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Empfehlung zur Dokumentation von Schülerleistungen im zieldifferenten Unterricht

-ENTWURF-

Hohnstein Elke (Hrsg). Empfehlung wurde erstellt in Seminaren zum GU von Studentinnen und Studenten der Universität Erfurt (Grund- und Förderschulen). Erfurt 2015

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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Lernentwicklungsgespräche 3 Bildungs- und Lerngeschichten 4 Leporello 5 Lernlandkarte 6 Lerntagebuch 7 Lernraupe 8 Portfolio

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1 Einleitung Die Fachgruppe Praxis im gemeinsamen Unterricht (GU) hat bereits 2013 die „Empfehlungen zur didaktisch- methodischen Gestaltung eines zieldifferenten Unterrichts in Grund- und Regelschulen“ erstellt und diese im Rahmen des Thüringer Bildungssymposiums den Grund, Regel- und Förderschulpädagogen vorgestellt. Nach der Vorstellung und Diskussion wurde der Wunsch geäußert, eine Empfehlung zu Dokumentationsmöglichkeiten von Schülerleistungen zu erstellen. Grund ist, dass individuelles Lernen einzelner Schüler eine immer größere Rolle im GU spielt. Hier müssen unterschiedliche Schulbildungsgänge (mit verschiedenen Lehrplänen für die Bildungsgänge Grundschule, Lernförderung, zur individuellen Lebensbewältigung, Regelschule, Gymnasium) berücksichtigt werden, was zum Begriff des zieldifferenten Lernens führt. In heterogen zusammengesetzten Gruppen im zieldifferenten Unterricht können Lernprozesse von Schülern später oder früher beginnen, langsamer oder schneller verlaufen bzw. stagnieren (vgl. Fachgruppe Praxis im GU 2013, 6). Wenn Lernprozesse von Schülern in einer Klasse unterschiedlich verlaufen, dann müssen auch deren Lernwege und Lernleistungen unterschiedlich dargestellt werden. Die jeweiligen Voraussetzungen der Schüler, wie unterschiedliche Altersgruppen, Interessen, Vorerfahrungen, Fähigkeiten im Lesen und Schreiben, Umweltkenntnisse u.a., müssen berücksichtigt werden. Somit ergibt sich für den Pädagogen die Frage: Wie können unterschiedliche Lernprozesse und -leistungen von Schülern visualisiert

und strukturiert werden?

In der hier vorliegenden Empfehlung soll durch die Vorstellung ausgewählter Dokumentationsmöglichkeiten von Lernleistungen und Lernprozessen diese Frage beantwortet werden:

Abb.1 : Ausgewählte Möglichkeiten der Dokumentation von Schülerleistungen

Dokumentation von

Schülerleistungen

Lernland-karte

Lerntage-buch

Portfolio

FörderplanEntwick-lungsplan

TagesplanWochen-

plan

Lernampel

Bildungs-und Lern-

ge-schichten

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Jeder Schüler kann sich aktiv mit den Problemen und Herausforderungen eines Lernangebotes auseinandersetzen. Individuelles Lernen lässt eigene Lernwege und auch Fehler zu (vgl. Eller/ Grimm 2008, 19 f.). „Fehler sind primär Indikatoren für den Entwicklungsstand in einem Lernprozess. Sie zeigen dem Kind selbst und auch den Erwachsenen, was es schon kann, was noch geübt werden muss, wo noch Hilfen notwendig sind, und helfen, die weitere Arbeit zu planen. Darüber hinaus können Fehler diagnostische Hinweise auf zu initiierende Fördermaßnahmen sein.“ (ebd. 20) Nicht das alleinige Feststellen von Fehlern sondern das Hervorheben von Stärken und Schwächen soll in die Bewertungen von Lernleistungen einfließen. Es geht um das Darstellen von Entwicklungs- und Lernprozessen- also das Dokumentieren von individuellen Schülerleistungen. Hier sind Schüler, Eltern, Pädagogen gleichermaßen beteiligt (vgl. ebd. 21). Die Schüler lernen, ihren eigenen Lernprozess darzustellen, darüber zu sprechen und ihn selbstständig einzuschätzen. Sie sollen den Stand ihrer Lernleistungen kennen und neue Zielstellungen formulieren. In der hier vorliegenden „Empfehlung zur Dokumentation von Schülerleistungen im zieldifferenten Unterricht“ werden ausgehend von den Lernentwicklungsgesprächen erste ausgewählte Dokumentationsmöglichkeiten von Schülerleistungen vorgestellt. In alphabetischer Reihenfolge werden - Bildungs- und Lerngeschichten - Leporello - Lernlandkarte - Lernraupe - Lerntagebuch - Portfolio kurz beschrieben und hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen im zieldifferenten Unterricht betrachtet. Viele Beispiele aus der Praxis schließen sich an. Mit Literaturhinweisen zu den vorgestellten Dokumentationsmöglichkeiten endet jedes Kapitel. Die Empfehlung wurde von Studenten der Grund- und Förderschulpädagogik an der Universität Erfurt in Seminaren bearbeitet. Sie ist als Arbeitsmaterial zu betrachten, welches jederzeit weiterentwickelt, verändert und ergänzt werden kann. Deshalb sind die Autoren dieser Empfehlung für alle Anregungen, Hinweise und weiteren Praxisbeispiele sehr dankbar. Die Personenbezeichnungen gelten für Schülerinnen und Schüler sowie für Pädagoginnen und Pädagogen. Literaturhinweise Eller, U./ Grimm, W. (2008). Individuelle Lernpläne für Kinder. Grundlagen, Ideen und Verfahren für die Grundschule. Weinheim und Basel: Beltz Fachgruppe Praxis im GU (2013). Empfehlungen zur didaktisch- methodischen Gestaltung eines zieldifferenten Unterrichts in Grund- und Regelschulen. unter: https://www.uni- erfurt.de/fileadmin/publicdocs/Sonder_Sozialpaedagogik/Anenzephalie/Preisverleihung_Leben_pur/1_AG_DidaktikMethodik.pdf [ Zugriff am 11.02.2015 ]

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2 Lernentwicklungsgespräche Im § 59a der Thüringer Schulordnung wird das Gespräch zur Lernentwicklung verbindlich festgeschrieben. In den Klassenstufen 1 bis 9 finden mindestens einmal im Schuljahr Gespräche zur Lernwicklung statt, an denen Pädagogen, Schüler und Eltern gleichermaßen beteiligt werden (vgl. TMBWK 2013b). Auf Wunsch können auch weitere Personen, wie Erzieher, Fachlehrer etc., eingeladen werden (vgl. TMBWK 2013a). „Im Mittelpunkt des Gesprächs stehen die individuelle Lernentwicklung des Schülers bzw. der Schülerin und der Austausch darüber.“ (ebd.) Mit dem Gespräch sollen Eltern einen direkten Einblick in die Lernentwicklung ihres Kindes erhalten und die Möglichkeit zur aktiven Mitwirkung bekommen (ebd.).

Der Schüler soll befähigt werden, eigene Lernprozesse wahrzunehmen und zu reflektieren. Somit wird die Verantwortung für das eigene Lernen vom Schüler übernommen. Ziel ist es, dass der Schüler individuelle Lernziele benennen kann. Es werden maximal 3 Lernziele formuliert (ebd.). Im Lernentwicklungsgespräch werden gemeinsam mit allen Beteiligten Maßnahmen zur Erreichung der genannten Lernziele getroffen. Diese sollen so konkret wie möglich erfolgen, d.h. verantwortliche Personen, Zeit, Raum, Materialien, Inhalte werden ganz konkret benannt und festgeschrieben. Damit ein erfolgreiches Lernentwicklungsgespräch durchgeführt werden kann, bietet es sich an, verschiedene Möglichkeiten zur Dokumentation von Lernleistungen und Lernprozessen zu kennen und zu nutzen. Je nach Art der Dokumentation können die unterschiedlichen Voraussetzungen der Schüler beachtet werden. Die Dokumentationsmöglichkeiten dienen dem Schüler als visualisierte und strukturierte Hilfe, um die eigenen Lernleistungen wahrzunehmen, zu erkennen, zu vergleichen, zu reflektieren und neue Lernziele zu formulieren. Literaturhinweise TMBWK (Hrsg.) (2013a). Elterninformation. Bemerkungen und Gespräche zur Lernentwicklung. Erfurt TMBWK (Hrsg.) (2013b). Thüringer Schulordnung. Unter: http://www.thueringen.de/th2/tmbwk/bildung/schulwesen/rechtsgrundlagen/schulordnungen/schulordnung/index.aspx#2 (Zugriff: 17.02.2015)

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3 Bildungs- und Lerngeschichten

3.1 Beschreibung Das Konzept der Bildungs- und Lerngeschichten ist ein Verfahren zur Dokumentation und Beobachtung von Ressourcen und Stärken von Kindern bzw. Jugendlichen. Als Grundlage dienen diesem Konzept die „learning stories“ von Margaret Carr. Die Bildungs- und Lerngeschichten fokussieren im Besonderen die individuellen Lernprozesse von Schülern. Ziel dieser Dokumentationsform ist die optimale Förderung eines jeden Schülers durch Beobachtung, Beschreibung, Interpretation und Diskussion des individuellen Lernstandes und der Lernfortschritte. Das Charakteristische bei dieser Dokumentationsform ist, dass sich die Beobachtungen auf Lernprozesse beziehen, die der Schüler selbst initiiert. Beobachtungsgegenstand sind demnach alltägliche Aktivitäten. Das ressourcenorientierte Verfahren ist für Schüler jeden Alters und in jeder Situation geeignet. Zudem ist das Konzept unabhängig von deren sozialer Herkunft, deren Migrationshintergrund oder einer vorliegenden Beeinträchtigung. Wichtige Bedingung für die Arbeit mit diesem Konzept ist, insbesondere in Bezug auf Schüler mit besonderem Förderbedarf, das Bestehen einer intensiven Beziehung und Bindung zum Schüler (vgl. Flämig et al., 2009, S. 17ff.). Der Weg hin zur fertigen Lerngeschichte führt über vier Teilschritte. Im ersten Schritt erfolgt eine offene Beobachtung der Aktivitäten des Schülers. Wichtig dabei ist das Vermeiden von Interpretationen und Wertungen. Auf Grundlage der Beobachtungsdokumentation anhand von Beobachtungsbögen (siehe Praxisbeispiel) erfolgt im zweiten Schritt eine Auswertung nach Lerndispositionen, auf welche im Folgenden noch näher eingegangen wird. Im dritten Schritt folgt dann ein Austausch mit Eltern, Kollegen und Schüler über die Beobachtungen. Auf diese Art wird gewährleistet, dass alle beteiligten Personen die Beobachtungen vervollständigen oder berichtigen können. Basierend auf diesem Austausch können nun im letzten Schritt weiterführende Maßnahmen für die Förderung des Schülers geplant sowie eingeleitet werden. Aus den Informationen der genannten Planungsschritte wird schließlich die Lerngeschichte für den Schüler erstellt und vor- gelesen (vgl. Flämig et al., 2009, S. 22ff.). Wie bereits erwähnt, werden die Beobachtungen nach fünf Lerndispositionen ausgewertet. Diese erklären sich wie folgt:

• Interessiert sein: der Schüler wendet sich Personen, Dingen oder Themen aufmerksam zu und setzt sich mit ihnen auseinander

• Engagiert sein: der Schüler lässt sich intensiv auf ein Thema ein • Standhalten bei Herausforderungen und Schwierigkeiten: der Schüler führt

Tätigkeiten auch bei Schwierigkeiten oder Herausforderungen weiter aus • Sich ausdrücken und mitteilen: der Schüler redet mit anderen über Gefühle,

Ideen und Wünsche • An einer Lerngemeinschaft mitwirken und Verantwortung übernehmen: der

Schüler entwickelt eine Bereitschaft, Dinge von einem anderem Standpunkt aus zu sehen und eine Vorstellung von Recht und Unrecht (vgl. Flämig et al., 2009, S. 22ff.).

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Zu beachten sei, dass nicht immer alle genannten Lerndispositionen in einer einzelnen Beobachtungssituation festgestellt werden können, da nicht jede Situation gleich ergiebig ist. Vordergründig ist die Bildungs- und Lerngeschichte für den Schüler selbst gedacht. Sie wird in Brief-Form an den Schüler formuliert. Um eine kindgerechte Gestaltung einer Lerngeschichte zu erreichen, sollten unter anderem eine einfache altersgemäße Sprache, anschauliche Beschreibungen der Beobachtungssituationen mit Wiedererkennungswert und ein positives Feedback über den individuellen Lernstand des Schülers einbezogen werden (vgl. Flämig et al., 2009, S. 36f.). Für Schüler mit besonderem Förderbedarf können Bildungs- und Lerngeschichten mit Fotos, Fühlmaterialien, Piktogrammen und Gegenständen gestaltet werden.

3.2 Möglichkeiten für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht

• Unterstützung der Entwicklung aller Schüler unabhängig von besonderem Förderbedarf, sozialer Herkunft, Nationalität, Religion

• Eignung für Schüler jeden Alters und Lernstands • Entwicklung eines positiven Bildes des Lernens • Einzigartigkeit jeden Schülers wird als Bereicherung gesehen • Förderung der positiven Selbstwahrnehmung des Schülers • Offenlegen schwer erkennbarer Lernprozesse • Beobachtung in alltäglichen Situationen speziell geschaffene Testsituationen nicht

notwendig • Ressourcen- und Stärkenfokussierung • Erhalt von Hinweisen auf Bedingungen, welche die Entfaltung von Ressourcen

und Stärken des Schülers hemmen • Schüler erhält Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Anerkennung • Schüler lernt eigenes Lernen (Lernverhalten) zu reflektieren Arbeit am Verhalten

möglich • Erhalt eines Mitspracherechtes des Schülers • Verbesserung des Austauschs mit Eltern, Team und Schüler • Stärkung der Beziehung zwischen Pädagogen und Schüler • Teilhabe der Eltern am Lernprozess ihres Kindes • vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten • Eignung für offene Unterrichtsformen • verwendbar bei der Zeugniserstellu

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3.3 Grenzen für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht

• hoher zeitlicher Aufwand • langer Prozess mit vielen Teilschritten, keine schnellen Ergebnisse • aufgrund der Beobachtungssituation entsteht die Gefahr von sozial

erwünschtem Verhalten seitens der Beobachteten • gute Zusammenarbeit im Team und mit den Eltern erforderlich • personelle Kapazitäten nicht immer verfügbar rechtzeitiger Einbezug des

Trägers/ der Schulleitung notwendig, um freie Zeit zur Beobachtung im Schulalltag zu verankern

(vgl. auch Flämig et al., 2009 )

3.4 Praxisbeispiele

Beispiel 1 - Lerngeschichte mit Alltagsgegenständen

Abb.: Bildungs- und Lerngeschichte in einer Kiste mit Originalgegenständen für einen Schüler mit Schwerstmehrfachbehinderung (Beispiel wurde gestaltet durch S. Lochner)

Beispiel 2 - Lerngeschichte mit Piktogrammen

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Abb.: Lerngeschichte mit Piktogrammen (Beispiel wurde gestaltet durch S. Lochner)

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Beispiel 3 - Lerngeschichte mit Fotografien

Abb: Lerngeschichte in Briefform mit Bildern (vgl. Flämig et al., 2009, S. 72)

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Beispiel 4 – Lerngeschichte in reiner Briefform Beobachtungsbogen „Bildungs- und Lerngeschichten“ Name des Kindes: Leon Alter: 5 Datum: 20.02.2014

Uhrzeit:16.10 – 16.13 Beobachter: Anna Sennholz

Beobachtung Nr. 1 Beschreibung der Ausgangslage: Leon befindet sich auf dem Spielplatz an einem liegenden Holzstamm.

Beschreibung des Handlungsverlaufs: Leon geht zum Holzstamm und setzt sich in Reiterstellung auf ihn drauf. Er schaut nach links und nach rechts auf den sandigen Boden. Er rutscht ein paar Mal nach vorn. Er stellt sich wieder links neben den Holzstamm und reibt sich den Sand von den Händen. Leon steigt auf den Baumstamm, zuerst mit dem rechten, dann mit dem linken Fuß. Er schiebt seinen linken Fuß zur Seite und zieht den rechten nach. Auf diese Weise läuft er einmal seitwärts über den Baumstamm. Er dreht sich um 90°, rudert mit den Armen und kommt mit beiden Füßen auf dem Sand rechts vom Baumstamm auf. Er stellt sich wieder auf den Stamm, dreht sich um 90° und hat nun den linken vor dem rechten Fuß platziert. Er streckt die Arme aus. Er geht vier Schritte geradeaus und bleibt stehen. Leon lächelt und ruft: „Mama, guck mal.“

Analyse dieser Beobachtung nach Lerndispositionen

Interessiert sein Was ist das Interesse des Schülers in dieser Beobach- tung? Woran erkenne ich es?

• wendet sich dem Baumstamm zu • probiert verschiedene Wege, auf dem Baum zu ba-

lancieren • zeigt Freude am Entdecken

Engagiert sein Woran erkenne ich das Engagement des Kindes? • versucht wiederholt auf den Baumstamm zu laufen

Standhalten bei Her- ausforderungen und Schwierigkeiten

Woran erkenne ich das Standhalten des Kindes? • startet einen neuen Versuch nach erstem Misslin-

gen der Drehung auf dem Stamm

Sich ausdrücken und mitteilen

Wie drückt sich der Schüler aus und wie teilt er sich mit? • sucht Kontakt zur Mutter und macht auf sich auf-

merksam • zeigt Begeisterung mit spontanem Ausdruck der

Freude

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An einer Lernge- meinschaft mitwirken und Verantwortung übernehmen

Woran erkenne ich, dass der Schüler an einer Lernge- meinschaft mitwirkt und Verantwortung übernimmt?

Bogen zum kollegialen Austausch über das Lernen des Kindes Name des Kindes: Leon Anwesende: Julia Sophie, Anna Datum: 23.02.2014

Verschiedene Beobachtungen und Eindrücke

Zeigt sich ein roter Faden über mehrere Beobachtungen? Welche Beobachtungen gibt es darüber hinaus? Was finde ich bemerkenswert?

• Leon ist neugierig und geht bei Entdeckungen zielstrebig vor. • Das Spielen draußen bereitet ihm viel Freude. • Er beschäftigt sich vorrangig selbstständig.

Ideen für nächste Schritte

Worauf habe ich/haben wir bereits reagiert? Was könnte ich/könnten wir anregen und ausprobieren? Gibt es Anknüpfungspunkte zu Interessen anderer Kinder?

• Leons Mama versucht sich häufiger mit anderen Eltern zu verabreden, um Leon die Teilhabe an eine Lerngemeinschaft zu ermöglichen

• Leon können weitere Kreativübungen, wie Basteln oder Kneten angeboten werden, damit er sein Selbstbewusstsein bezüglich seiner Kompetenzen steigern kann

Die Lerngeschichte für Leon

Lieber Leon, letzte Woche haben wir dir einmal beim Spielen zugesehen. Weißt du noch, als du auf dem Spielplatz warst? Dort warst du am Baumstamm. Zu allererst hast du auf ihm gesessen und dich umgeschaut. Hast du geguckt, wie hoch er ist? Oder ob der Sand weich ist? Dann bist du wieder aufgestanden und hast dich auf ihn drauf gestellt. Du hast es sogar geschafft, einmal auf dem Baumstamm seitlich entlang zu laufen. Toll, dass du dabei dein Gleichgewicht so gut halten konntest. Als du dich umdrehen wolltest, musstest du vom Raum- stamm runterspringen und konntest gut auf den Füßen landen. Leon, ich habe gesehen, du hast den Mut nicht verloren, denn sofort bist du wieder auf den Baumstamm gestiegen. Diesmal hat es sogar mit der Drehung geklappt. Super. Zum Schluss konntest du vier Schritte nach vorn laufen, ohne herunterzufallen. Da hast du dich bestimmt gefreut, denn sogar die Mama sollte es sehen. Wir finden es toll, wie du dir selbstständig etwas zum Spielen suchen kannst. Draußen bist du sehr neugierig und entdeckst gern neue Dinge. Bestimmt hätten auch andere Kinder Spaß am Balancieren auf dem Baumstamm. Dann könntest du ihnen zeigen, wie gut du das schon kannst. Lad dir doch mal jemanden zum

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gemeinsamen Spielen ein. Es ist schön zu sehen, dass du viele Dinge zum Lernen findest. Wir sind gespannt, was du als Nächstes entdeckst. Julia und Anna

3.5 Literaturhinweise und nützliche Internetadressen Bertelsmann Stiftung (2007): Sieh, was ich kann! Bildungs- und Lerngeschichten in Kitas – Erfahrungen aus dem Projekt „Kind und Ko“. Gütersloh. Abrufbar unter: www.bertelsmann-stiftung.de/bst/de/media/xcms_bst_dms_21652 2.pdf. [21.01.2015.] Deutsches Jugendinstitut (2009): Bildungs- und Lerngeschichten. Praktische Um- setzung des Verfahrens. Abrufbar unter: http://www.awo- berufskolleg.de/download/lerng_praxis.pdf [21.01.2015] Flämig, K./ Musketa, B./ Leu, H. R.(2009): Bildungs- und Lerngeschichten für Kinder mit besonderem Förderbedarf. Weimar, Berlin: verlag das netz.

3.6 Mitwirkende

Luise Albrecht, Susanne Lochner, Laura Meißner, Julia Sophie Möller, Anna Sennholz, Beate Zwarg

4 Leporello

4.1 Beschreibung

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Das Leporello ist auch unter dem Namen Faltbuch bekannt. Die Art der Faltung kann als Zick-Zack- beziehungsweise Ziehharmonika- Faltung beschrieben werden. Im Alltag sind Leporellos unter anderem als Flyer, Prospekte, Fotobücher und Landkarten zu finden. Im schulischen Kontext können sie als Dokumentationsmöglichkeit genutzt werden, insbesondere mit Blick auf Entwicklungsgespräche die den individuellen Fortschritt eines Schülers beinhalten. Für diese Zwecke kann ein Leporello als Leitfaden eines solchen Gespräches fungieren. Ein Leporello kann sowohl von Schülern selbst gebastelt als auch vom Pädagogen vorbereitet werden. Der Einsatz kann fächerübergreifend oder auch fachspezifisch erfolgen. Hierbei kann der Schüler die Ergebnisse seines Lernens festhalten und ergebnisorientiert arbeiten oder das Leporello prozessbegleitend erstellen, indem er direkt mit dem Leporello arbeitet. Als Grundmaterialien eignen sich vor allem Tonkarton, normales Papier und Buntpapier. Die weitere Gestaltung ist sehr vielseitig und variabel, ebenfalls hängt es von der Form ab, die man gewählt hat. Es stehen hier zur Auswahl: Das Farbenleporello ist, wie der Name schon sagt, in verschiedenen Farben gestaltet. Die Farben kennzeichnen und strukturieren einen Themenkomplex. Im nachfolgenden Praxisbeispiel 2 wird ein Farbenleporello zum Thema „Ernährung“ vorgestellt. Das Formenleporello passt sich in der Form dem Thema an. Das heißt, für das Thema Käse könnte ein Leporello in Käseform gestaltet werden, in dem alle nennenswerten Informationen sowie Rezepte oder Aufgaben zum Thema festgehalten werden können. Das Folienleporello zeichnet sich durch seine Wiederverwendbarkeit aus. Für diese Form werden Klarsichtfolien in entsprechender Faltung aneinander geklebt. Die Folien können dann mit Arbeitsblättern und anderen für das Thema wichtigen Materialien gefüllt werden. Besonders geeignet ist dieses Leporello für Schüler, die nicht gern kreativ tätig werden. Das Schachtelleporello ist eine besonders vielfältige Form des Leporellos und ist gut als Übersicht nutzbar. Das Leporello wird so gestaltet, dass es in eine vorher ausgewählte Schachtel, zum Beispiel eine Streichholzschachtel, passt. Hier könnte beispielsweise das ABC oder das kleine Ein mal Eins festgehalten werden.

4.2 Möglichkeiten für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht • der Schüler bekommt einen Überblick seiner individuellen Lernfortschritte • individuell und schülerzentriert --> Schwierigkeitsniveau und Komplexität an

Lernende anpassbar • vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten • großer kreativer Spielraum, sehr vielfältig • kompakt und platzsparend, da zusammenfaltbar • fächerübergreifend sowie fachspezifisch einsetzbar

4.3 Grenzen für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht • ungeeignet als Dokumentationsmöglichkeit für Schüler mit schwerstmehrfach

Behinderungen, da Verwendung von großen Originalgegenständen nicht möglich ist

• vermeiden von Notengebung, da es sich um eine Entwicklungsdokumentation

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handelt und durch Bewertung dieses Ziel verfehlt würde

4.4 Praxisbeispiele Beispiel 1: Leporello Julina Das Beispiel bezieht sich auf das Unterrichtsfach Deutsch und ist somit ein fachgebundenes Leporello. Es umfasst für die Schülerin relevante Themen des Unterrichts. Zu Beginn wurde ein Ausschnitt einer Anlauttabelle gewählt. Daneben befinden sich Assoziationen zu Selbst- und Mitlauten. Es lässt sich also erkennen, dass die Schülerin gerade Lesen bzw Schreiben lernt und welche Schritte sie in diesem Prozess durchläuft. Auch Gedichte und Lieder und Reime werden als Orientierungspunkte für den Lernprozess der Schülerin festgehalten, sodass es einen Überblick und eine Hilfestellung in einem Entwicklungsgespräch bietet.

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Abb.: Leporello im Fach Deutsch (Beispiel wurde gestaltet durch A. Markow)

Beispiel 2: Leporello Ernährung

Das Leporello zum Thema „Ernährung“ ist als Farbenleporello gestaltet. Auf der ersten Seite ist die Ernährungspyramide in Farbabstufungen vorgegeben. Nach dieser Farb- Einteilung wird auch das Leporello gestaltet. Zur Farbe blau gehören alle Informationen zum Unterthema Getränke. Die Farbe grün enthält alles

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Wissenswerte zu Gemüse und Obst und so weiter.

Abb. Leporello zum Thema „Ernährung“

4.5 Literaturempfehlungen und Internetadressen

o.A. (2005): Falzen (Papiertechnik). URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Falzen_%28Papiertechnik%29 [letzter Zugriff: 09.02.2014]. Abt, G. (o.J.): Leporello: Leporellos als Falttechnik für Flyer oder Fotobücher. URL: http://www.leporello.org/ [letzter Zugriff: 09.02.2014].

4.6 Mitwirkende

Monique Bauer, Janet Drogan, Tina Geishendorf, Denislav Jossifow, Anna Markow, Anne-Kathrin Schnell, Franziska Schulze, Laura Walther

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5 Lernlandkarte

5.1 Beschreibung „Eine Lernlandkarte visualisiert das kognitive Netzwerk einer Person von einem bestimmten Lerngegenstand. Sie ist eine Sonderform einer 'concept map', die dabei hilft, sich im individuellen Lernprozess besser orientieren zu können, wie eine Landkarte Menschen bei der Orientierung im Raum hilft“ (Wildt 2009, S. 4). Die Lernlandkarte ist eine Methode des selbstorganisierten Lernens und dient der Strukturierung und Visualisierung des Lerngegenstandes. Es wird der Ist-Zustand des Schülers dargestellt, der Rückschlüsse über den möglichen Verlauf des Lernprozesses zulässt. Lernziele oder -inhalte werden in eine Raumbeziehung gesetzt, geordnet, strukturiert und verbunden. Die vorgegebene oder selbst entwickelte Lernlandkarte verdeutlicht die Struktur des Lerngegenstandes, sowie die eigene Lern- und Kompetenzentwicklung. Die Lernlandkarte bietet den Schülern eine Orientierungsmöglichkeit, um Wege zu finden, wie sie ihre eigenen Lernziele erreichen können. Es lassen sich zwei Formen der Orientierung einer Lernlandkarte distinguieren; zum einen die fremde Lernlandkarte, welche von der Lehrperson entworfen wurde.

Diese soll dazu dienen, den eigenen Lernstand klarer zu sehen und Ansatzpunkte für ein zielführendes Weiterlernen zu finden. Zum anderen kann eine selbsterstellte Lernlandkarte von den Schülern entwickelt werden, die Auskunft darüber erteilt, welchen Lernerfolg der Schüler erzielt hat und wie er seinen bisherigen Lernprozess einschätzt. Hierbei wird auch das Vorwissen des Schülers visualisiert und strukturiert. Die Lernlandkarte wird in diesem Fall zu einem Instrument der Selbstreflexion, welche folglich eine Selbststeuerung beim Lernen mit sich bringt. Danach lassen sich nicht nur die individuellen Ziele schön beleuchten, sondern auch die Reichweite der Unterrichtseinheit und des Themas, sowie dessen Ergebnisse, die sich am Ende mit Hilfe der Landkarte zeigen lassen. In der Landkarte werden Bilder, Grafiken und Schrift miteinander verbunden, was dazu führt, dass beide Gehirnhälften angesprochen werden, was das Lernen ebenfalls verbessert. Es bieten sich zahlreiche visuelle Gestaltungsformen an, die vom Unterrichtsthema abhängig gemacht werden sollen.Die visuelle Gestaltung kann in Form von Inseln oder Wegen mit oder in verschiedenen Landschaften erfolgen, auch themenabhängige Formen wie Würfel, Obst, spezielle Gebäude oder graphische Darstellungen sind möglich. Dabei sollte allerdings auch der Zusammenhang von Darstellungs- und Strukturierungsform beachtet werden, denn es ist von großer Bedeutung, ob es sich um einen chronologischen Weg und somit eine vorgegebene Bearbeitungsreihenfolge handelt oder um eine Visualisierung in Form von Inseln, die die Bearbeitung freier gestalten. Bei der Erstellung kennt man solche Karten, die den konkreten Lernprozess abbilden sollen und solche, die einen Überblick darüber geben. Der Lehrer fungiert bei der Arbeit mit der Lernlandkarte überwiegend als Berater und Unterstützer und sollte nur dann eingreifen, wenn ein Schüler Hilfe oder

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Unterstützung benötigt. Ziel der Lernlandkarte ist die Selbststeuerung der Lernprozesse durch eine schülerzentrierte Leistungseinschätzung. Die Lernkarten fördern das individuelle und das kooperative Lernen im Unterricht. Den Schülern wird ihr eigener Lernfortschritt bewusst gemacht, um ihren Lernprozess zu reflektieren und zukünftig eventuell bessere Lernstrategien zu nutzen und zu selektieren, welche Inhalte noch gelernt werden müssen und welche schon erarbeitet wurden. Die Methode der Lernlandkarte hilft Lernprozesse zu visualisieren und zu strukturieren und schafft somit eine Orientierungsmöglichkeit für die Schüler, sowie die Lehrperson. Da es vielfältige und unterschiedliche Darstellungsformen von Lernlandkarten gibt, sollten Lehrpersonen ihre eigene Lernlandkarte finden und diese auch einsetzen, da es kein vorgegebenes Muster gibt. Die unten beschriebenen Anwendungsbeispiele sollen eine Anregung für den Einsatz einer Lernlandkarte im Unterricht geben.

5.2 Möglichkeiten für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht • Selbstkompetenzen werden gefördert (u.a.Selbstständigkeit,

Verantwortungsübernahme, Organisationsfähigkeit, Reflexionsfähigkeit) • Überblick über den individuellen Lernprozess für die Lehrperson • Probleme frühzeitig konkret im Prozess lokalisierbar (auch für Schüler

selbst- kann selbst eingreifen, ohne es von anderen gesagt zu bekommen) • Motivationssteigerung durch Erkennbarkeit des Lernfortschritts • Vernetzung von altem und neuem Wissen • Fokussierung der Aufmerksamkeit auf Kernpunkte • Übersichtlichkeit • Strukturierung des Lernstoffes von Karte auch auf Gedächtnis

übertragen – Längerfristiges Behalten, Vernetzung des Wissens • auch für lese-, schreibschwache Schüler geeignet, da Schrift auf

Mindestmaß reduzierbar ist • für individuelle Übersicht oder als Klassenübersicht geeignet • Lehrerentlastung – Lehrer übernimmt unterstützende Funktion • Wenig Schüleraufwand zur Reflexion nötig • Flexibel auf die meisten Stoffgebiete anwendbar • optisch ansprechende Form für den gegenwärtigen Lerninhalt • übersichtliche Darstellung von bereits bearbeiteten und noch

ausstehenden Themen • Überblick für Eltern, Lehrer und Kind bezüglich des Lernstandes des Schülers • Schüler lernen selbstständiges und organisiertes Arbeiten • Förderung von langfristigem Behalten und Transferleistungen • Motivationssteigerung und Verständnisförderung durch transparentes Lernen

5.3 Grenzen für den zieldifferenten Unterricht • hoher Zeitaufwand in der Erstellung • Mittlerer bis hoher Materialaufwand- abhängig von der Gestaltung und der

Anzahl der Lernlandkarten • für weniger kreative Kinder demotivierend • viel Arbeitszeit, da unterschiedliche Lern- und Arbeitsgeschwindigkeiten der

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Schüler • nur im eingeschränkten Maße erweiterbar • erfordert Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung • schneller Verlust der Übersichtlichkeit bei größeren Themengebieten • möglicher erhöhter Zeitaufwand in der Kontrolle der einzelnen

Aufgaben der jeweiligen Schüler

5.4 Praxisbeispiele

Beispiel 1: Lernlandkarte „Die vier Jahreszeiten“ Das Thema „Die vier Jahreszeiten“ lässt sich in den Jahrgangsstufen 1 und 2 im Zuge des Faches Heimat-und Sachkunde verwirklichen. In den Lernbereichen Lebewesen und Lebensräume und Raum und Zeit lässt sich die Thematik verankern. Bei dieser vorgestellten Lernlandkarte handelt es sich um eine fremderstellte Karte durch die Lehrperson. Die Verwendung der Lernlandkarte im Unterricht erfordert eine gezielte Einführung durch die Lehrperson, um ein selbstständiges Arbeiten zu gewährleisten. Bei der Einführung sollte genügend Zeit eingeplant werden, da es erforderlich ist, den Schülern den Nutzen und Umgang mit der Lernlandkarte zu erläutern. Auch benötigte Materialien, wie zum Beispiel Schere, Klebstoff und Buntstifte, sollten bereitgestellt werden, sodass diese während der Erarbeitungsphase immer zugänglich sind. Die Schüler erhalten zu Beginn zwei Arbeitsblätter. Das erste Arbeitsblatt symbolisiert den Kreislauf der Jahreszeiten und ist in vier Themen Frühling, Sommer, Herbst und Winter sowie in die dazugehörigen Monate unterteilt. Das zweite Arbeitsblatt enthält die dazugehörigen Puzzleteile mit den jeweils farbig markierten Aufgabenbereichen. Als Unterstützungshilfe sollte im Klassenraum dauerhaft ein fertiger Kreislauf der Jahreszeiten sichtbar angebracht werden. Für jede Jahreszeit gibt es drei Puzzleteile, die jeweils farbig markiert und mit dem Namen des Monats beschriftet sind. Pro Jahreszeit müssen drei Aufgaben bearbeitet werden. Die Schüler haben die Möglichkeit, sich aus verschiedenen Angeboten eine Aufgabe auszuwählen. Dabei können gezielte Interessen der Schüler, die im Vorfeld besprochen wurden, berücksichtigt werden. Nach der Bearbeitung eines Arbeitsblattes sollen die Schüler selbstständig ihre Ergebnisse kontrollieren, dafür sollten die Lösungsblätter auf einem separaten Tisch ausgelegt werden. Wurden bei der Bearbeitung eines Arbeitsblattes zwei oder mehr Fehler gemacht, darf der Schüler das entsprechende Puzzleteil nicht ausschneiden und aufkleben. Es besteht jedoch die Möglichkeit ein anderes Arbeitsblatt auszufüllen, um somit das Puzzleteil zu erhalten. Deswegen sollten schon im Vorfeld zu jedem Monat mindestens zwei zu bearbeitende Arbeitsblätter von der Lehrperson zur Verfügung gestellt werden, die dieselben Themenbereiche abdecken. Mögliche Themengebiete können aufgegriffen werden: was verändert sich alles in der Jahreszeit, Tiere und Pflanzen in den verschiedenen Jahreszeiten, Aussehen von Bäumen und Sträuchern in den verschiedenen Jahreszeiten. Kann ein Schüler alle erforderlichen Puzzleteile für eine Jahreszeit aufgeklebt vorweisen, erfolgt ein kleiner Test zur Wissensüberprüfung. In der Schuleingangsphase muss dieser jedoch nicht benotet werden, sondern dient lediglich zur Kontrolle. Dieser kann bei der Lehrperson abgeholt werden und wird auch von ihr kontrolliert. Bei erfolgreichem Bestehen dürfen die Schüler das leere

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Kästchen unter der Jahreszeit mit einem passenden Bild ausmalen. Dies soll dem Schüler verdeutlichen, dass er die wichtigsten Themengebiete dieser Jahreszeit erfolgreich bearbeitet und abgeschlossen hat. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass ein Schüler ein neues Thema erst beginnen darf, wenn es ein anderes abgeschlossen hat. Die Lehrperson sollte beachten, dass die Reihenfolge der Bearbeitung der Lernlandkarte jedem Schüler freigestellt ist. Gibt es in der Klasse Schüler mit besonderem Förderbedarf oder unterschiedlichen Leistungsniveau, kann die Lehrperson im Umfang oder Schwierigkeitsgrad die Arbeitsblätter differenzieren. Ist die Einführung der Lernlandkarte im Unterricht erfolgt, sollte die Lehrperson auch zukünftig mit der Darstellungsform arbeiten, um eine einheitliche Visualisierung anzuwenden. Die Lernlandkarte kann zu jeder Zeit und in jedem Fach individuell angepasst und auf jedes beliebige Thema zugeschnitten werden. Es wäre in diesem Zusammenhang wünschenswert, wenn sich Lehrpersonen innerhalb einer Schule, auf eine einheitliche Visualisierungsform einigen können, um somit auch im gesamten Schulkontext die Lernlandkarte als Arbeitsmethode zu integrieren.

Abb.: Lernlandkarte zum Thema „Die vier Jahreszeiten“

Beispiel 2: Lernlandkarte „Weltall der Geometrie“ Die sich im Fach Mathematik anbietende Lernlandkarte umfasst das gesamte Gebiet der Geometrie und lässt sich in den Jahrgangsstufen 1 und 2, sowie 3 und 4 einsetzen. Zur Erstellung der hier vorgestellten Lernlandkarte, werden zuerst verschiedene

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Planeten gebastelt, welche die Themenschwerpunkte des Lernbereiches Geometrie darstellen. Dazu gehören laut Lehrplan; die Raumvorstellung, der Umgang mit Körpern, der Umgang mit Flächen; Symmetrie und das Zeichnen. Die einzelnen Schwerpunkte lassen sich als beliebige Planeten darstellen, die Raumdarstellung kann man zum Beispiel als Himmelsrichtungen mit Kompassnadel oder die Symmetrie als „Monde der Symmetrie“ verkörpern. Die kreative Ausgestaltung der Lernlandkarte und ihre dargestellten Planeten sind beispielhaft und lassen sich auch durch andere Ideen ersetzen. Innerhalb der übergeordneten Planeten werden kleinere Darstellungen benötigt, die die einzelnen Teilbereiche (Kompetenzen) untergliedern. Hierbei lässt sich die Fantasie, sowie Ideen der Schüler mit einbeziehen. Im nächsten Schritt sollten passende Symbole gefunden werden, die stellvertretend für die Teilbereiche stehen, in denen die Schüler Aufgaben erledigen sollen, um die entsprechenden Kompetenzen zu erwerben. Es bietet sich eine bildhafte Darstellung an, da es das Arbeiten erleichtert und die Lesekompetenzen der Schüler eine geringe Rolle spielt. Die verwendeten Symbole orientieren sich an den Sachkompetenzen, welche im Lehrplan aufgeführt sind. Es werden Symbole für Teilbereiche wie Körper benennen, zeigen und beschreiben oder Eigenschaften beschreiben und Flächen unterscheiden, entwickelt und eingeführt. In jedem Teilbereich ist ein kleines weißes Feld zu finden, welches auf den ersten Blick zeigen soll, wie die Schüler ihre Leistungen in diesem Bereich einschätzen. Sie können diese mit farbigen Klebepunkten nach dem Ampelsystem markieren, ob sie noch Übung benötigen oder ihre Ergebnisse als gut einschätzen. Abgeschlossene und gut beherrschte Themengebiete können die Schüler mit einem Stern markieren. Wenn sich die Schüler nach einer erneuten Übungsphase anders einschätzen als zuvor, können sie den farbigen Punkt einfach überkleben. Die Bedeutung der Farben sollte die Lehrkraft im Klassenraum für jeden sichtbar aufhängen. Des Weiteren wird eine Markierungsmöglichkeit benötigt, die angibt mit welchem Themengebiet sich der Schüler beschäftigt. Diese Aufgabe erfüllt ein kleiner Astronaut, auf dessen Anzug der Schüler seinen Namen schreiben kann. Der kleine Helfer besitzt eine Raumkapsel, in der er alle erledigten Aufgaben sammelt, dies könnte ein Hefter sein. Damit der Astronaut sich durch den Raum bewegen kann, wird auf dessen Rückseite und an jeden Themenschwerpunkt ein Stück Magnetklebeband befestigt. Diese Lernlandkarte kann die Lehrkraft als eine Form der Leistungsdokumentation, zur Vertiefung oder als Prozess der Erarbeitung einsetzen. Wird die Lernlandkarte im Rahmen der Vertiefung genutzt, sollte vorausgesetzt werden, dass die Schüler bereits im Vorfeld zu den einzelnen Themenbereichen gearbeitet haben und ihnen alle wichtigen Informationen vermittelt wurden. Anhand der Lernlandkarte sehen die Schüler bereits Gelerntes noch einmal im Überblick und können sich dadurch im Themenbereich der Geometrie und in ihrem Lernprozess besser orientieren. Außerdem wird das selbstgesteuerte Lernen unterstützt, indem die Schüler die Reihenfolge der Aufgabenbearbeitung selbst

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bestimmen können, da ihnen die grundlegenden Inhalte bekannt sind. Wird die Lernlandkarte während des Erarbeitungsprozesses genutzt, wird keine zusätzliche Bearbeitungszeit benötigt, da sich die Phase der Informationsvermittlung integrieren lässt. Diese Form gibt die Reihenfolge der Themenbearbeitung vom Lehrer vor, da die Schüler noch kein Wissen mitbringen und auf Unterstützung angewiesen sind. Die Aufgaben kann der Schüler jedoch nach seinen Interessen und Fähigkeiten selbstbestimmt aussuchen.

Die Lernlandkarte lässt sich in diesem Fall selbsterstellt oder fremderstellt einsetzen. Die selbsterstellte Landkarte bietet den Vorteil, dass die Schüler am Entstehungsprozess teilhaben und ihnen somit Stück für Stück vermittelt wird, wie die Lernlandkarte aufgebaut ist und wie mit ihr gearbeitet werden kann. Diese Form kann nur dann eingesetzt werden, wenn die Schüler bereits wissen, welche Themenschwerpunkte zum Bereich der Geometrie gehören. Ist dies der Fall, können die Schüler gemeinsam überlegen, welche Themen zur Geometrie gehören und welche Symbole sie für die Inhalte verwenden möchten. Anschließend können sie die Planeten gemeinsam gestalten. Wichtig ist, dass alle Lerninhalte vorhanden und übersichtlich dargestellt sind. Die Lehrperson sollte den Schülern beratend und unterstützend zur Seite stehen.

Wenn die Lernlandkarte parallel zum Erarbeitungsprozess eingesetzt wird, bietet sich eine fremderstellte Karte an, da die Schüler noch kein Vorwissen mitbringen.

Abb.: Lernlandkarte zum Thema „Geometrie“

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5.5 Literaturhinweise Scheib, K. (2009): Stadt der Lernvorlieben. Lernlandkarten als Methodentraining. In: Lernchancen Nr.71/09

(Hrsg.): Lernlandkarten/Eltern gewinnen, Seelze, S.15ff. Schweder, S. (2013): Wege individualisiertenLernens- Lernlandkarten. Online, in http://www.ganztaegig-

lernen.de/wege-individualisierten-lernens-lernlandkarten [30.01.2015] Wildt, M. (2009): Wo stehe ich-wo will ich bin? Lernlandkarten als Mittel zur Selbsteinschätzung und

Selbststeuerung. In: Lernchancen Nr.71/09 (Hrsg.): Lernlandkarten/Eltern gewinnen, Seelze, S.4ff. Wöhner, J. (2013): Lernlandkarten in der Grundschule: Schülerinnen und Schüler auf dem Weg

selbstorganisierten Lernens begleiten, Hamburg.

5.6 Mitwirkende Annika Husung, Susan Rexhäuser, Maria Luge, Jessika Rieck, Christin Senft,

Katharina Michel, Janine Hasmann und Lara Bussemer

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6 Lernraupe

6.1 Beschreibung Die Lernraupe ist eine abgewandelte Form des Leporellos. Der Unterschied zum herkömmlichen Leporello besteht darin, dass die Lernraupe nicht aus fest verbundenen, ziehharmonikaartig gefalteten Papierstreifen besteht. Sie wird aus runden Papierbögen hergestellt, die mittels Bastelklammern variabel miteinander verbunden sind. Dadurch können einzelne Abschnitte jederzeit überarbeitet, getauscht, ersetzt oder ergänzt werden. Ziel dieser Dokumentationsform ist die kreative Visualisierung des persönlichen Lern- und Leistungsstandes des jeweiligen Schülers. Je nach Alter und Fähigkeiten der Lernenden können die Papierbögen individuell beschriftet, bemalt und gestaltet werden. Die Lernraupe eignet sich sowohl für die Dokumentation kleiner themenbezogener Projekte, wie auch für Themen, die über mehrere Schuljahre hinweg oder fächerübergreifend bearbeitet werden. Aufgrund der kindgerechten Aufmachung ist die Arbeit mit der Lernraupe besonders für jüngere Schüler sehr motivierend. Sie sollte daher vor allem in den ersten beiden Klassenstufen eingesetzt werden. Die Lernraupe lässt sich aber auch in den folgenden Schuljahren weiterführen.

6.2 Möglichkeiten für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht • gute Präsentations- und Reflexionsmöglichkeiten als Abschluss einer

Unterrichtseinheit oder für ein Lernentwicklungsgespräch • Differenzierungsmöglichkeiten: jeder Schüler kann entsprechend seiner

Fähigkeiten und Interessen arbeiten und hat am Ende ein individuelles Produkt

• abwechslungsreiche Arbeitstechniken: schreiben, malen, kleben, schneiden, stempeln und anderes

• schnelle Einführung der Methode mit anschließend selbstständigem Arbeiten • geringer Materialaufwand: farbige Papierbögen, Bastelklammern,

Gestaltungsutensilien • handlich, klappbar, passt in jede Schultasche, kann platzsparend im

Klassenzimmer gestapelt werden • flexibel einsetzbar: individuelle Erweiterung in Umfang, Inhalt, Form und Dauer

(Dokumentation kleiner Projekte sowie jahrgangs- oder fächerübergreifend möglich)

6.3 Grenzen für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht • Gestaltungsmöglichkeiten in der Schuleingangsphase geringer (malen,

kleben, schneiden) • Qualität der Arbeiten kann stark variieren • kein Instrument zur Bewertung des Leistungsstandes

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6.4 Praxisbeispiele Beispiel 1: Lernraupe „Die Jahreszeiten“ Die Jahreszeiten-Raupe ist ein Beispiel für eine Dokumentation, die über mehrere Schuljahre hinweg angefertigt wird. Die einzelnen Raupenelemente orientieren sich inhaltlich an den Lehrplaninhalten der Kassenstufe zwei bis vier. Da sich in allen Unterrichtsfächern Zugänge zum Thema Jahreszeiten finden lassen, kann es problemlos fächerübergreifend bearbeitet werden. Die Bearbeitung der Raupenelemente kann zeitlich auf verschiedene Art und Weise realisiert werden. Den Kindern kann man einmal wöchentlich oder nach Abschluss einer Unterrichtseinheit Zeit einräumen, um sich mit ihrer Raupe zu beschäftigen. Eine andere Möglichkeit ist, dass jeder Lernende, der mit der regulären Unterrichtsaufgabe fertig ist, die Zeit nutzt, um selbstständig an der Raupe zu arbeiten. Dazu müssten alle Materialien für die Kinder jederzeit zugänglich sein. Die Jahreszeiten-Raupe gibt den Kindern vor allem einen Überblick über das Gelernte und unterstützt sie bei der Reflexion des eigenen Lernweges.

Abb.: Lernraupe zu den Jahreszeiten

Beispiel 2: Lernraupe „Die Nutztiere“ Die Nutztier-Raupe kann in einer Projektwoche oder innerhalb einer Unterrichtseinheit realisiert werden. Dabei erhalten die Schüler eine breite Übersicht über alle Nutztiere und ihre Eigenschaften. Diese Form könnte auch als Lern- und Wiederholungshilfe genutzt werden. Eine Möglichkeit wäre die Bearbeitung einiger ausgewählter Tiere. Die Lernenden können sich intensiver mit einem ausgesuchten Tier befassen, ihre Kenntnisse vertiefen und die Lernraupe individuell erweitern. Bei einer Präsentation der Raupen durch die Schüler profitieren noch einmal alle Mitschüler von den individuellen Arbeitsergebnissen und können ihr Wissen erweitern.

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Abb.: Lernraupe zum Thema „Nutztiere“

6.5 Literaturhinweise Jacobs, Dorothee (2006). Kreative Dokumentation – Dokumentationsmodell für Kindertageseinrichtungen. Mannheim: Cornelsen.

6.6 Mitwirkende Jossifov, Denislav; Markow, Anna; Schulze, Franziska

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7 Lerntagebuch

7.1 Beschreibung des Lerntagebuchs Ein Lerntagebuch ist ein individuell vom Schüler gestaltetes Heft, welches in schriftlicher oder bildlicher Form chronologisch dokumentiert, was der Schüler vom Unterrichtsstoff verstanden und wie er sich die Unterrichtsinhalte angeeignet hat (vgl. Paradies & Linser 2001, S.98). Es ist somit ein Instrument, das dem Erkennen und Beschreiben des eigenen Lernprozesses dient. Es fördert die Selbstkontrolle des Lernprozesses und des Lernerfolges und dient dem Erwerb von Lernhaltungen und Denkstrategien. Zudem ermöglicht es dem Lehrer einen Einblick in die individuellen Verstehensprozesse, Lernwege und Lernerfolge der Schüler und kann als Grundlage zur Veränderung und inneren Differenzierung des Unterrichts dienen (vgl. Feuser 2005, S.12). Was wird in einem Lerntagebuch dokumentiert:

• der individuelle Lernfortschritt und Lernstrategien • Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Unterrichtsstoff • Eigene Ziele, Erfolge und Schwierigkeiten • Persönliche Einstellung zum Lernstoff • Reflexion über den eigenen Lernweg und die Erreichung der Ziele

Lerntagebücher können in Form eines Heftes, einer Mappe, eines dialogischen Arbeitsheftes oder eines vorstrukturierten Formulars geführt werden (vgl. Wilkening et. al, o.J.). Man kann sie für den Fachunterricht oder fächerübergreifend einsetzen, außerdem sind sie für jede Klassenstufe geeignet. In ihrem Lerntagebuch halten die Schüler in ihrer eigenen Ausdrucksweise grundlegende Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem Unterrichtsstoff fest und dokumentieren somit ihren individuellen Lernfortschritt. Zudem können sie auftretende Schwierigkeiten und Probleme notieren und Zweifel und ggf. Unmut über den Stoff äußern. Deshalb ist es wichtig, dass das Lerntagebuch nicht als ein weiteres Hausaufgabenheft oder ein Protokoll angesehen wird und auch nicht für eine Bewertung oder gar Benotung verwendet wird (vgl. Paradies & Linser 2001, S.98). Es kann aber als Grundlage für Gespräche zwischen dem Lehrer und dem Schüler dienen, bei denen ein Austausch über den Lernprozess erfolgt, um Rückschlüsse über Erfolg und Misserfolg zu ziehen und um das individuelle Lernverhalten zu analysieren und ggf. zu verbessern. Eine sporadische Einsicht des Lehrers in die Lerntagebücher der Schüler sollte im Vorfeld mit der Klasse abgesprochen werden. Während bei einem gewöhnlichen Tagebuch der Schreibende frei über die Gestaltung entscheidet, können bei einem Lerntagebuch Vorgaben im Sinne von Leitfragen vom Lehrer gegeben werden, die von den Schülern zu beachten sind und an denen sie sich orientieren können. Solche Leitfragen können sein:

• Was habe ich gearbeitet? • Wie bin ich dabei vorgegangen? • Was habe ich Neues gelernt? • Wie hat mir daran gefallen/nicht gefallen?

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• Wobei hatte ich noch Probleme? Wie kläre ich diese Probleme? (vgl. Feuser 2005, S.12 und Bauer 2001, S. 123)

Wenn mit der Methode des Lerntagebuches gearbeitet wird, dann sollte dies systematisch und regelmäßig, beispielsweise am Ende jeder Unterrichtsstunde oder Lerneinheit, geschehen. Wichtig ist außerdem, dass den Schülern genügend Zeit für die Eintragungen in ihre Lerntagebücher zur Verfügung steht. 7.2 Möglichkeiten für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht

• guter Überblick über die individuellen Lernprozesse der Schüler – es ist auf einen Blick ersichtlich, woran der Schüler arbeitet, wie er vorankommt, welche Schwierigkeiten auftreten, etc.

• Individualisierung und Differenzierung lassen sich im Unterricht gut umsetzen, da jeder Schüler sein persönliches Tagebuch verfasst

• Förderung der Selbstständigkeit der Schüler, da sie Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen (im Sinne der Thüringer Lehrpläne werden darüber hinaus die gesteckten Ziele zur Selbst- und Methodenkompetenz erfüllt)

• Förderung der Selbstreflexivität und Anbahnung von Prozessen der Selbstwahrnehmung und Selbstfindung

• Lerntagebücher bieten eine Struktur, die den Schülern Sicherheit und Orientierung gibt

• Aufbruch des gewöhnlichen Unterrichts und somit angenehme Abwechslung für die Schüler

• Lerntagebücher sind nicht fächergebunden, sie können für jedes Unterrichtsfach genutzt werden

• Lerntagebücher bieten die Möglichkeit, Probleme und Schwierigkeiten anzusprechen, die in der Auseinandersetzung mit dem Lernstoff oder in der Interaktion mit anderen Schülern entstanden sind (damit unterstützen sie vor allem ängstliche Schüler, die sich nicht trauen, Schwierigkeiten anzusprechen)

7.3 Grenzen für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht

• hoher Zeitaufwand für Lehrer, da die Arbeit mit dem Lerntagebuch eine gründliche Planung, Gestaltung und Umsetzung fordert

• hoher Zeitaufwand für die Schüler, da die Eintragungen regelmäßig und reflektiert vorgenommen werden müssen

• ohne gründliche Vorbereitung und Umsetzung kann es sein, dass die Schüler unreflektierte Aussagen aufschreiben, was das Ziel der Methode verfehlt

• vor allem leistungsstarke Schüler könnten die chronologische Kontinuität der Schüleraufzeichnungen schnell eintönig finden und das Interesse daran verlieren

• schreibschwache Schüler könnten vom hohen Schreibanteil, den diese Methode fordert, demotiviert werden

• vorgegebene Muster dürfen nicht einfach übernommen werden, sondern jedes Lerntagebuch muss speziell an die Klasse angepasst werden

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7.4 Praxisbeispiele Allgemeine Vorlagen für Lerntagebücher Das abgebildete Beispiel weist eine einfache und übersichtliche Struktur auf. Kurze Anleitungen bzw. Leitfragen unterstützen das Eintragen und bieten vor allem jüngeren Schülern eine gute Orientierung. Die neun Anleitungen sind kleinschrittig gegliedert, so dass der Schüler immer genau weiß, was er in die jeweilige Zeile eintragen muss. Die letzte Zeile lässt Raum für persönliche und individuelle Gedanken, in der der Schüler seine eigenen Anmerkungen und Meinungen notieren kann. Aufgelockert wird das vorgefertigte Arbeitsblatt durch einige Cliparts, was die Schüler möglicherweise eher anspricht. In der obersten Zeile ist Platz für den Namen, das Fach und das Datum, wodurch diese Vorlage für alle Fächer genutzt werden kann. Da für jede Eintragung eine neue Seite benötigt wird, entsteht vermutlich ein sehr umfangreiches Tagebuch mit unzähligen Buchseiten.

Abb.: Beispielseite (http://www.goodschool.de/cms/front_content.php?idart=112)

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Die Anleitungen für die Eintragungen müssen aber nicht zwangsläufig auf einem vorgefertigten Arbeitsblatt notiert sein. Sie können ebenso als Leitfragen an die Tafel geheftet oder auf dem Tisch aufgeklebt sein. Die Schüler verfassen dann in einem einfachen Heft ihre Eintragungen auf persönliche Art und Weise.

Abb.: Schülereintrag (http://www.grundschule-much.de/index.php?id=148)

Themenbezogene Lerntagebücher Man kann Lerntagebücher ebenso themenspezifisch gestalten bzw. auf eine bestimmte Lerneinheit zuschneiden. Im folgenden Beispiel handelt es sich um das Thema „Frühlings-Werkstatt“. Diese Form des Tagebuches ist bereits für jüngere Klassenstufen geeignet. Sie bestehen ebenfalls aus kleinschrittigen Leitfragen. Mithilfe von graphischen Skalen können die Schüler dann ihren Lernprozess dokumentieren. Neben diesen Skalen gibt es auch die Form der Eintragungen, wie sie in den oben genannten Beispielen zu finden sind. Die Schüler schreiben dann auch hier kurze Texte über ihren Lernfortschritt. Diese Form des Lerntagebuches kann für jedes Thema verwendet werden.

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Abb.: Themenbezogener Schülereintrag (www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=13&ved=0CGoQFjAM&url=http%3A%2F%2Fnline.nibis.de%2Fmags%2Fforum%2Fupload%2Fpublic%2Figoewecke%2FL217igoe-frbglehrerzentrum_portfolio.pdf&ei=AyTxUufAL4rTswbSvoDIAg&usg=AFQjCNGfjkMvTHdAO19xPc1QfR0oF2WnlQ&bvm=bv.60444564,d.Yms) Ähnliche Formen lassen sich auch in höheren Jahrgängen einsetzen. Der graphische Anteil nimmt hierbei ab und wird ersetzt durch einen größeren Anteil an schriftlichen Eintragungen. Im Folgenden ist ein Beispiel für eine Physikstunde abgebildet.

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Abb.: Fächerbezogener Schülereintrag (www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=13&ved=0CGoQFjAM&url=http%3A%2F%2Fnline.nibis.de%2Fmags%2Fforum%2Fupload%2Fpublic%2Figoewecke%2FL217igoe-frbglehrerzentrum_portfolio.pdf&ei=AyTxUufAL4rTswbSvoDIAg&usg=AFQjCNGfjkMvTHdAO19xPc1QfR0oF2WnlQ&bvm=bv.60444564,d.Yms) 7. 5 Literaturhinweise und nützliche Internetadressen Bauer, Roland (2001). Schule als Lern- und Lebensort gestalten. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor Feuser, Matthias (2005). Mit Lerntagebüchern das Nachdenken über das eigene Lernen fördern. Lernwege und Lernerfolge dokumentieren. In: Erziehung und Wissenschaft, 6, 1, S.12 Paradies, L./ Linser, H.-J. (2001). Differenzieren im Unterricht. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor GmbH & Co. KG Wienerl, Irmintraud (2008). Das Methoden-Handbuch für die Grundschule. Unterrichtsmethoden kennen und anwenden. München: Oldenbourg Verlag Bildungsserver Berlin Brandenburg: Lerntagebuch. URL: http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/2833.html [letzter Zugriff: 21.01.2015] Gemeinschaftsgrundschule Much – Klosterstraße. Arbeit mit dem Lerntagebuch. URL: http://www.grundschule-much.de/index.php?id=148 [letzter Zugriff: 21.01.2015] Stangl, Werner. Lerntagebücher als Werkzeug für selbstorganisiertes Lernen. URL: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNTECHNIK/Lerntagebuch.shtml [letzter Zugriff: 21.01.2015] Wilkening, St./ Vogelsaenger, Th./, Vogelsaenger, W. Lerntagebücher – Grundlage individuellen Lernens. Dokument als Download. URL: http://www.ganztaegig-lernen.de/media/material/Lerntagebuecher [letzter Zugriff: 21.01.2015] 7.6 Mitwirkende Sarah Brückner, Jennifer Höfer, Elisabeth Jascheck, Anja Schreiber, Manuela Vedder, Stephanie Wettich

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8 Portfolio

8.1 Beschreibung „Ein Portfolio ist eine zielgerichtete Sammlung von Schülerarbeiten, welche die Anstrengung des Lernenden, den Lernfortschritt und die Leistungsresultate auf einem oder mehreren Gebieten zeigt. Die Sammlung schließt die Beteiligung des Schülers bei der Auswahl der Inhalte, Aufstellung der Kriterien für die Auswahl und zur Beurteilung sowie selbstreflexive Gedanken ein“. (Lissmann 2001, S. 487, aus dem Englischen nach Paulson/Paulson/Meyer 2001)

Das Portfolio kann als Grundlage für die Lernentwicklungsgespräche dienen und beinhaltet aussagekräftige, vom Schüler selbst ausgewählte Dokumente, welche den Lernweg und den Lernfortschritt des Schülers dokumentieren, jedoch sollte das Portfolio selbst nie bewertet werden. Es handelt sich dabei um eine individuelle Zusammenstellung bedeutsamer Dokumente des Schülers, welche Anregung geben sollen, den Lernweg zu reflektieren (vgl. Müller 2012, S. 12). Das Portfolio ist ein Instrument in der Hand des Schülers. Der Schüler selbst entscheidet, was in sein Portfolio aufgenommen wird. Der Lehrer übernimmt eine begleitende und beratende Funktion. Hierzu sind regelmäßige kurze Portfoliogespräche notwendig, in welchen gemeinsam mit dem Schüler reflektiert wird, welche Dokumente aussagekräftig sind und warum. In diesen Gesprächen verständigen Lehrer und Schüler sich auch über individuelle Ziele. Die Ergebnisse dieser Gespräche sollten mindestens in Notizform gemeinsam mit dem in das Portfolio aufgenommenen Dokument festgehalten werden. Anregungen dazu sind bei den Beispielen zu finden (vgl. Brunner/Schmidinger, 2001, S. 17-18). Das Portfolio kann themen- oder fächergebunden (siehe Praxisbeispiele) oder auch fächerübergreifend (siehe Praxisbeispiel 4.3) angelegt werden. Es sollte immer einen größeren Zeitraum dokumentieren (empfehlenswert ist mindestens ein Schuljahr, möglich ist auch eine Dokumentation der gesamten Grundschulzeit.) Lissmann unterscheidet fünf Formen des Portfolios nach der jeweiligen Zielsetzung:

a) Arbeitsportfolio: Ziel: Stärken und Schwächen des Lernenden diagnostizieren Inhalte: viele und unterschiedliche Dokumente

b) Beurteilungsportfolio: Ziel: Beurteilung Inhalte: Arbeiten, die auf Lernziele oder Lehrplan ausgerichtet sind

c) Vorzeigeportfolio: Ziel: beste Arbeiten zeigen Inhalte: Arbeiten, auf die die Lernenden stolz sind und die deshalb ausgewählt werden

d) Entwicklungsportfolio: Ziel: Dokumentation von Entwicklung

Inhalte: Dokumente, die den Entwicklungsprozess darstellen, also auch „Unfertiges“, „Fehlerhaftes berücksichtigen“

e) Bewerbungsportfolio:

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Ziel: Vorstellung des Lernenden Inhalte: Dokumente, die die Leistungen und Kompetenzen des Lernenden # aufzeigen (vgl. Lissmann 1998)

8.2 Möglichkeiten für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht • Das Portfolio bietet einen Rahmen für offene, schülerzentrierte und

auch fächerübergreifende Lernformen. • Der Schüler hat die Möglichkeit, sein Potenzial fächerübergreifend und

unabhängig von Lehrplanvorgaben zu zeigen, da individuelle Lernwege und -erfolge gezeigt werden. Er fühlt sich nicht auf Noten „reduziert“.

• Ausgehend vom durch das Portfolio nachvollziehbar gemachten individuellen Lernweg der Schüler kann der Lehrer gezielter individuell fördern.

• Der Schüler lernt Selbstreflexion und Selbsteinschätzung. Er wird dazu angehalten, immer wieder über eigene Lernwege und –erfolge nachzudenken und lernt zunehmend, sich selbst realistische Ziele zu stecken. Die Eigenverantwortung wird gestärkt.

• Der Schüler hat die Möglichkeit, seine eigene (auch kreative) Herangehensweise an ein Thema zu finden und im eigenen Tempo zu arbeiten. Auch kann er sich auch einmal aus wirklichem Interesse in etwas zu vertiefen, da es nicht darum geht, dass alle Schüler zu gleichen Zeit das gleiche, vom Lehrer vorgegebene Lernziel erreichen.

• Der Schüler hält mit dem Portfolio ein Dokument in den Händen, anhand dessen er sich aussagekräftig und positiv präsentieren kann und auf das er stolz sein kann. Dies bildet eine ideale Grundlage für Eltern-Lehrer-Schüler- Gespräche.

8.3 Grenzen für den Einsatz im zieldifferenten Unterricht

• In eher lehrerzentriert geführten Klassen findet sich wenig Zeit für die Portfolioarbeit. Hier sammelt sich mglw. kaum aussagekräftiges Material an, das die Individualität des Schülers zeigt, da kaum Platz für individuelle Lernziele bleibt.

• Soll ein fächerübergreifendes Entwicklungsportfolio erstellt werden, ist es notwendig, dass die gesamte Schulstruktur auf schülerzentriertes Lernen ausgerichtet ist. Alle Kollegen müssen hier mitziehen, um ein tragfähiges Bild des Schülers zu zeichnen – es geht hier schließlich um Lernwege, unabhängig vom Fach.

• Es muss immer vielfältiges und anregendes Material zur Verfügung stehen, anhand dessen die Schüler eigene Lernwege entdecken können. Dieses Material muss so klug gewählt und präsentiert werden, dass die Schüler sich trotz der schülerzentrierten Arbeitsweise mit Themen des Lehrplans auseinandersetzen, aber die Möglichkeit eines individuellen Zugangs zu einem Thema haben. Die Vorbereitung dieser Lernumgebung erfordert einen gewissen Zeit- und Planungsaufwand und ist je nach Voraussetzungen der Schule auch mit finanziellem Aufwand verbunden.

• Die Organisation der Portfolioarbeit selbst benötigt ebenfalls Planung. Es muss überlegt werden, wie man zu individuellen Schülerleistungen kommt (Wochenpläne? Pflichtaufgaben? (Selbst-) Kontrolle? Zeitliche Lenkung? usw.), wann wer mit den Schülern Dokumente ins Portfolio überträgt und es muss regelmäßig Zeit für Portfoliogespräche eingeplant

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werden. • Die Methode setzt viel Selbstdisziplin bei den Schülern voraus, da sie

ihr Lernen sehr eigenverantwortlich in die Hand nehmen sollen. • Das Portfolio darf keinesfalls ein bloßer Sammelordner für

Schülerarbeiten werden. Dann handelt es sich nicht mehr um ein Portfolio und der Sinn der Methode geht verloren.

8.4 Praxisbeispiele Beispiel 1: „Das Künstlerbuch“

Hinweise: Bei diesem Portfolio handelt es sich um eine Mischung aus Entwicklungs- und

Vorzeigeportfolio. Das Portfolio ist fächergebunden (für das Fach Kunst) und jahrgangsübergreifend (Klasse 1-4).

1.) ORDNER – Schüler bekommen einen

persönlichen Ordner = flexibel erweiterbares Künstlerbuch

2.) GESTALTUNG - Jeder Schüler/ jede

Schülerin gestaltet seinen/ ihren Ordner im Laufe der 4 Grundschuljahre nach und nach selbst

3.) FORMBLATT - Jedes Schuljahr

beginnt mit einem Formblatt 4.) AUSWAHL - Nach der Fertigstellung

einer Arbeit können die Schüler entscheiden, ob diese für ihr Portfolio in Frage kommt

- Zu große, plastische oder performative Arbeiten werden vom Lehrer fotografiert

5.) REFLEXION - Arbeiten, die für das

Portfolio ausgewählt wurden, werden vom Schüler/ von der Schülerin UND von der Lehrperson reflektiert

6.) BEURTEILUNGSHILFE - Am Ende

des Portfolio-Ordners befindet sich eine Übersicht zur Entwicklung des kindlichen Malens und Zeichnens, welche Verständnis und Kompetenz ermöglicht

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Variante eines Portfolio-Ordners für den Kunstunterricht der Grundschule

Vorderansicht

Rückseite

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Reflexion des Schülers und der Lehrperson

Abb.: Reflexionsseite

Reflexion des Schülers

Ich habe diese Arbeit für mein Künstlerbuch ausgewählt, il

Das Werk hat den Titel

b k il

So würde ich mein Ergebnis beschreiben/

Das gefällt mir besonders gut an meiner Arbeit/

Das würde ich beim nächsten Mal anders machen

Reflexion des Lehrers

Der Schüler/ die Schülerin hat Unterrichtsstunden lang an diesem Werk gearbeitet.

Technik:

Während der Entstehung der Arbeit war der Schüler/ die

Schülerin … Besonderheiten dieses Arbeitsergebnisses sind:

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Beurteilungshilfe

Quellen für Abb.: Beyer, G./ Knötzinger, M. (1976). Wahrnehmen und gestalten. Eine Anleitung zur Kunst- und Werkerziehung für Eltern, Lehrer und Erzieher. München, S.25 ff.; Braun, D. (1998). Handbuch Kunst und Gestalten. Theorie und praxis für die Arbeit mit Kindergruppen. Freiburg i.B., S. 30 ff.; Koeppe-Lokai, G. (1996). Der Prozess des Zeichnens. Empirische Analysen der graphischen Abläufe bei der menschendarstellung durch vier- bis sechsjährige Kinder. Münster, S.27-43; Richter, H.-G. (1987). Die Kinderzeichnung. Entwicklung, Interpretation, Ästhetik- Düsseldorf, S. 43-71; Schuster, M. (1993). Die Psychologie der Kinderzeichnung. Berlin, S. 18-41

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Beispiel 2: „Mein Portfolio für das Fach Musik“ Hinweise: Bei diesem Portfolio handelt es sich um ein Beurteilungsportfolio für

die Klasse 4. Es orientiert sich vom Aufbau her an den Lernbereichen des Faches Musik im Thüringer Grundschullehrplan. Für den Bereich „Musik hören und verstehen“ enthält es Beispiele. Das enthaltene Zielblatt wird in ähnlicher Weise für jeden Lernbereich benötigt. Die Vorlage des Gesprächsprotokolls ist für das Abschlussgespräch mit dem Lehrer gedacht und kann in dieser Form in jedem Lernbereich verwendet werden.

1. Zunächst wird das Thema für das Portfolio festgelegt. Dazu können die Schüler

ein persönliches Deckblatt gestalten. 2. Nun werden gemeinsam mit dem Lehrer die Ziele für die entsprechenden

Lernbereiche im Fach Musik festgelegt (Bsp.: siehe Tabelle Lernziele für den Lernbereich „Musik hören und verstehen“). Der Schüler überlegt womit er beginnt und woher er entsprechende Materialien bekommen kann.

3. Die benötigten Materialien werden gesammelt und zunächst in einem Arbeitsportfolio gesammelt. Das weitere Vorgehen wird mit dem Lehrer besprochen.

4. Schüler und Lehrer wählen nun das Material aus, das das zuvor gesammelte und entstandene Wissen überprüfen kann (Bsp.: siehe Arbeitsblätter zur Wissensüberprüfung im Anhang) und begründen ihre Entscheidung.

5. Der Schüler fasst zusammen und reflektiert den Weg, den er gegangen ist. 6. Der Schüler schätzt nun mit Hilfe seiner Lernzieltabelle selbst ein, ob er die

vorgenommenen Ziele erreicht hat. Dazu führt er ein Abschlussgespräch mit dem Lehrer.

7. Abschließend kann jeder Schüler der Klasse sein Portfolio, bzw. ausgewählte Beispiele daraus, vorstellen.

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Abb. Beispielseiten für das Fach Musik (entwickelt von Ch. Lange)

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Beispiel 3: „Das Ich-Buch“ Beim „Ich-Buch“ handelt es sich um ein fächerübergreifendes Entwicklungsportfolio. Es wird begleitend zur Wochenplanarbeit erstellt. Deswegen wird parallel ein Freiarbeitsordner geführt. Das Portfolio ist in die Bereiche „Das bin ich“, „Das kann ich jetzt“, „Das muss ich noch üben“, „Meine Schätze“, „Vorhaben“ und „Einschätzung durch Lehrer, Erzieher und Eltern“ gegliedert. Diese einzelnen Bereiche sind durch Deckblätter getrennt. Die Arbeitsergebnisse aus der wochenplangelenkten Freiarbeit werden zusammen mit den jeweiligen Wochenplänen im Freiarbeitsordner gesammelt. In regelmäßigen Abständen überprüfen die Schüler gemeinsam mit dem Lehrer ihren Freiarbeitsordner auf Dokumente, die repräsentativ genug für das Portfolio sind. Die Arbeiten werden in die jeweils passende Kategorie eingeordnet. Die Einordnung wird begründet und evtl. schriftlich kommentiert. In diesem Gespräch wird auch ein neues Ziel vereinbart und in der Kategorie „Vorhaben“ festgehalten. Neben den Ergebnissen aus der Freiarbeit findet sich auch Platz für Selbstbeurteilungsbögen der Schüler, sowie Platz für Erinnerungen und besonders schöne Erlebnisse im Schulalltag. Die letzte Kategorie „Einschätzung durch Lehrer, Erzieher und Eltern“ füllt sich vor allem mit den Protokollen und Ergebnissen der Lernentwicklungsgespräche. Hierfür gibt es Formulare für alle Beteiligten, die vorbereitend oder protokollartig zum Lernentwicklungsgespräch ausgefüllt werden können.

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Abb. Beispielseiten für das „Ich“-Buch

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8.5 Literaturhinweise und nützliche Internetadressen Bostelmann, Antje (Hg.) (2006): Das Portfolio-Konzept in der Grundschule. Individualisiertes Lernen organisieren. Mühlheim: Verl. an der Ruhr. Brunner, I./ Häcker, Th./Winter, F. (Hg.) (2006): Das Handbuch Portfolioarbeit. Konzepte, Anregungen, Erfahrungen aus Schule und Lehrerbildung. Seelze-Velber: Kallmeyer bei Friedrich. Brunner, I./ Schmidinger, E. (2001): Leistungsbeurteilung in der Praxis. Der Einsatz von Portfolios im Unterricht der Sekundarstufe I. Veritas Verlag. Linz. Endres, W./Wiedenhorn, Th./ Engel, A. (Hg.) (2008): Das Portfolio in der Unterrichtspraxis. Präsentations-, Lernweg- und Bewertungsportfolio. Weinheim und Basel: Beltz. Groot-Wilken, B. (2008): Portfolioarbeit leicht gemacht. Leitfaden zur systematischen Dokumentation von Bildungsverläufen in Tageseinrichtungen. Berlin, Düsseldorf, Mannheim: Cornelsen Verlag. Lissmann, U. (1998): Probleme und Möglichkeiten der Schülerbeurteilung. Landau: Verl. Empirische Pädagogik (Materialien für Lehre, Aus- und Weiterbildung, 8) Lissmann, U. (2001): Die Schule braucht eine neue Pädagogische Diagnostik. Formen, Bedingungen und Möglichkeiten der Portfoliobeurteilung. In: Die Deutsche Schule 93 (4), S. 486-497 Müller, A. (2012): Erlebnisse durch Ergebnisse und umgekehrt. Das Lernportfolio als multifunktionales Werkzeug im Unterricht. Hg. v. Institut Beatenberg. Online verfügbar unter http://www.institut-beatenberg.ch/publikationen-und- materialien/dossiers.html, zuletzt geprüft am 17.01.2015.

8.6 Mitwirkende: Fischer, Anne; Kötschau, Daniela; Lange, Charlotte; Langheim, Swantje; Rommeiß, Marie; Rother, Marie-Theres; Wöhlk, Cristin; Zanner, Doreen


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