E-MAIL-ARCHIVIERUNG
GESETZLICHE VORGABEN UND RECHTLICHE PROBLEME
RechtsanwaltDr. jur. Walter Felling
Dipl.-Betriebswirt
Referent: RechtsanwaltDr. jur. Walter FellingDipl.-Betriebswirt
Ausbildung:Industriekaufmann; BWL, Jura2008: Abschluss der Promotion
Tätigkeiten:Banker Seit 22 Jahren RechtsanwaltSchwerpunkt: Wirtschaftsrecht (IT-Recht)
Veröffentlichungen:4 Bücher, Kommentarautor HGB und BankrechtÜber 120 Beiträge in Fachzeitschriften
HISTORIE
ERFINDER: RAY TOMLINSON (1971)
1984: ERSTE E-MAIL IN DEUTSCHLAND
2010: 107 BILLIONEN E-MAILS
Impressumspflicht
Inhalt
für e.K., OHG, KG §§ 37a, 125a Abs. 1, 177a Abs. 1 HGB
für GmbH § 37a HGB iVm § 35 GmbHG
für Aktiengesell-Schaft
§ 37a HGB iVm § 80 Abs. 1 AktG
für Genossen-schaften
§ 35a HGB iVm § 25a GenG
§ 37a HGB (1) Auf allen Geschäftsbriefen des Kaufmanns
gleichviel welcher Form, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden,
müssen seine Firma, die Bezeichnung nach § 19 Abs. 1 Nr. 1, der Ort seiner
Handelsniederlassung, das Registergericht und die Nummer, unter der die Firma in das
Handelsregister eingetragen ist, angegeben werden.
(2) Der Angaben nach Absatz 1 bedarf es nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im
Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die
üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen
besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen.
(3) Bestellscheine gelten als Geschäftsbriefe im Sinne des Absatzes 1. Absatz 2 ist auf sie nicht
anzuwenden.(4) Wer seiner Pflicht nach Absatz 1 nicht
nachkommt, ist hierzu von dem Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld anzuhalten.
§ 14 Satz 2 gilt entsprechend.
E-MAILS ALS HANDELSBRIEFE (BEI DIENSTLICHER NUTZUNG)
DEFINITION HANDELSBRIEFE:
BEZUGSPUNKT: HANDELSGESCHÄFT, ALSO ALLEGESCHÄFTE EINES KAUFMANNS, DIE ZU SEINEM HANDELSGEWERBE GEHÖREN§ 257 ABS. 2 IVM §§ 343, 344 UND 345 HGB
Aufbewahrungspflichten
Gesetzliche Regelung
• Für abgesandte Handelsbriefe • §§ 238 Abs.2 iVm § 257 Abs. 1 Nr. 3 HGB • Für empfangene Handelsbriefe• § 257 Abs. 1 Nr. 2 HGB
Beispiele von Handelsbriefen:
Angebote / Aufträge (incl. Änderungen und Ergänzungen)AuftragsbestätigungenVerträge incl. AnhangVersandanzeigen / Frachtbriefe / Lieferscheine usw.Reklamationen / ReklamationsantwortenRechnungen / Zahlungsbelege
FORM DER AUFBEWAHRUNGGESETZLICHE REGELUNG: § 257 ABS. 3 HGBBEDEUTET:- FÄLSCHUNGSSICHER- JEDERZEIT AUFRUFBAR- JEDERZEIT LESBAR
Problembereich:
• Eingang der Mail• Vgl. § 312g Abs. 1 S. 2 BGB
• E-Mail-Archivierung setztEinsatz gesonderter Software
voraus(z.B. Mailstore)
Für Unternehmen grundsätzlich nicht empfehlenswert
Verwendung von fremden E-Mail-Servern(z. B. WEB.DE)
• § 257 Aufbewahrung von Unterlagen Aufbewahrungsfristen
• (1)Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:• 1.• 2.die empfangenen Handelsbriefe,• 3.Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,• (2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.• (3) Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten
Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die Wiedergabe oder die Daten
• 1.mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
• 2.während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.
• (4) • (5)
AUFBEWAHRUNGSFRISTEN
- GRUNDSATZ: 6 JAHRE, § 258 ABS. 4 HGB
- BEGINN DER FRIST: MIT ENDE DES JAHRES, IN WELCHEM DER HANDELSBRIEF VERSANDT ODER EMPFANGEN WURDE
Steuerliche Aspekte
Aufbewahrungspflicht• § 147 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 AO
für empfangene und abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe
Aufbewahrungsfrist• § 147 Abs. 3 Satz 1 AO• In der Regel 6 Jahre• Beginn der
Aufbewahrungsfrist:• Schluss des Kalenderjahres
BEGRIFF GESCHÄFTSBRIEFE VS
HANDELSBRIEFEWeitergehende Definition:
Mitteilungen eines Unternehmers über geschäftliche
Angelegenheiten an DritteBeispiele: über Handelsbriefe
hinaus auch Preislisten, Kostenvoranschläge, Sonstige Erklärungen zu vertraglichen
Inhalten
Form der Aufbewahrung
Zulässig auch:• Wiedergabe auf Bild- oder
Datenträger, wenn dies mit den GoB, GoBS und GDPdU entspricht
• (§ 147 Abs. 2 AO)
Besondere Anforderungen:• fälschungssicher• jederzeit verfügbar• jederzeit Lesbar• maschinell auswertbar • (§ 147 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 AO)
WEITERE STEUERLICHE AUFBEWAHRUNGSPFLICHTEN
BÜCHER UND AUFZEICHNUNGENINVENTAREBUCHUNGSBELEGE INCL. ANLAGENERÖFFNUNGSBILANZEN JAHRESABSCHLUSS INCL. LAGEBERICHT
AUFBEWAHRUNGSDAUER:§ 147 ABS 3 AO - 10 JAHRE
Vorschriften zur Art und Weise der Archivierung?
Keine gesetzlichen Vorgaben!
Aber: Pflicht zur Archivierung in Deutschland (§ 146 Abs. 2 AO;Ausnahmen gem. § 146 Abs. 2a AO)
ALTERNATIVE ZUR ELEKTRONISCHEN ARCHIVIERUNG?
Z.B. SCHRIFTLICHE ARCHIVIERUNG DURCH AUSDRUCK?
NEIN: § 257 HGB UND § 147 AO VERLANGEN ARCHIVIERUNG IN ORIGINALFORM
RECHTSFOLGEN FEHLENDER ODER FEHLERHAFTER
ARCHIVIERUNG:Straftatbestände gem. § 284ff.
StGB, Insbesondere bei Verletzung der
Buchführungspficht (§ 283b StGB)
Ordnungswidrigkeiten Insbesondere etwa
Steuergefährdung gem. § 379 AO Oder
Steuerverkürzung gem. § 378 AO
WEITERE MÖGLICH RECHTSFOLGEN:
FÜR DAS UNTERNEHMEN GEM. §§ 280, 241 ABS. 2 BGB:SCHADENSERSATZ BEI VERLETZUNG VERTRAGLICHER VERPFLICHTUNGEN
FÜR DIE GESCHÄFTSFÜHRUNG GEM. §§ 93 ABS. 2 AKTG BZW. § 43 ABS. 2 GMBHG SCHADENSERSATZ
Zusatzinformation
• Im Rechtsstreit können E-Mails Beweisbedeutung zukommen
• Ggfs. auch dort der Nachweis der unverfälschten Speicherung erforderlich
E-MAILS DES BETRIEBSRATES
Anspruch des BR auf Informations- und KommunikationsmittelLAG Berlin Brandenburg – 26.08.2008 – 17 TaBV 607/08
Bei Speicherung der BR-E-Mails auf dem Unternehmensserver:
GEWÄHRUNG VON EINSICHT IN DIE PROTOKOLLE FÜR ZUGRIFFE AUF MAILS AN DEN BETRIEBSRAT (ArbG WESEL, 17.11.2011, 5 BV 17/11)
RAT DES ANWALTS:
EIGENER SERVER FÜR DEN BETRIEBSRAT
Private Nutzung von E-Mails
Problembereiche der privaten Nutzung von E-Mails:
Briefgeheimnis (§§ 202, 206 StGB) -- Lesen unzulässig - Löschen unzulässig
Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Kontrollmöglichkeiten privater E-Mails
Grundsatz: Totalkontrolle unzulässig
Voraussetzung: Gesetzliche oder vertragliche Rechtsgrundlage
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Problem: Zugriff der staatlichen Behörden einschl. Finanzamt bei fehlender Abgrenzung von dienstlichen und privaten E-Mails auf alle Mails:FG Rheinland-Pfalz, 20.01.2005 – 4 K 2167/04
Zusatzinformation
• Löschung von privaten E-Mails im Archiv• Zwingend erforderlich (BDSG)• Zustimmung des Betroffenen erforderlich• Dokumentation der Löschung• Vier-Augen-Prinzip
NEU: INFORMELLES ERBRECHT
- ZUGRIFFSRECHT BEI ZEITWEISER ODER DAUERNDER UNMÖGLICHKEIT
- WER?- WANN?- WIE?
RECHTSRAT DES ANWALTS:
VERBOT DER PRIVATEN NUTZUNG VON E-MAILS
Andernfalls dringend individualvertragliche Regelung
erforderlich!!!!
SONDERFALL:ELEKTRONISCH ÜBERMITTELTE RECHNUNGEN
Rechnungen über Umsätze bis 30.06.2011:
Zustimmung des Empfängers (formlos)
Qualifizierte elektronische Signatur
oderVereinbarung über elektronischen
Datenaustausch (EDI) )Echtheit der (Herkunft und die
Unversehrtheit müssen gewährleistet sein)
SONDERFALL: ELEKTRONISCH ÜBERMITTELTE
RECHNUNGENFür Rechnungen über Umsätze ab
01.07.2011:Zustimmung des Empfängers
Echtheit der Herkunft, Unversehrtheit des Inhalts und
Lesbarkeit der Rechnung müssen gewährleistet sein;
Innerbetriebliches Kontrollverfahren
Noch Fragen?Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Rechtsanwalt Dr. jur. Walter Felling
• Ulricherstr. 4• 59494 Soest• Tel.: 02921 / 666107• Fax: 02921 / 666109• E-Mail: [email protected]• Internet: www.ra-felling.de