Wie wird das Wetter?
Neblig, kalt
Lage: Das Tief über
Finnland verliert sei-
ne Wirkung auf das
Wetter in Mitteleuropa.
Vom Azorenhoch reicht
ein Keil nach Skandi-
navien. Kaltluft dringt
gegen Deutschland vor.
Aussichten: In der
Frühe örtlich Nebel,
sonst wolkig mit Aufheiterungen und im
allgemeinen trocken. Höchsttemperaturen
3 bis 6 Grad, nachts verbreitet leichter
Frost, Tiefsttemperaturen um minus
3 Grad. Schwacher Wind aus nördlichen
Richtungen.
Fairplay-Trophäe
HAMBURG. Die Fairplay-Trophäe 1970
- einen von Max Schmeling gestifteten
Pokal - verleiht der Verband Deutsche
Sportpresse an den Berliner Wolfgang
Schmidt. Das beschlossen Präsidium und
Verbandsrat des VDS nach einem Vor-
schlag der Rhein-Zeitung. Schmidts vor-
bildliche Haltung als fünfmaliger Ersatz-
mann bei Weltmeisterschaften der Moder,
nen Fünfkämpfer wurde damit belohnt.
(Der Standpunkt
Schmutz-Finken
VON REINHARD HAGMANN
Des Hamburger Reeders Bemhold Tat ist
exemplarisch. Weil es für ihn bequemer und
rationeller war, also seinen Gewinn zu
steigern versprach, ließ er mindestens 8650
Tonnen Giftbrühe in den Rhein pumpen,
statt sie dort hinzufahren, wohin er das Zeug
hatte bringen sollen. Gemessen an dem, was
er damit uns allen und also auch sich selbst
zugefügt hat, ist er bei den Klever Richtern
noch recht glimpflich davongekommen.
Machen wir uns nichts vor. Bernhold steht
für ungezählte andere. Im Grunde für jeden,
der seinen Unrat statt auf die Müllhalde an
den Feldrain schmeißt, sein Auto samstags
am Bach im nächsten Wald wäscht oder mit
schlecht eingestelltem Motor die Landschaft
verpestet. Oder seine Abfälle durch den
Schornstein jagt.
Mr. Bernhold und alle, die so denken wie
er, mögen nach dem Grundsatz handeln, daß
jeder sich selbst der Nächste sei. Wie aber
würden sie wohl reagieren, wenn ihnen ei-
nes Tages gesagt werden müßte, sie dürften
sich nur noch in abgekochtem Wasser wa-
schen, müßten wegen der Luftverschmutzung
ständig ein Filter vor Mund und Nase tragen
und dürften nichts mehr zu sich nehmen,
das nicht vorher vom nächsten Lebensmittel-
Überwachungsamt auf Unbedenklichkeit ge-
prüft sei. Das würden sie sicher unerträglich
finden, obwohl sie selbst zu solcher Unbill
beigetragen haben.
Schade nur, daß Herrn Bernholds Richter
ihm so wenig Chancen gaben, darüber nach-
zusinnen, warum heute soviel von Umwelt-
schutz geredet wird.
Rauschgift-Tod
FHANKFURT Vermutlich an einer
Überdosis eines Opiates ist ein 20jähriger
Schüler in einem Frankfurter Kranken-
haus gestorben. Der Jugendliche wäre das
sechste Rauschgiftopfer, das seit August
1969 in Frankfurt registriert wurde. We-
gen Verstoßes gegen das Opiumgesetz und
wegen Einbruchs in eine Apotheke lagen
gegen den Schüler zwei Haftbefehle vor.
Arzt kann schweigen
BONN. Die Bundesregierung will die
ärztliche Schweigepflicht auch bei Kindes-
mißhandlung nicht aufheben. Bundes-
justizminister Jahn wandte sich in der
Beantwortung einer kleinen Anfrage von
Oppositionspolitikern damit gegen die
Empfehlung des Europarates, wonach
Ärzten die Benachrichtigung der Behör-
den bei Fällen von Kindesmißhandlung
zur Pflicht gemacht werden soll. Die
Bundesregierung sieht auch in regelmäßi-
gen Zwangsuntersuchungen nicht schul-
pflichtiger Kinder kein geeignetes Mittel,
einen verbesserten Schutz zu erreichen.
Landsberg soll
niemand hören
MÜNCHEN/LANDSBERG. Auf die
dringende Bitte des Landsberger
Oberbürgermeisters Hammberger hat
der Bayerische Rundfunk am Montag
das für den Abend des selben Tages
vorgesehene sozialkritische Hörspiel
Niederlage eines Ungehorsamen der
Schriftstellerin Angelika Mechtel ab-
gesetzt. In dem Hörspiel, das sich mit
dem authentischen Fall eines von
einer amerikanischen Firma in Bayern
wegen eines Streits um die Arbeits-
zeit entlassenen Arbeiters und dessen
Schwierigkeiten auf der Suche nach
einem neuen Arbeitsplatz beschäftigt,
wird der Name der oberbayerischen
Kreisstadt erwähnt. In einem Fern-
schreiben an Hörfunkdirektor von
Cube betonte Hammberger, daß Lands-
berg zur Zeit mit einem anderen
amerikanischen Unternehmen Ver-
handlungen über die Industrieansied-
lungen im Landsberger Gebiet führe.
Er befürchte eine Beeinträchtigung
dieser Gespräche, obwohl Landsberg
mit der von der Autorin geschilderten
Entlassung des Arbeiters nichts zu tun
habe.
Kraemer in Bad Ems
. RM. MAINZ. Der derzeitige Landrat
des Rhein-Lahn-Kreises, Rudolf Ru-
metsch, wird im Laufe des Dezember in
das Mainzer Innenministerium versetzt
und dort zum Leiter der Kommunalab-
teilung berufen. Den Landratsposten des
Rhein-Lahn-Kreises übernimmt der frü-
here Koblenzer Landrat Harms Krae-
mer (54). Dies wurde nach einer Kabi-
nettsitzung in Mainz mitgeteilt. Zum
kommissarischen Landrat des Unterwe-
sterwaldikreises wird der Oberregierungs-
rat Dr. Norbert Keinen (34), bisher Staats-
kanzlei Rheinland-Pfalz, ernannt. Beide
Landräte bedürfen zur endgültigen Er-
nennung der Bestätigung ihrer Kreistage.
terzeichneten Bundeskanzler Willy Brandt und Ministerpräsident Jozef
Cyrankiewicz im historischen Palais Radziwill den deutsch-polnisdien
Vertrag, der für die Zukunft Aussöhnung und Frieden zwischen beiden
Völkern schaffen soll.
WARSCHAU. Ergriffen, vor innerer Anspannung blaß, schweigend Un-
Der Profit war
Bernholds Motiv
KLEVE. Wegen fahrlässigen und vor-
sätzlichen Verstoßes gegen das Wasser-
schutzgesetz hat eine Große Strafkammer
des Klever Landgerichts am Montag im
ersten deutschen Rheinverschmutzungs-
Prozeß den Hamburger Reeder Dr. Jür-
gen Bernhold zu einer achtmonatigen
Freiheitsstrafe mit Bewährungsfrist ver-
urteilt. Außerdem muß Bernhold 5000
Mark Geldstrafe zahlen. Der Prokurist
Werner Kortmann wurde wegen dessel-
ben Deliktes zu einer Freiheitsstrafe von
sieben Monaten verurteilt. Zehn Mitan-
geklagte erhielten Geldstrafen zwischen
500 und 5000 Mark. Das Gericht erlegte
Bemhold außerdem eine Geldbuße von
80 000 Mark auf, die für die Reinhaltung
öffentlicher Gewässer verwendet werden
sollen. Reederei-Prokurist Kortmann muß
15 000 Mark an die Deutsche Gesellschaft
zur Rettung Schiffbrüchiger zahlen. Das
Gericht: Bernholds Ziel war der Profit.
Nach den Feststellungen des Gerichts
waren von den Bernhold-Schiffen zwi-
schen 1965 und 1968 insgesamt 8650 Ton-
nen hochgiftiger Abwässer in den Rhein
gepumpt worden.
Aussöhnung und Frieden!
Feierlicher VertragsschluB Bonn-Warschau
Beide Länder tauschen Botschafter aus
Foto: CAF
Wieder Diplomat entführt
Guerillas verschleppten Schweizer Botschafter in Rio
RIO DE JANEIRO/MADRID. Während
die Suche der spanischen Polizei nach
dem vor fünf Tagen entführten deut-
schen Konsul Beihl bisher ergebnislos
blieb, haben Guerillas am Montag in Rio
de Janeiro den Schweizer Botschafter in
Brasilien, Bücher (57), verschleppt.
Ähnlich wie bei der Entführung des
deutschen Botschafters in Brasilien,
Ehrenfried von Holleben, im Juni dieses
Jahres blockierten die Entführer mit zwei
Autos den Wagen des Botschafters, der
sich auf dem Weg zum Dienst befand.
Bücher und der Fahrer wurden aufge-
fordert auszusteigen. Als sich ein Sicher-
heitsbeamter, der Bücher begleitete, zur
Wehr setzte, schossen die Guerillas drei-
mal aus ihren Pistolen und verletzten den
Beamten. Anschließend brausten die
beiden Autos zusammen mit Bücher mit
unbekanntem Ziel davon. Der Fahrer
konnte fliehen und die Botschaft infor-
mieren. Die blitzschnelle Aktion war von
den Passanten und Fahrern anderer
Autos kaum bemerkt worden.
Der Schweizer Botschafter ist der vierte
in Brasilien residierende ausländische Di-
plomat, der in den letzten 14 Monaten
von Stad'guerillas entführt wurde. Die
Guerillas erreichten damit die Freilassung
von 60 politischen Häftlingen.
Die deutsche Botschaft in Madrid hat
am Montag einen Brief des entführten
Wahlkonsuls Eugen Beihl-Schäffer er-
halten. In diesem dritten Lebenszeichen
versichert der Konsul, er werde bisher
menschlich behandelt.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Prinz
zu Löwenstein hat am Montagabend an-
geboten. sich für den Entführten in die
Hände der Basken zu begeben. Der Ab-
geordnete bezeichnet sich als Freund der
Basken und des verstorbenen Präsiden-
ten der Basken-Republik.
An der Zeremonie nahm auch Partei-
chef Gomulka teil, der mit seiner Rede
am 18. Mai 1969 den deutsch-polnischen
Dialog eröffnet hatte. Nach den Regie-
rungschefs unterschrieben die Außen-
minister Scheel und Jedrychowski, die
den Vertrag paraphiert hatten. Kern-
punkt des Vertrags ist Artikel X, in dem
die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze
Polens anerkannt wird für die Dauer der
Existenz der Bundesrepublik Deutsch-
land. In den weiteren Artikeln wird Ge-
waltverzicht und das Fortgelten früher
geschlossener Verträge vereinbart. Die
Familienzusammenführung, die in einem
Briefwechsel notifiziert ist, hat bereits
mit Verhandlungen des Deutschen und
Polnischen Roten Kreuzes ihren Anfang
genommen.
Die deutsche Delegation hatte in War-
schau mit Würde und auch für die Polen
eindrucksvoll die Stunde der Wahrheit
bestanden. Kanzler Brandt legte am
Mahnmal der polnischen Soldaten einen
Kranz nieder. Eine Ehrenkompanie der
polnischen Garde präsentierte das Ge-
wehr. Am Denkmal im jüdischen Getto
kniete Willy Brandt nieder, stumm die
Hunderttausende ermordeter jüdischer
Bürger ehrend.
Am Montagnachmittag verhandelten
Brandt und Gomulka sowie die Außen-
minister. Am Abend erwiderte der Bun-
deskanzler ein Essen, das Cyrankiewicz
am Vorabend gegeben hatte. Am Diens-
tagmorgen ist ein abschließendes Ge-
spräch der beiden Regierungschefs vor-
gesehen.
Beide Länder werden Botschafter aus-
tauschen und damit diplomatische Be-
ziehungen aufnehmen. Der Bundeskanz-
ler erklärte zum Vertragsabschluß: Wir
geben nichts preis, was nicht längst ver-
spielt worden ist. Verspielt nicht von uns,
die wir in der Bundesrepublik Deutsch-
land politische Verantwortung tragen,
sondern verspielt von einem verbrecheri-
schen Regime, vom Nationalsozialismus.
Der Vertrag bedeutet nicht, daß wir die
Vertreibung nachträglich legitimieren.
(Fortsetzung auf Seite 2)
Parteichef Wladyslaw Gomulka (links) unter-
hält sich nach der Vertragsunterzeichnung
bei einem Glas Sekt mit Außenminister Wal-
ter Scheel. Foto: dpa
Nach der Kranzniederlegung vor dem Mahnmal im ehemaligen Warschauer
Getto verharrte Willy Brandt Knieend im Gedenken an die Opfer des Aufstandes 1943.
Nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Ver-
trages: Bundeskanzler Brandt und Polens Ministerpräsident Cyran-
kiewicz geben sich die Hand. In der Mitte (mit Brille) der polnische
Parteichef Wladyslaw Gomulka. Links hinter Willy Brandt Professor
Carlo Schmid. Ganz links Staatssekretär Egon Bahr, ganz rechts
der polnische Außenminister Jedrychowski. Foto: dpa