Grundlagen derBewegungswissenschaft
WS 2007
A. Bund: Grundlagen derBewegungswissenschaft
MotorischeEntwicklung
1. Einführung
2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
Fragen zur motorischen Entwicklung I
Können „durchschnittliche“, d.h. individuumsunab- hängige Entwicklungsverläufe angegeben werden?
Für welches Alter ist die Maximalausprägung spe- zifischer motorischer Fähigkeiten zu erwarten?
Verändern sich die einzelnen motorischen Fähig- keiten gleichförmig oder gibt es Unterschiede?
Gibt es im Lebensverlauf Phasen, in denen es Entwicklungsschübe oder -verzögerungen gibt?
Wann kann mit einem gezielten Training der moto- rischen Fähigkeiten begonnen werden?
Wie entwickeln sich die motorischen Fähigekeiten in späteren Lebensabschnitten?
Wie verändert sich die Motorik in der Lebensspanne?
Fragen zur motorischen Entwicklung II
Gibt es Unterschiede bzgl. der motorischen Entwick- lung von Jungen und Mädchen? Wenn ja, in welchem Alter setzen sie ein und welche motorischen Fähig- keiten betreffen sie?
Welche Faktoren bestimmen die motorische Entwicklung?
In welchem Umfang lassen sich motorische Fähig- keiten durch Training verändern? Wie entwickelt sich die Trainierbarkeit im Lebensverlauf?
Welche Bedeutung kommt den (genetischen) Anlagen des Kindes/dem Jugendlichen zu?
Welche Rolle spielen Faktoren wie Elternhaus, Fami- lien- und Wohnverhältnisse, Gleichaltrigengruppen, Schule, Sportverein usw.?
MotorischeEntwicklung
1. Einführung
2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
A. Bund: Grundlagen derBewegungswissenschaft
Lernen und Entwicklung im Vergleich
• ausgelöst primär durch externe Reize
• von endogenen (Anlage) und exogenen (Umwelt) Faktoren gesteuert
• sprunghafte Leistungs- veränderungen möglich
• Leistungsveränderungen vollziehen sich relativ langsam
• prinzipiell unabhängig von bestimmten Lebensab- schnitten („lebenslanges Lernen“)
• i.d.R. bestimmten Lebens- abschnitten zuzuordnen
Lernen Entwicklung
• Qualität und Effizienz der Lernprozesse sind allerdings abhängig vom aktuellen Entwicklungsstand
• Entwicklungsprozesse schliessen Ergebnisse von Lernvorgängen ein
MotorischeEntwicklung
1. Einführung
2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
A. Bund: Grundlagen derBewegungswissenschaft
Definitionen von motorischer Entwicklung
Motorische Entwicklung bezieht sich auf die lebens-
alterbezogenen Veränderungen der Steuerungs- und
Funktionsprozesse, die Haltung und Bewegung
zugrundeliegen.
(Singer, 1994, 19)
Motorische Entwicklung kann zunächst allgemein als
eine Reihe von miteinander zusammenhängenden, auf
den motorischen Persönlichkeitsbereich bezogenen
Veränderungen gesehen werden, die bestimmten Orten
des zeitlichen Kontinuums eines individuellen Lebens-
laufs zuzuordnen sind.
(Willimczik, 1988, 247)
MotorischeEntwicklung
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2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
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Entwicklung der Schnellkraft
Entwicklung der Sprungkraft (Joch & Schroeter, 1976)
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(cm
)
Lebensalter (Jahre)
MotorischeEntwicklung
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2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
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Entwicklung der Maximalkraft
Entwicklung der Handkraft (Hebbelinck, 1968)
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Lebensalter (Jahre)
MotorischeEntwicklung
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2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
A. Bund: Grundlagen derBewegungswissenschaft
Entwicklung der Kraftausdauer
Entwicklung der Kraftausdauer (Klettertest; Winter, 1976)
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ec.)
Lebensalter (Jahre)
MotorischeEntwicklung
1. Einführung
2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
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Entwicklg. der Max.-kraft im Erwachsenenalter
Maximalkraft der Beinstreckmuskulatur (Schmidtbleicher, 1994)
30
40
50
60
70
80
90
100
30 35 40 45 50 55 60 65 70 75
Trainierte Untrainierte
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)
Lebensalter (Jahre)
MotorischeEntwicklung
1. Einführung
2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
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Entwicklung der aeroben Ausdauer
(mkp
/min
.)
Lebensalter (Jahre)
SportphysiologischerTest W 170 (Mocellin,Rutenfranz & Singer, 1971)
MotorischeEntwicklung
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2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
A. Bund: Grundlagen derBewegungswissenschaft
Entwicklung der anaeroben Ausdauer
Entwicklung der anaeroben Ausdauer (800m-Lauf; Köhler, 1976)
Lauf
zeit
(sec
..)
Lebensalter (Jahre)
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Entwicklung der Beweglichkeit I
Entwicklung der Beweglichkeit I (Rumpfbeuge vw; Fetz, 1982)
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(cm
)
Lebensalter (Jahre)
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2. Empirische Befunde
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Entwicklung der Beweglichkeit II
Entwicklung der Beweglichkeit I (Rumpfbeuge vw; Richter, 1974)
Beu
gefä
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eit
(cm
)
Lebensalter (Jahre)
MotorischeEntwicklung
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Entwicklung der Koordination
Zuwachsraten der koordinativen Leistungsfähigkeit (KTK)
Relativer Leistungszuwachs (%)
LebensalterMotorischeEntwicklung
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Entwicklung der Koordination in Stichworten I
Kleinkindalter: im Vergleich zu den konditionellen Fähig- keiten ist bei der Koordination eine frühzeitig einsetzende Phase intensiver Steigerungsmöglichkeiten gegeben. Ursache: die Kopf-Hirn-Entwicklung läuft anderen phys. Wachstums- und Differenzierungsprozessen weit voraus.
Schulkindalter - Pubeszenz: ausgeprägte Steigerung der koordinativen Leistungsfähigkeit. Ursache: natürliches Bewegungsbedürfnis ( Übung), Sportunterricht, Fortentwicklung kognitiver Fähigkeiten.
Pubeszenz: über 2-4 Jahre verminderter koordinativer Leistungszuwachs. Ursache: konstitutionelle Veränderungen (Körpergrösse, -masse, -proportionen) Interessendifferenzierung ( ver- minderte Bewegungsaktivitäten in der Freizeit)
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Entwicklung der Koordination in Stichworten II
Adoleszenz: nochmaliger Anstieg der koordinativen Leistungsfähigkeit. Herausbildung einer „koordinativen Handschrift“. Ursache: Neuanpassung der motorischen Steuerungs- prozesse
frühes Erwachsenenalter: Phase der relativen Erhaltung der koordinativen Leistungsfähigkeit.
mittleres und späteres Erwachsenenalter: erst almähliche (35-45 Jahre), dann verstärkte (45-60/65 Jahre), schliess- lich ausgeprägte (ab 60/65 Jahre) Abnahme der koordina- tiven Leistungsfähigkeit.
MotorischeEntwicklung
1. Einführung
2. Empirische Befunde
3. Erklärungs- ansätze
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Überblick
Anlage Umwelt
BiogenetischeEntwicklungskonzepte
BiogenetischeEntwicklungskonzepte
• Gesell (1940)• Busemann (1950)• Remplein (1969)
• Sears (1947)• Skinner (1973)• Bandura (1979, 1986)
UmweltdeterministischeEntwicklungskonzepte
InteraktionistischeEntwicklungskonzepte
• Oerter (1987)• Brandstätter (1990)
MotorischeEntwicklung
1. Einführung
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3. Erklärungs- ansätze
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Biogenetische Entwicklungskonzepte
Motorische Entwicklung als „natürlicher“ Wachstums-
und Reifungsprozeß, der durch genetische Programme
gesteuert wird und biologischen Gesetzmäßigkeiten
folgt.
Kritik:
einseitige Betonung endogener Faktoren
passives Menschenbild
Entwicklung wird auf das Kindes- und Jugendalter
begrenzt
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3. Erklärungs- ansätze
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Umweltdeterministische Entwicklungskonzepte
Motorische Entwicklung als umweltdeterminierte,
individuelle Lerngeschichte. Was und wie gelernt
wird, hängt von den Gelegenheiten, Erwartungen
und Anforderungen der sozialen und materialen
Umwelt ab.
Kritik:
einseitige Betonung exogener Faktoren
passives Menschenbild
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Interaktionistische Entwicklungskonzepte
biogenetische Faktoren werden als Handlungs- potentiale verstanden. Sie bestimmen die Mög- lichkeiten und Grenzen des Handelns. Die motorische Entwicklung wird durch bio- genetische Faktoren also nicht determiniert, sondern (lediglich) prädisponiert.
Umweltfaktoren werden ebenso als entwicklungs- konstituierend anerkannt. Sie wirken sich in Wechselwirkung mit dem Handeln der Person förderlich oder hinderlich auf die motorische Entwicklung aus.
der Einfluß endogener und exogener Faktoren wird also durch das Handeln der Person ver- mittelt.
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3. Erklärungs- ansätze
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Endogene und exogene Entwicklungsfaktoren
(Auswahl)Wohnumgebung
Schicht-zugehörigkeit
Erziehungsstilder Eltern
Schulbesuch
Freunde
Sportaktivität
Geschlecht
Intelligenz
Körpergrösse
Körperproportionen
Muskelfaser-struktur
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