FOLIE
Die Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge
Prof. Dr. Anke Hanft
Dr. Wolfgang Müskens
2FOLIE
Lothar Isemann, 36 Jahre alt,
Führungskraft in mittelständischem Unternehmen,
Betriebswirt (IHK),
kaufmännische Ausbildung und
14 Jahre Berufserfahrung
... möchte möglichst effektiv und ohne seine Berufstätigkeit unterbrechen zu müssen einen wissenschaftlichen Abschluss erwerben.
Beispiel
Erfüllt er die Zulassungsvoraus-
setzungen?
Verfügt er über eine Hochschulzugangs-
berechtigung?
3FOLIE
Studienangebote für nicht-traditionelle Studierende
Hochschulzugangsberechtigung
Grund-ständiger Bachelor
Grund-ständiger Master
Hochschul-Weiterbildung für Alumnis
Weiterbildender Master (50-80% aller BA-Absolventen)
Weiterbildender Bachelor
Auf Berufstätige zugeschnittenes Studiendesign:
•Internetgestützt
•Bereitstellung von Studienmaterialien
•Weiterbildungsgeeignetes Lernumfeld
•An Erfahrungen und Kompetenzen anknüpfende Studieninhalte
4FOLIE
Rechtliche und politische Grundlagen der Anrechnung
Europa
Bologna-Prozess (u.a. ECTS)
Kopenhagen-Prozess
Kredit-Punkte-System für die berufliche Bildung (ECVET)
Europäischer Qualifikationsrahmen (EQF)
Deutschland
Beschluss der KMK vom 28.6.2002
Gemeinsame Empfehlung von BMBF, KMK und HRK vom 8.7.2003
Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse, 21.4.05
Förderung von 11 Modellprojekten (2005-2007) durch das BMBF
Kann sich Herr Isemann berufliche
Kompetenzen anrechnen lassen und dadurch sein
Studium verkürzen?
siehe Anlagen
5FOLIE
Europäischer Qualifikationsrahmen
Alle Qualifikationen lassen sich mit Hilfe eines einzigen Satzes von Kriterien beschreiben.Alle Qualifikationen lassen sich in einer einzigen Struktur von Hierarchieebenen darstellen.Alle (Teil-)Qualifikationen lassen sich als Lernergebnisse beschreiben und feststellen, unabhängig vom Ort des Erwerbs.Alle Qualifikationen lassen sich in Einheiten gliedern, denen eine angenommene Lernzeit und damit Leistungspunkte zugeschrieben werden; die sich zum anderen mit Hilfe von Deskriptoren für die Hierarchieebenen diesen zuordnen lassen.
6FOLIE
Lernberatung annehmen
Lernberatungnachfragen
Eigenverantwortlichlernen
Selbststeuerung des Lernensdemonstrieren
Das eigene Lernen bewerten und denLernbedarf für eine Weiterqualifizierung ermitteln
Eigenes Lernen durchgängig bewerten und Lernbedarf feststellen
Eigenständigkeit in der Steuerung des Lernens und ein gutes Verständnis der Lernprozesse demonstrieren
Die Fähigkeit zum nachhaltigen Engagement für die Entwicklung neuer Ideen oder Prozesse und ein gutes Verständnis der Lernprozesse
1
2
3
4
5
6
7
8
EQF-Stufen : Beispiel „Lernkompetenz“
7FOLIE
Informell erworbene berufliche
Kompetenzen?
Berufliche Fortbildungen?
Lothar Isemann
Verfügt als Betriebswirt (IHK) über eine fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung
Wird aufgrund seiner Berufs-erfahrungen und der Erfüllung der Zulassungsvoraus-setzungen zum Studium zugelassen
Beispiel
Was kann angerechnet
werden?
8FOLIE
Möglichkeiten der Anrechnung
individuell
Anrechnung
pauschal vs. individuell
pauschal
u.a. informell erworbene Kompetenzen
Fortbildungs-qualifikationen
Äquivalenzprüfung Akkreditierung Kompetenzerfassung
9FOLIE
Möglichkeit I: Pauschale Anrechnung
Berufs-ausbildung
berufliche Praxis
Fortbildung z.B. Fachwirt
IHK
Anrechnung auf die
Studiengänge
Studium
BA (Uni OL)
Systems Engineering(Uni Bremen)
ECTS-Punkte
von IHK-Fortbildungen auf Studiengänge
Prüfung Fachwirt
IHK
Fortbildung Betriebswirt
IHK
Prüfung
IHK
ECTS-Punkte
10FOLIE
Lz
Pauschale Vergabe von ECTS-Punkten für Nicht-Studienleistungen
Fortbildung: z.B. Fachwirt
Zergliederung in Learning Outcomes (Wissen/Kompetenzen)
Studienmodul (z.B. Management)
8 ECTS-Punkte (entspr. Workload)
Äquivalenzprüfung
Experten stellen fest, ob die Learning Outcomes (LO) des Studienmoduls
den durch Prüfung belegten Lernzielen der beruflichen Fortbildung
entsprechen
LO
ECTS
LO
ECTS
LO
ECTS
LO
ECTS
LO
ECTS
Lernzielkatalog/Prüfungsordnung
Definition von LO ohne Workload-Berücksichtigung
Lernziel Lz Lz Lz
Erfolgreicher Äquivalenznachweis
Jeder Inhaber der Fortbildungsqualifikation erhält
pauschal ohne weitere Prüfung das entsprechende Studienmodul
angerechnet
Äquivalenzprüfung
11FOLIE
Probleme der pauschalen Anrechnung
Meist nur geringe Übereinstimmung der Lernziele in der beruflichen
Fortbildung mit den Learning Outcomes der Studiengänge
Learning Outcomes der Studiengänge (insbesondere Kompetenzen!)
nur schwer zu bestimmen bzw. einzelnen Modulen zuzuordnen
Lernerfolgskontrollen in beruflichen Fortbildungen häufig stark
wissens- und wenig kompetenzorientiert
(Zusätzlicher) Kompetenzerwerb durch informelles Lernen kann nicht
berücksichtigt werden
Möglicher Lösungsweg:
Kompetenzorientierte Ausrichtung der Fortbildung durch Akkreditierung und Orientierung am EQF-Rahmen
12FOLIE
Möglichkeiten der Anrechnung
individuell
Anrechnung
pauschal vs. individuell
pauschal
u.a. informell erworbene Kompetenzen
Fortbildungs-qualifikationen
Äquivalenzprüfung Akkreditierung Kompetenzerfassung
13FOLIE
Möglichkeit II: Individuelle Anrechnung von Kenntnissen und Kompetenzen
Für jede/n Studienbewerber/in wird individuell überprüft, ob er/sie über
die notwendigen Voraussetzungen für eine Anrechnung verfügt.
Bei der Anrechnung werden alle Kenntnisse und Kompetenzen (auch
non-formell und informell erworbene) berücksichtigt.
Das Vorliegen der entsprechenden Kenntnisse und Kompetenzen
muss für jede Person individuell durch eine zuverlässige Erfassung
nachgewiesen werden.
Wie können Kenntnisse und Kompetenzen im Rahmen einer
solchen individuellen Erfassung reliabel und valide nachgewiesen
werden?
Ergebnisse der Projekte KEIL und ZeNIT
14FOLIE
Zwei Möglichkeiten der Erfassung von Kompetenzen
Projekt KEIL
Authentische Erfassung von Kompetenz
Die Bewältigung einer realen oder realitätsnahen Anforderungssituation wird unmittelbar geprüft oder dokumentiert.
Konstruktvalidierte Erfassung von Kompetenzen
Mittels einer empirischen Untersuchung wird nachgewiesen, dass ein korrelativer Zusammenhang zwischen dem Ergebnis einer Kompetenzerfassung und einer Disposition zur Bewältigung realer Anforderungssituationen besteht.
- komplexe Aufgaben- Arbeitsproben- Beobachtung am Arbeitsplatz- Kompetenzportfolio- Lernprojekt
- Persönlichkeitstests- kognitive Fähigkeitstests- Interessentests- Motivationstests
15FOLIE
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Projekt KEIL
Ein Großteil der untersuchten Instrumente war im Hinblick
auf die Erfassung von Kompetenzen weder
konstruktvalidiert noch authentisch und damit im Hinblick
auf Anrechnung unbrauchbar.
Konstruktvalidierte Verfahren sind häufig leicht
durchschaubar und damit verfälschbar.
Konstruktvalidierte Verfahren sind damit allenfalls für
Evaluationen i.d.R. jedoch nicht für High-Stake-Erfassungen
(Anrechnung) geeignet.
Bei der individuellen Anrechnung sollten in erster Linie
authentische Verfahren zum Einsatz kommen.
16FOLIE
Individuelle Anrechnung von Kompetenzen
Student/in reicht authentische Belege über
eigene Tätigkeiten und Lernerfahrungen ein
(Portfolio)
Studienbewerber/in bearbeitet die komplexe
Aufgabe schriftlich anhand der
Studienmaterialien in freier Zeiteinteilung ohne
Aufsicht
Das Arbeitsergebnis der komplexen Aufgabe
bildet die Grundlage für eine mündliche Prüfung
durch den Fachdozenten
ggf. Zulassung zu einer oder mehreren
Anrechnungsprüfungen (eine Prüfung pro Modul)
bei Erfolg:Vergabe von ECTS-Kreditpunkten für die geprüften Module und
Anrechnung bis hin zu 30% des Gesamtstudiums
Student/in erhält Studienmaterialien und
eine komplexe Aufgabe zu dem anzurechnenden
Modul
Oldenburger Modell
17FOLIE
Lothar Isemann hat
ein individuelles Anrechnungsverfahren in drei Modulen absolviert und bekommt hierfür 24 KP
ist Fachwirt und bekommt daher (auf Basis der Akkreditierung durch die Uni) ein Modul angerechnet
ist Betriebswirt und bekommt daher ein Modul (auf Basis der Akkreditierung durch die Uni) ein Modul angerechnet
Beispiel
Mit 40 angerechneten KP
sind 25 % des Studiums durch
Vorleistungen ersetzt worden.
18FOLIE
Kontakt
Arbeitsbereich Weiterbildung und Bildungsmanagement
Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg
26111 Oldenburg
http://web.web.uni-oldenburg.de
Prof. Dr. Anke Hanft
Dr. Wolfgang Müskens
FOLIE
Anlagen
20FOLIE
Schaffung eines Europäischen Hochschulraums bis 2010 durch
ein System leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse mit dem Ziel, die arbeitsmarkt-relevanten Qualifikationen der Studierenden ebenso wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulsystems zu fördern;
Studienstrukturen, die aus einem Undergraduate und einem Graduate-Bereich (Bachelor und Master) bestehen;
Bologna-Erklärung
21FOLIE
Ein Leistungspunktesystem zur Förderung der Mobilität der Studierenden (European Credit Transfer System =ECTS). Punkte sollen auch außerhalb der Hochschulen, beispielsweise durch lebenslanges Lernen, erworben werden können;
Eine Qualitätssicherung im Hinblick auf die Erarbeitung vergleichbarer Kriterien und Methoden.
Förderung der europäischen Dimension insb. in bezug auf Curriculum-Entwicklung, Zusammenarbeit, Mobilitätsprojekte, integrierte Studien-, Ausbildungs- und Forschungsprogramme
Bologna-Erklärung
22FOLIE
In der Abschlusserklärung der europäischen Bildungsminister wird betont, dass
auch den Hochschulen eine zentrale Rolle für die Realisierung lebenslangen Lernens zukommt,
dies die Anerkennung von „prior learning“ ebenso einschließt,
wie das weite Spektrum flexibler Bildungs- bzw. Lernwege, -möglichkeiten und –techniken im Rahmen des ECTS, also gleichsam „abschichtend“,
und dass dies bedeutet, „die Möglichkeiten für alle Bürger zu verbessern, entsprechend ihren Fähigkeiten Wege des lebenslangen Lernens “into and within higher education” zu beschreiten.
Berliner Bologna-Nachfolgekonferenz (Sept. 2003)
23FOLIE
Beschluss der KMK vom 28.6.2002
„Außerhalb des Hochschulwesens erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten können im Rahmen einer –ggf. auch pauschalisierten – Einstufung auf ein Hochschulstudium angerechnet werden, wenn
[...] sie nach Inhalt und Niveau dem Teil des Studiums gleichwertig sind, der ersetzt werden soll [...]“
Erklärungen auf nationaler Ebene
Empfehlung von BMBF, KMK und HRK vom 8.7.2003
„[...]sollen im Rahmen der beruflichen Fortbildung für durch Prüfung nachgewiesene Qualifikationen ECTS-Leistungspunkte vergeben werden, die bei Aufnahme eines Studiums von der jeweiligen Hochschule angerechnet werden können.“
24FOLIE
Erklärung von Kopenhagen vom 30.11.2002
„Investigating how transparency, comparability, transferability and recognition of competences and/or qualifications, between different countries and at different levels, could be promoted by developing reference levels, common principles for certification, and commen measures, including a credit tranfer system for vocational education and training“
Ergebnisse (noch nicht abgeschlossen)
ECVET (Kredit-System)
EQF (Europäischer Qualifikationsrahmen)
Kopenhagen-Prozess
25FOLIE
ECVET
Ziel: die geographische und berufliche Mobilität und Karriere fördern (nationale und internationale Anrechnung von Credit-Punkten)
strikte Output-Orientierung: Credit-Punkte unabhängig von der Dauer sowie Art und Weise des Lernens (formell/informell)
Inhaltliche Beschreibung der Learning Outcomes (Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten)
Definition von Niveaustufen in Übereinstimmung mit EQF
Mittelfristig Einbezug von ECTS vorgesehen
Kopenhagen-Prozess
26FOLIE
Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse
Wissen und Verstehen
Können (Wissens-erschließung)
Formale Aspekte
Wissens-verbreiterung
Instrumentale Kompetenz
Zugangsvoraussetzungen
Wissensvertiefung Systemische Kompetenz
Dauer
Kommunikative Kompetenz
Abschlussmöglich-keiten
Übergänge aus der beruflichen Bildung
KMK-Beschluss vom 21.4.05
27FOLIE
Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse
Wissen und Verstehen
Bachelor-Ebene
Wissens-verbreiterung
...breites und integriertes Wissen und Verstehen der wissenschaftlichen Grundlagen des Lerngebietes...
Wissensvertiefung ...kritisches Verständnis der wichtigsten Theorien, Prinzipien und Methoden des Studienprogramms...
...Wissen und Verstehen entspricht dem Stand der Fachliteratur...
KMK-Beschluss vom 21.4.05
28FOLIE
Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse
Können (Wissens-erschließung)
Bachelor-Ebene
Instrumentale Kompetenz
Wissen und Verstehen auf die Tätigkeit oder den Beruf anzuwenden und Problemlösungen und Argumente im Fachgebiet zu erarbeiten und weiterzuentwickeln
Systemische Kompetenz
...relevante Informationen zu sammeln, zu bewerten, zu interpretieren......daraus wissenschaftlich fundierte Urteile abzuleiten...
Kommunikative Kompetenz
...fachbezogen Positionen und Problemlösungen zu formulieren...
KMK-Beschluss vom 21.4.05
29FOLIE
im Forschungsprogramm „Lernkultur Kompetenzentwicklung“
Projekt KEIL
Kompetenzbezogene Erfolgskontrollen internetgestützten Lernens
Laufzeit: 12/2001 bis 3/2003
Prof. Dr. Anke HanftDr. Wolfgang Müskens
Projektträger: ABWF e.V./QUEM (BMBF)Das Projekt entstand im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprogramm "Lernkultur Kompetenzentwicklung“. Das Programm wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert.Der Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung (ABWF)/Projekt Qualifikations-Entwicklungs-Management (QUEM) ist die Durchführung des komplexen Programmmanagements übertragen worden.
30FOLIE
im Forschungsprogramm „Lernkultur Kompetenzentwicklung“
Projekt ZeNIT
Zertifizierung und Nachweis von IT-Kompetenzen
Laufzeit: 07/2003 bis 06/2004
Prof. Dr. Anke HanftDr. Petra Muckel
Dr. Wolfgang Müskens
Projektträger: ABWF e.V./QUEM (BMBF)Das Projekt entstand im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprogramm "Lernkultur Kompetenzentwicklung“. Das Programm wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert.Der Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung (ABWF)/Projekt Qualifikations-Entwicklungs-Management (QUEM) ist die Durchführung des komplexen Programmmanagements übertragen worden.
31FOLIE
Fragestellung und Schlussfolgerungen
Projekt ZeNIT
authentische Verfahren erwiesen sich in der Untersuchung als
wenig reliabel, d.h. sie besitzen einen großen Messfehler
authentische Verfahren trennten nur schlecht zwischen
Personen mit hoher und geringer Kompetenzausprägung
Erhöhung der Reliabilität durch Kombination mehrerer
Verfahren innerhalb eines Zertifizierungsprozesses
Nur zweifelsfrei nachgewiesene Kompetenzen anerkennen
(Modell der hohen Schwellen)
Wie reliabel sind authentische Verfahren der Kompetenzerfassung? Wie genau gelingt die Erfassung?
32FOLIE
Aufbau der beruflichen Fortbildung in Deutschland