Juni 2016
DAS MAGAZIN FÜR AUTOMATISIERUNG, GEBÄUDE-, VERKEHRS- UND PROZESSLEITTECHNIK
Industrie 4.0Special Wire unbundled
UNI SalzburgMehr Effizienz, mehr Komfort
F&E-Kooperation TU WienIntelligent Energie sparen
evonHOMESmart Home, wie es sein soll
Modular geprüftEin Getriebeprüfstand mit erhöhter Flexibilität
Leitwarte KärntenVerkehrsmanagement mit Sicherheitsplus
INSIGHTe v o l u t i o n i n a u t o m a t i o n
Industrie 4.0, Smart ProductionSmart Home ...Aktuelles und Wegweisendes aus der Automatisierungswelt des 21. Jahrhunderts
Industrie 4.0, Smart Factory, Smart Home ...
die Welt scheint klüger und effizienter zu
werden. In immer kürzeren Abständen jagen
Schlagworte durch die Medien und verkünden
die Lösung neuer (?) Herausforderungen.
Wir wollen Ihnen mit dieser Ausgabe des evon
Insight einen Einblick in unsere Ansätze geben.
Einige Projekte vorstellen und über die aktuel-
len Trends der Branche diskutieren.
Die Beispiele kommen wie gewohnt aus den
Bereichen Gebäudeleittechnik (Universität
Salzburg), des Verkehrsmangements
(Leitwarte Kärnten) und der Prozessindustrie
(voestalpine, MAGNA).
Einen Schwerpunkt dieser Ausgabe stellen
unsere Forschungsprojekte dar: SMARTmsr für
intelligente Gebäude, PAT-konforme Lösungen
für die Pharmaindustrie und IntelliEE-Home
für den optimierten Einsatz von evonHOME
bei Ihnen zu Hause – vielleicht für einige von
Ihnen neu: evon bietet mit evonHOME ein mo-
dernes Smart Home System (siehe Seite 8).
Stay tuned!
Herzlich,
Andreas Leitner, Roman Ruthofer,
Patrick Resch
Inhalt
voestalpine Special Wire – Produktions- steuerung für Industrie 4.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
evonHOME – Simpel ist das neue smart . . . . . . . . 8
UNI Salzburg – Effizienz gesteigert, Komfort erhöht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Zentralwarte Kärnten – Permanente Grünphase während der Umstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Magna Powertrain – Ein EOL-Prüfstand, der die Qualität hört . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
evonHOME & TU Wien – IntelliEE-Home . . . . . . . 26
evon/Bilfinger & BOKU Wien – Automatisierte Wirkstoffe aus lebenden Organismen . . . . . . . . . . 30
Smart Production 4.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
SMARTmsr: evon Smart Buildings. . . . . . . . . . . . . . . 38
Liebe Leserin, lieber Leser!
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Modernes Prozessleitsystem ermöglicht flexible und unkomplizierte Anpassung aller Abläufe.
Produktionssteuerung für Industrie 4.0
evon Referenz: voestalpine Special Wire
Andreas LeitnerGeschäftsführer
Volatile Kundenbedürfnisse, internationale
Konkurrenz, stetige Innovation – wer mit den
Veränderungen des Marktes mithalten will,
braucht heute eine Produktionsumgebung, die
sich schnell an neue Anforderungen anpassen
lässt. Allerdings stellt die zunehmend kom-
plexe Automatisierungstechnik dabei oft eine
enorme Hürde dar. Um hier unkomplizierte
Optimierungen und ein effizientes Arbeiten
zu ermöglichen, wurde das Prozessleitsystem
XAMControl entwickelt, das in der Lage ist,
alle Unternehmensbereiche zu überwachen
und zu steuern. Das System lässt sich nahtlos
in jede Standard-Hardwareumgebung imple-
mentieren und kann selbst auch Funktionen
der SPS-Steuerungen übernehmen. Dadurch
lassen sich nicht nur Zugriffsrechte und Über-
sichten je nach Nutzer differenzieren, vor allem
kann der Produktionsprozess einfach verändert
werden, ohne in die Automatisierungsebene
eingreifen zu müssen. Genutzt wird das Sys-
tem bereits vom Drahthersteller voestalpine
Special Wire.
„Während früher Produktionsumgebungen
vornehmlich auf Basis von Erfahrung einge-
richtet und über Jahre kaum verändert wurden,
gibt es heute sogar Situationen, in denen beim
Bau noch nicht klar ist, wie die Prozesse spä-
ter tatsächlich ablaufen sollen. Grund dafür
ist der hohe Innovations- und Optimierungs-
druck in der Industrie“, erklärt Andreas Leitner,
Geschäftsführer der auf Leittechniksysteme
spezialisierten evon GmbH. „Diese Wandlungs-
fähigkeit und das Effizienzstreben sind Kernge-
danken des Industrie 4.0-Konzepts, erfordern
aber von der Produktionssteuerung eine Fle-
xibilität und eine extreme Erweiterbarkeit, die
herkömmliche Systeme nicht leisten können.“
Flexible Produktion, individuelle
Nutzersteuerung
Das österreichische Unternehmen realisierte
daher im Auftrag von voestalpine Special Wire
eine Lösung, die sich jederzeit einfach und
ohne großes Automatisierungs-Know-how
vom Kunden verändern lässt. Grundlage dafür
ist der zentralisierte Ansatz von XAMControl:
Statt jede Teilanlage – ihre jeweiligen Funkti-
onen selbst regulieren zu lassen, werden alle
wesentlichen Prozess-Parameter an die über-
geordnete Steuerungsebene übergeben. Dazu
wird eine strikte Trennung von Automatisie-
rungs- und Produktionsfunktionen – ein soge-
nanntes Unbundling – durchgeführt, wonach
die physische SPS-Steuerung lediglich noch
die „lebenswichtigen“ Basisaufgaben trägt.
„Im Grunde empfängt sie Befehle und gibt die
entsprechenden Rückgabewerte aus, konkrete
Ablaufkommandos werden über das Leitsys-
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6 7
tem übermittelt und können in diesem System
auch einfach abgeändert werden“, so Leitner.
Gleichzeitig wurde aber auch auf die Betriebs-
sicherheit und Verfügbarkeit der Maschinen
geachtet. So wird in den meisten Unterneh-
men mehrschichtig produziert, weshalb es
bei einem Netzwerkausfall nicht zu Stillstän-
den kommen darf. Dafür sind die Anlagen so
ausgelegt, dass sie im Zweifelsfall auch autark
arbeiten können, und verfügen jeweils über ein
Touchpanel zur Bedienung vor Ort. Auf diesem
lassen sich zudem die speziellen Visualisierun-
gen der verschiedenen Daten und Funktionen
abrufen, die im Hinblick auf eine besonders
einfache Bedienung erstellt werden und auf
denen auch die Steuerung des Gesamtsystems
basiert. Die Benutzeroberfläche ist dabei für
alle Anlagen einheitlich strukturiert, wodurch
sich die Bediener schneller zurecht finden.
Außerdem werden die Darstellungen und die
abrufbaren Daten je nach Nutzer individua-
lisiert: So benötigt der Verfahrenstechniker
etwa mehr Informationen zu den Abläufen als
der Chemiker, der eher Materialwerte abruft,
wie der Entwickler ausführt: „Auf diese Weise
können beispielsweise Abweichungen oder
Störungen sehr schnell entdeckt werden, weil
jeder Experte sofort die für ihn relevanten Da-
ten sieht.“ Für ihre persönliche Systemansicht
müssen sich die Mitarbeiter nur mit ihrem
Schlüsseltoken oder ihrem Benutzernamen aus
dem Netzwerk oder per WLAN anmelden.
Offenes System bindet alle Unternehmens-
bereiche mit ein
Um eine umfassende Datenmanagement-
und Steuerungslösung zu realisieren, wie sie
für eine Analyse und Optimierung gemäß der
statistischen Prozesslenkung SPC entschei-
dend ist, umfasst XAMControl aber nicht nur
die Lenkung der Fertigungsabläufe, sondern
auch alle unterstützenden Prozesse wie ver-
schiedene Messstellen, die Anlieferung und
den Versand sowie die Gebäudeleittechnik bis
hin zur Abwasseraufbereitung und der Ener-
giebereitstellung. Indem die Informationen all
dieser Bereiche erfasst werden, entsteht ein
vernetztes Bild der Produktion, anhand dessen
nicht nur detaillierte Reports je nach Zweck
und Adressat erstellt werden können, sondern
das auch Hinweise auf Verbesserungs- und
Einsparpotentiale bietet. Die besondere Flexibi-
lität der so gesteuerten Produktion ermöglicht
es wiederum, diese Potentiale auch zu erschlie-
ßen.
Möglich macht dies die Offenheit des Systems,
das mit unterschiedlichsten Schnittstellen
kommunizieren kann von seriellen wie Zum-
bach bis zur standardisierten OPC-UA. Dadurch
lassen sich alle Arten von Untergruppen und
Steuerungen in ein werksübergreifendes
Leitsystem einbinden. „Bei maschineneigenen
Steuerungen, die dafür nicht geeignet sind,
können wir auch eine eigene Steuerung auf
XAMControl-Basis implementieren“, so Leitner.
„Dabei gehen wir, wenn nötig, bis auf Feld-
bus-Ebene.“ Die Produktionssteuerung selbst
ist vollständig virtualisierbar, wodurch sie mit
jeglicher Infrastruktur kompatibel ist und auch
sehr leicht aufgespielt werden kann.
Ausblick
Für den Drahthersteller wurde innerhalb von
sechs Monaten ein einheitliches und variab-
les System aufgesetzt. Derzeit arbeitet evon
bereits an einer Erweiterung zur Kopplung an
SAP: Damit sollen künftig Auftragsdaten aus
SAP in die Steuerung und Informationen aus
der Produktion in SAP eingespeist werden kön-
nen. So wird aus dem reinen Prozessleitsystem
ein Produktionsleitsystem, ein Manufacturing
Execution System (MES), das alle betrieblichen
Abläufe in Echtzeit steuern, überwachen und
führen kann – ein wichtiger Schritt hin zu einer
Fertigung nach dem Industrie 4.0-Ideal.
Unbundling von Automatisierung und Prozess schafft neue Optimierungsfreiheit
Wer heute seine Produk-tionsprozesse ändern will, muss meist auf der Automa-tisierungsebene eingreifen – ein technisch hochkom-plizierter Bereich. Indem die neue Lösung von evon die Basis- von den Prozess-funktionen trennt, können Änderungen dagegen ohne großes Technik-Know-how schnell und einfach durchge-führt werden.
Ziel des Prozessleitsystems XAMControl ist eine einheitliche und vernetzte Produktionsumgebung. Gleichzeitig wird aber Wert darauf gelegt, dass alle Anlagen im Notfall auch eigenständig arbeiten können. Die Bedienung erfolgt dann via Touchpanel am Gerät.
Highlights
Basiert auf Standardkomponenten
Keine Programmierung notwendig
Einfach erweiterbar
Konfiguration und Anpassung via Smartphone/Tablet/PC
evonHOME: Das Smart Home von evon
Simpel ist das neue smartevonHOME – die zukunftsweisende Wahl im Smart Home-Bereichfür Häuslbauer und Elektrotechniker.
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Robert Goldgruber Produktmanager evonHOME
evonHOME – die intelligente Haussteuerung
ist die zukunftsweisende Wahl für Häuslbauer
und Elektrotechniker. Die Funktionsmodule
für Licht, Beschattungselemente, Heizung etc.
können von jedem Elektrotechniker eingebaut
und einfach in Betrieb genommen werden. Der
große Vorteil: sie funktionieren sofort und ganz
ohne Programmierung. Die gesamte Visuali-
sierung aller Funktionen steht automatisch
und ohne jeglichen Aufwand bereit. Dadurch
entfallen die Kosten für Spezialisten in der
Programmierung zur Gänze.
Etwa die Hälfte der Häuslbauer überlegt, ihren
Wohn(T)raum mit einer intelligenten Haus-
steuerung auszustatten und ist mit einer Reihe
von Trends und Systemen konfrontiert. Das
sind einerseits aufwendige, etablierte Systeme
mit hohen Programmier- und Lizenzkosten. An-
dererseits sehr günstige Systeme, zum Teil auf
Funkbasis, die viel versprechen, in der Regel nur
wenig halten. evonHOME ist ein nachhaltiges
Gesamtsystem, das sofort überzeugt und sich
in kurzer Zeit bezahlt macht. Das durchdachte
Partnerprogramm für Elektrotechniker bietet
vielfältige Möglichkeiten zur Positionierung
am Smart Home-Markt.
Warum gerade evonHOME die zukunfts-
weisende Wahl ist?
evonHOME ist ein kabelgebundenes System,
basierend auf einer sternförmigen Verkabelung
zu den Verteilern (d.h. alle Taster, Licht, Beschat-
tungselemente und sonstige Aktoren werden
in den Verteiler geführt). Das erhöht zwar den
Rohinstallationsaufwand geringfügig, stellt
aber eine zukunftssichere, systemunabhängige
Art der Installation dar. Der Elektrotechniker
verwendet gängige Komponenten wie Stan-
dardschaltermaterial und -kabel. Die Auswahl
liegt beim Smart Home-Besitzer. Der Elektro-
techniker verbaut die evonHOME-Funktions-
module, auf denen die Basisfunktionen (alle
Lichter ein/aus, alle Beschattungselemente
auf/zu) bereits ohne Konfiguration vorhanden
sind. Sofort nach dem Einschalten stehen diese
Funktionen über die Taster ausfallsicher und
programmierfrei zur Verfügung.
Der iX800 Controller ist die smarte Zentrale
von evonHOME. Nach der elektrischen Installa-
tion des Controllers und der Funktionsmodule
kann das System mit dem Smartphone/Tablet/
PC sofort verwendet und individuell angepasst
werden.
Ganz ohne Programmierkenntnisse!
Räume, Lichter und Beschattungselemente
können frei benannt werden. Universalszenen,
z.B. alle Lichter EIN/AUS, werden automatisch
zur Verfügung gestellt.
Einem einfachen Wenn-Dann-Prinzip folgend,
bietet evonHOME die Möglichkeit, unbegrenzt
Szenen frei zu definieren bzw. jederzeit zu än-
dern. Wenn als Beispiel der Taster „Deckenlam-
pe Wohnzimmer“ lange gedrückt wird, dann
schließen sich die Beschattungselemente im
Wohnzimmer, stellt sich die Fußbodenheizung
auf Komfortbetrieb und dimmt das Licht auf
50 %. All dies ist selbsterklärend, kinderleicht
und bedarf keines Spezialisten. Jeder evon-
HOME-Besitzer kann selbst entscheiden, ob er
über das Internet mit dem Smartphone auf
sein Heim zugreifen will oder nicht. Mit einem
einfachen Klick kann die Vorgabe jederzeit
geändert werden. Der Zugriff über das Internet
erfolgt immer verschlüsselt. Das Sicherheits-
niveau entspricht jenem von Telebankingsys-
temen. Das System ist auf Wunsch über das
Internet – vergleichbar mit einem Smart-
phone – updatefähig – ein Klick genügt!
Weitere Zusatzfunktionen können in Form
von evonHOME-Apps vom evonHOME-Store
geladen werden. Beispielsweise eine
evonHOME-App zum Auslesen der Energieda-
ten der eigenen Photovoltaikanlage. Mit dem
ständig wachsenden evonHOME-App-Store
ist ein komfortables und langlebiges „Smart
Living“ garantiert. Egal, ob in Zukunft eine
flächendeckende Stromregelung (Smart Grid)
oder Photovoltaikstromspeicher durch die
Energielieferanten gefordert werden.
→ www.evon-home.com
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11.700 Datenpunkte von der Heizung bis zur Medientechnik: Uni Salzburg steigert mit modellbasierter Raumautomation die Energieeffizienz.
evon Referenz: UNI SALZBURG
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Effizienz gesteigert, Komfort erhöht
Patrick Resch Geschäftsführer
Highlights
Energieeffizienz durch modellbasierte Raumautomation
Zentrale Leitstände
Virtualisierung der SPS-Einheiten
Flexible Raumkonzepte
11.700 Datenpunkte
Während die Stromwirtschaft noch immer mit
den alternativen Energieformen ringt, werden
in der Baubranche schon verschiedenste Nut-
zungsmodelle umgesetzt. Der Unipark Nonntal
der Paris Lodron Universität Salzburg beispiels-
weise wird mittels Geothermie und Beton-
kernaktivierung beheizt und klimatisiert. Um
allerdings die Effizienz der modernen Energie-
technik optimal auszureizen, setzten die Planer
zusätzlich auf ein umfassendes Raumautoma-
tionssystem zur bedarfsgerechten Steuerung
von Heizung, Klima, Lüftung, Licht und Be-
schattung. Die verwendete XAMControl-Soft-
ware erlaubt dabei dank einer übersichtlichen
Visualisierung und ihrer zentralisierten Struk-
tur eine einfache Überwachung und Regulie-
rung aller Parameter. Zudem ermöglichte die
Virtualisierung der Steuereinheiten ein schnel-
les Ausrollen des Programms und sorgt durch
den Aufbau redundanter Systeme für eine
hohe Ausfallsicherheit.
Insgesamt knapp 500 Räume auf 17.000 m2
Nutzfläche umfasst der Unipark Nonntal, der
den Großteil der Gesellschaftswissenschaft-
lichen Fakultät der Salzburger Universität
beherbergt. Schon rein äußerlich setzt der Bau
mit seinem von Säulen getragenen Oberge-
schoss und der Fassade aus Hunderten Me-
talllamellen, die den Lichteinfall steuern, neue
Maßstäbe. Innen erzeugen ungewöhnliche
Lichtkonzepte und transparente Elemente ein
Gefühl von Weitläufigkeit. Eine andere Beson-
derheit bleibt dagegen unsichtbar: Wärme-
pumpen einer Geothermieanlage versorgen
den futuristischen Bau mit Heizenergie, die
mittels Betonkernaktivierung verteilt wird. Die
Klimatisierung wird, wie die Beleuchtung und
die Lüftung, über ein durchgängiges Raum-
automationssystem reguliert. „Dahinter steht
die Überzeugung, dass ein modernes Gebäude
nur nachhaltig und energieeffizient betrieben
werden kann, wenn sich der Bereich Gebäude-
technik optimal steuern lässt“, erklärt Mat-
thäus Rieger, technischer Leiter des Uniparks.
Benutzerfreundliche Raumautomation durch
Zentralisierung und Visualisierung
Nach der Besichtigung verschiedener Be-
standsbauten entschieden sich die Vertreter
von Bauherren und Nutzern schließlich ge-
meinsam für das XAMControl-System der evon.
Die Software basiert im Gegensatz zu her-
kömmlichen Leittechnikkonzepten auf einem
zentralisierten Ansatz: Statt einer kleinteiligen
Struktur, die jedem Bereich eigene Kontrollkno-
ten zuordnet, wird die gesamte Gebäude-
technik als durchgehende Einheit erfasst und
auf einigen zentralen Leitständen zugänglich
gemacht. So konnte die in der Ausschreibung
veranschlagte Zahl von 60 Steuerungspunkten
auf zwölf Betriebszentralen reduziert werden,
wovon jeweils zwei im Sinne der Ausfallsicher-
heit parallel laufen. Dies erleichtert die Admi-
nistration des Gesamtsystems.
Die Regulierung erfolgt in diesen Zentralen
nicht über Schalter und Drehregler, sondern
über 21 Zoll-Multitouch-Monitore, auf denen
alle Technikebenen von der Gesamtansicht
bis zum Einzelraum grafisch abgebildet wer-
den. Das verwendete Windows Presentation
Foundation-Gerüst (WPF) sorgt dabei für eine
ansprechende und vor allem verständliche Dar-
stellung, die eine intuitive Bedienung unter-
stützt. Da das System auch XAML unterstützt,
können zusätzlich in CAD-Systemen erstellte
Objekte mit allen Funktionen in die Abbildung
übernommen werden. „Durch diese einzigar-
tige Visualisierung findet man sich auch ohne
spezielle Haustechnikpläne sehr gut zurecht“,
so Rieger.
Virtuelle SPS für höhere Verfügbarkeit und
flexible Konfiguration
Zur Benutzerfreundlichkeit trägt auch bei, dass
die gesamte Raumautomatisierungslösung
auf standardisierten Technologien wie dem
Microsoft .NET-Framework oder SQL-Daten-
banken basiert und entweder nach SPS Stan-
dard IEC-61131-3 oder in Hochsprachen wie
C# programmiert ist. Anwender mit grundle-
genden IT-Kenntnissen finden sich so schnell
zurecht und können die Software nach ihren
Vorstellungen nutzen, etwa um eigene Re-
ports aus den SQL-Datenbanken zu erzeugen.
„Das Programm ist für mich als technischen
Leiter so weit geöffnet, dass ich alle Parame-
ter, Sollwerte, Schiebekurven und ähnliches
für die optimale Betriebsführung einstellen
kann“, berichtet Rieger. „Vorausgesetzt ist
natürlich, dass man die Hardwarekomponen-
ten im Gebäude sowie die Funktionen kennt
und versteht.“ Selbst der Export und Import
von Anlagenparametern nach und aus Excel ist
möglich, wodurch Einstellungen unkompliziert
abgeändert oder Dokumentationen erstellt
werden können. Auch lässt sich die Software
dank dieser Offenheit einfach mit anderen
Systemen verknüpfen.
Um eine schnelle Entwicklung und Inbetrieb-
nahme sowie eine hohe Verfügbarkeit der
Gebäudeleittechnik zu gewährleisten, werden
in XAMControl die SPS-Einheiten virtualisiert.
Das heißt die eigentlichen Automatisierungs-
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funktionen werden zunächst losgelöst von
der Feldebene programmiert und getestet,
bevor sie in die tatsächlichen Steuerungen in
der Laufzeitumgebung ausgerollt werden. Die
Verteilung der Daten auf den verschiedenen
Hardwareplattformen übernimmt dabei das
automatische Routing des Systems. „Prinzipiell
könnten die Controller so auch völlig virtuell
laufen und die Feldbaugruppen steuern, solang
eine Netzverbindung besteht“, erklärt Patrick
Resch, einer der Geschäftsführer von evon.
„In der Praxis nutzen wir diese Option aber
hauptsächlich zur schnellen Überbrückung von
Störungen und zum Aufbau von Redundan-
zen.“ Ist beispielsweise ein Steuergerät defekt,
kann seine Funktion entweder im virtuellen
Raum weitergeführt oder einfach auf eine
andere SPS übertragen werden. Ebenso kön-
nen redundante Systembestandteile einfach
als solche definiert werden und gleichen sich
dann selbsttätig mit der Life-Konfiguration ab.
Darüber hinaus lassen sich auf diese Weise
auch Änderungen in Raumkonzepten flexibel
in die Steuerung übernehmen.
Regulierung der gesamten Gebäudetechnik –
mit individuellen Spielräumen für Nutzer
Im Fall des Uniparks wurde sogar auf eigene
Steuerserver verzichtet, stattdessen laufen
auch diese als Virtualisierung auf der großen
Serverfarm der Universität. Hier kommen die
Informationen und Befehle von 11.700 Daten-
punkten zusammen, von denen 6.300 über
Beckhoff-Klemmen und 5.400 über KNX und
TCP/IP kommunizieren. Letztere umfassen
dabei auch Teile der Medientechnik. So kann
der Vortragende etwa je nach Bedarf über ein
Touch-Panel aus verschiedenen vorprogram-
mierten Raum- und Lichtszenen auswählen.
Generelle Parameter wie die Hörsaal-Lüftung
werden dagegen vom Gebäudeleiter individu-
ell je nach Veranstaltung und Vorlesung über
Uhrenkanäle eingestellt. Selbst die Wärme-
pumpen und die Kältemaschine können von
den Bedienzentralen aus überwacht und
kontrolliert werden. Auch die Sollwerte für die
Raumtemperatur werden über die Leittechnik
bestimmt. „Jeder Nutzer kann aber überge-
ordnet seine Raumtemperatur um
± 3°C verändern“, so Rieger. Solche individuellen
Einstelloptionen gelten ebenso für die Beschat-
tung der rund 400 Fachbüros im zweiten und
dritten Obergeschoss durch die Sonnenschutz-
lamellen, die ansonsten über Helligkeitssenso-
ren dreimal täglich je nach Sonnenstand und
Gebäudeseite reguliert werden.
Die XAMControl-Raumautomation hat sich
seit der Einweihung des Neubaus im Januar
2012 bewährt, wie der technische Leiter berich-
tet: „Was die Energieeffizienz betrifft, ist das
System perfekt abgestimmt für den optimalen
Betrieb dieses Hauses und funktioniert ausge-
zeichnet.“ Zusätzlich wird am Unipark Nonntal
aber auch die von evon in Zusammenarbeit mit
der TU Wien entwickelte SMARTmsr-Regelung
getestet. „Dabei handelt es sich um ein prä-
diktives, modellbasiertes Steuerungssystem,
das nicht nur in Abständen den Ist-Zustand
gemäß den Soll-Vorgaben nachregelt, sondern
Entwicklungen vorausberechnen und entspre-
chend frühzeitig agieren kann“, so Resch.
In der Prozesstechnik wird bereits mit solchen,
meist sehr komplexen Systemen gearbeitet, für
die Gebäudeleittechnik wurden sie nun ange-
passt und in der Nutzung vereinfacht. „Ziel der
intelligenten Regelung ist, in den nächsten Jah-
ren die Betriebskosten weiterhin zu minimie-
ren“, fasst Technikleiter Rieger die Erwartungen
an das laufende Projekt zusammen.
evon arbeitet inzwischen schon an einem
neuen Großprojekt: Derzeit wird die Gebäu-
deleittechnik für ein neues Rechenzentrum der
Stadtwerke München entwickelt.
Die gesamte Software basiert auf gängigen Frameworks und Programmiersprachen, wodurch sich einfach Schnittstellen zur anderen Programmen schaffen lassen. Unter anderem können so CAD-Objekte samt Funktionalitäten in die Darstellung eingepflegt werden.
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evon Referenz: ZENTRALWARTE KÄRNTEN
Permanente Grünphase während der UmstellungWie eine zentrale Leitwarte im laufenden 24/7-Betrieb erfolgreich umgestellt und benutzerfreundlicher wird, zeigt das Beispiel der Zentralwarte Kärnten.
Paul Sattinger Kompetenzleiter Verkehrstechnik Highlights
Austausch eines bestehenden SCADA-Systems während 24/7-Betrieb
52 integrierte Tunnel und Anlagen
21 Gegenstellen: IEC104, OPC UA, Corba 2.0
300.000 externe Datenpunkte im Endausbau
Virtualisierte Clusterlösung
16 Cube Videowall
VBA Bedienung integriert
5 Bedienplätze mit bis zu 16 Monitoren
Sobald ein Tunnel saniert ist, gilt es diesen an
eine zentrale Leitwarte anzubinden. Sind ein-
mal eine ganze Reihe an Tunnel saniert, wie in
den letzten Jahren im Bundesland Kärnten, so
wird eine neue, moderne und leistungsfähige
Leitwarte erforderlich.
Die Zentralwarte Kärnten (ZWK) wurde 2015
erfolgreich mit XAMControl in Betrieb gestellt.
Das Besondere daran: die Umstellung auf die
neue Zentralwarte erfolgt ohne Betriebsun-
terbrechung. Im Endausbau wird sie mit mehr
als 300.000 externen Datenpunkten zu den
größten Überwachungsleitständen Österreichs
zählen.
Integriertes VBA
Die Highlights der Zentralwarte Kärnten sind
die vollständige Integration des Verkehrsma-
nagementsystems der ASFiNAG (VBA), das
neuartige Konzept der Videobildwandsteue-
rung, sowie die vollständige Virtualisierung
des Leitsystems basierend auf einer modernen
Clusterlösung.
Intuitive Vorteile und maximierter Nutzen
Ein wesentlicher Vorteil von XAMControl ist
der integrierte Ansatz der Software. Damit
ist es im Falle der ZWK erstmals möglich, alle
wichtigen Anlagenbedienungen des Verkehrs-
managementsystems in einer Oberfläche zu
vereinen.
Ergänzend wurden im Zuge des Projekts neue
Tools geschaffen, die intuitiv Videos von der
Verkehrsüberwachung, die Alarmierung und
das Verkehrsmanagement der ASFiNAG verei-
nen. Diese Vielfalt an Funktionen kann schnell
zu hoher Komplexität in der Software führen.
Aber gerade bei einer Leitwarte ist das intuitive
Verständnis für die Software aller Projektbetei-
ligten wichtig.
Um das zu garantieren, wurden gemeinsam
mit den Operatoren und Projektverantwortli-
chen in einer Reihe von Workshops die Vorga-
ben für die Benutzer-Oberfläche erarbeitet und
optimiert.
Das Ergebnis: mehr Sicherheit in der täglichen,
verantwortungsvollen Arbeit der Operatoren.
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Eine Welle von Tunnel-Sanierungen hat in Kärnten eine neue Zentralwarte erforderlich gemacht. Wie XAMControl in Zukunft mehr als 300.000 Datenpunkte verwaltet und dabei für mehr Sicherheit und schnellere Reaktionen sorgt, zeigt sich am Beispiel der Zentralwarte Kärnten.
evon Referenz: EOL-PRÜFSTAND MES
Ein EOL-Prüfstand, der die Qualität hörtEin flexibler und entkoppelter Prüfstand am Ende der Montagelinie sortiert bei Magna Powertrain in Ilz alles aus, was nicht den Qualitäts-Standards entspricht.
Highlights
Prüfstandserver + Datenbank-Server
6 Stationen
Taktzeit von 220 Sekunden pro Getriebe
Über 100 Schritte je Prüflauf
Unbegrenzte Anzahl von Produkten mit flexiblen Abläufe inkl. Subabläufen (Operations) möglich
Abtastung und Aufzeichnung der Messwerte mit 100Hz
Ein wesentlicher Teil moderner Montagelinien
ist heute der Prüfstand. Dieser EOL-Prüfstand
(End of Line) sorgt dafür, dass die vorgegebe-
nen Standards in Bezug auf Qualitäten und
Toleranzen eingehalten werden und Teile die
nicht entsprechen, aussortiert werden.
Welche Vorteile aus einer neuen Herangehens-
weise an die Prüfung eines Verteilergetriebes
hervorgehen, zeigt das Beispiel Magna Power-
train in Ilz. Gemeinsam mit unserem Partner
DAM (Dynamic Assembly Machines Anlagen-
bau) konnten wir ein Konzept entwickeln, das
die Flexibilität erhöht, genauere Daten liefert
und modular an die jeweiligen Anforderungen
angepasst werden kann.
Drum prüfe …
Im konkreten Fall durchlaufen die Verteilerge-
triebe eine Reihe von Stationen und werden, im
Fall des Bestehens, verpackt und etikettiert. Im
Gegensatz zum gewohnten Ansatz wurden die
Automatisierungsaufgaben in der Steuerung
(SPS) strikt getrennt von den übergeordneten
Aufgaben und Abläufen. Dieses „Unbundling“
erhöht die Flexibilität und macht es möglich,
die Steuerung auch ohne übergeordnetes
MESControl zu testen.
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Variabel aufgebaut
Die einzelnen Stationen der Prüfung stellen
definierte Funktionen zur Verfügung. So gibt
beispielsweise die Ölfüllstation die Sollmenge
und die Toleranz zurück. Die Prüfstandsoftware
bildet diese Funktionen als Phasen (Prozesstä-
tigkeit) im MESControl ab. Das Abarbeiten und
die Kommunikation der einzelnen Phasen wird
durch die Commando-Schnittstelle gesteuert.
Die Prüfstandsoftware sendet einen Befehl
und Status und Rückgabewert werden zurück-
gemeldet.
Nach diesem Prinzip sind alle Prüfstationen
aufgebaut: die Prüfung verschiedener Sperr-
moment-Punkte der Kupplungslamellen im
Kupplungsprüfstand, die Geräuschprüfung
über Körperschallsensoren zur Analyse der
Schwingungen im Verteilergetriebe …
Jeder Abschnitt der Prüfung kommuniziert
über die Commando-Schnittstelle mit MES-
Control, sendet am Ende ein NIO („Nicht in
Ordnung“) oder ein IO („In Ordnung“). Der
Transfer in der Kette der Stationen ist variabel
und kann manuell, durch ein Förderband oder
durch einen Roboter erfolgen.
Flexibel kombinierbar
Diese Art des Systemaufbaues erlaubt es,
praktisch für jedes Produkt (= Verteilerge-
triebe) eine Prüfsequenz festzulegen (Serie,
Nacharbeit, Befundung …). Prüfungen können
parallel oder sequentiell abgearbeitet werden
und wiederkehrende Aufgaben in sogenannten
Operations zusammengefasst und gespeichert
werden.
Laufende Analyse
Das übergeordnete MESControl ist neben der
Steuerung des Prozesses für die Datenerfas-
Rene Hirschmugl Kompetenzleiter Prozessindustrie
sung und Auswertung zuständig. Denn eine
zentrale Aufgabe des Prüfprozesses ist die
Verbesserung und damit die Minimierung der
NIOs.
Wer wagt ...
Auch bekannte Prozesse erfordern immer wie-
der eine neue Herangehensweise. Das Beispiel
des MAGNA Prüfstands zeigt, wie die Flexibili-
tät von MESControl und eine offene Herange-
hensweise neue erfolgreiche Lösung zu Tage
bringt.
evon Forschung: evonHOME & TU Wien
intelliEE-HomeIst es in Zukunft möglich, 30 Prozent Ihrer Energiekosten im Eigenheim zu sparen? Wir sagen ja. Der erste Schritt ist das gemeinsame Forschungsprojekt mit der TU Wien.
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Michaela Killian Scientist – TU Wien
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IntelliEE-Home
30 Prozent mag im ersten Moment viel er-
scheinen. Aber wenn Sie darüber nachdenken,
wie oft Räume geheizt werden, die momentan
leer stehen oder wie oft irgendwo ein Licht
brennt … Dann wäre da noch die Beschattung,
die optimierte Kombination alternativer Ener-
giequellen und der kostenminimierte Einkauf
von Energie.
IntelliEE-Home ist ein gemeinsames For-
schungsprojekt der TU Wien und der evon
GmbH. Die Zielsetzung ist es, aus evonHOME
ein selbstlernendes Smart Home System zu
machen, das den gewünschten Komfort bei
Minimierung des Energieverbrauchs und der
Kosten bereit stellt.
Die Ziele im Detail
Die Voraussetzung für die Akzeptanz eines
selbstlernenden Smart Home Systems ist ein
möglichst geringer Bedienaufwand bei ge-
wohntem Komfort. Damit dieses Ziel erreicht
werden kann, muss die vertraute Bedienung
von evonHOME erhalten bleiben. Es gilt also
die Intelligenz im System zu „verstecken“. Denn
im Idealfall ändern sich für den Besitzer nur die
Energiekosten (CO2-Reduktion, Kostensenkung).
Zusätzlich werden zur weiteren Reduktion
(falls vorhanden) erneuerbare Energiequellen
optimiert genutzt.
Energie sparen, CO2 sparen, Geld spa-ren … eine Reihe von Studien geht davon aus, dass in den meisten Ei-genheimen bis zu 30 Prozent der ver-brauchten Energie gespart werden könnte – egal ob Neubau oder be-reits bestehendes Gebäude. Natürlich bei gleichbleiben-dem Wohnkomfort.
Das Basiswissen für diese prädiktiven Rege-
lungen stammt aus einer Reihe von SMART-
msr-Projekten der evon GmbH. Für intelliEE-
Home gilt es, aus diesen Modellen ein robustes,
adaptiv-prädiktives Konzept für thermische
Gebäudemodelle zu entwickeln.
Selbstlernende Systeme, die sich in Zukunft
automatisch an das Verhalten der Nutzer
anpassen, erfordern im ersten Schritt eine
solide Datenbasis. evonHOME protokolliert alle
laufenden Ereignisse. Damit steht eine breite
Basis für die Entwicklung der Algorithmen be-
reit. Um 30 Prozent Energie zu sparen, werden
folgende Faktoren berücksichtigt:
→ Anwesenheitserkennung
→ Nutzerverhalten
→ Beschattung/Heizung/Raumtemperatur
→ Wetterprognosen
→ erneuerbare Energiequellen
→ Stromtarife
→ thermischer Energiespeicher.
Der aktuelle Stand
Das Forschungsprojekt läuft seit Beginn des
Jahres. Die Analyse der Daten ist im vollen
Gange. Aktuell wird an der Modellierung der
Algorithmen gearbeitet. Ziel ist es, im Laufe des
nächsten Jahres erste Objekte mit den Prototy-
pen auszustatten und bis Mitte 2018 marktreif
zu sein.
evon Forschung: evon/Bilfinger & BOKU Wien
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Komplexe Wirkstoffe für die Pharmaindustrie erfordern neue Wege der Herstellung. Kontrolliert und geprüft werden sie zukünftig PAT-konform.
Automatisierte Wirkstoffe aus lebenden Organismen
Martin Mayer Business Development
Highlights
Modellbasierte Prozessoptimierung
Labormaßstab (15l) und Pilotmaßstab (100l)
Anwendbar in validiertem Umfeld
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Moderne Medikamente zur erfolgreichen Be-
handlung von beispielsweise Krebs, erfordern
immer komplexere Wirkstoffe. Da es vielfach
nicht mehr möglich und wirtschaftlich ist,
diese Wirkstoffe auf herkömmlichem, chemi-
schem Weg herzustellen, gewinnen biotech-
nologische Verfahrensprozesse an Bedeutung.
Diese Prozesse produzieren, wie kleine Fabri-
ken, aus lebenden Organismen (Pilze, Bakteri-
en, Stammzellen) die gewünschten Wirkstoffe.
Doch sobald lebende Organismen im Spiel
sind, wird das Verhalten schwerer vorherseh-
bar. Das hat wiederum Auswirkungen auf die
Qualität und Menge des erzeugten Wirkstoffs.
Komplex oder modellbasiert
Die Kontrolle der biotechnologischen Prozesse
erfordert immer mehr und immer komplexere
Messgeräte. So stellt etwa die Anbindung bild-
gebender Messsysteme hohe Anforderungen
an die Automatisierung, erhöht die Datenmen-
ge enorm und macht die Informationsgewin-
nung sehr komplex. Dem gegenüber stehen
modellbasierte Regelungen, die im laufenden
Prozess eingreifen, kostengünstiger sind und
eine effizientere Herstellung versprechen.
Auf dem Weg zu integrierten, modellbasierten
Regelungen sind noch eine Reihe von Aufga-
ben zu meistern. Die Basis wurde vor rund 10
Jahren gelegt. Der Leitfaden Process Analytical
Technologies (PAT) beschreibt umfassend, wie
wissens- und modellbasierte Regelungen di-
rekt im Prozess zu validieren sind. Das hat dazu
geführt, dass eine Reihe von Messgeräteher-
steller ihre ursprünglich für Labors entwickel-
ten Messsysteme für den at-line oder on-line
Gebrauch anpassen. Datenanlyse und Mo-
dellierung als Softwareteil werden bereits in
vielen Industriezweigen angewandt und erste
Standard-Methoden haben sich etabliert.
Was aber fehlt, ist eine validierte Anlage, die
beides vereint. An diesem Punkt startet das
gemeinsame Forschungsprojekt zwischen
Bilfinger Industrietechnik GmbH, evon GmbH
und der Universität für Bodenkultur Wien. Die
Kooperation hat sich zum Ziel gesetzt, eine
kommerzielle Plattform für den Pharmabereich
zu entwickeln, die allen Anforderungen des
PAT-Leitfadens entspricht und mit modernster
Prozessleittechnik vereint.
Zum Nachweis der praktischen Einsetzbarkeit
der Methoden, Werkzeuge und des Leitsys-
tems läuft ein 3-jähriges Forschungsprojekt an
der Universität für Bodenkultur in Wien. Am
Laborreaktor (20l) wird über die Versuchsläu-
fe eine Datenbasis geschaffen (DoE – Design
of Experiment). Diese Basis dient zur exakten
Modellbildung für die Bereiche Biomassebil-
dung, Produktmenge/-qualität in Abhängigkeit
geänderter Umgebungsverhältnisse (Prozess-
fahrweise).
Die Modelle sind die Basis für die modellba-
sierten Regelungen (MPC – Model Predictive
Control) und werden im zweiten Schritt an der
Pilotanlage (200l) validiert.
SmartProduction4.0
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Roman RuthoferGeschäftsführer
Smart Factory, Industrie 4.0, Unbundling … wie eine Reihe von Schlagworten, vereint zu einem System, mehr Wettbewerbsfähigkeit und höhere Flexibilität in Ihren Produktionsprozess bringt.
Bits und Atome in gemeinsamer Mission
Was steckt dahinter? Das ist die eigentliche
Frage bei Industrie 4.0, Smart Production &
Co. Im Grunde zielen die Konzepte auf eine
Vereinigung ab. Diese Zusammenführung soll
die Welt der Bits (im Sinne von IT-Know-how
wie beispielsweise Big Data, Machine Lear-
ning, Augmented Reality, Predictive Analytics,
Internet of Things …) und die Welt der Atome
(Industrieanlage, Produktionsprozesse …) ver-
einen. Die Ziele des Ganzen: mehr Flexibilität,
kosten- und zeiteffizient, dazu ressourcenef-
fizient und erhöhte Wandlungsfähigkeit. Kurz
gefasst, eine neuartige Produktion, die schnell
und intelligent auf geänderte Anforderungen
reagiert und auch bei Losgröße 1 kosten-
deckend produziert.
Die Zukunft? So nahe?
Doch bevor wir das Zeitalter der selbstlernen-
den Smart Factories ausrufen, die ganz von
selbst die online bestellten Produkte effizient
herstellen und an den Kunden senden, einmal
die Frage, nach dem aktuell Machbaren.
Das möchten wir Ihnen an Hand der
XAMControl-Erweiterung MESControl im
Folgenden präsentieren.
Unbundling
Neue Produktionsprozesse, wie sie für Industrie
4.0 Voraussetzung sind, erfordern eine etwas
andere Herangehensweise. Gefordert sind ein
flexibler Aufbau, kleine Steuerungen auf Stati-
onsebene mit standardisierten Schnittstellen
und vor allem ein offenes Gesamtsystem. Dar-
aus ergibt sich eine Reihe von Vorteilen:
→ die Flexibilität erlaubt eine schnelle Anpas-
sung an geänderte Vorgaben
→ die Standardisierung der Module erhöht die
Qualität durch Wiederverwendbarkeit
→ offene Systeme sind transparent und erwei-
terbar
→ keine Anpassung der SPS Programme bei
Änderung der Produktionsvorgaben
→ keine Querbeeinflussungen mehr zwischen
den einzelnen Stationen.
Verteilte Intelligenz
XAMControl erfüllt konzeptionell bereits eine
Reihe der Industrie 4.0-Vorgaben. Der modula-
re Aufbau, die Offenheit des Systems und die
Trennung des Produktionsprozesses von der
Basisautomatisierung sind die wesentlichen
Vorteile des XAMControl-Ansatzes.
Die Basisautomatisierung auf Stationsebe-
ne führt zu kleinen modularen Steuerungen
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ohne Business-Logik, die schnell an geänderte
Anforderungen angepasst werden bzw. wie-
derverwendbar sind. Die Produktionsprozesse
können modular und ohne SPS-Programmie-
rung einfach und schnell erstellt oder geändert
werden.
Analyse & Prognose
Schlagworte wie Big Data und Predictive Ana-
lytics setzen eines voraus: eine solide Daten-
basis. XAMControl als Datenbank-basiertes Sys-
tem speichert und protokolliert alles in einer
Datenbank (MS SQL-Server). Um diese Daten
in „Intelligenz“ zu wandeln, werden einerseits
mathematische Modelle zur Voraussage einge-
setzt (Model Predictive Control). Andererseits
Trends und Analysetools für historische Daten
herangezogen.
Offener Ansatz
Daten aus der Produktion gewinnen in überge-
ordneten Systemen (ERP) an Relevanz. Für die
Planung, aber auch für die Optimierung. Die
bereits erwähnte Offenheit von XAMControl
erlaubt Zugriff in Echtzeit auf alle Produktions-
daten. Was wiederum eine wesentliche Voraus-
setzung für die Analyse des Lebenszyklus der
Produkte ist.
ProduktionsprozessSolution Server
ERP Server
BasisautomatisierungSteuerung Station 1 .. n
Produktionssteuerung mit MESControl
Die Steuerung Ihrer Produktion erfordert die
Verwaltung der Ressourcen, die Modellierung
des Produktionsprozesses (Fertigungsabläufe,
Feinplanung, Rückverfolgung) und die Berück-
sichtigung der physikalischen Beziehungen
und Grenzen der Anlage. Alles zusammen
ergibt eine intelligente Produktionssteuerung,
die flexibel und offen mehr Information bereit-
stellt und Ihnen hilft, über die Lebensdauer der
Anlage erfolgreicher zu produzieren.
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SMARTmsr: evon Smart Buildings
Wie ein Universitätsgebäude mit 17.000 m2 Nutzfläche und knapp 500 Räumen optimiert mit Licht, Wärme und Energie versorgt wird, zeigt der SMARTmsr-Ansatz in Salzburg.
Wer sein Gebäude versteht, spart Energie & Geld
Martin Kozek Institut für Mechanik und Mechatronik, TU Wien
Was immer Sie optimieren wollen, müssen
Sie zuerst einmal verstehen. Dazu gilt es, die
Einflussgrößen und die Zielgrößen zu erfassen.
Am Beispiel der Universität Salzburg waren das
auf der einen Seite die Energiequellen (Erd-,
Fernwärme), die Energiespeicher (Betonkern),
der Belegungsplan, die Wetterprognose und
die Tarife der Energiequellen in Abhängigkeit
von der Zeit.
Dem gegenüber stehen die Zielgrößen: ein
möglichst geringer CO2-Fußabdruck, mini-
mierte Kosten und das gewünschte Maß an
Komfort (Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit),
angepasst an die individuellen Anforderungen
(Büroraum, Hörsaal, Belegung ...).
Daten, Daten, Daten ...
Die Daten sind auf den ersten Blick einmal sehr
unterschiedlich. Auf der einen Seite sind das
etwa das Kalenderjahr und der Wetterbericht.
Wobei bereits hier langfristige und kurzfristige
Informationen vermischt sind. Auf der anderen
Seite steht zum Beispiel das Verhalten des Be-
tonkerns als Energiespeicher. Damit der Beton-
kern zur gewünschten Zeit seine gespeicherte
Wärme abgibt, muss er über einen definierten
Zeitraum vorgewärmt werden (bis zu 72 Stun-
den). Idealerweise zu minimalen Kosten. Das
führt wiederum zur Analyse der Energiequel-
len (in diesem Fall die Erd- und Fernwärme). Im
nächsten Schritt folgen die Anforderungen aus
Benutzersicht: die Raumtemperatur und die
Luftfeuchtigkeit, die Art der Nutzung des Rau-
mes und die Belegung. Bei Gebäuden in dieser
Größe aufgeteilt in 4 Zonen.
Jetzt die Mathematik
SMARTmsr ist eine Erweiterung von XAMCont-
rol für die Optimierung von komplexen Mo-
dellen. Diese mathematischen Modelle setzen
die Basis- und Zielgrößen zueinander in Bezie-
hung. Sämtliche Modelle können in Echtzeit
angepasst und optimiert werden. Die Modelle
wurden auf einen Prognosezeitraum von 72
Stunden entwickelt. Maßgeblich mitbeteiligt
bei der Entwicklung war die Technische Univer-
sität Wien. Als Ergebnis wird heute das Univer-
sitätsgebäude in Salzburg mit einer modellba-
sierten prädiktiven Regelung gesteuert.
Laufend Ergebnisse
Die Analyse der Vergleichzeiträume zeigt die
Effizienz des Ansatzes. Aus Kostensicht scheint
ein Einsparungspotenzial von 5 bis 15 Prozent
auf Dauer möglich. Natürlich bei gleichbleiben-
dem Komfort. Es zeigt sich aber auch, dass ein
modernes Energiemanagement, wie es für die
Integration in zukünftige Smart Grids notwe-
dig ist, ohne Automatisierung nicht möglich
ist.
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