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Prof. Dr. Hans Hirth

Finanzierung und Investition III:

UUnntteerrnneehhmmeennssffiinnaannzziieerruunngg uunndd IInnvveessttiittiioonnssccoonnttrroolllliinngg

Gliederung Kapitel I: Irrelevanzen und Marktwertmaximierung auf vollkommenen Kapitalmärkten 1. Das Aggregationsproblem 2. Eigenschaften eines vollkommenen Kapitalmarkts 3. Irrelevanz der Dividendenpolitik 4. Irrelevanz der Kapitalstruktur und Finanzierung 4.1 Leverage-Effekt und Leverage-Risiko 4.2 Modigliani-Miller-These

Kapitel II: Informationsprobleme und Finanzierungsinstrumente 1. Unvollkommenheiten 2. Fehlanreize bei Fremdfinanzierung 3. Ist vollständige Eigenfinanzierung der Königsweg? 4. Hybride Finanzierungsinstrumente

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Kapitel III: Besondere Finanzierungsformen 1. Venture Capital Gesellschaften 1.1 Bedeutung 1.2 Exit-Alternativen 1.3 Typische Finanzierungsanlässe 1.4 Typischer Entscheidungsprozeß 2. Projektfinanzierung, Joint Venture und PPP 2.1 Bedeutung 2.2 Projektrisiken 3. Leasing 3.1 Bedeutung 3.2 Formen 3.3 Beurteilung 4. Forderungsverkäufe 4.1 Factoring 4.2 Asset Backed Securities Kapitel IV: Budgetierung und Investitionscontrolling 1. Das „Revelation Principle“ 2. Anreizmechanismen für wahre Berichterstattung 2.1 Weitzman-Schema 2.2 Osband-Reichelstein-Schema 3. Wahl der optimalen Investitionshöhe 3.1 Exogener Kalkulationszinssatz und Fehlanreize 3.2 Endogener Kalkulationszinssatz und Fehlanreize

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Kapitel V: Going Public und Informationsverarbeitung auf dem Primärmarkt 1. Konsortialverträge 2. Reputationseffekte 2.1 Zertifikationshypothese 2.2 Reputationsaufbau 3. Prospekthaftung 3.1 Verringerung des Emissionskurses durch Prospekthaftung? 3.2 Irrelevanz der Prospekthaftung und Erhöhung des Emissionskurses 3.3 Informationsvorteile der Bank bzw. des Emittenten 4. Underpricing 4.1 Grundlagen 4.2 Das Rock-Modell Kapitel VI: Informationsverarbeitung auf dem Sekundärmarkt 1. Varianten der Informationseffizienz 2. Implikationen 3. Informationsverarbeitung auf dem Kapitalmarkt 4. Technische Analyse Kapitel VII: Kapitalerhöhungen bei vollkommenem Markt 1. Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechte 2. Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten

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Kapitel I: Irrelevanzen und Marktwertmaximierung bei vollkommenen Kapitalmärkten

1. Das Aggregationsproblem

Was ist die beste Unternehmenspolitik aus Sicht der Eigner?

subjektive Ziele verschiedener Eigenkapitalgeber

● z. B. unterschiedl. Risikopräferenzen:

höherer erwarteter Gewinn versus höherem Risiko

● z. B. unterschiedl. Zeitpräferenzen:

bestimmte Zeitstruktur eines Dividendenstroms wird gewünscht.

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Blackrock fordert: Konzerne sollen weniger Dividende zahlen

(Handelsblatt 14.04.2014 )

Anleger lieben Dividenden. Doch ausgerechnet der welt-

größte Vermögensverwalter ruft zum Verzicht auf: Unter-

nehmen sollten weniger Dividende zahlen und mehr

investieren. Der Appell richtet sich auch an deutsche Chefs.

Blackrock-Chef Larry Fink kritisiert das kurzfristige Den-

ken in vielen Unternehmen. (Foto: ap)

Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock sorgt sich um das kurzfristige Denken

an den Kapitalmärkten. Deshalb fordert der Vorstandschef der Fondsgesellschaft,

Larry Fink, in einem Brief die Vorstandschefs der europäischen Großkonzerne auf,

mehr Geld in ihre langfristige Zukunft zu investieren, statt Dividendenzahlungen und

Aktienrückkäufe weiter in die Höhe zu treiben.

„Wir sind besorgt, dass nach der Finanzkrise viele Unternehmen vor Investitionen in

ihre Zukunft zurückgeschreckt sind. Zu viele Firmen haben ihrer Kapitalausgaben

zurückgefahren oder sogar höhere Schulden gemacht, um Dividenden und Aktien-

rückkäufe zu steigern“, klagt Fink in dem Schreiben, das dem Handelsblatt

(Montagsausgabe) vorliegt. „Viele Kommentatoren beklagen die kurzfristigen For-

derungen der Kapitalmärkte, wir teilen diese Bedenken“, fährt Fink fort. Geht es nach

Blackrock, dann sollen die Unternehmen wieder mehr Geld in Produkte, Innovationen

aber auch in strategische Optionen wie Übernahmen investieren.

…….

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Konsistente Aggregation der Präferenzen im allgemeinen unmöglich.

(Arrow, K.: Social Choice and Individual Value, 2. Aufl. 1963)

Beispiel : Condorcet-Paradoxon (Marquis de Condorcet 1785) Drei Personen 1, 2 und 3 reihen ihre bevorzugten Verkehrsmittel:

1 reiht Auto > Bus > Zug

2 reiht Bus > Zug > Auto

3 reiht Zug > Auto > Bus Keine eindeutige Mehrheitsentscheidung über eine transitive Reihung..

Test:

Mehrheit 1 und 3: Auto > Bus

Mehrheit 1 und 2: Bus > Zug

Wäre Mehrheitsentscheidung transitiv, müßte sich Mehrheit finden für Auto > Zug.

Tatsächlich gibt es aber Mehrheit 2 und 3 für Zug >Auto.

→ Wenn 2 aus 3 Verkehrsmittel gebucht werden sollen, ist unklar, welche.

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2. Eigenschaften eines vollkommenen Kapitalmarkts Grundgedanke: reibungslose Transaktionen Negativdefinition: keine Unvollkommenheiten Unvollkommenheiten: Transaktionskosten in weitem Sinne durch

● Anbahnung → z. B. Suche nach Financier ● Verhandlung → z. B. durchsetzbare Konditionen ● Überwachung → z. B. durch Rechnungslegung ● Durchsetzung → z. B. gerichtlich

letztliche Ursache meist: Informationsdefizite nicht gemeint: allgemeines Risiko bezüglich Zukunft sondern: Nichtwissen über Sachverhalte, die man wissen könnte

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3. Irrelevanz der Dividendenpolitik Leicht zu zeigen mit Hilfe der Fisher-Separation: „Bei vollkommenem Kapitalmarkt ist optimale Investitionshöhe I* unabhängig von individueller (Zeit-)Präferenz.“

c0

c1

d0

d1

I*

Zinsgerade

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Analogie zur Dividendenpolitik

● Investition I* ist kapitalwertmaximal ● ohne zusätzliche Kapitalmarkttransaktion wäre der Dividendenstrom

d0 = Anfangsausstattung - Investitionsauszahlung

d1 = Investitionsrückzahlung ● Eine andere gewünschte „Dividendenpolitik“ kann nicht nur das Unternehmen,

sondern auch jeder Eigentümer selbst durch zwischenzeitliche Kapitalanlage oder -aufnahme herstellen (entlang der Zinsgerade).

● Der Kapitalwert seiner Zahlungen bleibt dabei konstant. → Irrelevanz der Dividendenpolitik darüber hinaus:

Kapitalstruktur irrelevant für Unternehmenswert (Modigliani-Miller-Theorem), andernfalls müßte Ausschüttungspolitik dies berücksichtigen.

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4. Irrelevanz der Kapitalstruktur bzw. Finanzierung

4.1 Leverage-Effekt und Leverage-Risiko Gesamtkapital GK = EK + FK Einsatz des Gesamtkapitals GK erbringt

Bruttogewinn = rG (EK + FK) mit rG Gesamtkapitalrendite Einsatz des EK erbringt

Nettogewinn = Bruttogewinn FK-Kosten

= rG (EK + FK) rF FK

≡ rE EK mit rE bzw. rF: Renditen des EK bzw. FK

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rE = rG + (rG rF) (FK/EK) = rG + (rG rF) VG

Wenn rG > rF, steigt rE mit Verschuldungsgrad VG

→ scheinbare Empfehlung: Wähle VG so hoch wie möglich!

Aber: rE unsicher, da rG unsicher

differenzierterer Blick nötig:

E(rE) = E(rG) + [E(rG) rF] VG „Leverage-Effekt“

Var(rE) = [VG + 1]2 Var(rG) “Leverage-Risiko”

Mit steigenden VG steigt zwar E(rE) – und zwar linear -, aber auch Var(rE).

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Abb.: Leverage-Effekt

rF

E(rE)

E(rG)

VG

E(rE); rF

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Abb.: Leverage-Risiko Voraussetzungen für „positiven“ Leverage-Effekt 1.) E(rG) > rF

Sachinvestition im Erwartungswert besser als Finanzinvestition erscheint akzeptabel jedoch: Sachinvestition zwar im Erwartungswert besser, aber riskanter.

Var(rG)

VG

Var(rE)

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2.) rF ist unabh. vom Versch.grad. nicht akzeptabel: Ausfallrisiko für Kreditgeber steigt tendenziell im VG (s.o.)

geforderter rF steigt im Versch.grad Erkenntnis bei EK: Leverage-Effekt wird durch Leverage-Risiko erkauft. bei FK: Ab kritischem VG steigt rF. Existiert ein „optimaler“ VG?

4.2 Modigliani-Miller-These

„Modigliani-Miller-These I“ (1958, Nobelpreise 1985, 1990): Der Marktwert einer Unternehmung ist unabh. vom VG.

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Ökonomische Begründung

Die Konstruktion eines bestimmten VG kann nicht nur auf Unternehmens-ebene hergestellt werden, sondern ebenso gut auf Anlegerebene über entsprechende Privattransaktionen (siehe nächste Folie).

Welchen VG ein Unternehmen wählt, ist dann irrelevant für die Anleger.

Marktwert des Unternehmens allein durch die Investitions-, aber nicht durch die Finanzierungspolitik bestimmt.

Voraussetzung für Irrelevanz der Kapitalstruktur ist vollkommener Kapital-

markt, insbesondere:

Inhaber der Finanztitel erhalten gleiche Konditionen auf dem Kapitalmarkt wie Unternehmen

keine finanzierungsabhängigen Steuern

Alle verfügen über gleichen Informationsstand („symmetrische Informati-onsverteilung“).

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Konstruktion eines beliebigen VG auf Anlegerebene

Ausgangslage:

Ein Investor hält Anteil α an verschuldeter Unternehmung

R~

unsicherer Unternehmensrückfluß vor Abzug von Zinsen

r ∙ FK sichere Zinsen auf das Fremdkapital FK des Unternehmens

Anmerkung: r sei der Marktzinssatz für sichere Anlagen u. Kredite. Deshalb steht

FK sowohl für den Nennbetrag als auch den Marktwert des Fremdkapitals.

Einkommen des Investors Vermögensposition des Investors

α ∙ (R~

– r ∙ FK) Beteiligung: α ∙ MW(EK)

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Präferenz:

Investor wäre lieber an einer unverschuldeten Unternehmung mit Rückfluß R~

beteiligt.

Investor stellt diese Position selber her, indem er einige Anteile verkauft und

den Betrag sicher anlegt (selbstfinanzierende Strategie). Anmerkung: Deshalb

ist es wichtig, hier klarzustellen, daß es auf den Marktwert des EK ankommt.

Seine neue Beteilungsquote sei dann β.

Der durch Anteilsverkauf gewonnene Betrag beträgt

(α – β) ∙ MW(EK) und wird sicher angelegt.

Einkommen des Investors Vermögensposition des Investors

aus Beteiligung: β ∙ (R~

– r∙ FK) Beteiligung: β ∙ MW(EK)

Zinsertrag: r ∙ (α − β) ∙ MW(EK) Anlage: (α – β) ∙ MW(EK)

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Wie hoch muß β sein, damit der Investor ein Einkommen erzielt, als ob er an

einer unverschuldeten Unternehmung mit Rückfluß R~

beteiligt wäre?

Der Zinsaufwand des verschuldeten Unternehmens, der anteilsmäßig auf den

Investor entfällt, muß dem Zinsertrag entsprechen, den er privat erzielt:

anteiliger Zinsaufwand des Unternehmens = Zinsertrag des Investors

β ∙ r ∙ FK = r ∙ (α – β) ∙ MW(EK)

Definition des Verschuldungsgrads VG (über Marktwerte):

)EK(MWVGFK)EK(MW

FKVG

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Dann folgt

β ∙ r ∙ VG ∙ MW(EK) = r ∙ (α – β) ∙ MW(EK)

β ∙ VG = α – β

β = VG1

α

Ergebnis

Die nötige prozentuale Absenkung der Beteiligung (also β/) wird nur vom Brut-

to-Verschuldungsgrad (1+VG) des Unternehmens bestimmt.

Allgemeine Erkenntnis

Wenn ein Investor an einer verschuldeten Unternehmung beteiligt ist, aber einen

niedrigeren (bzw. höheren) Verschuldungsgrad präferiert, kann er seine Beteili-

gung absenken und den Verkaufserlös sicher anlegen (bzw. seine Beteiligung

fremdfinanziert aufstocken).

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Risikoeffekt

Mit Änderung der Beteiligungsquote ändert sich das Einkommensrisiko.

Ursache

Alleinige Risikoquelle ist hier die Höhe der Beteiligung.

Je höher die Beteiligung, desto höher das Einkommensrisiko.

Beispiel

Unternehmen mit Gesamtkapital von 1 Mio. € (= Marktwert des Untern.)

davon 200.000 € an FK, zu verzinsen mit r = 5 %

→ Verschuldungsgrad VG = 2/8 = 0,25

Investor hält zunächst = 2 % am Eigenkapital.

Präferenz: Investor bevorzugt aber eine Beteiligung an einem unverschuldeten

Unternehmen (mit gleichem Geschäftsrisiko R~

).

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→ Absenkung seiner Beteiligungsquote auf

β = 016,025,1

02,0

VG1

α

→ Verkaufserlös = 0,004 ∙ 800.000 = 3.200

wird festverzinslich angelegt zu r = 5 %

→ Einkommensstrom

Dividende: 0,016 ∙ (R~

- 0,05 ∙ 200.000)

+ Zinsertrag: 0,05 ∙ 3.200

0,016 ∙ R~

entspricht einer Beteiligung von 1,6 % an einem unverschuldeten Unternehmen.

Einkommensrisiko sinkt, denn

vorher: 0,02 ∙ (R~

0,05 ∙ 200.000) hat Varianz 0,02² ∙ Var(R)

nachher: 0,016 ∙ R~

hat Varianz 0,016² ∙ Var(R)

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Kapitel II: Informationsprobleme und Finanzierungsinstrumente

1. Unvollkommenheiten

Hauptursache: asymmetrische Informationsverteilung

Kapitalverwender haben regelmäßig mehr Information über die künftig zu er-

wartenden Rückflüsse als die Kapitalgeber

keine Info.probleme bei Personalunion, also beim Alleineigentü-

mer-Unternehmer ohne Schulden

andernfalls: verschiedene Fehlanreize der Kapitalverwender, z.B.

(1) Wahl riskanterer Projekte („Risikoanreizproblem“)

(2) fremdfinanzierte Ausschüttung

(3) Unterlassen insgesamt vorteilhafter Investitionen („Unterinvestition“)

(4) überhöhter Konsum am Arbeitsplatz („consumption on the job“, „fringe

benefits“)

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2. Fehlanreize am Beispiel der Fremdfinanzierung1

Vereinfachung: Unternehmer ist einziger Eigentümer und Manager.

Riskante Investition I0 erfordert Anfangsauszahlung von 100.

Unternehmer hat nur Vermögen in Höhe von 30

=> nimmt zusätzlich Fremdkapital auf.

Fremdkapitalgeber stehen unter Konkurrenz und verlangen nur ihre Kapi-

talkosten.

Die anfängliche Fremdfinanzierung ist FK1. Die Zinskonditionen werden

vom ersten Gläubiger kalkuliert, ohne die nachstehenden Probleme zu

berücksichtigen.

sicherer Alternativzins 10 %

allseitige Risikoneutralität

1 Literaturhinweis: Franke, Günther/Hax, Herbert: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 6. Aufl. 2009, S. 470-474.

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Ausgangsdaten

Anfangs-ausz.

A0

Zustand 1 (90%)

Zustand 2 (10%)

erwarteter Rückfluß

erwarteter Residualgewinn

E= –1,1 A0

I0 100 120 50 113 +3

FK1 70 80 50 77 0

EK 30 40 – 36 +3

Risikoanreiz: riskanteres Alternativprojekt I1.

A0 0,9 0,1 E= –1,1 A0

I1 100 125 0 112,5 +2,5 < +3

FK1 70 80 0 72 –5

EK 30 45 – 40,5 +7,5

Mitsprache bei Investitionsentscheidungen

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Unterinvestition: Es gibt ein lohnendes zusätzliches Projekt I2.

A0 0,9 0,1 E= –1,1 A0

I0 100 120 50 113 +3

I2 20 20 60 24 +2 > 0

I0+I2 120 140 110 137 +5

FK1 70 80 80 80 +3

FK2 20 22 22 22 0

EK 30 38 8 35 +2 < +3

Nachverhandlung

fremdfinanzierte Ausschüttung

Eigenkapital wird durch zstzl. Fremdkapital FK2 teilweise ersetzt.

A0 0,9 0,1 E= –1,1 A0

I0 100 120 50 113 +3

FK1 70 80 38,76 75,88 –1,12

FK2 20 R=23,20 11,24 22 0

EK 10 16,8 – 15,12 +4,12 > +3

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Hinweis:

Erwarteter Rückfluß des 2. Gläubigers muß seine Kapitalkosten decken.

Für den Festbetragsanspruch R des zweiten Gläubigers muß deshalb gelten:

0,9 R + 0,1 R80

R

50 = 20 1,1 = 22 R = 23,20.

Insolvenzquote

Ausschüttungssperre: Ausschüttungsobergrenze in Höhe des Kapitalwerts.

Problem: Kapitalwert vom FK-Geber eventuell nicht beobachtbar.

mögl. Lösungsansatz: Mindestverzinsung x % darf nicht ausgeschüttet werden;

Bildung eines Free Cash Flow.

Gesamtfazit: keine Irrelevanz der Finanzierung („Finance matters!“)

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3. Ist vollständige Eigenfinanzierung der Königsweg?

Ist angesichts der obigen Fehlanreize eine

vollständige Eigenfinanzierung mit Beteiligung aller EK-Geber an der Unternehmensleitung

stets optimal?

Nein!

Argumentation:

Bei hohem Kapitalbedarf und/oder hohem Risiko der EK-Rückflüsse müssen

hinreichend viele EK-Geber bereitstehen, denn:

Nötiges EK evtl. nicht allein von einem Kapitalgeber aufbringbar (be-

grenztes Vermögen).

Ein Kapitalgeber möchte evtl. nicht einen zu großen Teil seines Vermögens

riskant investieren oder fordert dann eine sehr hohe Risikoprämie (Risi-

koaversion).

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Bei Vielzahl von EK-Geber:

Nicht alle sind fähig, das Unternehmen zu leiten (Kompetenz).

Nicht alle wollen das Unternehmen leiten (Opportunitätskosten).

Wenn nicht alle EK-Geber das Unternehmen leiten:

Informationsgefälle innerhalb der EK-Geber (EK-Insider und -Outsider)

consumption-on-the-job

(Schein-)Geschäfte mit sich selbst

Beide Fehlanreize immerhin anteilig selbst zu tragen

geringere Fehlanreize als wenn überhaupt kein EK-Geber, sondern nur

angestellter Manager das Unternehmen leitet.

Außerdem externe Kontrolle der Unternehmensleitung möglich (wie sonst auch).

Sollte institutionalisiert werden, sonst „Free-riding-Problem“ der Unt.kontrolle

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Zwischenfazit:

Vollständige Eigenfinanzierung mit Beteiligung aller oder zumindest einiger

EK-Geber an Unternehmensleitung scheint Fehlanreize gut zu begrenzen.

aber: empirische Daten zur Kapitalstruktur2

2 Creditreform: Eigenkapitalpolster im deutschen Unternehmenssektor, November 2015, S. 4.

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Bei Nichtkapitalgesellschaften vereinzelt sogar negative Eigenkapitalquoten. Bu-

chungstechnisch:

„Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“, letzter Aktivposten nach § 268 (3) HGB

Erklärung für niedrigere EK-Quote bei Nichtkapitalgesellschaften:

schwierige Abgrenzung zwischen Privat- und Betriebssphäre

Aktiva werden lieber privatem Bereich zugewiesen (haften aber auch dort)

Passiva werden eher der Betriebssphäre zugewiesen (steuerliche Ab-zugsfähigkeit der FK-Zinsen)

Überschuldung ist Insolvenztatbestand nur bei Kapitalgesellschaften, und

auch nur bedingt, denn:

§ 19 (2) Insolvenzordnung: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des

Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die

Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrschein-

lich.“

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Negative EK-Quote ist rein bilanzpolitisch bedingt.

Trotzdem: deutliche Fremdfinanzierung.

Wieso teilweise Fremdfinanzierung trotz stärkerer Fehlanreize?

geringerer Kontrollbedarf für FK-Geber bezüglich Unternehmenserfolg

solange Zahlungen vertragsgemäß erfolgen und dies zukünftig zu erwarten

ist, keine Kontrolle nötig

dagegen für EK-Outsider: Ansprüche schwanken 1 : 1 mit (ausgewiese-

nem) Gewinn, solange noch Haftungskapital vorhanden

geringere Durchsetzungsprobleme für FK-Geber

wenn Zahlungen nicht vertragsgemäß erfolgen Beantragung der Insol-

venz bereits durch einen einzigen Gläubiger möglich

EK-Outsider dagegen ohne vertraglich fixierte Zahlung; bei Unzufriedenheit

Entlassung der Unternehmensleitung per Mehrheitsentscheidung nötig

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steuerliche Absetzbarkeit der FK-Kosten, aber nicht der EK-Kosten

Nachteil der FK-Finanzierung

geringe Risikoteilung zw. EK-Gebern und FK-Gebern, besonders nachteilig

bei hohem Investitionsrisiko

Bei hohem Ausfallrisiko werden Fehlanreize (s.o.) bedeutsam; mögli-

cherweise zu mildern durch Sicherheiten.

Gesamtfazit:

FK sinnvoll, solange Ausfallrisiko gering

(genügend EK, hohe Sicherheiten, geringes Risiko der Investition).

EK sinnvoll, solange FK-Ausfallrisiko hoch

(hohes FK, wenig Sicherheiten, hohes Risiko der Investition).

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4. Hybride Finanzierungsinstrumente

haben Merkmale sowohl von EK als auch von FK

manchmal auch „Mezzanine Capital“ genannt (ital: „Mezzanino“ = Zwischen-

geschoß; mitunter wird damit auch die Finanzierung im mittleren Entwick-

lungsstadium eines Unternehmens bezeichnet, bevor es an die Börse geht.)

Vorzugsaktien

auch: Dividendenvorzugsaktie, Preferred Stock, Preferred Share, Priority Share

Vorzugsbetrag gegenüber Stammaktie bei der Gewinnverteilung, also min-

destens so hohe Dividende wie für Stammaktien

i.d.R. stimmrechtslos, Stimmrecht lebt auf, wenn Ansprüche nicht bedient und

auch 1 Jahr später nicht nachgezahlt werden (§ 140 AktG)

nur bis zu einem Nennbetrag in Höhe der Hälfte des Grundkapitals (§ 139

AktG).

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Gewinnschuldverschreibung (partiarisches Darlehen)

Mittelstellung zwischen Darlehen und stiller Gesellschaft

Verzinsung gewinnabhängig; keine Beteiligung an Verlusten!

kein Stimmrecht bzw. Mitspracherechte bzgl. Geschäftsführung, lediglich ge-

wisse Kontrollrechte

Rückzahlungsanspruch in Höhe des Nominalwert der Einlage

feste Laufzeit

keine Haftung gegenüber Gläubigern; Darlehensgeber selbst Gläubiger.

Varianten

Participating Bonds

feste Mindestverzinsung + gewinnabh. Zusatzanspruch (Obergrenze möglich)

Income Bonds

ausschließlich erfolgsabhängige Verzinsung

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Wandelanleihe: Recht auf Wandelung von FK in EK durch Gläubiger

umgekehrte Wandelanleihe: Recht auf Wandelung von FK in EK durch

Schuldner (neues geplantes Instrument nach Aktienrechtsnovelle 2014)

CoCo-Bonds (Contingent Convertible Bonds): automatische Wandelung von FK

in EK bei Eintreten bestimmter Wandlungskriterien (z. B. Unterschreiten e. best.

EK-Quote)

Optionsanleihe: Anleihe + Option auf Aktienbezug

Genußrecht (participation certificate, bei Verbriefung „Genußschein“):

Ausgestaltung nicht gesetzl. geregelt, daher je nach Bedürfnis gestaltbar

kein Stimmrecht

i.d.R. Ansprüche auf Anteil am Gewinn (als feste Verzinsung, Gewinnbeteili-

gung od. Mischformen), am Liquidationserlös oder ggf. neuer Aktien

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i.d.R. Verlustbeteiligung des Kapitaleinsatzes (anders als Gewinnschuldver-schreibung, sonst dieser ähnlich)

i.d.R. nachrangig

Laufdauer begrenzt oder unbegrenzt (mit/ohne Kündigungsrecht)

Optionsgenußscheine

Aktienoptionsscheine + Genußscheine

Optionsscheine i.d.R. von Genußscheinen abtrennbar u. gesondert handelbar

Wandelgenußscheine

Genußscheine können unter bestimmten Voraussetzungen sowie unter Zuzahlung eines Betrages in Aktien des Unternehmens getauscht werden

Für Gewinnschuldverschreibung, Wandelanleihe (analog auch Optionsanleihe) u.

Genußrechte gilt nach § 221 AktG:

Emission nur mit Zustimmung von mindestens 75 % des bei der Hauptver-

sammlung vertretenen Grundkapitals (Satzung kann dies anders regeln)

Aktionäre mit Bezugsrecht

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typische stille Beteiligung

reines Innenverhältnis zw. stillen Teilhaber und Eigentümer

Beteiligung am Gewinn zwingend, Verlustbeteiligung kann ausgeschlossen

werden (§ 231 HGB)

Verlustbeteiligung maximal bis in Höhe der Einlage (§ 232 HGB)

Anspruch auf Rückzahlung d. Einlage, (nachrangige) Forderung bei Insolvenz

keine Mitspracherechte, nur Informationsrechte

keine Auflösung der „Außengesellschaft“ durch Tod des stillen Gesellschafters

(§ 234 HGB)

atypische stille Beteiligung

Stiller Teilhaber ist nicht nur am Gewinn und Verlust, sondern auch am Ge-

samtgeschäftsvermögen (und damit an dessen Zuwachs) beteiligt

relevant bei Hebung stiller Reserven im Rahmen der Liquidation oder des

Verkaufs

normalerweise gewisse Mitspracherechte bei untern. Entscheidungen

steuerlich: Einkünfte aus unternehmerischer Tätigkeit

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nachrangige Forderungen (§ 39 Insolvenzordnung) Nach den „übrigen Forderungen“ in folgender Rangfolge:

1. seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufende Zinsen und Säumniszu-

schläge;

2. Kosten, die Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren er-

wachsen;

3. Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder;

4. Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners;

5. Gesellschafterdarlehen*;

6. als nachrangig vereinbarte Forderungen (wenn nichts genaueres verein-

bart).

Bei gleichem Rang nach dem Verhältnis der Beträge. *Nachrangigkeit des Gesellschafterdarlehens

gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

Ausnahme: Darlehen eines nicht geschäftsführenden Gesellschafter, der mit höchstens 10 Prozent am Haftkapital beteiligt ist.

gilt nicht für Gläubiger, der bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung erwirbt.

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Kapitel III: Besondere Finanzierungsformen

1. Venture Capital Gesellschaften3

1.1 Bedeutung

Kapitalbeteiligungsgesellschaften im allgemeinen

finanzieren sich selbst hauptsächlich durch Beteiligung von Anlegern

investieren diese Mittel wiederum in andere Unternehmen

rechtl. Vorschriften, insbes. Anlagevorschriften, im Gesetz über Kapitalanla-

gegesellschaften (KAGG)

Venture Capital („Risikokapital“)

Beteiligungsfinanzierung bei Unternehmen, die ein hohes Geschäftsrisiko auf-

weisen und im Finanzierungszeitpunkt i.d.R. nicht börsenreif sind.

3 Literaturhinweis: Pape, Ulrich/Beyer, Stephan: Venture Capital als Finanzierungsalternative innovativer Wachstumsun-ternehmen, in: Finanzbetrieb 11/2001, S. 627-638.

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Venture Capital Gesellschaften (VCG)

besondere Form von Kapitalbeteiligungsgesellschaften

sind spezialisiert auf die Finanzierung von Unternehmensgründungen oder von

Erweiterungen kleiner Unternehmen

bieten zusätzliche Unterstützung für das Management des finanzierten Un-

ternehmens an

Beteiligung nicht auf Dauer, sondern mit Exit-Absicht

Rendite weniger durch zwischenzeitliche Ausschüttungen ( Stärkung der

Selbstfinanzierung neugegründeter Unt.), sondern durch Wertsteigerungen

Vorteil der Anleger der VCG:

können leichter auch in nicht börsengehandelte Unternehmen diversifizieren.

Spezialisierungsvorteile der VCG hinsichtlich

Beurteilung von Gründungsprojekten

Unterstützung des Managements des neugegründeten Unternehmens

Exit, wenn diese Vorteile keine Rolle mehr spielen

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1.2 Exit-Alternativen von Kapitalbeteiligungsgesellschaften4

„Trade-sale“ = Übernahme des Unternehmens durch anderes Unternehmen 4 Quelle: Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, BVK-Statistik: Das Jahr 2014 in Zahlen, S. 17. Die Beträge beziehen sich auf die Anschaffungskosten und Transaktionen bei Unternehmen in Deutschland, unabhängig von der Herkunft der sich engagierenden Beteiligungsgesellschaften.

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1.3 Typische Finanzierungsanlässe der Kapitalbeteiligungsges.

Seed zur Ausreifung/Umsetzung von Ideen, Forschungsprojekten, Prototypen; vor Unternehmensgründung

Start-up

zur Gründung des Unternehmens, Anschaffung von Pro-duktionsmitteln und Aufbau des Managements

Later stage – Venture Capital

nachfolgende VC-Finanzierung, z. B. im Rahmen vorab vereinbarter Meilensteine

Growth für Produktinnovationen etablierter Unternehmen, Ausbau des Produktions- und Vertriebssystems

Turnaround zur Sanierung eines Unternehmens

Replacement Capital Kauf der Unternehmensanteile von Anteilseignern, die die Firma verlassen wollen

Buy-Out Unternehmensübernahme durch Eigenkapitalinvestoren und Management (so der Glossar des Bundesverbands dt. Kap.bet.ges.) → Abgrenzung zu Replacement Capital unklar

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Bruttoinvestitionen nach Finanzierungsanlässen5

5 Quelle: Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, BVK-Statistik: Das Jahr 2014 in Zahlen, S. 13.

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1.4 Typischer Entscheidungsprozeß einer VCG

Business Vor- Prüfung Due Investitions- Vertrags- plan prüfung Diligence entscheidung abschluß

Gespräche Absichts- Entscheidungs- Investition Beteiligungs- erklärung vorlage vertrag

100 % 30 % 10 % 5 % 3 % 2 %

8 – 12 Wochen

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„Due Diligence“ (wörtl. übersetzt: erforderliche Sorgfalt)

─ ist übliche Bezeichnung für eine Unternehmensanalyse, die im Vorfeld eines

Unternehmenskaufs vorgenommen wird.

─ beinhaltet eine Bestandsaufnahme aller relevanten wirtschaftlichen, rechtli-

chen und steuerlichen Gegebenheiten sowie eventueller Risiken.

─ wird in der Regel von einer Gruppe Juristen, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer

und Unternehmensberater durchgeführt.

dient letztlich der Unternehmensbewertung

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2. Projektfinanzierung, Joint Venture und PPP

2.1 Bedeutung Finanzierung eines Projekts, das nicht innerhalb eines bestehenden Unter-

nehmens durchgeführt wird, sondern im Rahmen einer eigens gegründeten

Projektgesellschaft (Special Purpose Vehicle).

Falls mehrere Unternehmen (Initiatoren, Sponsoren) daran beteiligt sind

Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture)

Besondere Vorteile

Begrenzung der Haftung auf das EK der Projektgesellschaft

Projekte mit sehr hohen Risiken,

die für ein einzelnes Unternehmen existenzgefährdend sind,

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Beim Joint Venture zusätzlich:

Zusammenführung verschiedener Kompetenzen auf bestimmte Zeit

Aufteilung des Projektrisikos zwischen mehreren Unternehmen

Beispiele

─ Transport- und Verkehrwirtschaft (z.B. Suezkanal, Eurotunnel, Lufthäfen,

Seehäfen, Straßen- und Brückenbau, Mautsysteme)

─ Energiewirtschaft (z.B. Kraftwerksbau, Ölbohrungen)

─ Umwelttechnik (z.B. Müllverbrennungsanlagen)

─ Telekommunikation (z.B. Netzaufbau)

─ Gesundheitswirtschaft (z.B. Krankenhausbau)

häufig: Infrastrukturprojekte, im internationalen Rahmen

manchmal: öffentliche Hand als Vertragspartner (Public Private Partnership)

o zur privaten Errichtung öffentlicher Infrastruktur

o und/oder ihres Betriebs (Betreibermodelle)

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2.2 Projektrisiken

Projektrisiken aus Sicht der Sponsoren6

Art Beschreibung Absicherung

Technische Risiken

Abbaurisiko Lage, Menge und Qualität der Rohstoffvorkommen unbekannt

Gutachten

Fertigstellungsrisiko Projekt wird nicht rechtzei-tig fertiggestellt

Fertigstellungsgarantie bei Fremd-bezug; umgekehrt: Verzicht auf Konventionalstrafe bei Abnehmern

Kostenüberschreitungsri-siken

nötige technischer Ände-rungen, Abbaurisiko, Infla-tion, allg. Fehlkalkulation

Festpreisabschlüsse, zusätzliche Kreditlinien, Stand-by-Kredite

Verfahrenstechnisches Risiko

geplantes Leistungsniveau der Projektanlagen nicht erreichbar

Beschränkung auf erprobte Verfah-ren, bei Fremdbezug: Vertragsstrafen für Anlagenersteller

Wirtschaftliche Risiken

Betriebsrisiko

Produktionsausfälle infol-ge technischer Pannen, Streiks oder menschlichen Versagens

Betriebsunterbrechungsversicherung, Betriebsführungsverträge mit (frem-der) Betreibergesellschaft

6 angelehnt an: Backhaus/Uekermann: Projektfinanzierung, in: WiSt 1990, S. 110.

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Preis- und Absatzrisiko, Konkurrenzrisiko

Veränderung der Absatz-mengen und –preise, u.a. durch Änderung der Wettbewerbssituation

Abnahmeverträge in Form von Take-or-take-not-but-pay Verträgen (Zahlungsverpflichtung unabhängig von Absatz der Produkte)

Zulieferrisiko keine rechtzeitige Belie-ferung mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen

langfristige Zulieferverträge mit Aus-fallklauseln (deliver-or-pay)

Wechselkursrisiko

Auswirkungen von Wech-selkursänderungen auf alle Zahlungsströme

Kurssicherungsklauseln, Devisen-termingeschäfte, Übernahme des Wechselkursrisikos durch Gastland; Aufnahme des FK evtl. auch weiteren EK in Währung der Projekterlöse

Zinsrisiko

Zinssatzänderungen und ihre Auswirkungen auf va-riabel verzinsliche Kredite oder Anleihen sowie das Wiederanlagerisiko

Zinstermingeschäfte (Caps, Floors, Collars)

Sonstige Risiken

Politisches Risiko

instabile politische Institu-tionen, Unruhen, Eingriffe der Regierung, z.B. Ent-eignung

nationale Exportkreditversicherung, Investitionsschutzabkommen; finan-zielle Beteiligung des Gastlandes oder einer Entwicklungsinstitution an der Projektgesellschaft

Konvertierungs- und Transferrisiko

kein Devisenrückfluß Einrichtung von Treuhandkonten außerhalb des Gastlandes

höhere Gewalt (Force Majeure Risiko)

Naturkatastrophen, Krieg staatliche oder private Versicherung (sofern dies überhaupt möglich)

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3. Leasing

3.1 Bedeutung

de facto meist:

Vermietungsvertrag mit besonderen Regelungen zur Übernahme des Lea-

singobjekts nach der Mietzeit durch Leasinggeber oder –nehmer

juristisch allgemeiner:

atypischer Mietvertrag im Rahmen eines

Nutzungsüberlassungsvertrags

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Gesamtwirtschaftliche Bedeutung*

*Quelle der folgenden Abbildungen: Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen: Jahresbericht 2014, www.bdl-leasing-verband.de

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3.2 Formen von Leasingverträgen

Merkmal Unterscheidungsmöglichkeit

Leasinggeber Herstellerleasing: Leasinggeber = Hersteller

institutionelles Leasing: Leasinggeber ≠ Hersteller

Serviceumfang Service-Leasing: incl. Wartung etc.

Net-Leasing: ohne

Leasinggüter Investitionsgüterl., Konsumgüterl., Immobilienl.,

Mobilienl.

Fristigkeit Operating-Leasing: kurz- u. mittelfristig (1 - 4 Jahre)

Finanzierungsleasing: langfristig (> 4 Jahre)

Deckung der Anschaffungskos-

ten durch Leasingraten

ja → Vollamortisationsvertrag

nein → Teilamortisationsvertrag

Vereinbarungen für

das Endes der Grundmietzeit

Kaufoption, Verlängerungsoption, Verkaufsoption,

Erlösbeteiligung, Mehrerlösbeteiligung, .....

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3.3 Beurteilung des Leasing7

Vergleich zu einerseits Miete und andererseits Kauf

Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit, mit der das Leasingobjekt an

Leasinggeber zurückfällt:

- bei Miete = 1,

- bei Kauf = 0,

- bei Leasing dazwischen.

Vorteil des Leasing kann nur darin bestehen, daß

1.) offenbleibt, wer das Objekt nach der Grundmietzeit weiterverwertet, oder aber

2.) rechtliche Besonderheiten existieren.

Vorteil 1 kommt zum Tragen, wenn vorab unklar ist, wer das Objekt besser ver-

werten kann.

7 Neus, Werner: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 9. Auflage, 2015.

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Optionselemente sinnvoll, die das Objekt am Ende der Laufzeit in beste

Anschlußverwendung lenken.

denkbare Variante:

Kaufoption des L.nehmers mit Ausübungskurs in Höhe des Werts, den der

L.geber realisieren könnte.

Problem dabei: Dieser Wert ist i.d.R. unsicher

Außerdem: Wartungsanreize

gemeint: Alle werterhöhenden Maßnahmen des L.nehmers, die mangels

Beobachtbarkeit nicht vertraglich fixiert werden können.

Je höher Wahrscheinlichkeit dafür, daß Objekt beim L.nehmer bleibt, desto

höhere Wartungsanreize

denkbare Variante:

Kaufoption des L.nehmers mit günstigem Ausübungspreis

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Trade-off zwischen günstigem Ausübungspreis wegen Wartungsvorteil beim

L.nehmer und evtl. höherem Ausübungspreis in Höhe des Wertes, den der L.geber

realisieren könnte.

Fazit

Im Vergleich zum Kauf muß beim Leasing die Verwertung durch L.geber eine

relevante Alternative sein. Objekt darf nicht zu spezifisch sein.

Im Vergleich zur Miete ist Leasing besser bei wartungsempfindlichen Objekten.

Leasing insgesamt vorteilhaft, wenn Objekt nicht zu spezifisch und wartungsemp-

findlich (aber nicht allzu sehr, sonst Kauf besser) ist.

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Rechtliche Besonderheiten bei Insolvenz

Leasing bei Insolvenz mit Aussonderungsrecht; Bankenkredite führen bei Si-

cherungsübereignung lediglich zu einem Absonderungsrecht.

Aussonderungsrecht (§ 47 InsO): Verwertung des Objekts außerhalb des

Insolvenzverfahrens

Absonderungsrecht (§ 49 – 51 InsO): Verwertung innerhalb des Insol-

venzverfahrens und damit mit zusätzlichen Beschränkungen

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Rechtliche Besonderheiten bei Besteuerung (a) Allgemeines zur Besteuerung von Schuldzinsen KörpSt / ESt

„Zinsschranke“:

Betriebl. Schuldzinsen, die die Zinserträge überschreiten, sind abzugsfähig nur bis 30 % des steuerpflichtigen Gewinns vor Zinsaufwand, Abs. und Zinserträge (EBITDA

8)

Nicht abziehbare Schuldzinsen sind vortragsfähig.

Zinsschranke gilt nicht, wenn eine der folgenden Escape-Klauseln erfüllt ist:

(1) Saldo aus Zinsaufwand abzgl. Zinsertrag überschreitet nicht die Freigrenze von 3 Mio. €. Andernfalls gilt die Zinsschranke für den vollen Zinsaufwand.

(2) Betrieb gehört keinem Konzern an und es liegt auch keine Gesellschafter-fremdfinanzierung vor.

(3) Die Eigenkapitalquote des Betriebs liegt nicht um mehr als 2 % unter der-jenigen des Konzerns und es liegt auch keine Gesellschafterfremdfinan-zierung vor.

8 Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization. Letzteres steht nicht für deutsch „Amortisation“, sondern für Abschreibungen auf immaterielle Güter.

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Gewerbesteuer

Nur 75 % aller Schuldzinsen sind abzugsfähig.

Ausnahme „Bankenprivileg“: Banken können ihre Zinsausgaben in voller

Höhe bei GewSt absetzen. Seit 2008 gilt dies auch für Unternehmen, die

ausschließlich Finanzierungsleasing anbieten.9

(b) Zur Besteuerung von Leasingraten

10

Gewerbesteuer

Bei Leasingraten (wie auch bei Pachten und Mieten) werden pauschalisierte

Finanzierungsanteile angesetzt, und zwar

20 % bei Mobilien + 65 % bei Immobilien = Betrag B

25 % von B (abzgl. Freibetrag von 100.000 €) werden dem zu versteuernden

Gewinn wieder hinzugerechnet, sind also nicht abzugsfähig.

9 Gleiches gilt übrigens auch für Factoring. 10 Miete und Leasingraten sind übrigens bzgl. steuerl. Abzugsfähigkeit äquivalent.

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(c) Vorteilsvergleich zw. Leasing und kreditfin. Kauf

Manchmal wird pauschal behauptet:11

„„LLeeaassiinngg iisstt sstteeuueerrlliicchh vvoorrtteeiillhhaafftt ….. Die Leasingraten sind zum Zeitpunkt ihrer Zahlung in voller Höhe als Betriebsausgaben anzu-

setzen und mindern den Gewinn des Leasingnehmers im Jahr ihrer Zahlung (Anmerkung: falsch,

Finanzierungsanteile nicht). Hierin liegt der wesentliche Unterschied zum Kauf eines Wirtschafts-

gutes. Bei diesem können die Anschaffungskosten nur verteilt über die voraussichtliche Nutzungs-

dauer des Wirtschaftsgutes als Abschreibungen geltend gemacht werden (Anmerkung: Wieso „nur“?

Außerdem: Auch Zinskosten wenigstens zu 75 % absetzbar).“

Richtig ist:

Steuervorteil d. Leasings nur, wenn Steuerlast von Geber u. Nehmer insgesamt

reduziert wird.

Wirkt indiv. Zinsschranke bei L.geber und bei L.nehmer unterschiedlich?

Weichen pauschalisierte Finanzierungsanteile von den tatsächlichen bei Kreditfinanzierung ab? (Würden beide übereinstimmen, wären beide bei GewSt jeweils nur zu 75 % abzugsfähig.)

11

http://www.leasing.de/leasing-recht-steuer.php (24.03.2015)

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(d) Rechtliche Besonderheiten bei steuerlicher Bilanzierung12

Bei Vollamortisation

Falls Grundmietzeit zwischen 40 % und 90 % der betriebsgewöhnlichen Nut-

zungsdauer des Leasingobjektes

steuerliche Bilanzierung des Leasingobjekts beim Geber und

Anerkennung der Leasingraten als Betriebsausgaben beim Nehmer

sonst steuerliche Bilanzierung beim Nehmer

< 40 % zu hohe Leasingraten wegen Vollamortisation

> 90 % wirtschaftliches Eigentum beim Nehmer unterstellt

Bei Teilamortisation

Detailliertere Bestimmungen, insbes. abhängig von Optionselementen.

12 Leasingerlass vom 19.04.1971 [Mobilien, Vollarmortisationsverträge], Leasingerlass vom 21.03.1972 [Immobilien], Lea-singerlass vom 22.12.1975 [Teilamortisationsverträge], Leasingerlass vom 23.12.1991 [Immobilien, Teilamortisationsver-träge].

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4. Forderungsverkäufe

4.1 Factoring

„factor“ = Agent, Mittelsmann

liefert Ware

Factoring- Kunde

Abnehmer

Factor

informiert über Ford.verkauf

prüft Bonität

bezahlt Forderung

zahlt Kaufpreis

verkauft Forderung

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■ Factor kauft vom Factoring-Kunden Forderungen an.

■ Factor prüft vor Vertragsabschluß und fortlaufend die Bonität der Abnehmer

und übernimmt (i.d.R. im Rahmen eines vereinbarten Limits) das volle Aus-

fallrisiko.

■ Factorkunde informiert seine Abnehmer über Factoring (offenes Factoring).

Abnehmer hat Rechnungsbetrag an Factor zu zahlen.

■ Factorkunde stellt dem Factor laufend Rechnungskopien über die Forderungen

zur Verfügung.

■ Factor überweist Factoringerlös (Forderungskaufpreis) sofort dem Facto-

ring-Kunden. 10 % bis 15 % des Kaufpreises behält der Factor i. d. R. zunächst

als Sicherheit für Skontoabzüge oder Mängelrügen ein. Dieser

Sicherheitseinbehalt wird dem Kunden bei Zahlung durch den Schuldner oder

bei Fälligkeit gutgeschrieben.

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Quelle: Deutscher Factoring Verband, Jahresbericht 2015, S. 6: Umsätze der Verbandsmitglieder

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echtes/unechtes Factoring:

echtes: Factor übernimmt das Ausfallrisiko

echtes wird in Deutschland seit Jahren fast ausnahmslos praktiziert.

Abgrenzung zwischen Factoring und Forfaitierung uneinheitlich:

Bei längerfristigen Positionen (> 6 Monate) und im Rahmen von Exportgeschäften

wird auch von Forfaitierung gesprochen.

mögliche Vorteile eines Factoring Beseitigung möglicher Liquiditätsengpässe

Spezialisierungsvorteil des Factors bei Inkasso-Aktivitäten und/oder bei Ab-

schätzung der Ausfallrisiken

Diversifizierungsvorteil beim Factor

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4.2 Asset Backed Securities13

Grundidee:

13 Rudolph, Bernd: Risikotransferinstrumente und Unternehmensfinanzierung, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 57, 2005, S. 176-181.

„Originator“

Zweckgesellschaft mit Forderungen als

Aktivposten

überträgt Forderungen an …

Investoren

emittiert ABS an …

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Übertragene Forderungen bilden Haftungsgrundlage für ABS.

zusätzliche Sicherheiten vom Originator möglich (Credit Enhancement;

„enhancement“ = Steigerung)

Forderungen stehen von Anfang an fest oder werden revolvierend einge-

bracht (z.B. Kreditkartenforderungen, Leasingforderungen, Forderungen

auf zukünftige Lizenzeinnahmen).

Investoren erhalten nur anonymisierte Infos über Kreditpositionen.

genauerer Einblick durch Ratingagenturen, abgegebenes Rating mitunter

besser als das des Originators selbst

Überwachung durch Treuhänder (i.d.R. Wirtschaftsprüfer, Anwälte)

Spezialbegriffe in Abh. speziell übertragener Forderungen

− Mortgage Backed Securities (MBS): mit Grundpfandrecht abgesicherte Forderungen

− Collateralised Loan Obligations (CLO): Unternehmenskredite

− Collateralised Bond Obligations (CBO): Anleihen

− Collateralised Debt Obligations (CDO): Oberbegriff für CLO + CBO

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Dabei grundsätzlich möglich:

Emission unterschiedlicher Wertpapiertranchen mit unterschiedl. Bonität und Priorität

Wasserfallprinzip: Verteilung der Zahlungen auf die Tranchen in vorab festgelegter Reihenfolge

letzte Tranche mit reinem Residualanspruch (wie EK)

mögliche Vorteile von ABS Beseitigung möglicher Liquiditätsengpässe

Erleichterung der Diversifikation (z. B. bei regionalem Absatzmarkt)

verbesserte Information der Marktteilnehmer (durch Rating)

verbesserte Kontrolle (durch Treuhänder)

bei Finanzinstituten: Regulierungsarbitrage (Basel III)

Vervollständigung des Marktes

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Kapitel IV: Budgetierung und Investitionscontrolling14

„Investitionscontrolling“

■ Planung und Steuerung dezentraler Investitionsentscheidungen

■ Dezentralisierung nur sinnvoll bei entsprechenden Vorteilen, z. B. wegen be-

sonderen Informationsvorteilen „vor Ort“

„Budgetierung“

■ in Wertgrößen formulierter Plan

■ mehr oder weniger verbindlich für nachgelagerte Entscheidungseinheiten

■ z. B. Kosten-, Werbe-, Umsatz-, Gewinnbudgets

Zielsetzung einer Budgetierung im Rahmen des Investitionscontrollings

Koordinierung der Investitionsentscheidungen durch

■ Vorgabe von Zielgrößen für einzelne Entscheidungsträger

■ Implementierung geeigneter Anreizsysteme

14 In Anlehnung an Ewert, Ralf/Wagenhofer, Alfred: Interne Unternehmensrechnung, 8. Auflage, 2014, Kapitel 8 und 9.

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Behandeltes Problemfeld im folgenden:

Projektleiter „vor Ort“ soll dazu angereizt werden,

a) die richtigen Informationen an die Zentrale weiterzugeben oder

b) die aus Sicht der Zentrale optimale Investitionsentscheidung zu treffen.

1. Das Revelation Principle

Ein Vertrag (zwischen Zentrale und Manager), der eine nicht wahrheitsgemäße

Berichterstattung (des Managers) hervorruft, kann grundsätzlich ersetzt werden

durch einen Vertrag mit wahrheitsgemäßer Berichterstattung, der ansonsten zu

denselben Handlungen und Allokationen führt.

Beispiel

Zentrale Entscheidung über Projektdurchführung nach Kostenberichterstattung

durch Manager vor Ort

o Projekt erbringt Erlös R

o Projektkosten K [KL; KH] mit KL < R < KH sind nur Manager bekannt.

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o Risikoneutrale Zentrale würde Projekt durchführen, wenn E(K) < R.

Nutzung der Managerinformation könnte Fehlentscheidung vermeiden.

o Manager kann Zentrale durch Vortäuschen höherer Kosten K belügen und

Kostendifferenz K K vereinnahmen.

Vertragsergebnis:

Manager berichtet Kosten K .

Für K R führt Zentrale Projekt durch und weist Manager Budget K zu.

Manager kann K - K konsumieren.

Manager wird K = R berichten, wenn K R.

systematische Kostenüberschätzung; Zentrale weiß nur, daß K R.

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73

äquivalenter wahrheitsinduzierender Vertrag

─ Grundidee: Manager behält seine Rente, auch wenn er Wahrheit sagt.

─ Modifikation des obigen Vertrags:

o Für K R führt Zentrale Projekt durch und weist Manager Budget R zu.

o Ergebnis: Manager kann K = K angeben u. trotzdem R K vereinnahmen.

Kritik am Revelation Principle

1. Zentrale muß sich daran binden können, die Information nicht zum (jetzigen

und künftigen) Nachteil des Managers auszunutzen.

2. Es trifft keine Aussage darüber, ob ursprünglicher bzw. wahrheitsinduzierender

Vertrag optimal ist (oben offensichtlich nicht, da Zentrale mit Nullgewinn).

trotzdem hilfreich:

Suche nach optimalen Verträgen kann sich auf solche mit wahrer Berichterstattung

beschränken (sog. anreizkompatible Verträge).

Denn sämtliche Verträge, bei denen gelogen werden würde, würden zu keinen

anderen Allokationen führen können.

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74

Optimaler Vertrag im Beispiel

modifizierte Entscheidungsregel:

Projektdurchführung nur, wenn R ≥ K , und

Budgetzuweisung von R an Manager

Bei Projektdurchführung erzielt Zentrale den Deckungsbeitrag > 0.

Ex-ante-Wahrscheinlichkeit dafür ist w(K R ) = F(R )

mit F(.) Verteilungsfunktion der Kosten

erwarteter Deckungsbeitrag = F(R )

Maximierung des erwarteten Deckungsbeitrags: 1. Ableitung nach gleich null

1 F(R ) f(R ) = 0

)*f(R

)*F(R*

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75

Beispiel mit gleichverteilten Kosten

LH

L

LH

KK

K)(R)F(R

KK

1)f(R

* = R – * KL * = 2

KRL

Projektdurchführung nur, wenn R * = K2

KRL ˆ

f

LHKK

1

KL KH R K

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76

Erwarteter Deckungsbeitrag

= 0K(K4

2KR(

)KK(2

KR

2

KR

KK

K*)(R

2

KR

)LH

)LLL

LH

LL

LH

* F(R *)

ist umso höher,

─ je kleiner (KH – KL) → je kleiner der Informationsvorteil des Managers

─ je größer (R KL) → je wahrscheinlicher die wahren Kosten K unter

dem Erlös R liegen

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77

2. Anreizmechanismen für wahre Berichterstattung

2.1 Weitzman-Schema

Situation

o Manager vor Ort kennt Gewinn G eines Projekts und berichtet G .

o Zentrale kennt G nicht u. möchte, daß Manager das „richtige“ G = G berichtet.

o Zentrale kann das wahre G ex post beobachten (anders als im vorangegan-

genen Beispiel bei K).

o Je nach Meldung: Zuweisung oder Verweigerung des erforderlichen Budgets

Lösung

Entlohnung des Managers wie folgt

S + α* G + α1 (G – G) für G G

s(G, G) =

S + α* G+ α2 (G – G) für G < G

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78

mit

G berichteter Gewinn

G tatsächlicher Gewinn

S beliebiges Fixum

und

0 < α1 < α* < α2.

Interpretation:

härtere Bestrafung für Gewinnübertreibung als Belohnung für Gewinnuntertreibung

Beachte:

■ G erhöht eindeutig Entlohnung da „erwünschte“ Größe.

■ Wäre G z. B. Kostengröße Vorzeichenwechsel vor allen G- und G-Werten

im Entlohnungsschema nötig.

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Fall 1: Manager kennt G mit Sicherheit

Manager maximiert s(G, G) über G

Ableiten nach G ergibt

s’ = α* α1 > 0 für G G G steigt wegen positiver Grenzgewinne

s’ = α* α2 < 0 für G < G G sinkt wegen negativer Grenzgewinne

Ergebnis: wahrheitsgemäßer Bericht G = G für Manager optimal

Allerdings:

Bei sicherem Wissen des Managers wäre simple Bestrafung, falls er gelogen

hat, einfacher.

Simple Bestrafung dagegen nicht möglich bei unsicherem Wissen des Ma-

nagers (siehe unten).

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Weitzman-Schema am Beispiel der OBI-Gruppe

falls realisierter Gewinn > geplanter Gewinn: Bonus = 2 % des geplanten Gewinns + 2 % des realisierten Gewinns falls realisierter Gewinn < geplanter Gewinn: Bonus = 2 % des geplanten Gewinns + 2 % des realisierten Gewinns

2 % (gepl. Gewinnreal. Gewinn) 200 % Zusammengefaßtes Bonusschema:

0,02 G + 0,02 G für G > G

s(G, G) =

0,02 G + 0,02 G 0,04 (G G) für G < G

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umgeformt zu

0,04 G + 0,02 (G G) für G > G

s(G, G) =

0,04 G + 0,06 (G G) für G < G

Bei OBI also:

α* = 0,04; 1 = 0,02; 2 = 0,06

Fall 2: Manager kennt nur die Verteilung von G

Risikoneutraler Manager maximiert erwartete Entlohnung E(s) über G

E(s) = S + α* G + max

min

G

G

G

GdGf(G))G(GαdGf(G))G(Gα

12

Ableiten nach G via Leibniz-Regel.

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82

Leibniz-Regel allgemein:

s(y)

r(y)

y

s(y)

r(y)

r`(y)r(y)y,hs`(y)s(y)y,hz)dz(y,hdzz)h(y,dy

d

mit h = Integrand

hy = partielle Ableitung von h nach y

Setze y = G und z = G und h = jeweiliger Integrand.

Anwendung der Regel ergibt:

α* max

min

G

G G

dGf(G)αG

dGf(G)α12 = 0

α* α2 F(G) α1 (1 F(G)) = 0

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implizite Lösung für G : F(G) = 12αα

α*α 1

Manager berichtet dasjenige G , das mit Wkt.

12

1

αα

α*α

unterschritten wird.

Zentrale kann über α*, α1 und α2 festlegen, wie hoch diese Wkt. sein soll.

Übrigens: Bedingung 2. Ordnung: (α1 – α2) f(G) < 0, ist erfüllt.

Fazit:

Durch Wahl von α1, α* und α2 kann Berichterstattung eines beliebigen Quantils hervorgerufen werden.

Beispiel: Bericht des Medians, wenn

12

1

αα

α*α

= 0,5.

(Median = Erwartungswert, wenn Verteilung symmetrisch)

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2.2 Osband-Reichelstein-Schema Problemstellung wie oben

Lösung: Entlohnung des Managers wie folgt

s(G, G) = S + g(G) + g’(G) (G – G) mit g’ > 0 und g’’ > 0. Fall 1: Manager kennt G mit Sicherheit

Ableiten nach G

g’(G) + g’’(G) (G G) g’(G) = 0

g’’(G) (G G) = 0

G = G

Bedingung 2. Ordnung: g’’’(G) (G G) g’’(G) < 0, ist bei G = G erfüllt.

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Fall 2: Manager kennt nur Verteilung von G

Risikoneutraler Manager maximiert erwartete Entlohnung E(s) über G

E(s) = S + g(G) + g’(G) (E(G) – G)

Ableiten nach G :

g’(G) + g’’(G) (E(G) – G) g’(G) = 0

G = E(G)

Bedingung 2.O. analog wie oben erfüllt.

Unterschied zum Weitzman-Schema:

hier: Bericht des Erwartungswerts, dort: beliebige Quantile

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3. Wahl der optimalen Investitionshöhe

Situation

Manager kennt Investitionsmöglichkeiten, Zentrale nicht

Reihung der Projekte nach ihrer Rendite

(bei mehrdeutigem internen Zins Kapitalwertfunktion genauer anschauen, im

folgenden aber Betrachtung nur zweier Zeitpunkte)

zur formalen Vereinfachung: Investitionsertragsfunktion x(I)

Investitionsbetrag I

x’ > 0 und x’’ < 0 x’(0) hinreichend groß, so daß I* > 0

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87

3.1 Exogener Kalkulationszinssatz und Fehlanreize First-best-Lösung für Zentrale wäre: Maximaler Kapitalwert

K = I + x(I) q1

Bed. 1. O.: K’(I) = 1 + x’(I) q1 = 0

xFirst’(I) = q Falls Gewinn als Beurteilungsgröße des Managers: Manager maximiert

G(I) = x(I) I

Bed. 1. O.: G’(I) = x’(I) 1 = 0 xMan’(I) = 1 < xFirst’(I) Vergleich beider Lösungen: xMan > xFirst. Überinvestitionsanreiz

Grund: Kapital- bzw. Zinskosten müssen vom Manager nicht getragen werden.

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Besser: Residualgewinn als Beurteilungsgröße des Managers

Manager maximiert RG(I) = G i I = (x I) i I = x(I) q I

Bed. 1. O.: x’(I) q = 0 x’(I) = q = xFirst’(I) kein Fehlanreiz

Erweiterung um mehrere Perioden „Lücke-Theorem“: Kapitalwert der EZÜ = Barwert der RG, Voraussetzung: Kongruenzprinzip („Grundsatz der Pagatorik“)

T

tt

T

1tt

eG0

mit

Gt = Ertragt Aufwandt als Gewinn gem. Rechnungslegung (ohne Zinskosten) et als EZÜ

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Ansatz: Residualgewinne als Beurteilungsgröße des Managers Maximierung von B0(RGt) maximiert gleichzeitig K0(et). Problem: Zentrale kennt RG künftiger Perioden nicht, wohl aber der Manager. Lösung: Periodische Entlohnung über zeitkonstanten Anteil β am RGt der

jeweiligen Periode t

Ergebnis: Manager maximiert B0(β RGt) = β B0(RGt),

also letztlich B0(RGt) und damit auch K0(et).

kein Fehlanreiz

Voraussetzungen:

Die ausgewiesenen Gewinne müssen beobachtbar sein, auch wenn die EZÜs nicht beobachtbar sind (sonst als Vertragselement untauglich → „Kontraktibilität“).

Manager kalkuliert mit gleichem Zinssatz wie Zentrale. Andernfalls Gefahr: Er könnte kurzsichtiger sein, also höheren Zinssatz ansetzen → Unterinvestition.

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Beispiel zum Lücke-Theorem

Situation

Alle Zahlungen sind sofort erfolgswirksam (ab t = 1).

Abschreibungen und Zinskosten sind die einzigen nicht zahlungswirksamen

Erfolgsgrößen in der jeweiligen Periode.

Anmerkung: Hinsichtlich der Zinskosten soll damit klargestellt werden, daß sie noch nicht in den unten angegebenen EZÜ berücksichtigt sind.

G steht für Gewinn vor Zinsen

Ausschüttung des Residualgewinns

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Um die Zinskosten zu berechnen, muß zunächst das gebundene Kapital bzw. die

Kapitalfreisetzung der jeweiligen Periode ermittelt werden.

Was bleibt von den EZÜ nach Ausschüttung

für die Kapitalfreisetzung und –verzinsung übrig?

EZÜ – Ausschüttung = Kapitalfreisetzung + Zinskosten

Kapitalfreisetzung = EZÜ – Zinskosten – Ausschüttung

= et – i ∙ KBt-1 – (Gt – i ∙ KBt-1)

= et – Gt

= Abst

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Zahlenbeispiel mit i = 10 %

t et Abst Gt

= et – Abst RGt = Gt – i ∙ KBt-1

Kapitalbindung KBt = KBt-1 – (et – i ∙ KBt-1 – Ausschüttung RGt)

0 – 100 / / / 100

1 70 50 20 20 – 0,1 ∙ 100 = 10

100 – (70 – 10 – 10) = 50

2 80 50 30 30 – 0,1 ∙ 50 = 25

50 – (80 – 5 – 25) = 0

K0(e) = 29,75

B0(RG) = 29,75

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gleiches Ergebnis auch bei veränderter Abschreibung

(solange Grundsatz der Pagatorik gewahrt)

t et Abst Gt

= et – Abst RGt = Gt – i ∙ KBt-1 Kapitalbindung KBt

0 – 100 / / / 100

1 70 60 10 10 – 0,1 ∙ 100 = 0

100 – (70 – 10 – 0) = 40

2 80 40 40 40 – 0,1 ∙ 40 = 36

40 – (80 – 4 – 36) = 0

K0(e) = 29,75

B0(RG) = 29,75

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Return on Investment als Beurteilungsgröße

ROI = talGesamtkapi

ZinsenFKvorGewinn

Häufig abgeleitet aus Jahresabschlußdaten, hier projektbezogen:

1I

x(I)

I

Ix(I)

I

G(I)ROI

Bed. 1. O.:

I

x(I)x'

0I

x

I

(I)x'(I)ROI'

2

Grenzertrag Durchschnittsertrag ..... ist wegen Konkavität nur bei I* 0 erfüllt. extremer Unterinvestitionsanreiz Grund: Maximierung des ROI → Maximierung der Durchschnittsverzinsung

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Bei diskreten Investitionsprojekten:

Realisiere ausschließlich das Projekt mit höchster Verzinsung.

Entwicklung des ROI im Verlauf eines Projekts

1-t

tt

1-t

t

tKB

Abse

KB

GROI

→ Wahl des Abschreibungsverfahrens beeinflußt ROI der einzelnen Perioden

→ Da KBt im Zeitablauf sinkt, steigt ROI tendenziell im Zeitablauf (außer, wenn

etAbst stark genug sinken)

Rentabilitätsspanne (ROI-Spread)

ROI-Spread = ROI i = I

RG(I)

I

IiG(I)

mit gleichem Fehlanreiz wie ROI

Gesamtfazit

■ Hände weg von Rentabilitätsgrößen! ■ Residualgewinn mit relativ guten Anreizergebnissen

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3.2 Endogener Kalkulationszinssatz und Fehlanreize

Bisher: Kein Ressourcenverbund zwischen verschiedenen Projekten, insbes. konkurrierten Finanzmittelbedarfe nicht miteinander.

Nun: Gegebenes Budget B, keine weitere Mittelaufnahme möglich.

→ Projekte verdrängen sich gegenseitig über ihren Finanzmittelbedarf.

→ Endogener Kalkulationszinssatz ist ex ante unbekannt.

Naiver Ansatz: schrittweises Herantasten ans Optimum.

1. Schritt: Zentrale gibt Kalkulationszins i vor

2. Schritt: Jeder Projektmanager j maximiert RGj(Ij)

→ Budgetforderung Ij* an Zentrale

3. Schritt: Falls Ij* = B → Optimum gefunden, Kalk.zins i

Falls Ij* > B → Zentrale erhöht Zins auf i + δ

Falls Ij* < B → Zentrale senkt Zins auf i δ

4. Schritt: Neue Optimierung durch Projektmanager

→ Budgetforderung Ij** an Zentrale

usw.

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Problem: Anreiz zu verzerrter Budgetforderung

Grund: Forderungen beeinflussen Kalkulationszinssatz

niedrigere Budgetforderung → geringere Kapitalkosten in RGj

Folge: Individueller Fehlanreiz zur Unterinvestition

Beweis: von Zentrale festgelegter Zinssatz

RG = x(I) [1 + γ(I)] I

Bed. 1. O.: RG’(I) = x’(I) [1 + γ(I)] γ’(I) I = 0

Naive Budgetforderung unterstellt γ’(I) = 0:

x’(I1) = 1 + γ(I1) „I1 ist First-best-Lösung“

Rationale Budgetforderung berücksichtigt γ’(I) > 0:

x’(I2) = 1 + γ(I2) + γ’(I2) I2

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Beachte: x’ > 0, x’’ < 0 und γ’ > 0 Im folgenden lineare Darstellung von γ(I) nur zur Vereinfachung

Unterinvestition

I

x’(I)

1 + γ

1 + γ + γ’(I) ∙ I

1+γ(0)

I1 I2

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Lösung:

Jeder Manager wird in Abhängigkeit der aggregierten Residualgewinne

aller Projekte (Manager) entlohnt.

Jeder einzelne Manager hat ein Interesse am First-best-Ergebnis.

Manager geben im Rahmen des schrittweise Herantastens

bewußt “naive” Budgetforderungen ab.

■ Gleiches Ergebnis, wenn jeder Manager in Abhängigkeit der aggregierten

Gewinne entlohnt wird („profit sharing“).

■ Grund: Wegen insgesamt gegebener Mittel geht es lediglich um den damit zu

erzielenden maximalen Gewinn.

■ Falls endogener Kalkulationszinssatz < Kapitalmarktzins:

→ Kapitalmarktzins wird als Kalkulationszins verwendet.

Teile des Budgets werden am Kapitalmarkt angelegt.

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■ „Dilemma der Kostenbewertung“

Hier konkret: Bei Ermittlung des Kalkulationszinssatzes wird gleichzeitig die

optimale Budgetallokation ermittelt. Dann benötigt man den Kalkulationszins-

satz dafür aber nicht mehr.

Jeder Manager kann davon ausgehen, daß die anderen gleichfalls wahrheitsge-

mäß („naiv“) berichten.

aber: anfällig gegenüber anders motivierter Fehlberichte anderer Manager

Beispiel

Investitionsmöglichkeiten

des Manager 1: 11 Iax

des Manager 2: 22 Ibx

Zentrale kennt nur Funktionstyp, aber weder a noch b.

Manager berichten ihr a bzw. b .

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o Falls Manager lügen, können sie im nachhinein nicht entlarvt bzw. bestraft

werden (z. B. wenn a und b auch für die Manager unsicher sind, sie aber we-

nigstens deren Erwartungswert kennen).

o Investitionen erbringen auf jeden Fall mehr als die Kapitalmarktanlage.

(Andernfalls kann Zentrale nach Berichterstattung umdisponieren, den Kapi-

talmarktzins als Kostensatz vorgeben und Teile des Budgets am Kapitalmarkt

anlegen).

o Nach Berichterstattung weist die Zentrale aus ihrem gegebenen Gesamtbud-

get B die Einzelbudgets I1 und I2 zu.

o Gewinn ist maximal, wenn die Rückflüsse maximal sind.

Da Gesamtbudget gegeben ist und auf jeden Fall voll ausgeschöpft wird, ist die

Berücksichtigung von Kapitalkosten irrelevant für die Optimierung.

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Zentrale maximiert

21 IbIaG B → max!

11 IBbIaG B

0IB2

b

I2

a)I('G

11

1

Bba

bI

Bba

aI

IbIBa

22

2

2

22

2

1

1

2

1

2

Budgetzuweisungen der

Zentrale

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Der tatsächliche Gewinn der Zentrale wäre daraufhin

Bba

bbB

ba

aaG

22

2

22

2

B

Beide Manager seien an diesem Gewinn prozentual beteiligt. Dann haben beide

ein Interesse daran, daß er maximal ist.

Verallgemeinerte Frage

Welches a berichtet Manager 1, wenn er mit dem Bericht b des anderen rechnet

und b kennt?

G’(â) = 0 b

baa

Wenn er mit wahrer Berichterstattung des anderen rechnet ( bb ),

dann berichtet er auch wahr, nämlich aa .

Den genauen Wert von bb braucht er nicht zu kennen.

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Ansonsten über- oder untertreibt er prozentual genauso stark wie der andere

Manager.

Anmerkung: Daß er prozentual genauso stark abweicht, liegt an den konkret un-

terstellten Rückflußfunktionen x(I).

Auf jeden Fall wird die optimale Budgetierung erreicht. Denn Einsetzen von

b

baa

in I1 ergibt:

Bba

aB

1b

a

b

a

B

bb

ba

b

ba

I22

2

2

2

2

2

2

2

22

2

22

1

und I2 entsprechend.

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Fazit:

Profit sharing führt zu optimaler Allokation des Budgets.

Wenn einzelne Manager (aus exogenen Motiven) falsch berichten, wird dies durch

falsche Berichterstattung anderer neutralisiert.

Probleme:

Woher kennt Manager 1 das b?

Kann er eine exogen bedingte Lüge b rational erwarten?

Darf die Zentrale in ihrem Kalkül davon ausgehen, daß Wahrheit berichtet wird?

Daher besser vorsichtiger als Tendenzaussage zu interpretieren:

Ohne weiteres wird allseits die Wahrheit berichtet.

Falls ein Manager dennoch lügt und andere Manager dies erwarten können,

versuchen sie den gewinnmindernden Effekt durch eigenes Lügen zu neutra-

lisieren.

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Groves-Schema

Grundidee: Anreiz für jeden geben, die Wahrheit zu sagen, unabhängig davon, ob

die anderen – aus irgendwelchen Gründen – lügen (d.h. ihre Berichte nicht erfül-

len).

Beurteilungsgröße: eigener Gewinn + berichteter Gewinn der anderen

Jeder Manager wird eigene Gewinnsituation wahrheitsgemäß berichten,

unabh. davon, welche Strategie die anderen wählen.

Im Beispiel

Entlohnung von Manager 1 sei

S1 = α ∙ (G1 + 2G )

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Zentrale maximiert nach Berichterstattung unverändert den Gesamtgewinn bzw.

den gesamten Rückfluß.15

Gleiche Regel der Budgetzuweisung wie beim Profit Sharing (siehe oben):

Bba

bI

und

Bba

aI

22

2

2

22

2

1

Was meldet Manager 1 angesichts dieser Budgetierungsregel?

15

Anmerkung: Strenggenommen müßte sie den Gesamtgewinn nach Abzug der Entlohnungen maximieren. Im Gleichge-

wicht kann sie aber von 1G = G1 und 2G = G2 ausgehen. Dann beträgt der Nettogewinn G1 + G2 – S1 – S2 = (12) ∙ (G1 +

G2), so daß bei gegebenem tatsächlich G1 + G2 zu maximieren ist.

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108

Manager 1 maximiert

222

2

122

2

1 IBba

bbIB

ba

aaS

Aus Optimierungsbedingung (beachte oben: I1 I2 = B = konstant)

S1’(â) = 0

folgt nach einigen Umformungen

â = a â ist unabhängig von b und b !

Manager 1 berichtet stets die Wahrheit, selbst wenn der andere lügt.

Die Strategie, Wahrheit zu wählen, ist hier stabiler als beim Profit-Sharing.

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109

Allerdings:

Sollte trotzdem jemand (aus exogenen Gründen) über- oder untertreiben, hätten

die anderen keinen Anreiz dem über eigene Über- oder Untertreibungen

entgegenzusteuern. Aus Sicht der Zentrale wären die Budgetzuweisungen dann

nicht optimal.

Außerdem:

Verbleibende Gefahr der Absprachen zwischen den Projektmanagern

Beide maximieren zusammen

S1 + S2 = α ∙ (G1 + G2 + 1G + 2G )

über â und b .

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110

Ergebnis

Manager 1 und 2 können 1G und 2G unbegrenzt nach oben treiben und be-

richten „Mondgewinne“.

Gleichzeitig achten sie auf optimale Allokation des Budgets und maximieren

damit den Gesamtgewinn G1 + G2.

Theoretisch könnten sie so mehr abschöpfen als insgesamt tatsächlich er-

wirtschaftet wurde.

Absprache muß tatsächlich bindend sein, sonst Abweichen hin zur Wahrheit

individuell rational.

Fazit

Um Ressourcenverbund zu berücksichtigen, werden Projektmanager auch

anhand von Entscheidungen anderer Projektmanager beurteilt.

Prinzip der „Controllability“ („Jeder wird nur anhand von Größen beurteilt, die er

selbst beeinflussen kann“) wird verletzt.

..... ist eben kein Naturgesetz.

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111

Kapitel V: Going Public und Informationsverarbeitung auf dem Primärmarkt

1. Konsortialverträge Bei Wertpapieremissionen im regulierten Markt an einer deutschen Börse gilt nach

§ 32 BörsenG grundsätzlich:

- Pflicht zur Inanspruchnahme eines Finanzintermediärs

(Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut)

- Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts

Intermediation

grds. sinnvoll wegen Spezialisierungsvorteile u. aus Kapazitätsgründen

Intermediär erhält Provision (normalerweise in % des Emissionsvolumens)

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Intermediation ermöglicht

Delegation von Absatzbemühungen u. von Informationsbeschaffung

Risikoteilung

typische Elemente einer Principal-Agent-Beziehung

konkrete Dienstleistungen des Intermediärs

o Abwicklung der Wertpapierzulassung und Beratung

o Plazierung der Papiere

o Bereitstellung des Emissionskredits (= Glaubwürdigkeit des Gelingens einer

Emission)

o evtl. Risikoübernahme

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Emissionskonsortium

Zusammenarbeit mehrerer Finanzdienstleister zwecks Wertpapieremission

Grundsätzlich alles möglich, speziell die folgenden:

Übernahmekonsortium: Übernahme der Wertpapiere zu festem Kurs

Absatzrisiko (ob vollständig plaziert wird) und Wertrisiko (zu welchem

Preis) beim Konsortium

Begebungskonsortium: Konsortium stellt nur Vertriebskanäle zur Verfügung,

gibt zwar Bemühenszusage, aber übernimmt keine Garantie für Plazierung

Absatz- und Wertrisiko beim Emittenten

Einheitskonsortium: kombiniertes Übernahme- u. Begebungskonsortium mit

Übernahme zu festem Kurs, Plazierung vorgeschrieben

Absatz- und Wertrisiko beim Konsortium

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Bookbuilding

bei größeren Emissionen verbreitetes Verfahren zur Ermittlung des Emissions-

preises

(1) Bewertungsgutachten des Konsortiums + Roadshows für ausgewählte institu-

tionelle Investoren

(2) Feedback der institutionellen Investoren hinsichtlich ihrer voraussichtlichen

Zeichnungsvolumina und Preisobergrenzen (Tendenz zur Untertreibung)

(3) Festlegung einer Preisspanne für die Emission (Bookbuildingspanne)

(4) Kaufaufträge innerhalb Zeichnungsfrist (meist 1 bis 2 Wochen)

ggf. Anpassung der Preisspanne nach unten und/oder Verlängerung der

Zeichnungsfrist

(5) Ermittlung des für alle einheitlichen Emissionspreises

(6) Zuteilung; ggf. Rationierung

Kombination des Bookbuildung mit Übernahme-, Begebungs- od. Einheitskonsor-

tium möglich.

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2. Reputationseffekte

2.1 Zertifikationshypothese

■ Vertrauen der Anleger in glaubwürdige Auskünfte der Bank (Zertifikation)

─ ….. ersetzt teure Informationsbeschaffung.

─ ….. erhöht Anlagebereitschaft.

■ Vertrauen in die Bank wird durch Wohlverhalten der Bank erworben:

Reputationsaufbau als Investition

■ Reputationsaufbau ist für Bank eher lohnend als für Emittenten, da

Bank sie häufiger nutzt wegen häufigerer Emissionsbegleitungen.

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2.2 Reputationsaufbau16

Kann von vergangenem Wohlverhalten auf künftiges geschlossen werden?

Wohlverhalten: sorgfältige Prüfung und korrekte Info.weitergabe trotz Info.kosten

und entgangener Erlöse durch Fehlinformierung

Beispiel:

2 aufeinanderfolgende Emissionen

Nach jeder Emission zeigt sich sofort, ob sich Bank wohlverhalten hat.

Absicht:

Wohlverhalten bei 1. Emission

höhere Erlöse bei 2. Emission, wenn Anleger wiederum Wohlverhalten

erwarten

16 Idee: Rau-Bredow, Hans: Reputation und wiederholte Spiele, in: WiSt 1996, S. 215-217.

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117

tatsächlich:

letzte 2. Emission kein Anreiz zur Reputationserhaltung

kein Wohlverhalten bei 2. Emission

wird auch erwartet niedriger Erlös bei 2. Emission

kein Anlaß zum Wohlverhalten bei 1. Emission

kein Reputationsaufbau

Reputationsaufbau nur möglich, wenn

unendliche oder unsichere Anzahl von Spielstufen

( stets noch möglicher Verlust bei Zerstörung der Reputation)

oder

Ungewißheit über Typen (z. B. notorisch ehrliche Banken)

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3. Prospekthaftung

Wertpapierprospektgesetz (WpPG) § 21 (1) Der Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines Prospekts zum Börsen-

handel zugelassen sind, in dem für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche

Angaben unrichtig oder unvollständig sind, kann

1. von denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen

haben und

2. von denjenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht,

als Gesamtschuldnern die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des

Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Ausgabepreis der Wertpapiere nicht

überschreitet, und der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen,

sofern das Erwerbsgeschäft nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb

von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere abgeschlossen

wurde.

.............

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119

(2) Ist der Erwerber nicht mehr Inhaber der Wertpapiere, so kann er die Zahlung

des Unterschiedsbetrags zwischen dem Erwerbspreis, soweit dieser den ersten

Ausgabepreis nicht überschreitet, und dem Veräußerungspreis der Wertpapiere

sowie der mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen üblichen Kosten

verlangen. Absatz 1 Satz 2 und 3 ist anzuwenden.

…..

Prospektinhalte sind unter anderem

- Verwendungszweck des Emissionserlöses,

- Kündigungsrechte des Emittenten u./o. der Wertpapierinhaber,

- Vorzugsrechte,

- Unternehmenszweck und –umfang,

- Gewinnverteilungsvorschriften,

- vergangene Gewinnentwicklung.

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3.1 Verringerung des Emissionskurses durch Prospekthaftung?17

Beispiel

kg = 120 mit = 0,5

künftiger Börsenkurs k1

ks = 80 mit 1 = 0,5

heutiger Emissionskurs ke = Zahlungsbereitschaft der Anleger

ke = E(k1) = kg + (1) ks = 100 (Risikoneutralität; ohne Zinseffekte)

bei schlechter Kursentwicklung:

Gefahr der Klage und des für Emittent verlorenen Prozesses mit Wkt. h = 40 %

(h < 1, da schlechter Kurs auch bei richtigen u. vollständigen Angaben möglich)

17 Tinic, Seha: Anatomy of Initial Public Offerings of Common Stock, in: Journal of Finance 1988, S. 789-822.

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121

Erwartungswert der Haftung

H = (1) h (ke ks) = 4

behauptete Folge:

Emittent verringt ke, um Haftungsumfang H zu verringern (denn dH/dke > 0)

3.2 Irrelevanz der Prospekthaftung u. Erhöhung des Emissionskurses18

Gedankenfehler bei 3.1:

Vernachlässigung der Rückwirkung der Haftung auf Zahlungsbereitschaft der

Anleger

Zahlungsbereitschaft der Anleger unter Berücksichtigung der Haftung:

18 Neus, Werner: Börseneinführungen, Underpricing und die Haftung von Emissionsbanken, in: Kredit und Kapital 1996, S. 428-455.

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ke = kg + (1 ) [ks + h (ke ks)]

105h11

kh11kk

sg

e

)(

)()(

> 100 = E(k1) wegen zstzl. Haftung

→ Erhöhung des Emissionskurses (um die erwartete Haftung)

→ ke steigt sogar um mehr als H = 4 (siehe 3.1), da H hier höher ist wegen hö-

herem ke.

erwarteter Nettoerlös für Emittenten:

NE = ke H = ke (1) h (ke ks)

= [1 (1) h] ke + (1) h ks

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Einsetzen von ke (s.o.):

NE = { kg + (1) (1h) ks} + (1) h ks

= kg + (1) ks = E(k1) = 100

Irrelevanz der Haftung

3.3 Informationsvorteil der Bank bzw. des Emittenten19

Situation

o überlegener Kenntnisstand der Bank/des Emittenten gegenüber Anlegern

o Anleger kalkulieren wie zuvor.

o Emittent kalkuliert mit „wahrer“ Wahrscheinlichkeit *.

19 Neus (1996) siehe oben.

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124

Beispiel

gute Emission mit * = 0,75 >

NE = ke (1*) h (ke ks) = 105 2,5 = 102,5 > 100

Anlegererw. Erwartung des Emittenten.

Steigerung des erwarteten Nettoerlöses

schlechte Emission (analog):

NE < 100, da wahres H größer als Anleger erwarten.

Trotz gleichem Emissionskurs führt die Haftung dazu, daß

„gute“ Emittenten gewinnen.

„schlechte“ Emittenten verlieren.

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4. Underpricing

4.1 Grundlagen

Begriffsklärung

Underpricing = Unterbewertung bei Aktienerstemissionen

Ex-post-Underpricing: Emissionskurs < erster Börsenkurs

Ex-ante-Underpricing: Emissionskurs < erwarteter erster Börsenkurs

Zusammenhang: Ex-ante-U. = erwartetes Ex-post-U.

Behauptungen (Ad-hoc-Erklärungen)

o „Geld-liegen-lassen“ seitens des Emittenten (Dummheit)

o „Versüßung der Emission für Anleger“ (Geschenk)

o Marktmacht der Banken

o Kursphantasie (wäre die von Vorteil?)

jedoch: beobachtbares, dauerhaftes Phänomen

Underpricing-Gleichgewicht

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126

4.2 Das Rock-Modell20

Grundidee: Insider auf dem Primärmarkt

vereinfachte Darstellung

Insider kennen Realisation des künftigen Börsenpreises k1.

= Anteil der Insider an allen Anlegern

Uninformierte Anleger haben folgende Erwartung:

kg mit

k1

ks mit 1

E(k1) = kg + (1) ∙ ks

20 Rock, Kevin: Why New Issues are Underpriced, in: Journal of Financial Economics 1986, S. 187-212.

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Nachfrage

der Insider nur, wenn k1 ke

der Uninformierten stets, solange erwarteter Gewinn nichtnegativ

unterschiedliche Zuteilungsquoten der Uninformierten

bei kg: Quote 1

bei ks: Quote 1

erwarteter Gewinn der Uninformierten

E(G) = (1) (kg ke) + (1) (ks ke) = 0

Auflösen nach ke:

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)1

E(kπα1

)s

kg

(kπ)(1πα

)1

E(k

)1

k(Eπα1

skπ)(1

gkπ-

gkπα

)1

E(k

)1

k(Eπα1

)1

E(k-g

kπα

)1

E(k

πα1

gkαπ)

1E(kπ)απα(1

πα1

gkαπ)

1E(k

π1α)(1π

skπ)(1

gkα)(1π

ek

Ex-ante-Underpricing E(k1) ke

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Ex-ante-Underpricing E(k1) ke

wächst mit Insideranteil .

wächst mit Informationsvorteil der Insider (kg ks).

Verringerung des Underpricing durch

Zertifikation über Reputation

Gemeint ist die Reputation, zielgenau zu bewerten, also die Verringerung der

Unsicherheit über k1 → (kg ks)

oder

Prospekthaftung

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Kapitel VI: Informationsverarbeitung auf dem Sekundärmarkt

1. Varianten der Informationseffizienz Aussage: Kurse reflektieren alle kursrelevanten Infos

Folge: gewinnbringende Informationsverarbeitung unmöglich

Varianten je nach enthaltenen Informationen

schwache Informationseffizienz:

alle vergangenen Handelsdaten aus diesem Markt, insbesondere vergangene Kurse und Umsätze

mittelstrenge Informationseffizienz:

alle allgemein verfügbaren Daten also z. B. auch Jahresabschlüsse, Wirtschaftspresse, Ad-hoc-Mitteilungen

strenge Informationseffizienz:

alle Infos, auch Insiderinfos (Intuition: Wettbewerb zwischen Insidern)

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2. Implikationen

Schon bei schwacher Informationseffizienz „Random Walk“

● Random-Walk-These:

Kursänderungen folgen (trendbereinigt) reinem Zufallsprozeß.

Verlauf der (Tages-)Renditen „ohne Gedächtnis“

Technische Analyse (siehe unten) zwecklos

● Grund: Kursänderung nur durch neue Infos (definitionsgemäß zufällig)

● Kursbildung ist selbst kein Zufallsprozeß, sondern nur die Infos, aus denen die

Marktteilnehmer den Kurs bilden.

● „Wurfpfeilanalogie“ falsch wegen Diversifizierung

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Bei strenger Informationseffizienz: „Informationsparadoxon“

Bei Informationsbeschaffungskosten kein entsprechender Ertrag

über Handelsgewinne

keine Informationsbeschaffung

keine Effizienz

Anreiz zur Informationsbeschaffung

Lösung: hinreichende Ineffizienz, um Kosten zu decken.

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3. Informationsverarbeitung auf dem Kapitalmarkt

Bsp. Insiderhandel

S0 – Aktienkurs ohne Insiderhandel (ohne Insiderinfo)

W – wahrer Aktienwert, den nur Insider kennt

S1 – Aktienkurs mit Insiderhandel

xi – Anzahl Aktien, die der Insider i kauft (xi > 0) oder verkauft (xi < 0)

S0

Angebot

Nachfrage

Anzahl Aktien

x

Insidernachfrage Aktienkurs, Wert

W

S1

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Zur Vereinfachung: lineare Kursreaktion

S1 xi = S0 + b ∙ xi (könnte endogenisiert werden)

b = Maß für die Illiquidität des Marktes

Handelsgewinn des Insiders:

Gi = xi ∙ W - S1 xi → maxxi!

→ Gi xi = W - S1 xi ∙ S1

= 0

xi = W S1

S1

xi = W S0 + b ∙ xi

b

2 b xi = W S0

xi = W S0

2 b

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resultierender Aktienkurs:

S1 = S0 + b ∙ xi = S0 + W S0

2 =

W + S0

2

→ Der Aktienkurs enthält „die Hälfte“ der Insiderinformation.

Der Insider „behält“ die andere Hälfte (wie ein Monopolist ohne Produkti-

onskosten, der die Hälfte des Prohibitivpreises bei linearer Nachfragekurve

verlangt).

N konkurrierende Insider

aggregierte Gesamtnachfrage aller Insider per Saldo: xiNi=1 = x

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Wegen

S1 xi = S0 + b ∙ x

ist

S1 xi = S1 x

Individueller Kalkül ist unverändert wie oben und führt wieder zu

xi = W S1

S1

Hier folgt weiter durch Einsetzen von S1

xi = W S0 + b ∙

b 1

Dann ist die Gesamtnachfrage aller Insider

x = xi = N ∙ xi = W S0 + b ∙ x

b ∙ N

identische xi

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137

b

N ∙ x + b ∙ x = W S0

N+1

N∙ b ∙x = W S0

x = N

N+1 ∙

1

b ∙ W S0

eingesetzt in S1 = S0+ b ∙x

S1 = S0 + N

N+1 ∙ W S0

= N

N+1 ∙ W +

1

N+1 ∙ S0…………………………………………………… 2

= „gewogener Durchschnitt“ von W und S0

→ Je mehr Insider (N↑), desto mehr Information enthält S1.

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Zur Informationseffizienz bei Informationskosten

Information über W kostet c

Bei Entscheidung über Informationsbeschaffung ist W noch unbekannt

→ unsicherer Handelsgewinn abzüglich der Kosten (vor Erhalt der Info)

Antizipiert werden kann Nachfrage-Optimum nach Info.beschaffung

und Gleichgewichtskurs

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Einsetzen xi in Gi:

Einsetzen S1:

Bei allseitiger Risikoneutralität ist die Zielfunktion

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140

und der Ausgangskurs

mit

: Varianz des wahren Aktienwerts W

Konkurrenz bei der Informationsbeschaffung führt zu

= Anzahl derjenigen, die sich Informationen beschaffen

sinkt in N und

steigt in σw

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Resultierender Kurs:

Abweichung des Kurses S1 vom „wahren“ Wert W

ü σ

||

E(W)

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Bedeutung von α

= Anteil des Informationsvorsprungs W – E(W), der nicht im Kurs verarbeitet ist

= Grad der Ineffizienz der Info.verarbeitung

- steigt mit Informationskosten c

- steigt mit Illiquidität b des Marktes

- sinkt mit zu erw. Informationsvorteil σw, da dann N*↑ → Konkurrenz↑

Technische Anmerkung:

Die exogene lineare Nachfragefunktion berücksichtigt hier nicht, daß aus der

Beobachtung des Marktpreises S1 auf die Information W vollständig und sicher

zurückgeschlossen werden könnte (siehe die Formel für den resultierenden Kurs).

Diese Inkonsistenz könnte durch die Einführung einer zusätzlichen Unsicher-

heitsquelle (noise) vermieden werden, was die Analyse aber komplizierter macht.

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Schlägt Dummheit Mittelmäßigkeit?21

kluge Anleger

fähig zur Informationsverarbeitung, geringere Informationskosten

→ überlegene Anlagestrategie

dumme Anleger

total unfähig dazu

→ Buy-and-hold-Strategie bei diversifiziertem Portefeuille

mittelmäßige Anleger

dazwischen, trauen sich aktive Anlagestrategie zu

→ zwingend unterdurchschnittliche Rendite der Mittelmäßigen,

da sie nur mit Klugen handeln.

21 Schredelseker, Klaus: Anlagestrategie und Informationsnutzen am Aktienmarkt, in: ZfbF 1984, S. 44-59. Kromschröder, Bernhard: Schlägt Dummheit Mittelmäßigkeit?, in: ZfbF 1984, S. 732-747. Schredelseker, Klaus: Dummheit schlägt Mittelmäßigkeit - Zur Kritik Bernhard Kromschröders am Informationsnutzenmodell des Aktienmarkts, in: ZfbF 1984, S. 1074-1079.

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scheinbares Ergebnis: Dummheit schlägt Mittelmäßigkeit.

Denkfehler: mangelnde Reaktion der Mittelmäßigen

denn: Keiner irrt sich dauerhaft.

rationales Ergebnis

- Buy-and-hold

- No-Trade-Theorem (falls nur informationsbedingte Handelsmotive)

Grenze: andere Handelsmotive wie z. B. Liquiditätsmotive

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4. Technische Analyse

Prämisse: Gesetzmäßigkeit der Kursentwicklung

Ziel: Kursprognose durch Erkennen der Gesetzmäßigkeit;

keine Erklärung des Börsenkurses

Methoden

– Zeitreihenanalyse

Schätzung d. Parameter stochastischer Prozesse

Hoffnung auf intertemporale Abhängigkeiten von Renditen

– Chaostheorie

komplexe kaum lösbare Ursache-Wirkungskette

Visualisierung über wiederkehrende Verlaufsmuster

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– Neuronale Netze

Computersimulationen mit „alten“ Datensätzen in Verbindung mit

künstlicher Intelligenz:

Eingabeschicht (z. B. Unternehmensdaten)

Verarbeitung der Inputdaten über veränderte Gewichtungen

Ausgabeschicht

– Chartanalyse

Kursverlaufsmuster und kritische Linien

Anwendung

bei kurzfristigem Planungshorizont

nicht bei Nebenwerten

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147

Chartanalyse22

22

Die folgenden Abbildungen entstammen Perridon, Louis/Steiner, Manfred: Finanzwirtschaft der Unternehmung, München, 4. Auflage, 2004.

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150

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Kapitel VII: Kapitalerhöhungen bei vollkommenem Markt

vereinfachtes Szenario

G konstanter Periodengewinn vor zusätzlicher Investition (unendl. Rente)

G zusätzlicher Gewinn in jeder Periode durch die Investition

I Betrag der zusätzlichen Investition

a Anzahl Alt-Aktien

n Anzahl neu emittierter Aktien (gleiche Rechte wie alte)

kE Emissionskurs der neuen Aktien (sog. „Bezugspreis“)

Finanzierung der Investition mit dem Emissionserlös aus der Kapitalerhöhung:

I = n ∙ kE

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Drei relevante Kurse bzw. Werte sind zu unterscheiden

1.) Kurs vor Investitionsmöglichkeit: ra

Gk 0

Beispiel beobachtbar:

● Unternehmensdaten G = 375.000 und a = 10.000

● Kurs k0 = 375

Marktkapitalisierungssatz r = G/(a k0) = 375.000/3.750.000 = 0,1 = 10 %

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2.) Marktwert des gesamten Investitionsprogramms (incl. zusätzl. Investition)

pro Altaktie23

I

r

ΔG

r

G

a

1k

n

o

„Ankündigungseffekt“: k0n k0 > 0 (bei pos. Kapitalwert d. zus. Inv.)

23

Erläuternde Anmerkungen:

Der Marktwert k0n entspricht nicht unbedingt dem Börsenkurs der Altaktie nach Ankündigung der Investition und der

Emission (aber vor Durchführung beider). Grund: Dieser Börsenkurs hängt nämlich von den tatsächlichen Kapitalkosten der Kapitalerhöhung ab, die nicht unbedingt r sind. Die Kapitalkosten hängen davon ab, ob mit oder ohne Bezugsrechte verfahren wird. Ohne Bezugsrechte hängen sie wiederum davon ab, welcher Emissionskurs kE geplant ist bzw. wieviele neue Aktien n zur Deckung der Finanzierung emittiert werden müssen. k0

n entspricht nur dann dem Börsenkurs, wenn klar ist, daß die Altaktionäre den positiven Kapitalwert der Investition im Rahmen der Emission ausschließlich für sich werden vereinnahmen können. Ohne Bezugsrechte muß dazu der Emissi-onskurs kE gerade so hoch gewählt werden, daß den Neuaktionären lediglich der marktübliche Zinssatz als Rendite geboten wird. Das wäre dann der Fall, wenn kE = k1.

Kapitalwert d. Invest.

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3.) Kurs einer alten bzw. neuen Aktie nach Durchführung der Emission:

r)na(

GGk1

k1 ist abhängig von n bzw. kE (wegen n = I/kE und I konstant).

„Verwässerungseffekt“: k1 k0n < 0 (wenn kE < k1)

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155

1. Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechte

Zur Kapitalwertberechnung der zusätzlichen Investition:

Kalkulationssatz r aus Sicht der Altaktionäre nur dann richtig,

wenn Rendite der Neuaktionäre auf Marktzinssatz r „gedrückt“ wird.

Neuaktionäre müssen Marktwert der jungen Aktien bezahlen, also:

kE = k1 ,

denn dann beträgt die Rendite der Neuaktionäre:

rk)na(

GG

k)na(

GG

1E

aus Definitionsgleichung: r)na(

GGk1

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Falls jedoch kE < k1 gewählt wird

rk)na(

GG

k)na(

GG

1E

Kostensatz des zusätzlichen Kapitals > r

Kapitalwert der Investition aus Sicht der Altaktionäre sinkt.

Mindestrendite der Investition (bei der sie gerade noch vorteilhaft ist) steigt.

Rendite der Neuaktionäre

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Folge: Vermögen der Altaktionäre ist abh. von kE

unkritische Vereinfachung: Altaktionäre beteiligen sich nicht an Kapitalerhöhung.

Ziel der Altaktionäre: k1 möglichst hoch und mindestens k0

n möglichst klein

kE möglichst hoch

kE = k1 = kEmax

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Mindestemissionskurs für die Altaktionäre

k1 k0

ra

G

r)na(

GG

Wegen n = I/kE folgt weiter:

minEE

E

E

kaG

GIk

k

IGaG

kIaGa)GG(

Mindest-Emissionskurs für die Altaktionäre

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Ergebnisse

Die Höhe von kE beeinflußt die …..

o Vermögensposition der Altaktionäre (und auch der Neuaktionäre).

o Vorteilhaftigkeit des Projekts.

Beim maximalen Emissionskurs stellt die Alternativrendite r der Neuak-

tionäre die Mindestrendite der Investition dar.

Ist der Emissionskurs geringer, so muß die Investition mehr erbringen.

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Fortsetzung des Beispiels wie gehabt: G = 375.000; a = 10.000; r = 0,1

außerdem: G = 88.000; I = 630.000 ( Rendite der Investition 14 %)

→ 47,268aG

GIk

minE

und 400

ra

rIΔGGk

max

E

Vermögen pro Altaktie und Kapitalkosten

kE n = I/kE

Vermögen pro Altaktie

r)na(

GGk1

Rendite der Neuaktionäre

r* = Ek

na

GG

kEmin

= 268,47 2.347 375 13,97 % ≈ 14 %

280 2.250 377,96 13,50 %

300 2.100 382,64 12,75 %

315 2.000 385,83 12,25 %

350 1.800 392,37 11,21 %

kEmax

= 400 1.575 400 10 %

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2. Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten Bezugsrecht: Recht eines Altaktionärs, neue Aktien zum Kurs kE zu kaufen

186 AktG - Bezugsrecht (1) Jedem Aktionär muß auf sein Verlangen ein seinem Anteil an dem bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt werden. Für die Ausübung des Bezugsrechts ist eine Frist von mindestens zwei Wochen zu be-stimmen. (2) ..................... (3) Das Bezugsrecht kann ganz oder zum Teil nur im Beschluß über die Erhö-hung des Grundkapitals ausgeschlossen werden. In diesem Fall bedarf der Beschluß neben den in Gesetz oder Satzung für die Kapitalerhöhung aufgestellten Erfordernissen einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Be-schlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. Ein Ausschluß des Bezugsrechts ist insbesondere dann zulässig, wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigt und der Aus-gabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. .....................

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übliches Verfahren: kE deutlich niedriger als k0n und k1.

kE < k1 < k0n Bezugsrecht wertvoll

Handel der Bezugsrechte während Ausübungsfrist ( mindest. 2 Wochen)

(a / n) Bezugsrechte nötig für Erwerb einer Neuaktie („Bezugsverhältnis“)

Beispiel: n = 2.000; a = 10.000

→ Pro Altaktie gibt es 1 Bezugsrecht.

Für 1 Neuaktie müssen a / n = 5 Bezugsrechte vorgelegt und

kE = I/n = 315 € gezahlt werden.

Sinn des Bezugsrechts:

Sicherung des Absatzes der Emission (kE < k1)

Verhinderung eines Vermögensverlustes

Möglichkeit zur Sicherung von Mehrheitsverhältnissen

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Bewertung der Bezugsrechte

Erste Arbitragefreiheitsbedingung

Erwerb einer „neuen“ Aktie durch zwei Alternativen möglich:

Alternative 1: direkter Kauf einer neuen Aktie k1

Alternative 2: Kauf von (a/n) Bezugsrechten und Ausübung (a/n) B + kE

(1) k1 = (a/n) B + kE

implizite Prämisse:

zeitgleicher Handel in BR und neuen Aktien oder

zwischen Handel in BR und anschließendem Handel in neuen Aktien

geschieht nichts kursrelevantes.

Marktpreis eines Bezugsrechts

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Zweite Arbitragefreiheitsbedingung

Wert e. Aktie incl. BR = Wert e. Aktie ohne BR + Wert des BR

(2) k0n = k1 + B

„Rechnerischer Wert“ des Bezugsrechts Einsetzen von k1 via (1) in (2):

k0n = (a/n) B + kE + B

B =

n

a1

kk E

n

0

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Neuer Aktienkurs k1 als “Mischkurs”

Umformen (2) zu: B = k0n k1 , und einsetzen für B in (1):

k1 = (a/n) (k0n k1) + kE

[1 + (a/n)] k1 = (a/n) k0n + kE

na

knka

n

a1

kkn

a

k E

n

0E

n

0

1

Vorteilhaftigkeitsbedingung der Altaktionäre ..... zur Durchführung der Inv./Emission:

k1 + B k0

Inv./Emission mit Halten der Altaktie u. Verkauf d. BR

keine Inv./Emission

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Umformen von (1): B = (n/a) (k1 kE), und Ersetzen von B:

k1 + (n/a) (k1 kE) k0 a

a k1 + n (k1 kE) a k0

(a + n) k1 I a k0

r

GI

r

GG

rI

G

Kein Einfluß des Emissionskurses kE auf die Vorteilhaftigkeit für Altaktionäre!

kEmin

= 0 Grund

Anpassung des B an kE, so daß Neuaktionäre immer indifferent.

niedriges kE hohes B

Neuaktionäre zahlen letztlich immer k1.

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Im Beispiel: Vermögen pro Altaktie ist unabh. vom Emissionskurs

kE n = I/kE r)na(

GGk1

E1 kk

a

nB

Vermögen pro Altaktie

k1 + B

200 3.150 352,09 47,91 400

280 2.250 377,96 22,04 400

300 2.100 382,64 17,35 400 (Rundungsfehler)

315 2.000 385,83 14,17 400

350 1.800 392,37 7,63 400

400 = kE

max

1.575 400 0 400

● Vermögen pro alter Aktie ist unabh. v. Emissionskurs, solange kE kEmax

in diesem Sinne: „Irrelevanz des Emisssionskurses bei Bezugsrechten“

● BR gleicht Kapitalverwässerung k1 k0n genau aus.

● kE kann niedriger sein als kEmin

= 267,86 (aus dem Fall ohne BR).

wie oben

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Problem der Konstanz der Kapitalkosten ..... bei Unterlassung versus Durchführung der Investion/Emission Keine Konstanz der Kapitalkosten möglicherweise

wegen Investition:

Diversifikation oder Risikosteigerung

wegen Finanzierung:

Verringerung des Verschuldungsgrads könnte z. B. erwartete Involvenzkosten

senken oder steuerliche Nachteile bringen (→ Marktunvollkommenheiten)


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