Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Einführung in das UN-Kaufrecht
# 2 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Vorlesung CISG WS 2013/14
Teil 1: Einführung
A. Geschichte und Grundprinzipien
1928:
Anstoß
Ernst Rabel
1964:
Vorläufer
EAG/EKG
1968:
UNCITRAL-Arbeit
am CISG
1.1.1988:
Inkrafttreten
CISG
1.1.1991:
Inkrafttreten
in BRD
# 3 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Vorlesung CISG WS 2013/14
• Heute mehr als 60 Vertragsstaaten
• ~ 2/3 des Welthandels in Waren potentiell vom Übereinkommen erfasst
• Vielfache Kompromisse erforderlich
– z.B. Symbiose von kontinentalem Recht und Common Law (z.B. Bindung an Vertragserklärungen; (Nach-)
Erfüllungsanspruch)
Häufung allgemeiner Rechtsbegriffe („angemessene“ Frist; „vernünftiges“ Verhalten)
Ausklammern wichtiger Regelungsbereiche (z.B. AGB-Fragen)
# 4 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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B. Verhältnis zu anderen IPR-Normen
CISG
Nat. IPR
Rom I-VO
ggf. Rom II-VO
• Wenn von vorneherein nicht im AwB CISG
• Ausnahme Art. 4, 5 CISG
• Lücke, Art. 7 II CISG
• Grds. Vorrang CISG in seinem AwB
Aus Sicht „Mitgliedstaat“ EU
Aus Sicht Drittstaat
• Wenn Rom-VO nicht anwendbar
# 5 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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C. Grobstruktur
CISG
Teil I (Art. 1-13):
AwB; Einzelregeln zu Auslegung und Form von Erklärungen.
Teil II (Art. 14-24):
Vertragsschluss
145 ff. BGB
Teil III (Art. 25-88):
Rechte und Pflichten beim Warenkauf; Leistungsstörungsrecht
320 ff., 433 ff. BGB, 373 ff. HGB
Teil IV (Art. 89 -101):
Völkerrechtliche Schlussbestimmungen
# 6 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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Teil 2: Anwendungsbereich
A. Überblick
AwB
Räumlicher AwB,
Art. 1, 10
Grenzüberschreitende Dimension, Art. 1 I
- Bezug zum räumlichen Geltungsbereich des CISG, Art. 1 I a), b), 10.
- Wahl des CISG, Art. 6
Sachlicher AwB,
Art. 1, 3
Kaufvertrag über Waren, Art. 1, 3
Kein Ausschluss Art. 2.
Keine „externe Lücke“, Art. 4, 5.
Keine (teilweise) Abwahl CISG, Art. 6
# 7 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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B. Räumlicher Anwendungsbereich
I. Grenzüberschreitender Bezug
• Vertragsparteien haben Niederlassungen in verschiedenen Staaten, Art. 1 I
• Erkennbarkeit, Art. 1 II:
Obj. Erkennbarkeit, nicht subj. Kenntnis maßgeblich
Kenntnis von Vertragsstaaten-Charakter oder Bewusstsein Anwendbarkeit CISG nicht erforderlich
• Niederlassung:
Autonome Bestimmung
Mittelpunkt rechtsgeschäftlicher Tätigkeit in einem Staat, die regelmäßig und selbständig ist.
• Sonderfall mehrere Niederlassungen: Niederlassung mit engstem Bezug zum Vertrag maßgeblich, Art. 10 a)
• Sonderfall keine Niederlassung: Gewöhnlicher Aufenthalt maßgeblich, Art. 10 b)
# 8 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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II. Bezug zum räumlichen Geltungsbereich des CISG
• Vertragsparteien haben Niederlassungen in verschiedenen Vertragsstaaten, Art. 1 I a)
• IPR des Gerichtsstaates führt zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates, Art. 1 I b)
Aber Vertragsstaaten können auf Einführung Art. 1 I b) verzichten, Art. 95
z.B. USA
# 9 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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Beispielsfall 1 – räumlicher Geltungsbereich: Klägerin hat Sitz in den Niederlanden. Sie bezieht von der in Deutschland
ansässigen Beklagten Milchpulver, das an eine algerische Gesellschaft weiterveräußert wird. Es stellt sich heraus, dass das
Milchpulver verunreinigt ist. Nach welchem Recht beurteilen sich eventuelle Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen
die Beklagte?
# 10 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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Beispielsfall 2 – räumlicher Geltungsbereich: Ein Abnehmer aus dem Vereinigten Königreich schließt je einen Kaufvertrag mit
einem Verkäufer aus Deutschland und einem aus den Vereinigten Staaten. Ist das CISG auf die Kaufverträge anwendbar?
# 11 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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C. Sachlicher Anwendungsbereich
I. Kaufvertrag über Waren, Art. 1 I
• Kaufvertrag: Austausch von Ware gegen Geld
Z.B. nicht Tauschvertrag
Arg.: Hauptpflichtbestimmungen Art. 30, 53 passen ansonsten nicht
• Waren: alle beweglichen Sachen
Z.B. nicht Immaterialgüterrechte, Forderungen oder Gesellschaftsanteile
Software: Jedenfalls Ware, wenn auf Datenträgern gespeichert. I.Ü. umstritten
# 12 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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II. Kein Ausschluss, Art. 2
• Verbraucherkauf, Art. 2 a)
Ratio: Kein Aushebeln des Verbraucherschutzrechts der Vertragsstaaten
Greift nur bei Erkennbarkeit für den Verkäufer Einbruchstelle für nationales Verbraucherschutzrecht bzgl. Gültigkeit des Vertrages, z.B. 308, 309 BGB
Verbraucher als Verkäufer: CISG anwendbar, vgl. 1 III CISG
• Versteigerung, Art. 2 b)
Ratio: Häufig nationale oder private Sonderregeln. Häufig keine Kenntnis von Person Käufer Art. 1 II u.U. (-)
Problem eBay Versteigerung: Nach herrschender, aber zweifelhafter Ansicht gem. Art. 2 b) ausgeschlossen
# 14 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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IV. „Externe Lücken“, Art. 4, 5
Art. 4
Art. 4 S. 1: Regelungsgegenstände iSv Art.
7 II Auslegung CISG, Füllung „interner Lücken“
Art. 4 S. 2 a): Gültigkeitsfragen
Grds. CISG nicht awb
Allg. IPR-Regeln
Rechts- & Geschäftsfähigkeit;
Willensmängel, sofern keine Spezialregelung CISG, z.B. Anfechtung wg. Täuschung/Inhaltsirrtum;
Nichtigkeit infolge Sittenwidrigkeit oder Verbotsgesetzen (134, 138 BGB);
Inhaltskontrolle von AGB (aber Maßstab CISG!)
Gültigkeit von Gebräuchen
Ausnahme spezielle Regelungen im CISG
Obj. Anfängl. Unmöglichkeit, Art. 79;
Anfechtung wg. Irrtums bzgl. Eigenschaften Kaufsache oder Zahlungsfähigkeit Vertragspartner, Art. 45, 71 I;
Wegfall Geschäftsgrundlage, Art. 79
Art. 4 S. 2 b): Dingl. Rechtslage
Art. 5: Haftung für Tod oder
Körperverletzung
Nicht geregelte externe Lücken
z.B. Vertretung;
Aufrechnung;
Abtretung;
cic, sofern kein Vertragsschluss
# 15 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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• Insbesondere: Eigentumsvorbehalt
Dingliche Aspekte (wirksame Vereinbarung, Wirkungen, etc.) unterliegen nicht CISG, Art. 4 S. 2 b)
CISG gilt aber für schuldrechtliche Aspekte, z.B. Rücktrittsvoraussetzungen bei Pflichtverletzungen
Vorbehaltskäufer
• Insbes. Haftung für Tod oder Körperverletzung durch die Ware, Art. 5
Ratio: Schutz nationaler Produkthaftungsvorschriften
Produkthaftung wegen Sachschäden
o Durch Art. 5 nicht ausdrücklich ausgeschlossen
o Durch Geltungsbereich CISG verdrängt, sofern vertragliche Haftung
o Deliktische Haftung nach h.M. nicht verdrängt
Zu Rückgriffsansprüchen: Beispielsfall 3.
# 16 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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Beispielsfall 3 – sachlicher Anwendungsbereich -- Produkthaftung:
Die deutsche Verkäuferin hat an eine US-amerikanische Käuferin Holzbearbeitungsmaschinen verkauft. Die Maschinen
wurden direkt an die Abnehmerin der Käuferin, ein russisches Unternehmen, geliefert. Aufgrund von Mängeln an einer
Maschine kam es zu einem Unfall, bei dem Arbeiter der russischen Abnehmerin verletzt wurden. Die amerikanische
Käuferin macht u. a. Ersatzansprüche wegen des Schadens geltend, der ihr aufgrund ihrer Haftung gegenüber ihrer
russischen Abnehmerin entstanden ist. Unterfallen diese Regressansprüche dem CISG?
# 17 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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• Wichtige, nicht ausdr. geregelte externe Lücken:
Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht Vollmachtsstatut
Organschaftliche Vertretungsmacht Gesellschaftsstatut
Gesetzliche Vertretungsmacht Statut des Rechtsverhältnisses bzw. der Rechtslage, aus dem/der die gesetzliche Vertretungsmacht folgt (z.B. Eltern-Kind-Statut, Art. 21 EGBGB; Statut der Vormundschaft,
Betreuung oder Pflegschaft, Art. 24 EGBGB; Testamentsvollstrecker: das nach Art. 25 EGBGB ermittelte
Erbstatut)
cic, sofern kein Vertragsschluss erfolgt. Ansonsten cic-Ansprüche durch CISG verdrängt.
Aufrechnung, jedenfalls sofern mit konventionsfremder Forderung Vertragsstatut (Art. 17 Rom I-VO)
Forderungsabtretung Art. 14 Rom I-VO
# 18 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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Schuldübernahme Voraussetzungen der befreienden Schuldübernahme nach dem Statut der übernommenen Schuld; kausale Vereinbarung zwischen Übernehmer-Gläubiger bzw. Übernehmer-alter
Schuldner nach dem dafür maßgebenden Vertragsstatut.
Verjährung Vertragsstatut (Art. 12 Abs. 1 lit. d Rom I-VO)
Zurückbehaltungsrechte (soweit nicht durch Art. 58 Abs. 1, 71 Abs. 1 CISG geregelt) Vertragsstatut (Art. 10 Abs. 1 lit. c Rom I-VO). Dingliche Aspekte (ws Vereinbarung, Wirkungen, etc.) unterliegen nicht CISG,
Art. 4 S. 2 b)
# 19 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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V. Exkurs und Abgrenzung: Auslegung und Füllung „interner Lücken“
Auslegung und Lückenfüllung
beim CISG
Externe Lücke: Frage schon nicht im Geltungsbereich des CISG Anwendung anderer Kollisionsnormen
Interne Lücke: Frage an sich im Geltungsbereich des CISG aber es fehlt an einer spezifischen Regelung Lückenschließung gem. Art. 7 II (CISG-Grundsätze, hilfsweise Forums-IPR)
Auslegung: Frage im Geltungsbereich des CISG und von diesem auch geregelt, aber Regelungsaussage nicht evident Bestimmung Regelungsaussage gem. Art. 7 I (internationaler Charakter, einheitliche Anwendung, guter Glaube). Art. 7 I Art. 8, 6 iVm 9, die Auslegung der Parteierklärungen (nicht des Abkommens) regeln.
# 20 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
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1. Auslegung des CISG, Art. 7 I
• 3 zentrale Auslegungsgrundsätze (Wl. Art. 7 I):
internationaler Charakter,
Notwendigkeit einheitlicher Anwendung,
Wahrung guten Glaubens im int. Handel.
• Internationaler Charakter: autonome Auslegung des Übereinkommens ohne Rückgriff auf nationales Recht
• Notwendigkeit einheitlicher Anwendung: Berücksichtigung ausländischer Literatur und Rechtsprechung
• Wahrung guten Glaubens: Treu und Glauben als objektiver Auslegungsmaßstab
# 21 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Vorlesung CISG WS 2013/14
2. Füllung interner Lücken, Art. 7 II
• 2 Stufen der Lückenfüllung (Wl. Art. 7 II): Vorrangig allg. Grundsätze des CISG, hilfsweise IPR des Forumsstaates
• Wichtige allg. Grundsätze CISG:
− Parteiautonomie
− Pacta sunt servanda
− Treu und Glauben
− Vertrauensschutz
− Maßstab des Vernünftigen und
Angemessenen
− Verwirkung
− Vorrang der Gebräuche
− Formfreiheit
− favor contractus
− Pflicht zur Schadensvermeidung
− allgemeine Kooperationspflicht
− Zurechnung von Verhalten und
Wissen Dritter
− Beweislastregeln
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# 22 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Beispielsfall 4 – Auslegung und Lückenfüllung:
Der Schweizer Weinhändler K bestellt fernmündlich beim deutschen Weinhändler V 50 Kisten Trollinger „Gaildorfer
Sauerhang“ Jahrgang 2011. Kurze Zeit später erhält er von V ein Schreiben: „Hiermit bestätige ich Ihnen die Bestellung
von 50 Kisten „Gaildorfer Sauerhang“ 2012“; den Jahrgang hatte sich V beim Telefonat versehentlich falsch notiert. K
unternimmt weiter nichts, verweigert nach Lieferung aber die Zahlung des Kaufpreises, da es sich nicht um die bestellte
Weinsorte handele. V fordert nunmehr von K Zahlung des Kaufpreises zuzüglich Zinsen.
2. Anspruch auf Zinszahlung aus Art. 78 CISG
• Bestand Zinszahlungsanspruch (+), insbesondere keine Mahnung erforderlich.
• Höhe aber im CISG nicht geregelt interne Lücke, Art. 7 II CISG. Nach h.M. nicht im Rückgriff auf allgemeine Grundsätze CISG schließbar, vielmehr nationales Sachrecht, das durch Forumstaat-IPR berufen.
• Hier: Art. 4 I a) Rom I-VO verweist auf dt. Recht, so dass §288 II BGB greift. „Verzug“ i.S.d. dt. Rechts hierfür nicht erforderlich, da Art. 78 CISG die Zinszahlungspflicht dem Grunde nach bejaht.
# 23 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Vorlesung CISG WS 2013/14
Zinssatz?
# 24 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Teil 4: Vertragsschluss und Wirksamkeitshindernisse
A. Vertragsschluss
I. Angebot
• 2 Voraussetzungen Art. 14 I CISG:
Bestimmtheit bezügl. Inhalt & Gegenstand des Vertrages (S. 1, 2)
„essentialia negotii“
Bindungswille des Erklärenden (S.1)
# 25 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
• Problem: „Preisbestimmung“, Art. 14 I 2 CISG vs. Art. 55 CISG
Art. 14 I 2 CISG: Erfordernis der Preisbestimmung
Art. 55 CISG: Zustandekommen Vertrag trotz fehlender Preisbestimmung, und zwar mit
verkehrsüblichem Preis
Lösung: wirksames Angebot trotz fehlender Preisbestimmung durch
1. Obj. Auslegung nach Art. 8 II CISG, die eine Preisbestimmung doch ermöglicht
2. Vorrang Art. 55 CISG kraft konkludentem Abbedingen Art. 14 I 2 CISG gem. Art. 6 CISG
• Einbezug von AGB
Keine ausdrücklichen Regelungen im CISG, aber zu entwickeln aus Art. 7, 8
Faustregel: Ähnliche Anforderungen wie in §§ 305 ff. BGB
# 26 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
II. Zugang, Art. 15 I, 24 CISG
• Wirksamwerden mit Zugang, Art. 15 I CISG
vgl. § 130 I BGB
• Zugang mündlicher Erklärungen, Art. 24 Alt. 1 CISG:
Entäußerung
Vernehmen und Verstehen nach gewöhnlichen Umständen zu erwarten
• Zugang verkörperter Erklärungen:
Gelangen in den Machtbereich des Empfängers
Kenntnisnahme möglich und nach gewöhnlichen Umständen zu erwarten
Sonderproblem Sprache:
o Vereinbarte oder bisher verwendete Sprache jedenfalls geeignet
o Str., ob Englisch stets geeignet
# 27 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=kuYBMCck2Rk (09.12.13)
# 28 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Zugangsprinzip Absendeprinzip
Zeitpunkt des
Wirksamwerdens
der WE
Zugangsprinzip
Art. 24
Geltungsbereich:
Teil I, II
Voraussetzungen: s.
soeben
RF: Risiko 3 Vs
beim Absender
Absendetheorie
Art. 27
Geltungsbereich:
Teil III
Voraussetzungen:
Absendung
RF: Risiko 3 Vs
beim Empfänger
# 29 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
III. Erlöschen des Angebots
Erlöschen durch…
Rücknahme, Art. 15 II CISG Widerruf, Art. 16 I CISG Ablehnung des Angebots, Art. 17 CISG
# 30 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
• Art. 15 II CISG: Rücknahme: möglich bis Zugang Angebot, erfolgt durch Rücknahmeerklärung
§130 I BGB ABER: fehlende Bindungswirkung des wirksamen Angebots ! (Art. 16 CISG)
Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Erklärenden zwischen Abgabe und Zugang: nach h.M. externe
Lücke nationales Recht gem. IPR Forumstaat
§§ 130 II, 153 BGB
# 31 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
• Art. 16 I CISG: Widerruf:
Widerruf
Art. 16 CISG
Grundsatz 16 I: Widerruf nach Zugang
Angebot möglich bis Absendung
Annahme/Vertragsschluss
RF:
- kein Vertrag
- keine c.i.c.-Haftung, ausnahmsweise
Deliktshaftung bei fraudulösem
Verhalten
Unwiderruflichkeit:
- Bei erklärter Unwiderruflichkeit, Art. 16 II a) CISG
- Bei Vertrauen des Empfängers auf Bindung und
kausaler Disposition, Art. 16 II b) CISG
RF:
- Vertrag besteht
- c.i.c. entbehrlich
# 32 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
• Art. 17 CISG: Ablehnung des Angebots (durch Empfänger):
Befristetes Angebot erlischt grds. mit Fristablauf von selbst, keine zusätzliche Ablehnung erforderlich.
Offerent kann Frist aber auf Bindungswirkung des Angebots beschränken, so dass Raum für Ablehnung
nach Fristablauf.
§146 BGB
Unbefristetes Angebot erlischt auch ohne Befristung nach angemessener Frist, Art. 18 II 2 CISG.
# 33 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Art. 15 II CISG
Rücknahme
Angebot wird wirksam
Art. 15 I, 24 CISG
Art. 16 I CISG
Widerruf, außer
Art. 16 II CISG
Angebot Zugang Annahme bzw.
Ablehnung (Art. 17
CISG)
Zeit
# 34 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Beispielsfall 5 – Widerruflichkeit des Vertragsangebots nach CISG: Der Schweizer Weinhändler P übermittelt dem Trierer
Winzer W per Telefax ein Angebot über den Kauf von 2000 Flaschen Riesling Auslese. Nachdem das Angebot bei W
eingegangen ist und bevor W gegenüber P reagiert hat, widerruft P in einem Telefongespräch mit W sein Angebot. Ist P
an sein Angebot gebunden?
Formen und
Wirksamwerden der
Annahme
Ausdrücklich, Art. 18 I 1 Alt. 1
CISG
Rechtzeitiger Zugang, Art. 18 II,
24 CISG
Konkludent, aber
zugangsbedürftig, Art. 18 I 1 Alt.
2 CISG
Rechtzeitiger Zugang, Art. 18 II,
24 CISG
Vertrag geschlossen, Art. 23 CISG
Konkludent und nicht
zugangsbedürftig, Art. 18 III, 9
CISG
Vornahme des
Annahmeverhaltens, Art. 18 III
CISG
# 35 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
IV. Annahme
§151 BGB
# 39 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
• Problem kollidierende AGB („battle of forms“):
Beispielsfall 6 – Einbeziehung AGBs: V aus Deutschland verkaufte an die niederländische K Milchpulver. Der Inhalt der
telefonisch erfolgten Bestellung wurde der K von V schriftlich bestätigt. Diese Bestätigung seitens der V enthielt eine sog.
„Abwehrklausel“ wonach andere als ihre eigenen AGB nicht akzeptiert werden. K veräußerte das Milchpulver an eine
algerische Gesellschaft weiter, die es verarbeitete. Nach der Verarbeitung wies die produzierte Trinkmilch einen ranzigen
Geschmack auf. K verlangt von V Schadensersatz.
V beruft sich auf AGB: „Beschränkung Gewährleistung nur auf Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses“;
K beruft sich ihrerseits auf ihre AGB: „Schadensersatzhaftung des Verkäufers besteht.“
# 40 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
EXKURS: Wiederholung BGB „kollidierende AGB“
• Früher: Theorie des letzten Wortes;
letzte Verweisung entscheidend; stillschweigende Billigung der AGB
• Heute: Prinzip der Kongruenzgeltung:
Nur AGB die sich nicht widersprechen werden Vertragsbestandteil;
Im Übrigen liegt Dissens (§§ 154, 155 BGB) vor hindert Wirksamkeit des Vertrages nicht (vgl.§ 306 I BGB), wenn Parteien mit Durchführung Vertrag beginnen
Anstelle widersprechender Klauseln gesetzliche Regeln (§ 306 II BGB)
# 42 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Auslegung Widerrufsvorbehalt:
Fehlender Bindungswille
Keine Annahmeerklärung
Annahme mit Modifikation, nämlich
Lösungsrecht durch Widerruf
Art. 19 I CISG
# 43 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
IV. EXKURS: Vertragsänderung
• Vgl. Art. 29
• Möglichkeit der einvernehmlichen Vertragsaufhebung oder -änderung
• Für das Zustandekommen der Vereinbarung gelten die gleichen Regeln wie für den Vertragsabschluss (siehe
Folien 24-40)
# 44 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
B. Wirksamkeitshindernisse
I. Formerfordernis:
• Grundsatz: Formfreiheit (Art. 11 CISG)
• Gilt nicht, wenn:
Vertragsstaat Vorbehaltserklärung (Art. 96, 12 CISG) abgebeben hat Formstatut nach IPR Forumstaat zu bestimmen, kann bei Verweis auf Nicht-Vorbehaltstaat wieder zu Art. 11 CISG führen
(str.)
Privatautonome Vereinbarungen
• Erweiterung Schriftform (Art. 13 CISG)
Begrenzter Anwendungsbereich aufgrund Art. 11
Relevant v.a. für vertragliche Schriftformklausel
Nicht abschließend, auch neue Kommunikationsformen erfasst
# 45 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Vorlesung CISG WS 2013/14
II. Weitere Wirksamkeitshindernisse (vgl. Folie 15)
Art. 4
Art. 4 S. 1: Regelungsgegenstände
iSv Art. 7 II Auslegung CISG, Füllung „interner Lücken“
Art. 4 S. 2 a): Gültigkeitsfragen
Grds. CISG nicht
awb Allg. IPR-Regeln
Rechts- & Geschäftsfähigkeit;
Willensmängel, sofern keine Spezialregelung CISG, z.B. Anfechtung wg. Täuschung/Inhaltsirrtum;
Nichtigkeit infolge Sittenwidrigkeit oder Verbotsgesetzen (134, 138 BGB);
Inhaltskontrolle von AGB (aber Maßstab CISG!)
Gültigkeit von Gebräuchen
Ausnahme spezielle
Regelungen im CISG
Obj. Anfängl. Unmöglichkeit, Art. 79;
Anfechtung wg. Irrtums bzgl. Eigenschaften Kaufsache oder Zahlungsfähigkeit
Vertragspartner, Art. 45, 71 I;
Wegfall Geschäftsgrundlage, Art. 79
Art. 4 S. 2 b): Dingl. Rechtslage
Art. 5: Haftung für Tod oder
Körperverletzung
Nicht geregelte externe Lücken
z.B. Vertretung;
Aufrechnung;
Abtretung;
cic, sofern kein Vertragsschluss
# 46 11.11.2014 Dr. Peter Picht (LL.M. Yale)
Teil 5: Teil III des CISG (Art. 25-88) „Warenkauf“
A. Übersicht
Teil III
Art. 25-88
„Warenkauf“
Kapitel I: allg.
Bestimmungen Art.25-
29
Kapitel II: Pflichten
Verkäufer Art.30-52
Abschnitt I: Lieferung der
Ware & Übergabe
Dokumente Art.31-34
Abschnitt II:
Vertragsmäßigkeit Ware
Art. 35-44 +
Untersuchungs- und
Rügeobliegenheit Käufer
Abschnitt III:
Rechtsbehelfe des
Käufers Art. 45-52
Erfüllung Nacherfüllung Vertragsaufhebung Minderung Schadensersatz (Zurückbehalt)
Kapitel III: Pflichten
Käufer Art.53-65
Kapitel IV: Übergang
der Gefahr Art.66-70
Kapitel V:
Gemeinsame
Bestimmungen über
die Pflichten des
Verkäufers und des
Käufers Art. 71-88