Gesellschaftliche Integration und Mitwirkung im
Kontext des hohen Alters
Tagung „Gesellschaftliche Teilhabe – altersbegrenzt?”
Barrieren abbauen – Zugänge für Hochaltrige zu Bildung, Kultur und
Freizeit ermöglichen
Akademie Frankenwarte in Würzburg
Dr. Dörte Naumann, Deutsches Zentrum für Altersfragen e.V., Berlin
5. Oktober 2011
Vorstellungen vom hohen Alter ….
Seite 2
Gesellschaftliche Visionen
vom Zusammenleben der Generationen …
Seite 5
Seite 6
Quelle: Forum Gemeinschaftliches Wohnen http://www.fgw-ev.de/
Seite 7
DIE ZEIT, 7. April 2011, Nr. 15, S. 18 Illustration Smetek für DIE ZEIT
… in jedem Fall hat das (hohe) Alter viele Gesichter!
Seite 8
Teilhabe und Integration als menschliches
Grundbedürfnis
„Man liegt ja im Eiswürfelfach...und wenn ich dann in
Gesellschaft komme, dann schmelze ich, dann bin ich
lustig und vergnügt, aber das zeigt, dass mir einfach was
fehlt.“
Übersicht
1. Begriffsklärung und Einordnung des Themas
2. Wandel der Lebenslage und Handlungsspielräume für gesellschaftliche
Integration und Mitwirkung im hohen Alter
3. Qualitative Studie zur gesellschaftlichen Integration und Mitwirkung im
hohen Alter
4. Gesellschaftliche Herausforderungen und Lösungsansätze
Seite 9
Gesellschaftlicher Status als
gleichberechtigter Bürger
Berührungspunkte mit
gesellschaftlichen Bereichen
Bürgerschaftliches Engagement
Informelle Unterstützung von Anderen
Informelle Teilhabe in Politik,
Kultur, Freizeit
Gesellschaftliche Integration
Gesellschaftliche Mitwirkung
Gelegenheiten, Angebote und
Ressourcen zu nutzen
Gesellschaft
Individuum
Definition gesellschaftliche Integration und
Mitwirkung
Seite 11
Eckdaten zur Lebensphase des hohen Alters
Mehrheit ist gut in familiäre Netzwerke integriert, finanziell abgesichert
und selbständig, aber ….
Hochaltrigkeit als eine Lebensphase mit zunehmender Unsicherheit,
Verletzlichkeit , kritischen Lebensereignissen und biographischen Brüchen
Steigendes Risiko von Mehrfacherkrankungen, Pflegebedürftigkeit, Verlust der
selbständigen Lebensführung, Einschränkungen in Mobilität, Sehen, Hören
Steigende Bedeutung der Person-Umwelt-Passung (z.B. physikalische Barrieren,
Technik) ?
Trotz hoher psychologischen Anpassungsfähigkeit zunehmend fragileres
Selbstbild und Rückgang Wohlbefinden, sozialer Integration, Lebenszufriedenheit
Steigendes Risiko der Verwitwung und Verlust von anderen wichtigen
Bezugspersonen
Hochaltrige sind zunehmend wenig im öffentlichen
Raum sichtbar
Rückzug oder Verdrängung?
– Rückgang außerhäuslicher Mobilität und Aktivitäten
– Verringerung des Spektrums an Aktivitäten
– Rückzug aus formell organisierten Aktivitäten
Seite 12
Rückgang gesellschaftlicher Mitwirkung im hohen
Alter: Beispiel Ehrenamt und Bildungsaktivitäten
Seite 13
Anteil der Personen, die sich
ehrenamtlich engagieren,
Bildungsangebote nutzen oder
beide Aktivitäten berichten
0 20 40 60 80 100
Prozent
1996
2002
2008
1996
2002
2008
1996
2002
2008
49 14 3
50 12 3
44 17 4
32 8 4
31 11 5
34 16 5
19 3 3
17 4 3
20 7 5
Nur Bildung
Beide
Nur Ehrenamt
40-5
4Jahre
55-6
9Jahre
70-8
5Jahre
Quelle: Deutscher Alterssurvey
70-85-jähriger berichten
seltener ehrenamtliche
Bildungsaktivitäten und
Ehrenamt
=> Aber steigende Tendenz
Erhebliche Unterschiede zwischen den
Bildungsgruppen
Seite 14
Anteil der Personen, die sich
ehrenamtlich engagieren,
Bildungsangebote nutzen oder
beide Aktivitäten berichten, nach
Bildungsgruppen
0 2 0 4 0 6 0 8 0 1 0 0
P r o z e n t
H o h e B i l d u n g
M i t t l e r e B i l d u n g
N i e d r i g e B i l d u n g
H o h e B i l d u n g
M i t t l e r e B i l d u n g
N i e d r i g e B i l d u n g
H o h e B i l d u n g
M i t t l e r e B i l d u n g
N i e d r i g e B i l d u n g
5 3 2 8 4
4 3 1 4 4
1 9 5
5 1 2 6 3
3 1 1 3 5
1 6 7 3
4 1 1 9 5
2 0 6 5
8 2 4
N u r B i l d u n g
B e i d e
N u r E h r e n a m t
7 0
- 8 5
J a
h r e
5 5
- 6 9
J a
h r e
4 0
- 5 4
J a
h r e
Quelle: Deutscher Alterssurvey
Erhalt gesellschaftlicher Integration und Mitwirkung
im hohen Alter als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Erhalt im gesamtgesellschaftlichen Interesse
Integration und Mitwirkung fördert gesundes Altern
Ältere als unverzichtbare gesellschaftliche Ressource
Einfluss des Wohlfahrtstaates
In gut entwickelten Wohlfahrtstaaten leiden weniger Ältere unter
Einsamkeit, sind gesünder und nehmen aktiver an der Gesellschaft teil
Wohlfahrtstaatliche Unterstützung schwächt nicht den familiären
Zusammenhalt, sondern schafft Raum für mehr gemeinsame Aktivitäten
und emotionalen Zuspruch in der Familie
Seite 15
Übersicht
1. Einführung und Definitionen
2. Wandel der Handlungsspielräume die gesellschaftliche Integration
und Mitwirkung bis ins hohe Alter zu gestalten
3. Qualitative Studie: Gesellschaftlicher Integration und Mitwirkung im
hohen Alter
4. Gesellschaftliche Herausforderungen und Lösungsansätze
Seite 16
Die Menschen werden gesünder…
Seite 17
0
2 0
4 0
6 0
8 0
1 0 0
P r o
z e n t
9 6 0 2 0 8 9 6 0 2 0 8 9 6 0 2 0 8 9 6 0 2 0 8 9 6 0 2 0 8 9 6 0 2 0 8 9 6 0 2 0 8
6 2
3 5
6 7
3 1
6 4
3 5
4 8
4 6
6
5 9
3 7
5
5 9
3 9
3
4 1
5 1
8
4 8
4 4
9
5 0
4 3
6
2 8
5 5
1 7
4 4
4 4
1 3
4 7
4 6
7
2 2
5 8
2 0
2 9
5 9
1 2
3 7
5 3
9
2 1
5 4
2 5
2 6
5 5
1 9
2 6
5 4
2 0
1 5
5 4
3 1
1 5
6 0
2 5
2 0
5 9
2 1
0 o d e r 1 E r k r a n k u n g 2 b i s 4 E r k r a n k g . 5 o d e r m e h r E r k r a n k g .
4 0 - 4 5 4 6 - 5 1 5 2 - 5 7 5 8 - 6 3 6 4 - 6 9 7 0 - 7 5 7 6 - 8 1
Quelle: Deutscher Alterssurvey
… aber die körperliche Funktionsfähigkeit unterscheidet
sich deutlich zwischen den Bildungsgruppen
Seite 18
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
1 0 0
K ö r p
e r l
i c h
e F
u n
k t i
o n
s f ä
h i g
k e
i t /
S F
- 3 6
4 0 - 5 4 J a h r e 5 5 - 6 9 J a h r e 7 0 - 8 5 J a h r e
9 4 9 2
8 2
9 3
8 6
7 4
8 7 8 1
6 2
N i e d r i g e B i l d u n g
M i t t l e r e B i l d u n g
H o h e B i l d u n g
Quelle: Deutscher Alterssurvey
Stabiler und regelmäßiger Kontakt zwischen den
Generationen
Seite 19
Anteil der Personen in Kontakt mit den erwachsenen Kindern außerhalb des
Haushaltes
0
20
40
60
80
100
Pro
zen
t
Mind. wöchentlich Mind. monatlich Seltener
81
127
81
127
78
138
1996
2002
2008
Quelle: Deutscher Alterssurvey
Wachsende Wohnentfernungen verändern den Kontakt
zwischen den Generationen
Seite 20
0
20
40
60
80
100
Pro
zent
Gleicher Ort Max. 2 h Weiter weg Gleicher Ort Max. 2 h Weiter weg
45 43
12
4536
20
50
39
11
51
31
18
53
36
11
62
27
12
1996
2002
2008
Alte Bundesländer Neue Bundesländer
Wohnentfernung alter Eltern zum nächstwohnenden erwachsenen Kind
außerhalb des Haushalts, nach Region
Quelle: Deutscher Alterssurvey
Unterstützung zwischen den Generationen ändert sich
Seite 21 0 5 10 15 20 25 30 35
Prozent
an Eltern
an Kinder
an Enkel
an Verw andte
an Freunde
an Eltern
an Kinder
an Enkel
an Verw andte
an Freunde
4
26
14
6
2
20
7
10
9
3
28
16
5
3
22
7
7
9
4
31
10
6
1
23
10
11
11
1996
2002
2008
Geld
/S
ach
leis
tun
gen
Instr
um
en
telle
Hilfe
n
Anteil der Personen,
die im Alltag praktische
Unterstützung, Geld-
und Sachgeschenke
erhalten oder geben.
Weniger praktische
Hilfe im Alltag
Quelle: Deutscher Alterssurvey
Im höheren Alter leben immer mehr Menschen allein
60 Prozent der Bevölkerung 80 Jahre+
lebt alleine und Lebensstile werden
vielfältiger
Seite 22
Quelle: Engstler, Menning, 2003; Tesch-Römer, 2010
Einsamkeit nimmt bislang im sozialen Wandel
nicht deutlich zu
jede(r) Zehnte leidet stark unter Einsamkeit
80 Prozent der Tageszeit wird allein verbracht
Steigendes Risiko (emotionaler Einsamkeit)
im hohen Alter
In Südeuropa leiden Ältere häufiger unter
Einsamkeit als in Nordeuropa
Erledigung alltäglicher Aufgaben im Wohnumfeld
außerhalb von Stadt zunehmend aufwändiger
Seite 23
•
Anteil von Personen, die zustimmen, genügend Einkaufsmöglichkeiten in ihrem
Wohnumfeld zu haben nimmt seit 1996 besonders im verstädterten und ländlichen
Raum ab
Quelle: Deutscher Alterssurvey
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Prozent
ländlich
verstädtert
verdichtet
ländlich
verstädtert
verdichtet
ländlich
verstädtert
verdichtet
trif f t gar nicht zu
trif f t eher nicht zu
trif f t eher zu
trif f t genau zu
20
08
20
02
19
96
Zunehmend schlechte
Infrastruktur im
Wohnumfeld:
Einkaufsmöglichkeiten,
ÖPNV, Ärztedichte werden
im ländlichen und
verstädterten Raum
schlechter
Materielle Lage im Alter weitgehend gut
Seite 24
Aktuell relativ geringe Einkommensarmut bei älteren Menschen (65 Jahre+)
Materielle Ungleichheit innerhalb der Bevölkerungsgruppe 65 Jahre und älter
19,5 Prozent der Hochaltrigen von relativer Einkommensarmut betroffen
(Monatseinkommen 50 Prozent unter Durchschnittseinkommen)
Risikogruppe alleinlebende Frauen
Quellen: 4. Altenbericht, 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung
0
5
10
15
20
Pro
zent
Männer Frauen Männer Frauen
12
8
42
12
9
43
107
1 1
1996
2002
2008
Alte Bundesländer Neue Bundesländer
Einkommensschere geht auseinander ….
Seite 25
Reichtumsquoten nach Region und Geschlecht.
(Grenze: 200% des arithmetischen Mittels, 2008: 2.920 Euro)
Quelle: Deutscher Alterssurvey
0
5
10
15
20
Pro
zent
Männer Frauen Männer Frauen
67
14 15
56
811
4
8 9 10
1996
2002
2008
Alte Bundesländer Neue Bundesländer
Mehr Einkommensarmut in neuen Ländern
Seite 26
Armutsquoten nach Region und Geschlecht
(Grenze: 50% des arithmetischen Mittels, 2008: 730 Euro)
Quelle: Deutscher Alterssurvey
Zwischenfazit: Gesellschaftliche Rahmen-
bedingungen für gutes Altern sind besser geworden
Menschen leben länger und gesünder, die Rahmenbedingungen bis ins hohe Alter
selbständig zu leben sind besser geworden
besserer Wohnstandard, aber Infrastruktur außerhalb der Städte wird schlechter
Familien halten zusammen, leben aber häufiger weiter entfernt voneinander und
unterstützen sich weniger praktisch im Alltag
Lebensstile werden bis ins hohe Alter vielfältig und zunehmend mehr leben allein
Mit Alter steigt Risiko unter (emotionaler) Einsamkeit zu leiden
materielle Lage ist überwiegend gut, aber jede fünfte Person ab 80 Jahre von
relativer Altersarmut betroffen
Übersicht
1. Einführung und Definitionen
2. Wandel der Lebenslage und Handlungsspielräume für gesellschaftliche
Integration und Mitwirkung im hohen Alter
3. Qualitative Studie: Gesellschaftliche Integration und Mitwirkung im
hohen Alter
4. Gesellschaftliche Herausforderungen und Lösungsansätze
Seite 28
Qualitative Fallstudien zur gesellschaftlichen
Integration und Mitwirkung im Kontext des hohen
Alters
Qualitative Teilstudie des europäischen Projekt zum Gesunden Altern von
alleinlebenden Hochaltrigen (ENABLE-AGE Projekt ), durchgeführt am
Deutschen Zentrum für Alternsforschung an der Universität Heidelberg
(2002-2004)
Quelle: Naumann, 2006; ENABLE-AGE Projekt, Universität Heidelberg
Fragestellung
Seite 30
(1) Wie erklären alleinlebende Hochaltrige selbst den Rückgang
gesellschaftlicher Integration und Mitwirkung in ihrem Alltag?
Inwiefern ist diese Entwicklung
eine unvermeidliche Begleiterscheinung des hohen Alters
eine Folge gesellschaftsstruktureller Ausgrenzungsprozesse
(2) Wie gestalten alleinlebende Hochaltrige die „verbleibenden“ Muster
gesellschaftlicher Integration und Mitwirkung?
Verändern sich die Prioritäten, Verhaltensweisen und Bedeutungen
verschiedener Erlebnisse und Verhaltensweisen?
Quelle: Naumann, 2006; ENABLE-AGE Projekt, Universität Heidelberg
Teilstichprobe
Wiederholungsbefragung
1. Befragung (318 Personen)
Tiefenstudie n = 40
40 Leitfadeninterviews à 60-120 Minuten (Verschriftlichung der Tonmitschnitte)
Kriteriengesteuerte Fallauswahl anhand Befragungsdaten aus erster Befragung
(Bereitschaft zur Teilnahme an Tiefenstudie, Geschlecht, Alter, Selbständigkeit,
bürgerschaftliches Engagement, Barrierendichte in Wohnumwelt)
Aufbau der qualitativen Teilstudie
Zufallsstich-
probe von
alleinlebenden
Hochaltrigen
zwischen 80-89
Jahre im Raum
Heidelberg/
Mannheim
Quelle: Naumann, 2006; ENABLE-AGE Projekt, Universität Heidelberg
Einfluss
gesellschaftsstruktureller
Faktoren
Abnehmende
Handlungsspiel-
räume
Physisch
Zeitlich
Räumlich
Sozial
Konzentration
des Alltags in
der näheren
Wohnumwelt
Einfluss von
Begleiterscheinungen des
hohen Alters
Frage 1
Muster gesellschaftlicher
Integration und
Mitwirkung im hohen
Alter
Verlagerung öffentlicher
formeller Muster in die
private informelle Sphäre
Entwicklung von subtilen,
nach innen orientierten
Mustern
Frage 2
Ergebnis: Modell zum Rückgang der gesellschaftlichen
Integration und Mitwirkung im hohen Alter
Quelle: Naumann, 2006
Abnehmende Handlungsspielräume
Aktivitäten
Zeitlich
Räumlich
Sozial
Abnehmende
Handlungsspielräume
Manifestation des
hohen Alters
Hohes Alter selbst als Barriere
Funktionelle Einschränkungen
und Verluste als Barriere
Ängste, Unsicherheiten und
Risiken als Barriere
Manifestation
gesellschaftsstruktureller
Faktoren
Finanzielle
Benachteiligung
Inadäquate
Hilfsmittelversorgung
Manifestation des
hohen Alters
Abnehmendes "existentielles"
Zeitbudget
Abnehmendes alltägliches
Zeitbudget
Manifestation
gesellschaftsstruktureller
Faktoren
Zugang und
Bedarfsgerechtigkeit
zu hauswirtschaftlicher Hilfe
Infrastruktur des
Wohnumfeldes
Zugänglichkeit
der Wohnumwelt
Manifestation des
hohen Alters
Mobilitätsrelevante
funktionelle und
sensorische Einbußen
Bevorzugung der
näheren Wohnumwelt
Manifestation
gesellschaftsstruktureller
Faktoren
Zugänglichkeit und
Bedarfsgerechtigkeit
des ÖPNV
Barrieren in der
Wohnumwelt
Inadäquates
technisches Design
von Alltagstechnik
und Hilfsmitteln
Manifestation des
hohen Alters
Verluste von sozialen
Berührungspunkten
Sinkende Optionen für die
Kompensation verlorener
Berührungspunkte
Manifestation
gesellschaftsstruktureller
Faktoren
Gesellschaftlicher
Status Hochaltriger
Gesellschaftsstrukturelle
Optionen
Quelle: Naumann, 2006
Fokus:
Abnehmender zeitlicher Handlungsspielraum
Physisch
ZeitlichRäumlich
Sozial
Abnehmende Handlungsspielräume
Manifestation des
hohen Alters
Abnehmendes
"existentielles"
Zeitbudget
Vorbereitung auf den Tod
Verschiebung von Interessen und Prioritäten
Abnehmendes alltägliches Zeitbudget
Steigender Zeit- und Kraftaufwand für die selbständige Lebensführung
Abnehmende KonzentrationSuche von Gegenständen
Abnehmendes Multi-Tasking
Bereitschaft Aufgaben abzugeben
Manifestation
gesellschaftsstruktureller
Faktoren
Zugang und Bedarfsgerechtigkeit zu hauswirtschaftlicher Hilfe
Infrastruktur des Wohnumfeldes
Zugänglichkeit der Wohnumwelt
„aber irgendwie sauber machen muss man und
in Schuss halten und so weiter und so fort, und
wenn ich halt das gemacht habe mal, und dann
werde ich müde. Und dann muss ich wieder
fort, muss meine Lebensmittel einkaufen, die
bringt mir ja keiner und so weiter. Da ist
eigentlich, mein Tag ist auf die Art ausgefüllt.
Und da will ich nicht noch mehr dazu haben,
verstehen sie.“
„das ist alles vorbei und gelebt. Ich schau nur
vorwärts, und bin froh, wenn ich jeden Tag
aufstehen kann und meine Sachen, was ich mir vor
(.). Ich nehme mir jeden Tag was vor, das muß
gemacht werden. Und wenn ich als öfters da liege,
und dann mache ich es auch abends um zehn noch.
Denn am anderen morgen kann ich vielleicht nicht
mehr da sein, und dann steht das Geschirr rum, und
dann ist bei mir (.), und bei mir muss aufgeräumt
sein, so wie mein ganzes Leben war.“
Aktivitäten
Quelle: Naumann, 2006
Fokus:
Abnehmender sozialer Handlungsspielraum
Aktivitäten
Zeitlich
Räumlich
Sozial
Abnehmende Handlungsspielräume
Manifestation des hohen Alters
Verluste von sozialen Berührungspunkten
Familie
Freundschaften
Bürgerschaftliches Engagement
Beruflicher Kontext
Nachbarschaft
Sinkende Optionen für die Kompensation verlorener Berührungspunkte
Entfremdungsprozesse
Von eigener Altersgruppe
Von jüngerer Generation
Von Organisationen
Von Wohnumfeld
Von gesellschaftlichem Wandel
Barrieren in der sozialen KontaktpflegeMobilität
Kommunikation
Rückzug nach Innen und Exzentrik
Manifestation gesellschaftsstruktureller Faktoren
Gesellschaftlicher Status Hochaltriger
Solidarische Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse
Im Wohnumfeld
In den gesellschaftlichen Unterstützungs- und Versorgungsstrukturen
Diskriminierung und Marginalisierung alter Menschen
Im Alltagskontext
In Massenmedien und Politik
Marginalisierung Pflegebedürftiger
Gesellschaftsstrukturelle Optionen
Soziale Ungleichheit
„aber wenn es nicht mehr kosten würde (…)
und keine (.), dass du kein Geld mehr kosten
darfst, nichts mehr kosten darfst, dann wäre
es doch das Beste, wenn die Leute sterben
(…) wenn du noch laufen kannst, oder fort
kannst, oder wenn du (.) (.), dann ist es
vielleicht ein bisschen besser, aber wenn du
sowieso nichts mehr kannst, dann ist es das
Beste, man ist nicht da.“
„aber wir sind (betont) so in der
Minderheit jetzt, und eigentlich sind
die, wo auch über 60 sind, noch nicht
bereit, sich als Alte anschauen zu
lassen. Wissen Sie?“
Quelle: Naumann, 2006
Manifestation
gesellschaftlicher
struktureller Faktoren
Abnehmende
Handlungsspiel-
räume
Physisch
Zeitlich
Räumlich
Sozial
Konzentration
des Alltags in
der näheren
Wohnumwelt
Manifestation des hohen
Alters
Frage 1
Muster gesellschaftlicher
Integration und
Mitwirkung im hohen
Alter
Verlagerung öffentlicher
formeller Muster in die
private informelle Sphäre
Entwicklung von subtilen,
nach innen orientierten
Mustern
Frage 2
Ergebnis: Modell zum Rückgang der gesellschaftlichen
Integration und Mitwirkung im hohen Alter
Quelle: Naumann, 2006
Gesellschaftliche
Integration
Gesellschaftiche Mitwirkung
Muster gesellschaftlicher Integration und Mitwirkung
Aktiv nach
außen gerichtet
Verbindung zur Gesellschaft
über formelle
Berührungspunkte
Berufliche Kontakte
Bürgerschaftliches Engagement
Dienstleister
Verbindung zur Gesellschaft
über informelle
Berührungspunkte
Familie
Freundschaften
Nachbarschaftliche
Beziehungen
Begegnungen im
Öffentlichen Raum
Subtil nach
Innen gerichtet
Geteilte gesellschaftliche
Normen
Lebendige Atmosphäre
Medienkonsum
Aktiv nach
außen gerichtet
Mitwirkung über
Freizeitaktivitäten
Informelle Freizeitgruppen
Kulturelle Aktivitäten
Seniorenspezifische
Angebote
Inanspruchnahme
des ÖPNV
Mitwirkung über Beiträge
zum Gemeinwesen
Unterstützung
anderer
Weitergabe von
Erfahrungswissen
Spenden
Subtil nach Innen
gerichtetNostalgische Mitwirkung über die Erinnerung
Medienkonsum
Muster gesellschaftlicher Integration
und Mitwirkung
Quelle: Naumann, 2006
Gesellschaftliche
Integration
Gesellschaftiche Mitwirkung
Muster gesellschaftlicher Integration und Mitwirkung
Aktiv nach
außen gerichtet
Verbindung zur Gesellschaft
über formelle
Berührungspunkte
Berufliche Kontakte
Bürgerschaftliches Engagement
Dienstleister
Verbindung zur Gesellschaft
über informelle
Berührungspunkte
Familie
Freundschaften
Nachbarschaftliche
Beziehungen
Begegnungen im
Öffentlichen Raum
Subtil nach
Innen gerichtet
Geteilte gesellschaftliche
Normen
Lebendige Atmosphäre
Medienkonsum
Aktiv nach
außen gerichtet
Mitwirkung über
Freizeitaktivitäten
Informelle Freizeitgruppen
Kulturelle Aktivitäten
Seniorenspezifische
Angebote
Inanspruchnahme
des ÖPNV
Mitwirkung über Beiträge
zum Gemeinwesen
Unterstützung
anderer
Weitergabe von
Erfahrungswissen
Spenden
Subtil nach Innen
gerichtetNostalgische Mitwirkung über die Erinnerung
Medienkonsum
P6486 „da bin ich
hergegangen und hab den
gleich angerufen, hab ich
gesagt, hör einmal, sei so
gut und gehe zu F., da
stimmt irgendwas nicht.
Ah, sagt er, ich ziehe mich
gleich an, ich nehme mir
ein Taxi und fahre zu ihr.
Dann hat er sie ins
Krankenhaus gebracht,
sonst würde sie nicht
mehr leben.“
P870 „denn wenn ich allein
heimgehe, ich stürze und mich hebt
kein Mensch auf. Es geht niemand
mehr aus der Straße dahin. Die sind
alle schon weg gezogen und ich bin
da alleine. Da habe ich hier das
Radio eingeschaltet, da hat er es
vorher angesagt, haarscharf, wie
da, wunderbar, ich habe es besser
verstanden wie dort. Der hat es
eigens für die daheim gebliebenen
alten Leute gesendet (…) ich war
ganz begeistert. Da ist das Radio
wirklich was Wunderbares.“
Muster gesellschaftlicher Integration
und Mitwirkung
Quelle: Naumann, 2006
Ansatzpunkte für die gesellschaftliche
Unterstützung I Erprobung von Modellen für die kleinräumige Organisation altersgerechter Wohn- und Versorgungsangebote
Professionelles Sozial- und Quartiersmanagement
Beratung und niedrigschwellige Alltagshilfen
Hilfemix und bürgerschaftliches Engagement
Quartiersbasierte Wohn- und Pflegekonzepte
Angebote zur sozialen Integration und Bürgerbeteiligung
Exemplarische Herausforderungen
Regionale Lösungen für den ländlichen, strukturschwachen Raum
(Infrastruktur Wohnumfeld, ÖPNV)
Integration bildungsferner Bevölkerungsgruppen und Migrant/innen
Seite 39
Fortsetzung der barrierefreien Anpassung des Wohnbestands
Etwa 1 Prozent des Wohnungsbestandes ist altengerecht (BBR, 2010):
bis 2013 weitere ca. 2,7 Mio. altengerechte Wohnungen nötig
Förderprogramme für altengerechtes Bauen
Verbreitung altersgerechter technischer Assistenzsysteme (AAL)
Systematische Umsetzung von Modellprojekten
Unterstützung außerhäuslicher Mobilität
Seite 40
Ansatzpunkte für die gesellschaftliche
Unterstützung II
Literaturhinweis
Motel-Klingebiel, A., Wurm, S., Tesch-Römer , C. (Hrsg.) (2010): Altern im
Wandel. Befunde des Deutschen Alterssurveys DEAS. 2010 W.
Kohlhammer GmbH Stuttgart
Naumann, D. (2007). Gesellschaftliche Integration und Mitwirkung im
Kontext des hohen Alters. In Hat Alter(n) noch Zukunft? Prämierte
Arbeiten des BKK Innovationspreises 2006. - Frankfurt am Main: Mabuse-
Verlag.
Naumann, D. (2007): Gesellschaftliche Integration und Mitwirkung im
Kontext des hohen Alters. Dissertation Universität Heidelberg.
URL: www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/6573
Seite 42