6. NRW-Nahversorgungstag – 15. Februar 2017, Bergkamen
I. Planungsrechtliche Steuerung des Einzelhandels
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Raumordnung
Landes- und Regionalplanung
Gemeindliche Bauleitplanung
Flächennutzungsplanung / Bebauungsplanung
Zulassung von Einzelvorhaben
Im Gebiet mit Bebauungsplan:
- Baugebiet gemäß §§ 2 ff. BauNVO,
- § 11 Abs.3 BauNVO bei Großflächigkeit
Im unbeplanten Innenbereich:
- § 34 BauGB (Abs. 2 ggf. i.V.m. § 11 Abs. 3 BauNVO)
- § 34 Abs. 3 BauGB: Keine schädlichen Auswirkungen
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I. Planungsrechtliche Steuerung des Einzelhandels
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Schutz zentraler Versorgungsbereiche durch
§ 11 Abs. 3 BauNVO und § 34 Abs. 3 BauGB
Schutzzweck: Sicherung der verbrauchernahen
Versorgung durch zentrale Versorgungsbereiche
Mittel: Räumliche Steuerung der Ansiedlung von
großflächigen Einzelhandelsbetrieben und EKZ
Erforderlichkeit u. a. wegen demographischen Wandels
(siehe z. B. Gesetzesbegründung zu § 34 Abs. 3 BauGB)
ABER:
Fraglich: Unvereinbarkeit mit Europarecht aufgrund
unzulässigen Konkurrenz- und Wettbewerbsschutzes?
Fraglich: Anwendbarkeit auf Online-Handel bzw. dessen
planungsrechtlich relevante Erscheinungsformen?
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II. Vereinbarkeit mit dem Europarecht
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Planungsrechtliche Steuerung der Einzelhandelsansiedlung:
Beschränkung der EU-Niederlassungsfreiheit / Eingriff (+)
Mögliche Rechtfertigung? Zu prüfen ist:
1. Werden zulässige Ziele verfolgt? Zwingendes Allgemeininteresse?
2. Maßnahme geeignet und erforderlich, um die Ziele zu erreichen?
Keine rein wirtschaftlichen Ziele!
(vgl. EuGH Urt. v. 24.03.2011 – C-400/08, EU-KOM / Spanien)
Nach deutscher Rechtsprechung: Rechtfertigung (+):
Planungsrecht verfolgt zulässige Zwecke und ist wettbewerbsneutral
Wohl andere Bewertung:
EU-Kommission und Deutsche Monopolkommission
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II. Vereinbarkeit mit dem Europarecht
Nach deutscher Rechtsprechung: Rechtfertigung (+), z.B.:
BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 – 4 C 8.10
OVG Lüneburg, Urteil vom 25.04.2012 – 1 KN 215/10
BVerwG, Beschluss vom 30.05.2013 – 4 B 3/13
BVerwG, Beschluss vom 10.10.2013 – 4 BN 36.13
VGH München, Urteil vom 16.09.2014 – 1 N 10.1932
Danach gilt:
Die verfolgten Zwecke (städtebauliche Entwicklung, Verbraucher- und Umweltschutz)
sind zwingende Gründe des Allgemeininteresses
Die Städteplanung verfolgt keine wirtschaftlichen Ziele, sie ist „wettbewerbsneutral“
Fließen zur Erreichung der planerischen Ziele wirtschaftliche Aspekte mit ein (z.B.
Kaufkraftabfluss als Indikator), ist das zu akzeptieren, solange die planerischen Ziele den
eindeutigen Schwerpunkt bilden
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II. Vereinbarkeit mit dem Europarecht
EU-Kommission sieht Verletzung der Niederlassungsfreiheit und gibt
Empfehlungen zum nationalen Reformprogramm in Deutschland:
KOM [2013] 355 final, 29.05.2013:
o „Im Einzelhandel werden Marktzutritte durch
Planungsvorschriften erheblich behindert.“
o Empfehlung, „dass Deutschland Planungsbeschränkungen
beseitigt, die Marktzutritte im Einzelhandel in unangemessener
Weise einschränken“.
KOM [2014] 406 final, 02.06.2014:
o „Im Einzelhandelssektor wird der Markteintritt durch die Planungsvorschriften in
bestimmten Bundesländern nach wie vor signifikant eingeschränkt.“
o Empfehlung, „dass Deutschland die Anstrengungen zur Beseitigung bestehender
Planungsvorschriften, die Markteintritte im Einzelhandel behindern, verstärkt“.
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III. Anwendbarkeit auf den Onlinehandel
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Onlinehandel – Einzelhandel im Sinne des Planungsrechts?
Eigentlicher Verkauf erfolgt online
Büro (= Internetzugang)
Buchhaltung / Controlling, Administration
„Vollzug“ des Verkaufsgeschäfts
Warenlager: Vorhalten der Ware, Versand, Verteilung
Lieferung (Versand)
Unklar: Abholung:
o Abholboxen (automatisierte Übergabe)
o Abholstationen (persönliche Übergabe)
Hier bauplanungsrechtliche Fragen
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III. Anwendbarkeit auf den Onlinehandel
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Definition Einzelhandel nach BVerwG
(z.B. BVerwG BauR 2009, 307 m.w.N.):
Einzelhandel im planungsrechtlichen Sinne ist der
unmittelbare Verkauf von Waren an Endverbraucher
Planungsrechtliche Merkmale des Einzelhandels:
Verkauf/Abgabe an Letztverbraucher (+)
Unbestimmter Kreis an Käufern (+)
Unklar: Verkaufsfläche (groß- oder kleinflächig) -???-
o Warenlager mit Abholmöglichkeit („Abhollager“)
o Abholmöglichkeiten mit persönlicher Übergabe
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III. Anwendbarkeit auf den Onlinehandel
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Gebiet mit Bebauungsplan
Nutzungsart muss im jeweiligen Gebietstyp nach der
BauNVO zulässig sein
§ 11 Abs. 3 BauNVO: Großflächigkeit der Verkaufsfläche?
Unbeplanter Innenbereich – § 34 BauGB
§ 34 Abs. 3 BauGB: Schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche?
o Prognose der Umsatzumverteilung – heute noch schwierig, da keine
ausreichenden Daten – mangelnde Flächendeckung
o Vergleich vorhandene und hinzutretende Verkaufsfläche
o Vom Schutzzweck erfasst: Schädlichkeit für die verbrauchernahe Versorgung
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IV. Fazit:
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Die planungsrechtliche Steuerung der Einzelhandelsansiedlung stellt
eine Beschränkung der EU-Niederlassungsfreiheit dar
Nach deutscher Rechtsprechung ist diese aber gerechtfertigt, weil das
Planungsrecht zulässige Zwecke verfolgt und wettbewerbsneutral ist
Wohl andere Bewertung durch die EU-Kommission
Keine oder nur eingeschränkte Steuerungsmöglichkeit des
Onlinehandels über die üblichen planungsrechtlichen Kriterien
wie z.B. Verkaufsflächengröße, Umsatzumverteilung.
Die Bestimmung städtebaulicher Zentrenschädlichkeit von
Abhollagern und -stationen des Onlinehandels ist derzeit noch
nicht geklärt.
Die Anwendbarkeit von § 11 Abs. 3 BauNVO und § 34 Abs. 3 BauGB
ist deshalb nur sehr eingeschränkt.
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Impressionen vom 6. NRW-Nahversorgungstag
Fotos: Jan Weckelmann
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Dr. Christian Wiggers
Ihr Referent