Ernährung bei Lebererkrankungen
A. Mühlhöfer
Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie,
Hepatologie und Infektiologie
Katharinenhospital
Stuttgart
Klinische Konstellationen
Akute Leberinsuffizienz
Chronische Leberinsuffizienz
- Häufigkeit der Malnutriton
- Energiebedarf
- Proteinmetabolismus
- ernährungsmedizinische Therapie
Metabolische Funktionen der Leber
Kohlenhydrate: Glykogensynthese, - abbau;
Gluconeogenese;
Fette: Lipogenese, Lipolyse, Cholesterin,
Gallensäuren
Protein: Proteinsynthese (Albumin, Transferrin,
Gerinnungsfaktoren, Transportproteine;
Proteolyse ( Ammoniak Harnstoff)
Vitamine / Speicherung und bedarfsorientierte Abgabe
S.- elemente:
Entgiftung: Metabolisierung und Ausscheidung von
Substanzen; exogen / aus dem Intermediär-
stoffwechsel
Leitsymptome von Lebererkrankungen (I)
Ikterus (Gelbsucht)
Pfortaderhochdruck
Ascites (Bauchwassersucht), Bauchumfangsvermehrung
Beinödeme
Ösophagusvarizen (Krampfadern der Speiseröhre)
Hämorrhoiden
hepatische Enzephalopathie
Leitsymptome von Lebererkrankungen (II)
Hautveränderungen
Spider naevi
Palmarerythem
Weißnägel
Gynäkomastie / Hodenatrophie
Katabolie
Definition der Leberzirrhose
irreversibler Umbau der Leber
als Folge eines Parenchymuntergangs
mit Bildung von Regeneratknoten
und Bindegewebsvermehrungme Endstrecke von unterschiedlichen
Lebererkrankungen
Ätiologie der Leberzirrhose
Ursachen:Alkohol 50 – 60%Hepatitis C > 20%Hepatitis B < 10%Fettleber < 5%Autoimmunhepatitis 1 – 5%Hämochromatose 1 – 3%PBC 1 – 3%M. Wilson ca. 1%
PSC < 1%
Alkohol und Leberzirrhose
60g Alkohol entsprechen:
ca. 2 l Exportbier
oder 0,75 l Wein
oder 0,5 l Sherry
oder 0,2 l Whisky
Klassifikation nach Child-Pugh
III° / IV°I° / II°keinehepat. Enzephal.
starkwenigkeinerAscites
< 5050 - 75> 75Quick [%]
< 2828 - 35> 35Albumin [mg/dl]
> 5035 - 50< 35Bilirubin [µM]
3 Pkt.2 Pkt.1 Pkt.
Child A: 1- 6, Child B: 7 – 9, Child C: 10 - 15
Folgen der Leberzirrhose
Leberzirrhose
portale Hypertension metabolische Folgen
portale Hypertension
• p > 10 mm Hg
• Umgehungskreisläufe der Leber (Shunting)
mit der Folge von
Splenomegalie (Hypersplenismus)
Ösophagusvarizen (Blutungen)
Infektionen (fehlende hepatische Clearance)
Ascites
hepatische Enzephalopathie
Ösophagusvarizen
Ascites
portale Hypertension
Natrium-Retention
Leberdysfunktion
Klinisches Bild des Ascites
Klassifikation der hep. Enzephalopathie
Babinski pos.KomaIV°
Asterixis, KrämpfeSomnolenzIII°
verwasch. SpracheMüdigkeit, LethargieII°
leichte Ataxie, Tremorleicht verlangsamtI°
leichte Apraxienormal0
NeurologieBewußtseinslageStadium
Akute Leberinsuffizienz (I)
selten, ca. 50 Fälle/ Jahr
Ernährungszustand uneinheitlich
pathophysiologisch wie SIRS / Sepsis, jedoch
- Reduktion der Gluconeogenese
- Freisetzung von hepatischen Aminosäuren
Diagnostik:- engmaschige BZ-Kontrollen (Hypoglykämiegefahr !)- Säure-Basenhaushalt; Lactat;
erhöhte osmolare Lücke bei Freisetzung von Aminosäuren
gemessene kalkulierte Osmolarität Osmolarität = 2x Na+ + Glucose (mg/dl)/18 + Hst (mg/dl)/2.8
Akute Leberinsuffizienz (II)
keine kontrollierten Studien
Kalorienbedarf 30 kcal/kg KG/d ?
Glucose : Fett = 65-50 : 35-50 %
Glucose 2.0 g/kg KG/d; Glucose ?; Lactat ?
Fette Triglyzeride
Eiweißin Abhängigkeit von
hepatischer Enzephalopathie; Ammoniak ?
Säure-Basenhaushalt; osmolare Lücke ?
0.6 g/kg KG/d
verzweigtkettige Aminosäuren (VKAS) ?
PEM bei Lebererkrankungen
Protein – Energie Malnutriton (PEM)
häufig, aber zu wenig diagnostiziert
multifaktoriell
direkte Korrelation zwischen Ausmaß der PEM und Stadium
fast bei allen Patienten im Endstadium
Child A 20 %
Child C 60 %
Ätiologie der PEM
verminderte Aufnahme - Anorexie (Leptin , Insulin , verändertes Zytokinmuster)
- hepatische Enzephalopathie- Ascites- Diätvorschriften (Natrium-, Eiweißrestriktion)
Malabsorption- Cholestase
Iatrogen
- Paracentese
Metabolische Veränderungen
verminderte Glucoseoxidation
Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie
gesteigerte Lipidoxidation
Proteinkatabolismus
erhöhter Energiebedarf
- Hypermetabolismus in 16 - 34%
unabhängig vom Child-Stadium
Korrelation zu Katecholaminen im Serum
Proteinkatabolie
gesteigerte Proteolyse durch nächtlichen Fastenzustand
durch Nahrungszufuhr keine Verminderung der Proteolyse
positive N-Bilanz durch Ernährungstherapie
Eiweißbedarf
keine Proteinrestriktion bei HE I° und II°
kurzzeitige Proteinrestriktion (d.h. 3 Tage) bei Z.n. GIB
kein eindeutiger Hinweis auf bessere Wirksamkeit von VKAS
(Ausnahme Kinder)
Eiweißbedarf g/kgKG/d
Kompensierte LZ 1.0 – 1.2
Dekompensierte LZ 1.2 – 1.6
Bei HE III°, IV° 0.6 – 0.8
Orale Ernährung
4 - 7 kleine Mahlzeiten, eine kohlenhydratreiche
Spätmahlzeit (Verbesserung der Proteinbilanz)
Natriumrestriktion bei dekompensierter Leberzirrhose
Cholestase und Steatorrhoe Verminderung der Fettzufuhr
cave: Energiezufuhr Eiweißintoleranz vermehrte Eiweißzufuhr durch
eiweißreiches, ballaststoffreiches Gemüse
cave: negative Stickstoffbilanz durch fäkale Verluste
Supplemente
VKAS: < 0.25 g/kgKG/d kein HE-Risiko,
Ziel jedoch proteinreiche Nahrung
Mikronährstoffe: häufiger Mangel insbes. bei Alkohol-
krankheit; regelmäßige Substituion
Zinkmangel durch renale Exkretion
bei Cholestase gezielte Substition
der fettlöslichen Vitamine A, D, E, K
Ornitinaspartat: Therapie der HE;
kein Einfluß auf die Proteinbilanz
Enterale Ernährung
Problem:
Anorexie keine bedarfsdeckende Kalorienaufnahme
verminderte spontane Nahrungsaufnahme Prognose
Intervention durch Gabe von Sondennahrung:
Verbesserung des Ernährungszustands
Verbesserung der Laborparameter
Verbesserung der Prognose
keine erhöhte Komplikationsrate durch Sondenanlage
Parenterale Ernährung
nur bei unzureichender oraler / enteraler Sondenernährung
Kalorienbedarf: 30 - 35 kcal/kgKG
Eiweißbedarf: 1.2 g/kgKG/d
Glucose : Fett = 65 - 50: 35 - 50
Plasmaclearance von infundiertem Fett nicht eingeschränkt
kein eindeutiger Vorteil von VKAS
postoperativ kein Vorteil von VKAS