprozesse in-
nerhalb als auch zwischen Unternehmen beinhaltet. Zudem wird die Betrachtung von kom-
plexen, umfassenden Geschäftsprozessen genauso eingeschlossen wie die Untersuchung ein-
zelner Teilprozesse (Allweyer, 2009, S. 52). In dieser Arbeit werden die Begriffe „Geschäfts-
prozess“ und „Prozess“ synonym verwendet.
3.2.1 KLASSIFIZIERUNGSMÖGLICHKEITEN
Es existiert eine Reihe von Möglichkeiten, Geschäftsprozesse zu beschreiben und zu klassifi-
zieren. Je nach Betrachtungsgegenstand können differenzierte Eigenschaften und Struktur-
merkmale bestimmt werden. So können Geschäftsprozesse beispielsweise dediziert nach ihren
Funktionen im Unternehmen (Einkauf, Produktion, etc.) beschrieben werden. Um zu verste-
hen, wodurch Geschäftsprozesse gekennzeichnet sind, müssen geeignete Abstrahierungskrite-
rien gefunden werden, um diese Vielfalt an Geschäftsprozessen beschreiben und vergleichen
zu können.
Zunächst kann festgehalten werden, dass unterschieden werden kann zwischen der
1) Art des Wertschöpfungsbeitrags und
2) der Struktur eines Geschäftsprozesses zur Erreichung des Wertschöpfungsbei-
trags.
Bezüglich der Art des Wertschöpfungsbeitrages kategorisieren SCHMELZER & SESSELMANN
(2008, S. 77f) Geschäftsprozesse in Anlehnung an die Porter„sche Wertkette in primäre und
sekundäre Geschäftsprozesse4. Primäre Geschäftsprozesse sind durch die Generierung von
unmittelbarem Nutzen für externe Kunden gekennzeichnet, während sekundäre Geschäftspro-
zesse die zur Generierung des Kundennutzens nötige Infrastruktur und Ressourcen bereitstel-
len.
Die Kriterien zur Bestimmung der Strukturmerkmale sind dabei nicht so eindeutig und weni-
ger klar abgrenzbar. ALLWEYER (2009, S. 65ff) identifiziert verschiedene Indikatoren, welche
Prozesse beschreiben:
4 In der Literatur lassen sich ähnliche Konzepte zur Unterteilung nach dem Wertbeitrag eines Geschäftsprozesses
finden. So definiert FISCHERMANNS (2010) Führungs-, Ausführungs- und Unterstützungsprozesse; SCHULTE-
ZURHAUSEN (2005) Management-, operative Primär- und operative Sekundärprozesse und AHLRICHS &
KNUPPERTZ (2006) Management-, Leistungs- und Unterstützungsprozesse.
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 22
Strukturierungsgrad: Dieser Indikator gibt an, wie detailliert Geschäftsprozesse im
Voraus festgelegt werden können. Stark strukturierte Geschäftsprozesse weisen stets
denselben Ablauf auf, während schwach strukturierte Geschäftsprozesse mehr Frei-
heitsgrade besitzen.
Wissens- bzw. Datenintensität: Die Variable der Wissens- bzw. Datenintensität gibt
an, welches Gestaltungsobjekt im Vordergrund eines Geschäftsprozesses steht. Wäh-
rend bei datenintensiven Geschäftsprozessen die Verarbeitung von strukturierten Da-
ten im Mittelpunkt steht, werden zur Bearbeitung eines wissensintensives Geschäfts-
prozesses die Erfahrungen und Qualifikationen der Mitarbeiter als Wissensträger be-
nötigt.
Wiederholfrequenz: Die Häufigkeit der Wiederholung ist ein weiteres Kriterium, um
Geschäftsprozesse zu klassifizieren. Es kann dabei ein Feld aufgespannt werden, wel-
ches Prozesse umfasst, die eine hohe Wiederholungsrate aufweisen und dementspre-
chend möglichst standardisiert werden sollen, und einmaligen Projekten.
Neben diesen von ALLWEYER benannten Kriterien existiert noch eine Vielzahl weiterer Ei-
genschaften von Geschäftsprozessen. So unterteilen SCHWICKERT & FISCHER (1996, S. 13)
noch nach der Anzahl der beteiligten Mitarbeiter im Prozess oder PICOT & ROHRBACH (1995,
S. 31) nach der Veränderlichkeit eines Prozesses. Für die Untersuchung einer möglichen Un-
terstützung durch ein Wiki, sind die in TABELLE 3.1 (Kategorisierungsrahmen für Geschäfts-
prozesstypen, S. 23) definierten Kriterien jedoch hinreichend.
Es werden wesentliche Prozesseigenschaften systematisiert und beispielhaft Ausprägungen
aufgezeigt. Die dabei beschriebene Gesamtheit der Eigenschaften ist keinesfalls als disjunkt
zu betrachten, und ihre Ausprägungen können auch mehr als nur einen Zustand annehmen.
Vielmehr bilden sie die Endpunkte eines Kontinuums, in dessen Rahmen Geschäftsprozesse
einzuordnen sind.
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 23
TABELLE 3.1: KATEGORISIERUNGSRAHMEN FÜR GESCHÄFTSPROZESSTYPEN
Betrachtungsge-
genstand
Klassifizierung Beschreibung Beispiel
Art der Wert-
schöpfung
Primäre Ge-
schäftsprozesse
Generieren Wert
für externe
Kunden
Produktentwicklungs-
prozess
Sekundäre Ge-
schäftsprozesse
Unterstützen Nut-
zengenerierung
der primären Ge-
schäftsprozesse
Personalmanagement-
prozess
Strukturmerkmale Strukturierungs-
grad
strukturiert Rechnungsbearbeitung
semi-strukturiert Angebotserstellung
nicht strukturiert Softwareentwicklung
Wiederhol-
frequenz
zyklisch Finanzmanagement-
prozess
einmalig Beratungsprojekt
Gestaltungs-
objekt
wissensintensiv Strategieprozess
datenintensiv Kostenträgerrechnung
Grad der Arbeits-
teilung
funktions-
übergreifend
Produktentwicklung
stellenüber-
greifend
Personalentwicklung
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 24
3.2.2 EINSATZGEBIETE FÜR EIN WIKI
Aktuelle Diskussionen und Veröffentlichungen zum Thema Enterprise 2.0 und Wikis lassen
die hohen Erwartungen an die Technologie im Unternehmenseinsatz erkennen. Einige Auto-
ren neigen dazu, ein Wiki als „Allzweckwaffe“ oder „heiligen Gral“5 zu betrachten, welcher
vielfältig im Unternehmen eingesetzt werden kann.
Informations- und Kommunikationstechnologie nehmen in Unternehmen bereits eine wichtige
Rolle bei der Durchführung von Geschäftsprozessen ein (Groß & Hülsbusch, 2006, S. 24).
Neben ERP-Systemen sind es besonders Workflowmanagement-Systeme, welche Effizienz-
steigerungen bei der Ausführung von Geschäftsprozessen bewirken sollen. Diese Systeme
unterstützen strukturierte Aufgaben und Prozesse durch die Bereitstellung von Informationen
für die Prozessbeteiligten. Dabei können Workflowmanagement-Systeme allerdings nur einen
Teil der Geschäftsprozesse unterstützen. PICOT & ROHRBACH (1995) definieren mit ihrer
Klassifizierung von Prozesstypen und Teilaufgaben in Prozessen Bereiche, in denen
Workflowmanagement-Systeme eingesetzt werden können. Demnach sind routinierte Prozes-
se und Aufgaben für den Einsatz von WFMS bestens geeignet, bei einmaligen Prozessen und
Einzelfallaufgaben stoßen diese aber an ihre Grenzen. Dies wird damit begründet, dass einma-
lige Prozesse nicht im Voraus planbar sind und deren Ablauf sowie notwendige Aktivitäten
nur durch intensive Abstimmung zwischen den Experten bestimmt werden können (Schwarz,
Abecker, Maus, & Sintek, 2001, S. 3). Zusätzliche können wissensintensive Geschäftspro-
zesse, welche dadurch gekennzeichnet sind, interdisziplinär, informationslastig, kommunika-
tionsorientiert und iterativ zu sein (Schwarz, Abecker, Maus, & Sintek, 2001, S. 7), durch
WFMS nur unzureichend unterstützt werden (Wohed, Henkel, Andersson, & Johannesson,
2009, S. 4).
Ein Wiki setzt an diesen Schwachstellen von WFMS an und bietet neue Unterstützungsmög-
lichkeiten für Geschäftsprozesse. SCHÖNEFELD (2009, S. 81) sieht die Wirkkategorien eines
Enterprise Wikis im Informations- und Zusammenarbeitsmanagement. Auf Grund der techni-
schen Funktionen und Gestaltungsprinzipien unterstützt ein Wiki das gemeinsame Erstellen,
Verändern, Kommentieren und Verwalten von Informationen. Die stark informationsbasierte
Verwendung eines Wikis führt dazu, dass ein Enterprise Wiki hauptsächlich für Geschäfts-
prozesse geeignet ist, welche nicht strukturiert, einmalig, wissensintensiv und funktions-
5 Ein anschauliches Beispiel hierfür ist das populäre Zitat von MCAFEE (2006b), in welchem Enterprise 2.0 als
„the dawn of emergent collaboration“ bezeichnet wird.
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 25
übergreifend sind (vgl. Tabelle 3.1: Kategorisierungsrahmen für Geschäftsprozesstypen, S.
23).
Mit dem Einsatz eines Wikis im Unternehmen können damit Bereiche von Geschäftsprozes-
sen unterstützt werden, welche bisher unzureichend durch IT-Systeme abgedeckt wurden. In
KAPITEL 4.2.3.2 (Anwendungsszenarien, S. 46-49) werden typische Anwendungsszenarien zur
Nutzung eines Wikis vorgestellt.
3.3 DAS KLASSISCHE GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT
Um Herauszuarbeiten, mit welchen Problemen und Herausforderungen das Geschäftspro-
zessmanagement im Enterprise 2.0 konfrontiert ist, muss zunächst untersucht werden, was
unter dem Begriff „Geschäftsprozessmanagement“ verstanden wird und wie es in seiner klas-
sischen Bedeutung im Unternehmen etabliert ist.
Die historische Entwicklung sowohl im Bereich der Forschung als auch in der betrieblichen
Praxis hat gezeigt, dass es für den Unternehmenserfolg unerlässlich ist, die wertschöpfenden
Prozesse des Unternehmens zu kennen und zu optimieren. Die kontinuierliche Steuerung,
Überwachung und Weiterentwicklung der Geschäftsprozesse wird dabei unter dem Begriff
Geschäftsprozessmanagement subsumiert. GAITANIDES, SCHOLZ, VROGLINGS & RASTER
(1994, S. 3) definieren Geschäftsprozessmanagement als alle „planerische[n], organisatori-
sche[n] und kontrollierende[n] Maßnahmen zur zielorientierten Steuerung der Wertschöp-
fungskette eines Unternehmens hinsichtlich Qualität, Zeit, Kosten und Kundenzufriedenheit“.
Ein Kernprinzip ist dabei die Reaktion auf neue Anforderungen und die damit verbundene
kontinuierliche Anpassung des Unternehmens an seine Umgebung (Schmelzer & Sesselmann,
2008, S. 2). Diese Anpassung agiert dabei immer innerhalb eines Rahmens von zwei Bezugs-
punkten (vgl. Abb. 3.3: Bezugspunkte des Geschäftsprozessmanagements, S. 26):
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 26
Geschäftsstrategie
Geschäftsergebnis
Zukunftssicherung
Bedürfn
isse d
er
Sta
kehold
er
Le
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en fü
r
Sta
ke
ho
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Geschäftsprozesse
Geschäftsprozess-
management
ABBILDUNG 3.3: BEZUGSPUNKTE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS (SCHMELZER & SESSELMANN, 2008, S. 5)
Zum einen legt die Geschäftsstrategie fest, welche Geschäftsprozesse erforderlich sind, um
die langfristigen, strategischen Ziele zu erreichen. Sie bilden die Basis zur Identifikation und
Zielausrichtung der Geschäftsprozesse. Zum anderen sollen die Geschäftsprozesse die Anfor-
derungen und Erwartungen von Stakeholdern (Kunden, Mitarbeiter, Kapitalgeber, etc.) erfül-
len. Sowohl Strategiebezug als auch Stakeholderbezug der Geschäftsprozesse müssen aufei-
nander abgestimmt sein. Bei Fokussierung auf nur einen Bezugspunkt besteht einerseits die
Gefahr der kurzfristigen, operativen Effizienz (einseitige Ausrichtung an den
Stakeholderbedürfnissen) oder der mangelnden Reaktionsfähigkeit am Markt (einseitige Ori-
entierung an der Geschäftsstrategie) (Schmelzer & Sesselmann, 2008, S. 5f).
Nachfolgend sollen der Geschäftsprozessmanagement-Kreislauf als ein Systematisierungsan-
satz für das Geschäftsprozessmanagement vorgestellt werden sowie aktuelle Herausforderun-
gen im Geschäftsprozessmanagement identifiziert werden.
3.3.1 DER GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT-KREISLAUF
ALLWEYER (2009, S. 89ff) schlägt zur Systematisierung der Aktivitäten und Aufgaben des
Geschäftsprozessmanagements die Darstellung mittels des Geschäftsprozessmanagement-
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 27
Kreislaufs vor6 (vgl. Abb. 3.4: Der Geschäftsprozessmanagement-Kreislauf, S. 27). Die Dar-
stellung in Form eines Kreislaufes veranschaulicht, dass das Managen von Prozessen eine
kontinuierliche Aufgabe ist, die einzelnen Phasen regelmäßig durchlaufen werden müssen
und Voraussetzung für die jeweils nachfolgende Stufe sind.
StrategischesProzess-
management
ProzessentwurfProzess-
implementierung
Prozess-controlling
ABBILDUNG 3.4: DER GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT-KREISLAUF (ALLWEYER, 2009, S. 91)
Der Fokus des strategischen Prozessmanagements liegt auf der mittel- und langfristigen
Gestaltung des Unternehmens und seiner Beziehung zur Umwelt (Allweyer, 2009, S. 90). In
dieser Phase wird festgelegt, welche Leistungen (Produkte und Dienstleistungen) das Unter-
nehmen am Markt verkaufen möchte und wie diese vom Unternehmen erbracht werden sollen
(Eigenleistung oder Fremdeinkauf). Aufgrund der engen Beziehung zu den langfristigen Un-
ternehmenszielen ist es eine weitere Aufgabe des strategischen Prozessmanagements, die Ge-
schäftsprozesse und deren Management in der Geschäftsstrategie zu verankern und in Ein-
klang mit den Unternehmenszielen zu bringen. Dazu gehört, die Kernprozesse des Unterneh-
mens zu definieren und die Organisationsstruktur dementsprechend aufzubauen und auszu-
richten. Ein Instrument, welches den Wertbeitrag und Einfluss der Geschäftsprozesse auf die
Unternehmensziele visualisiert und misst, ist dabei die Balanced Scorecard. Mit Hilfe dieses
Tools können Schritte zur Steuerung und Veränderung von Geschäftsprozessen bezüglich der
Erreichung von Unternehmenszielen eingeleitet und erkannt werden (Allweyer, 2009, S. 90f).
6 Das Konzept des Geschäftsprozessmanagement-Kreislaufs ist in der wissenschaftlichen Literatur weit verbrei-
tet und findet sich (in ähnlicher Darstellung) unter anderem bei SCHMELZER & SESSELMANN (2008, S. 8ff),
BURLTON (2001, S. 125ff) und SCHEER & JOST (2002, S. 40).
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 28
In der Entwurfsphase werden die bestehenden Geschäftsprozesse (Ist-Zustand) modelliert,
analysiert sowie weiterentwickelt und verbessert (Soll-Zustand). Verbesserungspotenziale für
bestehende Prozesse können anhand verschiedenster Kriterien wie zum Beispiel Anzahl an
Medienbrüchen innerhalb eines Prozesses oder bestehender Prozesskosten identifiziert wer-
den. Die Geschäftsprozesse werden dabei meist mittels Modellierungswerkzeugen oder Simu-
lationssoftware analysiert und erfasst (Allweyer, 2009, S. 92).
Im Anschluss werden in der Implementierungsphase die entworfenen Soll-Prozesse sowohl
organisatorisch als auch technisch im Unternehmen etabliert. Als Herausforderungen gelten
dabei die Umsetzung organisatorischer Maßnahmen (z.B. die Motivation der von der Ände-
rung betroffenen Mitarbeiter) sowie die Anpassung der bestehenden IT-Landschaft (Allweyer,
2009, S. 92f).
Im Mittelpunkt des Prozesscontrollings steht die laufende Überwachung der Leistung der
Geschäftsprozesse. Nur durch kontinuierliche Kontrolle kann festgestellt werden, ob die in
der Entwurfsphase angestrebten Verbesserungen erreicht wurden. Hierfür müssen geeignete
Kennzahlen definiert, ermittelt und ausgewertet werden. Die gesammelten Ergebnisse der
Prozessüberwachung fließen wieder direkt in das strategische Prozessmanagement oder in den
Prozessentwurf ein (Allweyer, 2009, S. 93).
3.3.2 DAS ROLLENVERSTÄNDNIS IM KLASSISCHEN GESCHÄFTSPRO-
ZESSMANAGEMENT
WALTER (2008) unterscheidet zwischen zwei relevanten Gruppen für das Geschäftsprozess-
management:
Führungskräfte sind zuständig für die Entwicklung von Zielen, die Bildung von ge-
eigneten Rahmenbedingungen für effektive Abläufe von Prozessen (durch Bereitstel-
lung von Ressourcen und geeigneten Organisationsstrukturen) sowie die Motivation
und Führung von Mitarbeitern (Walter, 2008, S. 497).
Mitarbeiter sind für die ordnungsgemäße operative Durchführung der Geschäftspro-
zesse verantwortlich. Hierfür benötigen sie die dafür erforderliche Kompetenz und
Motivation (Walter, 2008, S. 497).
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 29
Aus diesem Rollenverständnis resultieren auch die Aufgabenzuweisungen im Geschäftspro-
zessmanagement. Führungskräfte werden mit der Rolle des „Process Owner“7 für einzelne
Geschäftsprozesse bedacht und sind verantwortlich für die im KAPITEL 3.3.1 (Der Geschäfts-
prozessmanagement-Kreislauf, S. 26-28) erläuterten Aufgaben im Geschäftsprozessmanage-
ment. Aufgrund dessen verfügen sie über weitreichende Rechte wie (Re)Strukturierung „ih-
res“ Geschäftsprozesses, Zuweisung von Ressourcen oder Umsetzung von Änderungsmaß-
nahmen (Schmelzer & Sesselmann, 2008, S. 161). Sie werden in ihren Aufgaben durch Pro-
zessteams oder Teilprozess-Verantwortliche unterstützt (Schmelzer & Sesselmann, 2008, S.
444).
Mitarbeiter hingegen haben wenig Einfluss auf die Verbesserung der Geschäftsprozesse.
Fachexperten sind während der Entwurfsphase als Wissensträger des jeweiligen Geschäfts-
prozesses an der Identifikation von notwendigen Aufgabenschritten und Leistungsparametern
beteiligt (Schmelzer & Sesselmann, 2008, S. 433). Bei der weiteren Aufplanung und Detail-
lierung der Geschäftsprozesse während der Implementierungsphase werden mehr Mitarbeiter
– in Form von Interviews – einbezogen, da sie über das benötigte Fachwissen der operativen
Durchführung der jeweiligen Geschäftsprozesse verfügen (Schmelzer & Sesselmann, 2008, S.
445).
Mitarbeiter haben somit wenige Gestaltungsmöglichkeiten für „ihre“ Geschäftsprozesse. Sie
werden als Wissensträger zur Planung und Implementierung von Geschäftsprozessen benö-
tigt, die Verbesserung und Anpassung der Geschäftsprozesse obliegt im klassischen Ge-
schäftsprozessmanagement allerdings den Führungskräften (Kurz, 2009, S. 7).
3.3.3 HERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS GESCHÄFTSPROZESSMANA-
GEMENT
In KAPITEL 3 wurden die Entstehung sowie das Verständnis des klassischen Geschäftspro-
zessmanagements vorgestellt. Abschließend soll untersucht werden, auf welche Probleme und
Grenzen das klassische Geschäftsprozessmanagement stößt. Auf Basis dieser identifizierten
Probleme sollen im weiteren Verlauf der Arbeit die Potenziale von Enterprise 2.0 für das Ge-
schäftsprozessmanagement aufgezeigt werden. Um diese Probleme zu identifizieren, wurde
eine gezielte Literatur- und Online-Recherche durchgeführt. Hierbei konnten vier Veröffentli-
7 In der betrieblichen Praxis existieren vielfältige Bezeichnungen für Geschäftsprozessverantwortliche wie Chief
Process Owner, Process Manager, Prozesspate, Process Executive, Prozessverantwortlicher, etc. (Schmelzer &
Sesselmann, 2008, S. 151).
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 30
chungen gefunden werden, welche sich konkret den Problemen des klassischen Geschäftspro-
zessmanagements vor dem Hintergrund der aktuellen Enterprise 2.0-Diskussion widmen, und
welche die Basis für die nachfolgend gesammelten Probleme bilden:
KURZ, 2009
KURZ, 2010
SCHMIDT & NURCAN, 2009
VANDERHAEGHEN, FETTKE & LOOS, 2010
Das Rollenverständnis im klassischen Geschäftsprozessmanagement greift auf die von Taylor
geforderte Trennung von planender und ausführender Tätigkeit zurück (Vanderhaeghen,
Fettke, & Loos, 2010, S. 20). Diese Trennung stellt ein effizientes Geschäftsprozessmanage-
ment im Hinblick auf die aktuellen Umweltbedingungen aber vor erhebliche Probleme. Für
die erfolgreiche Separation der beiden Aufgabengebiete muss eine wichtige Voraussetzung
erfüllt sein: stabile Umweltbedingungen (Picot, Reichwald, & Wigand, 2003, S. 8). Genau
diese essenzielle Annahme trifft heutzutage aber nicht mehr zu. Die betriebswirtschaftliche
Umwelt wird zunehmend komplexer und dynamischer (Schreyögg, 2003, S. 97). Diese Dy-
namik geht mit einer abnehmenden Planbarkeit von komplexen Geschäftsprozessen einher.
Dies hat zur Folge, dass die Prozessgestaltung immer mehr in die Phase der Durchführung
verlagert wird. Zusätzlich steigt der Anteil an Prozessen mit Projektcharakter. Diese sind vor
allem dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht reproduzierbar, innovativ und ad hoc sind
(Kurz, 2009, S. 1).
Eine weitere Herausforderung, die aus der Trennung von Planung und Ausführung resultiert,
ist die fehlende Einbindung des Wissens der Mitarbeiter über die Prozesse. Die Gestaltung
von Geschäftsprozessen erfordert ein umfassendes Expertenwissen über die jeweiligen Abläu-
fe im Prozess. Dieses Wissen liegt vor allem bei den Mitarbeitern, die die Prozesse ausführen.
Durch die Loslösung der Planung von der operativen Arbeit wird dieses notwendige Wissen
nicht ausreichend bei der Optimierung von Geschäftsprozessen genutzt, stattdessen tendieren
die Mitarbeiter dazu, ihre Best Practices in eigene inoffizielle Abläufe zu integrieren (Schmidt
& Nurcan, 2009, S. 651). Zudem sind die Mitarbeiter durch die „Ferne“ zur Prozessgestaltung
häufig nicht darüber informiert, wie die aktuell verbindlichen Prozesse ausgestaltet sind und
ob sich Veränderungen im Prozessmodell ergeben haben (Kurz, 2010, S. 732).
KAPITEL 3: THEORIE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS
SEITE 31
In TABELLE 3.2 (Herausforderungen für das Geschäftsprozessmanagement, S. 31) werden die
identifizierten Probleme und die sich daraus ergebenden Anforderungen an ein effizientes
Geschäftsprozessmanagement gegenübergestellt.
TABELLE 3.2: HERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT
Identifizierte Probleme Handlungsbedarf
I Prozesse „veralten“ rapide aufgrund
hoher Umweltdynamik
Schnellere Umsetzung von Prozess-
verbesserungen
II Steigender Anteil an Prozessen mit
Projektcharakter
Prozesse müssen emergent und in-
krementell entwickelt werden
III Fehlendes Wissen über Prozesse
bei der Prozessgestaltung
Einbindung von Mitarbeitern in den
Verbesserungsprozess
IV Unwissen über Aktualität der Pro-
zesse bei den Mitarbeitern
Verbesserte Kommunikation mit Mitar-
beitern
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 32
4 GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITAL-
TER DES ENTERPRISE 2.0
In den vergangenen Kapiteln wurden die theoretischen Grundlagen zum Themenkomplex des
Geschäftsprozessmanagements diskutiert sowie ein Verständnis für den Begriff Enterprise 2.0
geschaffen. Um eine integrierte Betrachtung beider Themen zu gewährleisten, wurden zu-
nächst
1. die aktuellen Herausforderungen und Probleme des klassischen Geschäftsprozessma-
nagements (Kapitel 3.3.3: Herausforderungen für das Geschäftsprozessmanagement,
S. 29-31), sowie
2. die technologische und organisationale Gestaltungsdimension des Enterprise 2.0-
Konzeptes präzisiert (Kapitel 2: Enterprise 2.0 und Wikis, S. 5-14).
Im Folgenden soll ein „Wiki-unterstütztes Geschäftsprozessmanagement 2.0-Konzept“ entwi-
ckelt werden, welches die Prinzipien des Enterprise 2.0 nutzt, um den Herausforderungen im
klassischen Geschäftsprozessmanagement zu begegnen und diese in einer neuen Qualität zu
lösen.
4.1 BEWÄLTIGUNG DER HERAUSFORDERUNGEN
Aufbauend auf den in KAPITEL 3.3.3 (Herausforderungen für das Geschäftsprozessmanage-
ment, S. 29-31) beschriebenen Problemen des klassischen Geschäftsprozessmanagements soll
ein überarbeitetes Geschäftsprozessmanagement-Modell entwickelt werden, welches es er-
möglicht, flexibel auf veränderte Umweltbedingungen zu reagieren und das Wissen der Mit-
arbeiter zur Weiterentwicklung der Geschäftsprozesse einzubeziehen. Zunächst sollen in den
nachfolgenden Abschnitten drei Prinzipien des Web 2.0- und Enterprise 2.0-Konzeptes als
mögliche Gestaltungsoptionen zur Erreichung eines effizientes Geschäftsprozessmanage-
ments vorgestellt werden.
4.1.1 EMPOWERMENT
Die in KAPITEL 2.2 (Enterprise 2.0 als Einsatz neuer Technologie, S. 6-8) und KAPITEL 2.3
(Enterprise 2.0 als neue Organisationsphilosophie, S. 9) beschriebenen technologischen und
organisationalen Veränderungen im Enterprise 2.0 bieten Voraussetzungen für ein
Empowerment der Mitarbeiter. Unter „Empowerment“ wird die Bevollmächtigung der Mitar-
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 33
beiter zur selbstständigen Entscheidungsfindung und Mitgestaltung der Organisation verstan-
den (Beisheim, 1999, S. 225). Empowerment als Strategie zielt damit auf die Erhöhung der
Autonomie und Selbstorganisation der Beschäftigten ab. Dies wird realisiert, indem der Ve-
rantwortungs- und Kontrollbereich der einzelnen Mitarbeiter durch ihre Führungskraft erwei-
tert wird und das Management eine moderierende statt kontrollierende Rolle einnimmt
(Engle, 1996, S. 167). Durch die Ausweitung des Kompetenzbereiches der Mitarbeiter wer-
den diese befähigt, ihre persönlichen Interessen selbstverantwortlich und eigenmächtig zu
vertreten. Mitarbeiter werden dabei durch den Einsatz von Enterprise 2.0-Tools unterstützt.
Die Bereitstellung und das Abrufen von individuell benötigten Informationen und der Mög-
lichkeit zur Diskussionsbeteiligung ist mittels Social Software ungeachtet von Hierarchien
möglich (McAfee A. P., 2008, S. 18). Durch die Erhöhung der Informationstransparenz im
Unternehmen kann erreicht werden, dass Mitarbeiter ein stärkeres Bewusstsein über die Pro-
zesse im Unternehmen erlangen und diese auf eigene Initiative mitgestalten und verbessern
wollen.
4.1.2 WEISHEIT DER VIELEN
Ein weiteres Konzept, welches in Enterprise 2.0-Tools und insbesondere in Wikis seine Aus-
prägung findet, ist das Prinzip der „Kollektiven Intelligenz“ oder „Weisheit der Vielen“
(Komus & Wauch, 2008, S. 144). Dieses Konzept besagt, dass für viele Entscheidungs- und
Planungsprobleme eine nahezu optimale Lösung durch die Kombination von möglichst vielen
verschiedenen Meinungen gefunden werden kann. Zwar ist es möglich, dass ein einzelner
Experte gegenüber der Gruppe eine bessere Entscheidung treffen kann, allerdings ist es nicht
immer möglich, diesen Experten zu identifizieren (Surowiecki, 2005). Die Gruppenentschei-
dung wird dabei ohne eine zentrale Steuerungseinheit getroffen, sondern wird selbstorgani-
siert erarbeitet. Vier wichtige Voraussetzungen zur Erreichung der Kollektiven Intelligenz
sind nach SUROWIECKI (2005, S. 27):
Vielfalt: Die Vielfalt von vorhandenen Informationen und unterschiedliche Sichtwei-
sen auf Probleme führt dazu, dass Sachverhalte immer individuell interpretiert und
bewertet werden, was zu einer besseren Lösung als die alleinige Aussage eines Exper-
ten führt.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 34
Unabhängigkeit: Die Individuen und deren Meinungen in der Gruppe dürfen sich
nicht gegenseitig beeinflussen. Durch Überzeugung der Gruppe von der eigenen
Meinung verliert die Gesamtgruppe an Vielfalt, wodurch Gruppenentscheidungen an
Wert verlieren.
Dezentralisierung: Im Zusammenhang mit der Forderung nach Unabhängigkeit spielt
auch die organisationale Dezentralisierung eine wichtige Rolle. Die Verlagerung der
Entscheidungsmacht von Linienpositionen auf operative Stellen fördert die Speziali-
sierung der Kompetenzprofile. Dadurch können vielfältige, unabhängige Sichten auf
eine Problemstellung erreicht werden.
Aggregation von Meinungen: Es muss möglich sein, aus den vielfältigen Einzel-
stimmen und –meinungen der Gruppe ein Gesamtaussage zu aggregieren.
Systeme, in welchen das Phänomen der Kollektiven Intelligenz ausgeprägt ist, weisen dabei
die Eigenschaften der Flexibilität und Robustheit auf (Gerick, 2004, S. 38). Mit Hilfe dieser
Eigenschaften kann den Herausforderungen des klassischen Geschäftsprozessmanagements
begegnet werden. Zum einen kann die Gruppe schneller auf veränderte Umweltbedingungen
reagieren und damit die Geschäftsprozesse flexibilisieren, zum anderen kann durch die Einbe-
ziehung des Wissens aller Mitarbeiter über die Geschäftsprozesse in den Gestaltungs- und
Planungsprozess ein besseres Ergebnis erzielt werden als durch einzelne Führungskräfte, die
aufgrund von hierarchischen Strukturen die formelle Verantwortung für den Prozess tragen.
4.1.3 VIRTUELLE COMMUNITY
Unter einer virtuellen Community ist der Zusammenschluss von verschiedenen Personen mit
gleichem Interessengebiet zu einer Gemeinschaft zu verstehen. Im Unterschied zu einer realen
Gemeinschaft bildet sich die virtuelle Community über das WWW und kommuniziert primär
online. Ein Merkmal von Communities ist damit die zeitliche und örtliche Trennung der Mit-
glieder (Winkler & Mandl, 2004, S. 3). Neben der privaten Nutzung (Verfolgung eines Hob-
bys) findet die Online-Community durch die Entwicklungen des Web 2.0 auch vermehrt Ein-
satzmöglichkeiten im unternehmerischen Kontext. So können beispielsweise Produktinnova-
tionen mit Hilfe der Ideen von Kunden generiert (Bartl, Ernst, & Füller, 2004) oder freie
Software mittels Open Source Communities entwickelt werden (Reichwald, Meyer,
Engelmann, & Walcher, 2007, S. 163f). HAGEL & ARMSTRONG (2006, S. 38f) definieren für
eine virtuelle Community folgende konstituierende Merkmale:
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 35
gemeinsamer Interessenschwerpunkt der Mitglieder
Vermögen, Inhalte und Kommunikation zu integrieren
Zugang zu Informationen, die durch Mitglieder innerhalb der Community bereitge-
stellt werden
Mit Hilfe des Einsatzes einer Community im Geschäftsprozessmanagement können die Mit-
arbeiter befähigt werden, die Geschäftsprozesse des Unternehmens mit zu gestalten und zu
optimieren. Durch die Beteiligung von möglichst vielen Mitarbeitern aus unterschiedlichen
Abteilungen und Hierarchieebenen wird ein ganzheitlicher Blick auf die Geschäftsprozesse
gerichtete und sie werden in ihrem kompletten Ablauf betrachtet.
4.1.4 CHANCEN UND RISIKEN DURCH ENTERPRISE 2.0
Anhand der in Kapitel 4.1 aufgezeigten Prinzipien von Enterprise 2.0 wurde gezeigt, dass das
Enterprise 2.0-Konzept zahlreiche Potenziale bietet, die Probleme und Herausforderungen des
klassischen Geschäftsprozessmanagements zu bewältigen.
Im weiteren Verlauf der Arbeit soll ein überarbeitetes Geschäftsprozessmanagementverständ-
nis in Form einer Verschmelzung des klassischen Geschäftsprozessmanagements mit dem
Enterprise 2.0-Konzept entwickelt werden. Hierfür ist es notwendig zu verstehen, worin die
Stärken und Schwächen der beiden Konzepte liegen und welche Besonderheiten in ihrem Zu-
sammenwirken berücksichtigt werden müssen.
Das klassische Geschäftsprozessmanagement hat traditionell die Entwicklung schematisierter
Handlungsabläufe zum Ziel, welche dem Mitarbeiter meist wenig Spielraum bei der Durch-
führung einräumt (Vanderhaeghen, Fettke, & Loos, 2010, S. 21). Dies wird häufig den realen
Anforderungen nach flexiblen Problemlösungen nicht gerecht. Im Kontrast zu diesem klassi-
schen Verständnis wird im Enterprise 2.0-Konzept die Schaffung einer dezentralen Entschei-
dungskultur gefordert, welche mit einem teilweisen Kontrollverlust des Managements einher-
geht (Weinberger, 2008, S. 94f). Für die Durchführung von Geschäftsprozessen kann sich
dies vorteilig auswirken. So werden Geschäftsprozesse nicht mehr als „Fahrplan“ angesehen,
die Schritt für Schritt vorgeben, wie Arbeitsaufgaben zu erledigen sind. Vielmehr wird ein
grober Handlungsrahmen für die Durchführung vorgegeben, beispielsweise indem Geschäfts-
prozesse als aufbereitete Ressourcen erprobte Best-Practices zur Prozessdurchführung enthal-
ten oder nützliche Hilfsmittel bereit gestellt werden, welche optional eingesetzt werden kön-
nen. Mitarbeiter werden dadurch befähigt, ihre Aufgaben selbstständig und selbstorganisiert
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 36
zu lösen. DUECK (2009) spricht in diesem Fall von einer Verbesserung der Prozessergonomie
und einer damit verbundenen effizienteren Durchführung von Geschäftsprozessen.
Für eine Balance beider Managementphilosophien ist es jedoch erforderlich, dass die Mecha-
nismen zur Kontrolle und zentraler Steuerung nicht vollständig aufgegeben werden. Bei der
Weiterentwicklung und Anpassung von Geschäftsprozessen ist es wichtig, stets den Bezug
zur Unternehmensstrategie zu wahren. Mitarbeitern fehlt im Vergleich zu Führungskräften
oftmals der Überblick über unternehmensweite Entscheidungen (Kurz, 2009, S. 45). Aus die-
sem Grund sollte das Management bei wichtigen Fragestellungen auch weiterhin als letzte
Entscheidungsinstanz betrachtet werden. Die Mitarbeiter können bei der Entscheidungsfin-
dung im gesteigerten Maße Impulse, Ideen und Richtungen einbringen, die endgültige Ent-
scheidung sollte aber zu Gunsten einer ganzheitlichen Sicht wie auch im klassischen Ge-
schäftsprozessmanagement bei den Führungskräften liegen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Adaption verschiedener Organisations-
gestaltungsprinzipien aus dem Enterprise 2.0-Konzept einen wesentlichen Beitrag zur Flexibi-
lisierung der Geschäftsprozesse leisten kann. Hierbei muss jedoch ein sinnvolles Gleichge-
wicht geschaffen werden, damit die Flexibilisierung nicht in einer organisationalen Destabili-
sierung mündet und bereits effiziente Abläufe gefährdet werden (Lin, 2010, S. 53).
4.2 PROZESS COMMUNITY
Aufbauend auf den in KAPITEL 4.1 (Bewältigung der Herausforderungen, S. 32-35) erwähnten
Gestaltungsoptionen für ein effizientes Geschäftsprozessmanagement im Zeitalter des Enterp-
rise 2.0 soll ein Modell für ein community-gestütztes Geschäftsprozessmanagement entwi-
ckelt werden. Es werden sowohl organisationale Gestaltungsdimensionen bezüglich der Auf-
gaben und Rollen in einer solchen Prozess Community als auch technologische Unterstüt-
zungs- und Implementierungsmöglichkeiten durch ein Enterprise Wiki aufgezeigt.
Unter Prozess Community wird in dieser Arbeit eine Organisationsform für Prozessmanage-
ment mit dem Ziel der Prozessverbesserung und Erhöhung der Prozessorientierung verstan-
den, in der Mitarbeiter aus allen Hierarchieebenen und Abteilungen an der Prozessgestaltung
mitwirken können. Die gemeinsame Arbeit an den Prozessen erfolgt hierbei sowohl bei re-
gelmäßig stattfindenden realen Meetings als auch virtuell über ein Enterprise Wiki.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 37
4.2.1 ZIELE UND AUFGABEN
Ein Wesensmerkmal von Communities ist, dass sie sich aus den Interessen der Mitglieder
heraus selbst gründet und sich Strukturen und Ziele erst während der Entstehungsphase der
Community entwickeln (Wenger, McDermott, & Snyder, 2002, S. 68ff). Im Gegensatz zu
diesen selbstmotivierten Communities of Practice, die im Unternehmen Wissensaustausch
fördern, hat die Prozess Community schon während der Entwicklung einen definierten Be-
stimmungszweck. Diese bereits im Vorfeld festgelegten Ziele und Aufgaben sind notwendig,
um einen erfolgreichen Einsatz der Prozess Communities zu gewährleisten.
Die Prozess Community soll einen „Raum“ bieten, in dem sich Experten vernetzen und abtei-
lungsübergreifend austauschen können. Dabei können sich die Know-How-Träger unterei-
nander zu Prozessen austauschen und gemeinsam Lösungen für identifizierte Probleme fin-
den. Die regelmäßige Beschäftigung mit der eigenen Arbeit und Hinterfragung durch die Mit-
arbeiter führt dazu, ineffiziente Prozessstrukturen zu identifizieren und zu verbessern. Auf
Grundlage des abteilungsübergreifenden Erfahrungsaustausches kann Best Practice Sharing
zwischen den Mitarbeiter gefördert werden, welche in den jeweiligen Prozessen arbeiten. Die
geschaffene Heterogenität der Gruppe durch Einbeziehung aller Prozessbeteiligten (aus ver-
schiedenen Abteilungen) fördert das Innovationspotenzial der Prozess Community
(Reinmann-Rothmeier, 2000, S. 17). Der mit dem Konzept der Prozess Community geförder-
te interdisziplinäre Wissensaustausch der Mitarbeiter untereinander verfolgt dabei zwei kon-
krete Zielstellungen: Prozessverbesserungen durch die Mitarbeiter generieren und die Pro-
zessorientierung, d.h. das Prozessbewusstsein, bei den Mitarbeitern stärken.
4.2.1.1 PROZESSVERBESSERUNG
Eine Hauptaufgabe der Prozess Community ist es, mit Hilfe der Beteiligung aller Mitarbeiter
Prozessverbesserungen zu identifizieren und diese umzusetzen. Sie ist somit die erste Anlauf-
stelle, wenn Mitarbeiter Ineffizienzen in ihren täglichen Arbeitsabläufen feststellen und diese
beheben wollen. Im klassischen Geschäftsprozessmanagement wird dieser wichtige Beitrag
von den Mitarbeitern vollkommen vernachlässigt, bzw. ist für die Beteiligten mit Aufwand
und Umständen verbunden. SCHMIDT & NURCAN (2009, S. 651) identifizieren mit dem „In-
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 38
formation Pass-On Threshold“8 wesentliche Ursachen, welche Beschäftigte davon abhalten,
Verbesserungsideen in die Organisation einzubringen:
Die Einbringung von Verbesserungsideen ist mit subjektiv empfundenem Aufwand
verbunden („Wieso sollte ich meinem Vorgesetzten eine E-Mail schreiben?“).
Die weitere Verwendung von Vorschlägen ist für die Mitarbeiter intransparent („Was
passiert überhaupt mit meinem Vorschlag?“).
Die Durchsetzbarkeit der eigenen Verbesserungsvorschläge wird falsch bewertet
(„Meine Idee wird sowieso nicht akzeptiert“).
Die Implementierung einer Prozess Community kann diese Hürden und Barrieren beseitigen.
Innerhalb der Prozess Community werden Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsabläufe
gesammelt und dann gemeinsam durch alle Mitglieder diskutiert und bewertet. Die (freiwilli-
ge) Diskussion aller Prozessbeteiligten schafft Transparenz darüber, wie Veränderungen bei
den jeweiligen Prozessabläufen entschieden und bewertet werden. Dieser Abbau der Informa-
tionsasymmetrie bewirkt eine gesteigerte Anteilnahme und individuelle Interessenvertretung
der einzelnen Mitarbeiter (Hees, Schierholt, Schultze, & Zweig, 2001). Die Transparenz des
Entscheidungsprozesses von Prozessverbesserungen führt zusätzlich dazu, dass Mitarbeiter
eigene Verbesserungsvorschläge hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit und Relevanz für die Orga-
nisation besser einschätzen können.
4.2.1.2 PROZESSORIENTIERUNG
Die Möglichkeit für Mitarbeiter, sich aktiv an der Weiterentwicklung der Unternehmenspro-
zesse einzubringen, wirkt sich auch positiv auf das vorhandene Prozessbewusstsein jedes Ein-
zelnen aus. SCHMIDT & NURCAN (2009, S. 650) stellten fest, dass beim klassischen Ge-
schäftsprozessmanagement die „Modell-Realität-Kluft“ Probleme bei der Umsetzung von
Geschäftsprozessen bereitet. Demnach werden Prozessmodelle von Mitarbeitern in der tägli-
chen Arbeit nicht oder nur unzureichend genutzt. Teilweise setzen sich Mitarbeiter bewusst
über Prozessvorschriften hinweg, da sie eigene Arbeitsabläufe entwickelt haben, welche sie
als effizienter einschätzen. Als Grund für dieses fehlende Prozessbewusstsein bei den Mitar-
beitern sehen SCHMIDT & NURCAN (2009, S. 650) die Gestaltung der Prozesse aufgrund von
hierarchischen Strukturen. Demnach werden Prozessvorgaben „par ordre du mufti“ erteilt und
nicht mit den betroffenen Prozessbeteiligten gemeinsam erarbeitet. Eine Studie von INVERSINI
8 Der Begriff beschreibt alle Hürden, die dazu führen, dass Mitarbeiter Verbesserungsideen nicht an ihre Ver-
antwortlichen weiterleiten.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 39
(2005, S. 264) ergab, dass Mitarbeiter den Nutzen von organisationalen Veränderungen be-
wusster wahrnehmen, wenn sie in den Veränderungs- und Weiterentwicklungsprozess einge-
bunden sind. Durch die Einbeziehung der Mitarbeiter in den Verbesserungsprozess mit Hilfe
der Prozess Community wird bei den Mitarbeitern das subjektive Empfinden über den Nutzen
der Prozesse gesteigert und schafft im gesamten Unternehmen eine stärkere Prozessorientie-
rung. Diese kann zusätzlich verstärkt werden, indem beispielsweise innerhalb der Prozess
Community alle notwendigen Dokumente und Hilfsmittel zur Ausführung eines Prozesses zur
Verfügung gestellt werden. Die Prozess Community wird damit zu einer „Prozessplattform“
auf der Abläufe, Ansprechpartner, Prozessziele, Prozesshandbücher, Dokumente, etc. bereit-
gestellt werden und die Grundlage für die tägliche Arbeit liefern. Die zentrale Ablage aller
Informationen über einen Geschäftsprozess erleichtert zudem die Einarbeitung von neuen
Mitarbeitern und macht sie schnell mit der gängigen Praxis des Unternehmens vertraut.
4.2.1.3 VERHÄLTNIS ZUM KLASSISCHEN GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT
Das Geschäftsprozessmanagement bleibt auch im Zeitalter von Enterprise 2.0, starker Dezent-
ralität im Unternehmen und Selbstorganisation der Arbeit ein wichtiges Konzept, um die
Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen zu steuern und zu verbessern. Mit Hilfe des Ansat-
zes der Prozess Community wird eine neue Organisationsform geschaffen, um die Aufgaben
des Geschäftsprozessmanagements (vgl. Kapitel 3.3.1: Der Geschäftsprozessmanagement-
Kreislauf, S. 27) zu bewältigen. Unterschiede zum bestehenden Ansatz des klassischen Ge-
schäftsprozessmanagements sind somit Rahmenbedingungen wie Rollenverteilungen, Befug-
nisse und Umsetzung im Unternehmen.
Zur Realisierung dieser neuen Form des Geschäftsprozessmanagements empfiehlt KURZ
(2009, S. 34), die Aufgabe des Geschäftsprozessmanagements in eine strategische und opera-
tive Komponente zu unterteilen (vgl. Abb. 4.1: Das strategische und operative Geschäftspro-
zessmanagement, S. 40). Demnach können sich Mitarbeiter im operativen Geschäftsprozess-
management einbringen und beteiligen, wichtige strategische Entscheidungen obliegen aber
den Führungskräften. Somit kann gewährleistet werden, dass der wichtige strategische Bezug
bei der Gestaltung der Geschäftsprozesse ausreichend durch die Führungskräfte beachtet
wird, gleichzeitig aber auch Mitarbeiter, die in der täglichen Arbeit den Prozess ausführen,
Mitsprache bei der Weiterentwicklung haben.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 40
Entwurf
Imple-mentierung
Ausführung
Kontrolle
Strategisches Prozessmanagement
ABBILDUNG 4.1: DAS STRATEGISCHE UND OPERATIVE GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT (KURZ, 2009, S. 34)
Die durch die Prozess Community verfolgten Ziele können entlang der operativen Phasen des
Geschäftsprozessmanagementkreislaufs beschrieben werden.
In der Entwurfsphase kann mit Hilfe der Prozess Community das Ziel der Prozess-
verbesserung gefördert werden, indem die Erfahrungen und Hinweise vieler Mitarbei-
ter in die Prozessgestaltung einbezogen werden.
Durch diese regelmäßige und aktive Beschäftigung mit dem Geschäftsprozessmana-
gement durch die Mitarbeiter kann in der Implementierungsphase überarbeiteter
Prozesse und Ausführungsphase eine höhere Prozessorientierung erreicht werden.
Dies wird zudem durch eine verbesserte interne Kommunikation über Social Soft-
ware-Plattformen unterstützt.
Die in der Kontrollphase anfallende Aufgabe, die bestehenden Prozesse auf ihre Effi-
zienz zu überprüfen, wird mittels der Prozess Community nicht nur auf das Erheben
von Kennzahlen beschränkt, sondern erreicht durch den Aufbau eines intensiven Dia-
logs mit den Mitarbeitern eine neue Qualität der Prozessverbesserung.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
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4.2.2 AUFBAU UND ROLLEN
Innerhalb der Prozess Community werden die Geschäftsprozesse nicht mehr ausschließlich
von Führungskräften und dazu berufenen Teams überarbeitet und weiterentwickelt, sondern
jeglicher Stakeholder der Prozesse innerhalb des Unternehmens kann sich an der Gestaltung
der Geschäftsprozesse beteiligen.
Die Mitglieder einer virtuellen Community, welche sich selbstorganisiert aus einem gemein-
samen Interessenschwerpunkt heraus zusammenfinden, können innerhalb einer Community
aufgrund ihrer Tätigkeit verschiedene informelle Rollen und Funktionen einnehmen. Neben
diesen informellen Rollen wie „Novice“, „Regulars“, etc. (Kim, 2000) müssen in der Prozess
Community aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten, sich aktiv an der Community zu beteili-
gen, geeignete formelle Rollen definiert und besetzt werden, welche die jeweiligen Hand-
lungsspielräume und Befugnisse der Beteiligten festlegen. Das heißt, im Gegensatz zu ande-
ren Community-Formen im Unternehmen (wie bspw. Community of Practice) werden die
wichtigsten Rollen im Voraus festgelegt. Dieses Vorgehen ist notwendig, da Geschäftspro-
zessmanagement als ganzheitliches Managementkonzept die unternehmensinternen Abläufe
optimieren und steuern soll. Es müssen demnach Verantwortliche bestimmt werden, die Ent-
scheidungsbefugnisse haben, um die Wertschöpfungsprozesse ganzheitlich zu verbessern.
Dennoch ist weiterhin die freiwillige Beteiligung weiterer Mitarbeiter gewünscht und gefor-
dert, um möglichst viele heterogene Sichten auf die Geschäftsprozesse zu vereinen.
Nachfolgend wird ein Rollenmodell beschrieben, welches bei der Einführung von Prozess
Communities Hilfestellung geben soll. Aufbauend auf dem Promotoren-Modell von WITTE
(1999) und den operativen Aufgaben im klassischen Geschäftsprozessmanagement nach
SCHMELZER & SESSELMANN (2008) werden vier Rollentypen und ihre dazugehörigen Aufga-
benbereiche definiert.
Die Mitglieder der Prozess Community können zunächst unterteilt werden in ein aktives, sich
regelmäßig (persönlich) treffendes Kernteam und ein erweitertes Team, welches aus jegli-
chen interessierten Prozessbeteiligten bestehen kann. Das Kernteam trägt die Verantwortung
für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Prozesse und deren operative Durchführbarkeit
und besteht aus einem Prozessverantwortlichen, einem Prozesspaten sowie einem Modera-
tor. Das erweiterte Team besteht aus Prozessstakeholdern, welche Input für Prozessverbesse-
rungen einbringen können. Wesentliche Merkmale der verschiedenen Rollen sind in TABELLE
4.1 (Rollen in der Prozess Community, S. 42) zusammengefasst.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 42
TABELLE 4.1: ROLLEN IN DER PROZESS COMMUNITY
Bezeichnung Aufgaben Identität
Prozessver-
antwortlicher
Strategische Führung des Geschäftsprozesses
Definition von Kennzahlen und Zielwerten
Entscheidung über Veränderungen im Ge-
schäftsprozess
Koordination mit anderen Geschäftsprozessen
Macht-
promotor
Prozesspate Verantwortung für operative Durchführbarkeit
von Geschäftsprozessen
Planung und Durchführung von Verände-
rungsmaßnahmen
Auseinandersetzung mit Verbesserungsvor-
schlägen aus der Prozess Community
Fachpromotor
Moderator Schnittstelle zwischen Kernteam und erweiter-
tem Team
Leitung der Diskussion zwischen erweitertem
Team und Prozesspaten
Ansprechpartner für Prozessfragen
Prozess- und
Beziehungs-
promotor
Erweitertes
Team
Abteilungsübergreifender Austausch zu Ge-
schäftsprozessen
Bereitstellung von Best Practice Leitfäden
Diskussion über Schwachstellen in den Pro-
zessen und mögliche Verbesserungsideen
Informationserstellung und -konsum
Kontributoren
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
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4.2.2.1 PROZESSVERANTWORTLICHER
Prozessverantwortliche stehen auf der höchsten Hierarchieebene der Prozessgemeinschaft und
sind verantwortlich für die strategische Führung ihres zu verantwortenden Geschäftsprozes-
ses. Sie beeinflussen die Prozessgestaltung aufgrund ihrer formalen Autorität und nehmen in
der Prozess Community die Rolle des Machtpromotors ein. Durch ihre hohe aufbauorganisa-
torische Stellung können sie über Ressourcen zur Weiterentwicklung von Prozessen entschei-
den sowie die Umsetzung von Prozessveränderungen aufgrund ihrer hierarchischen Position
fördern (Witte, 1999, S. 16).
Als Führungskraft ist der Prozessverantwortliche mit jeglichen Aufgaben des strategischen
Geschäftsprozessmanagements beauftragt. Unter Sicherstellung der Konsistenz von Unter-
nehmens- und Prozesszielen definiert er Kennzahlen sowie deren Zielwert für seinen Prozess.
Unter Berücksichtigung dieser Kennzahlen wird der Prozess vom Prozessverantwortlichen
regelmäßig neu bewertet und analysiert sowie mögliche Veränderungsmaßnahmen veranlasst.
Erkennt der Prozessverantwortliche Verbesserungspotenziale, die direkten Einfluss auf andere
Geschäftsprozesse haben, so muss er sich mit den jeweiligen Prozessverantwortlichen über
mögliche Veränderungen am Geschäftsprozess austauschen und diese in den Entscheidungs-
prozess einbeziehen. Neben den von ihm angestoßenen Veränderungen am Geschäftsprozess
beurteilt der Prozessverantwortliche auch Verbesserungsideen, die innerhalb der Prozess
Community gesammelt werden und stimmt sich mit dem Prozesspaten über deren endgültige
Umsetzung ab. Bei Anpassungen an den Geschäftsprozessen ist er auch dafür verantwortlich,
die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen (Schmelzer & Sesselmann, 2008,
S. 159ff). Neben der strategischen Prozessplanung vertritt der Prozessverantwortliche auch
seinen Prozess innerhalb der Prozess Community und gegenüber anderen Prozessverantwort-
lichen.
4.2.2.2 PROZESSPATE
Der Prozesspate ist dem Prozessverantwortlichen direkt unterstellt und ist für die operative
Durchführbarkeit seines Geschäftsprozesses zuständig. Zu diesem Zweck ist er direkt verant-
wortlich für die Aktualität der Prozessdokumentation, welche für alle Prozessbeteiligten ein-
sehbar ist. Weiterhin ist er mit der Bereitstellung von Dokumenten und Hilfsmitteln, die im
Prozess benötigt werden, beauftragt. Zudem hat er die Aufgabe, die definierten Prozesskenn-
zahlen regelmäßig zu messen und zu überwachen. Er wertet diese hinsichtlich erkennbarer
Trends aus und analysiert und interpretiert Ursachen für mögliche Negativentwicklungen.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
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Aus diesen leitet er Gegenmaßnahmen ab, welche er in Abstimmung mit dem Prozessverant-
wortlichen selbstständig plant und durchführt (Schmelzer & Sesselmann, 2008, S. 159ff).
Eine weitere wichtige Aufgabe des Prozesspaten ist die regelmäßige Kommunikation über
den Prozess mit allen Prozessbeteiligten. Innerhalb der Prozess Community setzt er sich mit
den Verbesserungsvorschlägen der Mitarbeiter auseinander, prüft diese und diskutiert sie an-
schließend mit allen Prozessstakeholdern. Bei erfolgreicher Umsetzung von Ideen wird dies
ebenso innerhalb der Prozess Community kommuniziert, um das Prozessbewusstsein bei allen
Mitarbeitern zu stärken. Diese Kommunikation mit allen Prozessbeteiligten schafft Transpa-
renz darüber, wie Veränderungen im Prozess entstehen und welche Gründe bei der Entschei-
dung für oder gegen Veränderungsmaßnahmen eine Rolle spielen.
Als Fachpromotor muss der Prozesspate über umfassendes Expertenwissen über seinen ge-
samten Geschäftsprozess verfügen, um mögliche Prozessverbesserungen erkennen und
Schwachstellen identifizieren zu können (Witte, 1999, S. 17).
4.2.2.3 MODERATOR
Der Moderator nimmt in der Prozess Community eine Schnittstelle zwischen dem Kernteam
und dem erweiterten Team ein. Durch den Kontakt mit beiden Gruppen der Prozessgemein-
schaft schafft er Verbindungen zwischen diesen und ist verantwortlich für den gegenseitigen
Austausch. Seine Hauptaufgabe ist die Moderation der Prozess Community (innerhalb der
technischen Plattform und bei realen Treffen), das heißt, er strukturiert neue Ideen, die durch
Mitarbeiter eingebracht werden, leitet und lenkt die Kommunikation innerhalb und zwischen
dem erweitertem Team und dem Prozesspaten und aggregiert Verbesserungsvorschläge zu
Prozessen. Diese strukturiert er und leitet sie an den Prozesspaten zur weiteren Bearbeitung
weiter.
Er ist für alle Mitarbeiter der erste Ansprechpartner, wenn es um Fragen, Verbesserungsvor-
schlägen und Ideen zu Prozessen geht. Dazu muss er sich fachlich gut mit dem Prozess aus-
kennen (Wie ist der Prozess momentan ausgestaltet?) und auch über aktuelle Entwicklungen
bezüglich des Prozesses informiert werden.
Durch seine Schnittstellen-Funktion verfügt der Moderator über umfassendes Wissen über
organisationale Strukturen sowie ein weitreichendes persönliches Netzwerk im Unternehmen.
Diese zahlreichen persönlichen Kontakte können genutzt werden, um eine große Anzahl an
Mitarbeitern zu erreichen, die sich an der Prozess Community beteiligen möchten. Seine Rol-
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
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le als Beziehungs- und Prozesspromotor befähigt ihn, die Prozess Community bei Verände-
rungsprozessen indirekt zu unterstützen (Hauschildt & Kirchmann, 1999, S. 93f).
4.2.2.4 ERWEITERTES TEAM
Das erweiterte Team besteht aus allen interessierten Mitarbeitern, die sich freiwillig in die
Prozessgemeinschaft einbringen wollen. Dieses Team hat keine feste Zusammenstellung,
sondern formt sich je nach Interesse der Mitglieder neu. Das erweiterte Team nimmt, obwohl
mit keinen festen Aufgaben betreut, die wichtigste Rolle innerhalb der Prozess Community
ein. Durch die Beteiligung möglichst vieler Prozessstakeholder füllen sie die Prozess Com-
munity mit Leben und tragen zu den beiden Zielen der Prozessverbesserung und Prozessori-
entierung innerhalb der Organisation bei. Aufgrund der Freiwilligkeit der Teilnahme, wird in
KAPITEL 4.2.4.2 (Motivation von Mitarbeitern, S. 52-54) untersucht, welche Rahmenbedin-
gungen geschaffen werden können um die Mitarbeiter zur Teilnahme an der Prozess Commu-
nity zu motivieren.
Die Mitglieder des erweiterten Teams bringen als Ausführende der Geschäftsprozesse Know-
How und Fachwissen über ihre jeweiligen Aktivitäten im Prozess mit und können Input zu
Fragestellungen des operativen Geschäftsprozessmanagements geben. Innerhalb der techni-
schen Plattform der Prozess Community können sie mit anderen Mitarbeitern (auch abtei-
lungsübergreifend) über die Geschäftsprozesse diskutieren, Verbesserungspotenziale inner-
halb der Prozesse aufdecken und Best Practice Leitfäden zur Ausführung der Geschäftspro-
zesse bereitstellen. Somit werden durch die Prozess Community Informationen erstellt, die
aus dem Bestehen der Prozess Community resultieren (z.B. Informationen über eine Prozess-
problemlösung). Damit erarbeiten die Mitarbeiter eine organisationale „Wissensdatenbank“
über Abläufe, Strukturen, Ansprechpartner für die jeweiligen Prozesse. Gleichzeitig konsu-
mieren die Mitglieder des erweiterten Teams aber jene Informationen, um sie auf individuelle
Fälle in ihrer täglichen Arbeit anzuwenden (Vanderhaeghen, 2009, S. 212).
4.2.3 DAS WIKI ALS RAUM FÜR DIE PROZESS COMMUNITY
In KAPITEL 3.2.2 (Einsatzgebiete für ein Wiki, S. 24) wurde gezeigt, dass Wikis für Prozesse
geeignet sind, die wissensintensiv, funktionsübergreifend und wenig strukturiert sind. Die
Arbeit innerhalb der Prozess Community weist genau jene Merkmale auf: Die Untersuchung
bestehender Prozesse und Identifikation von Problemen erfordert fachliches Wissen sowie
analytische Kompetenzen. Ebenso sind intensive Abstimmungen mit Experten aus verschie-
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 46
denen Bereichen zu den jeweiligen Fachproblemen notwendig, um gemeinsam eine bestmög-
liche Prozessgestaltung zu konzipieren.
In den nachfolgenden Abschnitten wird deshalb genauer untersucht, auf welche Weise ein
Enterprise Wiki die Prozess Community unterstützen kann. Hierfür sollen mögliche Einsatz-
szenarien für das Wiki innerhalb der Prozess Community beschrieben werden.
4.2.3.1 DIE ROLLE DES WIKIS
Communities (sowohl virtuelle als auch reale) benötigen „Orte“, an denen sich die Beteiligten
treffen können. Bei virtuellen Communities sind diese Orte häufig durch technische Kommu-
nikationskanäle (bspw. Chat-Raum, Mailingliste, Webseite, etc.) definiert. Dabei bestimmt
die Art des Community-Raumes auch die Art und Weise der Interaktion der Teilnehmer un-
tereinander (Winkler & Mandl, 2004, S. 9).
Dem Wiki als „Raum“ für die Prozess Community kommt dabei eine besondere Rolle zu. Es
ist nicht nur eine „Ablageplattform“ für die sich (auch real) treffenden Beteiligten der Prozess
Community, vielmehr wird durch die direkte Aufgabenbearbeitung im Wiki die Plattform zu
einem „Ort der Arbeit“ selbst.
Damit wird eine Struktur geschaffen, in der sich der virtuelle Raum (Wiki) und der reale
Raum (face-to-face Meetings) wechselseitig sinnvoll ergänzen. Die Arbeit der Prozess Com-
munity kann somit neben regelmäßig real stattfindenden Meetings im Wiki asynchron fortge-
setzt werden. Dies hat auch den Vorteil, dass eine standortübergreifende Beteiligung der Mit-
arbeiter an der Prozess Community möglich ist. Aufgrund dieser besonderen Verflechtung des
Wikis mit der Arbeit der Prozess Community fungiert es als wichtiger Katalysator und An-
triebskraft.
4.2.3.2 ANWENDUNGSSZENARIEN
Die im letzten Abschnitt beschriebene katalysierende Wirkung von Wikis soll im Folgenden
anhand von vier typischen Anwendungsszenarien für Prozess Communities verdeutlicht wer-
den (vgl. Tabelle 4.2: Wiki-Anwendungsszenarien, S. 50). In der betrieblichen Praxis sind
zahlreiche weitere Anwendungsszenarien denkbar (vgl. Schönefeld, 2009, S. 171ff), welche
jedoch zur Verdeutlichung der Nutzungsmöglichkeiten an dieser Stelle nicht weiter beschrie-
ben werden müssen.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 47
1. Organisation der Prozess Community
Eine Möglichkeit für den Einsatz von Wikis ist die Unterstützung der Organisation9 der Pro-
zess Community. Ein essentielles Instrument zur Organisation von wissensintensiver Zusam-
menarbeit sind Meetings zur Abstimmung und Diskussion. Bei der Organisation von Mee-
tings können Wikis auf verschiedene Arten unterstützend eingesetzt werden (Schönefeld,
2009, S. 130ff):
Durch die Einrichtung eines eigenen Bereiches für Prozess Community-Meetings wird eine
Anlaufstelle geschaffen, an der sich alle Prozess Community Mitglieder an der gemeinsamen
Themen- und Agendaplanung beteiligen können. So können aufgrund der Möglichkeit der
Seitenbearbeitung durch jeden einzelnen Nutzer die Beteiligten eigene Themen in die Mee-
tings einplanen. Während der Durchführung des Meetings kann das Wiki zusätzlich als Do-
kumentationsplattform verwendet werden, in dem der Meetingverlauf sowie Ergebnisse im
Wiki direkt protokolliert werden. Diese im Wiki hinterlegten Protokolle können von Mitarbei-
tern, die nicht physisch am Meeting partizipieren konnten, verwendet werden, um sich nach-
träglich über die Ergebnisse zu informieren. Diese Nutzungsart betont nochmals auf anschau-
liche Weise die Verschmelzung des virtuellen und realen Arbeitsbereiches der Prozess Com-
munity.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Organisation rund um Prozess Communities ist die
Aufrechterhaltung einer laufenden Kommunikation mit allen einzubeziehenden Stakeholdern.
Ein Wiki in Kombination mit einer integrierten Blogfunktion kann als primärer Kommunika-
tionskanal dienen, um Mitarbeiter auf News, Veränderungen oder Anpassungen rund um die
organisationale Prozesslandschaft aufmerksam zu machen. So kann sich bspw. die Kultivie-
rung eines wöchentlichen Berichts vorteilig auf die Kommunikationskultur der Prozess
Community auswirken und insgesamt das Prozessbewusstsein innerhalb der Organisation
erhöhen.
2. Aggregation und Darstellung von Inhalten
Im vorherigen Abschnitt wurde als ein Verwendungszweck von Wikis die Ablage von Infor-
mationen zur Organisation von Meetings erwähnt. Neben dieser Nutzungsmöglichkeit kann
das Wiki aber auch noch als Plattform für „gemeinsames Material“, das heißt, für alle Formen
von Inhalten und Arbeitsergebnissen verwendet werden.
9 Mit „Organisation“ ist dabei nicht die institutionelle, sondern die funktionale Bedeutung des Begriffes gemeint.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 48
Eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Mitarbeiter ist die Schaffung
einer gemeinsamen Sprache. Ein Wiki kann genutzt werden, um sprachliche Standards im
Unternehmen zu definieren (Schönefeld, 2009, S. 141). Dies kann bspw. mittels des Aufbaus
eines Glossar-Abschnittes im Wiki realisiert werden. In diesem Bereich können Mitarbeiter
gemeinsam organisationale Begriffe sammeln, beschreiben und definieren. Die kollaborative
Inhaltserstellung führt bereits während des Erarbeitens zu einem gemeinsamen, objektivierten
Verständnis der Mitarbeiter über organisationale Inhalte (Lin, 2010, S. 48). Eine weitere mög-
liche Anwendung wäre die Erstellung eines Wiki-basierten Prozesshandbuches über die Pro-
zesse des Unternehmens. Die Abbildung der Prozesslandschaft kann dabei als Nachschlage-
werk für Mitarbeiter dienen und die Grundlage für gemeinsame Begriffe, Wissen, Vorgehen
oder Verfahren bilden.
Ebenfalls kann das Wiki als Bibliothek verwendet werden, um erfolgreich bewertete Vorge-
hensweisen (Best Practices) zu sammeln und den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Die-
se Best Practices können innerhalb der Prozess Community adaptiert werden und durch die
Mitarbeiter auf eigene Situationen angewendet werden. Dieser Bereich kann inkrementell von
den einzelnen Mitgliedern vervollständigt werden, und es entsteht ein Wissensschatz, von
dem Mitarbeiter gegenseitig lernen können. Eine Möglichkeit, Erfahrungen im Wiki festzu-
halten ist es, diese in natürlich-sprachlicher, narrativer Form zu dokumentieren. Die Weiter-
gabe von Erfahrungen in Form von Erzählungen hat den Vorteil, dass Inhalte anschaulicher
und damit leichter verständlich sind.
3. Virtuelle Erarbeitung und Diskussion
Die im letzten Abschnitt beschriebene Dokumentation von Inhalten dient dazu, Inhalte trans-
parent und persistent haltbar zu machen. Ein Wiki unterstützt aber nicht nur die Strategie der
Dokumentation von Inhalten, sondern kann auch eingesetzt werden, um die Kommunikation,
Koordination und Kollaboration10
der Prozess Community Mitglieder zu unterstützen. Dies ist
sehr wichtig, da viele Abläufe in der Prozess Community eine sehr intensive Abstimmung
von Fachexperten aus unterschiedlichen Abteilungen erfordern. Die Diskussion von möglichst
vielen Mitgliedern mit verschiedenen Hintergründen führt dazu, dass viele Sichten vereint
werden und eine objektive Meinung gebildete werden kann.
10
vgl. hierzu die Klassifizierung von Groupware (Teufel, Sauter, Mühlherr, & Bauknecht, 1995)
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 49
Eine Besonderheit von Wikis ist, dass sie die Möglichkeit bieten, den Diskurs aus den realen
Prozess Community-Treffen auf virtueller Ebene weiterzuführen und dort auszuweiten. Durch
die virtuelle Kommunikation ergibt sich die Möglichkeit, (1) auch zeitlich asynchron zu inter-
agieren und (2) auch räumliche Distanzen zu überwinden (Winkler & Mandl, 2004, S. 3).
Zudem kann die Prozess Community das Wiki nutzen, um:
virtuelle Brainstormings durchzuführen,
Ist-Prozesse kritisch zu analysieren (z.B. mittels einer „Problembox“),
Feedback zu Vorschlägen und Konzepten der Prozessverbesserung zu diskutieren und
gemeinsame Inhalte zu diskutieren, verbessern und zu objektivieren.
4. Transparenz über Kompetenzen
Für eine effiziente Arbeitsteilung und die optimale Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen
im Unternehmen ist es wichtig zu wissen, welcher Mitarbeiter über welche Kompetenzen
verfügt. Durch die Beteiligung im Wiki werden Experten im gesamten Unternehmen sichtbar.
Dies kann auf zwei verschiedene Weisen geschehen:
Zum einen können die Mitglieder der Prozess Community in einem gesonderten Bereich vor-
gestellt werden. Mittels digitaler Visitenkarten oder Kompetenzprofilen werden die Mitglie-
der im Wiki abgebildet. Andere Mitarbeiter nehmen sie damit als Ansprechpartner für fachli-
che Fragen oder die Community betreffend war. Neben dieser aktiven Darstellung von Exper-
ten werden Spezialisten auch passiv durch die Nutzung des Wikis abgebildet. Aufgrund der
konkreten Mitarbeit an der Prozess Community hinterlassen die Mitglieder digitale Fußspuren
(z.B. durch die Beteiligung an Diskussionen, Autorenschaft an Wiki-Seiten, Hochladen von
Inhalten), welche für die anderen Nutzer sichtbar sind.
Die damit verbundene Transparenz der Arbeitsleistung schafft ein Bewusstsein darüber, wel-
cher Mitarbeiter woran arbeitet und in welchen Projekten er involviert ist. Diese Awareness
über Wissensträger ermöglicht die Herausbildung eines informellen Netzwerkes, in dem In-
formationen schnell, effizient und unbürokratisch ausgetauscht werden können.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 50
TABELLE 4.2: WIKI-ANWENDUNGSSZENARIEN
Anwendungsszenario Beschreibung Beispiel
Organisation der
Prozess Community
Kollaborative
Meetingorganisation und
interne Kommunikation
Meeting-Agenda
Protokoll
Wochenbericht
Aggregation und
Darstellung von
Inhalten
Sammlung von Inhalten zur
Definition unternehmens-
weiter einheitlicher Begriffe
und Vorgehensweisen
Glossar-Abschnitt
Prozesshandbuch
Virtuelle Erarbeitung
und Diskussion
Wiki als Plattform für den
Meinungsaustausch der Pro-
zess Community Mitglieder
Virtuelle Brainstormings
Gemeinsame Diskussi-
on, Feedback, Analyse
Transparenz über
Kompetenzen
Sichtbarmachen von
Ansprechpartnern und
Themenexperten
Digitale Visitenkarten
Vorstellung Mitglieder
4.2.4 NOTWENDIGE RAHMENBEDINGUNGEN
Die Prozess Community entsteht nicht wie zahlreiche andere Community-Formen im Unter-
nehmen zufällig durch das gemeinsame Interesse der Mitglieder (Schaffert & Wieden-
Bischof, 2009, S. 95), sondern wird bewusst durch das Management gegründet und initiiert.
Im letzten Abschnitt wurden bereits ausführlich technische Aspekte zur erfolgreichen Unter-
stützung einer Prozess Community dargestellt, da dem Wiki eine besondere Rolle innerhalb
der Prozess Community zuteilwird (vgl. Kapitel 4.2.3.2: Anwendungsszenarien, S. 46-50).
Für die erfolgreiche Etablierung von Prozess Communities ist jedoch neben bereits beschrie-
benen technischen Aspekten vor allen Dingen eine Betrachtung sozial-kultureller und organi-
sationaler Rahmenbedingungen notwendig, damit eine ganzheitliche Sichtweise gewährleistet
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 51
wird11
. Daher werden für diese Bereiche in den nachfolgenden Abschnitten ausgewählte Ein-
flussfaktoren beschrieben. Neben diesen sind noch zahlreiche weitere Einflussfaktoren denk-
bar, welche im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter vorgestellt werden können.
4.2.4.1 UNTERSTÜTZUNG DURCH DAS MANAGEMENT
Erfahrungen aus dem Change Management haben gezeigt, dass die Unterstützung und Förde-
rung durch die Führungskräfte und das Top-Management für den Erfolg von Change-
Projekten unerlässlich sind (Kraus, Becker-Kolle, & Fischer, 2006, S. 53). Auch die Einfüh-
rung von Prozess Communities als neues Instrument des Geschäftsprozessmanagements stellt
ein Change-Projekt dar. Somit gilt die Unterstützung durch die Führungskräfte und das Top-
Management ebenso als notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Etablierung von Pro-
zess Communities.
Bei der Etablierung einer Prozess Community sind vor allem in der Initiierungsphase das
Werben für das Konzept sowie das Anwerben freiwilliger Mitglieder notwendig. Wird dieser
Aufgabe durch Top-Management und Führungskräften nachgegangen, so wird den Mitarbei-
tern damit auch implizit kommuniziert, dass das Konzept der Prozess Communities offiziell
anerkannt und die Beteiligung daran ausdrücklich erwünscht ist.
Während der Betriebsphase von Prozess Communities müssen den Mitgliedern von ihren
Vorgesetzten genügend Freiräume in der täglichen Arbeit eingeräumt werden, um eine wir-
kungsvolle Teilnahme zu ermöglichen. Dabei muss die Organisation interne Interessenkon-
flikte bezüglich der Ressourcen für die operative Arbeit und strategische Aufgaben wie ge-
meinschaftliche Prozessverbesserungen ausbalancieren.
Ein weiterer Aspekt, für den die Unterstützung durch das Management unerlässlich ist, ist der
Umgang mit aus der Prozess Community generierten Vorschlägen zu Prozessänderungen.
Führungskräfte verfügen über die notwendigen Befugnisse und Ressourcen, um Prozessände-
rungen zu unterstützen und durchzusetzen. Werden Vorschläge zu Prozessänderungen konse-
quent blockiert oder ignoriert, so führt es dazu, dass die Prozess Community zu einer reinen
Wissensaustausch- und Diskussionsplattform degradiert wird, welcher reale Einflussmöglich-
keiten fehlen.
11
vgl. hierfür auch die häufig rezitierte M-O-T-Systematik nach BULLINGER, WARSCHAT, PRIETO & WÖRNER
(1998)
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 52
Diese Beispiele sollen verdeutlichen, dass ohne die Unterstützung durch die Führungskräfte
und das Top-Management ein wirkungsvoller Betrieb der Prozess Community nicht realisier-
bar ist, da diese über die notwendigen Ressourcen (Mitarbeiter, Zeit, Investitionen) entschei-
den und verfügen. Eine Möglichkeit, die Unterstützung des Managements bereits im Design
der Prozess Community zu verankern ist es, analog des in dieser Arbeit vorgeschlagenen Rol-
lenmodells (vgl. Kapitel 4.2.2: Aufbau und Rollen, S. 41-44), einen Prozessverantwortlichen
einzusetzen, der aufgrund seiner hierarchischen Stellung bereits mit den benötigten Entschei-
dungsbefugnissen ausgestattet ist.
4.2.4.2 MOTIVATION VON MITARBEITERN
Die Prozess Community baut auf der freiwilligen Beteiligung möglichst engagierter Mitarbei-
ter auf. Es müssen demnach Mechanismen und Strukturen entwickelt werden, die die Mitar-
beiter zu einer kontinuierlichen Beteiligung an der Prozess Community motivieren.
Nach SMITH & KOLLOCK (1999, S. 225ff) lassen sich zwei Ursachen für die Beteiligung der
Mitglieder an Communities identifizieren: egoistische und altruistische Motive.
Als egoistisches Motiv zählen sie die Beteiligung an Communities aus der Erwartungshaltung
einer Gegenleistung der anderen Mitglieder in der (fernen) Zukunft. Neben diesem auf Ge-
genleistung beruhenden Prinzip ist ein weiteres Motiv das Gefühl, mit seiner Beteiligung an
der Community etwas bewirken zu können („sense of efficacy“). In der Prozess Community
müssen jene egoistischen Motive unterstützt und gefördert werden. Die Selbstwirksamkeit der
Mitglieder kann erhöht werden, indem eingebrachte Verbesserungsideen von den anderen
Mitgliedern und Führungskräften diskutiert und umgesetzt werden. Diese „Sinngebung“ der
eigenen Beteiligung findet nur statt, wenn die Mitglieder der Prozess Community bemerken,
dass ihre eigenen Ideen und Vorschläge Eingang in die Organisationsgestaltung finden. So-
bald aber Vorschläge ignoriert oder nicht weiter bearbeitet werden, „lernen“ die Mitarbeiter,
dass ihr Beitrag keine Auswirkungen hat. Die transparente, hierarchieübergreifende Diskussi-
on hat noch einen weiteren motivierenden Effekt: Durch die Beteiligung an der Prozess
Community können die Mitglieder ihre eigene Reputation im Unternehmen steigern und posi-
tiv beeinflussen. Wikis sind nach außen transparent, sodass die Beiträge der Mitglieder ein
Bild über die individuellen Kompetenzen der Mitarbeiter erzeugen. Besonders engagierte
Mitglieder werden damit im Unternehmen wahrgenommen und können durch ihre Vorgesetz-
ten unterstützt und gefördert werden (Schönefeld, 2009, S. 81).
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
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Als altruistische Motive zählen SMITH & KOLLOCK (1999, S. 227) den Wunsch, Hilfe denje-
nigen anzubieten, die sie benötigen oder auch, dass man sich zu einer Gruppe zugehörig fühlt
und diese deshalb unterstützen möchte. Das Gemeinschaftsgefühl der Prozess Community
Mitglieder kann gestärkt werden, indem eine gemeinsame, verbindende Kultur geschaffen
wird. Die Verständigung auf gemeinsame Werte und Normen, Grundannahmen und Rituale
schafft bei den Mitgliedern der Prozess Community ein Wir-Gefühl und führt zu einem er-
höhten Gruppenbewusstsein (Stopp, 2008, S. 55).
Führungskräfte können die egoistischen und altruistischen Motive der Mitarbeiter fördern und
unterstützen, indem sie sie motivieren, einen Beitrag zum Erfolg der Organisation zu leisten.
Ein Führungsmodell, welches bei den Mitarbeitern Begeisterung und Zuversicht erzeugen
soll, ist das Modell der Transformationalen Führung. BASS & AVOLIO (1994, S. 132-136) de-
finieren vier Merkmale, welche Transformationale Führungskräfte ausweisen sollen. In TA-
BELLE 4.3 (Einfluss des Transformationalen Führungsstils auf die Mitarbeitermotivation, S.
54) werden diese vier Eigenschaften sowie eine mögliche Ausprägung in der Prozess Com-
munity aufgezählt.
KAPITEL 4: GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT IM ZEITALTER DES ENTERPRISE 2.0
SEITE 54
TABELLE 4.3: EINFLUSS DES TRANSFORMATIONALEN FÜHRUNGSSTILS AUF DIE MITARBEITERMOTIVATION
Merkmale Beschreibung Ausprägung in der Prozess Com-
munity
Idealized
Influence
Führungskräfte sind Vor-
bilder für ihre Mitarbeiter
und werden respektiert und
bewundert
Führungskräfte beteiligen sich aktiv
an der Prozess Community und leben
so eine engagierte Mitarbeit vor
Inspirational
Motivation
Führungskräfte motivieren
ihre Mitarbeiter, indem sie
ihnen anspruchsvolle Ziele
setzen
Führungskräfte entwickeln die Vision
von „exzellenten Prozessen“ und
motivieren so die Mitarbeiter zur Teil-
nahme an der Prozess Community
Intellectual
Stimulation
Mitarbeiter werden durch
ihre Vorgesetzten zur
eigenständigen Problem-
lösung animiert
Führungskräfte schaffen ihren Mit-
arbeitern Freiräume zur Mitarbeit an
der Prozess Community
Führungskräfte sind bereit, mit ihren
Mitarbeitern über Vorschläge zur Pro-
zessgestaltung zu diskutieren und
diese Ideen zur Entscheidungs-
findung einzubeziehen
Individual
Consideration
Führungskräfte sind in ihrer
Rolle Mentor und Coach
und gehen auf die indivi-
duellen Bedürfnisse ihrer
Mitarbeiter ein
Bei entgegengesetzten Standpunkten
spielen die Führungskräfte die Rolle
des Vermittlers und wertschätzen so
die verschiedenen Beiträge der
einzelnen Mitarbeiter
KAPITEL 5: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
SEITE 55
5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
In diesem Kapitel werden abschließend die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst. Es soll
geprüft werden, ob die im Forschungsdesign festgelegten Ziele dieser Arbeit erreicht werden
konnten. Zusätzlich sollen das Vorgehen, die eingesetzten Methoden sowie die getroffenen
Annahmen der Arbeit kritisch hinterfragt werden. Abschließend soll ein Ausblick auf weite-
ren Forschungsbedarf aufgezeigt werden.
5.1 ERGEBNISSE DER ARBEIT
Das Forschungsziel dieser Arbeit war die Entwicklung eines Konzeptes für ein Wiki-
unterstütztes Geschäftsprozessmanagement im Enterprise 2.0. Um dieses Ziel zu errei-
chen, wurden folgende Forschungsfragen beantwortet:
F1. Was versteht man unter dem Begriff "Enterprise 2.0"?
In KAPITEL 2 (Enterprise 2.0 und Wikis, S. 5-14) dieser Arbeit wurde ein einheitliches Grund-
verständnis zu dem Thema Enterprise 2.0 geschaffen. Dazu wurde zunächst die Verbindung
zum Begriff Web 2.0 aufgezeigt. Anschließend wurde herausgearbeitet, dass der Begriff ne-
ben der technologischen Dimension (Social Software) auch organisations-kulturelle Aspekte
beinhaltet. Stellvertretend für alle Social Software Anwendungen wurde die Anwendungs-
klasse der Wikis in ihren Funktionen sowie Gestaltungsprinzipien näher beschrieben. Zur
Abgrenzung des Einsatzes von Wikis im WWW und dem unternehmensinternen Einsatz wur-
den abschließend in KAPITEL 2 die funktionalen Besonderheiten von Enterprise Wikis sowie
deren veränderter Einsatz untersucht.
F2. Auf welche Probleme und Grenzen stößt das klassische Geschäftsprozessmanage-
ment?
Zur Beantwortung dieser Frage wurden in KAPITEL 3 (Theorie des Geschäftsprozessmanage-
ments, S. 15-31) zunächst die Grundlagen des klassischen Geschäftsprozessmanagements
aufgearbeitet und der Geschäftsprozessmanagementkreislauf nach ALLWEYER vorgestellt,
welcher prototypisch für die Vielzahl an Modellen steht. Aufbauend darauf wurden implizite
Annahmen des Modells, wie bspw. das Rollenverständnis, untersucht. Daraus wurden vier
Probleme für eine effektive Umsetzung des Geschäftsprozessmanagements in der heutigen
Zeit abgeleitet, welche die Ausgangslage bilden, um die Potenziale von Enterprise 2.0 für das
Geschäftsprozessmanagement zu untersuchen.
KAPITEL 5: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
SEITE 56
F3. Wie können Enterprise 2.0-Tools und -prinzipien genutzt werden, um den aktuellen
Problemen des Geschäftsprozessmanagements zu begegnen?
Ausgehend von den in KAPITEL 2 und KAPITEL 3 erarbeiteten Grundlagen wurde in KAPITEL 4
(Geschäftsprozessmanagement im Zeitalter des Enterprise 2.0, S. 32-54) das Verhältnis der
Themenkomplexe „Geschäftsprozessmanagement“ und „Enterprise 2.0“ zueinander unter-
sucht. Zunächst wurden bekannte Prinzipien des Enterprise 2.0 (Empowerment, Weisheit der
Vielen und Virtuelle Communities) beschrieben, um mit Hilfe dieser Prinzipien einen Ansatz
zur Lösung der Probleme des klassischen Geschäftsprozessmanagements zu erarbeiten. An-
schließend wurde das Instrument der Prozess Communities, als eine neue Organisationsform
des Geschäftsprozessmanagements, erarbeitet. Hierbei wurden initial erste Gestaltungsdimen-
sionen, bzgl. Aufgaben, Rollenverteilung sowie Unterstützungsmöglichkeiten durch ein Wiki
aufgezeigt. Anschließend wurde noch darauf hingewiesen, welche Rahmenbedingungen im
Unternehmen vorherrschen müssen, um den Erfolg einer Prozess Community gewährleisten
zu können.
In TABELLE 5.1 (Potenziale der Prozess Community für das Geschäftsprozessmanagement,
S. 57) wird dargestellt, wie den zuvor für das klassische Geschäftsprozessmanagement identi-
fizierten Problemen durch die Einführung von Prozess Communities begegnet werden kann.
F4. Welche Kategorien von Geschäftsprozessen können in ihrer Durchführung durch
den Einsatz von Wikis unterstützt werden?
In KAPITEL 2 (Theorie des Geschäftsprozessmanagements, S. 15-31) wurde neben der Theorie
des Geschäftsprozessmanagements auch der Betrachtungsgegenstand des Geschäftsprozess-
managements - die Geschäftsprozesse - untersucht. Einführend wurde hierzu zunächst aufge-
zeigt, dass der Begriff „Geschäftsprozess“ mehrere Bedeutungsebenen besitzen kann und auf-
bauend darauf eine einheitliche Definition für diese Arbeit gewählt. In einem nächsten Schritt
wurde anhand von vorhandenen Klassifikationsschemata eine für diese Arbeit passende Ein-
teilung für Geschäftsprozesse entwickelt. Mit Hilfe dieser Systematisierung nach Prozessty-
pen konnte gezeigt werden, dass Wiki-Anwendungen vor allen Dingen wissensintensive,
einmalige, nicht strukturierte und funktionsübergreifende Geschäftsprozesse unterstützen
können.
KAPITEL 5: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
SEITE 57
TABELLE 5.1: POTENZIALE DER PROZESS COMMUNITY FÜR DAS GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENT
Identifizierte
Probleme
Handlungsbedarf Potenzial aus der Prozess
Community
I Prozesse „ver-
alten“ rapide
aufgrund hoher
Umweltdynamik
Schnellere Umsetzung von
Prozessverbesserungen
Die Prozess Community fördert
eine kontinuierliche Beschäfti-
gung mit den Prozessen.
II Steigender An-
teil an Prozes-
sen mit Projekt-
charakter
Prozesse müssen
emergent und inkrementell
entwickelt werden
Lessons Learned/ Best Practices
können über das Format Prozess
Community laufend und unbüro-
kratisch in die Prozesse einge-
bracht werden.
III Fehlendes Wis-
sen über Pro-
zesse bei der
Prozessgestal-
tung
Einbindung von Mitarbei-
tern in den Verbesse-
rungsprozess
Die Prozess Community stellt
eine Organisationsstruktur dar,
welche den Mitarbeitern erlaubt
und ermöglicht, sich aktiv an der
Gestaltung der Prozesse zu be-
teiligen.
IV Unwissen über
Aktualität der
Prozesse bei
den Mitarbei-
tern
Verbesserte Kommuni-
kation mit Mitarbeitern
Durch die aktive Teilnahme an
der Prozess Community sind
Mitarbeiter stets über Änderun-
gen bzgl. der Prozesse infor-
miert. Zusätzlich ist das Wiki die
zentrale Informationsplattform
und der Kommunikationskanal
rund um die Prozesse.
KAPITEL 5: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
SEITE 58
5.2 KRITISCHE ANMERKUNGEN
Das in dieser Arbeit entwickelte Konzept der Prozess Communities stellt einen ersten Gestal-
tungsentwurf dar. Es wurden verschiedene Ideen aus angrenzenden Konzepten (z.B. Commu-
nities of Practice) und Überlegungen der Autorin zu einem initialen Plan zusammengeführt.
Im Rahmen dieser Arbeit konnten jedoch keine empirischen Erkenntnisse zur Anwendbarkeit
des Konzeptes gesammelt werden. Eine empirische Überprüfung der Prozess Communities
könnte ergeben, dass einzelne Elemente des Konzeptes (z.B. Rollenmodell) erweitert oder
verändert werden müssen. Ebenso können in diesem Konzept nicht alle unternehmensspezifi-
schen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, die in dieser Arbeit identifizierten not-
wendigen Rahmenbedingungen stellen lediglich eine kleine Auswahl dar. Es muss zudem
kritisch hinterfragt werden, ob die theoretisch beschriebene Unterstützung durch das Wiki in
der Praxis ohne Weiteres umsetzbar ist, da nicht jedes Social Software-Einführungsprojekt
erfolgreich ablaufen muss (Hinchcliffe, 2009b).
Neben der fehlenden empirischen Validierung der vorhandenen Elemente der Prozess Com-
munity lassen sich Sichten identifizieren, die in dieser Arbeit bewusst ausgelassen wurden,
welche für eine praktische Einführung aber von großer Bedeutung sind, z.B.:
Ressourcensicht: Was kosten die Einführung und der Betrieb von Prozess Communi-
ties (Zeit der Mitglieder, technische Plattform, etc.)?
Entscheidungsfindung innerhalb der Prozess Community: Wie wird über Änderun-
gen zu Prozessen in der Community entschieden (Demokratie vs. Hierarchie)? Wie
werden Gruppenentscheidungen moderiert?
5.3 AUSBLICK UND WEITERER FORSCHUNGSBEDARF
Aufbauend auf den kritischen Anmerkungen des vorherigen Abschnitts lassen sich verschie-
dene Ansätze für weitere Forschungsarbeiten ableiten. Das Problem der fehlenden empiri-
schen Erkenntnislage könnte beispielsweise durch die Durchführung einer Fallstudie mit Me-
thoden der Aktionsforschung behoben werden (Frank, Klein, Krcmar, & Teubner, 1999).
Hierfür muss ein geeignetes Unternehmen gefunden werden, welches Interesse zeigt, das in-
terne Geschäftsprozessmanagement mit Hilfe von Prozess Communities und Enterprise 2.0-
Technologien weiterzuentwickeln. Der Forscher nimmt hierbei die Rolle eines aktiv mitge-
staltenden Beraters ein. Die bei der Einführung identifizierbaren Schwierigkeiten, Barrieren
KAPITEL 5: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
SEITE 59
oder Erfolgsfaktoren bilden anschließend die Grundlage, Teile des Konzeptes der Prozess
Communities zu ergänzen oder zu überarbeiten.
Neben der Praxisvalidierung sind noch weitere Ansätze für Anschlussforschungen denkbar.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird praxisseitig häufig gefordert, dass die Nutzenverspre-
chen von neuen Konzepten in Form einer Return-on-Investment-Betrachtung belegt werden
(Hinchcliffe, 2009a). Ein möglicher Ansatz, um den Nutzen von Prozess Communities zu
quantifizieren, wäre es, einen Katalog an Kennzahlen zu definieren, welche wichtige Leis-
tungsparameter des Geschäftsprozessmanagements (z.B. Anzahl involvierter Mitarbeiter, An-
zahl Verbesserungsvorschläge) erfassen. Die durch die Erhebung von Kennzahlen gewonne-
nen Erkenntnisse über mögliche Probleme bilden gleichzeitig die notwendige Grundlage, um
das Instrument der Prozess Community selbst kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu ver-
bessern.
Das in dieser Arbeit entwickelte Konzept für Prozess Communities ist ein möglicher Ansatz,
die Probleme des klassischen Verständnisses von Geschäftsprozessmanagement zu beheben,
indem eine sinnvoll ausbalancierte Verbindung zu den neuen Technologien und Philosophien
aus der Web 2.0-Bewegung hergestellt wird. Diese Arbeit stellt damit einen Versuch dar, der
aktuellen Diskussion neue Ideen und Impulse zu liefern, um zu einer schrittweisen Transfor-
mation der Unternehmen zum Enterprise 2.0 beizutragen.
QUELLENVERZEICHNIS
SEITE VI
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MkWBXyBumf0WZdKG6CzSVwr0HlKINkrh89/VR09ProjectDescription.pdf
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG
Ich versichere hiermit ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig angefertigt
habe. Es wurden keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und alle aus fremden
Quellen übernommenen wörtliche oder sinngemäße Gedanken sind als solche kenntlich ge-
macht.
Weiterhin erkläre ich, dass die Arbeit bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen
Prüfungsbehörde vorgelegen hat und auch noch nicht veröffentlicht wurde.
Ich bin mir bewusst, dass eine unwahre Erklärung rechtliche Folgen haben wird.
……………………………………………. ORT, DATUM
……………………………………………. UNTERSCHRIFT
NAME, VORNAME: ……………………………………………..
MATRIKELNUMMER: ……………………………………………..
STUDIENGANG: ……………………………………………..
GEBURTSTAG: ……………………………………………..
GEBURTSORT: ……………………………………………..