Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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1. EINLEITUNG ...................................................................................................... 4
2. FRANZ VON ASSISI- EINE LEBENSSKIZZE ................................................... 6
2.1 Kindheit und Jugendzeit- Ein Leben, als ob es Christus nicht gäbe .............................. 7
2.2 Bekehrung und Umkehr- Ein Leben nach dem Evangelium ............................................. 9
2.3 Anfänge der franziskanischen Bewegung- Ein Leben in Erfüllung ............................... 11
2.4 Bruder Sonne und Schwester Tod- Das Ende eines heiligen Lebens ........................... 14
3. SPIRITUALITÄT .............................................................................................. 16
3.1 Spiritualität - Versuch einer Definition .............................................................................. 17
3.2 Die Bedeutung der Spiritualität für Schule und Unterricht ............................................. 18
4. GRUNDELEMENTE DER FRANZISKANISCHEN SPIRITUALITÄT ............... 21
4.1 Die Beziehung zu Jesus Christus und zu Gott ................................................................ 22 4.1.1 Das Damiano- Kreuz: Das Kreuz der Berufung ....................................................... 24 4.1.2 Kirchlichkeit, Wort Gottes und Eucharistie .............................................................. 25
4.2 Das Evangelium leben ........................................................................................................ 27
4.3 Arm unter den Armen ......................................................................................................... 29
4.4 Die Pädagogik der Nächstenliebe ..................................................................................... 32 4.4.1 Die Solidarität mit den Kranken und Armen ............................................................ 32 4.4.2 Geschwisterlichkeit .................................................................................................... 34 4.4.3 In Demut leben ............................................................................................................ 35 4.4.4 Frieden stiften ............................................................................................................. 36
4.5 Schöpfung und Ökologie ................................................................................................... 38
4.6 Missionsauftrag ................................................................................................................... 39
5. DIE AKTUALITÄT DER FRANZISKANISCHEN SPIRITUALITÄT IN DER HEUTIGEN ZEIT .................................................................................................. 40
5.1 Ein Lebensentwurf nach Franz von Assisi ....................................................................... 41
5.2 Interreligiöser Dialog .......................................................................................................... 42
5.3 Universale Geschwisterlichkeit mit Gott, Mensch und Natur ......................................... 43
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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5.4 Der Stellenwert der franziskanischen Spiritualität in der heutigen Erziehung und Bildung ....................................................................................................................................... 46
6. VERSCHIEDENE UMSETZUNGSMÖGLICHKEITEN DER FRANZISKANISCHEN SPIRITUALITÄT IM RELIGIONSUNTERRICHT ............ 49
6.1 Verankerung im Bildungsplan und dazu passende Umsetzungsmöglichkeiten im Religionsunterricht ................................................................................................................... 49
6.2 Weitere Umsetzungsmöglichkeiten .................................................................................. 55
7. DIE UNTERRICHTSEINHEIT: „FRANZ VON ASSISI UND DER SONNENGESANGSWEG- EINE SPIRITUELLE ENTDECKUNGSREISE“ ........ 57
7.1 Sachanalyse zum Sonnengesang ..................................................................................... 57
7.2 Didaktisch- methodische Analyse ..................................................................................... 59
7.3 Lernziele/ Kompetenzen ..................................................................................................... 60
7.4 Unterrichtsskizzen .............................................................................................................. 62
8. RESÜMEE ........................................................................................................ 68
9. LITERATUR ..................................................................................................... 70 Franziskanische Quellensammlungen ............................................................................... 70 Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 70 Schulbücher und Unterrichtsmaterial ................................................................................ 73 Quellenverzeichnis .............................................................................................................. 74
10. ANHANG ........................................................................................................ 75 Bilder aus dem Mittelalter ................................................................................................... 75 Phantasiereise ...................................................................................................................... 78 Das Leben des hl. Franziskus ............................................................................................. 80 Einzelne Textabschnitte (Das Leben des hl. Franziskus) ................................................ 83 Meditation ............................................................................................................................. 85 Film: Liliana Cavani- Franziskus (1989) ............................................................................. 87 Tafelbild: Franziskanische Spiritualität ............................................................................. 88 Gebet vor der Kreuzikone ................................................................................................... 89 Bild der Kreuzikone ............................................................................................................. 89 Sonnengesangskette ........................................................................................................... 90 Ansichtsexemplar der Sonnengesangskette .................................................................... 91 Sonnengesang auf italienisch ............................................................................................ 92
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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Laufzettel Vorder- und Rückseite ....................................................................................... 94 Station: Lobpreis und Ehre Gottes .................................................................................... 96 Station: Bruder Wind ........................................................................................................... 97 Station: Bruder Sonne ......................................................................................................... 98 Station: Schwester Mond und die Sterne .......................................................................... 99 Stern .................................................................................................................................... 100 Station: Schwester Wasser ............................................................................................... 101 Station: Bruder Feuer ........................................................................................................ 102 Station: Schwester Mutter Erde ........................................................................................ 103 Station: Verzeihen um deiner Liebe willen, Krankheit und Drangsal ertragen ............ 104 Station: Schwester Tod ..................................................................................................... 105 Sonnengesang (Noten) ...................................................................................................... 106 Umweltprojekt .................................................................................................................... 107 Tafelbild: Umweltverschmutzung. Dem Beispiel des Franziskus folgen. .................... 108 Arbeitsblatt: Bewusster Leben mit dem Sonnengesang ............................................... 109 Franziskusbuch (Skizze) ................................................................................................... 110
11. VERSICHERUNG ........................................................................................ 113
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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1. Einleitung
"Der heilige Franziskus hat alles vorweggenommen, was unsere moderne Denkart an äußerster Weitherzigkeit und an Mitgefühl in sich birgt: die Liebe zur Natur, die Liebe zu den Tieren, den Sinn für soziale Verpflichtung, den Blick für die geistigen Gefahren des Wohlstandes und selbst des Besitzes.“1
Mit dieser Aussage trifft Gilbert Keith Chesterton exakt den außerordentlichen
Charakter und das weit reichende Wirken des heiligen Franziskus. Dieser hat nicht
nur Vögeln gepredigt und mit Tieren gesprochen, was viele Menschen über ihn
denken und wissen2, sondern in seinem heiligen Leben viele andere wichtige
Dinge bewirkt und beispielhaft vorgelebt.
Das Thema „Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht“ habe ich gewählt,
weil der heilige Franziskus in meinem Leben eine wichtige Rolle eingenommen
hat. Franziskus ist für mich eine faszinierende Person und ich bin seit längerer Zeit
von seinem Wirken und Handeln beeindruckt. In meiner Erziehung spielte er eine
wichtige Rolle. Während meiner Firmzeit hat meine Mutter eine „72- Stunden-
Aktion“ in die Wege geleitet. Ein paar Firmlinge haben zusammen mit meiner
Mutter als Leiterin in meinem Heimatort Oberharmersbach einen Franziskusweg
mit dem Thema des Sonnengesangs gestaltet und gebaut.
Zu Beginn meiner Arbeit werde ich eine Lebensskizze des Franz von Assisi
entwerfen. Weiterführend beschäftige ich mich mit dessen Spiritualität. Hierbei
möchte ich von der Spiritualität im Allgemeinen zur speziell franziskanischen
Spiritualität hinführen und diese unter verschiedenen Aspekten und
Gesichtspunkten genauer betrachten. Des Weiteren mache ich auf die Aktualität
der franziskanischen Spiritualität in der heutigen Zeit aufmerksam. Im didaktischen
Teil werde ich verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten der franziskanischen
Spiritualität im Religionsunterricht aufführen. Die ausgearbeitete Unterrichtseinheit
„Franz von Assisi und der Sonnengesangsweg- eine spirituelle Entdeckungsreise“
1 Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. Frontdeckel 2 Persönliche Umfrage im Freundes- und Bekanntenkreis
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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wird der Abschluss meiner Arbeit darstellen.
Mein Interesse am Thema ist die Frage, ob die franziskanische Spiritualität in der
heutigen Zeit aktuell ist und den Schülern3 nahe gebracht werden kann, oder ob
sie wie Franziskus mittelalterlich und veraltet ist.
Mit meiner Arbeit möchte ich aufzeigen, dass die Spiritualität und deren
Umsetzung in die Praxis für heutige Schüler wichtig sind. Mit der Person des
Franziskus können sie sich meiner Meinung nach gut identifizieren, weil er auf
dem radikalen Weg seiner Sinnsuche sehr viele Menschen fasziniert und
angezogen hat und trotz dem Bruch mit seinem Elternhaus ein erfülltes Leben
hatte. Er war kein unerreichbarer Star, wie viele Prominente heutzutage, sondern
eine Persönlichkeit, die sich mit wenig Materiellem zufrieden gegeben und den
Menschen bis aufs Äußerste gedient hat. Mit dem Lebensbeispiel des armen
Poverellos möchte ich den Horizont der Schüler erweitern. Hierbei geht es mir um
die Relativierung der äußeren Werte und um eine Sensibilisierung, ohne ihnen
vorzuschreiben, was für sie richtig ist. Das radikale Kontrastmodell des Franziskus
ist hierfür ein möglicher Weg.
Die Einübung der Stille durch Gebet und Meditation und die Erfahrung von
Spiritualität, um den Alltag bzw. den Schulalltag für einige Zeit hinter sich zu
lassen und in eine andere Welt einzutauchen sind wichtige Ausgangspunkte für
den Unterricht. Diese Erfahrungen werden in meiner Unterrichtseinheit zum
Tragen kommen. Die Schüler bekommen die Möglichkeit, ihr Handeln und Tun
aus einer anderen Perspektive zu beleuchten und durch spirituelle Momente
verschiedene Erfahrungen zu erleben und zu machen. Hierzu kann die
franziskanische Spiritualität einen großen Teil beitragen, denn Franziskus von
Assisi kann als Modell und Lebensbeispiel herangezogen und sein Leben im
spirituellen Sinne betrachtet werden. Dies kann im Religionsunterricht wunderbar
3 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit, habe ich mich für die gesamte Arbeit dazu entschlossen, bei der Personenkategorisierung auf die weiblichen Morpheme zu verzichten. Mit den männlichen Morphemen sind sowohl weibliche, als auch männliche Personen gemeint.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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genutzt werden.
2. Franz von Assisi- eine Lebensskizze
Franziskus von Assisi4 ist eine bedeutende Persönlichkeit in der Geschichte, vor
allem in der Kirchengeschichte. Er ist ein großer Heiliger, der viel vollbracht und
erreicht hat und heute noch viele Menschen fasziniert und herausfordert. „Schon
unter seinen Zeitgenossen verehren ihn die einen fast wie einen zweiten Christus,
während ihn andere für verrückt erklären.“5 Sein Leben beinhaltet eine totale
Veränderung: die Umkehr vom ungläubigen Reichen zum heiligen Armen. Dies
fasziniert viele Menschen. Die meisten fürchten sich vor einer totalen Veränderung
und führen aus diesem Grund ihr Leben gleich bleibend weiter. Im folgenden
Kapitel werde ich eine Lebensskizze des Poverellos so kurz und präzise wie
möglich darstellen, damit sein Leben, sein Wirken und seine Spiritualität besser
greifbar werden.
Um eine Lebensskizze darzustellen bedarf es als Quellen autobiographischer
Darstellungen, eigener Schriften des Heiligen oder Schriften von Dritten, die
dessen Biographie aufschreiben und weitergeben. Bei Franziskus gibt es
verschiedene Schriften, die er verfasst hat und die bis heute überliefert sind. Diese
weisen einige wenige autobiographische Angaben auf.
Es gibt viele biographische Schriften, die nicht von Franziskus verfasst sind. Hier
ist anzumerken, dass die Streitigkeiten unter den Minderbrüdern im 13.
Jahrhundert dazu führten, „daß wir tatsächlich keine absolut zuverlässige Quelle
über das Leben des Ordensgründers besitzen“.6 Es wurden viele verschiedene
Lebensbeschreibungen über Franziskus verfasst. Wir können heute vermuten wie 4 Im Laufe meiner Arbeit werde ich für den Namen Franziskus von Assisi weitere Namen wie Franz, Franziskus, der Poverello, der Heilige etc. verwenden, die sich aber alle auf den einen Namen beziehen. 5 Reblin, Klaus: Franziskus. Der rebellische Bruder. S. 9 6 Ebd. S. 39
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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er zur damaligen Zeit gelebt und gewirkt hat, genaue Auskünfte darüber besitzen
wir nicht. „Es gibt wohl keine Deutung der Gestalt des Heiligen, so
wissenschaftlich sie auch sei, in die nicht die Subjektivität des jeweiligen Autors
eingeflossen wäre. Jeder hat seinen Franziskus“.7 Auch für diese
Lebensbeschreibung möchte ich dies hervorheben.
2.1 Kindheit und Jugendzeit- Ein Leben, als ob es Christus nicht gäbe 8 Franziskus wird im Jahr 1182 in Assisi geboren. Seine Familie ist eine der
reichsten in Assisi. Sein Vater, Pietro de Bernardone, ist ein reicher Kaufmann,
der mit Tüchern handelt. Während Franziskus’ Geburt befindet sich der Vater
gerade auf Geschäftsreise in Frankreich. Die Mutter gibt ihm in der Abwesenheit
des Vaters den Namen Giovanni. Als Pietro zurückkehrt, benennt er ihn in
Francesco um. „Der neue Name erinnert an kostbares Tuch und steht für
Reichtum, Eleganz und erfolgreiche Geschäfte“.9
Franziskus wird im Laufe der Zeit auf den Kaufmannsberuf vorbereitet. Genaue
Angaben über seine Kindheit und Jugendzeit sind schwierig. Helmut Feld macht
darauf aufmerksam, dass die Angaben der älteren Biographen über Kindheit und
Erziehung des Franziskus widersprüchlich und spärlich sind.10 Es gilt als sicher,
dass er lesen und schreiben lernt und eine Grundausbildung erhält. Seine Bildung
ist auf die Bedürfnisse der neu entstandenen Bürgerschicht ausgerichtet.
7 Reblin, Klaus: Franziskus von Assisi. Der rebellische Bruder. S. 7 8 Für die Lebensskizze des Franziskus werde ich mich auf die folgenden Werke beziehen: Deutsche Franziskaner (Hg.): Die Dreigefährtenlegende des heiligen Franziskus von Assisi Feld, Helmut: Franziskus von Assisi Kuster, Niklaus: Franziskus. Meister der Spiritualität Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. Franziskus- Schriften 9 Kuster, Niklaus: Rebell und Heiliger. S. 12 10 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 18
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
8
Da die Familie reich ist und die finanziellen Mittel einiges hergeben, hat
Franziskus eine „sorglose, freude- und genussreiche Jugendzeit“.11 Er ist beliebt,
zieht gerne mit seinen Freunden durch die Straßen und kleidet sich schön.
Mit vierzehn Jahren wird Franz volljährig. Er entwickelt sich zu einem geschickten
Großkaufmann. Sein größter Wunsch ist es, Ritter zu werden. Mit ca. zwanzig
Jahren nimmt Franziskus als Freiwilliger an einer kriegerischen
Auseinandersetzung mit Perugia, der Nachbarstadt, teil. Ein Ritter soll sich im
Kampf auszeichnen können. Dabei gerät er in Kriegsgefangenschaft. Diese dauert
über ein Jahr. Nach seiner Heimkehr wird er von einer dauerhaften Krankheit
gequält, welche mit einem tiefen Einschnitt in seinem Leben einhergeht. Ab
diesem Zeitpunkt beginnt für ihn die Suche nach dem Sinn seines Lebens.
Seine Sinnsuche und die daraus resultierende Lebenswandlung bringen den
totalen und radikalen Bruch mit seinem bisherigen Leben. Diese beginnen um das
Jahr 1204, als sich der ca. Dreiundzwanzigjährige, von langer Krankheit
Geschwächte, nun wieder Genesene und Sinnsuchende entschließt, mit in einen
weiteren Feldzug zu ziehen. Dieser hat Apulien zum Ziel. Nach zwei Tagen hört er
im Halbschlaf eine innere Stimme, die ihn fragt, warum er nicht dem Herrn selbst
diene, sondern stattdessen Knechten hinterherlaufe.12 Franziskus deutet dies als
Zeichen Gottes und kehrt nach Assisi zurück.
In Assisi lebt er noch einige Zeit seine alte Lebensweise weiter. Diese scheint
mehr und mehr an Sinn zu verlieren. Er mutmaßt, dass keiner ihm helfen kann,
außer Gott. Er begibt sich häufig in die Wälder und in die dunklen Gassen Assisis,
um hier nach dem Sinn des Lebens zu suchen.
11 Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 18 12 Vgl. Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 16
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
9
2.2 Bekehrung und Umkehr- Ein Leben nach dem Evangelium Um das Jahr 1206 beginnen die Bekehrung des Franziskus und sein Leben in
Buße mit der Umarmung eines Aussätzigen. Auf einem einsamen Ritt in der
Ebene begegnet er einem Aussätzigen. Noch ein paar Jahre zuvor waren
Aussätzige für ihn ein Abscheu gewesen. Franziskus steigt vom Pferd, gibt ihm
Geld, küsst und umarmt ihn. Seit dieser Begegnung zeigt er sich Aussätzigen,
Armen und Kranken gegenüber solidarisch. Dies bekennt er später in seinem
Testament:
So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben, das Leben der Buße zu beginnen: denn als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen. Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt. Und danach hielt ich eine Weile inne und verließ die Welt. [Test 1-3]13
Seit diesem Erlebnis verblasst die ehemalige Lebensart des Franziskus mehr und
mehr. Er zieht sich häufiger in die Einsamkeit zurück und erhofft sich an
verlassenen Orten und in Höhlen von Gott die Antwort auf seine Fragen.
Franz findet Trost im Gebet. Eines Tages begibt er sich in die kleine Landkirche
San Damiano, um vor dem Kreuz der Berufung zu beten. Hier hört er eine Stimme
die zu ihm sagt: „Franziskus, siehst du nicht, daß mein Haus in Verfall gerät? Geh
also hin und stelle es mir wieder her!“14 Er nimmt diesen Auftrag wörtlich und
restauriert eigenhändig diese und andere zerfallende Landkirchen. Erst später
begreift er, dass mit den Worten Tiefgründigeres gemeint ist: Der Wunsch nach
einem kirchlichen Neubau und einer Veränderung der christlichen Gesellschaft
des Mittelalters. Dies wird zu seiner Lebensaufgabe.15 Dieses Kreuz- Erlebnis ist
der Beginn einer besonderen und innigen Beziehung zu Jesus Christus dem
Gekreuzigten.
13 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 75 14 Deutsche Franziskaner (Hg.): Die Dreigefährtenlegende. S. 96 [3Gef V,13] 15 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 20
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
10
Um die Kirchen zu restaurieren, benötigt der von Gott Berufene Geld. Er verkauft
verschiedene Tücher seines Vaters und sein Pferd und gibt das Geld dem Priester
von San Damiano. Dieser nimmt es aus Furcht vor Pietro di Bernardone, der
schön länger die neue Lebensweise seines Sohnes missbilligt, nicht an. Franz
bittet den Priester, in San Damiano leben zu dürfen. Dieser genehmigt diese Bitte.
Franziskus’ Vater reagiert zornig und zieht mit einigen Freunden nach San
Damiano, um seinen Sohn zur Rede zu stellen. Franziskus flieht vor dem Vater
und sucht in einer Höhle einen Monat lang Zuflucht. Hier beschließt er, seinen
bürgerlichen Lebensstatus und sein bisheriges Leben zu verlassen.16 Nach diesem
Entschluss kehrt er nach Assisi zurück. Hier wird er als Narr und Verrückter
verpönt und vom Vater angeklagt. Der Vater fordert alles Geld zurück. Franz
handelt daraufhin radikal. Er tritt nackt vor die ganze Versammlung und sagt:
Hört alle und versteht! Bis jetzt habe ich den Petrus Bernardone meinen Vater genannt; aber weil ich mir vorgenommen habe, Gott zu dienen, gebe ich jenem das Geld zurück, um dessentwillen er in Unruhe war, und alle Kleider, die ich von seiner Habe besessen habe. Von nun an will ich sagen: Vater unser, der du bist im Himmel, nicht mehr Vater Petrus Bernardone.17
Nach dem radikalen Bruch mit seiner Familie und seinem früheren Leben muss
Franziskus seinen Weg allein weitersuchen. Die nächsten beiden Jahre sind die
schwierigsten im Leben des jetzt Vierundzwanzigjährigen.
In San Damiano sucht er nach seinem Auftrag und lebt zusammen mit den Armen
und Aussätzigen. „Er wird mit Christus arm unter den Armen und gering unter den
Geringen“.18
Randständige helfen ihm beim Erbauen am Kirchlein San Damiano. Franz schließt
sich keiner Gruppe von Armutsbewegungen, die damals verbreitet waren, an. Er
sucht seine Bestimmung selbständig und zurückgezogen.
16 Vgl. Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 28 17 Deutsche Franziskaner (Hg.): Die Dreigefährtenlegende. S. 104 [3Gef VI, 20] 18 Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 32
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
11
Seine Suche nach dem eigentlichen Lebenssinn zieht sich über mehrere Jahre
hinweg. Zwischen 1206 und 1208 lebt er zurückgezogen und sesshaft in der Nähe
der Ärmsten und restauriert Kirchen. Er kleidet sich wie ein Büßer und ist radikal
auf Gott ausgerichtet. Das Baumaterial erbettelt er sich, wobei er viel Spott
ertragen muss.
Im Frühjahr 1208 hört er im Evangelium, was Jesus zu seinen Jüngern sagte, als
er sie zum Predigen aussandte, „daß sie nämlich weder Gold, noch Silber, weder
eine Tasche, noch ein Brot oder einen Stab auf dem Weg tragen, weder Schuhe
noch zwei Röcke haben sollten.“ Franz erwidert darauf „das ist es, was ich mit
allen Kräften zu erfüllen wünsche.“19 Er legt alles Überflüssige ab und sein Wirken
beginnt.
Von diesem Zeitpunkt an verkündet er das Evangelium und predigt in der
Öffentlichkeit. „Seine Worte waren weder nichtssagend, noch lachhaft, sondern
drangen, voll der Kraft des Heiligen Geistes, in das Innerste des Herzens, so daß
die Zuhörer darüber in gewaltiges Staunen gerieten“.20
2.3 Anfänge der franziskanischen Bewegung- Ein Leben in Erfüllung
Die ersten Gefährten schließen sich Franziskus an. Über den Anfang der
beginnenden Bruderschaft schreibt der Poverello in seinem Testament:
Und nachdem der Herr mir Brüder gegeben hatte, zeigte mir niemand, was ich zu tun hätte, sondern der Höchste selbst hat mir geoffenbart, daß ich nach der Form des heiligen Evangeliums leben sollte. […] Und jene, die kamen, Leben zu empfangen, gaben „alles, was sie haben mochten“ (Tob 1,3), den Armen. Und sie waren zufrieden mit einem Habit, innen und außen geflickt, samt Gürtelstrick und Hosen. Und mehr wollten wir nicht haben.21
19 Deutsche Franziskaner (Hg.): Die Dreigefährtenlegende. S. 111[3Gef VIII, 25] 20 Ebd. S. 112 21 Hardick, Lothar OFM/ Grau Engelbert OFM (Hg.): Die Schriften des heiligen Franziskus von Assisi. S. 143
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
12
Der Poverello findet den Sinn seiner eigenen Lebensweise in der Gemeinschaft
mit den Gefährten. Sie folgen den Fußspuren Jesu und setzen dessen
Wanderleben in ihre Gegenwart um. Nach kurzer Zeit teilen sie sich in
Zweiergruppen auf, um dem Auftrag der Apostel gleich, durch Dörfer und Städte
zu ziehen.
Die mittlerweile zwölf Gefährten erleben auf ihrem Wanderleben oft Verachtung
und Verständnislosigkeit. Hinzu kommt, dass sie sich durch ihr Auftreten der
Gefahr aussetzen, als Häretiker zu gelten. Im Frühjahr 1209 ziehen sie nach Rom,
um vom Papst (Innozenz III.) den Segen für ihr Wirken zu bekommen. Nach
erstem Zögern und Misstrauen gibt der Papst ihnen die Einwilligung zur
„lebenspraktischen Predigt“.22 Es vergehen weitere zehn Jahre, bis Papst
Honorius III. die Brüder in einem offiziellen Schreiben erstmals als Orden
bezeichnet.23
Der „Ordo Fratrum Minorum (Orden der geringen Brüder)“24, wie Franziskus seine
Bruderschaft nennt, lässt sich in der Portiuncula- Kapelle nahe bei Assisi nieder.
Die von Franziskus vorgelebten und für seinen Orden wichtigsten Aspekte seines
Lebensplanes bestehen aus der Armut, dem Gebet und der Arbeit mit den
Händen.25 Für Franziskus sind sie das absolute Muss, um als Bruder in seiner
fraternitas zu leben. Weitere Ideale sind die Einfalt, der Gehorsam, die Botschaft
des Friedens, die Jungfräulichkeit und die Keuschheit26, die Bekehrung der Kirche,
die Predigt, die Demut und die Selbstverleugnung.27
In dieser Zeit (ca. 1210/11) wechseln die Brüder zwischen Predigtreisen zu zweit
und einer sesshaften Zeit in Assisi ab. Franziskus will, dass seine Brüder nach
diesem Lebensmodell handeln und leben: eine Mischung aus Aktion und
22 Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 48 23 Vgl. Kuster, Niklaus: Franziskus. Meister der Spiritualität. S. 43 24 Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 37 25 Vgl. Manselli, Raoul: Franziskus. Der solidarische Bruder. S. 125 ff. 26 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 39 ff. 27 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi und seine Bewegung. S. 194 ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
13
Kontemplation: ein apostolisches Wanderleben mit Predigt und einem
kontemplativem Leben in Einsiedeleien.
1211 flieht die Adelstochter Clara aus ihrem Vaterhaus und kommt zu Franziskus
und seinen Brüdern. Sie will sich ihnen anschließen. Dies ist der Beginn einer
entstehenden Frauengemeinschaft. Die Schwestern siedeln nach San Damiano
über und leben dort sesshaft in klausurierter Form.
Ab 1212 bemüht sich die weit verteilte und ständig wachsende Brüderzahl
zweimal jährlich zum Generalkapitel nach Assisi zu kommen. Dies ermöglicht den
Erfahrungsaustausch und die Beratung praktischer und spiritueller Fragen.
Durch mangelnde Organisation und zu wenig Erfahrung scheitern viele
Expeditionen und Predigtreisen der mittlerweile über tausend Brüder. Auch
Franziskus muss einige Niederlagen einstecken und einige Reisen wegen
Krankheit abbrechen. Das schnelle Wachstum des Ordens und die
Wanderbewegungen der Brüder bewirken im Frühling 1217 tief greifende
organisatorische Neuerungen: Italien wird in sechs Bezirke unterteilt. Jeder der
Brüder soll einem dieser Bereiche zugeteilt werden und einem Minister
unterstehen. Damit soll eine Übersicht über die Wege und das Wirken der Brüder
geschaffen werden. Eine weitere Neuerung ist das Aussenden der Brüder über
Italien hinaus in viele Teile Europas.28
Im Mai 1219 beginnt Franziskus seine Missionsreise nach Ägypten, die ihn nach
Palästina führen wird. Er setzt zwei Vikare ein, die in seiner Abwesenheit die
Leitung des Ordens übernehmen sollen. Diese nutzen seine Abwesenheit, um
neue Gesetzmäßigkeiten für das Ordensleben zu suchen, denn die wachsende
fraternitas ist der Gefahr ausgesetzt, sich durch das Wachstum und dem Fehlen
handfester Normen und Anordnungen selbst zu gefährden. Ein Bote kommt in den
Orient und überbringt Franziskus diese Neuigkeiten. Franz ist aufgewühlt, fühlt 28 Vgl. Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 61f.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
14
sich hintergangen und reist sofort nach Assisi, um diese Neuerungen rückgängig
machen zu lassen.
Wenig später kündigt er seinen Rücktritt an. Er zieht sich mit einem Gefährten
über den Winter in eine Einsiedelei zurück, um eine approbierbare Ordensregel
auszugestalten. Sein Amt gibt er an zwei weitere Gefährten weiter. In dieser
Einsiedelei entsteht die nicht bullierte Regel von 1221. Franziskus’ tragende
Spiritualität kommt hier im Einleitungsvers zum Ausdruck: „Regel und Leben
dieser Brüder ist dieses, nämlich zu leben in Gehorsam, in Keuschheit und ohne
Eigentum und unseres Herrn Jesu Christi Lehre und Fußspuren zu folgen“.29
Seit der Kriegsgefangenschaft in Perugia ist Franziskus häufig krank. Er lässt sich
trotz Krankheiten nicht von weiteren Predigtreisen abhalten und lebt seine
kontemplativen Phasen. Er bleibt lange Zeit, bis heute, die lebendige Regel und
der charismatische Inbegriff der Bruderschaft.30
Der Orden verbreitet sich in mehr und mehr Ländern: In Frankreich und Spanien,
in ganz Mitteleuropa und im Orient. Im Winter 1222/23 überarbeitet der körperlich
immer schwächer werdende Franziskus die Regel von 1221. Diese wird von Papst
Honorius III. 1223 approbiert.
2.4 Bruder Sonne und Schwester Tod- Das Ende eines heiligen Lebens Körperliche Beschwerden schwächen Franziskus mehr und mehr. Seine Reisen
und Wanderungen werden kürzer und die Eremitagen länger. Seine bisherige
Lebensweise hält er durch alle Kränklichkeiten und Beschwerden hindurch bei,
denn: 29 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 87 30 Vgl. Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 76
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
15
Alle Brüder sollen bestrebt sein, der Demut und Armut unseres Herrn Jesus Christus nachzufolgen. Und sie sollen daran denken, daß wir, wie der Apostel sagt, von der ganzen Welt nichts anderes nötig haben als „Nahrung und Kleidung; damit sind wir zufrieden“ (vgl. 1 Tim 6,8). Und sie müssen sich freuen, wenn sie mit gewöhnlichen und verachteten Menschen verkehren, mit Armen und Schwachen und Aussätzigen und Bettlern am Wege.31
In seinen letzten Lebensjahren ist Franziskus von dem Gedanken begeistert, sich
ganz dem Einsiedlerleben hinzugeben. Auslöser sind die Krise im Orden und die
daraus resultierende Abgabe der Leitung.
Doch auch in seinen letzten Jahren wird er nie heimisch werden. Seine Leiden
machen es Franziskus schwer unterwegs zu sein. Durch seinen Enthusiasmus für
das Evangelium und dem Frieden unter den Menschen entwickelt er neue Formen
des Wirkens. Er lässt diktierte Rundbriefe verfassen und diese von den Brüdern
verteilen. Mit Beispielgeschichten und Liedern, die durch die Brüder verbreitet
werden, erhofft er sich die Aufmerksamkeit und das Interesse der Menschen. Er
führt mehrere Fastenzeiten im Jahr, die vierzig Tage dauern, in vollkommener
Stille, durch. In der übrigen Zeit wandert er unentwegt durch die Welt. 32
Im Frühjahr 1224 bricht Franziskus auf, um in die Einsiedelei auf den Berg La
Verna zu gehen. Er ist ein kranker und müder Mann von Leiden, Schmerzen,
Verunsicherung und depressiven Phasen gequält. Wenige Gefährten begleiten
ihn, um ihn zu pflegen. Laut Überlieferungen wird ihm hier im September 1224 das
„höchste Zeichen des Übernatürlichen“33, die Wundmale zuteil. Diese waren für ihn
eine Art Bestätigung seines Weges. Es gibt keine genauen Informationen über die
diesbezüglichen Geschehnisse und das Auftreten der Wundmale. Franziskus
schweigt darüber. Das Gleiche verlangt er von seinen Gefährten. Laut
religionsgeschichtlichen Untersuchungen ist er der erste Mensch überhaupt, der
31 Hardick, Lothar OFM/ Grau Engelbert OFM (Hg.): Die Schriften des heiligen Franziskus von Assisi. S. 116/117 32 Vgl. Kuster, Niklaus. Franziskus. Meister der Spiritualität. S. 73 33 Manselli, Raoul: Franziskus. Der solidarische Bruder. S. 339
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
16
diese Wundmale empfängt. Von einer Nachahmung oder Wiederholung kann nicht
die Rede sein.34
Am Ende seiner Tage sind seine Augen so lichtempfindlich geworden, dass er
nicht mehr ans Tageslicht kann und rund um die Uhr drinnen unter großen
Schmerzen verbringen muss. Dennoch empfindet er eine unbeschreibliche
Freude. Er empfindet sein Leiden als eine innere Befreiung und dichtet in diesen
schweren Tagen den Sonnengesang, das Loblied aller Geschöpfe.
Seinem Tode nahe, zwingen ihn die Brüder dazu, verschiedene Ärzte und
Heiler aufzusuchen, um sich behandeln zu lassen. Zu dieser Zeit verfasst der
Todkranke und Geschwächte sein Testament.
Die Ärzte können ihm nicht helfen. Der Heilige stirbt am 3. Oktober 1226 bei der
Portiuncula- Kapelle, nachdem die Sonne untergegangen ist. Sein letzter
Wunsch ist, nackt auf der Erde zu liegen.
Am 16. Juli 1228 wird er von Papst Honorius III. feierlich in Assisi
heiliggesprochen. 35
3. Spiritualität
Der Begriff Spiritualität kommt gegenwärtig in vielen verschiedenen Bereichen
zum Tragen. Auf der einen Seite bringen die Menschen damit eine Verbindung
zum Transzendenten oder zum Jenseits in Zusammenhang. Begriffe wie Esoterik
oder Mystik werden damit assoziiert. Eine spirituelle Lebenseinstellung wird nicht
selten als seltsam oder verrückt wahrgenommen. Auf der anderen Seite suchen
34 Vgl. Manselli, Raoul: Franziskus. Der solidarische Bruder. S. 339f. 35 Vgl. Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 90ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
17
und machen mehr und mehr Menschen im Transzendenten, Übernatürlichen und
Spirituellen persönliche Erfahrungen, die ihnen im Leben weiter helfen sollen.
3.1 Spiritualität - Versuch einer Definition
Anton Rotzetter macht darauf aufmerksam, dass das Wort Spiritualität erst in den
letzten dreißig Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Es ist ein Modewort das bis
heute noch keine eindeutige Definition besitzt. Früher wurde damit Askese in
Verbindung gebracht. Im Wort Spiritualität steckt das lateinische Wort „spiritus“
(Geist). Es geht um den Geist, der einen bewegt. Damit ist der Heilige Geist, der
auch in Jesus war, gemeint.36
Eine abschließende Definition ist nicht leicht zu finden, da Spiritualität in hohem
Maße auch von der eigenen Person abhängt. Georg Schmid übersetzt den Begriff
Spiritualität in der Zeitschrift für Religionsunterricht und Lebenskunde (RL) als „das
Geistwerden des menschlichen Geistes“, „sein Gespür für seine eigentliche
Bestimmung“, „die innerste Biographie des Menschen“, „sein eigentliches, ihm
selber kaum bewusstes Leben“, „sein Gespräch mit seiner ureigensten
Bestimmung“, „der Dialog des Menschen mit seinem Imago Dei“, „die innerste
persönliche Geschichte des Menschen“.37
In seinem Aufsatz zum Thema Spiritualität versteht Hans- Jakob Schibler
Spiritualität als etwas, „was im Innern wächst, was die Person in ihrer Individualität
bestätigt. Sie ist so etwas wie der innere Dialog des Individuums, die Kraftquelle
der Selbstwerdung“.38
Der Begriff Spiritualität taucht erst seit einigen Jahren im deutschen Sprachraum
auf. Es ist eine Eindeutschung des französischen "spiritualité".39 Er bezeichnet die
36 Vgl. Rotzetter, Anton: Beseeltes Leben S. 12 37 Schmid, Georg: Spiritualität- im spirituellen Vakuum der Gegenwart. In: RL (1/99). S. 3 38 Schibler, Hans- Jakob: Didaktische Analyse. In: RL (1/99) S. 9 39 Schütz, Christian (Hg.): Praktisches Lexikon der christlichen Spiritualität. S. 1170
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
18
„gelebte Grundhaltung der Hingabe des Menschen an Gott und seine Sache".40
Ursprünglich und inhaltsmäßig geht er auf das neutestamentliche „pneumatikós"41,
was christliche Existenz bedeutet, zurück. Der Glaubensvollzug wird als „Leben im
Geist"42 begriffen. Begrifflich gesehen ist Spiritualität umfassender und bestimmter
als die Termini Frömmigkeit und Religiosität. Eine genaue Definition ist schwierig.
Spiritualität ist ein "Rekurs auf den Geist und Jesus Christus und die daraus
wachsende Offenheit für die Existenz des Menschen und die Aufgaben von
Menschheit und Welt".43
3.2 Die Bedeutung der Spiritualität für Schule und Unterricht Ausgehend von der Spiritualität im Gottesdienst oder im Alltag, kann und muss
eine Brücke zu Schule und Unterricht geschlagen werden. Schwierig ist, dass
Spiritualität nicht greifbar, nur erfahrbar ist. Sie kann nicht theoretisiert werden, wie
eine Mathematikaufgabe, sondern wird durch Erfahrungen vermittelt. Für diese
Erfahrungen gibt es keine endgültige Lösung, es gibt kein richtig oder falsch, nur
verschiedene Momente, die spirituell erfahrbar werden können. Da Spiritualität
subjektiv ist, gibt es hierfür kein Grundrezept. Agnes Liebi verbindet Spiritualität
mit allem, was ein gestaltetes Leben und guter Unterricht ausmacht.
„Absichtslosigkeit, Spiel, Präsenz, Zupacken, Auskosten und Loslassen machen
sie (die Spiritualität) aus.“44
Spiritualität ist nicht machbar und dadurch „schwer vereinbar mit der didaktischen
Forderung nach Lernzielorientierung“.45 Es gibt verschiedene Möglichkeiten,
spirituelle Momente in der Schule und im Unterricht zu erleben. Diese Momente
müssen mit den Schülern erschlossen werden, denn franziskanisch gesehen kann
40 Schütz, Christian (Hg.): Praktisches Lexikon der christlichen Spiritualität. S. 1170 41 Ebd. S. 1171 42 Ebd. S. 1172 43 Ebd. S. 1172 44 Liebi, Agnes: Spiritualität in der Schule. In: RL (1/99) S. 24 45 Ebd. S. 24
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
19
Gott in allen Dingen erfahren werden. Wenn zum Beispiel ein Fest vorbereitet
wird, auf das sich die ganze Schule freut, kann für die Schüler das Putzen zu einer
spirituellen Handlung werden. Im Deutsch- bzw. Kunstunterricht, wenn die Kinder
schreiben, malen oder kalligraphieren, kann es spirituelle Momente geben. Im
Raum herrschen Frieden und Stille und jeder konzentriert sich auf das
entstehende Wunderwerk. Jeder genießt die Stille und die Hingabe und vielleicht
erfahren manche darin einen spirituellen Moment. Ein weiterer Moment, in dem
Spiritualität erfahrbar gemacht werden kann, ist das Erzählen. Die Schüler sind
ungestört, sitzen da und hören zu. Sie lassen sich vom Erzähler abholen und
mitnehmen. Sie werden still und tauchen in eine andere Welt, die Welt der
Märchen und Legenden ein. Diese Methode wirkt bei Kindern aller Altersstufen.
Das Zuhören und Innehalten tut ihnen gut. Hinzu kommt, dass das
Geschichtenerzählen keinen bestimmten Raum, kein bestimmtes Fach und keine
bestimmte Zeit braucht. Es ist zu jeder Zeit und überall möglich. Hierbei ist zu
beachten, dass diese Erzählungen nicht als schulischer Gegenstand weiter
verwendet werden. Die Schüler können gehindert werden, spirituelle Erfahrungen
zu machen, aus Angst vor bevorstehenden Aufgaben.46
Das Problem der Spiritualität in der Schule und im Unterricht ist didaktische
Umsetzung. Diese ist dennoch möglich. Spiritualität kann im Unterricht umgesetzt
werden, indem die Schüler selbst zum Unterrichtsstoff werden: durch ihre inneren
Dialoge und Biographien und ihre unausgesprochenen Daseinserfahrungen. Die
Schwierigkeit besteht darin, dass die Schüler sich dem verweigern oder ihr
Innerstes nicht preisgeben wollen und können. Die einfachste Lösung für dieses
Problem ist, dass man fremde oder biblische Erfahrungen einsetzt und erarbeitet.
Wichtig ist, diese dem Alter der Schüler entsprechend anzupassen.
46 Vgl. Liebi, Agnes: Spiritualität in der Schule. In: RL (1/99) S. 24f.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
20
Hans- Jakob Schibler weist darauf hin, dass der Begriff Spiritualität in Schule und
Unterricht überhaupt nicht vorkommen muss. Die Übersetzung „persönliche
Religiosität“47 scheint treffender und verständnisvoller zu sein.
Als Lehrer sollte man sich keine Illusionen machen und denken, dass man den
Schülern dadurch die christliche Religiosität und den inneren Dialog mit Christus
nahe bringen kann. Die christliche Sozialisation, welche in der Spiritualität zum
Ausdruck kommen kann, dient lediglich als Ansatzpunkt. Die Erfahrung von
Spiritualität ist subjektiv und von Schüler zu Schüler verschieden.48
Spiritualität hat viel mit Leben zu tun und soll nicht nur in Gottesdiensten gelebt
werden, sondern in der Schule ihren festen Platz haben. Der Religionsunterricht
und die Schulpastoral bieten gute Ansatzpunkte, um sie in der Schule erfahrbar zu
machen. Dennoch sollte Spiritualität nicht nur auf diese beiden Bereiche begrenzt
werden, sondern die ganze „Kultur einer Schule“49 betreffen. Infolgedessen sollte
darauf geachtet werden, dass der Unterricht Raum gibt und die spirituelle
Dimension zum Tragen kommt.
Die spezielle Aufgabe des Religionsunterrichts ist es, die „spirituelle Option der
Schule“50 beispielhaft zum Ausdruck zu bringen. Hierbei kann er als
„exemplarische Unterbrechung des schulischen Zeitverhältnisses Gestalt
gewinnen“.51 Wichtig ist der richtige Zeitpunkt. Die Lehrer müssen ihn abwarten
und nutzen, auch wenn es spontan sein muss, denn Spiritualität kann nicht in
jedes beliebige Muster gezwängt werden und erfolgreich sein.
Eine weitere spirituelle Aufgabe der Schule ist die Befreiung von Abhängigkeiten
wie Medienkonsum, Drogen usw. Es sollen Möglichkeiten geschaffen werden,
wieder eine „face to face Kommunikation“52 stattfinden zu lassen, damit neue
Medien wie Computer und Fernsehen die Sehnsüchte der Kinder nicht mehr 47 Schibler, Hans- Jakob: Didaktische Analyse. In: RL (1/99) S. 10 48 Vgl. ebd. S. 9f. 49 Scharer, Matthias: Spiritualität als Schulkultur. In: ThPQ (148/2000) S. 169 50 Ebd. S. 172 51 Ebd. S. 172 52 Ebd. S. 173
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
21
ausgleichen müssen. Hierbei kann das Schaffen von Entscheidungs- und
Verantwortungsräumen, die die Freiheit und die Selbstbestimmung der Schüler
fördern, hilfreich sein. Damit diese Dimensionen zum Tragen kommen, sollen die
Schüler den Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens darstellen. Gott ist in den
Schülern schon da. Er muss nicht erst durch den Unterricht in ihr Leben treten.
Der Religionslehrer fungiert nicht als Erretter der Schule, sondern eher als
zentrale Gestalt einer Schulkultur. Die Spiritualität versucht Gott in allen Dingen zu
suchen und zu finden. Deshalb sind sowohl die Schule, als auch die Schüler mit
allem Positiven und Negativen ein spirituell bedeutsamer Ort.
Die Kultur der Schule soll sich nicht nur im Tun, sondern im Innehalten
ausdrücken. Für Johann Baptist Metz ist die kürzeste Definition von Religion die
Unterbrechung.53 Wie diese Unterbrechung und dieses Innehalten in der Schule
und im Unterricht ausgedrückt und verwirklicht werden kann, dazu gibt es
verschiedene Wege, die auf die Situation und die Schüler angepasst sein müssen.
Hilfreich sind praktische Übungen (zum Beispiel einfache Stilleübungen) bis hin zu
längeren Meditationsübungen, wodurch die spirituelle Dimension der Schüler
erschlossen werden kann.54
Sobald die spirituelle Erziehung an der Spiritualität des Kindes anknüpft, wird sie
erfolgreich sein.55
4. Grundelemente der franziskanischen Spiritualität
Die franziskanische Spiritualität hat eine Reihe von Aspekten, die alle eng mit der
Persönlichkeit des Franz von Assisi in Beziehung stehen. Geprägt ist seine
Spiritualität von seinen vielen verschiedenen Erkenntnissen und Erlebnissen, die
53 Metz, Johann Baptist: Glaube in Geschichte und Gesellschaft. S. 166 54 Vgl. Scharer, Matthias: Spiritualität als Schulkultur. In: ThPQ (148/2000) S. 169ff. 55 Vgl. Waaijman, Kees: Handbuch der Spiritualität. S. 65
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
22
er im Laufe seines Lebens gemacht hat. Das Evangelium spielt hierbei eine, wenn
nicht die entscheidende Rolle.
Die Berufung von Franziskus war es, das Evangelium […] zu leben. Bedingt durch die Vielfalt des Evangeliums ist es immer nur möglich, bestimmte Aspekte hervorzuheben und in eine bestimmte Lebensweise umzusetzen. Die Spiritualität […] eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen ist daher geprägt von dem Blickwinkel, von dem er bzw. sie auf das Evangelium schaut und von den Erfahrungen, die sein bzw. ihr Leben geprägt haben.56
Der Blickwinkel der franziskanischen Spiritualität ist auf die Christusnachfolge und
das Evangelium ausgerichtet. Diese beiden Aspekte, sowie die Minoritas (die
Einfachheit) und die Fraternitas (die Geschwisterlichkeit bzw. Gemeinschaft) sind
die Grundzüge franziskanischer Spiritualität und Lebensart.57
4.1 Die Beziehung zu Jesus Christus und zu Gott In welcher Beziehung Franziskus zu Jesus Christus steht, lässt sich anhand seiner
Lebensgeschichte gut nachvollziehen. Vor seiner Bekehrung hat er gelebt, als ob
es Christus nicht gäbe,58 nach seiner Bekehrung hat der Höchste selbst ihm
geoffenbart, dass er nach der Form des heiligen Evangeliums leben solle.59 Jesus
und das Evangelium gehören unzertrennlich zusammen. Wenn Franziskus nach
dem Evangelium lebt, lebt er so, wie Jesus es vorgegeben hat.
Die Nachfolge Jesu Christi ist der zentrale Inhalt des Lebens des heiligen
Franziskus. Er lebt dementsprechend wie Jesus selbst. Dadurch, dass er seine
eigene Lebensart nach der Lebensweise Jesu ausrichtet, kann er Gott im eigenen
Leben erfahren und begegnen. 60
56 Federbusch, Stefan: Franziskanische Spiritualität. In: infag. URL: http://www.infag.de/seiten/doku.php/spiritualitaet_franziskanische_spiritualitaet_mehr (14.08.09) 57 Vgl. Schorr, Peter OFM: Die Bedeutung Franz von Assisi für Erziehung und Bildung. In: Engagement (2009). S. 92f. 58 Vgl. Kreidler- Kos, Martina/ Kuster, Niklaus: Christus auf Augenhöhe. S. 57 59 Vgl. Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 76 60 Vgl. Von der Bey, Horst/ Freyer, Johannes- Baptist (Hrsg.): Die franziskanische Bewegung. S. 14
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
23
Helmut Feld bezeichnet ihn in Anlehnung an die späten Quellenschriften, die
Fioretti, als „zweiter Christus“ 61, der in die Welt gesandt wurde. Franziskus hat
Jesus Christus in all seinem Denken und Tun gesehen und verkörpert. Seine
gesamte Spiritualität ist auf ihn ausgerichtet.
Klaus Reblin macht darauf aufmerksam, dass es Franziskus nicht um den
dogmatischen Jesus, wie ihn die Kirche lehrt, geht, sondern um den, mit dem er
sich identifizieren kann: der menschliche Jesus, der am Kreuz gestorben ist,
einsam und gescheitert. Der eigentliche Kern seiner Spiritualität ist das Leben und
die Leiden Jesu. Jesu Leiden stimmt mit seinen eigenen Leidenserfahrungen
überein. In all seinem Tun will er Christus mehr und mehr entsprechen. Dies
kommt kurz vor seinem Tod zum Ausdruck, als er von den Brüdern verlangt, nackt
auf dem Boden zu sterben, wie Jesus, der nackt am Kreuz gestorben ist. Ziel und
Inhalt seines Lebens ist die absolute Gleichheit mit Jesus Christus. Er will durch
nichts von ihm getrennt oder verschieden sein. Sein Scheitern in der Führung der
Bruderschaft und die Konfrontationen mit der römischen Kurie hat Franziskus als
Abbild des Leidens Jesu verstanden.62
Am Ende seines Lebens meditiert Franziskus die Leiden Jesu so tief, dass er
dessen Wundmale an seinem eigenen Körper empfängt. Er verhüllt sie, damit
niemand davon mitbekommt. Sie sind für ihn wie eine Bestätigung, die durch seine
lebenslange Beschäftigung mit Jesu und dessen Leiden hervortritt.63 Die
Stigmatisation wird zu einem geistlichen Geschehen. Franziskus wird das Medium
und der Vermittler Jesu. Das Leben und die Leiden Jesu wiederholt er in seinem
eigenen Leben.64
Den armen und gekreuzigten Jesus erfährt er im Dialog mit Armen, Aussätzigen
und Ausgestoßenen. Nach seiner Berufung wird ihm der Dienst am Menschen, vor
61 Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 63 62 Vgl. Reblin, Klaus: Franziskus. Der rebellische Bruder. S. 168 63 Vgl. ebd. S. 171ff. 64 Vgl. ebd. S. 175
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
24
allem der Dienst an Kranken und Aussätzigen zu einer seiner Lebensaufgaben. Er
will ihr Leben leben, um sein eigenes Leben mit Christus leben und teilen zu
können.65 Franziskus und seine Brüder haben zeitweilig in Leprosenheimen mit
gelebt oder dort gearbeitet. Die meiste Zeit hat Franziskus mit
Predigtwanderungen oder Einsiedeleiaufenthalten zugebracht. Seine
Hauptaufgabe sah er nicht in der Krankenpflege.
Seine neue Lebensweise erfährt er während einer Eucharistiefeier, als er hört, wie
Jesus seine Jünger zum Predigen aussandte. „Daß sie nämlich weder Gold, noch
Silber, weder eine Tasche, noch Brot oder einen Stab auf dem Weg tragen, weder
Schuhe noch zwei Röcke haben sollten“.66 Franziskus ist von dieser Predigt so
begeistert, dass er beginnt, das Leben der Apostel zu verwirklichen und das
Evangelium zu verkündigen. Seine neue Lebensaufgabe besteht darin, das Leben
der Apostel weiterzuführen, das Reich Gottes im hier und jetzt erfahrbar zu
machen und das Evangelium in völliger Armut neu zu verkünden. Er führt den
Auftrag der Apostel „barfuß, menschenfreundlich und friedenstiftend“67 weiter. Für
Franziskus ist Jesus das Zentrum seines Lebens und parallel die Beziehung zu
Gott.68
In Jesus zeigt sich, wer Gott ist. Jesus ist die Sprache Gottes, die dem Menschen
übermittelt wird, er ist „das Wort des Vaters“ und die „Nahrung“, die Franziskus
benötigt und ohne die er nicht existieren kann.69
4.1.1 Das Damiano- Kreuz: Das Kreuz der Berufung Die Kreuzesikone von San Damiano spielt im Leben des Heiligen eine wichtige
Rolle. Sie bewirkt unter anderem seine Umkehr und gibt seinem Leben einen
65 Vgl. Von der Bey, Horst/ Freyer, Johannes- Baptist (Hg.): Die franziskanische Bewegung. S. 16 66 Deutsche Franziskaner (Hg.): Die Dreigefährtenlegende. S. 111 [3Gef VIII, 25] 67 Kreidler- Kos, Martina/ Kuster, Niklaus: Christus auf Augenhöhe. S. 66 68 Vgl. ebd. S. 66ff. 69 Vgl. Rotzetter, Anton (u.a.): Franz von Assisi. S. 139
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
25
Sinn. Hier erfährt er zum ersten Mal die Nähe Gottes, die ihm durch Jesus
Christus direkt auf Augenhöhe erscheint. Jesus erscheint nicht als
Weltenherrscher, sondern barfuß, halbnackt und mit einem liebenswürdigen Blick
als Freund der Kleinen in einer zerfallenen Kirchenruine.70 Christus offenbart sich
ihm unerwartet auf Augenhöhe, mit offenen Armen, zärtlichem Blick und
geöffnetem Ohr. Franziskus ist von seiner neuen Christuserfahrung so berührt,
dass er in Liebe antwortet. Er sorgt dafür, dass immer ein Licht als Zeichen der
Gegenwart Gottes vor der Kreuzikone brennt. In seiner einsamen Zeit, als er sich
vor dem eigenen Vater in einer Höhle verstecken muss, wird ihm diese Ikone zur
lebensnotwendigen Armenbibel. Sie wird eine lange Zeit sein zentraler
Anblickspunkt. Sie ist der Ausgangspunkt seiner Gebete und Meditationen und
bereitet ihn auf seine Berufung, den Aposteln nachzufolgen und das Evangelium
zu verkünden, vor. Die Damiano- Ikone ist der Wendepunkt seiner Sinnsuche. Sie
prägt sich tief in seine Seele und in sein ganzes Leben ein. Zusätzlich löst sie
einen geistigen Umschwung in ihm aus, der sich sein Leben lang durchzieht.71
4.1.2 Kirchlichkeit, Wort Gottes und Eucharistie Der Heilige aus Assisi sieht die Kirche als unersetzbare Basis seines Lebens. Sein
Verhältnis zur Kirche ist ungebrochen, seine ganze Lebensform ist in der Kirche
verankert. Trotz einiger Konflikte, die er mit ihr hat, bleibt er ihr treu.72 In ihr sieht er
die einzig mögliche Verbindung des Menschen zu Gott und von Gott zu den
Menschen. In seiner Eucharistieerfahrung, wobei er die Gegenwart Christi spüren
kann, kommt dies deutlich zum Ausdruck. Im Testament von Siena fordert er seine
Brüder dazu auf „der heiligen Mutter Kirche treu und untergeben“73 zu sein. Die
Kirche dient als mütterlicher Grund aus dem das geistliche Leben der Christen
hervorgeht. Maria ist seine kirchliche Orientierungsgestalt. 70 Vgl. Kreidler- Kos, Martina/ Kuster, Niklaus: Christus auf Augenhöhe. S. 55 71 Vgl. ebd. S. 61ff. 72 Vgl. Egger, Willi (u.a.): Fernkurs Franziskanische Spiritualität. Lehrbrief 13: Kirchlichkeit 13/2 73 Hardick, Lothar OFM/ Grau Engelbert OFM (Hg.): Die Schriften des heiligen Franziskus von Assisi. S. 154
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
26
Als Wandercharismatiker verwirklicht Franziskus eine andere Form von Kirche als
die Großkirche, obwohl er in Frieden mit ihr leben und keinen Gegensatz zu ihr
formen will. Er und seine Brüder sind in Wort und Tat Zeugen des kommenden
Reiches Gottes. Sie sind keine „gesellschaftsimmanente Form des Christentums“,
wie es die Großkirche ist, sondern eine „gesellschaftstranszendente“.74 Sie weisen
über die Welt, welche sie radikal in Frage stellen, hinaus.75
Die Spiritualität und das Leben des heiligen Franziskus richten sich in allen
Lebenssituationen konsequent auf Gott und dessen Wort. Franziskus erfährt
Jesus in seinem eigenen Leben im Bibelwort und in den Sakramenten, vor allem
in der Eucharistie.76 Diese werden ihm von der Kirche gespendet. Hier kann er
dem Christus, der in der Bibel und in den Sakramenten fortexistiert, unvermittelt
begegnen. Franziskus wird von Gott konkret angesprochen. Dies geschieht „in der
Schöpfung, in seiner persönlichen Berufungsgeschichte (und) in seinem Sohn
Jesus Christus, der sich im Raum der Kirche erfahren lässt“.77 Franziskus spürt
Gottes Anruf und Herausforderung und antwortet darauf mit seinem ganzen
Leben.
Franziskus’ Gotteserfahrung ist dialogisch. Dieser Dialog ist nicht allein auf ihn
selbst ausgerichtet, sondern führt durch die Brüder in die Gemeinschaft. Jede
Begegnung des Franziskus mit anderen wird durch seinen Dialog mit Gott zu einer
erlebbaren Gottesbegegnung.78
Die Eucharistie steht für Franziskus im Mittelpunkt seiner Frömmigkeit und seinem
pastoralen Engagement. Er ist ein „eucharistischer Mensch“.79 Die Eucharistie ist
ein Ort, an dem sich die Brüder sammeln. Sein ganzes Leben ist von der
74 Egger, Willi (u.a.): Fernkurs Franziskanische Spiritualität. Lehrbrief 13: Kirchlichkeit 13 4/5 75 Vgl. ebd. 13/3f. 76 Vgl. Von der Bey, Horst/ Freyer, Johannes- Baptist (Hg.): Die franziskanische Bewegung. S. 14 77 Ebd. S. 15 78 Vgl. ebd. S. 14ff. 79 Vgl. Rotzetter, Anton (u.a.): Franz von Assisi. S. 156ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
27
Eucharistie geprägt, seine Spiritualität ist eucharistisch. Die Eucharistie ist für ihn
der Ort der Danksagung an Gott.
4.2 Das Evangelium leben Nach seiner Berufung und Umkehr beruft sich Franziskus allein auf das
Evangelium. Er lebt es in besonders deutlicher Weise. In seinem Testament
berichtet er: „und nachdem mir der Herr Brüder gegeben hatte, zeigte mir
niemand, was ich zu tun hätte, sondern der Höchste selbst hat mir geoffenbart,
daß ich nach der Form des heiligen Evangeliums leben sollte“.80 Seine allererste
Ausrichtung ist nicht die damalige Kirche, sondern das Evangelium, welches durch
Gottes Offenbarung und Menschwerdung in die Welt gebracht wurde. Es wurde
den Menschen geschenkt und Franziskus nimmt es als Geschenk an. Allein das
Evangelium bestimmt seine Lebensform und die seiner Brudergemeinschaft.81
Franziskus sagt in seinem Testament, dass er die Botschaft des Evangeliums von
Gott allein bekommen hat. Kein menschlicher Mittler habe dazu beigetragen, dass
er sich dazu entschließt, von nun an nach dem Evangelium zu leben.82 Gott weist
ihm den Weg, den er in Zukunft gehen soll. Er offenbart sich ihm. Diese
Offenbarung Gottes kommt für Franziskus im Evangelium zum Ausdruck. Das
Bewundernswerte ist, dass er das Evangelium nicht nur weitergibt und verkündet,
sondern dass er es für sich selbst, und somit als Vorbild für die anderen, lebt. Es
wird zum Sinn und zur Richtschnur seines Lebens und zeigt ihm seinen
Lebenssinn und sein Lebensziel: die Verkündigung bzw. die Verpflichtung zur
Predigt.83
80 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 76 81 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi und seine Bewegung. S. 141 82 Vgl. Von der Bey, Horst/ Freyer, Johannes- Baptist (Hg.): Die franziskanische Bewegung. S. 35 83 Vgl. Manselli, Raoul: Franziskus. Der solidarische Bruder. S. 80
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
28
In seinen Schriften benutzt er das Wort Evangelium hauptsächlich, um
Lebensentwürfe für die Brüder zu beschreiben.84 Diese mündlichen Regeln sind
am Anfang seiner Wirkenszeit inhaltlich völlig identisch mit dem Evangelium, sie
sind eine Kurzformel des Evangeliums.85 Es sind keine sinnlosen
Aneinanderreihungen von Bibelstellen, sondern Ausgangspunkte. Er passt sie
dem Lebensalltag seiner Zeit an und wagt somit freie Aktualisierungen. Das
Evangelium gibt ihm in allen Zeiten und in allen Lebenslagen Auskunft.
Verschiedene Stellen liefern ihm bestimmte Anleitungen für sein Leben.86
Franziskus ist der Mann des Evangeliums. Er empfängt es radikal und verkündet
es voller Gehorsam. Dieser radikale Empfang äußert sich darin, dass er die
Aussage der völligen Armut wörtlich nimmt und sein Leben von nun an ohne jeden
Besitz und ohne Geld lebt. Die Bedeutung des Evangeliums zeigt sich bei
Franziskus darin, dass sein ganzes Denken und Empfinden davon geprägt ist. Er
will das gesamte Evangelium, die biblische Offenbarung, annehmen und anderen
vermitteln.87 Das Evangelium leben bedeutet für ihn nicht, ein Leben nach
abstrakten Werten, Normen und Vorschriften zu leben, die keiner wirklich erfüllen
kann, sondern die Annahme der konkreten Lebensart des irdischen Jesus, wie die
Evangelien sie berichten. Er folgt den Fußspuren Jesu und nimmt nicht das Leben
der Urgemeinde als Vorbildmodell, sondern das Leben Jesu selbst.88 Er geht über
die Ideale des apostolischen Lebens hinaus und rückt das Leben nach dem
Evangelium in den Mittelpunkt. Dadurch, dass er die Lebensweise Jesu und seiner
engeren Jüngerschaft nachahmt, begibt er sich in die direkte Nachfolge Jesu
Christi. Für ihn ist das Evangelium keine Konfrontation mit unverständlichen
Aussagen und einer fernen Lebensweise, sondern die „Begegnung zwischen zwei
liebenden Herzen, dem eigenen und dem Herzen Jesu.“89 Er nimmt es als
wörtliche Anrede, mit der der Herr ihn persönlich anspricht und sieht darin die
84 Vgl. Manselli, Raoul: Franziskus. Der solidarische Bruder. S. 36 85 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi und seine Bewegung. S. 141 86 Vgl. Knobloch, Stefan: Der von Gott Berührte. S. 45f. 87 Vgl. Von der Bey, Horst/ Freyer, Johannes- Baptist (Hg.): Die franziskanische Bewegung. S. 37 88 Vgl. Kraus, Anselm: Leben wie Franziskus. S. 56 89 Manselli, Raoul: Franziskus. Der solidarische Bruder. S. 57
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
29
Persönlichkeit Jesu. Franziskus folgt ihm nach und will dasselbe Ziel, die
Bekehrung der Menschen, erreichen.
Das Evangelium ist das erste, wovon er spricht, wenn er sein Leben beschreibt. Er
will das Evangelium leben, nichts anderes.90 Es ist für ihn das Geschenk des
Lebens. Er verbietet die Exegese des Evangeliums, für ihn ist es unmittelbar, ohne
theologische und lehramtliche Traditionen. Es bewirkt eine positive Veränderung
in seinem Leben. Die Nachfolge Jesu wirkt als frohmachende Botschaft und bringt
Freude. Sein Evangelium besteht aus dem Wort, dem Leben und der Lehre.91
4.3 Arm unter den Armen Franziskus lebt in seiner Jugend alles andere als arm. Er besitzt alles, was sich
junge Menschen wünschen können: Geld, Kleidung, Ansehen, Freunde. Erst nach
langer Krankheit und zu Beginn seiner langen Sinnsuche merkt er, dass er mit
seinem bisherigen Leben nicht zufrieden ist. Aus dem Evangelium leitet er die
völlige Besitzlosigkeit für sich und seine zukünftige Bruderschaft ab.92 Diese
absolute und von seinen Freunden und Verwandten am wenigsten verstandene
Radikalität, mit der er die Armut lebt, weist auf seine totale Ausrichtung auf das
Evangelium hin. Franziskus führt sein Leben in vollkommener Armut auf die
Offenbarung des Gekreuzigten in San Damiano zurück. Für den Poverello
bedeutet Armut zum einen Verzicht auf persönlichen und zum anderen Verzicht
auf gemeinsamen Besitz. Sowohl die einzelnen Brüder, als auch der ganze Orden
sollen arm sein.93 Wer sich der Bruderschaft anschließen will, muss seinen ganzen
Besitz verkaufen und den Erlös den Armen geben. Sein Leben wird ausnahmslos
90 Vgl. Rotzetter, Anton (u.a.): Franz von Assisi. S. 52ff. 91 Vgl. Gruber, Margareta (u.a.) (Hg.): Gottessehnsucht. S. 54 92 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 39 93 Vgl. Reblin, Klaus: Franziskus von Assisi. Der rebellische Bruder. S. 46ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
30
von der Armut bestimmt. Im kleinen Testament von Siena schreibt er, „daß sie (die
Brüder) immer unsere heilige Herrin Armut lieben und beachten sollen.“94
Für Klaus Reblin ist er der Troubadour und der Minnesänger der Armut. Sie ist für
Franziskus keine Belastung, sondern eine Auszeichnung, die Quelle der Freude
und des Glücks. Sein ganzes Leben ist von der Armut erfüllt. Er lebt sie freiwillig
und spielerisch, nicht unpolitisch oder ziellos. Sie macht unbeschwert und frei,
selbständig, erwartungsvoll und fröhlich. Wer nichts besitzt kann nichts verlieren.
So kann ein Leben in Frieden, welches für den Poverello wichtig ist, gelebt
werden. Besitz schafft Distanz und Rangordnungen, Grenzen und Krieg.
Infolgedessen will er keine materiellen Dinge besitzen. Seine Freiheit ist die
Armut, die Freiheit von Besitz und Zwängen.95 Nach der Abkehr von seinem
bisherigen Leben, beginnt er eine Existenz mit den Armen, die sich zu einem
Leben wie die Armen wandelt. Er wird zum Vater der Armen, indem er sich allen
Armen gleichförmig macht.96 Die Armut wird zu etwas einzigartig Schönem in
seinem ganzen Leben. 97
Er geht mit seinem Armutsprinzip soweit, dass er seinen Brüdern verbietet,
Kirchen und Wohnungen, die ihnen geschenkt oder für sie gebaut werden,
anzunehmen „wenn sie nicht sind, wie es der heiligen Armut entspricht.“98
Niklaus Kuster deutet die Armut des Poverello als „Leben in den Fußspuren
Jesu.“99 Jesu Armut wird ihm zur eigenen Lebensweise. Er ist das lebende
Beispiel für sie. Sowohl die Brüder als auch Klara und ihre Schwestern sollen nach
ihr leben:
Ich, der kleine Bruder Franziskus, will dem Leben und der Armut unseres höchsten Herrn Jesus Christus und seiner heiligsten Mutter nachfolgen und darin bis zum Ende verharren. Und ich bitte euch, meine Herrinnen, und gebe euch den Rat, ihr möchtet doch allezeit in
94 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 188 95 Vgl. Reblin, Klaus: Franziskus von Assisi. Der rebellische Bruder. S. 54f. 96 Vgl. Thomas von Celano: Leben und Wunder des heiligen Franziskus von Assisi. S. 148 97 Vgl. Reblin, Klaus: Franziskus von Assisi. Der rebellische Bruder. S. 45ff. 98 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 77 99 Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 135
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
31
diesem heiligsten Leben und in der Armut leben.100 [Vermächtnis für Klara und ihre Schwestern]
In der Armut sieht Franziskus eine Form der Liebe zu Jesus Christus. Diese
schließt die Liebe zu den Armen mit ein und übersteigt sie noch. Jesu gelebte
Armut und sein ganzes irdisches Dasein sind für Franziskus der Grund seines
Lebens. Damit ist nicht die materielle Armut gemeint, sondern das Armsein vor
Gott. In seinem Leben will der Poverello die radikale Armut Jesu nachvollziehen,
damit in seinem Leben für Gott Platz geschaffen werden kann und er von ihm
erfüllt wird. Gott kann nur dort ankommen, wo der Mensch frei ist, sowohl innerlich
als auch äußerlich. Durch seine Armut hat Franziskus ein geschwisterliches
Verhältnis zu den Dingen der Welt. Die Armut macht ihn frei. Durch sie ruft er nach
Gott, um ihn an seinem eigenen Leben teilhaben zu lassen. Für Franziskus und
seine Brüder bedeutet Armut Flexibilität. Da sie sich als Wanderer und Fremdlinge
der Welt sehen, können sie die Grenzen des Eigentums- und Sicherheitsdenkens
überschreiten und frei leben.
In der Liebe zu Christus entsagt sich Franziskus allen Dingen, die das Leben
sichern. Er führt ein Leben in Ungesichertheit und im Vertrauen auf Gott. Er
verzichtet auf Geld, Ansprüche und Forderungen. Wichtig ist für ihn, dass trotz der
Lossagung aller weltlichen Güter kein Anspruch vor Gott erhoben wird. Alles ist
Geschenk Gottes. Bei Franziskus wird die äußere Armut zum Abbild der inneren
Armut. Er ist innerlich total frei und empfänglich für Gott, der in ihm Wohnung
nehmen kann und nimmt. 101
Die absolut gelebte Armut des Poverellos bewirkt, dass er den Tod in Freude
annehmen kann. Er nennt ihn im Sonnengesang seine Schwester. Im Tod wird er
eins mit der Armut. Er stirbt „nackt auf der nackten Mutter Erde.“102
100 Hardick, Lothar OFM/ Grau Engelbert OFM (Hg.): Die Schriften des heiligen Franziskus von Assisi. S. 146 101 Vgl. Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 52ff. 102 Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. S. 94
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
32
4.4 Die Pädagogik der Nächstenliebe Franziskus lebt die Gottes- und Nächstenliebe. Hierbei stützt er sich auf das
doppelte Liebesgebot des Evangeliums. Der Wille Gottes kommt für ihn hier zum
Ausdruck. Die Grundformel „Aus Liebe zur Liebe“103 taucht in vielen seiner Texte
und in Geschichten über ihn immer wieder auf. Die Liebe zu Gott zeigt sich in
seinen kontemplativen Phasen, wenn er mehrere Wochen in die Stille, zu
Meditation und ins Gebet geht. In diesen Phasen ist er Gott und Jesus am
nächsten. Er bereitet ihnen Raum in seinem Leben und seinem Geist, damit er
ihrem Ruf folgend die Liebe allen Menschen und in die Welt bringt.104
4.4.1 Die Solidarität mit den Kranken und Armen Wie in seinem Testament bezeugt (Test 1-3), ist für Franziskus der entscheidende
Moment der Umkehr in seinem Leben, als er einem Aussätzigen begegnet, diesen
umarmt und küsst. Er führt den Neubeginn seines Lebens auf das Eingreifen
Gottes zurück.105 Sein Ekel vor den Aussätzigen wendet sich schlagartig in
Erbarmen, Barmherzigkeit und liebevolles Mitleid, das soweit geht, dass er
Aussätzige pflegt und zeitweise bei und mit ihnen lebt. Er wendet sein Leben den
Menschen zu, die am Rand, unter dem Existenzminimum leben und denen die
keine Zukunftsperspektive haben, oder wegen ihrer Krankheit verbannt wurden. Er
zählt sich zu diesen Randexistenzen. Diese Erfahrung, die er mit den Aussätzigen
macht, umschreibt er als „Süßigkeit der Seele und des Leibes“.106 Sie ist für ihn
eine große und lebensbestimmende Erfüllung, sodass er sie zutiefst bejaht und
sein altes Leben hinter sich zurück lässt. Seine absolute Hochherzigkeit, sein
103 Rotzetter, Anton: Franz von Assisi. S. 66 104 Vgl. ebd. S. 62ff. 105 Vgl. Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 180 106 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 75
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
33
Mitleid und seine immense Liebe zu Gott helfen ihm dabei. Er ist überzeugt, dass
er in den Armen und Aussätzigen Jesus begegnen kann.107 „Wer einen Armen
schmäht, beleidigt Christus, dessen edles Abzeichen jener trägt; denn er hat sich
um unsertwillen arm gemacht in dieser Welt.“108
Zu Beginn seiner Wirkenszeit sind vor allem die Aussätzigen die Geschwister des
Franziskus. Bald weitet sich dieser Kreis auf alle am Rand Stehenden aus. Auf
Rechtlose, Verachtete, Unverstandene, Missverstandene, Missbrauchte und
Arme. Er will genau wie diese Menschen leben. Die gleiche Solidarität erwartet er
in der nicht bullierten Regel von seinen Brüdern. „Und sie müssen sich freuen,
wenn sie mit gewöhnlichen und verachteten Leuten verkehren, mit Armen und
Schwachen und Aussätzigen und Bettlern am Wege“.109 Das Leid der anderen wird
für Franziskus zum eigenen Leid. Die Menschen, die leiden, bekommen eine
besondere Zuwendung von ihm. Er zeigt sich ihnen gegenüber solidarisch.110
Für Franziskus sind die Aussätzigen ein Sakrament. Sie sind ihm ein Zeichen,
unter dem er Jesus Christus glaubt und sucht. Er sucht den „Christus leprosus“
(„den aussätzigen Christus“).111 Die Aussätzigen nennt er dementsprechend
„Christliche Brüder“.112 Diese „Schicksalsgemeinschaft mit den Aussätzigen“113
macht er zur Grundlage seines Ordens. Die Minderbrüder müssen sich den Armen
und Aussätzigen annehmen, sie pflegen und mit ihnen zeitweise
zusammenwohnen. Das Evangelium und die Armen stehen auf einer Stufe. Sie
sind für ihn gleich heilig.114
107 Vgl. Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 180 108 Thomas von Celano: Leben und Wunder des heiligen Franziskus von Assisi. S. 149 109 Hardick, Lothar OFM/ Grau Engelbert OFM (Hg.): Die Schriften des heiligen Franziskus von Assisi. S. 117 110 Vgl. Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 180 111 Rotzetter, Anton (u.a.): Franz von Assisi. S. 97 112 Ebd. S. 97 113 Ebd. S. 97 114 Vgl. ebd. S. 97
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
34
4.4.2 Geschwisterlichkeit
Für Anton Rotzetter ist die Geschwisterlichkeit ein „franziskanisches
Symbolwort“.115 Darunter ist die gesamte Lebensform des Poverellos zu verstehen.
Im Schlüsselwort Geschwisterlichkeit kommt die „mystische Erfahrung, dass Gott
der Demütige ist“ 116 zum Ausdruck. Gott ist Beziehung in sich selbst und will diese
durch menschliche Beziehungen vergegenwärtigen. Die Erfahrung vom demütigen
Gott verbindet die Menschen in Geschwisterlichkeit.117
Geschwisterlichkeit ist eine Erfahrung, die mit Gott zu tun hat. Im menschlichen
Zusammenleben kann diese Wirklichkeit gefasst werden. Zugleich hat sie einen
missionarischen Charakter. Sie will die Welt verändern, indem sie über sich
hinausgreift.118 Die franziskanische Geschwisterlichkeit ist keine unerreichbare
Illusion, sondern greifbar. Es sind Beziehungen, die verschiedene Menschen aus
Zuwendung und durch konkrete Gemeinschaft aneinander bindet. Eines der
wichtigsten Wörter in der Sprache des Franziskus ist das Wort Bruder/ Schwester.
Er nennt sich Bruder und seinen Orden fraternitas/ Bruderschaft. Die
Brüderlichkeit bzw. Geschwisterlichkeit ist ein grundlegendes Element und die
zentrale Idee seiner Lebensform. Innerweltliche Unterschiede haben für
Franziskus keine Bedeutung. Er steht mit jedem in einem geschwisterlichen
Verhältnis. Die Geschwisterlichkeit führt zur Beendigung aller Unterschiede und
zur Auflösung von Klassen und Ständen. 119
Durch die Geschwisterlichkeit unter den Menschen kann der Anbruch des Reiches
Gottes in Gestalt von Barmherzigkeit, Demut, Güte und Liebe erfahrbar werden.
Franziskus konkretisiert als „Christusikone des Mittelalters“120 das geschwisterliche
115 Rotzetter, Anton: Franz von Assisi. S. 82 116 Ebd. S. 82 117 Vgl. ebd. S. 82ff. 118 Vgl. ebd. S. 78 119 Vgl. Egger, Willi (u.a.): Fernkurs Franziskanische Spiritualität. Lehrbrief 7: Brüderlichkeit 120 Kraus, Anselm: Leben wie Franziskus. S. 129
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
35
Leben in der Nachfolge Jesu. Da er vor seiner Umkehr die Standesgegensätze am
eigenen Leib erfährt, antwortet er nach seiner Bekehrung mit den Worten der
Liebe und der Nächstenliebe. Er will jedem Menschen die Möglichkeit geben,
geliebt und gebraucht zu werden. Dies lebt er in vollkommener Hingabe.
Um diese Liebe unter alle Menschen zu bringen und jeden daran teilhaben zu
lassen, sendet Bruder Franziskus seine (Mit)Brüder regelmäßig zu zweit auf die
Wanderschaft, „um alle Menschen zu Brüdern Christi zu machen- ohne
Ausnahme.“121 Seine Forderungen gehen soweit, dass er den Brüdern aufträgt,
sogar ihr Leben dafür zu geben. 122
Im wichtigsten Gebet des Franziskus, dem Vater Unser, kommt die
Geschwisterlichkeit als eines seiner großen Ideale zum Ausdruck. Für ihn ist die
Grundaussage des Vater Unsers, dass Gott der Vater aller Menschen ist. Dadurch
kann es unter den Menschen keine väterlichen Rollen, keine Unter- und
Überordnung mehr geben, nur noch radikale Geschwisterlichkeit.123
4.4.3 In Demut leben Für Franziskus ist die Demut eine Schwester der Armut. Er geht noch weiter und
nennt sie die schützende Schwester der Armut. Geduld und Dankbarkeit zeichnen
sie aus. Demut und Armut garantieren zusammen den Inbegriff der höchsten
Armut: die Minoritas, das Mindersein, wie der Poverello diese Haltung nennt.124
Helmut Feld weist darauf hin, dass Franziskus die Demut in ihrer vollkommensten
Form zu leben versucht, um sie den Minderbrüdern durch Worte und gelebtes
121 Kraus, Anselm: Leben wie Franziskus. S. 133 122 Vgl. ebd. S. 129f 123 Vgl. Kreidler- Kos, Martina/ Kuster, Niklaus: Christus auf Augenhöhe. S. 62f. 124 Vgl. Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 54f.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
36
Beispiel verständlich zu machen. Erst in der größten Erniedrigung, Beschämung
und Missachtung sieht er den Grund für die wahre und vollkommene Freude.125
Klaus Reblin macht geltend, dass der eigentliche Mittelpunkt des franziskanischen
Denkens und Wirkens die Demut, die Minorität ist. Franz fordert die absolute
Selbstverleugnung, die an Selbstverachtung grenzt. Das eigene Minder- und
Knecht- Sein, auf der untersten Stufe der Gesellschaft stehen, geringer als alle
anderen Menschen sein, das zeichnet sich für Franziskus als absolute Demut aus.
Alles was mit Herrschaft zu tun hat, lehnt er ab. Diese Demut und
Selbstverleugnung ist eine Nachahmung Jesu: das Ganz-unten-sein, der Verzicht
auf Besitz und das eigene Recht und der Wunsch wie Jesus der Knecht von allen
zu sein. „In der franziskanischen Demut und Selbsterniedrigung ereignet sich eine
Politisierung neutestamentlicher Christologie.“126 In der Nachfolge Christi treten die
Minderbrüder für die elenden Menschen ein. In dieser Hinsicht erweist sich
Franziskus als Rebell, er lehnt Fürsten, Mächtige und die Politik des Papstes ab.127
4.4.4 Frieden stiften Franziskus ist ein bekannter Friedensstifter. Er ist ein durch und durch friedfertiger
Mensch mit dem Auftrag, Frieden zu stiften. Franziskus verbindet die
Friedenstätigkeit des Menschen mit dessen Leidensfähigkeit. Beide haben die
Gewaltlosigkeit als Ausgangspunkt und als Ziel. Seele und Körper sollen vom
Frieden geformt sein. In seinen Ermahnungen schreibt er im 15. Kapitel:
„Selig die Friedfertigen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“ (Mt 5,9). Jene sind in Wahrheit friedfertig, die bei allem, was sie in dieser Welt erleiden, um der Liebe unseres Herrn Jesus Christus willen in Geist und Leib den Frieden bewahren.128
Gewaltlosigkeit ist sowohl eine äußere, als auch eine innere Haltung. Bei
Franziskus zeigt sich die Gewaltlosigkeit in seinem Umgang mit anderen. Seine 125 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi und seine Bewegung. S. 204ff. 126 Reblin, Klaus: Franziskus von Assisi. Der rebellische Bruder. S. 124 127 Vgl. ebd. S. 114ff. 128 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 68
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
37
Begegnungen und Predigten sind vom Friedensgedanken bestimmt. Dies kommt
schon in der auf Franziskus zurückgehende Grußformel „pace e bene“129 zum
Ausdruck. Er verachtet Streit, Verleumdungen, Krieg und Kreuzzüge. Ein Aspekt,
ohne den Frieden nicht funktionieren kann ist die Gerechtigkeit. Für Franziskus
gehören Gerechtigkeit und Frieden unweigerlich zusammen.130
Der Glaube an Gott ist für Franziskus ausschlaggebend für die Er- und Einhaltung
des Friedens. Gott ist die Quelle des Friedens. Er bedient sich der Person
Franziskus von Assisi, um diesen Frieden in die Welt und unter die Menschen zu
bringen.131 Das Motto „Ubi Deus, ibi pax“ - „Wo Gott ist, da ist Friede“ 132 ist die
Grunderfahrung im Leben des Franziskus. Diesen Frieden müssen sich die
Menschen durch die persönliche Hingabe an Jesus Christus schenken lassen.
Das tägliche Leben soll und muss von dieser Friedfertigkeit erfüllt sein.
Gott hat ihm den Gruß „Der Herr gebe dir Friede“133 offenbart. Diesen hat er
sowohl Menschen, Pflanzen und Tieren, als auch leblosen Dingen zugerufen.
Diese Grußformel hat eine friedensstiftende Wirkung.134
Franziskus ist schon zu seinen Lebzeiten das „Werkzeug des Friedens“.135 Für ihn
war der Friedensdienst gleichzeitig auch ein Heilsdienst. Er ist der Vermittler des
Friedens. Grundlagen des Friedens sind neben der Gerechtigkeit und der Demut
die Geduld. Friede und Rettung stehen im Zusammenhang mit der Buße und der
Umkehr.136 Er und seine Brüder fordern die Menschen zum Frieden und Heil und
zur Umkehr und Buße auf. Die franziskanische Bewegung ist eine
Friedensbewegung.137
129 Die Originalformel von Franziskus ist salus et pax: Heil und Frieden; das bene/Gute schreibt Franziskus ausschließlich Gott zu, der für ihn der Gute schlechthin ist. 130 Vgl. Rotzetter, Anton: Mit Gott im Heute. S. 308ff. 131 Vgl. Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 172 132 Thomassen, Jürgen: Christliche Spiritualität für unsere Zeit. S. 88 133 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 77 134 Vgl. Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. S. 46ff. 135 Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 168 136 Vgl. ebd. S. 168ff. 137 Vgl. Rotzetter, Anton (u.a.): Franz von Assisi. S. 110
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
38
4.5 Schöpfung und Ökologie Einer der bekanntesten Texte des Franziskus ist der Sonnengesang- das Lied der
Geschöpfe. Dieses Gebet ist ein Preislied an Gott für die gesamte Schöpfung.
Franziskus hat nicht viele Texte zur Schöpfung verfasst. Die, die er verfasst hat
sind in Form von Gebet, Lobpreisung und Danksagung verfasst. Hierbei wendet er
sich an Gott persönlich, den Schöpfer des gesamten Kosmos. Die Schöpfung
erblüht aus der Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes. „Franziskus
sieht eine innergöttliche Dynamik der Liebe zwischen Vater, Sohn und Hl. Geist
als die Voraussetzung des Schöpfungsaktes. […] Damit ist die Schöpfung ein
Ausdruck der dreifaltigen Liebe Gottes“.138 Für ihn ist die Welt eine aus
vollkommener Liebe geschaffene Geschöpflichkeit, deshalb lehnt er jede Form der
Verneinung dieser Geschöpflichkeit ab. Er hat eine sakramentale Vorstellung von
der Schöpfung, dass heißt, dass sie in unserer Welt als sichtbares Zeichen die
unsichtbare Wirklichkeit Gottes verkörpert. Die Schöpfung ist fortwährend und
nicht endgültig vollzogen und verweist auf Gott als Schöpfer. In der
Lebensgemeinschaft mit Gott erwartet er eine Vollendung der Schöpfung. Die
Geschöpfe sind seine Geschwister.139
Franziskus sieht seine eigene Existenz als Geschenk Gottes. Die Schöpfung ist
für ihn eine gute Gabe, in der sich Gott den Menschen offenbart. In allen Dingen
dieser Erde sieht er die Spuren des Herrn. Die Vogelpredigt ist ein Beispiel für das
Schöpfungsverständnis des Heiligen aus Assisi. Die Liebe zur Natur, die in der
Liebe zu Gott fest verwurzelt ist, nimmt durch die Schöpfung eine wahrnehmbare
Gestalt an. Er fühlt sich für alle Geschöpfe verantwortlich.140
Franziskus ist eins mit den Geschöpfen. Jedes hat seinen eigenen Nutzen, seine
eigene symbolische Bedeutung und seine eigene Heiligkeit. Entscheidend für sein 138 Gruber, Margareta (u.a.) (Hg.): Gottessehnsucht. S. 222 139 Vgl. ebd. S. 222ff. 140 Vgl. Kraus, Anselm: Leben wie Franziskus. S. 231
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
39
Naturverständnis ist seine Begegnung mit Christus. Sein Gottes- und
Christusverständnis bedingen sein Verhältnis zur Schöpfung. Erst durch die
Zuwendung von Gott und Jesus können ihm die Geschöpfe zu Geschwistern
werden. Die Bewahrung der Schöpfung wird zu einem weiteren Ziel im Leben des
Poverellos.141
4.6 Missionsauftrag Auch das franziskanische Missionsverständis hat einen engen Bezug zu Jesus
Christus und dem Evangelium. Franziskus wird durch das biblische Wort, durch
Gottes Eingebung, auf die Mission geschickt. Er antwortet darauf, indem er ein
Leben als Pilger und Fremdling lebt. Er und seine Minderbrüder pilgern von Ort zu
Ort und haben keine feste Heimat. Diese kann es ihrer Meinung nach lediglich bei
Gott geben. Sie binden sich nicht an bestimmte Orte und Menschen. Das
Evangelium ist ihre Richtschnur. Franziskus ist total vom Pilgern fasziniert, sodass
er wieder und wieder aufbricht. Das Ziel dieses Missionsverständnisses ist der
feste Glaube an den kommenden Gott. Sie pilgern in Gottes Richtung.142
Die franziskanische Mission beruht auf einem Verständnis, das die Erkenntnis und
die Gegenwart Gottes begreift und den Ruf zur Mission wahrnimmt. Es ist eine
Lebenshaltung, die sich auf Gott besinnt. Das Ziel ist, den Frieden unter die
Menschen zu bringen. Sie ist „eine Sendung in „minoritas“ und Geschwisterlichkeit
ohne jegliche Überheblichkeit“. 143 Die Grundlage ist die Ehrfurcht vor Gott.
Das Missionsverständnis des Franziskus basiert auf einigen grundlegenden
Elementen. Das Evangelium soll unter die Menschen gebracht werden, indem er
und seine Brüder es zuerst authentisch vorleben und danach verkündigen. Diese
klare Rangfolge von Vorleben und Verkündigen ist ein anderes Konzept, als das in
141 Vgl. Rotzetter, Anton: Mit Gott im Heute. S. 112ff. 142 Vgl. Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus folgen. S. 36ff.f 143 Vgl. Von der Bey, Horst/ Freyer, Johannes- Baptist (Hg.): Die franziskanische Bewegung S. 72
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
40
der Kirche jahrhunderte lang praktizierte. Der Heilige weist seine Minderbrüder
darauf hin, ohne Streit und Wortgefechte durch die Welt zu ziehen, „jeder
menschlichen Kreatur untertan um Gottes willen“ zu sein, das Wort Gottes zu
verkünden „wenn sie sehen, dass es Gott gefällt“144 und das Martyrium zu
erdulden.145
5. Die Aktualität der franziskanischen Spiritualität in der heutigen Zeit Die franziskanische Spiritualität ist in der heutigen Zeit sehr aktuell. Von den
meisten Überlieferungen und Erzählungen über den Heiligen aus Assisi kann ein
Bogen in die Gegenwart gespannt werden. Sei es in Bezug auf seine Solidarität im
Umgang mit Armen und Kranken, sein Vertrauen auf Gott und sein Glaube, dass
sich alles zum Guten wendet, sein Verhalten der gesamten Schöpfung gegenüber
oder seine radikale Geschwisterlichkeit. Obwohl Franziskus von Assisi über 800
Jahre tot ist, können die Menschen heutzutage viel von seiner Spiritualität und
seiner Lebensweise in ihr gegenwärtiges Leben übertragen. Er lebte vor langer
Zeit ein vorbildliches Leben, sodass er kurz nach seinem Tod heilig gesprochen
wurde.
Viele Menschen gehen jährlich nach Assisi, um zu beten, zu meditieren und um
die franziskanischen Stätten zu bewundern. Dies ist ein begründetes Zeichen,
„dass der Poverello mit seiner authentischen christlichen Haltung immer noch
zieht“.146
Neue Formen des Brauchtums sehen Franziskus als Patron des Tierschutzes und
der Umwelt (als Bewahrer der Schöpfung) und als Anstifter zur Brüder- bzw.
144 Rotzetter, Anton: Mit Gott im Heute. S. 66 145 Vgl. ebd. S. 65ff. 146 P. Sergio: Liebe Freunde! In: Sendbote. URL: http://www.sendbote.com/messaggero/pagina_articolo.asp?IDX=21IDRX=5 (02.09.2009)
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
41
Geschwisterlichkeit.147 Er ist Patron der Katholischen Aktion (1926), Italiens (1939)
und des Umweltschutzes (1979).148
Franziskus würde uns heute lehren, Demut und Dankbarkeit gegenüber Gott, der
Welt und den Institutionen zu haben. Hieraus lässt sich erkennen, dass gerade der
mittelalterliche Franziskus unserer Zeit eine alternative Richtung weisen könnte.149
Allerdings sollte man bedenken, dass es seit 800 Jahren viele Veränderungen in
der Gesellschaft gegeben hat. Das Leben des Franziskus kann für uns nicht
konstitutiv sein. Es soll eher regulativ, eine verbindliche Orientierung, sein.150
5.1 Ein Lebensentwurf nach Franz von Assisi
Wie aktuell die franziskanische Spiritualität ist, lässt sich anhand des
Lebensentwurfs für die heutige Zeit nach Clara und Franziskus von Assisi von
Helmut Schlegel illustrieren.
- Du bist einmalig. In dir steckt eine Idee Gottes. Dein Leben ist die
Geschichte der Begegnung mit ihm
- Du brauchst aus deinem Leben kein Programm zu machen. Du bist
wandelbar. Sieh das Jetzt und das Heute. Verändere, was du kannst.
Überlasse Gott, was du nicht ändern kannst.
- Alle Dinge haben ihre Sprache: die Materie, die Pflanzen, die Tiere, die
Menschen. Betrachte die Geschöpfe als Spiegelbilder Gottes. Lass sie
durchsichtig werden, bis sie Gottes Gesicht offenbaren.
- Widersetze dich jeder Form von Gewalt. Achte auf die kleinen Verletzungen
bei dir selbst und bei anderen. Sie sind meist der Anfang einer Kette von
147 Vgl. Kasper, Walter (Hg.): Lexikon für Theologie und Kirche. S. 36 148 Vgl. ebd. S. 44 149 Vgl. Galli, Mark: Franz von Assisi und seine Welt. S. 183 150 Vgl. Kammerer, Peter (u.a.): Franz von Assisi. S. 169
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
42
Misstrauen und Aggressionen. Habe den Mut, erste Schritte zu tun, und
warte nicht, bis andere auf dich zukommen.
- Weiche dem Schmerz des Lebens nicht aus. Dein Kreuz kann dich reifer
machen und gibt dir die Chance, mitzutragen am Kreuz Christi.
- Vor Gott brauchst du keine Maske aufzusetzen und keine Rolle zu spielen.
Zeige dich, wie du bist, mit allen Stärken und Schwächen. Bringe dein
ganzes Leben vor ihn.
- Mache dich nicht abhängig von den Dingen, die du hast oder nicht hast.
Fixiere dich nicht auf Wünsche, die dich unfrei machen.
- Im Wort Gottes begegnet dir der lebendige Christus. Fühle dich persönlich
angesprochen. Betrachte die Bibel als das Drehbuch der Geschichte Gottes
mit den Menschen. Suche deine Rolle und bringe dich in das Spiel des
Lebens mit ein.
- Lebe solidarisch in der konkreten Kirche. Stelle deine Fragen und benenne
die Ungereimtheiten. Aber grenze weder dich selbst noch andere aus.
- Denke und handle positiv. Glaube an Energien, die in dir stecken. Glaube
an die Fähigkeit aller Menschen, zu lernen und sich auf das Gute
einzulassen.151
5.2 Interreligiöser Dialog
Martin Kämpchen macht darauf aufmerksam, dass Franziskus „die geistige und
emotionale Brücke (ist), auf der wir zu einem ernsten Interesse an den anderen
Religionen hinübersteigen“.152 Er ist die Verbindung von Menschen aus
verschiedenen Religionen. Durch den franziskanischen Einfluss kann das
Gemeinschaftliche und Verbindende erschlossen werden.
151 Schlegel, Helmut ofm: Bausteine für einen Lebensentwurf nach Clara und Franz von Assisi (Plakat) 152 Kämpchen, Martin: Franziskus lebt überall. S. 126
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
43
Die franziskanische Denkweise hat viele Gemeinsamkeiten mit der afrikanischen
und der asiatischen. Wenn sich die Menschen bemühen, kann ein Raum
geschaffen werden, in dem Asiaten und Afrikaner leichter einen Zugang zum
Christentum in Europa finden und umgekehrt. Die franziskanische Denkweise
sucht die Gemeinschaft. Unterschiede sollen überwunden und Gemeinsamkeiten
geschaffen und gesucht werden. Die Lösung ist die Liebe. Im Zusammenleben mit
anderen Menschen und anderen Religionen soll das Gemeinschaftliche gesucht
und das Gegensätzliche überwunden werden. Diese Grundeinstellung soll vor
allem im interreligiösen Dialog zum Tragen kommen. Franziskanische Spiritualität
kann in allen Religionen gefunden werden. „Franziskus wandelt auf vielen Wegen.
Er lebt überall“.153
Franziskus ist das anschauliche Idealbild, was den interreligiösen Dialog betrifft.
Sein Zusammentreffen mit dem Sultan ist bis heute ein authentisches Beispiel,
dass ein Dialog zwischen verschiedenen Religionen stattfinden kann. Der
Grundkurs zum franziskanisch- missionarischen Charisma bringt dieses Thema im
Lehrbrief 15: Der Dialog mit anderen Religionen: ein franziskanischer Weg, zum
Ausdruck. Dieser angestrebte franziskanische Dialog ist universal und macht sich
durch das Wort und im eigenen Leben bemerkbar.154
Die Idee für die heutige Zeit ist, sich auf diese franziskanische Denkweise
einzulassen, andere Religionen akzeptieren zu lernen und den Versuch eines
interreligiösen Dialogs mit den Mitmenschen zu starten.
5.3 Universale Geschwisterlichkeit mit Gott, Mensch und Natur
Der heilige Franziskus wurde im Jahr 1979 vom Papst als Patron der Ökologie
berufen. Sein Lebensbeispiel könnte in der heutigen Zeit, einer Zeit der
153 Kämpchen, Martin: Franziskus lebt überall. S. 130 154 Vgl. Internationales Leitungsteam des CCFMC (Hg.): Grundkurs zum franziskanisch- missionarischen Charisma. Lehrbrief 15. S. 10ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
44
ökologischen Krise, viel bewirken. Es besteht darin, alle Menschen und Geschöpfe
miteinander und mit Gott zu versöhnen. Er begegnet allen Geschöpfen „mit einem
radikal versöhnten Herzen“.155 Der Sonnengesang ist das existierende Beispiel
dafür. Die Einheit der Geschöpfe vor Gott ist der ausschlaggebende Punkt für die
Beziehung und die universale Geschwisterlichkeit zu allen belebten und
unbelebten Dingen. Zwischen den Menschen und der Natur besteht ein humanes
Verhältnis.156
Die Autoren des Grundkurses zum franziskanisch- missionarischen Charisma sind
der Meinung, dass Franziskus von seinem Christusverständnis her, gegen jegliche
Art von Umweltverschmutzung und Umweltzerstörung gekämpft hätte. Unsere Zeit
braucht dieses franziskanische Denken. Das Denken, dass jeder Mensch und
jedes Geschöpf einen Eigenwert haben, allerorts Christi Gegenwart ist und keinem
Geschöpf etwas zu Leide getan werden kann und darf. Um dies zu verwirklichen
spielt die innere Haltung und die Bereitschaft etwas zu ändern eine große Rolle.
Das Wissen, dass der Mensch nicht über der Schöpfung, sondern mittendrin steht,
ist das Fundament für ökologisches Handeln. Der Mensch soll ihr gegenüber
demütig sein und sie nicht ausbeuten und zerstören. Franziskus von Assisi und
seine Spiritualität sind das „Vorbild für eine verwandtschaftliche Harmonie aller
Kreaturen“.157 Die Grundhaltungen für ökologisches Verhalten sind Solidarität und
Nachhaltigkeit. Jeder muss bei sich beginnen. Jeder Schritt zählt, der eigene
persönliche Lebensstil ist der Anfang. Jeder einzelne Mensch soll sich bemühen,
mit den Ressourcen der Erde besser umzugehen, durch das eigene Leben ein
gutes Beispiel vorzuleben und seine Mitmenschen dazu auffordern.158
Franziskus erfährt die Natur als ein von Gott gegebenes Geschenk. Gerade in der
heutigen Zeit wäre diese Ansicht hilfreich, um mit der Natur und den uns
gegebenen Dingen auf der Erde verständnisvoller und rücksichtsvoller
155 Internationales Leitungsteam des CCFMC (Hg.): Grundkurs zum franziskanisch- missionarischen Charisma. Lehrbrief 12. S. 6 156 Ebd. S. 10 157 Ebd. S. 12 158 Vgl. ebd. S. 5 ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
45
umzugehen. Franziskus hatte eine tiefe Verantwortung für dieses Geschenk und
handelte in diesem Sinne. Diese Wahrnehmung der Verantwortung fehlt in unserer
Zeit zunehmend. Die Menschen haben alles oder können es sich im nächsten
Supermarkt kaufen. Damit verliert dieses Verantwortungsbewusstsein an
Bedeutung. Rohstoffe und Energievorräte der Erde werden verschwendet und
keiner denkt an zukünftige Generationen.
Bei aller Neubesinnung auf den rechten Umgang mit der geschaffenen Welt sollten wir gerade in unserer Zeit nicht vergessen, mit Franziskus die Natur zum Anlass des Dankens und Lobens zu machen.159
Auch die Umweltschützer sind von Franziskus fasziniert. Mit seiner Option für die
Armen und seiner Liebe zur Schöpfung ist er ein großes Vorbild für sie.160 Er ist
seit 1979 Patron des Umweltschutzes.161 In der heuten Zeit stehen wir vor zwei
Herausforderungen: die Erhaltung der Umwelt und die Erhaltung des Friedens.
Beide stehen in einer wechselseitigen Verbindung. Der Friede wird politisch, sozial
und ökologisch zu einem weltweiten Auftrag.162 Es liegt an uns diesen Frieden und
damit die Erhaltung der Umwelt als franziskanische Aufgabe in der Welt zu
erreichen.
Anton Rotzetter bekräftigt die Erhaltung der Schöpfung und die universale
Geschwisterlichkeit, indem er sagt, „daß die Dinge nicht auf ihren Gebrauchswert
reduziert werden dürfen, sondern ihren Symbolwert behalten müssen.“ 163
Wir können von Franziskus lernen, „daß wir die Einheit und die Gemeinsamkeit
aller Geschöpfe wieder entdecken, die eine Schöpfung, in der der Mensch der
Bruder der Natur und die Natur die Schwester des Menschen ist“.164 Und zuletzt
159 Kraus, Anselm: Leben wie Franziskus. S. 234 160 Vgl. Zahner, Paul: Franz von Assisi begegnen. Hinterer Buchdeckel 161 Vgl. Kasper, Walter (Hg.): Lexikon für Theologie und Kirche. S. 44
162 Vgl. Garrido, Javier: Die Lebensregel des Franz von Assisi. S. 320f. 163 Rotzetter, Anton: Franziskus von Assisi. S. 131 164 Ebd. S. 131f.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
46
„daß wir uns ganz entschieden auf das Evangelium und Jesus Christus einlassen
und von daher die Welt als Schöpfung Gottes begreifen“.165
Franziskus ist der „Inbegriff eines umweltgerechten Verhaltens“.166 Verschiedene
Grundhaltungen im Leben können die franziskanische Ökologie unterstützen:
Gewaltlosigkeit statt Gewalt, Einbettung in die Natur statt Hierarchie, Gehorsam
statt Herrschaft, Armut und Besitzlosigkeit. Diese Ziele sollten privat verfolgt
werden und zusätzlich Zeugnis oder prophetische Dimension werden. Die
Menschen sollten an ihre Mitmenschen appellieren und diese auffordern
umweltbewusst zu handeln und zu leben. Der Öffentlichkeit sollte ein neues
Verhalten gezeigt werden.167
Zusammenfassend bringt Leonardo Boff die Aktualität der franziskanischen
Spiritualität präzise auf den Punkt.
Franz von Assisi ist weniger ein Ideal als vielmehr ein Geist und eine Lebensform. Geist und Lebensform erweisen sich aber in der Praxis und nicht in der Formel, einer Idee oder einem Ideal. Alles an Franziskus lädt zur Praxis ein: exire de saeculo- in alternativem Handeln- das mehr Zuwendung zu den Mitmenschen, mehr Zärtlichkeit für die Armen und mehr Achtung vor der Natur bringt- aus dem herrschenden System auszuziehen.168
5.4 Der Stellenwert der franziskanischen Spiritualität in der heutigen Erziehung und Bildung Wenn Erziehung und Bildung an franziskanische Grundsätze angepasst werden
und franziskanisches Handeln mit hineinfließt, können die Schüler viel Positives
auf ihren zukünftigen Lebensweg mitnehmen.
Peter Schorr weist in seinem Aufsatz „Die Bedeutung des Franz von Assisi für
Bildung und Erziehung“ darauf hin, dass die Auseinandersetzung mit diesem
165 Rotzetter, Anton: Franziskus von Assisi. S. 133 166 Ebd. S. 141 167 Vgl. ebd. S. 141ff. 168 Boff, Leonardo: Zärtlichkeit und Kraft. S. 218
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
47
Thema im Unterricht verschiedene Grundsätze, die die spezifischen Merkmale
franziskanischer Bildung sind, hat. Diese Grundsätze sind die Gemeinschaft, die
Form des kooperativen Lernens, das entdeckende Lernen und die permanente
Selbstbildung. Hierbei beschränkt er sich auf drei Grundelemente der
franziskanischen Spiritualität: die Einfachheit, die Geschwisterlichkeit und die
Gemeinschaft. In diesen drei Grundelementen besteht die Bedeutung für die
Bildung und die Erziehung.169
Die Grundelemente Geschwisterlichkeit und Gemeinschaft bezieht Peter Schorr
auf Franziskus und dessen Umgang mit der Schöpfung. In Bezug auf die
Erziehung und die Bildung heißt dies, dass alle, die im Bereich der Erziehung und
Bildung die Verantwortung tragen (Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen etc.) „den
Raum des gemeinsamen Lernens und Lehrens inhaltlich wie formal gestalten und
entwickeln“.170 Wichtig hierbei sind die Vermittlung der Kreativität, der Liebe, des
Teilens, der Erfurcht vor allem Geschaffenen, des Hörens und Zuhörens. Dieses
kreative Handeln war für Franziskus selbstverständlich und lässt sich gut in
Erziehung und Bildung einbringen. Was wir von Franziskus hierbei lernen können
ist, dass der Anruf Gottes an jeden von uns beantwortet werden soll, indem man
ihn hört und in seinem Leben befolgt und dazu sein Herz benutzt. Eine weitere
Aufgabe der franziskanischen Bildung ist, das Leben gemeinsam anzugehen. Der
Unterricht bietet verschiedene Möglichkeiten dafür: das kooperative Lernen durch
Partner- oder Gruppenarbeit, fächerübergreifendes Lernen, soziale Arbeiten,
gemeinsame Projekte, Spiel, Sport und die gemeinsame Gestaltung von
Gottesdiensten. Franziskanisch hierbei ist „den Blick füreinander zu schärfen, sich
gemeinsam in seinem So-und-nicht-anders-Sein anzunehmen und sich
miteinander zu freuen“.171
169 Vgl. Schorr, Peter OFM: Die Bedeutung Franz von Assisi für Erziehung und Bildung. In: Engagement (1/2009). S. 92f. 170 Ebd. S. 93 171 Ebd. S. 94
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
48
Das Grundelement Einfachheit gehört zur franziskanischen Erziehung mit dazu.
Die Einfachheit, den anderen zu akzeptieren wie er ist und versuchen einen Weg
der Gemeinsamkeit zu finden. Eine wirkliche Begegnung findet nur auf Augenhöhe
statt. Die Ausgangspunkte franziskanischer Erziehung und Bildung sind die
Wertschätzung jedes Menschen und den Dialog mit anderen suchen und führen.
Diese Einfachheit kann den Schülern durch verschiedene Akzente vermittelt
werden. Durch Freude und Dankbarkeit, Teilen von Ressourcen,
Dialogbereitschaft, Subsidiarität, Erfurcht vor dem Leben und Respekt vor der
Schöpfung.172
Franziskanische Spiritualität in der Schule wird
wesentlich Einübung in das soziale Beziehungsfeld bedeuten, sie wird sich als Ort verstehen, an dem die Apathie, die Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen überwunden wird, sie wird sich als Schule und Schulung von Sympathie und Solidarität begreifen.173
Franziskanische Bildung und Erziehung zielt darauf ab, einen Begegnungs- und
Kommunikationsraums zu schaffen, indem die Schüler zu sich selbst, zueinander
und zu Gott finden können. Sie sollen in ihrem Fragen und Suchen begleitet
werden. Diese drei Aspekte gehören wesentlich zusammen. Franziskus von Assisi
fungiert als Orientierungspunkt und als Vorbild. Die Tatsache, dass Gott in jedem
Menschen wohnt und seine Geschichte weitergeht bildet die spirituelle
Grundlange von franziskanischer Erziehung und Bildung.
Der Glaube, „von Gott angenommen und zur Freiheit berufen“ (Gal 5, 31) zu sein, bildet den Glutkern franziskanischer Spiritualität und damit auch jeglicher sich an Franziskus orientierender Bildung und Erziehung.174
172 Vgl. Schorr, Peter OFM: Die Bedeutung Franz von Assisi für Erziehung und Bildung. In: Engagement (1/2009). S. 93f. 173 Rotzetter, Anton: Stiftung franziskanische Erziehung und Bildung. In: Franziskanische Stiftung. URL: http://franziskanische-stiftung.de/fileadmin/dokumente/stiftung/franziskanische_stiftung.pdf (03.09.2009) 174 Ebd.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
49
6. Verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten der franziskanischen Spiritualität im Religionsunterricht Ich habe mich dazu entschlossen, die Umsetzungsmöglichkeiten der
franziskanischen Spiritualität im Religionsunterricht auf die Hauptschule zu
beziehen, da ich mit dem Schwerpunkt Hauptschule studiere und die
franziskanische Spiritualität in dieser Schulart meiner Meinung nach intensiver
bearbeitet werden kann. Ich bin der Meinung, dass die Intensionen, die mit diesem
Thema vermittelt werden in der Hauptschule greifbarer sind und besser in die
Lebenswelt der Schüler eingebaut werden können. Zusätzlich habe ich mich
entschlossen, meine Unterrichtseinheit auf die Klassenstufe 5/6 zu beziehen. Die
folgenden Ideen und Anmerkungen zur Umsetzung des Themas im Unterricht
kann auf andere Klassenstufen differenzierter oder vereinfachter angewendet
werden.
6.1 Verankerung im Bildungsplan und dazu passende Umsetzungsmöglichkeiten im Religionsunterricht Im Bildungsplan für das Land Baden- Württemberg aus dem Jahr 2004 sind die
Themen Spiritualität bzw. franziskanische Spiritualität als Leitgedanken für die 6.
Klasse der Hauptschule nicht verzeichnet. Es gibt viele Ansatzpunkte, an denen
sie angeknüpft und gut einbaut werden kann.
Ziele und Aufgaben des katholischen Religionsunterrichts ist die Stellung der
Frage nach Gott. Diese soll aus der Erfahrung der kirchlichen Glaubenstradition
erschlossen werden. Der Religionsunterricht erschließt „die religiöse Dimension
des Menschseins“175 und fungiert als Dienst an den jungen Menschen. Fünf
Verschiedene Kompetenzen sollen die Schüler im Religionsunterricht erwerben:
175 Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes BW (Hg.):Bildungsplan S. 34
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
50
Die religiösen Kompetenz, die Fachkompetenz, die personale Kompetenz, die
soziale Kompetenz und die methodische Kompetenz. Die Bildungsstandards
werden im Bildungsplan in sieben Dimensionen beschrieben und geordnet:
Mensch sein – Mensch werden; Welt und Verantwortung; Bibel und Tradition; Die
Frage nach Gott; Jesus der Christus; Kirche, die Kirchen und das Werk des
Geistes Gottes; Religionen und Weltanschauungen.
Diese Bildungsstandards verweisen darauf, was die Schüler am Ende der
jeweiligen Klassenstufen erreicht haben sollen. Sie sind jeweils für die Klassen 6,
9 und 10 formuliert.176
Nun werde ich die Kompetenzen (in Dimensionen aufgeteilt) und die Inhalte, die
die Schüler nach der 6. Klasse erreicht haben sollen, unter der Berücksichtigung
der franziskanischen Spiritualität mit möglichen Umsetzungsmöglichkeiten im
Religionsunterricht, aufzählen.177
Unter der Dimension Mensch sein, Mensch werden kennen die Schüler
• das biblische Verständnis, dass sie als Geschöpfe Gottes unverwechselbar
und einzigartig geschaffen sind
• erkennen an, dass sie gleichwertig als Mädchen oder Jungen geschaffen
sind
• sehen einige ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten, ihrer Stärken und
Schwächen und wissen, dass sie ohne Gegenleistung, so wie sie sind, von
Gott geliebt und in diese Welt als Partner Gottes hineingestellt sind
• wissen, dass der Glaube an die Geschöpflichkeit und Gottebenbildlichkeit
eine Grundlage für Selbstwertgefühl, Ich-Stärke sowie den respektvollen
Umgang mit anderen ist
Unter der Dimension Welt und Verantwortung wissen die Schüler
176 Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes BW (Hg.):Bildungsplan S. 34ff. 177 Vgl. für die folgenden Angaben ebd. S. 38ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
51
• um die Würde aller Lebewesen, um ihr gegenseitiges Angewiesensein und
um ihr gemeinsames Lebensrecht als Geschöpfe Gottes
• um Gefährdungen der Natur und kennen Möglichkeiten, zum Erhalt der
Schöpfung beizutragen
• nehmen sich in ihrer Verschiedenheit wahr, achten einander und kennen
biblische Zeugnisse für den Umgang mit Fremden
• kennen christliche Normen für das Handeln der Menschen (die 10 Gebote,
die goldene Regel, das Doppelgebot der Liebe)
• wissen um die Sicht der Welt als „Eine Welt“ und um das Bemühen um
Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung
• sind in der Lage, durch ihr Verhalten gemeinschaftliches Leben zu fördern
Zu diesen beiden Dimensionen ist im Religionsunterricht das Verhalten des
Franziskus gegenüber der Schöpfung und der Ökologie ausschlaggebend.
Grundlage ist Franziskus als Person und sein Verständnis von der
Geschöpflichkeit. Er sieht in jedem Geschöpf seinen Bruder bzw. seine
Schwester. Ein weiterer wichtiger Punkt ist seine Sicht von der universalen
Geschwisterlichkeit. Im Unterricht kann der Sonnengesang als Gebetsgrundlage
dienen. Verschiedene Geschichten und Erzählungen wie Franziskus mit der
Schöpfung umgeht, zum Beispiel die Vogelpredigt können diese Themen im
Unterricht vertiefen und vergegenwärtigen. Zusätzlich wäre die Gestaltung eines
auf Franziskus von Assisi bezogenen Gottesdienstes zum Beispiel zum
Erntedank, Welttierschutztag oder am 4. Oktober möglich.178
Unter der Dimension Bibel und Tradition verstehen die Schüler
• die Bibel als Heilige Schrift der Christen
Hier kann die radikale Umkehr des Franziskus durch die Worte des Evangeliums
zum Unterrichtsgegenstand gemacht werden. Wie er auf das Evangelium, das ihm
178 Vgl. Hoffsümmer, Willi: Das große Buch der Schulgottesdienste. S. 134ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
52
den Sinn des Lebens zeigt, baut und wie er den eigentlichen Lebenssinn in einem
Leben nach dem Evangelium sucht und findet.
Unter der Dimension die Frage nach Gott kennen die Schüler
• (biblische) Geschichten, die von Gottes Wirken erzählen und können die
Beziehung der darin handelnden Menschen zu Gott beschreiben
• kennen Beispiele von Menschen der Bibel, der christlichen Tradition und
aus ihrer eigenen Lebenswelt, die Grundhaltungen des Glaubens wie
Vertrauen und Hoffen, aber auch Fragen und Zweifel zeigen
• wissen, dass den Menschen die Vergebung und Zuwendung Gottes
zugesagt ist, und dies ihnen immer wieder einen neuen Anfang ermöglicht;
• sind in der Lage, ihre Vorstellungen und Erfahrungen von Gott
auszudrücken und wissen, dass diese unterschiedlich und widersprüchlich
sein können
• verfügen über Möglichkeiten, ihre eigenen Erfahrungen vor Gott zu bringen
(Lied, Gebet, Tanz) und können eine Haltung entwickeln, sich Gott
anzuvertrauen und daraus Hoffnung und Selbstvertrauen zu schöpfen
Hierzu ist die Lebensskizze des Franziskus eventuell als spielerische Form des
Erlernens eine gute Durchführung im Unterricht. Die verschiedenen
Lebensstationen können mit dem Alltagsleben der Schüler in Verbindung gebracht
werden. Die vermittelte radikale und rebellische Art des Franziskus bietet
genügend Diskussionsstoff, wenn es um die Frage nach Gott geht.
Unter der Dimension Jesus Christus wissen die Schüler
• dass sie eingeladen sind, auf Jesus zu vertrauen und ihr Leben in seiner
Nachfolge zu gestalten
Diesbezüglich lässt sich die Beziehung des Franziskus zu Jesus Christus im
Unterricht realisieren. Die Ikone von Damiano, das Tau- Zeichen, verschiedene
Gebete und das radikale Verständnis des Lebens nach dem Evangelium können
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
53
diese Beziehung erfahrbar und gegenwärtig machen.
Unter der Dimension Religionen und Weltanschauungen wissen die Schüler
• dass Achtung und Toleranz gegenüber Andersgläubigen für ein
verständnisvolles Zusammenleben wichtig sind
Dementsprechend kann das Verhältnis des Franziskus zum Islam, seine
Begegnung mit dem Sultan und sein Missionsverständnis (Menschen anderer
Religionen zu erreichen) näher betrachtet und im Unterricht vertieft werden.
Neben den Kompetenzen weist der Bildungsplan auch Inhalte auf, die die Schüler
am Ende der jeweiligen Klassenstufen erreicht haben sollen. Diese Inhalte werden
folgendermaßen unterteilt: Mit anderen zusammenleben, Die Bibel: Bücher des
Glaubens, Menschen erfahren Gott, Jesus: Gott kommt den Menschen nahe,
Schöpfung und Verantwortung, mein Glaube- dein Glaube und Miteinander
glauben feiern und danken.
Unter dem Inhalt Mit anderen zusammenleben lernen die Schüler
• Ich übernehme Verantwortung für mich und für andere Auch hier kann der Umgang des Franziskus mit der Schöpfung und aktuell die
Nachhaltigkeit als Thema im Unterricht gestaltet werden. Als weiterer Punkt
können die Gründung des Ordens und die verschiedenen Regeln als Thema der
Verantwortung näher betrachtet werden.
Unter dem Inhalt Menschen erfahren Gott lernen die Schüler
• Menschen erfahren Gott in Glück und Leid
• Ganzheitliche Zugänge zum Glauben – Still werden und beten
Die verschiedenen Gebete des Franziskus und seine Gotteserfahrung, die sein
ganzes Leben verändert, ihn sowohl Glück, als auch Leid erfahren lässt kann den
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
54
Schülern nahe gebracht werden. Verschiedene Gebete und Meditationen des
Franziskus ermöglichen die erfahr- und erlebbare Stille.
Unter dem Inhalt Jesus: Gott kommt den Menschen nahe lernen die Schüler
• Menschen begegnen Jesus und gehen mit ihm
• Jesus richtet auf und heilt
Die innige Christusbeziehung des Franziskus und sein Leben in dessen radikaler
Nachfolge ist ein gutes Beispiel für die Vermittlung dieser Dimension.
Unter dem Inhalt Schöpfung und Verantwortung
• Menschen: einmalig geschaffen, mit Würde ausgestattet
• Die Schöpfung achten und verantwortlich mit ihr umgehen
Die Themen Schöpfung, Verantwortung und universale Geschwisterlichkeit des
Franziskus eignen sich gut für diesen Inhalt.
Unter dem Inhalt mein Glaube- dein Glaube lernen die Schüler
• Menschen gehören verschiedenen Religionen an: Christentum- Islam
Die Begegnung des Franziskus mit dem Sultan, seine verschiedenen
Missionsreisen und speziell diese in den Orient können hier zum Tragen kommen.
Unter dem Inhalt Miteinander glauben, feiern und danken lernen die Schüler
• In den Sakramenten die Nähe Gottes feiern
Die Beziehung des Franziskus zu Gott, die er in den Sakramenten erfährt kann
aufgezeigt werden.
Im Prinzip kann die franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht mit vielen
verschiedenen Medien und Methoden vermittelt werden. Ausschlaggebend ist,
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
55
dass die franziskanische Spiritualität mit vielen Kompetenzen und Inhalten
verknüpft und in Verbindung gebracht werden können.
6.2 Weitere Umsetzungsmöglichkeiten
Grundsätzlich bietet sich der Sonnengesang als Grundlage für die franziskanische
Spiritualität im Religionsunterricht an. Hierzu habe ich im nächsten Kapitel eine
ausführliche Unterrichtseinheit entwickelt.
Weitere Themen zur franziskanischen Spiritualität im Religionsunterricht sind:
• Fächerübergreifendes Arbeiten
(Deutsch- Interpretation von Gebeten, Geschichten, Legenden,
Erzählungen
Geschichte- Das Mittelalter kennen lernen
Kunst- Bilder, Gemälde, Fresken von Franziskus betrachten, interpretieren
etc.
Musik- Vertonung des Sonnengesangs, Einübung des Musikspiels (oder
Teile daraus): Franz von Assisi von Wilhelm Willms und Peter Janssens179)
• Ein Theaterstück zum Leben des Franziskus aufführen
• Geschichten, Legenden, Erzählungen des Franziskus in den Unterricht
einbringen, darüber reden, diskutieren, mit dem eigenen Leben in
Verbindung setzen
• Das Leben des Franziskus vertiefen und ihn aus verschiedenen
Sichtweisen entdecken (als Rebell, als Heiliger, als Reicher, als Armer, als
Ritter etc.)
• die Armut und das soziale Engagement des Franziskus als Beispiel
nehmen und in die heutige Zeit übertragen
179 Willms, Wilhelm/ Janssens, Peter: Franz von Assisi. Ein Musikspiel
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
56
• das franziskanische Leben heute: mit den Schülern Klöster besuchen bzw.
Schwestern und Brüder in den Unterricht einladen
• Franz und Klara – zwei spirituelle Menschen leben ihren Traum vom Leben
(Ihre Lebensgeschichten kennen lernen, vergleichen etc.)
• Lossagung von den Eltern und die Konsequenzen- Franziskus als Beispiel
• „Gott gab mir Brüder! “- Verantwortung, Notwendigkeit einer Regelfindung,
Analyse der Regel
• Verschiedene Formen des franziskanischen Lebens: die drei
verschiedenen Orden kennen lernen
• Analyse/ Vergleich/ Erfahrung von franziskanischen Gebeten
• Lebensbilder kennen lernen: Das Leben des Franziskus als Vorbildfunktion,
welche bei der Behandlung Heiliger im Religionsunterricht zum Tragen
kommen kann.180
• Eine Zeitreise gestalten und sich überlegen, wie es wäre, wenn Franziskus
uns heute besuchen würde.181
• Die Armut oder die Berufung zum einfachen Leben als Unterrichtseinheit
erstellen und Franziskus und sein Leben als Beispiel anführen.182
• Franziskus als Nachfolger Jesu vorstellen und Gemeinsamkeiten und
Unterschiede herausarbeiten.183
• Thema: Reich- Gottes Botschaft: Franziskus als Beispiel der radikalen
Nachfolge Jesu und die Veränderung seines Lebens.184
• Lernzirkel über Franziskus von Assisi.185
• Ein Franziskusbuch gestalten.186
180 Vgl. Nigg, Walter: Lebensbilder. In: Müller, Max (Hg.): Handbuch für den katholischen Religionsunterricht. S. 414ff. 181 Vgl. Thoma, Chiara: Als Christ leben- vielfältige Ausdrucksformen. In: Hilger, Georg/ Reil, Elisabeth (Hg.): Reli 10- Arbeitshilfen. S. 78f. 182 Vgl. Früchtel, Ursula/ Lorkowski, Klaus: Religion im 7./8. Schuljahr. S. 133ff. 183 Vgl. Klitschka, Heike: Barfuß auf den Spuren Christi: Franziskus von Assisi. In: 184 Vgl. Jerger, Günter (Hg.): Lebenslinien 7. S. 85ff. 185 Vgl. Kunz, Reinhard: Franziskus von Assisi. S. 4ff. 186 Vgl. Bischöfliches Ordinariat der Diözese Rottenburg- Stuttgart (Hg.): Notizblock. S. 6 ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
57
7. Die Unterrichtseinheit: „Franz von Assisi und der Sonnengesangsweg- eine spirituelle Entdeckungsreise“
7.1 Sachanalyse zum Sonnengesang Der Sonnengesang des heiligen Franziskus von Assisi ist sein bekanntestes
Werk. Dieses original in italienisch verfasste Gebet löst das offizielle Latein ab. Es
ist „das Wiegenlied der italienischen Sprache“187 und zählt zur Weltliteratur. Nach
der Bibel dürfte es das bekannteste und meist übersetzte Werk der christlichen
Literatur sein. Der Sonnengesang ist oft Element der Meditation und der
Forschung. Das heißt, dass er heute noch aktuell ist und die Menschen fasziniert.
Erstaunenswert ist, dass die anderen Weltreligionen ihn als Verbindung zum
Christentum sehen. Die Originalmelodie ist nicht mehr bekannt. Wahrscheinlich
ist, dass es sich um eine Art Psalmton gehandelt hat. Das durchgehende Leitmotiv
ist das Lob. Der Aufbau des Sonnengesangs ist gut erkennbar: zehn Strophen von
unterschiedlicher Länge. Es gibt eine Rahmenbildung zwischen erster und letzter
Strophe. Diese beinhalten das Lob Gottes. Zusätzlich zum Lob der Geschöpfe ist
das weltberühmte Gebet ein Aufruf an die Menschen, Buße zu tun. Ursprünglich
war der Sonnengesang als Predigtlied gedacht. Er war, ist und bleibt für jede Zeit
aktuell und dient als franziskanische Antwort auf die Probleme der jeweiligen
Zeit.188
Höchster, allmächtiger, guter Herr, dein sind der Lobpreis, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen. Dir allein, Höchster, gebühren sie, und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen. Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, zumal dem Herrn Bruder Sonne;
187 Lehmann, Leonhard: Franziskus. Meister des Gebets. S. 238 188 Vgl. ebd. S. 238ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
58
er ist der Tag, und du spendest uns das Licht durch ihn. Und schön ist er und strahlend in großem Glanz, dein Sinnbild, o Höchster. Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond und die Sterne; am Himmel hast du sie gebildet, hell leuchtend und kostbar und schön. Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken und heiteres und jegliches Wetter, durch das du deinen Geschöpfen Unterhalt gibst. Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch. Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Feuer, durch das du die Nacht erleuchtest; und schön ist es und liebenswürdig Und kraftvoll und stark. Gelobt seist, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns ernährt und lenkt Und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter. Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen und Krankheit ertragen und Drangsal. Selig jene, die solches ertragen in Frieden, denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt werden. Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod; ihm kann kein Mensch lebend entrinnen. wehe jenen, die in ihrer schweren Sünde sterben. Selig jene, die sich in deinem heiligsten Willen finden, denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
59
Lobt und preist meinen Herrn und sagt ihm Dank und dient ihm mit großer Demut.189
7.2 Didaktisch- methodische Analyse Mit dieser Unterrichtseinheit möchte ich den Schülern das Leben des Franz von
Assisi und seine Spiritualität als spirituelle Entdeckungsreise des Sonnengesangs
näher bringen. Meiner Meinung nach eignet sich der Sonnengesang hervorragend
dafür, die franziskanische Denk- und Glaubensweise durch dieses wundervolle
Gebet wiederzugeben. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung
im Unterricht. Ich habe mich dazu entschieden, einen Lernzirkel mit zehn
verschiedenen Stationen zu erarbeiten. Die Unterrichtseinheit ist für die 5./6.
Klasse einer Hauptschule konzipiert, da Schüler dieser Altersstufe für
Stationenarbeit, Gebet, Stille, Meditation etc. in einem (noch/ schon) geeigneten
Alter sind. Sie können sich auf spirituelle Erfahrungen einlassen und tun dies
gerne. In diesem Alter stellen sie Gott und dessen Existenz meist noch nicht in
Frage und sind offen für Neues.
Eine wichtige Grundlage zum Gelingen dieser Entdeckungsreise ist die Erfahrung
von Stille und Meditation. Die Schüler sollten damit vertraut sein. In ihrem
Schulalltag sollten regelmäßig bestimmte Stille- und Meditationsübungen
verankert sein. Meine Unterrichtseinheit wird ca. elf Unterrichtsstunden umfassen.
Im Klassenzimmer soll es eine Gebetsecke geben.
189 Lehmann, Leonard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 53ff.
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
60
7.3 Lernziele/ Kompetenzen
Religiöse Kompetenz:
Die Schüler können
• religiöse Ausdrucksformen (Stille/ Meditation/ Gebet) einüben und werden darin unterstützt, elementare religiöse Sprachformen (Lieder und Gebete) zu verstehen, zu achten und mit zu gestalten
• ihr Selbstkonzept in Bezug zum Lebenskonzept des Franziskus von Assisi in Form des Sonnengesangs reflektieren und Konsequenzen für das eigene Leben und das Leben mit anderen bedenken
• die Botschaft des Sonnengesangs erfassen und weiter geben
• die Person und das Leben des Franziskus von Assisi kennen lernen und sich teilweise mit damit identifizieren
Fachkompetenz:
Die Schüler
• lernen eine bedeutende Persönlichkeit der Kirchengeschichte und eines seiner wichtigsten Gebete, den Sonnengesang, kennen: Franziskus von Assisi
• wissen, dass Gott größer und ganz anders ist, als Menschen ihn beschreiben können
• kennen Gebete, die von Hoffnung und Heil künden
• wissen, dass sich Menschen im Gebet an Gott wenden
• lernen vom Sonnengesang: Wir können im Vertrauen auf Gott unseren Weg gehen
Personale Kompetenz:
Die Schüler können
• die Möglichkeiten der Selbstentfaltung sehen und nutzen
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
61
• Fähigkeiten wie Selbstwertschätzung, Selbstbestimmung, Empathiefähigkeit, Dialogfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft entwickeln
• Verantwortung für sich selbst übernehmen
• sich selbst mitteilen (Präsentation, Lehrer- Schüler- Gespräche)
Soziale Kompetenz:
Die Schüler können
• mit anderen kommunizieren, zusammenarbeiten und Kommunikations-regeln befolgen
• eigenständig im Lernzirkel arbeiten
• die Perspektive anderer einnehmen und Empathie entwickeln
• Fremdes an sich heranlassen und Vorurteile abbauen
• Eine Internetrecherche durchführen
Methodische Kompetenz:
Die Schüler können
• sich in der Stationenarbeit selbstverwirklichen
• ihre Arbeit sorgfältig planen und ausführen, sich Informationen beschaffen und mit Medien verantwortungsbewusst umgehen
• religiöse Zeugnisse der Vergangenheit erschließen und auf aktuelle Lebensfragen beziehen
• die Eigenart religiöser Sprache, Bilder und Symbole erkennen und angemessen mit ihnen umgehen
• meditative Erlebnisformen gestalten und mitvollziehen
• Plakate, Präsentationen und ein Franziskusbuch gestalten
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
62
7.4 Unterrichtsskizzen 1./2. Stunde: Thema: Mittelalter
Unter-richts-phase
Lernanregung Medien/ Materi-alien
Sozialform
Einstieg Verschiedene Bilder vom Mittelalter (Burgen, Ritter etc.) werden vom Lehrer mitgebracht und von den Schülern betrachtet. Es findet eine Gesprächsrunde statt. Fragen wie "Wie war es früher im Mittelalter?" "Was fasziniert euch am Mittelalter?" "Welcher Beruf hätte dir am besten gefallen?" regen die Schüler zum Sprechen über und Hineinversetzen in die damalige Zeit an. (Anhang: Bilder aus dem Mittelalter)
Bilder L-S-Gespräch im Stuhlkreis
Hinführ-ung
Die Schüler gehen an ihren Platz zurück, setzen sich bequem und entspannt hin. Eine Phantasiereise ins Mittelalter findet statt. (Anhang: Phantasiereise)
Einzel-Meditation
Erarbeit-ung
Das Leben des Franziskus wird zusammen mit den Schülern erarbeitet (Anhang: Das Leben des hl. Franziskus)
Arbeits- blätter (AB)
Plenum
Vertief- ung/ Haus- aufgabe
Die Schüler erarbeiten einen Text zum Leben des Franziskus. Einzelne Textabschnitte sollen zu einem vollständigen und zusammenhängenden Text verarbeitet werden (Anhang: Einzelne Textabschnitte (Das Leben des hl. Franziskus))
AB Einzel- arbeit
Ab-schluss
Unterrichtsgespräch über das Leben des Franziskus
L-S- Gespräch im Stuhlkreis
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
63
3./4./5. Stunde: Thema: Leben des Franziskus von Assisi
Unter- richts- phase
Lernanregung Medien Materi-alien
Sozial- form
Ein- stieg
Schüler machen eine Meditationsübung (Anhang: Meditation)
Einzel- meditation
Hin- führung
Textarbeit von der ersten Stunde wird verglichen, verbessert etc.
AB Plenum
Erarbeit- ung/
Der Film Franziskus von Liliana Cavani wird angeschaut (ganz oder Teile daraus. Dies liegt in Anbetracht des Lehrers). Hierbei sollen die verschiedenen Elemente der franziskanischen Spiritualität veranschaulicht werden. (Anhang: Film: Liliana Cavani- Franziskus (1989)
DVD, DVD- Player, Fern-seh
Plenum/ Einzel- arbeit
Ver- tiefung
Gespräch über den Film. Der Lehrer erarbeitet zusammen mit den Schülern verschiedene Elemente der franziskanischen Spiritualität (Anhang: Tafelbild: Franziskanische Spiritualität)
Tafel L-S- Gespräch
Ab- schluss
Gebet des Franziskus von Assisi (Anhang: Gebet vor der Kreuzikone + Bild der Kreuzikone)
Kerze Gebets- ecke
6./7./8. Stunde: Stationenzirkel zum Sonnengesang (Mit Franziskuskette+ Franziskusbuch)
Unter- richtsphase
Lernanregung Medien/ Materialien
Sozial- form
Einstieg Die Schüler hören den Sonnengesang des Franziskus von Assisi (Aufnahme: Kurt Mikula- Schwester Sonne190)
CD/ CD- Player
Stuhlkreis
190 Mikula, Kurt: Schwester Sonne. In: rpi-virtuell. URL: http://www.rpi- virtuell.net/index.php?p=material_ordner&id=168069 (20.09.09)
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
64
Hinführ- ung
Lehrer stellt den Stationenzirkel vor, erklärt die Aufgabe für die folgenden Stunden und beantwortet anfallende Fragen der Schüler.
Unterrrichts- gespräch im Stuhlkreis
Erarbeit- ung
Es werden eine bzw. mehrere Stilleecken eingerichtet. Hier steht jeweils eine brennende Kerze. Die Schüler sollen nach jeder Station kurz in die Stille gehen und die Station besinnen, beten, meditieren etc. und den Laufzettel ausfüllen. (Anhang: Laufzettel Vorder- und Rückseite)
Nach jeder Station gibt es eine Perle in verschiedenen Farben, nach der Stille gibt es 3 Perlen (beige). So entsteht eine Sonnengesangskette, die die Schüler mit nach Hause nehmen können. Zusätzlich bekommt jeder Schüler ein Arbeitsblatt, auf dem die Sonnengesangskette abgebildet ist. Nach jeder Station malen sie eine Perle in einer bestimmten Farbe aus. Ein Ansichtsexemplar hängt an der Tafel. (Anhang:Sonnengesangskette, Ansichts-exemplar der Sonnengesangskette)
An jeder Station gibt es ein laminiertes Aufgabenblatt, wonach die Schüler arbeiten. Zusätzliche Materialien sind unter der Rubrik Medien/ Materialien vermerkt. (Die einzelnen Aufgabenblätter zu jeder Station sind im Anhang zu finden)
Zusätzlich finden die Schüler an jeder Station die Strophe des Sonnengesangs, die die Station darstellt. (Sowohl auf italienisch, als auch auf deutsch. (Anhang: Sonnengesang auf italienisch und deutsch)
Aus den erarbeiteten Materialien soll nach der Unterrichtseinheit ein Franziskusbuch aus den erarbeiteten
Kerze(n), AB
Perlen� Sonnen- gesangs- kette
AB
AB
AB
Einzel-/ Partnerarbeit
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
65
Materialien der Schüler entstehen. (Anhang: Franziskusbuch)
AB
1. Station: Lobpreis und Ehre Gottes AB, Blätter, Stifte
2. Station: Schwester Sonne AB, Stifte, Kärtchen
3. Station: Bruder Mond und Sterne AB, Sterne, blaues Tuch (Himmel)
4. Station: Bruder Wind AB, Windspiel
5. Station: Schwester Wasser AB, Brunnen
6. Station: Bruder Feuer AB, Kerze, kleine Kerzen
7. Station: Schwester Mutter Erde AB, Becher, Erde, Samen- körner, Wasser
8. Station: Verzeihung, Krankheit und Drangsal ertragen
AB, Band
9. Station: Schwester Tod
AB, Kärtchen, Stifte, schwarzes Tuch Stifte
Ver- tiefung
Lehrer und Schüler versammeln sich im Stuhlkreis. Ein kurzer Moment der Stille folgt. Danach verteilt der Lehrer Kärtchen und Stifte, die Schüler schreiben ihre
Kerze in der Mitte des Stuhl- kreises,
Unterrichts-gespräch im Stuhlkreis
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
66
Anmerkungen und Intentionen darauf. Diese werden vom Lehrer vorgelesen.
Das Gelernte wird im Gespräch vertieft. Es findet eine freiwillige Ergebnissicherung statt. Jeder Schüler darf seine Erfahrungen vortragen und verschiedene Stationen erläutern.
Kärtchen, Stifte
Ab- schluss
Singen des Sonnengesangs (Anhang: Sonnengesang Noten)
Gitarre Lied
Stuhlkreis
9./10./11. Stunde: Umweltprojekt
Unter- richts- phase
Lernanregung Medien/ Materi-alien
Sozial- form
Ein- stieg
Singen des Sonnengesangs Gitarre, Lied
Stuhl- kreis
Hin- führung
Lehrer stellt Fragen zur Gegenwart und ob der Sonnengesang noch aktuell ist. Der Lebensbezug soll gesichert werden. Ziel: das Sprechen über die Umwelt
L- S- Gespräch im Stuhl- kreis
Erarbeit- ung
Umweltprojekt: Die Schüler werden in 5 Gruppen aufgeteilt. 1. Umwelt- verschmutzung
4. Wasser- verschmutzung
2. Licht-verschmutzung
5. Folgen
3. Luft- verschmutzung
Die Schüler machen eine Internetrecherche. Websiten sind vorgegeben. Hier sollen sie entsprechende Informationen sammeln und daraus eine ca. 5-10 minütige Präsentation gestalten. (Anhang: Umweltprojekt)
AB, Internet, Plakate
Gruppen- arbeit
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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Vertief- ung
Präsentation der Gruppen Dem Beispiel des Franziskus folgen: Was können wir tun?
Arbeitsblatt wird verteilt (Anhang: Bewusster Leben mit dem Sonnengesang)
Das Franziskusbuch wird gestaltet
Plakate Tafel
AB
Präsen- tation
L- S- Gespräch
Ab- schluss
Singen oder Hören des Sonnengesangs (je nach Wunsch der Schüler)
CD, CD- Player/
Gitarre, Lied
Abschluss im Stuhl- kreis
Als Abschluss der gesamten Unterrichtseinheit kann man mit den Schülern einen
Sonnengesangsweg in der Umgebung besuchen und entdecken. Eventuell gibt es
auch Angebote, eine Führung zu machen. In ganz Deutschland gibt es etliche
Besinnungs- und Meditationswege, die den Sonnengesang des Heiligen
Franziskus zum Thema haben. Hier sind die Adressen für Franziskuswege in
Baden- Württemberg
• Kloster Sießen bei Bad Saulgau
• Deggenhausertal
• Oberharmersbach
• Gengenbach
• Ottenbach
• Uttenweiler
• Aalen
• Kloster Bonlanden, Gde. Berkheim191
191 Zusammenstellung von Klaus Köhle: Initiative deutscher, schweizer und österreichischer Besinnungs- und Meditationswege, die den Sonnengesang des Hl. Franz von Assisi zum Thema haben
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8. Resümee In meiner Arbeit habe ich versucht, die wesentlichen Elemente der
franziskanischen Spiritualität so ausführlich wie möglich zu gestalten. Sie wird von
vielen verschiedenen Grundzügen bestimmt und durchzieht das ganze Leben und
Wirken des heiligen Franziskus. Er erfährt seine Berufung in der Begegnung eines
Aussätzigen, danach richtet er sein Leben nach dem Evangelium aus. Aus diesem
Grund bezieht sich die franziskanische Spiritualität stark auf Jesus Christus und
das Evangelium. Franziskus tritt in die Fußstapfen Jesu und lebt das Evangelium.
In seinen Schriften kommt dieser Bezug besonders zum Ausdruck.
Der Begriff Spiritualität umfasst ein weites Feld und die franziskanische
Spiritualität ist ein geringer Teil davon. Für den Begriff Spiritualität habe ich keine
endgültige Definition gefunden. Daher kann es für die franziskanische Spiritualität
ebenso wenig eine endgültige Definition geben. Sowohl die Spiritualität als auch
speziell die franziskanische Spiritualität können für die Erziehung und die Bildung
und vor allem für den Religionsunterricht äußerst wertvoll sein. Durch die
Erfahrung von Spiritualität machen die Schüler verschiedene Erlebnisse, die ihnen
auf dem Weg des Erwachsenwerdens dienlich sein können. Durch spirituelle
Momente und Impulse, die im Unterricht genutzt werden sollen, kann eine
Unterbrechung des Alltags zustande kommen, in der die Schüler die Möglichkeit
haben, für kurze Zeit aus der Gewohnheit auszubrechen und neue Kräfte zu
tanken. Der Lehrer muss darauf achten, dass hierfür genug Zeit eingeplant wird
und sich dessen bewusst sein, dass sie nicht planbar sind. Wichtig ist, dass er
selbst eine Begeisterung wiedergibt, falls er spirituelle Momente in seinem
Unterricht nutzen will. Sobald die Schüler bemerken, dass die Lehrperson sich
hingibt und sich treiben lässt, können sie ein Beispiel an ihm nehmen und
nachziehen. Dazu ist Zeit erforderlich. Es darf kein Zwang ausgeübt werden und
Vorschriften sind tabu. Am Förderlichsten ist das erfahrene Entdecken, das jeder
einzelne Schüler selbst wahrnehmen und auskosten muss. Die Aufgabe des
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Lehrers ist es, der spirituelle Begleiter und das anschauliche Vorbild zu sein und
nicht der Vorschriftenmacher und der Sanktionenerteiler.
Im Verlauf meiner Arbeit bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass Franziskus
von Assisi und seine Spiritualität im Religionsunterricht weder mittelalterlich,
veraltet oder uninteressant, sondern aktuell und spannend sind. Viele seiner
Themen können heutzutage einen Bezug zur Gegenwart nehmen. Franziskus
kann mit seinem Lebensmodell in jedem Zeitalter als Vorbild, als Stifter von Liebe,
Gerechtigkeit und Frieden und als Bewahrer der Schöpfung dienen.
„Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht“ habe ich in meiner
Unterrichtseinheit von circa elf Stunden umgesetzt, indem mit den Schülern zuerst
das Leben des Hl. Franziskus erarbeitet und danach der Sonnengesang als
Ausgangspunkt genommen wird. Dabei habe ich aus den verschiedenen Strophen
einen Stationenzirkel von zehn Stationen entwickelt. Mit dieser Unterrichtseinheit
soll der Horizont der Schüler erweitert werden. Ihnen wird die Möglichkeit
gegeben, die franziskanische Spiritualität anhand des Sonnengesangs
erlebnisorientiert zu erfahren. Wichtige Methoden hierfür sind für mich die Stille,
das Gebet und die Meditation, welche ich in die Unterrichtseinheit eingebaut habe.
Zum Schluss möchte ich ein bekanntes Zitat des Franz von Assisi einbringen, das
den Abschluss meiner Arbeit bilden soll. „Tu zuerst das Notwendige, dann das
Mögliche und plötzlich schaffst du das Unmögliche“. Dieses Zitat möchte ich allen
(zukünftigen) Lehrern, insbesondere Religionslehrern für ihren Beruf ans Herz
legen. In der heutigen Zeit, in der Religion eine immer geringere Rolle im Leben
der Schüler einnimmt und die Schule oft die einzige Institution ist, in der sie noch
mit ihr in Berührung kommen, ist der Beruf des Religionslehrers wichtiger denn je.
Die Vermittlung des Glaubens und der Spiritualität ist eine große Herausforderung.
Wenn hier mit dem Notwendigen begonnen und das Mögliche getan wird, kann
laut Franziskus das Unmögliche erreicht werden.
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9. Literatur
Franziskanische Quellensammlungen Deutsche Franziskaner (Hg.): Die Dreigefährtenlegende des heiligen
Franziskus von Assisi und der „Anonymus Perusinus“. Werl 1993
Hardick, Lothar OFM/ Grau, Engelbert OFM (Hg.) Die Schriften des Heiligen Franziskus von Assisi.
Werl 1991 Lehmann, Leonhard (Hg.) : Das Erbe eines Armen. Franziskus- Schriften.
Kevelaer 2003 Von Celano, Thomas: Leben und Wunder des heiligen Franziskus von
Assisi, Franziskanische Quellenschriften, Bd. 5. Werl 1988
Literaturverzeichnis Boff, Leonardo: Zärtlichkeit und Kraft. Franz von Assisi mit den
Augen der Armen gesehen. Düsseldorf 1983 Egger, Willi/ Lehmann, Leonhard/ Rotzetter, Anton: Fernkurs "Franziskanische Spiritualität"
Waldbreitbach ab 1982 Feld, Helmut: Franziskus von Assisi. München 2001 Feld, Helmut: Franziskus von Assisi und seine Bewegung.
Darmstadt 1994 Galli, Marc: Franz von Assisi und seine Welt. Freiburg i. Br.
2008 Garrido, Javier: Die Lebensregel des Franz von Assisi.
Inspiration für heute. Freiburg i. Br. 2001
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Gruber, Margareta (u.a.) (Hg.): Gottessehnsucht. Einübung in franziskanische Spiritualität. München 2005 Internationales Leitungsteam des CCFMC (Hg.): Grundkurs zum franziskanisch- missionarischen
Charisma. Bonn 1998 Kämpchen, Martin: Franziskus lebt überall. Seine Spuren in den Weltreligionen. Würzburg 2002 Kasper, Walter (Hg.): Lexikon für Theologie und Kirche. Freiburg i. Br.
1995 Knobloch, Stefan: Der von Gott Berührte. Franz von Assisi im
Lichte seiner Schriften. Berlin 2007 Kraus, Anselm: Den Spuren Christi und seines Dieners
Franziskus folgen. Münsterschwarzach 1988 Kraus, Anselm: Leben wie Franziskus. Ein Begleiter in seine Geistigkeit und zu seinen Stätten. Padova 1983 Kreidler- Kos, Martina/ Kuster, Niklaus: Christus auf Augenhöhe. Das Kreuz von San
Damiano. Kevelaer 2008 Kuster, Niklaus: Franziskus. Meister der Spiritualität. Freiburg i.
Br. 2002
Kuster, Niklaus: Franziskus. Rebell und Heiliger. Freiburg i. Br. 2009
Lehmann, Leonhard: Franziskus. Meister des Gebets. Werl 1989 Liebi, Agnes: Spiritualität in der Schule. In: RL (1999), H. 1/4 Manselli, Raoul: Franziskus. Der solidarische Bruder. Freiburg i.
Br.1989 Metz, Johann Baptist: Glaube in Geschichte und Gesellschaft. Mainz
1992
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg (Hg.): Bildungsplan. Stuttgart 2004
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Reblin, Klaus: Franziskus von Assisi. Der rebellische Bruder.
Göttingen 2006 Rotzetter, Anton: Beseeltes Leben. Spiritualität im Alltag. Freiburg
i. Br. 2002 Rotzetter, Anton/ Van Dijk, Willibrord- Christian/ Matura, Thaddée: Franz von Assisi. Ein Anfang und was davon
bleibt. Zürich 1981 Rotzetter, Anton: Franz von Assisi. Erinnerung und Leidenschaft. Freiburg i. Br. 1989
Rotzetter, Anton: Mit Gott im Heute. Grundkurs franziskanischen
Lebens. Freiburg i. Br. 2000 Scharer, Matthias: Spiritualität als Schulkultur. In: ThPQ (148/2000) Schibler, Hans- Jakob: Didaktische Analyse. In: RL (1999), H. 1/4 Schmid, Georg: Spiritualität- im spirituellen Vakuum der
Gegenwart. In: RL (1999), H. 1/4 Schorr, Peter OFM: Die Bedeutung Franz von Assisi für Erziehung
und Bildung. In: Engagement. Zeitschrift für Erziehung und Schule (2009), H.1/4
Schütz, Christian (Hg.) Praktisches Lexikon der Spiritualität. Freiburg i.
Br. 1992 Thomassen, Jürgen: Christliche Spiritualität für unsere Zeit. Gestalten
Meditationsweisen Lebensformen. Würzburg 1991
Von der Bey, Horst/ Freyer, Johannes- Baptist (Hg.): Die franziskanische Bewegung. Mainz 1996 Waaijman, Kees: Handbuch der Spiritualität. Band 1: Formen.
Mainz 2004 Zahner, Paul: Franz von Assisi begegnen. Augsburg 2004
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Schulbücher und Unterrichtsmaterial Bischöfliches Ordinariat der Diözese Rottenburg- Stuttgart: Notizblock (38/2005). Rottenburg- Stuttgart 2008 Cavani, Liliana: Franziskus. DVD. 1989 Früchtel, Ursula/ Lorkowski, Klaus: Religion im 7./8. Schuljahr. Göttingen 1994 Geis, Carolin: Mittelalter. In: Phantasiereisen. URL:
http://www.phantasiereisen.com/Mittelalter.htm (11.09.2009)
Hilger, Georg/ Reil, Elisabeth (Hg.): Reli 10- Arbeitshilfen. München 2002 Hoffsümmer, Willi: Das große Buch der Schulgottesdienste. Mit
Kindern von sechs bis zwölf Jahren durch das Kirchenjahr. Freiburg i. Br. 2007
IRP (Hg.): Jesu Spuren folgen- Franz von Assisi. Bausteine
für den Unterricht. Freiburg 1996 Jerger, Günter (Hg.): Lebenslinien 7. Unterrichtswerk für Katholische Religionslehre an Hauptschulen in Baden-
Württemberg - Klassenstufe 7-. Stuttgart 1991 Klaas, Angelika: Wasser.de (1997-2006). In: Wasser. URL:
http://www.wasser.de/ (20.09.2009) Köhle, Klaus: Initiative deutscher, schweizer und
österreichischer Besinnungs- und Meditationswege, die den Sonnengesang des Hl. Franz von Assisi zum Thema haben
Kolping- Bildungswerk Diözesanverband Würzburg e.V. (Hg.): Troubadour für Gott. Würzburg 1991 Kunz, Reinhard: Franziskus von Assisi. Lernzirkel für Freiarbeit
und Regelunterricht in den Jahrgangsstufen 9- 12. Donauwörth 2002
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Mikula, Kurt: Schwester Sonne. In: rpi-virtuell. URL: http://www.rpi-virtuell.net/index.php?p=material_ordner&id=168069 (20.09.2009)
Müller, Max (Hg.): Handbuch für den katholischen
Religionsunterricht Klassen 5-10. Band II/1: Klassen 7 und 8. Stuttgart 1986
Painadath, Sebastian: Das Sonnengebet. Ein Übungsbuch zum
Tagesbeginn. München 2003 Postkarte: ASSISI- Chiesa di S. Chiara. Kreuz vom Hl.
Damian Willms, Wilhelm/ Jannsens, Peter: Franz von Assisi. Ein Musikspiel. Peter Janssens
Musik Verlag 1978
Quellenverzeichnis Federbusch, Stefan ofm: Spiritualität. Elemente einer franziskanischen
Spiritualität (22. 06.2007). In: infag. URL: http://www.infag.de/seiten/doku.php/spiritualitae_ franziskanische_spiritualitaet_mehr (14. 08.2009)
Rotzetter, Anton/ Franziskanische Stiftung (Hg.): Stiftung franziskanische Erziehung und Bildung
(12/2006). In: Franziskanische Stiftung. URL: http://franziskanische-stiftung.de/fileadmin/dokumente/stiftung/franziskanische_stiftung.pdf (03.09.2009)
Schlegel, Helmut ofm: Bausteine für einen Lebensentwurf nach Clara
und Franz von Assisi (2000) Sergio, P.: Liebe Freunde! (2009). In: Sendbote. URL:
http://www.sendbote.com/messaggero/pagina_articolo.asp?IDX=21IDRX=5 (02.09.2009)
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10. Anhang
Bilder aus dem Mittelalter192
192 Die folgenden Bilder sind aus dem Internet entnommen. Sie sind in einem kleineren Format wiedergegeben. Im Unterricht würde ein größeres Format gewählt und eine Auswahl von ca. 10 Bildern getroffen werden.
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Phantasiereise193
Du machst es dir bequem - Du fühlst deinen Körper ganz bewusst - Du bist jetzt ganz ruhig - Deine Hände und Arme sind ganz schwer - Dein Nacken und deine Schultern sind ganz schwer - Deine Füße und Beine sind ganz schwer - Dein ganzer Körper ist angenehm warm - Deine Atmung ist ruhig und gleichmäßig - Dein Gesicht ist ganz entspannt und gelöst - Dein Kopf ist frei und leicht –
Du gehst die Treppe nach untern – verlässt das Schulgebäude - unten im Hof siehst du einen Helikopter mit der Aufschrift MITTELALTER - Du setzt dich hinein und der Heli fliegt los – Es dauert gar nicht lange - Schon bist du da - Du steigst aus -
Du stehst auf dem Burghof einer großen Burg - Auf dem Burghof ist Markt - Mägde und Bauersfrauen in schlichten Leinenkleidern laufen an dir vorbei - Du schaust an dir herunter - Auch du hast ein mittelalterliches Gewand aus Leinen an - Du trägst einen Gürtel aus Leder - An deinem Gürtel hängt ein kleiner Lederbeutel - In ihm klimpern ein paar Münzen - Du siehst dich um - Auf dem Burghof sind viele Marktstände – Du gehst von einem zum anderen und siehst sie dir an - An einem Stand wird Met verkauft - Er ist goldgelb und duftet nach Honig - An einem anderen Stand verkauft eine alte Frau Kräuter - Du riechst an den Kräutern - Sie duften würzig - Du gehst ein Stück weiter - Du siehst einen Schmied, der gerade ein Pferd beschlägt - Daneben verkauft eine Frau Honig - Am nächsten Stand siehst du gefilzte Westen - Sie sehen warm und gemütlich aus - Am nächsten Stand siehst du einem Schuster zu -
193 Vgl. Carolin, Geis: Mittelalter. In: Phantasiereisen. URL: http://www.phantasiereisen.com/Mittelalter.htm (11.09.2009)
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Er fertigt aus einem einzigen Stück Leder einen Schuh an - An einer Ecke des Burghofes hörst du mehrere Leute reden - Du gehst näher und hörst, dass sie von eine Mann namens Franziskus reden “Habt ihr schon gehört, der Franziskus, der Bernardone- Junge, der ist jetzt unter die Armen gegangen. Er trägt jetzt nur noch ein Einsiedlerkleid und lebt unten bei den Aussätzigen!“ “Und wie er seinen Vater bloß gestellt hat. Hat sich nackt ausgezogen und ihm gesagt, dass er ab sofort alles haben kann, der Vater im Himmel ist nun sein neuer Vater, nicht mehr der Bernardone!“ “Seine ganzen Freunde halten ihn nun für einen Narren, keiner will mehr was mit ihm zu tun haben. Und er behauptet, es wäre seine Berufung. Jesus soll vom Kreuz zu ihm gesprochen haben, dass ich nicht lache!“ “Als ob es nicht schon genug Verrückte in Assisi gäbe, jetzt kommt auch noch der Franziskus hinzu. Dass er seine ganzen teuren Kleider und sein Pferd einfach herschenkt, um nun arm zu sein, dass muss man nicht verstehen!“ “Aber vielleicht brauchen wir genau so einen Menschen, der uns zeigt, dass ein Leben, das auf Gott und auf Jesus ausgerichtet ist, möglich ist. Die Kirche verkörpert alles andere als ein frömmiges und enthaltsames Leben. Ich finde Franziskus sehr faszinierend und bin begeistert von ihm. Ich hoffe, es gibt noch einige, die ihn genauso bewundernswert und faszinierend finden wie ich!“ Plötzlich kommt ein Minnesänger mit seiner Laute vorbei - Du lauschst seiner Musik und bekommst vom Tratsch der Leute nichts mehr mit - Du träumst noch ein wenig vor dich hin.
Dann entdeckst du den Helikopter - Du steigst ein - Er hebt ab und kurze Zeit später landet er - Du steigst aus und erkennst das Schulgebäude - Du gehst hinein - Die Treppe nach oben zum Klassenzimmer - Und setzt dich im Klassenzimmer auf deinen Platz - Du atmest nun tief durch - Du reckst die Arme - Und streckst und räkelst dich wie eine Katze - Du öffnest langsam die Augen - Du gewöhnst dich an das helle Licht und findest dich wieder im Raum zurecht.
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Das Leben des hl. Franziskus194
Erzähler:195
In der Stadt Assisi lebte vor vielen Jahren im Mittelalter der heilige Franziskus. Sein Vater war ein reicher Kaufmann. In seinem Geschäft gab es die schönsten Stoffe weit und breit. Franziskus wächst in Assisi wohlbehütet auf, geht zur Schule und lernt zu Hause den Kaufmannsberuf kennen.
Vater: Franziskus, du sollst einmal ein reicher Kaufmann werden.
Franz: Ich weiß nicht, ob ich Kaufmann werden soll? Ich glaube, ich werde Ritter!
Erzähler: Franz und alle seine Freunde wollten Ritter werden. Sie zogen aus, um Abenteuer mit den Jungen in der Nachbarstadt zu erleben. Franz war immer der Anführer. Er feierte oft mit seinen Freunden.
Freunde: Unser Franz hat die größten Ideen!
Erzähler: Zur Zeit des hl. Franziskus kämpfte die Stadt Assisi gegen die Nachbarstadt Perugia. Auch Franz und seine Freunde zogen mit in den Krieg. Aber sie wurden gefangen genommen und eingesperrt. Als Franz wieder nach Hause kam, war er nicht mehr der Alte. Er war nicht mehr lustig und nicht mehr gesund, sondern sehr nachdenklich.
Franz: Was ist los mit mir? Ich werde ein wenig rausgehen in die Natur, da gefällt es mir so gut.
Erzähler: Er ritt in die Ebene hinunter zum Spital der Aussätzigen vor den Mauern der Stadt. Bis jetzt hatte er die Leprakranken immer verabscheut, er war noch nie bei ihnen gewesen. Auf einmal hörte er jemanden schreien:
Kranker: Rühr mich nicht an, junger Herr! Du steckst dich an und wirst krank wie ich.
Erzähler: Aber Franziskus hatte die Hand des Kranken in seine genommen und sagte:
Franz: Von nun an werde ich dein Freund sein. Ich komme jetzt öfter, um dich und die anderen zu besuchen. Ich glaube ihr macht mich glücklich.
Erzähler: Franziskus ging nun regelmäßig zu den Leprakranken, um mit ihnen zu sprechen und um sie zu pflegen. Mit seinen bisherigen Freunden kann er nichts mehr anfangen. Seit der Kriegsgefangenschaft sind für ihn Feste, Reichtum und Ruhm nicht mehr wichtig. Er möchte lieber den armen und kranken Menschen dienen. Franziskus zog sich immer mehr zurück. Oft ging er in eine kleine Kirche um vor einer schönen Kreuzikone zu beten. Auf einmal hörte er eine Stimme, die zu ihm sprach:
Stimme: Franziskus, siehst du nicht, wie mein Haus zerfällt, stell es mir doch bitte wieder her.
Franz: Jesus, bist du das, der da zu mir spricht?
Stimme: Ja, ich bin es, folge mir nach und stelle mein Haus wieder her.
Franz: Jesus, das werde ich tun.
Erzähler: Von nun an lebte Franziskus nicht mehr sein altes Leben in Ruhm, Reichtum und mit vielen Festen, sondern nach dem heiligen Evangelium. Er verkaufte die teuren Stoffe seines Vaters und schenkte das Geld den armen und kranken Menschen.
194 Diese Lebensgeschichte wurde von mir selbst zusammengestellt. Angeregt wurde ich durch: IRP (Hg.): Jesu spuren folgen- Franz von Assisi. S. 20ff. 195 Aus Platzgründen sind diese Arbeitsblätter hier kleiner abgedruckt, als sie für die Schüler eigentlich wären.
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Franz: Jetzt habe ich so lange mein Leben geführt, als ob es Jesus Christus nicht gäbe. Von nun an werde ich seinem Weg folgen und nach dem heiligen Evangelium leben.
Erzähler: Der Vater war damit ganz und gar nicht einverstanden. Er suchte Franziskus und sperrte ihn ein.
Vater: Was sind das für dumme Sachen, die du da machst? Du verkaufst meine teuren Stoffe und schenkst das Geld einfach her. Bis du verrückt geworden?
Franz: Die Armen und Kranken haben das Geld nötiger als wir. Wir haben doch genug.
Erzähler: Der Vater sperrte Franziskus ein und hoffte, dass er wieder zur Vernunft kommt. Franziskus floh und versteckte sich vor ihm. Der Vater klagte ihn vor dem Bischof an, dass er sein Geld zurück haben will.
Franz: Ich habe dein Geld nicht mehr. Ich habe es verschenkt. Aber hier, du kannst alles haben, was ich auf dem Leibe trage. Von nun an wirst nicht mehr du, der Petro Bernadone mein Vater sein, sondern der liebe Gott im Himmel. Ihn werde ich in Zukunft meinen Vater nennen.
Erzähler: Franziskus trennte sich von seinem alten Leben, von seiner Familie und seinen Freunden. Von nun an lebte er nach dem Evangelium. Er half Armen und Kranken und lebte zurückgezogen, allein und in völliger Armut und betete häufig.
Franz: Dieses neue Leben erfüllt mich mehr als alles andere. Wie konnte ich nur so lange mein altes Leben leben? Ich lege nun all meinen Reichtum von mir ab und will nur noch ein armes Eremitenkleid tragen.
Erzähler: Nach und nach schlossen sich einige anderen Männer Franziskus an. Er zog mit ihnen durch das Land. Sie predigten und verkündeten das Evangelium und führten ihr Leben so, wie Jesus es geführt hat.
Brüder: Lieber Franz, wir wollen nun auch wie du leben. Dieses Leben erfüllt uns und wie sind glücklich, auch wenn wir arm sind und die Menschen uns für verrückt erklären.
Franz: Liebe Brüder, ich freue mich sehr, dass ihr meine Lebensweise mit mir teilen wollt. Ihr wisst aber, dass es nicht immer sehr einfach sein wird für euch. Viele Leute, darunter auch eure alten Freunde und eure Familien, wollen oft nichts mehr mir euch zu tun haben und viele halten euch für verrückt. Ihr sollt in völliger Armut leben und das Reich Gottes verkünden, so wie Jesus es getan hat. Ich werde keine Regeln aufstellen, die einzige Regel die ich euch gebe ist, dass ihr nach dem heiligen Evangelium leben sollt. Hier findet ihr genügend Regeln.
Erzähler: Immer mehr Brüder schlossen sich ihm an. Nach kurzer Zeit waren sie eine Ordensgemeinschaft, die sich heute Franziskaner nennen. Allerdings waren nicht alle Brüder mit der vollkommenen Armut einverstanden.
Franz: Wir sind so viele Brüder. Wir wollen nun immer zu zweit gehen und in der Welt das Evangelium verkünden und den Menschen helfen. Ich werde nun in den Orient zum Sultan gehen und auch ihm die frohe Botschaft verkündigen. In meiner Abwesenheit werden zwei Brüder meinen Platz einnehmen und den Orden leiten.
2 Brüder: Wir wollen nicht in vollkommener Armut leben, ohne ein zu Hause, Kleidung zum wechseln und immer mit der Angst im Hinterkopf, ob wir morgen wieder hungern werden oder ob wir etwas zu essen haben. Wenn Franziskus auf der Missionsreise im Orient ist, werden wir ein paar Regeln aufstellen, die unser Leben einfacher machen.
Erzähler: Die Brüder stellten während Franziskus Abwesenheit viele neue Regeln auf, von denen Franziskus nichts mit bekam und die er auch nicht gut gefunden hätte.
Bruder: So wollte das der Franziskus sicher nicht haben. Ich werde losziehen und mich auf die Suche nach ihm machen und ihm alles berichten.
Erzähler: Der gute Bruder ging los und fand Franziskus auf seiner Missionsreise. Franziskus war nicht ganz gesund. Seit der Kriegsgefangenschaft war er immer öfter krank gewesen.
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Franz: Lieber Bruder, was für eine Freude dich zu sehen. Was machst du denn hier und warum bis du so weit zu mir gereist?
Bruder: Lieber Franziskus! Ich sehe, dass du sehr krank bist und dass es dir wirklich nicht gut geht. Leider muss ich dir trotz deiner Krankheit schlechte Neuigkeiten überbringen. Die Brüder in Assisi stellen viele Regeln auf, die bestimmt nicht in deinem Sinne sind, komm schnell nach Hause und mach alles wieder zum Alten.
Franz: Danke lieber Bruder, für die Neuigkeiten, auch wenn sie schlecht sind. Komm wir werden zusammen nach Assisi gehen und schauen was wir tun können.
Erzähler: Als die beiden nach Assisi zurückkehrten, war Franziskus noch kranker geworden. In Assisi angekommen, machte sich Franziskus ein Bild davon, was in seiner Abwesenheit alles passiert ist.
Franz: Liebe Brüder, ihr habt in meiner Abwesenheit viel getan, womit ich nicht einverstanden bin. Ihr habt nicht in meinem Sinne gehandelt. Da der Orden so groß geworden ist und ich nun ein alter und schwacher Mann bin, werde ich zurücktreten und meine Leitung abgeben. Ich werde mich zurückziehen, und im Wald leben, denn mit solchen Regeln und Vorschriften will ich kein Orden mehr führen.
Erzähler: Franziskus zog sich mit einigen ihm ganz nahe stehenden Brüdern zurück. Er war sehr krank geworden und die Brüder pflegten ihn. Verreisen konnte er nicht mehr so oft.
Franz: Ich will meine Predigtreisen nun auf andere Weise durchführen. Ich schreibe Briefe und dichte Lieder, die die Brüder dann auf ihren Missionsreisen weitergeben können.
Erzähler: Franziskus ging es immer schlechter. Er betete und meditierte nun noch häufiger, als er es früher getan hatte. Eines Tages erschien ihm ein Engel und er erhielt die Wundmale Jesu. Diese verdeckte er aber immer, damit sie niemand sah. Er wurde immer kranker und wusste, dass er nicht mehr lange zu Leben hatte.
Franz: Zum Ende meines Lebens werde ich den Sonnengesang dichten. Er soll das mein schönstes Gebet werden und alle Geschöpfe dieser Erde und Gott loben.
Erzähler: Am Ende seines Lebens sagt Franziskus:
Franz: Liebe Brüder, es ist nun soweit, ich werde sterben. Ich habe seit meiner Bekehrung immer stets unseren Herrn Jesus Christus im Herzen getragen. Damit bin ich sehr glücklich geworden. Trägt auch ihr ihn in eurem Herzen und führt mein Leben dadurch weiter. Mein letzter Wunsch ist, nackt auf der Erde zu liegen, um diese Welt genauso zu verlassen, wie es Jesus getan hat. Ich liebe euch alle. Lob sei Gott dem Herrn.
Erzähler: Franziskus starb am 4. Oktober 1226. Im Jahre 1228 wurde er heilig gesprochen, weil er ein sehr, sehr gutes Leben geführt hatte.
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Einzelne Textabschnitte (Das Leben des hl. Franziskus)196 1182 wird Franziskus in Assisi geboren. Er hat eine ruhige und unbesorgte Kindheit in Assisi 1202 kommt es zum Krieg zwischen Assisi und der Nachbarstadt Perugia. Da Franziskus schon lange davon geträumt hat, Ritter zu werden, zieht er mit in den Krieg und gerät in Kriegsgefangenschaft. Ein Jahr später kommt er krank aus der Kriegsgefangenschaft wieder zurück nach Assisi. 1204 zieht er ein zweites Mal in den Krieg. Dort trifft ihn das erste tiefe Grübeln, denn im Traum hört er eine Stimme die ihn fragt, warum er nicht dem Herrn selbst diene, sondern stattdessen Knechten hinterherlaufe. Franziskus erfasst dies als Zeichen Gottes und kehrt nach Assisi zurück. 1206 begegnet er einem Aussätzigen, umarmt und küsst ihn. Hier beginnt seine Sinnsuche. Im gleichen Jahr spricht Jesus vom Damiano- Kreuz zu ihm. Franziskus handelt sehr radikal, verkauft Stoffe seines Vaters und sein Pferd und gibt den Erlös den Armen. Es gibt schwere Auseinandersetzungen mit dem Vater. Der Vater schließt ihn ein, Franziskus flieht und es kommt zur Anklage, Franziskus wendet sich von ihm und seinem bisherigen Leben ab. Er zieht sich zurück und beginnt verschiedene Kirchlein zu renovieren. Die ersten Gefährten schließen sich ihm an. Sie ziehen auf zur Wanderpredigt, um das Evangelium zu verkünden. 1209 ziehen die Gefährten nach Rom um sich vom Papst die Predigterlaubnis einzuholen. 1211/12 stößt die erste Frau, Clara von Assisi zu den Brüdern. Sie will sich ihnen anschließen. Da das Wanderpredigen für Frauen sehr schwer ist, gründet Clara die erste sesshafte Frauenbewegung. In den nächsten Jahren missionieren Franziskus und seine Brüder regelmäßig. Sie wandern durch Assisi und später auch in andere Länder, um die Menschen zu bekehren und den Armen und Schwachen zu helfen. Die Brüdergemeinschaft wächst stetig. Viele Missionsreisen scheitern. 196 Weitgehend entnommen aus Kunz, Reinhard: Franziskus von Assisi. S. 89ff.
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1219 bricht Franziskus trotz anhaltender Krankheit zu einer längeren Missionsreise in den Orient auf. Er trifft den Sultan und kommt bis Palästina (Lebensort Jesu). Hier erfährt er von der Situation in Assisi, dass ein paar Brüder verschiedene Ordensregeln verfasst und angewendet haben und kehrt nach Assisi zurück. 1222 gibt es mehrer tausend Brüder in vielen verschiedenen Ländern (Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Deutschland) Franziskus legt sein Amt als Oberhaupt des Ordens ab und zieht sich zurück. Auf dem Berg La Verna empfängt er die Wundmale Christi. Franziskus wird immer kränklicher und schwächer, er kann nur noch wenig Wanderpredigen machen, da er so schwach ist. Er betet und meditiert immer häufiger und kann das Haus nicht mehr verlassen, da er eine schwere Augenkrankheit hat. In dieser Zeit, in der er sehr krank ist, dichtet er den Sonnengesang. Er verspürt trotz der vielen Krankheiten eine innere Freude, welche im Sonnengesang zum Ausdruck kommt. 1226 verschlechtert sich sein Gesundheitszustand zusehens. Trotz ärztlicher Behandlung wird er nicht wieder gesund. Er verfasst sein Testament. Am 4. Oktober stirbt Franziskus in Assisi. Sein letzter Wunsch war, nackt auf der Erde zu liegen und diese Welt arm zu verlassen, so wie es Jesus getan hat. 1228 wird Franziskus heilig gesprochen.197
197 Das Arbeitsblatt für die Schüler ist nicht chronologisch geordnet. Sie sollen die einzelnen Teile auseinander schneiden und der Reihe nach zusammen kleben.
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Meditation198 Wie ein Baum stehen wir fest im göttlichen Grund verwurzelt. Wir verzweigen uns mit Gedanken und Gefühlen zu anderen Menschen. Wie ein Baum erfalten wir das erhellende Licht der göttlichen Sonne und den belebenden Atem des göttlichen Geistes. Wie ein Baum tragen wir Früchte der Liebe und Güte im Denken und im Einsatz. Wie Blätter eines Baumes sind wir in der Tiefe miteinander verbunden und ernähren uns gegenseitig. Wie ein Baum zu wachsen, blühen, reifen und Früchte tragen- das macht unser Leben frei und glücklich. Und wenn der letzte Atem von uns zurückgenommen wird, kehren wir wie ein Baum zurück zu göttlichem Mutterboden, worin wir uns ewig geborgen fühlen. Bewegungen, die während der Meditation gemacht werden 1.)
2.)
198 Painadath, Sebastian: Das Sonnengebet. S. 68ff.
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3.)
4.)
5.)
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Film: Liliana Cavani- Franziskus (1989)
Als verwöhnter Sohn wohlhabender Kaufleute kennt Franziskus weder Armut noch Leid. Doch das ändert sich, als er die Gräuel von Krieg und Folter hautnah miterlebt und in Gefangenschaft gerät. Geprägt von seinen Erfahrungen wird er zum geläuterten Mann. Er entsagt allen Besitzes, aller Reichtümer und Erbansprüche und wendet sich von seiner Familie ab, um ein Leben in gottesfürchtiger Armut zu führen. Der Film erzählt in Rückblenden den Werdegang Franz von Assisis vom Lebemann zum Heiligen, von seinem ungewöhnlichen Weg zur Linderung der Armut und Gründung des bedeutenden Franziskaner- Ordens.199
199 Text auf der Rückseite der DVD
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Tafelbild: Franziskanische Spiritualität
Leben nach dem heiligen Evangelium
Liebe und Nächstenliebe
Leben in Frieden
Nachfolger Jesu, innige Beziehung zu ihm
Gleichheit, Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit
Mission, Wanderpredigt, Verkündigung des Evangeliums
Demütig und gehorsam sein
Bewahrung der heiligen Schöpfung Lob Gottes
Gebet und Meditation
Leben in Armut
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Gebet vor der Kreuzikone
Höchster, glorreicher Gott, erleuchte die Finsternis meines Herzens und schenke mir rechten Glauben, gefestigte Hoffnung und vollendete Liebe. Gib mir, Herr, das rechte Empfinden und Erkennen, damit ich deinen heiligen und wahrhaften Auftrag erfülle. Amen.200
Bild der Kreuzikone201
200 Lehmann, Leonhard (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 16 201 Postkarte: ASSISI- Chiesa di S. Chiara. Kreuz vom Hl. Damian
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Sonnengesangskette
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Ansichtsexemplar der Sonnengesangskette202
Wasser
MutterErde
Feuer
Sonne
Mond und Sterne
Verzeihung um deiner Liebe willen, Krankheit und Drangsal ertragen
Lobpreis und Ehre Gottes
Tod Wind
202 Hier in Din A4 abgebildet. In der Schule wäre es Din A3 und würde an die Tafel geheftet werden.
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Sonnengesang auf italienisch203 und deutsch204 Altissimo, onnipotente, bon Signore, tue son le laude, la gloria e l`onore e onne benediztione. A te solo, Altissimo, se confano e nullo omo è digno te mentovare.
Laudato si, mi Signore, cun tutte le tue creature, spezialmente messor lo frate Sole, lo qual è iorno et allumini noi per loi. Ed ello è bello e radiante cun grande splendore: de te, Altissimo, porta significazione.
Laudato si, mi Signore, per sora Luna e le Stelle: in cielo l`hai formate clarite e preziose e belle.
Laudato si, mi Signore, per frate Vento, e per Aere e Nubilo e Sereno e onne tempo per lo quale a le tue creature dai sustentamento.
Laudato si, mi Signore, per sor Aqua, la quale è molto utile et umile e preziosa e casta.
Höchster, allmächtiger, guter Herr, dein sind der Lobpreis, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen. Dir allein, Höchster, gebühren sie, und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen. Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, zumal dem Herrn Bruder Sonne, er ist der Tag, und du spendest uns das Licht durch ihn. Und schön ist er und strahlend in großem Glanz, dein Sinnbild, o Höchster. Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond und die Sterne am Himmel hast du sie gebildet, hell leuchtend und kostbar und schön. Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken und heiteres und jegliches Wetter, durch das du deinen Geschöpfen Unterhalt gibst. Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.
203 Leonhard, Lehmann: Franziskus. Meister des Gebets. S. 238f. 204 Leonhard, Lehmann (Hg.): Das Erbe eines Armen. S. 53ff.
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Laudato si, mi Signore, per frate Foco, per lo quale enn’allumini la nocte: ed ello è bello e iocundo e robustoso e forte.
Laudato si, mi Signore, per sora nostra matre Terra, la quale ne sostenta e governa, e produce diversi fructi con coloriti flori ed erba.
Laudato si, mi Signore, per quelli che perdonano per lo tuo amore / e sostengo infirmitate e tribulazione. Beati quelli che ’l sosterrano in pace, cha da te, Altissimo, sirano incoronati.
Laudato si, mi Signore, per sora nostra Morte corporale, / da la quale nullo omo vivente po’ scampare. Guai a quelli ke morrano ne le peccata mortali! Beati quelli che trovarà ne le tue sanctissime voluntati, ca la morte seconda no li farrà male.
Laudate e benedicite mi Signore, e rengraziate e serviteli cun grande umilitate!
Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Feuer, durch das du die Nacht erleuchtest; und schön ist es und liebenswürdig und kraftvoll und stark. Gelobt seist, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns ernährt und lenkt Und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter. Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen und Krankheit ertragen und Drangsal. Selig jene, die solches ertragen in Frieden, denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt werden. Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod; ihm kann kein Mensch lebend entrinnen. Wehe jenen, die in ihrer schweren Sünde sterben. Selig jene, die sich in deinem heiligsten Willen finden, denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun. Lobt und preist meinen Herrn und sagt ihm Dank und dient ihm mit großer Demut.205
205 Die Strophen sind verkleinert wiedergegeben. Im Unterricht erhält jede Strophe Din A4- Format
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Laufzettel Vorder- und Rückseite206
DeDeDeDer Sonnengesang des Franziskus r Sonnengesang des Franziskus r Sonnengesang des Franziskus r Sonnengesang des Franziskus
ist Lobpreis,
Meditation, Gebet, Liebe zur
Schöpfung und Freude in einem.
Franziskus hat ihn in Zeiten der Krankheit und des Leids
geschrieben. Viele Menschen durch alle
Jahrhunderte hindurch haben sich von diesem Gesang
inspirieren lassen.
Du bist eingeladen, den Sonnengesang mit Leib und Seele
zu begehen. Tritt herein und lass Dich treiben…
206 Die folgenden Ideen und Materialien wurden von mir persönlich zusammengestellt. Angeregt wurde ich durch Lesen, Recherchieren im Internet und durch Gespräche mit Freunden und Bekannten. Eine genaue Quellenangabe ist nicht möglich. Die Bilder sind hauptsächlich dem Internet entnommen.
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Laufzettel
Gehe nach jeder Station in die Stilleecke und notiere den Namen der jeweiligen Station und gleichzeitig deine Gefühle, die du hattest.
StationStationStationStation
Wie ging Wie ging Wie ging Wie ging es dir dabeies dir dabeies dir dabeies dir dabei???? Was hattest du für Gefühle (besinnlich, tröstlich, schön, bezaubernd, fröhlich, traurig, verzweifelt, glücklich, fröhlich etc.) War er schwer für dich? War es leicht für dich? Konntest du bei der Sache bleiben?
Station:
Station:
Station:
Station:
Station:
Station:
Station:
Station:
Station:
Station:
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Station: Lobpreis und Ehre Gottes
Lobpreis und Ehre GottesLobpreis und Ehre GottesLobpreis und Ehre GottesLobpreis und Ehre Gottes
Schreibe ein eigenes Gebet, indem du Gott lobst und ehrst.
Danke ihm für alles, was dir wichtig ist.
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Station: Bruder Wind
Bruder WindBruder WindBruder WindBruder Wind
spielt und singt. Wenn Du ganz still bist, kannst Du ihn singen hören.
Atme die frische Luft ein und betrachte die
Wolken und das Wetter
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Station: Bruder Sonne
Bruder SonneBruder SonneBruder SonneBruder Sonne
Mach die Augen zu. Stell dir vor, du wärst blind und
könntest nie mehr das Sonnenlicht erblicken. Wie fühlst du dich dabei?
Schreibe deine Gefühle auf!
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Station: Schwester Mond und die Sterne
Schwester Mond und die SterneSchwester Mond und die SterneSchwester Mond und die SterneSchwester Mond und die Sterne
weisen uns den Weg und zeigen einen Abglanz der Herrlichkeit
Gottes. Ich gehe meinen Weg unter einem guten Stern …
Schreibe einen guten Wunsch für irgendeinen Menschen auf einen Stern und hefte diesen an den Himmel. Such dir selbst einen der guten Wünsche aus und nimm ihn mit in deinen
Alltag.
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Stern
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Station: Schwester Wasser
Schwester WasserSchwester WasserSchwester WasserSchwester Wasser
ist eines der interessantesten Elemente in der Natur. Sie hat Eigenschaften, ohne die ein Leben auf der Erde nicht möglich wäre. Der Mensch besteht zu etwa 60% aus Wasser, andere Lebewesen bis zu 90%. Eine exakte Berechnung des auf der Erde vorhandenen Wassers ist nicht möglich, weil vor allem das in der Atmosphäre gebundene Wasser und das Wasser in tiefen Erdschichten mengenmäßig nur geschätzt werden kann. Der weitaus größte Teil (ca. 96,5%) ist Salzwasser. ¾ der Erde ist mit Wasser bedeckt, das sind ca.1.650.000.000.000.000.000.000 Liter (1,65 Triliarden Liter). Wenn man dieses Wasser in einen Würfel stecken würde, so hätte er eine Kantenlänge von 1180 Kilometer. Die Aufteilung des Wassers auf unserer Erde gliedert sich wie folgt:
Meere 83,51 % Nicht förderbares Grundwasser (zu tief)
15,45 %
Polareis 1,007 % Flüsse 0,015 % Förderbares Grundwasser
0,015 %
Atmosphäre 0,0008 %
Demnach stehen nur 0,03% als Süßwasser zur Verfügung (Trinkwassergewinnung aus Grund- und Flußwasser). Somit sind die verfügbaren Trinkwasserreserven sehr begrenzt. Das sind 495.000.000.000.000.000 Liter weltweit die als Trinkwasser genutzt werden könnten (Würfel mit 79 Kilometer Kantenlänge.) In Deutschland wurden 1995 insgesamt 6.528.000.000.000 Liter für Trinkwasserversorgung gefördert (Würfel mit 1.87 Kilometer Kantenlänge). Um eine Vorstellung zu bekommen wie viel Trinkwasser in Deutschland verbraucht wird, im Gegensatz zum gesamten Wasservorrat auf der Erde, kann man sich folgendes Beispiel vorstellen. Ein Schwimmbecken mit den Maßen 50m x 20m x2m Tiefe soll den gesamten Wasservorrat der Erde darstellen. Das jährlich geförderte Trinkwasser in Deutschland stellt dann ein halbes Schnapsglas dar. (Informationen aus der Website www.wasser.de)
Schau dem Wasser zu, wie es niederfällt und seine Kreise zieht…
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Station: Bruder Feuer
Bruder FeuerBruder FeuerBruder FeuerBruder Feuer
Betrachte das Licht der Kerze und überlege dir, wie es
ohne Feuer auf dieser Welt wäre.
Zünde dein eigenes kleines Feuerlein an, wünsch dir was und sei dankbar
für dessen Existenz.
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Station: Schwester Mutter Erde
Schwester Mutter ErdeSchwester Mutter ErdeSchwester Mutter ErdeSchwester Mutter Erde
Hol dir dein kleines Schöpfungswunder auf die Fensterbank!
Du brauchst: einen Becher etwas Erde
ein Samenkorn ein bisschen Sonne
und Wasser.
Viel Geduld und Freude beim Hegen, Pflegen
und Staunen!
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Station: Verzeihen um deiner Liebe willen, Krankheit und Drangsal ertragen
Verzeihen um deiner Liebe willen, Verzeihen um deiner Liebe willen, Verzeihen um deiner Liebe willen, Verzeihen um deiner Liebe willen, Krankheit und Drangsal ertragenKrankheit und Drangsal ertragenKrankheit und Drangsal ertragenKrankheit und Drangsal ertragen
Nimm das Band und überlege dir, wem du etwas verzeihen möchtest.
Mache als Gedächtnisstütze jeweils einen Knoten, merke es dir gut und verzeihe
zu gegebener Zeit. Mache mindestens einen Knoten und merke dir hierfür, dass du im nächsten Gebet für die, die Krankheit und Drangsal ertragen, mitbetest.
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Station: Schwester Tod
Schwester TodSchwester TodSchwester TodSchwester Tod
Mauer der Erinnerung
… mit Namen von lieben Menschen, die uns durch Schwester Tod
vorausgegangen sind…
Schreibe auf das Kärtchen die Namen von Menschen,
die dir etwas bedeutet haben und die leider schon gestorben sind,
damit du an sie denken und für sie beten kannst.
Hefte es auf das schwarze Gedenktuch!
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Sonnengesang (Noten)207
207 Kolping- Bildungswerk Diözesanverband Würzburg e.V. (Hg.): Troubadour für Gott. Nr. 378
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Umweltprojekt Umweltverschmutzung:
http://www.welt.de/wissenschaft/article943632/Millionen_Tote_durch_Umweltverschmutzu
ng.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Umweltverschmutzung
http://www.planet-wissen.de/natur_technik/naturschutz/umweltverschmutzung/index.jsp
Lichtverschmutzung: http://de.wikipedia.org/wiki/Lichtverschmutzung
http://www.lichtverschmutzung.de/
http://www.arge-helep.de/Naturschutz-Frankfurt/DarkSky/Lichtverschmutzung.html
Luftverschmutzung:
http://de.wikipedia.org/wiki/Luftverschmutzung
http://www.oekosystem-erde.de/html/luftverschmutzung.html
http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBluft/Luftverschmutzung.php
Wasserverschmutzung: http://lexikon.wasser.de/index.pl?begriff=Wasserverschmutzung&job=te
http://www.oekosystem-erde.de/html/wasserverschmutzung.html
http://www.wasser.de/inhalt.pl?tin=&kategorie=2000106&zwischenebenen=0
Folgen: http://de.wikipedia.org/wiki/Umweltverschmutzung#Folgen_der_Umweltverschmutzung
http://www.welt.de/wissenschaft/article1000319/Massensterben_durch_Umweltverschmut
zung.html
http://www.welthungerhilfe.de/wasser-umweltverschmutzung.html
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Tafelbild: Umweltverschmutzung. Dem Beispiel des Franziskus folgen.
Was können wir tun?
Die Ressourcen unserer Erden nicht verschwenden
Mit gutem Beispiel voran gehen Mitmenschen
darauf aufmerksam machen
Energie sparen
Organisationen beitreten oder gründen
Umwelt- bewusst leben
Bewusst einkaufen
Natürliche Energien benutzen
Informationen einholen und weitergeben
Sich politisch engagieren
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Arbeitsblatt: Bewusster Leben mit dem Sonnengesang Bewusster Leben Mit dem Sonnengesang des Heiligen Franziskus Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Tod… o etwas, voran ich hänge, verschenken o abends einschlafen mit dem Gedanken: einmal werde ich nicht mehr erwachen o ohne Hast das Kreuzzeichen machen o das Kreuz eines Mitmenschen sehen und tragen helfen o den Kreuzweg schätzen lernen o beim Spaziergang den Friedhof aufsuchen o sich über den Wert eines Mitmenschen klar werden Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen… o die Vergebung Gottes dankbar in Anspruch nehmen o lernen, viel zu vergessen und mir viel vergeben zu lassen o erkennen, dass manchmal die Starken die Schwachen und die Schwachen die Starken sind o Kranke besuchen und ihnen zuhören
Gelobt seist du, mein Herr, durch Sonne, Mond und Sterne…
o Mir 10 Minuten vorstellen ich sei blind o einen Abendspaziergang machen
o einen Lichtpunkt im Leben des anderen setzen o Energie sparen? Ja bitte!
Gelobt seist du, mein Herr, durch
Bruder Wind und die Luft…
o nicht sofort in die Luft gehen o was weiß ich über die Luftverschmutzung
in meiner Umgebung? o Was „stinkt“ mir am meisten?
o 5 Minuten bewusst atmen o Wolkenbilder beobachten
o frischen Wind ins Haus bringen o Wind und Wetter erleben
Gelobt seist du, mein Herr, durch Mutter Erde… o bewusst und aufmerksam essen o einen Tag hungern (nichts essen) o auf die Zeichen der Umweltzerstörung in der eigenen Umwelt achten o an Menschen denken, die in Slums leben müssen o den Satz überdenken: aus der Erde bist du gekommen und zur Erde kehrst du zurück
Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser
o Was kostet 1m³ Wasser?
o wem steht das Wasser bis zum Hals? o trimm dich, wasch dich mal wieder kalt o bei Regen am offenen Fenster stehen
o einem, der es nötig hat, den Kopf waschen (oder ihn sich selbst waschen lassen)
o aus welcher Quelle lebe ich? Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Feuer o Spuren des Feuers im Alltag entdecken o überlegen, welcher unnötige Kram schon längst hätte verbrannt werden können (müssen) o sich für jemand `den Mund verbrennen` o das Feuer als Symbol für Gott betrachten o bewusst einmal Kälte spüren und aushalten
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Franziskusbuch (Skizze)
Mein Franziskusbuch Umschlag wird von dem Schülern selbst gestaltet Deckblatt
Das Lebend des hl. Franziskus Anhang S. 80- 82 Seite 1
Das Lebend des hl. Franziskus Seite 2
Das Lebend des hl. Franziskus Seite 3
Einzelne Textabschnitte (Das Leben des hl. Franziskus) Anhang S. 83/84 Seite 4
Einzelne Textabschnitte (Das Leben des hl. Franziskus) Seite 5
Franziskanische Spiritualität (Tafelbild) Anhang S. 88 Seite 6
Gebet vor der Kreuzikone Bild der Kreuzikone Anhang S. 89 Seite 7
Sonnengesangskette Anhang S. 90 Seite 8
Sonnengesang auf italienisch und deutsch Anhang S. 92/93 Seite 9
Sonnengesang auf italienisch und deutsch Seite 10
Laufzettel (Vorder- und Rückseite) Anhang S. 94/95 Seite 11
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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Laufzettel (Vorder- und Rückseite) Seite 12
Station Lobpreis und Ehre Gottes Anhang S. 96 Seite 13
Selbstverfasstes Gebet der Station Lobpreis und Ehre Seite 14
Station Bruder Wind Anhang S. 97 Seite 15
Station Bruder Sonne Anhang S. 98 Seite 16
Gefühle der Schüler, die sie zur Station Sonne aufgeschrieben haben Seite 17
Station Schwester Mond und die Sterne Anhang S. 99 Seite 18
Stern Anhang S. 100 Seite 19
Station Schwester Wasser Anhang S. 101 Seite 20
Station Bruder Feuer Anhang S. 102 Seite 21
Station Mutter Erde Anhang S. 103 Seite 22
Station Verzeihen um deiner Liebe Willen, Krankheit und Drangsal ertragen Anhang S. 104 Seite 23
Eingeklebtes Band der Station Verzeihen um deiner Liebe Willen, Krankheit und Drangsal ertragen Seite 24
Station Schwester Tod Anhang S. 105 Seite 25
Kärtchen mit Namen der toten Menschen Seite 26
Noten des Sonnengesangs Anhang S. 106 Seite 27
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Bilder von den Plakaten des Umweltprojekts Seite 28
Umweltverschmutzung: Dem Beispiel des Franziskus folgen (Tafelbild) Anhang S. 108 Seite 29
Bewusster Leben mit dem Sonnengesang (Arbeitsblatt) Anhang S. 109 Seite 30
Das letzte Blatt wird von den Schülern gestaltet. Keine genauen Vorgaben vom Lehrer. Soll als Reflexion und Festigung der ganzen Unterrichtseinheit dienen Seite 31
Franziskanische Spiritualität im Religionsunterricht
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11. Verbindliche Versicherung
„Ich versichere, dass ich die Arbeit selbständig und nur mit den angegebenen
Quellen und Hilfsmitteln angefertigt und dass ich alle Stellen der Arbeit, die aus
anderen Werken dem Wortlaut oder dem Sinne nach entnommen sind, kenntlich
gemacht habe.“
Einverständniserklärung
„Im Falle der Aufbewahrung meiner Arbeit im Staatsarchiv erkläre ich mein
Einverständnis, dass die Arbeit Benutzern zugänglich gemacht wird.“
Datum Unterschrift 10.Oktober 2009