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7/25/2019 Gasschutz Und Luftschutz 1931 Nr.3 Oktober
1/24
Gasschutz und Luftschutz
Zeitschrift fr das gesamte Gebiet des Gas und Luftschutzes der Zivilbevlkerung
Mitteilungsblatt amtlicher Nachrichten
Schriftleitung:
Dr.
Rudolf Hanslian un Prsident Heinrich Paetsch
n
Berlin
Mit Untersttzung von
Or . Abegg, Staatssekretr im Preu. Ministerium des Innern; Or . Adler, Stadtbaurat beim Magistrat Berlin; von
Altr
ock, Generalleutnant a. 0 ., Berlin; Dr. Barck, Ministerialrat im Badischen Ministerium des Innern ; Bleidorn,
General der Artillerie
a.
. Berlin; Dr. Brandenburg, Ministerialdirigent im Reichsverkehrsministerium;
Dr
.
ju r
.
Bruns, Univ Prof., Berlin: Delvendahl, Oberpostrat im Reichspostministerium; Dr. Dietrich, Prof., Min Direktor
i.
R. ;
Dr
. Drger, Liibcck; von Dring, Reichsverband der Industrie; Ur. Flury, Univ Prof., Wrzburg; Dr. Forstmann, Leiter
der Hauptstcllc fr das G rub cnr
ct t
ungswesen, Essen; Gempp,
Oberbranddirektor
von Berlin;
Grokreutz,
Reichs.
archivrat;
Rampe,
Leiter des Gasschutzes der Technischen Nothilfe
e.
V., Berlin; Krner, Bcigeordn.
d.
Deutschen
Stdtetages; Dr. Kottenberg, Beigeordn. d. Reichs stdtebundes ; Dr. Kremer, Min
.
Rat, Referent f.
Un
fallschutz u.
Gewerbehygiene i. Pr. Minist. f. Handel u. Gewerbe; Kretschmar, Vors. d. Arbeiter.Samariterbundes; Lummitzsch,
Vorstand
d.
T echnischen Nothilfe; Dr. Menzel, Min.Direktor i. Reichsministerium des Innern; Dr . Ritter Mertz
von
Qui rnheim, Prsident dcs Rcichsarchivs;
Dr
. Nernst, G ~ h .Rat, Univ
Prof.
Berlin;
Neu
brand, Direktor, Magistrat
Berlin;
Op
permann, Reichsbahndirektor , Geh.
Oberbaurat
bei der Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahngesell.
schaft;
Dr
. Q uasebart, Prof., Berlin; Dr. Riep
er t
, Baurat, Berlin; Ronde, Min
Rat
im Reichswirtschaftsministerium :
Rumpf, Brandoberingcnieur, Knigsberg (Ostpr.); Sachsenberg, MdR., Dessau; Dr. Schopohl, Min
Direktor
im
Ministerium fr Volkswohlfahrt, Staatskommissar fr das
Rcttun
gswesen in
Preucn
und Prsidcnt des Preuischen
Landesgesundheitsrates, Bcrlin;
von
Seec
kt
, Generaloberst a.
.
Berlin; Sperr, Min Direktor, Stellv. Bevollmchtigter
Bayerns zum Reichsrat; Dr. Tbben, Bergrat, Prof. an der Technischen Hochschule Charlottenburg: Wagner, Min
Rat im Reichsministerium des Innern; Dr.
Wir
th Prof. an der Techn. Hochschule Charlottenburg; Woltersdorf, Prof.
an
der Technischen Hochschul e Breslau, Dircktor der Oberschlesischcn Hauptstelle fr das Grubenrettungswesen.
he
rau
sgegeben von
Dr.
August SchrimpH
in
Mnchen
Bezugs bed
'ng
ungen: Diese Zeitschrift
ersche
int monatlich eI nmal. Bezugspreis Inl and RM.
1.50,
Ausland RM . 2 .- pro Monat. Zahlungen
erfolgen an
die
Dr. August Schrimplf G. m. b. H.,
Berlin,
Friedrichstrae 166 . Ba nkkonto : bei der
Deutschen Bank
und
Diskonto-Gesell
scbaft
Berlin.
S t a d t z e n t r a l ~
B
oder
Postscheckkonto Berlin Nr.
158022. Anzeigen we
rden
nach
Taril berechnet, welcher
au
l
Wunsch
zu
gesandt wird. Bei
Zablungsverzug
oder Konkursen fllt dcr
ve r
e inbarte Rabatt lort. Nachdruck
und
bersetzung d er
Auf8tze
sind nur
mit
G e n e h m i ~ u n g der h ~ i l t l e i t u n g
~ e s t a t t e L
Zusendungen sind zu
richten: Fr
d ie S c h r i l t l ~ i l u n g : a n di e .Schriftleitung der Zeitschrift
Gasschutz
und Luftschutz Berhn
W
8.
Fnednchstrae
166
/III,
fr den
Bezug
und
dIe
AnzeIgen
an
dcn Verlag
Dr .
August
Schnmpll,
Mnchen-Re rlin , Geschftsslelle
Bcrlin,
erl in \VI 8, Friedrichslrae I 66/I1l , Telegr.-Adr. Aerochem-Bcrlin . Femspr .: A 1 Jger 5883.
OKTOBERHEFT
M
NCHEN
/ BERLIN , IM OKTO BER 93
JAHRGANG
9
3 1
Dr. Hanslian:
Zur
Geschichte des Gaskrieges.
Dr
. Gemeinhardt: Entwicklung der chcmischen Waffe.
Oberst a.
D.
Pleger: Reichspost und Luftschutz. Dir. eubrand: Die Mitwirkung der stdtischcn Behrden bei den Aufgaben des
Luftschutzhilfsdienstes.
Luftmanver
und Luftschutzbullgen. Gasgefahren des
t
glichen Lebens. Feuerwehr.
Technische Nothilfe . Deutsche Luftschutz Liga. Deutsches
Rotes Kreuz.
Personalnotizen. Litera tur.
Patente.
Zur Geschichte
des
Gaskrieges
D r. R u
do
lf H an s I
i
a n.
Die
vorstehende berschrift
verlangt insofern eine
Korrektur, als es einen
Gas
k r i e g - also in
der
sinngemen A u s l e g u n ~ da
eine waffen technische
A u s e i n a n d e r s e t z u n ~
zwischen Vlkern ein Kried
eine
Fortsetzung der
Politik
mit a n d e ~ e n M i t t e
aus
s c h l ,i e l i c h
mit
chemischen
Kampfstoffen
gettigt
wird - n ~ e m a l s ~ e g e b e n
hat
und auch
mals geben
wird_ Damit
betone ich einfhrend den
gr:undleg.enden, heute gltigen
und somit
modernen
miHtl'Wissenschaft1ichen Gesichtspunkt, da das
Kampfga s
l ed ig l i ch
e ine Waf f e wie
j e d e an der
e
,i s
t
da diese
Gaswaffe ho
'
h\:
mdHtrische
Wirksamkeit und
damit
Bedeutung
b e ~
sitzt und
da sie das fliegende Eisenteil
whrend
des
Weltkrieges in einem zunehmenden Prozent
.
satz
ersetzt hat,
ohne
ihm
jedoch weder
damals,
noch
m A u ~ e n b l i c k
noch in
der
Zukunft - soweit
berha'llpt a
bsehbar
- seine
Vorherrschaft
auf dem
Schlachtfelde rauben zu knnen_
Betrachten wir das Kam p f a s von se i n e n
g e s ch i c h t I
i ch
e n A.n f n gen an, so finden
wir
verstreut lin
der
e ~ s g e s c
h i c h t e aller
Vlker
und Zeit
en
Hinweis
e
ber
Verwendung von
K a m p f
gasen
bei
Krie
-
7/25/2019 Gasschutz Und Luftschutz 1931 Nr.3 Oktober
2/24
da
der miHtrisch
wirksu111&te
GaskampfstoH, der
auch
heute
noch in
der
Kriegs1iteratur als "Kni,g"
der
Gase
bezeichnet wird und es auch tatschlich
ist -
kh
meine
den
deutschen Gelbkreuzkampf.
stoff, Senfgas, DichlorthylS'Ulfid - bereits im Jahre
1916,
also ein Ja'hr
vor
dem
deutschen
Einsatze,
von dem franzsischen O. St. A. Chevalier einem
hohen franzsischen Militr als Kampfstoff nahe
gelegt w.urde. Als Chevalier dessen
Rckfra
. Ze ber
hohe Todesziffer dieses Stoffes verneinen
mute,
sagte
der
General
- ,,,dann
kann
ich ihn nicht
brauchen/ _ .
Trotz
'hnlicber berwiegend
b s c h l g ~ g e r
Entscbei.
dungen ,in der Historie der Gaswaff.e finden wir
jedoch auch eine
reichloiche
Anzahl
von
stattgehabten
Gaskampfhantdlungen aufgezeichnet und
zwar
meist
im
Zusamm
enhang
mit
ingenieusen, phantasiebegab.
ten Feldherren, die spontan zu berraschungseffek.
ten griffen
und damit
auerhalb des Rahmens der
traditionellen Kriegskunst den Feind schlugen.
Von
einer Aufzhlung derartiger historischer berliefe.
rungen mchte ich hier absehen, denn sie sind ,in
jedem Sp
,ezialwe
rk
ber G
as
krieg
'
) nachzulcsen.
Die Schildcrungen beginnen berall 500 vor Ohristo,
also mit dem Peloponnesisc'hen Kriege, berichten
von Kampfgaseinstzen bei Griechen und Rmern
zeigen uns die Gaswaffen
des
Mhtelalters, erreichen
um
1650
Ihren Hhepunkt, klingen dann aber in der
neueren
Zeit
ab; so finden wir 19. Jh. in d,en Frei.
heitskriegen, im Oeutsch.Franzsischen Kr-iege und
im Russis
cbJapanisch
en Kriege zwar th eo retische
Errterungen und Vorschlge ber chemische Waf .
fen, aber auch ,beim eingehendsten Studium dieser
Kriege k e in e praktische
Verwendung
irgend.
welcher Arot
auf
dem Schlachtfelde.
Wenn
wir sehr
genau sein wollen,
so
erwhnen wir noch die See.
schlacht bei Tschuschima, wo nach Ssemenows
Schilderungen die japanischen Brisanzgranaten auf
R o j e s t w e n s k ~ s
Flotte erhebliche Gasmengen
ent
.
wickelten.
Bei
e ine
r historischen Tatsache, die "weniger 'be.
kannt
ist
und
doch besonderes Interesse
in
der
Ge.
schichte
des
Gaskrieges verdient, mc'
ht
e ich
etwas
verweilen:
Im Jahre 1650
verffentLichte Herr
Ca s i mir Si e .
mi f)
n
0
w i c z, L,itauischer Ritter, ehern.
General.
leutnant der
Artillerie des Knigr,eichs Polen, seine
artilleristischen Erfahrung'en ,in der damals berhmt
gewordenen Praxis Artolloria
0
i e g r
0 '
e K
uns
t
der
A r t
i
11
e r i
e und
widmete n.icht weniger
als drei Kapitel seines Buches dem Giftgasschi.een.
Das
in
diesen 3 Abschnitten Gesagte ist
vom
hoisto
.
rischen
Standpunkte
geradezu verblffend.
Weni
.g
,er
die
mitget
,eilten
Tatsacben
selbst als vielmehr die
damals schon
erkannten
und
geltenden taktischen
Anschauungen ber
Gift.
und Reizgescbosse sowie
ber
den
Einsa'
tz
und Gebrauch
von Rauch
und
"knstlichem Nebel" (letzterer natrlich
von
an.
de
rer
Zusammensetzung als
der
heutige)
unter
,den
verschiedenen
W i t t e r u n ~ b e d i n g u n g e n
zur
Blendun)
des Gegners, alles
Gesichtspunkt
e, die bisher durch .
aus als Erkenntnisse des letzten
Kro
eges ,galten, sind
das
berraschende.
rm
K a p
i
t e l
X
behandelt
Siemienowicz die
..
G e ,
s c 'h
0
s
se , we Ich
e
bl
i n d
m a c he
n",
vid Rauch
e
ntwickeln und
welche die
Deutschen
"
Dampf
.
un.d
Blendkugeln" nennen.
Er
erlutert:
Ich
verstehe
da r
,
unter nur knstliche
Nebel
und besonders
die. welche
man
nach
den Regeln unserer Kunst erzeugen und
einige
Zeit
hindurch
an
einem
begrenzten Raum
fest .
halten kann
, sei es um
den
Feind, ,
der
unsere Pltze
1)
Hanslian
, Der chemische Krieg; Julius Meyer, De r
Gaskampf.
5
ein nehl len will, zu blenden. sei es
um
den V'eg des
Angreifers zu bcgnstige n, indem
man
die Belage
rten
in ihren F e s t u n ~ ~ n
mit
dnem
dicht
e n
und unertrg
.
lIchen
Rauch
belastI gt,
so da
man sIe wIe von
trbem
Wasser betubte
Fische fan gen
kann.
-
Hier leitet er
schon zum Kapitel XII seines Buch'Cs zu den Reizstoffen
ber, we'
nn
er
schreibt: Z
u di
ese
m
Zweck
bereitet man
Geschosse ,Stinkende Ku
gel', die
whrend
ihrer Ver,
brennun
g
ei nen
starken
belriechenden
Rauch
erze
ugen,
u ~ d zwa
r
111 so starkem Mae, da
es
unm
g
lich ist,
dIese
Beschwerden
zu e
rtra
gen,
ohne
zugrund,e zu
gehen.
I m
K a p
i
t e l XI
mit
der berschrift Ver
g i
f .
te n d e
G e
s c h 0 s
se
"
beschfti
gt sich Siemienowicz
mit
d
en eigentlichen
Giftgasstoffen.
Indem
,
er
sich ein,
leitend zunchst bemht,
die
Verwendung derartige
r
Geschosse
-
allerdings mit
der
Einschrnkung nur
gegen Unglubige,
aber
nie geg,en
Christen
- zu
recht
,
fertigen,
fhrt er
,
dann
fo
rt: Ich kenne
kein
besseres
un.d rascheres Kampfmitte
l,
um Menschen
ohne Aus
,
sic
ht
auf Hilfe zu vernichten, als Geschoss,e zu be,
reiten, welche
an
den
Orten.
wo sie
platzen
, giftige
Luft v'e
rbreit
en."
Anschlieend
gib t
er
,
dann Herst
el,
lun
gsvorsc
hriften dieser
Gjf
tgeschosse,
der
en chemische
Fllung' aus mineralisc hen
(vor
allem
Arsen und Queck
,
si
lber),
aber
auch vegetabilischen, ja sogar
animalischen
Substanzen besteht.
Wichtiger
s
ind auch
hie r
scine
militr
,
taktisch
en
und technischen Lehr
,en: "
Man mu
jedoch immerhin bercksichtigen, da
die
gi
ftigen
Ge,
scho sse
nur an
ziemlich b
eg
r,
enzten
Orten, die
von
allen Seiten eingeschlossen
und
von oben
bedeckt
sind.
crfolj r,eich
verwendet
wer,den
knn
,en, denn, um die
\ Va
hrheit
zu
sage
n, ist es
sehr schwer,
ein sicheres G ift
zu Hnden, das in freier
Luft
'
groe
Wirkunj
ausbt.
-
Um
die
Gase schwerer ,
also
weniger
flchtig 7.U
mach cn,
sc
hl j t ,
er
Zustze
von raucherzeu gendc
n Sub ,
st a
nzen
vor:
,;Der aus
feuchten
G riise
rn
b
este
he
nd
,e
Rau ch e
nthlt an sich
viel
Feuchtigkeit und bewegt
sich
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weni,ger g,
egen
die
hohen Luftschieht
en,
so
ndern
kriecht
la
ngsam ganz
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der Erde,
kri
ec ht
von Strae zu
Strae
zwischen
den Hus
er n und ge,
lan
gt an
,die
geheimsten Pltze
des ,belage
rten Ortes.
- Schlielich
sag
t er
ber
,die
gnstigsten
W.itte,
rungsve
rhltnisse:
"
Man
knnte
keine gnstiger
,e
Zeit
flir ,
das Giftschieen
whlen, als
wenn der Himmel
s
tark bedeckt
, wolkig od,er ,
dunsti
,g ,ist,
whrend
eines
dichten
ebels in de'1
dunklen,
unan
g,
enehmsten
Nch,
ten;
es
beruht
dies
darauf, da
bei
solcher Witterung
die
Luftschicht,
die uns
am
nchsten
,
sehr
dick
und
sc
hwer ist und daher
viel
schwerer von
-dem giftigen
Flchtij en
Rauch durchbrochen werden
kann, als wenn
die Sonne sc
heint und der Himmel klar und
schn ist."
- Alles Erfahrungen, die
wir
'\lnd die andere Seite
erst
265 Jahre
spter im Kriege sammeln
und
in Vor.
schriften niederlegen
muten
.
Im
Kap i
t e l XII
schlielich
behandelt
Siernie,
nowicz die
N ie s ,
u n ,d TI" n
eng es
c
ho
s
se ,
die
er
"S
t i n
k e n ,d e
G e
s
eh
0
s
se
nennt.
Auch
hier
hat er das
Grundleg
'
ende
eines militrischen
Reizstoffes
e
rkannt,
wenn e r
sagt: Es
scheint.
da
die
stinkenden
Geschosse
einigermaen
an
die Giftgeschoss,e erinnern,
aber
jedenfalls knnen
sie
mit mehr Gewissensfreiheit
ge
braucht werden
als
letztere, da man mit ihnen
,die
Belagerten lediglich
be unI
lI h i
,g t , indem man ihnen
Diimpfe,
Rauch
und
lebel
schickt. -di
,e
dureh
ihren
aueror
,
dentlichen Gestank
sowohl fr
Nase
und
Ge,
hirn
unertrglich
s ind,
ferner auch die Augen durch
Schrfe
reizen." -
Soviel aus
der
Geschichte
der
Vorkriegszeit. Dieser
"Entwicklungsperiocle des
c h e m ~ s c h e n
Kampfes",
wie wir sie heute
nennen
drfen, fehlt
ein
wesent.
licher
Wirkun
gs
faktor, nmlich mmchst mal die
Erkenntnis,
da
es
zu
militrischen Erfolge eines
solchen Kampfmittels auf dem Schlachtfelde. also
im fr 'eien Gelnde, eines M a s s e n c i n s a t ~ e s bedarf.
Es fehlte aber auch die Mglichkcit ,der praktischen
VerwirkHchung, weil es eben chemisch '\lnd technisch
nicht mglich war, diese erforderlichen
M e n ~ e n
von
chemischen S'\l'bstanzen 'herz'\lstellen. Erst die Ent.
wickl'\lng der chemischen Industrie in den letzten
-
7/25/2019 Gasschutz Und Luftschutz 1931 Nr.3 Oktober
3/24
30 J ahren
vor
dem
l(d
ege schuf diese Vorbedin-
gun
g,
die
jedoch
von keinem der militdsch
rsteten
Staaten
rechtzeitig
erkan
nt
und entspre-
chend
gewert et wuooe. Sieht man
von
oberflch
lichen
Errterungen ber
Gifte
und
giftige
Waffen
im
Haag und
von unwirksamen franzsischen Gas
vorbereitungen Form einer B r o m e s s i g e s t e r ~ G e
wehrgranate, die sich im
PoHz
eidienst beim Kampf
gegen die Bonnotsche Apachenbande bewhrt
hatte,
a
b,
so
darf
man
behaupten:
Niemand hatte
vor
dem
Weltkriege an die
GaswaHe
gedacht. niemand
hatte mit ihr gerechnet, niemand war auf sie vor
bereitet."
Die Kriegsgeschlchte bezeichnet .den 22. April
1915
als den Geburtstag der
Gaswafk
An diesem Tage
wurde
bekanntlich zum erstenmal ein unbestrittener
militrehemischer Erfolg durch das Abblasen groer
Mengen Chlor bei Ypern auf deutscher Seite erzielt.
Beschreibuno
und
Bewertung dieses Angriffes sind
bekannt. Vom histol1ischen
Standpunkt
behandele
ich daher hier nur den auerordentlichen Effekt die
ser militrisch en b e r r a s eh ,u n
g,
die ja grund
stzlich das A und 0 einer
jeden
Kriegskunst ist
und
ble
iben
wird. Der franzsische
General
en
vi g ne s schrieb krzlich, da
das
deutsche H eer,
Erbe der preuischen
Armee,
heute das -ist und
morgen das sein wird, was es immer seit Friedrich 11.
war, nmlich Meister in der berraschung.
. Im Jahre
1866
berraschten die Preuen die
s t e r ~
reicher mit ihren
Gewehren
mit Visieren,
im Jahre
1870 die
Franzosen
mit den
Kruppsehen
Hinterladern,
Im
Jahre 1914 berraschten die Deutschen die Alliierten
mit schwerer
Artillerie und
Min.enwe rfern,
ip1 Jahre
19 15
Init
Kampfgas.
Die
Alliierten bei
Ypern wurden
demnach
von uns
unvorbereitet
mit Kampfgas
berrascht
und
darin
lag der militrische
Erfo
lg, dessen volle taktische
Ausnutzung bek
anntlich unterblieb. ,
Prf
en wir
jedoch
dngehend diese berraschung
bei Ypern,
so stoen
wk auf etwas historisch sehr
Merkwrdiges, nmlich auf die Tatsache, da auch
dieser Angriff dem
Gegner
vorzeiti.g
bekannt
.ge
wesen ist.
Th
ese Frage,
ob
den AUiierten die
Gas
vorbereitung b
ei
Ypern
verraten worden
sei, war
his vo r Jrurzem noch umstritten.
Di
e gastechnische
Literatur
lt
Zweifel, aus persnlichen Kriegserfah
rungen mute ich es mit ziemlicher Sicherheit an
nehmen. Durch eine Verffentlic.hung
des
fran
zsischen Gen er
als
F e r r y , Fhrer
der 11.
Di
vision, in
der
R e v u e
des
V i v a n t S 2), also
15 Jahre nach Ypern, sind nunmehr alle Zweifel
behoben. Diese Verffentlichung
ist
bisher in deut
sche r Sp,rache noch
nicht
erschienen und daher
kaum bekannt. Sie lautet folgendermaen:
Vo
m
1'5.
bis
17. Februar
191 5
richteten
wir uns
wieder
am
Ufer der
Yser, im
Sektor,
weIcher von
Boesinghe.5ta
den nach
\
Vesten
bis zum Schienens
trang
von Ypern- Roulers geht, ein, den wir bis zum 17. bis
18. April
halten
sollten ,
Unser Leben war
das bei der
Bewachung eines
Sektors
ge
wohnte
.
aber kostete
uns
immerhin jeden Tag
5 bis
6 Tote und ebensoviel Ver
,
wundete.
Di,es hielt einige
Zeit
an, als in
der acht
vom J3:
auf den
14. 4.
ein f.olgenschwcres Ereignis bei
unserem 4.
J
gerregiment
zu Fu
(Zone
Langemark)
gescha
h. nmlich
die
Anzeige
des
ersten
deutsche )
Gasangriffes.
Ein .
deutscher Deserteur. namens August Jaeger
vom
234. Reserveinfanterieregiment (5
1. Division vom
26. R e s e r v e K o r p s , h
atte
s.ich zu
unseren Jgern
be ,
geben
und wurde sofor
t vo n unserem
Dolmetscher
,
offizier
Gth v e ~ h r t .
Nachdem
er gen aue
Ausknfte
2)
"
Ce
qui
s'est passe sur l'Yser?
"
Juliheft 1930 .
Richtig: aufge
-
7/25/2019 Gasschutz Und Luftschutz 1931 Nr.3 Oktober
4/24
kung
und
di'e sc hweren
Verluste
zu vermeiden. die sic h
die
Deutschen
von diesem neuen Kri egs
mittel
ver,
sprac
hen .
Aber niemand rhrte
sich
Wed
er
beim
20. Korps,
noch bei der
Armee,
noch im
Groe
n
Hauptquartier
. . .
Von
Ietzt.erem
er
hi elt en wir nur
nach
einigen
Tagen
durch
den
schon
ge
nannten
Ver
,
bindun
gsoffizier als
Antwort
nachstehend
e
charak
te ,
rist ische
Bemerkungen:
,,(1.) Di,ese ganze
Ga
,sgeschie
ht
e
kann ni cht
ernst g'e nommen werden (wir wiederholen ,
da
die
deutschen Gase
damals dem
Na c
hri c
ht
endi enst
des Kriegsministeriums
bekannt
waren) . - (2.) Ein
Divisionsge
neral hat nicht
das
Recht,
dire
kt
mit den
Truppen
unse r
er
A ll iiert
en
zu ve rk'ehr en,
sondern nur
durch Verm ittlun
g des A rm
eekorps.
(3.)
Die Vertei
,
lung
der Truppen
in den Sc
h t
zengrben
und
beson
,
ders
die
der
Krfte
in
den erste
n Linien w
urd
e u n ,
ab
n
der
I
ich durch
die
Anor
,
dnun
gen
des
Groen
Hauptquartiers
fest gelegt.
Bei diese r Stelle
seines Bericht
es
bekla
gt sic h
Ge
neral
fe
rr y
bitter ber
diese
Haltun
g des
Ge
nerals
tab
es; er
sp ri c
ht von Trgheit, Korporal
sgeist
und
U
nt
e rd rck ung
der
Initiative. Er ge
ht dann
zur Beschreibung folgen,
der Vorgnge ber.
Vo
n
Anfang an
,gi ngen die Ereignisse so
vor
sich,
wi e sie .
durch das Verhr
des
Deutschen
vo rauszusehen
waren und
e
rr
eic
ht
en
rasch
groe Bede
utun
g.
Am
22.
April gegen
17
U
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deutschen
Grben
zwischen
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Land
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Zone
Korteker
Lan
gemartk- Poelcapelle ging verloren; Boesinghe und
di,e
Vorort
e vo n
Ypern
wa ren bedroht , die 45. Division
(37 ..
38. Fre md enlegion),
Zuaven, Schtzenr
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Bataillone
,
sowie
die Engl
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Man
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40000
Mann
(18 000 Franzosen,
21
000 Eng
lnder)
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tatschlich
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5000 Gasv
,ergiftete, 5000 Tot.e - gc,
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Manahmen
ge tr offen, um dieses
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mit sei nen traurigen Ergebnis,
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di'es bei unse rer Division geschah. so
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Gasa ngriff ni c
ht
sdes toweni ger s tatt,gefund en,
aber
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eine so vollk
om
mene,
berraschende
. tdliche und
schreckli che Wirkung - vielleicht die schrecklichste des
ganzen Krieges - gehabt.
Di
esem
furchtb
aren
Verr
at eines d eutschen ber,
lufers, dessen Tragik beso
nd
ers hervorspringt. weil
er schon im Jahre
1915
erfolgte, re
ih
en sich
nun
in
der G
e s
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c h t ,e d e r d e u t s
ehe
n
G a s
w
a f f e w e i t e r e
V e r
r t
e r e i e
n,
die also das
wil'ksame berraschungsmoment vernicht,et en, an.
Man mu leider sagen, da bei n a h e j e d e r vor,
berei tete Gasangriff auf deutscher Seite, so bald er
wie beim Ein bauwa
rt
everfaohren lngere
Vorb
er
ei
,
tungszeit
erforder
t
e,
dem
Feinde durch
berlufer
vorzeitig b
ekannt ge
worden dst. D er e
rste
Einsatz
der
C
hJ
or,
Phos
genwolke am 19. 1
2. 1915
an d er
Westfront b
ei Wieltje
gegen die Englnd
er wurd
e
durch
einen de
utschen
Feldwebel
dem
Berate
nd
e:l
Chemiker d er
2.
englischen
Armee verraten,
der
erste deutsche Blasangriff gegen die Russen bei Bo,
limow Mai 1915 war den Russen bekannt. der
erst,c deutsch e
Gasw
erf
era
n
gr
iff
am 24
.
10. 1917
bei
Flitsch
am
Isonzo war den
It
alienern v,e
rraten,
des,
QI.
der
Ei
nzelplan des
Gasschie
ens am
15 .
7.
1918
bei
Reims,
u w.
'u
sw
.
U nt er Zugrunclclegung historischer Tatsachen habe
ich das Versa.gen der ber raschung infolge Verrats
deshalb so in den Vordergrund geschoben, weil ich
diesen Faktor bewe rt et sehen mchte. Die Militr,
wissenschaftler der neueste n
Zeit
be tonen nmlich
immer wieder, da gerade im G a s
u n d
Lu f t
k r e g derj'eni,ge die militrische berlegenheit iha,
ben wird, der das be
rr
aschun,gs moment voll aus;
zun ut zen vel's teht. Diese Herren sind . wei ter ,der
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G
e b i e t
d e r K r ,i e g s w i ss e n s c h a f t , a uf d e m p r a b
t i s ch e E r f ah r u n g en
n
och
n '
i ch t
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l i ege n - w ie d ies b e im
ae
r oc h e mi sc h e n
A n g r i f f d er Fa l l is t - l
eJe h t
se i ,
das b e r r as c u n g s m
0
m e n t zu 15 ich e rn.
Wir
wollen mal annehm en, da diese Auffassung
richtig ist, dann ergibt sich aber daraus folgeroicht.ig,
da wir, die wir heute lodiglichYerteiddg e r un.d ni cht
Angr
,eifer sind, auf derartige berraschun ,gen ,gefat
und vo rb erci tet -sei n sollten. da wir nach de r
kenntnis der Gestaltung knftiger Kriege ringen
mssen und da w1.r,
unb
eirrt von
Strmun
gen
und
Beeinfluss
un
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G e s i c h t s
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d er Materie d es Bevlkerungsschutzes .grundlege
nd
is t, lieg t in dem offenen
Zu
gestndnis, da wir mit
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der
heutoigen Form, geschwei
ge
dem in
neu
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rasch e
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en Angriffsgestaltungen .hilfslos si
nd
, und
zwar weni
ge
r gegen das Kampf.gas so
nd
e
rn
gegen
Brisanz,
und
Brandbom benangriffe aus ,der Luft.
Und
so bedenklich auch aus
Grnden
der
ps
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logischen Beeindruckun.g
ei
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Volkes
,in unsel'er
Sit'uation
ei
n
so
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Zug
estndnis ist , so st,ehe ich
nach wi e vor a
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,einem Standpunkt. welcher
laut
et:
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V 0 I k e s lediglkh durch passive
L u f t c h u t z m
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hmen lsen zu wolle
n,
ds
t nicht eine gigantische,
so
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rn
eine schlechthin
unm
gliche Aufgabe. Das.
was wir heute fr den W
-
7/25/2019 Gasschutz Und Luftschutz 1931 Nr.3 Oktober
5/24
ie Entwicklung der chemischen Waffe
Polizei-Pharmazierat Dr. K.
Gern e in
h a r d t.
\Venn einc "Entwicklung" der chemischen Waffen
behandelt werden soll, so kann man den Beginn
einer im mHitdschen Sinne brauchbaren E n t w i c k ~
lung nicht viel frher ansetzen, als mit dem
A u s ~
bruch des Weltkrieges 1914-1918
oder
hchstens
kurz vorher. Die V.erwendung einer franzsischen
Gasgewehrgranate von 26 mm Durchmesser,
100
mm
Lnge, mit einer Fllung von 19 ccm B r o m e s s i g ~
ester war vor dem Kriege, im Jahre
1912,
praktisch
nur bei der Festnahme einer Verbrecherbande
in
einem Pariser Vorort von Nutzen gewesen. Diese
Gasgewehrgranaten und wahrscheinlich auch e b e n ~
solche
Handgranaten
wurden von den f r a n z s i ~
schen Pionieren in den Krieg mitgenommen. Zur
Fllung wurde an Stelle des Bromessigesters CH2Br .
COOC2
H5)
bald Chlorazeton (OHa . CO . CH2 . Cl)
verwendet.
Das
franzsische
T u r p i n i t e ~ G e s c h o
(nach dem
franzsischen Sprengstoffchemiker Turp.in genannt)
sollte ganz erheblich
strkere
G i f t w i r k u n ~ uern;
einwandfrei erwiesen ist diese wohl aber nicht.
Der
erste deutsche Versuch
der
Anwendung von
Gasgeschossen, eines 10,5 cm Schrapnells mit
D i a ~
nisidinsalzfllung
(Co H4
[NH2] O CHa
= A n i s i ~
din), die als feiner Staub auf die
A u g e n ~
und die
N asenschlteimhaut reizend
wcrrkte,
wurde mit einem
gewissen militrischen Erfolg 1914 ausgefhrt, der
Einsatz j.edoch nicht mehr wiederholt.
1915 verwendeten w r die erste wirklich brauchbare
Gasgranate, die
5 ~ c m ~ G r a n a t e
12
T,
deren
R e i z ~
wirkung auf einer FlluP von X y l y l ~ und X y l y l e n ~
bromid (Co H4 . CH
a
. OthBr
=
Xylylbromid), spter
von Bromazeton B ~ S t o f f = CHa COCH.Br) oder
Brommethylthylketon B n ~ S t o f f = CH2Br CO
CH
2
CHs) beruhte.
Die Erkenntnis,
da
die im Stellungskri,eg
erstarrte
und durch
E r d ~ und
andere Befestigungen
v e r ~
strkte feindlkhe
Front
mit den zur Verfgung
stehenden artilleristischen Mitteln nicht oder nur
unter schwersten
Verlusten
fr den Angreifer zu
berwlinden sei, fhrte zu einer vorbergehenden
und teilweisen
Abkehr
von der VerwendunQ
c h e ~
misch-
er
Kampfmittel in der
Form
von i s a n z ~
geschossen und zur Einfhrung des
BI
a
sv
e r
fa h r en s.
Dieses WlUrde bekanntlich deutscherseits durch A b ~
blasen von Chlorgas (Ch) aus lngs der Front
e i n ~
gebauten Stah tflaschen gegen die feindlichen Linien
in so berraschender Weise
am 22. April
1915 zum
ersten Male angewendet,
da
der Erfolg durch E r ~
:llwingung von Schrecken und VerwirJ. iung und eines
groen Verlustes an Truppen den Erwartungen ent
sprach. Das Chlorgas wl'zte sich
von
einem 2 bis
3 m in der Sekunde betragenden Winde getrieben
in einer dicken schwach): elben Wolkenwand
): e): .en
die feindlichen Grben, berstieg die Erdwlle und
sank infolge seiner Schwere in alle tiefer gelegenen
Stellen
Unterstnde
usw.) ein. An Giftigkeit den
von den Franzosen schon verwendeten Reizstoffen
Bromessigester und Chlorazeton nachstehend, war
die augenblickliche Wirkung in folge des M a s s e n e i n ~
satzes eine ungleich
strker
,e. Bald bedienten sich
auch Englnder, Franzosen
und
schlielich Russen
des gleichen Verfahrens, jedoch mi t geringerem
Erfolg.
Das hlor gas
blieb der -eigentliche
Trger
des
Blasangriffes. Seine Verwendung ,in Minen und Wer
ferflaschen war
der
im Blasv-erfahren weit unterge
ordnet. Infolge der
starken
Reaiktionsfhigkeit des
Chlors gelang es verhltnismig leicht,
durch
che
misChe Bindung in den Aternschutzgerten
Na
triumthiosulfat Na2 S2 Os., Soda
=
Na200s,
Pottasche = K2COs) sich gegen seine Giftwir
kung zu schtzen. Man ging deshalb bald dazu ber,
die Giftwirkung der Chlorwolken einmal durch Zu
satz
von giftigeren Stoffen, wie hauptschlich Phos
gen
COCt.)
zu verstrken, ander,erseits auch
suchte man die Flchtigkeit durch Schwerermachung
der Gaswolken zu verringern. Man erreichte den
letzteren
Zweok durch
Zusatz
von ChlorpdkDin ce
Cis N02). Bereits
vorher
:haben wir gesehen, da
als chemische Kampfstoffe nicht nur
Gase
(Chlor).
sondern
auch -Flssigkeiten (XylylbroJ1dgemische)
und auch feste Krper
verwendet
wurden. Bei den
Flssigkeiten handelt es sich zum Teil
um
solche,
die, wie das Chlorpikrin, schon bei gewhnlicher
Temperatur
:lliemlich schnell verdampfen, also zu
ihrer weiteren Verteilung keiner besonderen Bri
sanzwirkung bedrfen, oder um solche, die durch
die Brisanzwirkung der Geschosse in einen feinen
Flssigkeitsnebel verwandelt werden. Die festen
Krper
der
Arsin_
oder
Blaukreuzgruprpe
werden
bei
der
Detonation der
Geschosse ,in eine Staubwolke
verwandelt.
Das P h 0 s gen wurde auer
im
Blasverfahr-enauf
deutscher Scite verhltnismig wenia angewendet,
wo h i n ~ e g e n von feindlicher Seite die
Verwendung
von Pnosgengranaten, _Minen und _Gaswerfer
flaschcn eine grere war.
Das
Phosgen ist ein farbloses Gas, das sich schon
bei 8
0
zu einer wasserklar,en Flssigkeit verrnchtet
und in diesem Zustand in eisernen Behltern in den
Handel kommt. Oberhalb dieser Temperatur ver
dampft es ziemlich leicht zu einem Gas, das un
gefhr
3%
mal
so
schwer als die Luft ,ist. Seinen
Namen erhielt es schon im Jabre
1812
von
seinem
Entdedker Davy wegen seiner Entstehung aus Chlor
gas und Kohlenoxyd im Sonnenlicht. Es
wurde
in der chemischen Industrie bereits in der
V o r ~
kriegszeit fr technische Zweoke hergestellt und
verarbeitet, ohne da bis zu dem Hamburger Phos
genunglck Unflle bekanntgeworden sind. Es be
sitzt -einen cigenartigen, erstiokenden Geruch, der in
groer
Verdnnung an faules Obst oder dumpfes
Heu erinnert. Beim Rauchen wird das Aroma des
Tabaks in einen faden Geschmack umgewandelt.
Es sci jedoch darauf hingewiesen, da auch andere
Gase, wie Sc
'hwefelwasserstoff (H2S), Schwefel
dioxyd (S02), Blausure
HCN) und andere,diesdbe
Eigentmlichkeit aufweisen. Es wird bei der Explo
sion
der
Geschosse nicht zerlegt. Bei hherer
Tem
peratur
zersetzt es sich in feuchter Luft in Kohlen
sure und Salzsure. Infolge
seiner
Fhigkeit. sich
mit chemischen Stoffen, wie AlkaHen und Hexa
methylentetramin leicht zu verbinden, wurde es
durch diese Mittel in
den
Einstzen der
Gasmasken
unschdlich gemacht. Seine Giftigkeit ist ungefhr
8mal so gro als
d ~ e
des Chlors.
An Stelle des Phosg.ens wurde deutscherseits in
Granaten,
Minen usw. der Pe r s t 0 f f oder G r n
k r eu z kam p
f
s t 0
f
f verwendet. Es ist dieses
5
-
7/25/2019 Gasschutz Und Luftschutz 1931 Nr.3 Oktober
6/24
eine bei 127
Grad
siedende Flssigkeit, die,
durch
die
Explosion
der
Geschosse in Gasschwaden verwan.
delt, ihre
strkste
Giftigkeit uert. Die Kampfstoff.
wirkung im
Gelnde
ist die gleiche wie beim Phos.
gen,
und ZlWar
eine etwas nachhaltigere. Chemisch
ist
der
Grnkreuxkampfstoff ein Per.Chlorameisen.
suremethylester (Cl GOOC Ch).
Das
bereits erwhrute
hlor
p i k r i n oder
Nitro.
chloroform (C
Ch N02)
ist eine farblose, leicht be.
wegliche Flssigkeit von stechendem Geruch, deren
Siedepunkt bei
3 Grad
liegt. Sie
verdampft
be.
reits bei gewhnlicher
Temperatur
ziemlich schnell
unter Entwicklung reizbarer Dmpfe, die etwa 6mal
so schwer als die Luft sind, worauf seine Verwen.
dung als Zusatzmittel im Blasverfahren beruMe. Es
ist in chemischer Beziehung verhltnismig trge,
und
dieser Umst,
and
fhrte dazu, von der che.
mischen lBindung der
Giftstoffe
im hher,en Mae
Zi r
physikalischen berzuge11en, indem man in den
Gasmaskeneinstzen die Schicht von hochwertiger
Adsorptionskohle vergrerte
(11
C
11
Eiinsatz).
Die Wirkung des Chlorpikrins ist, namentlich in
kleinen Dosen, der des Phosgens entsprechend. Es
wurde zuerst im Jahre
1916
fast gleichzeitig von den
Italienern und
den
Russen in Gasgranaten verschos.
sen.
Spter
verwendeten es hauptschlich die
Englnder in
Granaten und
Minen im greren Um.
fange.
Auer
im Blasverfahren wurde es deutscher.
seits mit Per::Stoff gemischt
als
Grnkreuz 1
ver.
schossen u
nd
von
den
Gegnern, an Stelle des ihnen
fehlenden Blaukreuzkampfstoffes
(s.
unten), mit
anderen Stoffen verinischt gebraucht.
Der an
sich giftigste Stoff, der
dm
chemischen Kriege
verwendet
wurde, ist die l au s
ure
oder
Cyanwasserstoffsure
BCN).
Sie
ist
eine auer.
ordentlich giftig,e Flssigkeit, die bereits bei
26,5 Grad
siedet, als Gas farblos und
brennbar
ist und einen
Geruch nach
bitteren
Mandeln besitzt. Bei
ver
hltnismig sehr geringer Konzentration
wirkt
sie
bekanntlich
sofort
tdlich. Von den Franzosen ein.
gefhrt, WlUrde sie von ihnen und ihren Bundes
genossen als Granatfllung weitgehendst verwen.
det. Wegen der groen Flchtigkeit entsprach die
Wirkung jedoch nicht den Erwartungen. Da sie
sich auerdem in reinem
Zustande
ziemlich schnell
zersetzt,
wurde
sie mit
sa
uren Stoffen, Arsentri.
chlorid (As Cl.) und Zinntetrachlorid (Sn Clt) ge.
mischt als Vincennite (von der franz.
Stadt Vin.
cennes) verwendet.
Der
wichtigste chemische Kampfstoff, der auch
heute als solcher seine Bedeutung nooh voll bei.
behalten hat, ist der zuerst von deutscher Seite als
Gelbkreuzkampfstoff eingefhrte Giftstoff.
Der
Gel
bk r eu z
rk
am p f s t
0
f
f,
von den Eng.
lndern Senfgas
und
von den Franzosen wegen der
ersten deu,tschen Verwendung
-
7/25/2019 Gasschutz Und Luftschutz 1931 Nr.3 Oktober
7/24
der B.stoff (Unertrglichkeitsf, renze 1: 2000 0(0),
der B n ~ t o f f (Unertrglichkeitsgrenze 1:
500
000)
und der zuerst verwendete T -Stoff (Unertrglich.
keitsgrenz.e 1 : 2 000 0(0).
Als KampfstoHe h
at
ten nur vorbergehende Bedeu
tung der als Vorlufer des Grnkreuzkampfstoffes
verwendete
unvollstndig chlorierte Chlorameisen
sruremethylester (Cl
COO
C H2 Cl), K_ oder C
Stoff genannt, ein flssiger, nicht einheHlicher che
mischer Krper. Die
br
,igen genannten Stoffe sind
zu den Giftstoffen zu rechnen.
Von den Reizstoffen wurden teilweise noch wh
rend des Krieges einige andere mit Erfolg ange
wendet, andere haben .in der Nachkriegszeit Bedeu;
tung erlangt. Es sind an Reizstoffen noch zu ef'
whnen: das B
rom ben
z y 1c y a n i d (C6 H5 . CH
Br C
N),
das in der letzten
Zeit
des Krieges von den
Franzosen zur Fllung von
Granaten
verwendet
wurde.
Es
handelt sich 'hierbei
um
einen Stoff mit
sehr
starkem Trnenreiz, der gegen chemische Ein
w j r ~ u n g e n auerordentlich widerstandsfhig sein
soll und durch Wasser_ und Luftfeuchtigkeit kaum
verndert
wjrd. Im Gelnde soll der Stoff seine
Wirksamkeit bei ,gnstiger
Witterung
durch
AU,gen
reiz und Trnenerregung 30
Tag
,e lang behalten
haben. (Seine UnertrgJ,iohkeitsgrenze soll um das
vielfache niedriger 1iegen als beispielsweise die
des
B-Stoffes). Wie B-Stoff, Bn-Stoff und T -Stoff
hat
er auer anderen Nachteilen auch den, da
er
durch
Eisen und Sta'hl heftig zersetzt wird und seine Ein .
bringung in Geschosse S c h w i e r i ~ k e i t e n bereitet.
Das hlo r a c e t oph ,enon
(C6H
5COCH2Cl),
ein Reizstoff der Nachkriegszeit, ,ist ein f.ester Kr
per
in Form von weien Kristallen, der
in
f, eschmol
z,enem Zustand direkt auch in
MetaUbehlterein-
gebracht werden kann, da er im Gef, ensatz zu den
vorgenannten Stoffen von diesen nicht angef, riffen
wird.
Es
besitzt hohe trnenerref, ende WirkunI
und
reizt auch die Haut auerordent1ioh heftif, , ohne
jedoch eine nachhaltige oder schdigende Wjrkung
auszulsen. Das Ohloracetophenon
drfte
wef, en
dieser Vorteile ein sehr
beachtenswerter
Reizstoff
bleiben. (Die Unertrglichkeitsf, renze soll ebenso
niedrig sein, wie die
des
Brombenzylcyanids.)
Der w,ichtigste Reizstoff, auf
den
besonders die
oben gegebene Definition fr ReizstoHe anwendbar
ist, ist der
BI
au kr eu z s t
0
f f. Er
ist
ein tDJphenyl_
chlorarsin (C6
H5)2
.
As
. Cl), also eine aromatische
Arsenverbinduag, und wurde bereits
im
J.ahre 1880
in nicht ,gaaz reinem
Zustand
als lartige Flssig
keit dargestellt.
Der
als chemischer Kampfstoff ver
wendete Blaukreuzkampfstoff ,ist ein fester Krper,
dessen farblose Kristalle bei
38
schmelzen. Er wird
durch Wasser
auerordentlich rasch zersetzt.
Durch
Hitze lt sich der Blaukreuzkampfstoff leicht ver
dampfen.
Die
Dampfteilehen sind auerordentlich
klein. In f.estem Zustand, wje auch gelst und auch
in Dampfform, greift er die menschliche Haut an
unter
Hervorruf
,ung von Hautschwellung
und
Blasen.
hnlich dem Senfgas. Derartige Hautreizungen sind
jedoch unter Feldverhltndssen sehr selten beob
achtet worden. In feinster VerteHung
wirkt
der
Blaukreuzkampfstoff auf Nase, Rachen_ und Atem
wege auerordentlich
stark
reizend.
Die
Re
i z -
wir
Je u n g
lst
eine bis 2 Stunden dauernde Kampf
unfhigkeit a'us, ohne jedoch besondere N achwir
kung zu hinterlassen. (Die Unertrglichkeitsgrenze
dieses Stoffes I,iegt bei einer Konz'entration von
1 : 10000000. ) Er ist also ein typischer Reizstoff.
Er durchschlgt die gewohnlichen Gasmaskenein
stze. Der Blaukreuzkampfstoff wur,de in Granaten
in 20%iger Lsung in Phosgen durch eine besonders
angeordnete Sprengladung zur weitgehenden Ver
stubung gebracht. In einer zweiten deutschen a u ~
kr
euz-Brisanz-Granate wurde durch starke r m e ~
entwicklung eine Vergasung des Stoffes erzielt, wo
bei durch die Abkhlung in der Luft der Kampf;
stoff als feiner Rauch von auerordentlicher Dichte
ausfiel.
An Stelle dieses Stoffes wurde spter ein zwei
ter Blaukreuzkampfstoff verwendet, der ein Ge
misch von Djph e ny lcyan a r s i n (Co H5)2 As
C N) und flssigem Phenyldichchlorarsin
(Co
H5
As
Ch) darstellte.
Gegen Ende des KDieges wur,de von
den A m e r i ~
kanern und
It
aJ.ie
nern eine andere zyklische
A r s e n
verbindung verwendet, das Dip he n y la mi n -
ch lo r
ars
in
(C6 H,)
2 .
NH
.
At:
CI, von den
Ame
,
rikanem nach dem amerikanischen Hersteller Adams
,.Adamsit" ge nannt. D er Stoff war auch whrend
des Krieges in Deutschland hergestellt
und
ge
prft
worden. Es wurde aber dem B l a u k r e u ~ a m p f s t o f f
der Vorzug gegeben. Die Eigenschaften und Reiz
wirkungen dieses
Adamsit
sind denen des Blau
I
heu
z,es hnlich.
In r,e
in
em Zustand stellt
das
D i p h y m i n c h l o r a r
sin ge lbliche Kristalle dar, das unreine technische
Produkt beste
ht
aus gelbgrnen bis blauen Kri