Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz Universität für Bodenkultur Wien
Energie aus Abwasser
811.300 – Technologien der Abwasserwirtschaft
F. Kretschmer, T. Ertl
Möglichem Klimawandel entgegenwirken.
Abhängigkeit von Öl-/Gasimporten reduzieren.
Reduktion der Treibhausgasemissionen um
mindestens 20 % (verglichen Stand von 1990).
Senkung des Energieverbrauchs
(Primärenergieeinsatz) um 20 %.
Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen
auf 20 % (8,5 % im Jahr 2005).
Klimaschutzpolitik der EU bis 2020
Abwasser gerät ins Blickfeld.
In mehreren Ländern bereits Anlagen zur thermischen AW-Nutzung umgesetzt (Schweiz, Deutschland, Norwegen, Kanada, Österreich).
DWA-M 114 (2009): 10 % der Gebäude in Deutschland mit AW-Wärme beheizbar.
Suche nach neuen Energiequellen
Aktuelle Forschung in Österreich
Forschungsprojekt „Abwasserwärme- und -kältenutzung mittels hocheffizienter Großwärmepumpen“
Projektlaufzeit: • 01.11.2009 bis 30.11.2012
Projektpartner: • Ochsner Wärmepumpen • Österreichische Energieagentur • Universität für Bodenkultur Wien • Institut Energie in Infrastrukturanlagen • Fernwärme Wien
Aktuelle Forschung in Österreich
Projektinhalte (Auszug): • Ermittlung Stand der Technik • Erhebung der rechtlichen Situation • Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und
Kläranlagenbetriebs • Potenzialabschätzung • Durchführung von Machbarkeitsstudien • Verbreitung der Projektergebnisse
Abbildung: Konzept der Abwasserwärmenutzung (Müller et al., 2005)
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Abbildung: Standorte der Energienutzung (Müller et al., 2005)
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Einbauvoraussetzungen:
• Mindestdurchfluss des Trockenwetters von 15 l/s.
• Vorhandensein entsprechender Abnehmer in vertretbarer
Entfernung.
• Fehlen von „konkurrierenden“ Energieträgern.
• Entsprechendes Wärmepotenzial im Kanal
(Abwassertemperatur).
• Ausreichende hydraulische Reserven im Kanal.
• Ausschluss negativer Auswirkungen auf Kanalisation und
Kläranlage.
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Ziele von Entwässerungssystemen:
• Öffentliche Gesundheit und Sicherheit (Siedlungshygiene
und Schutz vor Überflutungen im urbanen Bereich)
• Gesundheit und Sicherheit des Betriebspersonals
• Umweltschutz (Gewässerschutz, etc.)
• Nachhaltige Entwicklung (u. a. Minimierung des
betrieblichen Energieaufwandes)
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Abbildung: nachträglicher Einbau des Wärmetauschers (Uhrig in Müller, 2010)
Abbildung: Kanalrohr mit integriertem Wärmetauscher (Rabtherm in Glasner, 2004)
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Aspekte des Kanalbetriebs:
• Hauptgerinne/Bypass, integrierter WT
• Hydraulische Kapazität
• Kanalwartung: TV-Inspektion, HD-Reinigung
• Einbau und Wartung der WT: Wasserhaltung,
Arbeitssicherheit, Montageöffnungen
• Kanalsanierung: Mehraufwand durch WT
• Ablagerungen beim WT (Geruch, Arbeitssicherheit)
• Kühlen mit AW: Erwärmung, biologische Aktivitäten,
Sauerstoffzehrung, Geruchsbildung
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Aspekte des Kläranlagenbetriebs: • Biologische Prozesse in der ARA sind temperaturabhängig.
• Abwassertemperatur ist täglichen Schwankungen
unterworfen.
• Kurzfristige Abkühlung kann gedämpft werden
(Aufenthaltszeit, Durchmischung).
• Bei längerfristige Abkühlungen (NS, FW, AW-Nutzung)
stellt sich niedrigeres Temperaturniveau ein).
• Aufwärmung des AW weniger kritisch.
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Nutzung vor der Kläranlage:
• Energiewirtschaftlich sinnvoll (Nähe zum Abnehmer)
• Aus SWW Sicht problematisch (1. AEVkA)
• TNb ist um mindestens 70 % zu verringern
(Abwassertemperatur größer als 12 °C).
• Emissionsbegrenzung für NH4-N gilt bei einer
Abwassertemperatur größer als 8 °C.
• Thermische Abwassernutzung kann zu einer
„frühzeitigen“ Unterschreitung der Temperaturen führen
Gewässerschutz
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Nutzung vor der Kläranlage:
• EU RL 91/271/EWG (Behandlung von kommunalem
Abwasser)
• Österreich will flächendeckend hohes Reinigungsniveau
gewährleisten.
• Anforderungen bzgl. Phosphor- und Stickstoffentfernung
werden im gesamten Staatsgebiet umgesetzt.
• Erhöhte Reinigungsanstrengungen keine Ausweisung
empfindlicher Gebiete.
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Abbildung: Reinigungsleistung der kommunalen Kläranlagen für Österreich im Jahr 2006 für einzelne Parameter (BMLFUW, 2008)
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Abbildung: Reinigungsleistung der kommunalen Kläranlagen für Österreich im Jahr 2010 für einzelne Parameter (BMLFUW, 2012)
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Nutzung vor der Kläranlage:
• Österreichische Situation „vor der ARA“ daher anders als
in ansonsten vergleichbaren Ländern.
• Anwendung von Bagatellgrenzen aus der internationalen
Literatur in Österreich nicht direkt anwendbar.
• In jedem konkreten Fall die Auswirkungen auf die
Reinigungsleistung der ARA überprüfen.
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Nutzung nach der Kläranlage:
• Energiewirtschaftlich Vorteile (konstante AW-Mengen,
gereinigtes AW) und Nachteile (Entfernung zu Abnehmern).
• Aus SWW Sicht weniger problematisch da
Reinigungsleistung der ARA nicht beeinträchtigt wird.
• Negative Auswirkungen auf die Vorflut sind zu vermeiden
(QZV Ökologie OW).
• Im Wesentlichen sind die maximale zulässige
Temperaturänderung sowie Maximaltemperatur der
Fließgewässer nach Fischregionen geregelt.
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Nutzung im Gebäude:
• Energiewirtschaftlich Vorteile (hohe AW-Temperaturen,
kurze Wege) und Nachteile (geringer und diskontinuierlicher
AW-Anfall).
• Aus SWW Sicht im weiteren Sinne Nutzung vor der ARA.
• Wenn keine individuellen Anschlussverträge geschlossen
wurden, hat der Betreiber keinerlei Einfluss auf eine
derartige Nutzung.
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Fazit:
• Aus ökologischer Sicht erscheint thermische AW-Nutzung
sinnvoll. Wirtschaftlichkeit muss in jedem Einzelfall geprüft
werden.
• Keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit von Kanal
und ARA durch thermische AW-Nutzung (Hauptziele von
Kanal und ARA).
• Durch die flächendeckend erhöhten Reinigungs-
anstrengungen (EU AW-RL) spezielle Situation der
thermischen Abwassernutzung in Österreich.
• Zusammenspiel aller Akteure wesentlich.
Abwasserenergienutzung aus Sicht des Kanal- und Kläranlagenbetriebs
Aktuelle Forschung in Österreich
Forschungsprojekt „Abwasserwärme- und -kältenutzung mittels hocheffizienter Großwärmepumpen“
Projektergebnisse (Auszug): • Eine Machbarkeitsstudie wurde praktisch umgesetzt.
• Nutzung nach der Kläranlage oftmals vorteilhafter
• Großes thermisches Potenzial (theoretisch rund 0,5 Mio. Wohnungen in Österreich beheizbar)
• Gereinigtes Abwasser, etc.
• Verfügbarkeit von geeigneten Abnehmern im Nahbereich der Kläranlagen entscheidende Randbedingung.
Aktuelle Forschung in Österreich
Forschungsprojekt „Einbindung der abwassertechnischen Infrastruktur in regionale Energieversorgungskonzepte“
Kläranlagen als regionale Energiezellen
Projektlaufzeit: • 01.04.2013 bis 31.03.2016
Projektpartner: • Österreichische Energieagentur • Universität für Bodenkultur Wien (SIG & IRUB) • Technische Universität Graz • Austrian Institute of Technology • InfraWatt • Ochsner Wärmepumpen
Aktuelle Forschung in Österreich
Projektinhalte (Auszug): • Weiterführende Potenzialabschätzung inkl. Raumplanung
• Darstellung der internen und externen Nutzungsmöglich-
keiten der auf Kläranlagen produzierten Ressourcen • Erstellung eines Planungs- bzw. Entscheidungswerkzeuges
für die Einbindung von Kläranlagen in regionale Energie-versorgungskonzepte (Energieraumplanung, Prozess-Netzwerk-Synthese PNS, ökologischer Fußabdruck SPI)
• Durchführung von Machbarkeitsstudien (Fallbeispiele)
Ressourcenverbrauch und -produktion auf Kläranlagen
Abbildung: Ressourcenverbrauch und -produktion auf Kläranlagen sowie Nutzungsmöglichkeiten
ABWASSERZULAUFENERGIE-
VERSORGUNGABFALL-
VERWERTUNG
KLÄRANLAGE MIT ANAEROBER STABILISIERUNG
KLÄRANLAGE MIT AEROBER STABILISIERUNG
GEREINIGTES ABWASSER
STAB. KLÄRSCHLAMM
KLÄR-/BIOGAS
HEIZEN KÜHLEN BRAUCHWASSER STROMVERSORGUNG
SOLARENERGIE
ERDGASERSATZKLÄRSCHLAMM-VERWERTUNG
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Energieverbrauch und -produktion auf Kläranlagen
Table Standard ranges of energy consumption and production at Austrian WWTPs (Lindner, 2008)
Energieverbrauch und -produktion auf Kläranlagen
Table Estimated energy consumption and production of WWTPs including digestion towers (Kretschmer et al., 2014)
Table Degree of self-sufficiency regarding electrical and thermal energy ((Kretschmer et al., 2014)
Abbildung: Aggregierte Flächenwidmungen im Umfeld einer Kläranlage (ARA)
Energetische Nutzung außerhalb der ARA
Optimierung der Energieströme in Klär-anlagen (Prozess-Netzwerk-Synthese PNS)
Maximalstruktur Optimalstruktur
Abbildung: Maximal- und Optimalstruktur eines (Technologie-) Netzwerks (Friedler et al., 1995, adaptiert)
Entwurf der PNS-Maximalstruktur
Abbildung: Aktueller Entwurf der PNS-Maximalstruktur für Kläranlagen mit anaerober Schlammstabilisierung
Aktueller Projektstand (Auszug)
Aufbau von PNS-Maximalstrukturen für Kläranlagen mit und ohne Faulung (jeweils 3 Größenklassen)
Österreichweite Analyse von Landnutzungs- und Flächenwidmungsdaten im Umkreis von Kläranlagen größer 2.000 EW
3 Fallstudien gestartet • 2 Anlagen mit Faulung • 1 Anlage ohne Faulung • Beurteilung der aktuellen Betriebsdaten (Optimierungs-
potenzial) • Beurteilung des (energie-) raumplanerischen Kläranlagen-
umfeldes (potenzielle Abnehmer)