Hessisches Ministerium für Soziales und Integration
Evaluationsbericht über das ESF-Programm
„Praxis und Schule“
im Rahmen der Evaluierung des Operationellen Programms im Ziel „In-
vestitionen in Wachstum und Beschäftigung“ in Hessen aus Mitteln des
Europäischen Sozialfonds (ESF) 2014 bis 2020 im Auftrag des Hessi-
schen Ministeriums für Soziales und Integration
ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH
Weinsbergstr. 190
50825 Köln
Autor/in: Stefan Feldens und Franziska Porwol
Berichtsfassung vom 12.06.2019
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
i
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ............................................................................................................................. 1
1.1 Einordnung und Beschreibung des ESF-Programms Praxis und Schule ..................................................... 1
1.2 Zielsetzungen der Evaluation von Praxis und Schule .................................................................................. 2
2. Methoden der Evaluierung ................................................................................................ 3
2.1 Methoden zur Analyse von Sekundärdaten ................................................................................................. 3
2.2 Methoden zur Erhebung und Analyse von Primärdaten ............................................................................. 3
3. Einordnung in den sozioökonomischen und wissenschaftlichen Kontext .................. 6
3.1 Sozioökonomische Einordnung: Schul- und Übergangsgeschehen in Hessen ............................................ 6
3.2 Wissenschaftliche Einordnung: Ursachen und Vermeidung von Schulabbruch ....................................... 11
4. Förderprogrammlogik von Praxis und Schule ............................................................... 13
5. Materieller und finanzieller Umsetzungsstand von Praxis und Schule ..................... 17
6. Ergebnisse der ISG-Erhebungen ...................................................................................... 22
6.1 Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung ................................................................................................. 22
6.2 Ergebnisse der CATI-Befragung zum längerfristigen Verbleib ehemaliger Schüler/innen........................ 45
6.3 Ergebnisse der qualitativen Fallstudien...................................................................................................... 55
7. Fazit .................................................................................................................................... 67
8. Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 72
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
ii
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Förderprogrammlogik von PuSch .......................................................................................... 14
Abbildung 2: Räumliche Verteilung der PuSch-Projekte auf Basis der Schulstandorte ......................... 18
Abbildung 3: Motivation der Jugendlichen für den Besuch einer PuSch-Klasse ..................................... 23
Abbildung 4: Zufriedenheit der PuSch-SuS mit der Gestaltung des allgemeinbildenden Unterrichts 26
Abbildung 5: Aspekte der Unterrichtsgestaltung aus Sicht der Lehrkräfte ............................................. 28
Abbildung 6: Lernfortschritte der PuSch-SuS (gemäß Selbsteinschätzung) ............................................ 29
Abbildung 7: Aufgabenbereiche der sozialpädagogischen Begleitung im Rahmen von PuSch............ 31
Abbildung 8: Inanspruchnahme der sozialpädagogischen Begleitung durch die PuSch-SuS ............... 32
Abbildung 9: Zufriedenheit der PuSch-SuS mit der Gestaltung des berufsbildenden Unterrichts ...... 34
Abbildung 10: Behandelte Berufsfelder im berufsbildenden Unterricht ................................................. 35
Abbildung 11: Zufriedenheit der PuSch-SuS mit den absolvierten Praktika ........................................... 36
Abbildung 12: Praktika und Zusammenarbeit mit den Betrieben aus Sicht der Lehrkräfte ................. 37
Abbildung 13: Intensität der Zusammenarbeit der Schulen mit lokalen Akteuren ................................ 38
Abbildung 14: Zufriedenheit mit der schulischen Zusammenarbeit im Rahmen von PuSch A ............ 40
Abbildung 15: Zuwachs von Kompetenzen bei den SuS im Zuge der PuSch-Beschulung ..................... 41
Abbildung 16: Gesamtbewertung von PuSch durch die Lehrkräfte ......................................................... 43
Abbildung 17: Retrospektive Bewertung der PuSch-Förderung durch ehemalige SuS ......................... 47
Abbildung 18: Ehemalige PuSch-SuS nach Art des Verbleibs .................................................................... 49
Abbildung 19: Berufsfelder der in Ausbildung verbliebenen ehemaligen PuSch-SuS ........................... 52
Abbildung 20: Bewertung der beruflichen Zukunftschancen durch ehemalige PuSch-SuS .................. 53
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Schüler/innen in Hessen nach Schularten der Sekundarstufe I und Schuljahren .................. 6
Tabelle 2: Abschlussquoten an allgemeinbildenden Schulen in Hessen, 2013-2017 ............................... 7
Tabelle 3: Verbleib der Schüler/innen nach Verlassen der allgemeinbildenden Schulen, 2013-2017 ... 8
Tabelle 4: Anfänger/innen im hessischen (Aus-)Bildungssystem nach Schulabschluss, 2017 ................ 9
Tabelle 5: Reguläre Teilnehmenden-Eintritte in PuSch nach Eintrittsjahr und Förderline .................... 17
Tabelle 6: Soziodemografische Merkmale der Geförderten in PuSch...................................................... 19
Tabelle 7: Programmspezifischer Output- und Ergebnisindikator für PuSch ......................................... 20
Tabelle 8: Bewilligte und ausgezahlte Mittel für PuSch .............................................................................. 21
Tabelle 9: Befragungsmitwirkung der Schulen und SuS ............................................................................ 22
Tabelle 10: PuSch A- und PuSch B-Klassenzummensetzung nach Merkmalen der SuS ........................ 24
Tabelle 11: Gesamtbewertung von PuSch durch die SuS durch Notenvergabe ..................................... 42
Tabelle 12: Feldphase und Ausschöpfung der CATI-Teilnehmendenbefragung ..................................... 45
Tabelle 13: Überblick über Merkmale der CATI-Befragten ........................................................................ 46
Tabelle 14: Ehemalige PuSch-SuS nach Art des Verbleibs und ausgewählten Merkmalen ................... 50
Tabelle 15: Stabilität und Dynamik des Verbleibs ehemaliger PuSch-SuS ............................................... 51
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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1. Einleitung
1.1 Einordnung und Beschreibung des ESF-Programms Praxis und Schule
Ein erfolgreicher Schulabschluss gilt als eine unabdingbare Voraussetzung für die gesellschaftliche
und arbeitsmarktbezogene Integration junger Menschen. Jugendliche, die ohne Schulabschluss ver-
bleiben, sind hingegen stark in ihren individuellen Zugangs- und Verwirklichungschancen einge-
schränkt. Ihnen gelingt der Einstieg in die Berufswelt in aller Regel nur sehr mühselig und mit be-
trächtlichen Zeitverzögerungen. Das Risiko einer phasenweisen oder sogar dauerhaften Arbeitslosig-
keit ist bei betroffenen Personen stark erhöht. Zusätzlich zu den negativen beruflichen Konsequenzen
können eine defizitäre Autonomiefähigkeit, soziale Isoliertheit, Devianz sowie gesundheitliche Beein-
trächtigungen negativ auf die Entwicklung bildungsarmer junger Menschen einwirken. Bei den gefähr-
deten Personen handelt es sich dabei nicht selten um junge Menschen, die eine problematische
und/oder bildungsferne familiäre Sozialisation erfahren haben und Merkmale sog. „Risikobiogra-
phien“ aufweisen. Ihnen gelingt es aufgrund individueller, familiärer und struktureller Risikofaktoren
nicht, die außer- und innerschulische Lebenswelt in ein hinreichendes Passungsverhältnis zueinander
zu bringen. Anders herum formuliert: Für manche Jugendliche bieten reguläre allgemeinbildende
Schulangebote keinen geeigneten Rahmen für den Erwerb hinreichender schulischer Grundqualifika-
tionen (Geis/Schröder 2016; Hadjar 2019; Hennemann et al. 2010; Hillenbrand/ Ricking 2011: 157-163;
Stamm 2012: 25-46; Quenzel/ Hurrelmann 2019: 13-20).
Vor diesem Hintergrund nimmt die Vermeidung vorzeitiger Schulabbrüche und nicht-erfolgreich be-
endeter Schullaufbahnen eine hohe gesellschaftliche Priorität ein. Viele Bundesländer haben entspre-
chende Fördermaßnahmen für Schüler/innen (kurz: SuS) entwickelt, die das Ziel haben, schulabb-
ruchs- und schulabschlussgefährdete Jugendliche zu einem Hauptschulabschluss zu führen. In Hes-
sen soll das ESF-geförderte Programm Praxis und Schule (PuSch) diesem Anspruch gerecht werden
(HKM 2019). Die Förderung gehört bereits seit längerer Zeit zum Repertoire der hessischen ESF-För-
derung und ist die Nachfolge der beiden Vorgänger-Programme SchuB (Lernen und Arbeiten in Schule
und Betrieb) und EIBE (Eingliederung in die Berufs- und Arbeitswelt). PuSch soll in der laufenden För-
derperiode des hessischen ESF-OP zum Spezifischen Ziel „Verbesserung der formalen Schulbildung
von leistungsschwachen Jugendlichen“ beitragen. Das Programm setzt sich dabei aus den beiden Tei-
len PuSch A und PuSch B zusammen. PuSch A setzt gegen Ende der Pflichtschulzeit an. Die SuS haben
bei Eintritt in die Förderung mindestens acht Schuljahre absolviert und ein Alter von 14 Jahren er-
reicht. PuSch A kann als zwei- (d. h. achte und neunte Klasse) oder einjährige (d. h. nur neunte Klasse)
Maßnahme durchgeführt werden und findet an allgemeinbildenden Schulen in Kooperation mit be-
ruflichen Schule statt. Folglich erhalten die SuS an zwei verschiedenen Lernorten Unterricht. PuSch B
richtet sich an Jugendliche, die maximal 18 Jahre alt sind und im Rahmen ihrer Vollzeitschulpflicht
noch keinen Schulabschluss erreichen konnten. PuSch B findet an beruflichen Schulen statt. Gemein-
sam ist beiden Programmteilen, dass der Unterricht im Vergleich zu Regelklassen theorieentlasteter
und praktischer ausgestaltet ist (z. B. Kennenlernen von Berufsfeldern, Berufsorientierung, betriebli-
che Praktika) und in kleineren Gruppen samt einer intensiven sozialpädagogischen Begleitung abge-
halten wird. Die ESF-Fördermittel in Höhe von etwa 18,9 Mio. Euro werden gemäß Planung zu gleichen
Teilen auf PuSch A und PuSch B aufgeteilt und fließen vollständig in die Finanzierung der sozialpäda-
gogischen Begleitung. Übergreifendes Ziel des Förderprogramms ist die Reduzierung der Schulabb-
ruchsquote. SuS mit starken Lernrückständen sollen erfolgreich zum Hauptschulabschluss geführt
werden. Zudem soll mit der Stärkung der beruflichen Orientierung und Qualifizierung darauf hinge-
wirkt werden, dass den Jugendlichen der Übergang von der Schule in den Beruf möglichst reibungsfrei
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
2
gelingen kann. Die Herstellung einer hinreichenden Berufswahl- und Ausbildungsreife ist somit auch
ein Förderziel von PuSch.
1.2 Zielsetzungen der Evaluation von Praxis und Schule
Obwohl die Förderung schulabschlussgefährdeter Jugendlicher bereits seit längerer Zeit Bestandteil
des hessischen ESF ist, gab es bisher noch keine ESF-Evaluierung der Förderung. Der vorliegende Be-
richt soll sowohl zu einem besseren Verständnis der Umsetzungsansätze und -bedingungen der
PuSch-Förderung beitragen (z. B. Wahrnehmung der PuSch-Klassen aus Sicht der SuS und des Lehr-
personals, Zusammenarbeit mit anderen Schulen und lokalen Bildungspartnern, Durchführungsher-
ausforderungen) als auch über den unmittelbaren Nutzen und die längerfristigen Wirkungen der
PuSch-Beschulung für bzw. auf die Teilnehmenden Auskunft geben (z. B. Lern- und Schulerfolg, Be-
rufsorientierung, Praktika, längerfristiger Verbleib der SuS nach Austritt aus der PuSch-Klasse). Im
Vordergrund der Evaluierung stehen dabei folgende erkenntnisleitende Fragestellungen:
• Wie münden die Teilnehmenden in die PuSch-Klassen ein? Wie wird der Prozess des Übergangs
der SuS von der Regelklasse in die PuSch-Klasse gestaltet? Nach welchen Kriterien werden die
PuSch-Klassen zusammengesetzt?
• Welche soziodemografischen Merkmale weisen die SuS der PuSch-Klassen auf?
• Welche Bedeutung hat die PuSch-Förderung für SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf im
Schwerpunkt Lernen? Wie gut gelingt die inklusive Beschulung in den PuSch-Klassen?
• Wie wird die Zusammenarbeit zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Rahmen
der Umsetzung von PuSch A ausgestaltet? Wie zufrieden sind die Schulen mit der
Zusammenarbeit? Welche weiteren Kooperationspartner werden im Zuge der Durchführung der
PuSch-Klassen einbezogen?
• Wie wird die sozialpädagogische Begleitung innerhalb der PuSch-Klassen ausgestaltet? Welche
Aufgaben übernimmt das sozialpädagogische Fachpersonal im Schulalltag von PuSch? Wie stark
wird die sozialpädagogische Begleitung von den SuS nachgefragt?
• Wie bewerten die SuS die PuSch-Klassen z. B. hinsichtlich der Lern- und Klassenatmosphäre, dem
allgemein- und berufsbildenden Unterricht, dem Lernerfolg und den Praktika?
• Wie bewertet das Schulpersonal die PuSch-Klassen z. B. bezüglich der Klassenatmosphäre und
den Rahmenbedingungen der Förderung?
• In welche Berufsfelder erhalten die SuS Einblicke? Welche Rolle spielen Praktika im Rahmen der
Förderung? Wie gut gelingt die Einbindung der Betriebe und die Umsetzung von Praktika?
Welchen Beitrag leistet die Förderung in Bezug auf den Abbau geschlechterstereotypischen
Berufswahlverhaltens?
• Welche Ziele erreichen die SuS durch die Förderung in kurzfristiger Hinsicht? (z. B. Lernerfolge,
Notenverbesserung, Berufsorientierung, Praxiserfahrung und erfolgreicher Schulabschluss
unmittelbar nach Ende der PuSch-Klasse)?
• Welche Ziele erreichen die SuS in längerfristiger Hinsicht? Wie verbleiben die SuS ein Jahr oder
zwei Jahre nach ihrer Teilnahme an PuSch-Klassen (z. B. Verbleib in Ausbildung, weiterführende
Schulen oder berufsvorbereitende Maßnahmen)?
• Zu Aspekten, in denen Vergleiche zwischen den beiden Förderlinien Sinn ergeben: Welche
Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen zwischen PuSch A und PuSch B?
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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Inhaltlich gliedert sich der vorliegende Bericht wie folgt: Zum Einstieg erfolgt eine Erläuterung der
verwendeten Methoden, mit deren Hilfe sich den Fragen angenähert worden ist (Kapitel 2). Zwecks
Kontextualisierung des Fördergeschehens und Einordnung der Evaluationsergebnisse wird anschlie-
ßend zum einen kurz auf aktuell verfügbare Daten zum Schulgeschehen, zu Schulabschlüssen und
dem Verbleib von ehemaligen SuS in Hessen geblickt und zum anderen Bezug zur wissenschaftlichen
Forschung über Risikofaktoren des schulischen Scheiterns sowie dessen Prävention genommen (Ka-
pitel 3). Darauffolgend wird die Förderprogrammlogik von PuSch dargestellt. Entlang der fünf Dimen-
sionen „Inputs“, „Maßnahmen“, „Outputs“, „Outcomes“ und „Impacts“ wird das Förderprogramm
PuSch im Hinblick auf dessen intendierte Wirkungslogik erläutert (Kapitel 4). Nach einem Blick auf den
materiellen und finanziellen Umsetzungsstand der Förderung gemäß den ESF-Monitoringdaten (Kapi-
tel 5) werden die Resultate der quantitativen und qualitativen Erhebungen dargestellt (Kapitel 6). Der
Bericht endet mit einem Fazit über die PuSch-Förderung (Kapitel 7).
2. Methoden der Evaluierung
Für die Evaluierung von PuSch wurden quantitative und qualitative Methoden miteinander kombiniert
(sog. Mixed-Methods-Ansatz). Ein solches Vorgehen ermöglicht die Untersuchung desselben Gegen-
stands aus unterschiedlichen Perspektiven und mit variierenden Schwerpunkten. Hierdurch können
Informationen und Erkenntnisse gewonnen werden, die bei einer eindimensionalen Methodenwahl
womöglich verschlossen geblieben wären. Die für die Evaluierung erfolgten Auswertungen basieren
dabei sowohl auf Sekundär- als auch auf Primärdaten. Die Datenquellen sowie die angewandten Me-
thoden werden nachfolgend kurz erläutert.
2.1 Methoden zur Analyse von Sekundärdaten
Die für die Evaluierung bedeutsamsten Sekundärdaten – d. h. Daten, die nicht direkt vom ISG erhoben
worden sind – stellten die Monitoringdaten der WIBank, sozioökonomische Daten der amtlichen Sta-
tistik sowie förderrelevante Dokumente und wissenschaftliche Beiträge dar.
Zu den förderrelevanten Dokumenten zählten insbesondere das OP des ESF Hessen (HMSI 2014), die
Durchführungsberichte 2016 und 2017 für den ESF Hessen (HMSI 2017, 2018), die Förderleitlinie zu
PuSch (in aktuellster Fassung: HKM 2019), ausgewählte Projektanträge sowie verschiedene öffentlich
zugängliche Informationen – z. B. der WIBank und des HKM – zu PuSch. Bestandteil der Evaluierung
war ferner die laufende Auswertung der ESF-Monitoringdaten, welche dem ISG von der WIBank zur Ver-
fügung gestellt werden. Sie enthalten wichtige Informationen zum materiellen und finanziellen Um-
setzungsstand und zu den wichtigen Ergebnissen der Förderung (vgl. Kapitel 5). Zwecks Einordnung
der PuSch-Förderung und der Evaluationsergebnisse wurden zudem sozioökonomische Rahmenbedin-
gungen und wissenschaftliche Studien berücksichtigt. Ausgewählte Eckdaten zum hessischen Schulge-
schehen und wissenschaftliche Zugänge werden in Kapitel 3 dargestellt.
Die aus der Sekundärdaten-Analyse gewonnenen Informationen halfen zum einen bei der Erstellung
der Förderprogrammlogik für PuSch (vgl. Kapitel 4) und zum anderen bei der Konzeption von Erhe-
bungsinstrumenten (z. B. Klassenzimmer-Befragung, Interviewleitfäden).
2.2 Methoden zur Erhebung und Analyse von Primärdaten
Das ISG hat für die Evaluierung von PuSch sowohl quantitative als auch qualitative Daten erhoben.
Während quantitative Daten zuvorderst die Analyse personen- und schulübergreifender Sachverhalte
des Fördergeschehens ermöglichen (wie z. B. Wege der Einmündung der SuS in die PuSch-Klassen,
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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Zufriedenheit mit den Umsetzungsbedingungen sowie identifizierbare Nutzen- und Wirkungsas-
pekte), können qualitative Daten detailliertere und fallspezifischere Einsichten in die Förderung eröff-
nen. So lassen sich z. B. tieferliegende Mechanismen identifizieren, die die Programmumsetzung von
PuSch (potenziell) unterstützen oder beeinträchtigen (können).
Qualitative Experteninterviews: Begonnen wurde die Erhebung von Primärdaten Anfang 2017 mit einem
Experteninterview mit den Programmverantwortlichen des HKM. Das Gespräch diente dazu, erste de-
taillierte Informationen über die Entstehung, Funktionsweise, Zielsetzungen sowie Umsetzungser-
folge und -schwierigkeiten hinsichtlich der PuSch-Förderung zu gewinnen. Im weiteren Evaluierungs-
verlauf wurde Mitte 2018 ein zusätzliches Expertengespräch mit einem/r Vertreter/in der WIBank ge-
führt, die im Rahmen des ESF in Hessen für die Förderumsetzung zuständig ist. Durch das Gespräch
sollte eine weitere Perspektive zu vergleichbaren Inhaltsaspekten eingefangen werden. Beide Gesprä-
che wurden auf Basis von Interviewleitfäden geführt, aufgezeichnet und anschließend transkribiert
und inhaltsanalytisch ausgewertet. Auch die Informationen aus den Experteninterviews haben Ein-
gang in die Konzeption der Förderprogrammlogik (vgl. Kapitel 4) gefunden, da sie beim Nachvollzug
von Zielsetzungen und Wirkungszusammenhängen der Förderung halfen.
Qualitative Fallstudien: Fallstudien stellen eine Forschungsstrategie dar, die auf Basis vordefinierter
Erkenntnisinteressen den Anspruch einer möglichst umfassenden Betrachtung des Untersuchungs-
genstands haben (Ridder 2016; Yin 2014). Anhand von Fallstudien lassen sich detaillierte Informatio-
nen über vorab nach gewissen Kriterien selektierte Fälle gewinnen und deren qualitative Umsetzungs-
und Wirkungsmechanismen sowie Gelingensbedingungen und Hemmfaktoren nachvollziehen. Bei ei-
nem Mehrfallstudien-Design können zudem Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den ana-
lysierten Fällen herausgearbeitet werden. Zwischen Dezember 2017 und März 2018 konnten drei Fall-
studien durchgeführt werden. Die Fallauswahlkriterien bestanden u. a. in der Gebietsbeschaffenheit
(urbane/ländliche Gebiete), im Regierungsbezirk und den PuSch-Programmteilen (PuSch A/PuSch B).
Bei allen untersuchten Fällen handelte es sich um kooperierende Schulen, d. h. im Rahmen von PuSch
A arbeiteten allgemeinbildende und berufliche Schulen zusammen. Durch die Untersuchung konnten
u. a. vertiefte Einblicke in die Umsetzung von PuSch A- und PuSch B-Klassen sowie die Ausgestaltung
der Kooperationsbeziehungen zwischen den Schulen gewonnen werden. Gesprochen wurde jeweils
sowohl mit der Schulleitung und/oder PuSch-Koordination als auch mit dem/r Klassenlehrer/in und
der sozialpädagogischen Betreuung. Insgesamt konnten elf (Gruppen-) Gespräche an den Schulen
geführt werden. Zwischen November 2018 und Januar 2019 wurden fünf kürzere telefonische An-
schlussgespräche mit den Schulen geführt, um in zeitlich-dynamischer Perspektive qualitative Infor-
mationen über Erfolge, Umsetzungsschwierigkeiten und ggf. Veränderungen bzw. Anpassungen im
Verlauf der Umsetzung zu erheben. Insgesamt stützte sich die Fallstudienanalyse auf 16 Interviews
sowie die Auswertung der entsprechenden Projektanträge und projektbezogenen Monitoringdaten
(sog. Datentriangulation). Wie bei den Experteninterviews wurden alle Gespräche auf Basis von Inter-
viewleitfäden geführt, aufgezeichnet und letztlich transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet.
Standardisierte Klassenzimmer-Befragung: Die quantitative Klassenzimmer-Befragung wurde im März
2018 erstmalig ins Feld geführt. Alle hierfür notwendigen Vorbereitungen wurden eng mit dem HKM
und den Schulen abgestimmt. Die Erhebung wurde auf Basis einer Zweidrittel-Zufallsstichprobe der
ESF-Monitoringdaten durchgeführt und über die Schulen organisiert. Es wurden letztlich 29 von 40
PuSch A-Projekten und 23 von 34 PuSch B-Projekten für die Befragungsmitwirkung kontaktiert. Be-
fragt wurden dabei sowohl die Schüler/innen als auch das hauptverantwortliche Lehr- und Sozialpä-
dagogik-Personal, um beide Perspektiven gleichermaßen einfangen zu können. Im Rahmen von
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
5
PuSch A nahmen 66 % der Schulen an der Befragung teil. Auf der Ebene der SuS beziffert sich die
Rücklaufquote auf 46 %. Bei PuSch B beteiligten sich 95 % der kontaktierten Schulen. Hier beläuft sich
die Rücklaufquote auf der Ebene der SuS auf 47 %. Die Fragebögen der SuS wurden nur dann bei der
Auswertung berücksichtigt, wenn unterschriebene und eindeutig zuzuordnende Einverständniserklä-
rungen der SuS bzw. ihrer Erziehungsberechtigten vorlagen. Anhand der Klassenzimmer-Befragung
konnten übergreifende Informationen zu den Umsetzungsbedingungen und -erfolgen aus Sicht der
SuS (z. B. Klassenzimmeratmosphäre, Lernerfolge, Berufsorientierung, Zufriedenheit) und des Perso-
nals (z. B. Klassenzimmerzusammensetzung und -atmosphäre, Zusammenarbeit mit und Aufgaben
des sozialpädagogischen Personals, Zusammenarbeit zwischen den Schulen, Zufriedenheit) gewon-
nen werden.
CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS: Zwischen Mitte September und Anfang November 2018
ist eine computergestützte telefonische Verbleibsbefragung (sog. CATI-Befragung) von ehemaligen
PuSch-SuS durchgeführt worden. Es wurden dabei nur diejenigen Personen berücksichtigt, die zum
Befragungszeitpunkt im September 2018 seit mindestens einem Jahr aus der PuSch-Förderung aus-
getreten waren, ihre Einwilligung für Nachbefragungen gegeben haben und eine zumindest dem ers-
ten Anblick nach valide Telefonnummer zur Verfügung gestellt haben. Diese Kriterien erfüllten zum
damaligen Zeitpunkt insgesamt 951 ehemalige PuSch-SuS. Die Entscheidung für die Durchführungs-
variante „CATI“ fußte dabei auf mehreren Gründen: Eine postalische Durchführung und somit eigen-
ständige Bearbeitung des zugrundeliegenden Fragebogens durch die Befragten war aufgrund der Ab-
frageform des Verbleibs und der Filterführung keine praktizierbare Option. Auch eine filterautomati-
sierte Online-Befragung stellte keine Alternative dar, weil die verfügbaren Kontaktdaten der ehemali-
gen Teilnehmenden mit deutlich weniger E-Mail-Adressen als Telefon-Nummern gespeist gewesen
sind. Zudem hält sich die Teilnahmebereitschaft an online oder schriftlich ausfüllbaren Befragungen
bei der Zielgruppe grundsätzlich in Grenzen. Aus den genannten Gründen wurde letztlich die CATI-
Befragung als Erhebungsvariante präferiert.
Die Umsetzung der Befragung war allerdings mit Herausforderungen verbunden. Grund hierfür war
zuvorderst die mangelhafte Qualität der Kontaktdaten. Allein 416 ehemalige Teilnehmende fielen we-
gen fehlerhafter oder ungültiger Telefonnummern aus, was 44 % aller verfügbaren Kontakte reprä-
sentiert. Zusätzlich kamen 126 Fallverluste dadurch zustande, dass die Rufnummern dauerhaft nicht
erreichbar gewesen sind (z. B. dauerhafte Mail-Box, dauerhafter Anrufbeantworter, dauerhaftes Be-
setztzeichen). Bei 71 Kontakten gab es zwar ein Freizeichen, jedoch konnte nach insgesamt zehn Ver-
suchen keine Person erreicht werden. Somit konnten weitere 197 Kontakte während der Feldzeit nicht
erreicht werden, was 21 % aller zur Verfügung stehenden Kontakte gewesen sind. Insgesamt fielen
damit nahezu zwei Drittel (Anteil: 65 %) der Kontaktdatenbasis wegen falscher Telefonnummern oder
einer dauerhaften Nichterreichbarkeit weg. Es blieben letztlich 338 Kontakte übrig, von denen bei 136
Fällen ein Interview realisiert werden konnte. Auf Basis der telefonisch erreichten Kontakte beläuft
sich die bereinigte Rücklaufquote auf 40 %, was wiederum unter Berücksichtigung der Zielgruppe ei-
nen zufriedenstellenden Wert darstellt.
Die Ergebnisse der CATI-Verbleibsbefragung lieferten obgleich ihres vorsichtig zu interpretierenden
Aussagegehalts Informationen über den längerfristigen Verbleib ehemaliger SuS sowie den Nutzen
der PuSch-Beschulung für den darauffolgenden beruflichen oder schulischen Werdegang.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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3. Einordnung in den sozioökonomischen und wissenschaftlichen Kontext
3.1 Sozioökonomische Einordnung: Schul- und Übergangsgeschehen in Hessen
Damit eine Förderung hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Zielsetzung verstanden werden kann, ist
eine Einordnung in den sozioökonomischen Kontext erforderlich. Die nachfolgende Kontextualisie-
rung erfolgt auf Basis sozioökonomischer Daten zu den relevanten institutionellen Bereichen der
PuSch-Förderung: Während die PuSch A-Förderlinie dem allgemeinbildenden Schulsystem der Sekun-
darstufe I zuzuordnen ist, fällt die PuSch B-Förderlinie in den Übergangsbereich.
PuSch A-Klassen werden in Hauptschulen, Schularten mit mehreren Bildungsgängen sowie integrier-
ten Gesamtschulen (hier: nur einjährig) durchgeführt. Betrachtet man die Entwicklung der Zahlen der
SuS in der Sekundarstufe I in Abhängigkeit der Schulformen (vgl. Tabelle 1), so wird ersichtlich, dass
Hauptschulen (-15,0 %) eine sinkende und Schularten mit mehreren Bildungsgängen (+87,2 %) eine
steigende Bedeutung in den letzten Jahren erfahren haben. An integrierten Gesamtschulen hat sich
die Zahl der SuS im betrachteten Zeitraum leicht reduziert (-2,5 %).
Tabelle 1: Schüler/innen in Hessen nach Schularten der Sekundarstufe I und Schuljahren
Schularten der Sekundarstufe I 2013/2014 2015/2016 2017/2018 Veränderung 2017/2018
gegenüber 2013/2014
Schulartunabhängige Orientierungsstufe
(fünfte und sechste Klasse) 15.091 14.622 14.975 -0,8%
Hauptschulen* 22.841 20.357 19.415 -15,0%
Schularten mit mehreren Bildungsgängen* 3.472 5.500 6.501 +87,2%
Realschulen 77.375 69.184 64.926 -16,1%
Gymnasien 122.582 124.485 129.341 +5,5%
Integrierte Gesamtschulen* 67.701 66.324 66.038 -2,5%
Freie Waldorfschulen 2.724 2.729 2.703 -0,8%
Abendhauptschulen 214 303 421 +96,7%
Abendrealschulen 1.973 2.005 1.699 -13,9%
insgesamt 313.973 305.509 306.019 -2,5%
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 1, verschiedene Jahrgänge. Eigene Berechnungen. *Schularten der Sekun-
darstufe I, an denen PuSch A-Klassen eingerichtet worden sind.
Eine Besonderheit des hessischen Bildungssystems ist u. a. die Einführung von Mittelstufenschulen,
an denen im Rahmen des praxisorientierten Bildungsgangs der Hauptschulabschluss und im Rahmen
des mittleren Bildungsgangs die mittlere Reife erworben werden kann. Der praxisorientierte Bildungs-
gang weist dabei konzeptionell recht starke Parallelen zur PuSch A-Förderung auf. Die Aufnahme von
Mittelstufenschulen in das Regelangebot der Sekundarstufe I ist u. a. Konsequenz des vorausgegan-
genen Förderprogramms SchuB gewesen. Im Unterschied zu PuSch A werden die SuS an Mittelstu-
fenschulen jedoch ab der fünften Klasse unterrichtet. PuSch A greift prinzipiell erst ab der achten oder
neunten Klasse und ist somit anders als die Mittelstufenschule kein frühpräventives Schulangebot.
PuSch A-Klassen können nicht an Mittelstufenschulen eingerichtet werden.
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Abschlussquoten allgemeinbildender Schulen in Hessen. Im
Jahr 2017 verblieben 4,9 % aller Schulabgänger/innen ohne einen Hauptschulabschluss. Auf der
Ebene des gesamten Bundesgebiets lag die Quote bei 6,3 %. Im Vergleich zum Basisjahr 2013 kann in
Hessen ein Anstieg in Höhe von 0,8 Prozentpunkten konstatiert werden. Sowohl zwischen den Ge-
schlechtern als auch bezüglich der Staatsangehörigkeit können ausgeprägte Differenzen beobachtet
werden. Zum einen verblieben Männer (Quote: 5,7 %) wesentlich häufiger als Frauen (Quote: 3,9 %)
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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ohne erfolgreichen Abschluss, zum anderen beendeten Ausländer/innen (Quote: 10,3 %) ihre Schul-
laufbahn auffallend häufiger ohne Hauptschulabschluss als Personen mit deutscher Staatsangehörig-
keit (Quote: 4,1 %). Die Quote fällt bei ausländischen Jugendlichen mehr als doppelt so hoch aus wie
bei deutschen Jugendlichen. Rekurriert man auf die absolute Zahl aller Personen ohne Schulab-
schluss, so handelte es sich im Jahr 2017 bei 26,1 % um ausländische und bei 60,5 % um männliche
Jugendliche.
Tabelle 2: Abschlussquoten an allgemeinbildenden Schulen in Hessen, 2013-2017
Art des Abschlusses 2013 2015 2017 Veränderung
2017/2013
ohne erfolgreichen Abschluss der Hauptschule 4,1% 4,1% 4,9% +0,8 PP
…Männer 4,8% 5,0% 5,7% +0,9 PP
…Frauen 3,3% 3,1% 3,9% +0,6 PP
…Deutsche 3,3% 3,5% 4,1% +0,8 PP
…Ausländer/innen 9,7% 8,1% 10,3% +0,6 PP
erfolgreicher Abschluss der Hauptschule 15,8% 15,6% 18,7% +2,9 PP
…Männer 18,6% 18,1% 21,9% +3,3 PP
…Frauen 12,9% 13,0% 15,4% +2,5 PP
…Deutsche 14,3% 14,2% 16,9% +2,6 PP
…Ausländer/innen 27,0% 25,2% 31,9% +4,9 PP
Mittlerer Schulabschluss 41,4% 44,6% 43,5% +2,1 PP
…Männer 42,0% 45,1% 43,7% +1,7 PP
…Frauen 40,8% 44,1% 43,4% +2,6 PP
…Deutsche 40,7% 43,7% 43,8% +3,1 PP
…Ausländer/innen 46,6% 50,6% 41,5% -5,1 PP
(Fach-)Hochschulreife 38,8% 35,8% 32,9% -5,9 PP
…Männer 34,6% 31,8% 28,7% -5,9 PP
…Frauen 43,0% 39,8% 37,3% -5,7 PP
…Deutsche 41,7% 38,7% 35,2% -6,5 PP
…Ausländer/innen 16,8% 16,1% 16,3% -0,4 PP
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 1, verschiedene Jahrgänge. Eigene Berechnungen.
Im Jahr 2017 erlangten 18,7 % aller Jugendlichen einen Hauptschulabschluss. Auf der Bundesebene
fiel der Anteil der Hauptschulabsolventen/innen mit 16,2 % etwas niedriger aus. In Hessen hat sich
der Quotenwert im Vergleich zu 2013 leicht erhöht (+2,9 Prozentpunkte). Auch in diesem Abschluss-
bereich sind nennenswerte geschlechtsspezifische Differenzen erkennbar. Bei Männern lag die Quote
bei 21,9 %, bei Frauen bezifferte sich der entsprechende Anteil lediglich auf 15,4 %. Noch stärker aus-
einander fallen die Quotenwerte zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen: Während der
Anteilwert unter den deutschen Jugendlichen bei 16,9 % lag, belief er sich bei ausländischen Jugend-
lichen auf 31,9 %. Der Quotenwert ist folglich fast doppelt so hoch. Wie bei den Schulabgängern/innen
ohne Hauptschulabschluss sind die Quotenwerte in den letzten Jahren bei allen betrachteten Perso-
nengruppen angestiegen, wobei die Erhöhung unter den ausländischen Jugendlichen mit einem Plus
in Höhe von 4,9 Prozentpunkten am kräftigsten ausgefallen ist. Bezogen auf die Zahl aller hessischen
Schulabsolventen/innen mit Hauptschulabschluss lag der Anteil der Personen mit nicht-deutscher
Staatsangehörigkeit bei 21,0 %. Zudem waren 60,0 % männlichen Geschlechts.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
8
Im Jahr 2017 beendeten 43,5 % aller Jugendlichen die allgemeinbildende Schule mit einem mittleren
Schulabschluss (Bundesgebiet: 42,9 %). Gegenüber dem Jahr 2013 hat sich die Quote um 2,1 Prozent-
punkte erhöht. Bei dieser Abschlussform lassen sich keine nennenswerten Differenzen zwischen
Männern und Frauen sowie deutschen und ausländischen Jugendlichen konstatieren.
Rund ein Drittel der Absolventen/innen erwarben im Jahr 2017 die (Fach-)Hochschulreife und somit
die Berechtigung zur Aufnahme eines Studiums (Quote: 32,9 %; Bundesgebiet: 34,6 %). Der Vergleich
mit 2013 hat wegen der damaligen doppelten Abiturjahrgänge kaum Aussagekraft. Gegenüber 2015
hat sich die Quote um 2,9 Prozentpunkte reduziert. Bezüglich dieser Abschlussart fallen die Differen-
zen zwischen den betrachteten Gruppen wiederum sehr hoch aus. Frauen erwarben die (Fach-) Hoch-
schulreife deutlich häufiger als Männer (Quoten: 37,3 % gegenüber 28,7 %). Dieselbe Aussage trifft
auch bei einer Gegenüberstellung von deutschen und ausländischen Jugendlichen zu, wobei die Un-
terschiede noch stärker ausgeprägt gewesen sind (Quoten: 35,2 % gegenüber 16,3 %).
Insgesamt kann festgehalten werden, dass männliche und zuvorderst nicht-deutsche Jugendliche im
Schulsystem Hessens (und anderer Bundesländer) vergleichsweise benachteiligte Gruppen sind.
Tabelle 3: Verbleib der Schüler/innen nach Verlassen der allgemeinbildenden Schulen, 2013-2017
Zielbereiche 2013 2015 2017 Veränderung
2017/2013
Verbleib: insgesamt
Zielbereich I: Berufsabschluss 16,4% 14,8% 14,6% -1,8PP
Zielbereich II: Hochschulreife 57,2% 62,1% 58,0% +0,8PP
Zielbereich III: Übergangsbereich 14,0% 11,2% 13,1% -0,9PP
Unbekannte Übergänge 12,4% 11,9% 14,3% +1,9PP
Verbleib: ohne Hauptschulabschluss
Zielbereich I: Berufsabschluss 5,7% 4,8% 4,8% -0,9PP
Zielbereich II: Hochschulreife - - -
Zielbereich III: Übergangsbereich 51,4% 49,0% 51,5% +0,1PP
Unbekannte Übergänge 42,9% 46,2% 43,7% +0,8PP
Verbleib: mit Hauptschulabschluss
Zielbereich I: Berufsabschluss 21,4% 21,8% 20,2% -1,2PP
Zielbereich II: Hochschulreife 11,7% 12,7% 7,3% -4,4PP
Zielbereich III: Übergangsbereich 50,2% 46,1% 47,1% -3,1PP
Unbekannte Übergänge 16,8% 19,5% 25,4% +8,6PP
Verbleib: mit Realschulabschluss/mittlerem Schulabschluss
Zielbereich I: Berufsabschluss 28,8% 25,0% 24,1% -4,7PP
Zielbereich II: Hochschulreife 49,4% 55,8% 55,9% +6,5PP
Zielbereich III: Übergangsbereich 5,0% 4,1% 3,7% -1,3PP
Unbekannte Übergänge 16,8% 15,1% 16,3% -0,5PP
Verbleib: Übergänge in die gymnasiale Oberstufe
Zielbereich I: Berufsabschluss - - - -
Zielbereich II: Hochschulreife 100,0% 100,0% 100,0% -
Zielbereich III: Übergangsbereich - - - -
Unbekannte Übergänge - - - -
Quelle: Eigene Darstellung anhand von Daten des Hessischen Statistischen Landesamts (2018a) auf Basis der integrierten Aus-
bildungsberichterstattung (iABE): „Verbleib der Schüler nach Verlassen der allgemeinbildenden Schulen (ohne Sek II)“; verschie-
dene Jahre.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
9
Zu den jährlichen Veröffentlichungen des Statistischen Landesamts Hessens zählen auch Daten zum
Verbleib von SuS unmittelbar nach Durchlaufen der allgemeinbildenden Schule. In Tabelle 3 ist der
Verbleib nach Zielbereichen für den Zeitraum von 2013 bis 2017 abgetragen. 14,6 % aller in 2017
schulentlassenen Jugendlichen mündeten in eine betriebliche oder schulische Ausbildung ein (Berufs-
abschluss). Mehr als die Hälfte der Jugendlichen verblieben in der Sekundarstufe II zwecks Erwerbs
der Hochschulreife (Anteil: 58,0 %). In den Übergangsbereich mündeten 13,1 % aller Jugendlichen ein.
Einen unbekannten Verbleibstatus hatten 14,3 % der Personen. Zwischen 2013 und 2017 sind die
Anteilswerte recht stabil geblieben. Wenig überraschend hängt der Verbleib der Schulentlassenen
stark vom erreichten Schulabschluss ab. Es kann beobachtet werden, dass primär Jugendliche ohne
Schulabschluss (Anteil: 51,5 %) und mit Hauptschulabschluss in den Übergangsbereich (Anteil: 47,1 %)
einmünden. Bei beiden Gruppen verbleibt etwa jede/r zweite/r Jugendliche/r in Maßnahmen des
Übergangsbereichs. Zu berücksichtigen ist, dass der Verbleib bei Jugendlichen ohne Schulabschluss
oftmals nicht bekannt ist. Hierbei kann vermutet werden, dass die betreffenden Personen zu einem
späteren Zeitpunkt in das Übergangssystem einmünden und die entsprechende Quote daher höher
ausfällt als es die statische bzw. jahresbezogene Ausweisung anzeigt. Personen mit mittlerem Ab-
schluss verbleiben deutlich seltener als Personen mit und ohne Hauptschulabschluss in Maßnahmen
des Übergangssystems. Über die Hälfte der Personen mit mittlerer Reife strebte den Erwerb der
(Fach-)Hochschulreife an.
Tabelle 4: Anfänger/innen im hessischen (Aus-)Bildungssystem nach Schulabschluss, 2017
Zielbereich ohne HSA mit HSA
mit mittle-
rem Schul-
abschluss
mit (Fach-)
Hoch-
schulreife
unbe-
kannt insgesamt
Zielbereich I: Berufsabschluss 1.556 10.268 23.705 13.576 - 49.105
...Betriebliche Ausbildung 1.555 8.482 15.128 11.016 - 36.181
...Schulische Ausbildung 1 1.786 8.577 2.560 - 12.924
Zielbereich II: Hochschulreife - 14.151 24.049 15 14 38.229
Zielbereich III: Übergangsbereich 2.917 8.148 2.395 222 3.941 17.623
Schulabschluss: Zweijährige Berufsfach-
schulen - 3.684 14 - - 3.698
Anrechenbarkeit: insgesamt 218 464 1.052 141 135 2.010
...Einjährige höhere Berufsfachschule - - 741 4 - 745
...BGJ kooperativer Form, vollschulisch 4 26 16 7 11 64
...BGJ kooperativer Form 9 77 92 28 46 252
...Einstiegsqualifizierung (EQ) 205 361 203 102 78 949
keine Anrechenbarkeit: insgesamt 2.699 4.000 1.329 81 3.806 11.915
...Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung in
Vollzeit* 1.153 776 20 - 1.278 3.227
...Schüler/innen nichtdeutscher Herkunfts-
sprache / InteA - 1 - - 2.071 2.072
...Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung in
Teilzeit (ohne MN der Arbeitsverwaltung) 463 157 84 4 174 882
...Berufsfachschulen zum Übergang in Aus-
bildung (BÜA) 317 1.667 153 - 257 2.394
...Berufsvorbereitende Bildungsmaßnah-
men der BA 766 1.399 1.072 77 26 3.340
Anfänger/innen insgesamt 4.473 32.567 50.149 13.813 3.955 104.957
Anteil der Personen, die in den Übergangs-
bereich eingemündet sind 65,2% 25,0% 4,8% 1,6% 99,6% 16,8%
Quelle: Eigene Darstellung anhand von Daten des Hessischen Statistischen Landesamts (2018b) auf Basis der integrierten Aus-
bildungsberichterstattung (iABE): „Anfängerinnen und Anfänger 2017 nach schulischer Vorbildung“. *Die PuSch B-Förderlinie
zählt zu den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung in Vollzeit.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
10
Die Statistik zu Anfängern/innen im Übergangsbereich bekräftigt, dass eine Einmündung in Maßnah-
men des Übergangssystems umso wahrscheinlicher ist, je niedriger das Bildungsniveau ausfällt (vgl.
Tabelle 4). Im Jahr 2017 partizipierten etwa 2.900 Personen ohne Hauptschulabschluss erstmalig an
einer Maßnahme im Übergangsbereich. Die Zahl repräsentiert annähernd zwei Drittel aller Anfän-
ger/innen ohne Hauptschulabschluss (Anteil: 65,2 %). Jugendliche mit Hauptschulabschluss münden
ebenfalls relativ häufig in das Übergangssystem ein. Absolut betraf dies 8.100 Jugendliche, was genau
ein Viertel aller Anfänger/innen mit Hauptschulabschluss im Jahr 2017 gewesen sind (Anteil: 25,0 %).
Jugendliche mit mittlerem Schulabschluss und (Fach-)Hochschulreife münden dagegen lediglich in
Ausnahmefällen in das Übergangsystem ein.
Zusätzlich zur schulischen Bildung zählen das Geschlecht und die Staatsangehörigkeit der Jugendli-
chen zu den ausschlaggebenden Faktoren für die Art der Einmündung in das (Aus-)Bildungssystem.
Bezüglich des Geschlechts fällt auf, dass zum Stand 2017 knapp zwei Drittel aller Anfänger/innen im
Übergangsbereich Männer gewesen sind (Anteil: 62,8 %). In keinem anderen Zielbereich des Über-
gangssystems fällt das Geschlechterverhältnis derart unausgewogen aus. Diese Verteilung resultiert
daraus, dass Männer deutlich häufiger in das Übergangssystem einmünden als Frauen: Während un-
ter den Männern jede fünfte Person in eine Maßnahme des Übergangsbereichs eingemündet ist (An-
teil: 19,8 %), traf dies bei den Frauen „nur“ auf knapp jede achte Person zu (Anteil: 13,3 %) (Hessisches
Statistisches Landesamt 2018c). Zwischen deutschen und nicht-deutschen Jugendlichen fallen die Dif-
ferenzen noch größer aus. Mehr als jede/r dritte ausländische Anfänger/in verblieb im Jahr 2017 in
einer Maßnahme des Übergangsbereichs. Bei den deutschen Jugendlichen belief sich der Anteil da-
gegen „lediglich“ auf 12,6 %. Gemessen an allen Anfängern/innen im Übergangssystem besaßen
38,1 % der Jugendlichen keine deutsche Staatsangehörigkeit. Das bedeutendste Angebot für auslän-
dische Anfänger/innen stellten innerhalb des Übergangsbereichs „InteA-Intensivklassen“ für den Er-
werb der deutschen Sprache dar, gefolgt von Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung in Vollzeit. Vor
dem Hintergrund des starken Zuzugs geflüchteter Personen ist die Zahl der ausländischen Anfän-
ger/innen insbesondere 2016 (absolute Zahl: 11.437) gegenüber 2015 (absolute Zahl: 6.796) stark an-
gestiegen. Im Jahr 2017 hat sich die Zahl wieder normalisiert (Hessisches Statistisches Landesamt
2018d).
Der Programmteil PuSch B fällt mit seiner Zielgruppe in den Übergangsbereich und wird zu den –
nicht für darauffolgende berufliche Ausbildungen anrechenbaren – Bildungsgängen zur Berufsvorbe-
reitung in Vollzeit gezählt (HMWEVL 2018: 26). Sie spielen innerhalb des hessischen Übergangssys-
tems eine relativ tragende Rolle und richten sich zuvorderst an Jugendliche, die das 18. Lebensjahr
noch nicht überschritten, keinen oder nur einen schwächeren Hauptschulabschluss und noch keinen
Ausbildungsplatz gefunden haben. Im Jahr 2017 wurden im entsprechenden Maßnahmentyp knapp
3.300 Anfänger/innen verbucht. Ohne Berücksichtigung der Personen mit unbekanntem Schulab-
schluss hatten sechs von zehn Anfängern/innen von Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung in Voll-
zeit noch keinen Schulabschluss erreichen können (Anteil: 59,2 %). Zudem handelte es sich bei den
betreffenden Personen zu zwei Dritteln um Männer (Anteil: 64,4 %) und zur Hälfte um Ausländer/in-
nen (Anteil: 49,9 %).
Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass sich vor allem das Geschlecht und die Staatsangehörigkeit
als wirkkräftige sozioökonomische Merkmale für den Schulerfolg und die Einmündung in das darauf-
folgende (Aus-)Bildungssystem erweisen und eine enge institutionelle Kopplung zwischen dem allge-
meinbildenden Schul- und weiterführenden (Aus-)Bildungssystem besteht. Obwohl sich die Lage auf
dem hessischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt für Jugendliche in den letzten Jahren insgesamt etwas
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
11
entspannt hat, stellt der Übergang von der Schule in den Beruf insbesondere für männliche, auslän-
dische und bildungszertifikatsarme Personen (kein oder vergleichsweise schwacher Hauptschulab-
schluss) eine Herausforderung dar. Infolge eines möglichst erfolgreichen Erwerbs (PuSch A) bzw.
Nachholens (PuSch B) eines Hauptschulabschlusses soll die PuSch-Förderung dazu beitragen, dass
die Jugendlichen die Herausforderungen beim Übergang bewältigen können.
3.2 Wissenschaftliche Einordnung: Ursachen und Vermeidung von Schulabbruch
Wie bereits eingangs dieses Berichts betont worden ist, reduziert Bildungsarmut die lebensverlaufs-
bezogenen Partizipations- und Verwirklichungschancen von betroffenen Personen beträchtlich. Zu
den negativen Konsequenzen zählen z. B. ein stark erhöhtes (Langzeit-)Arbeitslosigkeitsrisiko, gerin-
gere Einkommenserzielungs- sowie gesellschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten, ein geringeres sub-
jektives Wohlbefinden sowie gesundheitsrisikobehaftete Lebensumstände und -weisen (Quenzel/
Hurrelmann 2019: 13-20). In ihrer stärksten Ausprägung ist Bildungsarmut als fehlender Schulab-
schluss bzw. Schulabbruch (sog. „dropout“) definiert. Da Schulabbruch in Deutschland während der
Pflichtschulzeit gesetzlich nicht möglich ist, bezieht sich der Begriff „Schulabbruch“ im deutschen Kon-
text auf einen fehlenden Schulabschluss im Anschluss an die obligatorische Schulzeit (Hadjar et al.
2019: 183-186). Während die Vermeidung von Schulabbruch das zentrale Ziel von PuSch A ist, erhalten
Schulabbrecher/innen im Rahmen von PuSch B die Chance auf einen nachträglichen Erwerb des
Schulabschlusses. Um die Förderung und die Evaluationsergebnisse besser einordnen zu können,
wird nachfolgend kurz auf ausgewählte wissenschaftliche Zugänge und Erkenntnisse zu den Ursachen
und zur Vermeidung von Schulabbruch eingegangen.
Selten ist das Einwirken eines einzelnen Risikofaktors ursächlich für Schulabbrüche. Vielmehr sind sie
im Regelfall die Konsequenz der Kumulation verschiedener Risikofaktoren und Ressourcendefizite
(Hennemann et al. 2010; Seeliger 2016: 55-57; Stamm 2007). (Potenzielle) Schulabbrecher/innen stel-
len daher keine homogene Gruppe dar. Zumeist werden die Ursachen für Schulabbruch anhand ver-
schiedener Ebenen differenziert. Gängig ist z. B. die Unterteilung zwischen nicht-schulischen und
schulischen Faktoren (Gerhartz-Reiter 2017: 61-126) oder zwischen der Makroebene (gesellschaftli-
che, politische und ökonomische Rahmenbedingungen), Mesoebene (Schulformen, Schulklima, Un-
terrichtsgestaltung) und Mikroebene (Schüler/in, Lehrpersonen, Eltern, Freundeskreis) (Hadjar et al.
2019: 183-184). Am überzeugendsten kann Leistungsschwäche und Schulabbruch(-sgefährdung) an-
hand des Zwischenspiels von Faktoren der schulischen Meso- und individuellen bzw. familiären Mik-
roebene erklärt werden (Hadjar et al. 2019: 183-191; Sandring 2013: 25).
Die wesentlichen Ausgangs- und Bezugspunkte der Erforschung der individuellen Ebene stellen in der
Bildungsungleichheitsforschung zumeist ressourcen- und sozialisationstheoretische Ansätze dar.
Ressourcentheoretische Erklärungsmodelle gehen allgemein davon aus, dass der Schulerfolg einer
Person von deren Ausstattung mit unterschiedlichen Ressourcen- bzw. Kapitalarten erklärt werden
kann. Im Kindes- und Jugendalter entscheidet dabei insbesondere die familiäre Herkunft über die
Verteilung wichtiger Ressourcen. Eine in der Bildungsforschung weit verbreitete Unterteilung stammt
von Bourdieu (1983), der zwischen ökonomischen (z. B. finanzielle Mittel zur Finanzierung von Nach-
hilfe oder Hobbies, Ausstattung mit Materialien), kulturellen (z. B. elterliche Bildungsnähe/-aspiratio-
nen und Erziehungsstile, Bücher im Haushalt) und sozialen (z. B. Eltern, Freunde und weitläufigere
Unterstützungsnetzwerke) Ressourcen- bzw. Kapitalarten differenziert. Die Ursachen für ausblei-
bende oder nur schleppend einsetzende Lernerfolge sind in dieser Lesart in einer insgesamt zu defi-
zitären Ausstattung mit wichtigen Ressourcen zu suchen. Folglich steigt die Wahrscheinlichkeit eines
Schulabbruchs – insbesondere bei einer nicht erfolgenden Kompensierung der Defizite – mit dem
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
12
Mangel an Ressourcen (Gerhartz-Reiter 2017: 65-96). Hiermit eng in Zusammenhang stehen soziali-
sationstheoretische Erklärungsansätze, die inner- und außerfamiliären Erfahrungen im Lebensverlauf
eine hohe Bedeutung für das Zurechtfinden einer Person im Schulsystem beimessen. In Abhängigkeit
der familiären und außerfamiliären Sozialisationsbedingungen bildet die Person unterschiedliche Hal-
tungen und Einstellungen gegenüber der Schule aus, die sich z. B. im Lernverhalten und sozialen Ver-
halten in und außerhalb der Schule niederschlagen. Bourdieu (1987) hat für solche herkunfts- und
sozialisationsabhängigen Einstellungs- und Verhaltensmuster den Begriff des Habitus eingeführt. Die
Entwicklung des Habitus wird wiederum stark von der Ausstattung mit ökonomischen, kulturellen und
sozialen Ressourcen beeinflusst. Unterschiedliche Schulerfolge sind dabei letztlich als Konsequenz
unterschiedlicher Passungsverhältnisse interpretierbar: Je weiter der familiäre Herkunftshabitus (so-
wie die hiermit verbundene Ressourcenausstattung) und der institutionell erwünschte Schulhabitus
(sowie die in der Schule vorausgesetzte Ressourcenausstattung) auseinanderliegen, desto wahr-
scheinlicher sind schulische Entfremdungsprozesse und Misserfolgserfahrungen (Budde 2013: 24-27;
Hadjar et al. 2019: 193; Hummrich/Kramer 2017: 89-97).
Vor dem Hintergrund der Bedeutung ressourcen- und sozialisationstheoretischer Modelle verwun-
dert es kaum, dass auch die einschlägige Schulabstinenz- und -abbruchsforschung insbesondere die
familiäre Herkunft von Jugendlichen als wesentliche Erklärungsvariable anführt. So gelten z. B. auf
Seite der Eltern ein niedriger sozioökonomischer Status, ein geringes Bildungsniveau, eine geringe
Bildungserwartungshaltung, eine fehlende Zuneigung und Unterstützung sowie eine fehlende Einbin-
dung in schulische Belange als wesentliche Risikofaktoren für Schulabbrüche. Daneben zählen auf
Seite der Jugendlichen eine fehlende Motivation, ein Fehlen von Freundschaften oder eine Einbindung
in problembehaftete und somit deviante Verhaltensweisen befördernde Freundeskreise (Risiko-
Peers), Alkohol- und Drogenkonsum sowie delinquente Handlungen zu weiteren Risikofaktoren für
Schulabbrüche (Geis/Schröder 2016; Hadjar et al. 2019: 194-197; Hennemann et al. 2010; Ricking et
al. 2009; Seeliger 2016: 55-57). Bekannt ist des Weiteren, dass Männer stärker von schwachen Schul-
leistungen und Schulabbruch betroffen sind als Frauen (Hadjar 2011; Hadjar/Lupatsch 2010: 602-603;
Sandring 2013: 19-22). Bei Personen mit Migrationshintergrund ist die Befundlage hingegen kompli-
zierter: Nicht der Migrationshintergrund an sich, sondern der familiäre sozioökonomische Status, die
innerfamiliäre Kommunikation (Sprache) und der elterliche Erziehungsstil scheinen als Variablen re-
levant zu sein für die Erklärung von Bildungsungleichheiten zwischen Personen mit und ohne Migra-
tionshintergrund (Hadjar et al. 2019: 194-195). Als erste offensichtliche Anzeichen für eine Schulabb-
ruchsgefährdung gelten vor allem hohe Fehlzeiten (Schulabstinenz), eine fehlende Disziplin und Mit-
wirkung im Unterricht, schlechte Schulleistungen sowie Klassenwiederholungen und häufige Schul-
wechsel (Hennemann et al. 2010; Ricking et al. 2009; Stamm 2007). Die zuletzt genannten Faktoren
treten dabei selten grundlos ein, sondern haben in aller Regel – wie die exemplarische Darlegung von
Risikofaktoren gezeigt hat – tieferliegende Ursachen.
Da Schulabbruch als die Letztkonsequenz der Ablehnung des Schulkontextes interpretiert werden
kann, dem zumeist ein langwieriger emotionaler Entfremdungsprozess mit etwaigen Misserfolgser-
fahrungen sowie Rückzugs- und Verweigerungshandlungen vorausgegangen ist (Hadjar et al. 2010:
228-229; Hadjar 2019: 190-191; Hennemann et al. 2010), gilt es als überholt, die Ursachen für Schul-
abbruch ausschließlich bei der einzelnen Person (und deren familiären Herkunft) zu suchen (Stamm
2007). Familiäre und schulische Sozialisationsprozesse stehen generell in einem dynamischen Wech-
selverhältnis zueinander, aus welchem mehr oder weniger gute Passungsverhältnisse resultieren
können (Gerhartz-Reiter 2017: 120; Hurrelmann/Wolf 1986: 23-26; Sandring 2013: 23-25). Während
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
13
sich der familiäre Herkunftshabitus einer Person kaum von außen beeinflussen lässt, kann der insti-
tutionell verlangte Schulhabitus angepasst werden, indem z. B. das Schulsystem inklusiver ausgestal-
tet, zusätzliche Unterstützungsangebote bereitgestellt werden oder der Betreuungsschlüssel im Un-
terricht erhöht wird. Neben individuellen Faktoren beeinflussen demnach auch Schul- und Klassen-
umfelder (Faktoren der Mesoebene) den Schulerfolg von Jugendlichen (Gerhartz-Reiter 2017: 96-116).
Aus ihnen ergeben sich für SuS sowohl Opportunitäten als auch Limitationen für den Zugang zu und
die Ausbildung von Ressourcen (Hadjar 2019: 191-194), womit automatisch auch die Präventionsmög-
lichkeiten von Schulabbruch angesprochen werden. In der hier dargelegten theoretischen Perspektive
besteht die Aufgabe von Schule im Wesentlichen darin, ein möglichst gutes Passungsverhältnis zwi-
schen den Bedürfnissen der SuS und dem Schul- und Klassenumfeld herzustellen, so dass die Kom-
pensation von Ressourcendefiziten bzw. die Entwicklung und Stärkung von Ressourcen bei den SuS
in den Vordergrund treten. Auch wenn die einschlägige Forschung teilweise uneinheitliche und wider-
sprüchliche Ergebnisse produziert hat, kristallisiert sich heraus, dass ein lernförderliches und wert-
schätzendes Schul- und Klassenzimmerklima, positive Beziehungen zwischen SuS und den Lehrkräf-
ten sowie zwischen SuS, ausgeprägte sozialpädagogische Unterstützungsleistungen (z. B. unabhän-
gige Bezugspersonen, sozialpädagogisches Personal im Unterricht), zusätzliche Lernhilfen (z. B. Nach-
hilfeprogramme, Hausaufgabenhilfen), die Intensivierung der Elternarbeit, die Einbindung lokaler Ak-
teure (z. B. Beratungsstellen, Betriebe) sowie nachvollziehbare Disziplinierungs- und Sanktionsinstru-
mente im Unterrichtskontext zu den Faktoren gehören, die das Risiko von Bildungsarmut und Schul-
abbruch reduzieren können (Gerhartz-Reiter 2017: 116-122; Hadjar 2019: 200-201; Seelinger 2013:
38-54; Tippelt 2011: 148-150). Da es sich bei PuSch nicht um ein früh-, sondern um ein spätpräventives
Angebot am Ende der (PuSch A) oder im Anschluss an die (PuSch B) Regelschulzeit handelt, kann da-
von ausgegangen werden, dass viele SuS in den PuSch-Klassen zuvor bereits schulische Misserfolge
erfahren haben und negative Assoziationen mit der Schule verbinden. Daher nimmt insbesondere die
Herbeiführung einer positiven Lerneinstellung und Erwartungshaltung bei den SuS eine wichtige Rolle
ein. Vor dem Hintergrund der kurzen theoretischen Einordnung kann folgende Annahme formuliert
werden: PuSch ist umso erfolgreicher, je besser das Passungsverhältnis zwischen den Problemlagen
der SuS sowie den sich hieraus resultierenden Förderbedürfnissen und den Schul- bzw. Unterrichts-
bedingungen der PuSch-Klassen ausfällt.
4. Förderprogrammlogik von Praxis und Schule
Eine Programmlogik stellt die Grundlage sog. theoriebasierter Wirkungsevaluationen dar. Mit ihrer
Hilfe wird die Förderung als Evaluationsgegenstand konzeptionell umrissen und bezüglich formulier-
ter Zielsetzungen und unterstellter Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in temporär bzw. logisch auf-
einanderfolgende Phasen gegliedert. In der Programmlogik von PuSch wird zwischen den Phasen der
für die Förderung bereitgestellten „Ressourcen/Inputs“, der mit den Inputs umgesetzten „Aktivitä-
ten/Maßnahmen“, der unmittelbar produzierten „Outputs“, der bei der Zielgruppe in kurz- bis mittel-
fristiger Hinsicht identifizierbaren „Ergebnisse/Outcomes“ sowie der sich möglicherweise langfristig
durch die Förderung angestoßenen „Impacts“ differenziert (vgl. Abbildung 1). Eine Programmlogik ob-
liegt der generellen Annahme, dass der Gesamterfolg einer Förderung vom Einwirken der jeweils vor-
gelagerten Phase(n) abhängig ist. Im Zuge der Evaluation wird jede einzelne Phase anhand von primär
erhobenen und/oder sekundär bezogenen Daten beleuchtet, um eine möglichst stichhaltige Bewer-
tung des Fördergeschehens abgeben zu können. Prinzipiell steht die Frage im Vordergrund, warum,
wie und für wen die Intervention (nicht) wirkt und welche Faktoren und Bedingungen die (ggf. ausblei-
benden) Erfolge der Intervention beeinflussen. Zu berücksichtigen ist, dass langfristige Veränderun-
gen („Impacts“) im Gegensatz zu Veränderungen auf der Output- und Outcome-Dimension in aller
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
14
Regel lediglich indizienhaft mit der Interventionsmaßnahme in einen kausalen Zusammenhang ge-
bracht werden können.
Abbildung 1: Förderprogrammlogik von PuSch
Darstellung in Anlehnung an W.K. Kellog Foundation (2004).
Quelle: HMSI (2014): Operationelles Programm des Landes Hessen für den Europäischen Sozialfonds in der Förderperiode 2014 bis
2020; HKM (2019): Förderleitlinie „Praxis und Schule“ (PuSch) (verschiedene Zeitpunkte); Projektantragsanalyse; ISG-Experteninterviews.
Ak
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Ergebnisindikator: Jugendliche, die nach Ihrer Teilnahme einen (qualifizieren-
den) Hauptschulabschluss erreicht haben (Zielwert: 60 %)
Re
ssou
rce
n/
Inp
uts
PuSch-A-Klassen:
• 13 bis 18 Schüler/innen je Klasse
• Ein- oder zweijährige Durchführung
• Unterricht an allgemeinbildender
und beruflicher Schule
Outputindikator: Zahl der in PuSch-Klassen unterrichteten Jugendlichen (Ziel-
wert 2023: 6.000 Teilnehmende / Etappenziel 2018: 3.000 Teilnehmende)
PuSch-B-Klassen:
• 9 bis 16 Schüler/innen je Klasse
• Einjährige Durchführung
• Unterricht ausschließlich an berufli-
cher Schule
ESF-Mittel: insgesamt rund 18,86 Mio. Euro
• geplant: 50/50-Aufteilung zwischen PuSch-A und PuSch-B
• Verwendung der ESF-Mittel ausschließlich für sozialpädagogische Begleitung
• Zeitumfang: regulär 10 Zeitstunden bzw. eine Viertelstelle; Ausnahme: 20 Zeitstun-
den bzw. halbe Stelle bei PuSch A mit einjähriger Laufzeit
Zusätzliche Landesmittel über Schulbudget
• z. B. Pauschale in Höhe von 50 Euro pro Schüler/in
Ko-Finanzierung: für PuSch aufgewendete Lehrerstunden
Strukturelle Ressourcen
• z. B. historisch gewachsene Beziehungen zwischen Schulen und mit Betrieben
Kontextfaktoren
Erfahrungen aus der
Umsetzung der vergan-
genen Förderperiode
2007-2013 (SchuB und
EIBE)
Lokale Schullandschaft
(z. B. räumliche Nähe
zwischen abgebenden
und aufnehmenden
Schulen sowie zwischen
allgemeinbildenden
und beruflichen Schu-
len, Beteiligung umlie-
gender Schulen an
PuSch)
Vorausgegangene fami-
liäre und schulische So-
zialisation der Teilneh-
menden
Vernetzung mit Akteu-
ren des lokalen Bil-
dungsnetzwerks
Lokaler Praktikums-
bzw. Ausbildungsmarkt
und lokale Betriebs-
struktur
Unterstützung durch
Institutionen beim
Übergang von der
Schule in den Beruf
Akzeptanz der Betriebe
gegenüber PuSch-Ab-
solventen/innen auf
dem Ausbildungsmarkt
Adressierte Zielgruppe PuSch A:
Schulabbruchs- und schulabschlussge-
fährdete Jugendliche, die mind. 14
Jahre alt sind und mind. 8 Schuljahre
absolviert haben
Sonstige (qualitative) Ergebnis-Größen: vorzeitig ausgetretene SuS, (Wieder-)
Gewinnung einer positiven Einstellung gegenüber Schule und Lernen, persönlich-
soziale Stabilisierung, Stärkung der Berufsorientierung, Verbesserung der Ausbil-
dungsreife, erfolgreiche Einmündung in weiterführende Schulen oder in das
schulische Berufsbildungs- bzw. duale Ausbildungssystem
Teilnehmenden-Ebene:
• Möglichst dauerhafte Partizipation am Beschäftigungssystem (längerfristiger Verbleib)
Strukturelle Ebene:
• Reduzierung der Quote junger Menschen ohne Schulabschluss
• Prävention von (Jugend- bzw. Langzeit-)Arbeitslosigkeit
• Theorieentlasteter Unterricht in kleineren Klassen auf Basis einer eigenen Stun-
dentafel
• individuelle Förderung und intensive sozialpädagogische Begleitung
• Maßnahmen zur Stärkung der Berufsorientierung und Ausbildungsreife (u. a.
Praxisprojekte, beruflicher Unterricht und betriebliche Praktika)
Sonstige (strukturelle) Ergebnis-Größen: Stärkung der Zusammenarbeit zwi-
schen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, zwischen Schulen und Be-
trieben sowie Akteuren des lokalen Bildungsnetzwerks
Adressierte Zielgruppe PuSch B:
Schulabgänger/innen ohne Haupt-schul-
abschluss, die die verlängerte Vollschul-
zeitpflicht erfüllt haben und maximal 18
Jahre alt sind
Sonstige Output-Größen: z. B. Anzahl beteiligter Schulen, Anzahl Kreise/ kreis-
freier Städte mit PuSch-Klassen (räumliche Abdeckung)
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
15
Inputs/Ressourcen: Zu den Inputs zählen zuvorderst die für die Förderung bereitgestellten finanziellen
Mittel. Gemäß der indikativen Mittelplanung beläuft sich die ESF-Fördersumme für PuSch auf insge-
samt knapp 18,9 Mio. Euro. Hierbei ist eine hälftige Aufteilung der Mittel für PuSch A- und PuSch B-
Projekte vorgesehen. In finanzieller Hinsicht liegt der Kern der Förderung in der sozialpädagogischen
Begleitung. Dementsprechend werden die ESF-Mittel ausschließlich für das in PuSch eingesetzte sozi-
alpädagogische Personal aufgewendet, für das im Regelfall sowohl in PuSch A als auch in PuSch B ein
Zeitumfang in Höhe von 10 Stunden bzw. eine Viertelstelle vorgesehen ist. Eine Ausnahme besteht
bei einjährig durchgeführten PuSch A-Klassen. Hier wird der sozialpädagogischen Begleitung ein dop-
pelt so hoher Zeitumfang eingeräumt. Die unmittelbaren Zuwendungsempfänger der Fördergelder
sind nicht die Schulen selbst, sondern die Träger, bei denen das sozialpädagogische Personal ange-
stellt ist. Zusätzliche finanzielle Mittel werden den Schulen vom Land Hessen über das Schulbudget
bereitgestellt. Als Mittel der Ko-Finanzierung werden die für PuSch in den Schulen zusätzlich aufge-
wendeten Lehrerstunden geltend gemacht. Neben den finanziellen Mitteln stellt die bestehende
Schullandschaft eine weitere wichtige strukturelle Inputdimension dar. Vor dem Hintergrund der im
Rahmen des ESF langjährig bestehenden Förderung von schulabbruchs- und schulabschlussgefähr-
deten Jugendlichen kann PuSch weitgehend an bereits existierende Wissensbestände und Erfah-
rungswerte der Schulen und Träger anknüpfen. Insbesondere Schulen, die in der vergangenen För-
derperiode an SchuB oder EIBE beteiligt gewesen sind, dürften bereits über Ressourcen lokaler Ko-
operationsnetzwerke und über Erfahrungen in der Gestaltung lernortübergreifender Schulangebote
für die Zielgruppen verfügen. Die Steuerung des Programms durch das hauptverantwortliche HKM
erfolgt somit weitgehend auf Basis bereits vorhandener Strukturen. Stärker als zuvor soll die Zusam-
menarbeit zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen insbesondere bei der Durchfüh-
rung von PuSch A angeregt werden.
Aktivitäten/Maßnahmen: Bei PuSch handelt es sich um ein Angebot für schulabbruchs- und schulab-
schlussgefährdete Jugendliche, welches zwar an allgemeinbildenden und beruflichen Regelschulen
durchgeführt wird, sich jedoch vom dortigen Regelunterricht in mehreren Aspekten unterscheidet. Im
Rahmen von PuSch findet der Unterricht in einer theorieentlasteten und projektorientierten Form
statt. Praxisbezogene Inhalte zur Stärkung der Berufsorientierung und Ausbildungsreife treten ent-
sprechend stärker in den Vordergrund. So stellen z. B. berufliche Unterrichtseinheiten und betriebli-
che Praktika feste Bestandteile der Stundentafel dar. PuSch wird lernortübergreifend und kooperativ
durchgeführt, d. h. allgemeinbildende und berufliche Schulen (PuSch A), sozialpädagogisches Perso-
nal von einem externen Träger (PuSch A und PuSch B) sowie Betriebe (PuSch A und PuSch B) werden
bei der Durchführung der Förderung involviert. Der Unterricht wird zudem in kleineren Klassen abge-
halten und sozialpädagogisch begleitet. Hierdurch sollen die Lehrkräfte stärker entlastet und die in-
dividuellen Ausgangs- und Problemlagen sowie Förderbedürfnisse der Jugendlichen besser abgebil-
det werden als es im Regelunterricht möglich ist. Während PuSch A an allgemeinbildenden und in
Kooperation mit beruflichen Schulen durchgeführt wird, ist PuSch B ausschließlich an beruflichen
Schulen verortet. Der Besuch einer PuSch-Klasse ist grundsätzlich freiwillig und setzt die Bereitschaft
der SuS sowie die Zustimmung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten voraus.
Obwohl sich die PuSch-SuS generell durch erhebliche Lern- und Leistungsrückstände auszeichnen,
kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei ihnen um eine homogene Gruppe handelt.
Die Jugendlichen, die in PuSch-Klassen beschult werden, haben zuvor in aller Regel eine problembe-
haftete familiäre und/oder schulische Sozialisation erfahren, die sich jedoch von Person zu Person
höchst unterschiedlich bemerkbar machen kann. Vor diesem Hintergrund haben PuSch-Klassen den
Anspruch, die zumeist schulmüden Jugendlichen wieder an das schulische Lernen heranzuführen und
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
16
negative Vorerfahrungen ein Stück weit vergessen zu machen. PuSch trägt folglich idealerweise zur
Kompensation zweier Defizite bei: zum einen problembehaftete Sozialisationserfahrungen und zum
anderen Lern- und Leistungsrückstände. Die Herstellung eines positiven Lern- und Klassenklimas
stellt eine wesentliche Erfolgsvoraussetzung für die Durchführung der PuSch-Klassen dar. Das einge-
setzte Lehr- und Sozialpädagogikpersonal verfügt dabei bestenfalls über hinreichende Qualifikatio-
nen und langjährige Erfahrungen im Umgang mit leistungsschwachen und benachteiligten Jugendli-
chen sowie der Bewältigung von schwierigen Situationen im Unterricht. Neben dem eingesetzten Per-
sonal sind die Wege der Einmündung der SuS in die PuSch-Klassen ein ggf. nicht unwesentlicher Fak-
tor, da sich z. B. die Informationslage der Schulen und die Eingewöhnungszeit der SuS bei einer Ein-
mündung aus externen Schulen anders gestalten dürfte als bei einem schulinternen Wechsel. Die
Zusammensetzung der Klasse sollte bei einer hohen Zahl an SuS aus externen Schulen anspruchsvol-
ler sein als bei einer hohen Zahl an schulinternen Wechslern/innen. Generell kommt dem zwischen-
schulischen Austausch und den Übergabekonferenzen hierbei eine wichtige Rolle zu.
Outputs: Auf der Output-Ebene werden die unmittelbar erzielten Resultate der Förderung betrachtet.
Sie werden im Regelfall anhand der Zahl erreichter Personen einer vorab definierten Förderzielgruppe
abgebildet. Die Zielgruppe der PuSch-Förderung besteht wie bereits erwähnt aus benachteiligten,
schulmüden und leistungsschwachen Jugendlichen, deren Schulabschluss stark gefährdet ist. In
PuSch A-Klassen werden überwiegend zwischen 14 und 16 Jahre alte Jugendliche beschult. PuSch B-
Klassen richten sich vor allem an bis zu 18 Jahre alte Jugendliche, die im Rahmen ihrer Vollschulzeit-
pflicht noch keinen Hauptschulabschluss erreichen konnten. Auf Basis der im hessischen ESF-OP
(HMSI 2014) definierten Ziele für das Förderprogramm PuSch sieht das programmspezifische Output-
Ziel vor, bis zum Jahr 2023 mindestens 6.000 Jugendliche in PuSch-Klassen zu beschulen (Indikator
C1.02). Die Zugangswege in die PuSch-Klassen sind dabei – wie zuvor bereits angedeutet worden ist –
relativ klar strukturiert: Entweder wechseln die SuS schulintern oder -extern in PuSch-Klassen. Klassi-
scher Akquise-Tätigkeiten zur Gewinnung von Teilnehmenden bedarf es im Rahmen der PuSch-För-
derung nicht. Allerdings ist es Aufgabe des HKM, PuSch in der hessischen Schullandschaft bekannt zu
machen und die Schulen zur Einrichtung von PuSch-Klassen zu motivieren. Örtliche Gegebenheiten
wie z. B. die räumliche Abdeckung von und die Dichte an Schulen mit PuSch-Klassen können dabei
durchaus einen Einfluss auf die Zahl der in PuSch-Klassen beschulten SuS haben.
Outcomes: Auf der Ebene der Outcomes stehen die Zielsetzungen einer Förderung im Fokus. Hierbei
handelt es sich um solche Ziele, die unmittelbar mit den Zielgruppen in Zusammenhang stehen und
deren (Nicht-)Erreichen relativ eindeutig auf die Förderintervention zurückgeführt werden kann. Die
Outcome-Ebene wird im ESF-Monitoring durch den sog. Ergebnisindikator gemessen. Gemäß dem
hessischen ESF-OP sollen bis 2023 mindestens 60 % der regulär aus der Förderung ausgetretenen SuS
erfolgreich zu einem (qualifizierenden) Hauptschulabschluss geführt werden (Indikator C1.01). Die Be-
rechnung des Quotenwerts erfolgt dabei ohne Berücksichtigung von vorzeitig ausgetretenen SuS. Der
Erfolg der PuSch-Förderung ist demnach auch danach zu bemessen, wie viele Jugendliche vorzeitig
aus der Förderung austreten, zumal diese – zumindest zunächst – mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit
ohne Aussicht auf einen Schulabschluss verbleiben. Neben der Betrachtung des Ergebnisindikators
und der Zahl vorzeitig ausgetretener SuS (sowie der Gründe hierfür) erfasst die Evaluation weitere
Ergebnisse auf der Teilnehmenden-Ebene während der laufenden Durchführung der PuSch-Klassen.
Hierzu zählen z. B. das individuelle Wohlbefinden im Unterricht, die persönlich-soziale Stabilisierung
sowie die erzielten Fortschritte im schulischen Lernen und in der Berufsorientierung einschließlich
des Absolvierens von betrieblichen Praktika. Anhand der Ergebnisse können Rückschlüsse darüber
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
17
gezogen werden, inwiefern zwischen der Ausgestaltung der PuSch-Förderung und den individuellen
Förderbedürfnissen der SuS eine Passungsfähigkeit besteht. Ferner sollen die Schulabsolventen/in-
nen im Anschluss an die PuSch-Klasse möglichst in eine schulische respektive betriebliche Ausbildung
oder in eine weiterführende Schule einmünden. Da PuSch kooperativ und lernortübergreifend durch-
geführt wird, interessieren auf der Outcome-Ebene zudem Aspekte der Zusammenarbeit und Weiter-
entwicklung der Kooperationsstrukturen.
Impacts: Die Impact-Ebene bezieht sich auf die längerfristigen Beiträge eines Förderprogramms zu
den Zielen. Aufgrund etwaiger externer Einflussfaktoren kann die Evaluation jedoch nicht eindeutig
bestimmen, inwiefern ggf. beobachtbare längerfristige Resultate kausal mit der PuSch-Förderung zu-
sammenhängen. Grundsätzlich steht jede ESF-Förderung in Verbindung mit den Zielen der „Europa
2020-Strategie“ der Europäischen Kommission (Europäische Kommission 2010). PuSch leistet Beiträge
zur Erreichung der bildungs- und beschäftigungspolitischen Vorgaben der „Europa 2020-Stratgie“.
Zum einen soll der Anteil der Bevölkerung im Alter zwischen 18 bis 24 Jahren, der höchstens die Se-
kundarstufe I durchlaufen und keine weitere allgemeinbildende oder berufliche Bildung erfahren hat
(Schulabbrecherquote), bis 2020 unter 10 % liegen. Zum anderen wird beabsichtigt, die Erwerbstäti-
genquote bis zum Jahr 2020 auf mindestens 70 % (EU) bzw. 75 % (Deutschland) zu erhöhen und die
Zahl der Langzeitarbeitslosen bis 2020 um mindestens 25 % zu reduzieren. Bekanntlich stellt Bildung
den besten Schutz vor Arbeitslosigkeit dar (Weber/Weber 2013). Auf der Teilnehmenden-Ebene hat
die PuSch-Förderung den Anspruch, die Grundlagen für eine möglichst dauerhafte Partizipation am
Beschäftigungssystem zu schaffen. Anhaltspunkte zu den Erfolgen der längerfristigen Integration ehe-
maliger PuSch-SuS liefern die Ergebnisse der CATI-Verbleibsbefragung (sowie der Erhebung der län-
gerfristigen Ergebnisindikatoren durch die Hessen Agentur).
5. Materieller und finanzieller Umsetzungsstand von Praxis und Schule
Anhand der ESF-Monitoringdaten lässt sich überprüfen, welche Umsetzungsfortschritte sich in mate-
rieller und finanzieller Hinsicht verzeichnen lassen und ob eine Förderung im Soll ihrer vorab gesetz-
ten Ziele liegt. Für die Erfolgsmessung wird im ESF-Monitoring auf Output- und Ergebnisgrößen zu-
rückgegriffen. Die nachfolgende Darstellung basiert auf Daten zum Stand des 13.02.2019.
Tabelle 5: Reguläre Teilnehmenden-Eintritte in PuSch nach Eintrittsjahr und Förderline
Teilnehmende Anteilswerte
insgesamt 5.666 100,0%
nach Eintrittsjahr
2015 1.763 31,1%
2016 1.343 23,7%
2017 1.314 23,2%
2018 1.246 22,0%
nach Förderlinie
PuSch A 2.625 46,3%
...einjährige Durchführung (ausschließlich neunte Klasse) 1.626 61,9%
...zweijährige Durchführung (achte und neunte Klasse) 999 38,1%
PuSch B 3.041 53,7%
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der ESF-Monitoringdaten; Bereitstellung durch die WIBank (Datenstand: 13.02.2019).
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
18
Anhand von Tabelle 5 kann der materielle Umsetzungsstand des Förderprogramms PuSch für den
Zeitraum zwischen 2015 und 2018 abgelesen werden. Hierbei wurden ausschließlich „regulär“ ver-
buchte Teilnehmende berücksichtigt. Personen, die wiederholt in PuSch eingetreten sind und eine
PuSch-Klasse wiederholt haben („Vormaßnahme“), wurden folglich nur einmal gezählt. In der betrach-
teten Zeitspanne wurden insgesamt 5.666 Jugendliche in PuSch-Klassen beschult. Insbesondere im
ersten Jahr der Förderung fiel die Zahl der Teilnehmenden hoch aus. Dies liegt höchstwahrscheinlich
darin begründet, dass einige PuSch A-Klassen zweijährig durchgeführt werden. Danach pendelte sich
die Zahl der PuSch-SuS auf einem stabilen Niveau um etwa 1.300 Teilnehmenden-Eintritte pro Jahr
ein. Die Verteilung der Jugendlichen auf die beiden Förderlinien fällt geringfügig zugunsten von PuSch
B aus: 46,3 % der Geförderten wurden in PuSch A-Klassen beschult, 53,7 % der Jugendlichen partizi-
pierten an PuSch B-Klassen. Im Rahmen von PuSch A haben die Schulen die Möglichkeit einer ein-
oder zweijährigen Durchführung der Förderung. 61,9 % der PuSch A-Projekte wurden ein- und 38,1 %
zweijährig umgesetzt.
Abbildung 2: Räumliche Verteilung der PuSch-Projekte auf Basis der Schulstandorte
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der ESF-Monitoringdaten; Bereitstellung durch die WIBank (Datenstand: 13.02.2019).
Auf der Projektebene lässt sich konstatieren, dass im betrachteten Zeitraum insgesamt 311 verschie-
dene PuSch-Vorhaben bewilligt worden sind. 161 Projekte entfallen auf PuSch A, 150 Vorhaben lassen
sich PuSch B zuordnen. An den Projekten beteiligten sich 99 verschiedene Schulen. 49 Schulen rich-
teten PuSch A-Klassen, 50 Schulen PuSch B-Klassen ein. Die Schulen setzten zwischen ein und fünf
1
2
1
3
5
5
5
6
3
5
1
8
4
7
10
7
12
14
24
20
18
3
4
4
6
4
4
4
4
4
7
5
11
4
8
8
6
11
8
8
4
11
22
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45
Hochtaunuskreis (n=1)
Bergstraße (n=2)
Hersfeld-Rotenburg (n=4)
Odenwaldkreis (n=4)
Wetteraukreis (n=4)
kreisfreie Stadt Kassel (n=6)
Offenbach (n=7)
Darmstadt-Dieburg (n=9)
Marburg-Biedenkopf (n=9)
Waldeck-Frankenberg (n=9)
Fulda (n=10)
Kassel (n=10)
Rheingau-Taunus-Kreis (n=10)
kreisfreie Stadt Darmstadt (n=12)
kreisfreie Stadt Wiesbaden (n=12)
Werra-Meißner-Kreis (n=12)
kreisfreie Stadt Offenbach am Main (n=15)
Limburg-Weilburg (n=16)
Schwalm-Eder-Kreis (n=18)
Gießen (n=20)
Lahn-Dill-Kreis (n=22)
Groß-Gerau (n=28)
Main-Kinzig-Kreis (n=31)
kreisfreie Stadt Frankfurt am Main (n=40)
PuSch A PuSchB
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
19
PuSch-Projekte um. Die große Mehrheit der Schulen beteiligte sich mit mehr als einem Projekt an der
Förderung (Anteil: 82,8 %), bei über der Hälfte der Schulen wurden zwischen vier und fünf Vorhaben
bewilligt (Anteil: 56,6 %). Die PuSch-Förderung zeichnet sich dementsprechend durch eine recht hohe
Kontinuität aus: Viele Schulen richten seit Beginn der Förderung PuSch-Klassen ein. Die räumliche
Verteilung der PuSch-Projekte ist auf Basis der Schulstandorte in Abbildung 2 illustriert. Es zeigt sich,
dass die PuSch-Förderung in fast jedem Kreis Hessens durchgeführt wird. Lediglich im Main-Taunus-
Kreis und im sehr ländlich geprägten Vogelsbergkreis wurde bisher kein einziges PuSch-Projekt um-
gesetzt. In beiden Kreisen bestehen ggf. Bedarfslücken. Ferner gibt es Kreise, in denen bisher nur
PuSch A- (z. B. Bergstraße) oder nur PuSch B-Projekte (z. B. Wetteraukreis, Odenwaldkreis) stattgefun-
den haben. Auch hier existieren womöglich gewisse Bedarfslücken. Wenig überraschend wurden die
meisten PuSch-Projekte bisher an Schulen in Frankfurt am Main durchgeführt (n=40). Dahinter folgen
der Main-Kinzig-Kreis (n=31), der Kreis Groß-Gerau (n=28), der Lahn-Dill-Kreis (n=22) und der Kreis
Gießen (n=20) mit jeweils mindestens 20 PuSch-Projekten.
Tabelle 6: Soziodemografische Merkmale der Geförderten in PuSch
Merkmal
insgesamt PuSch A PuSch B
Teilneh-
mende
Anteils-
werte
Teilneh-
mende
Anteils-
werte
Teilneh-
mende
Anteils-
werte
insgesamt 5.666 100,0% 2.625 100,0% 3.041 100,0%
nach Geschlecht
Männer 3.643 64,3% 1.654 63,0% 1.989 65,4%
Frauen 2.023 35,7% 971 37,0% 1.052 34,6%
nach Alter (bei Fördereintritt)
bis 14 Jahre alt 882 15,5% 868 33,0% 14 0,5%
15 Jahre 1.401 24,7% 1.123 42,8% 278 9,1%
16 Jahre 1709 30,2% 511 19,5% 1198 39,4%
17 Jahre 1162 20,5% 115 4,4% 1047 34,4%
18 Jahre 502 8,9% 7 0,3% 495 16,3%
Alter (noch) nicht erfasst 10 0,2% 1 0,0% 9 0,3%
nach sonstigen Merkmalen
Migrationshintergrund (n=4.737) 3.060 64,6% 1.300 58,1% 1.760 70,4%
Behinderung (n=4.422) 59 1,3% 29 1,4% 30 1,3%
sonstige Benachteiligung (n=4.171) 433 10,4% 135 6,9% 298 13,5%
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der ESF-Monitoringdaten; Bereitstellung durch die WIBank (Datenstand: 13.02.2019).
Die soziodemografischen Merkmale der in PuSch-Klassen geförderten Jugendlichen spiegeln grund-
legend die zuvor dargelegten Daten zur sozioökonomischen Kontextualisierung wider: Im Rahmen
der PuSch-Klassen werden insbesondere männliche Personen und Migranten/innen beschult (vgl. Ta-
belle 6). Fast zwei Drittel der Jugendlichen waren männlichen Geschlechts (Anteil: 64,3 %), etwas mehr
als ein Drittel der SuS waren Frauen (Anteil: 35,7 %). Entsprechend ihrer unterschiedlichen Zielgrup-
pen verteilen sich die Geförderten gemäß ihres Alters bei Fördereintritt auf PuSch A und PuSch B:
Während im Rahmen von PuSch A zuvorderst zwischen 14 und 16 Jahre alte Jugendliche beschult
werden (Anteil: 95,3 %), sind die meisten SuS der PuSch B-Klassen zwischen 16 und 18 Jahr alt (Anteil:
90,1 %). Hinsichtlich sonstiger personenbezogener Merkmale sind die Geförderten nicht zu Angaben
verpflichtet. Es gaben hierüber dennoch recht viele Jugendliche Auskünfte. Es lässt sich dabei konsta-
tieren, dass knapp zwei Drittel aller PuSch-SuS einen Migrationshintergrund aufweisen (Anteil:
64,6 %), wobei die Quote in PuSch B-Klassen (Anteil: 70,4 %) nochmals deutlich höher ausfällt als in
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
20
PuSch A-Klassen (Anteil: 58,1 %). Über eine Behinderung berichteten nur sehr wenige Geförderte (An-
teil: 1,3 %). Per Definition des ESF weisen Personen sonstige Benachteiligungen auf, wenn sie von An-
alphabetismus, Suchterkrankungen, Verschuldung oder ehemaliger Strafgefangenschaft betroffen
sind. Rund jede zehnte geförderte Person weist eine sonstige Benachteiligung auf, wobei der Anteil in
PuSch B (Anteil: 13,5 %) doppelt so hoch ausfällt wie in PuSch A (Anteil: 6,9 %).
Tabelle 7: Programmspezifischer Output- und Ergebnisindikator für PuSch
2015 2016 2017 2018 Summe
Zielwert bis 2023 (Endziel)
Soll-Wert Verwirkli-
chungsquote
Outputindikator (C1.02) 1.763 1.343 1.314 1.246 5.666 6.000 94,4%
Ergebnisindikator (C1.01) 0 946 845 857 2.648 60,0% 75,9%
Männer 0 585 536 567 1.689 60,0% 76,6%
Frauen 0 361 309 290 959 60,0% 74,6%
PuSch A 0 384 452 440 1.276 60,0% 84,2%
einjährige Durchführung 0 277 241 320 838 60,0% 84,7%
zweijährige Durchführung 0 107 211 120 438 60,0% 83,1%
Männer 0 238 267 285 791 60,0% 86,4%
Frauen 0 146 185 155 485 60,0% 80,8%
PuSch B 0 562 393 417 1.372 60,0% 69,5%
Männer 0 347 269 282 898 60,0% 69,7%
Frauen 0 215 124 135 474 60,0% 69,1%
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der ESF-Monitoringdaten; Bereitstellung durch die WIBank (Datenstand: 13.02.2019); Be-
rechnung gemäß Indikatoren-Ableitung der WIBank.
Für die Erfolgsmessung der PuSch-Förderung wird im ESF-Monitoring auf programmspezifische Out-
put- und Ergebnisindikatoren zurückgegriffen. In Tabelle 7 ist der Umsetzungsstand für beide Indika-
toren für den Zeitraum zwischen 2015 und 2018 abgetragen. Der Outputindikator bezieht sich auf alle
regulär in die PuSch-Förderung eingetretenen Teilnehmenden (Indikator C1.02). Die Zahl soll sich bis
zum Jahr 2023 auf 6.000 beziffern. Bereits nach vier Jahren Förderung ist die Zahl annähernd erreicht
worden. Im betrachteten Zeitraum wurden 5.666 Jugendliche gefördert. Die Verwirklichungsquote be-
läuft sich folglich auf 94,4 %. Bezogen auf den Output verläuft die Förderung bisher also überplanmä-
ßig erfolgreich. Im Ergebnisindikator wird die Quote der durch die Förderung erfolgreich zum Schul-
abschluss geführten Jugendlichen festgehalten (Indikator C1.01). Sie soll sich bis spätestens zum Jahr
2023 auf 60,0 % beziffern. Die Quote bezieht sich dabei im hesseninternen ESF-Monitoring ausschließ-
lich auf regulär ausgetretene Teilnehmende. Vorzeitig ausgetretene SuS bleiben hingegen unberück-
sichtigt. Insgesamt sind zwischen 2015 und 2018 gemäß den ESF-Monitoringdaten 3.491 SuS regulär
aus der PuSch-Förderung ausgetreten. Von diesen SuS konnten 2.648 erfolgreich ihren Schulab-
schluss nachholen. Der Ergebnisindikator beläuft sich entsprechend auf 75,9 % (Männer: 76,6 %;
Frauen: 74,6 %). Zwischen PuSch A und PuSch B lassen sich Differenzen feststellen: Während sich die
Quote bei PuSch A auf 84,2 % beläuft, beträgt sie im Rahmen von PuSch B 69,5 %. Eine längere Be-
schulung hat in der PuSch A-Förderung offenbar keinen positiven Einfluss auf das Erreichen eines
Schulabschlusses: Bei einer einjährigen Beschulung beziffert sich der Ergebnisindikator auf 84,7 %,
bei einer zweijährigen Durchführung liegt er bei 83,1 %. Zudem lassen sich im Rahmen von PuSch A
geringfügige Unterschiede zwischen den Geschlechtern zugunsten von Männern konstatieren.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
21
Zwischen 2015 und 2018 wurden insgesamt 476 vorzeitige Austritte verbucht. Gemessen an allen
Austritten beziffert sich die Quote auf 12,0 %. Zwischen PuSch A und PuSch B gibt es bezüglich der
Häufigkeit vorzeitiger Austritte keine nennenswerten Unterschiede. Berücksichtigt man – wie es bei
der Berichterstattung an die Europäische Kommission der Fall ist – auch die vorzeitig ausgetretenen
SuS bei der Ergebnisindikator-Berechnung, dann liegt die Quote insgesamt bei 66,8 %. In PuSch A be-
läuft sie sich auf 73,9 %, in PuSch B auf 61,3 %. Folglich kann der Ergebnisindikator-Zielwert auch bei
einer Berücksichtigung vorzeitig ausgetretener Jugendlicher erfüllt werden.
Die Quote vorzeitiger Austritte fällt zwar relativ niedrig aus, zu berücksichtigen ist aber, dass es sich –
insbesondere bei PuSch B – um Jugendliche handelt, die zumindest im regulären allgemeinbildenden
oder beruflichen Schulsystem keine Aussicht auf den Erwerb eines Hauptschulabschlusses haben.
Personen, die in der Abschlussprüfung nach regulärem Durchlaufen der PuSch-Klasse keinen Erfolg
hatten, haben die einmalige Möglichkeit zur Wiederholung der Klasse und Prüfung.
Für die PuSch-Förderung sind insgesamt ESF-Fördermittel in Höhe von rund 18,9 Mio. Euro vorgese-
hen, wobei die Fördermittel komplett in die sozialpädagogische Begleitung fließen. Daher gelten die
Träger, bei welchen das eingesetzte sozialpädagogische Personal angestellt ist, als Zuwendungsemp-
fänger der ESF-Mittel. Neben den ESF-Mitteln erhalten die beteiligten Schulen über das Schulbudget
zusätzliche Gelder aus Landesmitteln. Zwecks Begrenzung des Verwaltungsaufwands werden diese
Mittel im Rahmen der PuSch-Förderung aber nicht als Ko-Finanzierung behandelt. Sie wird über die
für die PuSch-Klassen aufgewendeten Lehrerstunden an den allgemeinbildenden und beruflichen
Schulen angerechnet. Daher enthält Tabelle 8 keine aussagekräftigen Informationen über andere Mit-
tel als den ESF. Auf Basis der ESF-Monitoringdaten lässt sich bezüglich des finanziellen Umsetzungs-
standes von PuSch festhalten, dass zwischen 2015 und 2018 von den ESF-Fördergeldern insgesamt
etwa neun Mio. Euro bewilligt und knapp 6,4 Mio. Euro ausgezahlt worden sind. Gemessen an den
indikativen Mitteln liegt der Bewilligungsstand bei knapp über 50 %. Im Mittel wurden pro PuSch-Pro-
jekt bisher etwa 29.100 Euro an ESF-Mitteln bewilligt. Insgesamt deutet der Bewilligungsstand auf eine
planmäßige Mittelbindung innerhalb der PuSch-Förderung hin.
Tabelle 8: Bewilligte und ausgezahlte Mittel für PuSch
2015 2016 2017 2018 Gesamt
Bewilligte Mittel
Private Mittel 21.905 € 35.100 € 84.700 € 88.400 € 230.105 €
Landesmittel 45.708 € 75.203 € 72.900 € 74.900 € 268.711 €
ESF-Mittel 2.586.412 € 2.191.093 € 2.172.400 € 2.059.700 € 9.009.605 €
Gesamtmittel 2.654.026 € 2.301.395 € 2.330.000 € 2.223.000 € 9.508.421 €
Durchschn. ESF-Mittel pro Projekt 28.422 € 29.215 € 30.172 € 28.607 € 29.063 €
Durchschn. Gesamtmittel pro Projekt 29.165 € 30.685 € 32.361 € 30.875 € 30.672 €
Ausgezahlte Mittel
Private Mittel - - - - -
Landesmittel - - - - -
ESF-Mittel 2.358.816 € 1.947.770 € 1.701.173 € 372.610 € 6.380.369 €
Gesamtmittel 2.358.816 € 1.947.770 € 1.701.173 € 372.610 € 6.380.369 €
Durchschn. ESF-Mittel pro Projekt 25.921 € 25.970 € 23.627 € 5.175 € 20.582 €
Durchschn. Gesamtmittel pro Projekt 25.921 € 25.970 € 23.627 € 5.175 € 20.582 €
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der ESF-Monitoringdaten; Bereitstellung durch die WIBank (Datenstand: 13.02.2019).
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
22
6. Ergebnisse der ISG-Erhebungen
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Erhebungen des ISG dar-
gestellt. Die Gliederung orientiert sich dabei an den drei unterschiedlichen Erhebungen. Zunächst
wird in Abschnitt 6.1 auf die Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung der SuS und Lehrkräfte einge-
gangen. Die hierdurch gewonnenen Informationen spiegeln die laufende Umsetzungsphase der
PuSch-Klassen wider. Danach werden in Abschnitt 6.2 die Resultate der CATI-Verbleibsbefragung dar-
gestellt, welche Informationen zur Situation ehemaliger PuSch-SuS im Anschluss an deren Teilnahme
an PuSch-Klassen repräsentieren. Zu guter Letzt erfolgt in Abschnitt 6.3 die Diskussion der Ergebnisse
der drei qualitativen Fallstudien, welche zuvorderst der Untersuchung von Umsetzungsbedingungen
und -mechanismen dienten und detailliertere Einsichten zu Umsetzungserfolgen und -herausforde-
rungen geben können. In allen drei Abschnitten werden PuSch A und PuSch B der Kompaktheit halber
gemeinsam entlang von inhaltlichen Themen behandelt, wobei Differenzen zu wichtigen Aspekten
zwischen beiden Förderlinien stets nachvollzogen werden können.
6.1 Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung
Befragungsdurchführung und Rücklauf
Im Rahmen der quantitativen Klassenzimmer-Befragung wurden sowohl die SuS als auch das Lehr-
und Sozialpädagogikpersonal zur Umsetzung von PuSch A und PuSch B auf Basis zweier separater
Fragebögen befragt. Die Auswertungen stützen sich – zum Stand März 2018 – auf 19 von insgesamt
40 PuSch A-Projekten und 21 von insgesamt 34 PuSch B-Projekten. Insgesamt fällt die Befragungsmit-
wirkung der in der Zufallsstichprobe enthaltenen Projekte zufriedenstellend aus, wobei sich die ange-
schriebenen PuSch A-Schulen (Rücklaufquote: 66 %) weniger stark an der Befragung beteiligten als
die kontaktierten PuSch B-Schulen (Rücklaufquote: 95 %). Für PuSch B-Klassen standen absolut be-
trachtet fast doppelt so viele Schülerfragebögen (n=225) für die Auswertung zur Verfügung als für
PuSch A-Klassen (n=122). Die Rücklaufquoten fielen auf Ebene der SuS in den partizipierenden Schu-
len mit 47 % (PuSch B) und 46 % (PuSch A) jedoch nahezu gleich hoch aus (vgl. Tabelle 9).
Tabelle 9: Befragungsmitwirkung der Schulen und SuS
angeschriebene Schulen mit PuSch Klassen PuSch A PuSch B
29 (von insg. 40 Projekten) 22 (von insg. 33 Projekten)
Befragungsbeteiligung Fallzahl Rücklaufquote Fallzahl Rücklaufquote
befragungsmitwirkende Schulen 19 66% 21 95%
zurück gesendete Lehrerfragebögen allgemeinb. Schulen* 19 66% 20 91%
zurück gesendete Lehrerfragebögen koop. berufl. Schulen** 12 41% - -
Schüler/innen gemäß Monitoringdaten 412 496
verwertbare Schülerfragebögen (mit Einverständnis) 122 30% 225 45%
Schüler/innen in Schulen mit Befragungsbeteiligung 266 480
verwertbare Schülerfragebögen (mit Einverständnis) 122 46% 225 47%
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. *Sowohl bei PuSch A als auch bei PuSch B gab es eine Schule, die Fragebögen für
zwei verschiedene PuSch-Klassen zurückgesendet hat. Auf Ebene der Schulklassen, auf der die Auswertung erfolgt, liegen folg-
lich Fragebögen des verantwortlichen Personals für 20 PuSch A-Klassen und 21 PuSch B-Klassen vor. **Von den 12 verschiede-
nen kooperierenden beruflichen Schulen wurden insgesamt 25 Fragebögen des verantwortlichen Personals zurückgesendet.
Bei manchen handelte es sich den Antwortmustern zufolge um (nahezu) identisch ausgefüllte Fragebögen. Nach einer Bereini-
gung verblieben 17 unterscheidbare Fragebögen, die für die Auswertung berücksichtigt worden sind.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
23
Einmündung der SuS in die und Zusammensetzung der PuSch-Klassen
Eingangs der Befragung wurden die SuS um Angaben zu ihrer Beschulung bzw. Situation vor dem
Besuch der PuSch-Klasse gebeten. Im Rahmen von PuSch A gab über die Hälfte der befragten Jugend-
lichen an, zuvor auf dieselbe Schule gegangen zu sein (Anteil: 57 %). Die verbleibenden SuS wechsel-
ten folglich die Schule zwecks Teilnahme an einer PuSch A-Klasse (Anteil: 43 %), wobei der Wechsel
insbesondere von anderen Gesamtschulen sowie verbundenen Haupt- und Realschulen ausgehend
erfolgt ist. Die Angaben der PuSch B-SuS fielen erwartungsgemäß etwas diverser aus. Knapp ein Drit-
tel der Jugendlichen berichtete darüber, dass sie zuvor eine InteA-Intensivklasse besucht hat – ein
Angebot, durch das in Hessen vor allem Geflüchtete beim Erlernen der deutschen Sprache unterstützt
werden sollen (Anteil: 32 %). Somit werden in PuSch B offenbar recht viele Geflüchtete beschult. Rund
ein Viertel gab an, zuvor eine Gesamtschule besucht zu haben (Anteil: 24 %). Etwa jede/r achte Be-
fragte wechselte von einer Förderschule in eine PuSch B-Klasse (Anteil: 12 %). Rund jede neunte be-
fragte Person nahm zuvor an einem Bildungsgang zur Berufsvorbereitung (BzB) an einer beruflichen
Schule teil (Anteil: 11 %). Jede/r zehnte Jugendliche besuchte vorher eine verbundene Haupt- und Re-
alschule (Anteil: 10 %). Vereinzelt gab es ferner SuS, die von einer PuSch A-Klasse in eine PuSch B-
Klasse gewechselt sind (Anteil: 8 %). Manche SuS gaben des Weiteren sonstige vorherige Tätigkeiten
(z. B. „Arbeiten gegangen“) oder Schulen (z. B. Waldorfschule) an.
Bezüglich der Motivation, an PuSch zu partizipieren, lassen sich zwischen PuSch A- und PuSch B-SuS
keine nennenswerten Differenzen konstatieren (vgl. Abbildung 3). Die meisten Jugendlichen – jeweils
etwas mehr als die Hälfte – sind auf Anraten der Lehrkräfte bzw. Schulen in die PuSch-Klassen einge-
mündet. Bei ähnlich vielen SuS lässt sich eine intrinsische Motivation für die Teilnahme an einer
PuSch-Klasse beobachten. Eltern sowie Freunde bzw. Mitschüler/innen waren offenbar jeweils nur bei
einer Minderheit der Jugendlichen ausschlaggebende Faktoren für den Eintritt in die Förderung. Im
Rahmen von PuSch B könnten zudem die Agenturen für Arbeit als empfehlungsgebende Instanzen
fungieren. Dies ist offenbar aber nur bei sehr wenigen PuSch B-SuS der Fall gewesen. Unter sonstige
Nennungen fielen insbesondere Empfehlungen durch Betreuer/innen. Vereinzelt gab es auch Nen-
nungen, die sowohl auf eine intrinsische Teilnahmemotivation („letzte Chance“, „Interesse“ an Berufs-
feldern) als auch auf eine unfreiwillige Teilnahme hindeuten („Zuweisung“, „unfreiwillig“).
Abbildung 3: Motivation der Jugendlichen für den Besuch einer PuSch-Klasse
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. Mehrfachantworten möglich.
10%
3%
7%
20%
46%
57%
5%
8%
17%
52%
55%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
Sonstiges.
Agentur für Arbeit.
Freunde oder Mitschüler/innen haben mich auf die
Idee gebracht.
Meine Eltern wollten, dass ich die PuSch-Klasse
besuche.
Ich persönlich habe das für sinnvoll gehalten.
Mein/e Lehrer/in bzw. die Schule hat mir dazu
geraten.
PuSch A (n=121) PuSch B (n=216)
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
24
Zusätzlich zur vorausgegangenen Situation und Motivation interessieren auch die Merkmale der SuS
der PuSch-Klassen. Eine Rückkopplung der Befragungs- zu den Monitoringdaten ergab, dass 62 % der
Befragten in PuSch A und 70 % der Befragten in PuSch B männlichen Geschlechts gewesen sind. Bei
PuSch A waren nahezu alle SuS zum Zeitpunkt des Eintritts in die Förderung zwischen 14 und 16 Jahre
alt gewesen (Anteil: 98 %), bei PuSch B hatten zu Beginn der Beschulung fast alle SuS ein Alter zwi-
schen 16 und 18 Jahren erreicht (Anteil: 98 %). 55 % aller befragten PuSch A-SuS hatten gemäß den
Monitoringdaten einen Migrationshintergrund. Selbiges traf auf 57 % aller befragten Jugendlichen der
PuSch B-Klassen zu, wobei der Anteil ohne Angabe zum Migrationshintergrund mit 20 % hoch ausge-
fallen ist. Insgesamt decken sich die Merkmalsverteilungen der befragten SuS weitestgehend mit den
Merkmalsverteilungen aller Geförderten gemäß der Monitoringdaten-Gesamtheit.
Auch das zuständige Lehr- und Sozialpädagogikpersonal wurde nach den Merkmalen der PuSch-SuS
befragt. Die Erhebung erfolgte anhand der Klassenzusammensetzung, wobei die Befragten absolute
Werte zur Größe der Klasse und den Merkmalen der SuS (Geschlecht, Migrationshintergrund, Flucht-
hintergrund und vorheriger Förderschulbesuch) angeben sollten. Hierdurch konnten Anteilswerte
und entsprechende Durchschnittswerte ermittelt werden. Tabelle 10 gibt einen Überblick über die
Verteilungen der Antworten. Zum einen sind in der Tabelle entlang der abgefragten Merkmale der
SuS und ihrer prozentualen Relevanz für die Klassenzusammensetzung die Anzahl der Klassen abge-
tragen (mittlere Spalten). Zum anderen enthält die Tabelle hinsichtlich der jeweiligen Merkmale die
prozentualen Durchschnittswerte bezogen auf alle abgedeckten Klassen (rechte Spalte). Es zeigen sich
dabei zwei Sachverhalte: Erstens variiert die Klassenzusammensetzung innerhalb der beiden Pro-
grammteile beträchtlich, d. h. sowohl die Zusammensetzungen der PuSch A- als auch die Zusammen-
setzungen der PuSch B-Klassen unterscheiden sich recht stark voneinander. Zweitens lassen sich zwi-
schen beiden Programmteilen insbesondere bezüglich der Beschulung von SuS mit Migrations- und
Fluchthintergrund große Unterschiede konstatieren.
Tabelle 10: PuSch A- und PuSch B-Klassenzummensetzung nach Merkmalen der SuS
PuSch A-Klassenzusammensetzung (n=20 Klassen)
Anteilswerte innerhalb der PuSch A-
Klassen
bis 25 %
der SuS
bis 50 %
der SuS
bis 75 %
der SuS
75 % und
mehr der SuS
Durch-
schnittswert
aller Klassen
SuS weiblichen Geschlechts 6 12 2 0 35%
SuS mit Migrationshintergrund 8 7 5 0 41%
SuS mit Fluchthintergrund 19 0 1 0 6%
SuS mit vorherigem Förderschulbesuch 18 2 0 0 10%
PuSch B-Klassenzusammensetzung (n=21 Klassen)
Anteilswerte innerhalb der PuSch B-
Klassen
bis 25 %
der SuS
bis 50 %
der SuS
bis 75 %
der SuS
75 % und
mehr der SuS
Durch-
schnittswert
aller Klassen
SuS weiblichen Geschlechts 11 9 1 0 29%
SuS mit Migrationshintergrund 5 3 4 9 59%
SuS mit Fluchthintergrund 6 6 8 1 43%
SuS mit vorherigem Förderschulbesuch 17 3 0 1 17%
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. Lesehilfe für die Tabelle: Entlang der Zeilen sind die Merkmalskategorien der SuS
und entlang der Spalten die Anteilskategorien der SuS mit den jeweiligen Merkmalen abgetragen. In den einzelnen Zellen ist die
absolute Anzahl der Klassen abgetragen. Beispiel: In sechs PuSch A-Klassen liegt der Anteil der weiblichen Teilnehmenden (ge-
mäß den Angaben der befragten Lehrkräfte) bei maximal 25 %. In der letzten Spalte ist zusätzlich der anteilige Durchschnittswert
für alle Klassen des jeweiligen Programmteils abgetragen. Beispiel: In den 20 betrachteten PuSch A-Klassen liegt der Durchschnitt
(gemäß den Angaben der befragten Lehrkräfte) der weiblichen Teilnehmenden bei 35 %.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
25
Im Rahmen von PuSch A sind durchschnittlich 35 % der SuS weiblichen Geschlechts gewesen. In sechs
Klassen lag der Anteil dabei höchstens bei 25 %. In mehr als der Hälfte der Klassen bezifferte sich der
Anteil maximal auf 50 %. In zwei Klassen lag der Anteil an Frauen höher als 50 %. Deutlich ausgepräg-
ter ist die Varianz zwischen den Klassen bezüglich des Migrationshintergrunds der SuS. Durchschnitt-
lich bestanden die Klassen gemäß den Angaben aller Befragten zu 41 % aus Jugendlichen mit Migra-
tionshintergrund. In acht Klassen bezifferte sich der Anteil höchstens auf 25 %, in weiteren sieben
Klassen maximal auf 50 % und in den verbleibenden fünf Klassen auf bis zu 75 %. Bezüglich der Merk-
male „Fluchthintergrund“ und „ehemaliger Förderschulbesuch“ ist die Varianz vergleichsweise am ge-
ringsten, wobei es bei Personen mit Fluchthintergrund einen Ausreißer gab. Im Mittel besuchte jede/r
neunte PuSch A-SuS zuvor eine Förderschule (Anteil: 10 %). Im Mittel wiesen ferner 6 % aller in PuSch
A-Klassen beschulten Personen einen Fluchthintergrund auf. Beide Gruppen werden also eher selten
in PuSch A-Klassen beschult.
Bei den PuSch B-Klassen springt die hohe Relevanz der Beschulung geflüchteter Personen ins Auge.
Im Mittel hatten in dieser Förderlinie 43 % aller SuS einen Fluchthintergrund, wobei die Varianz zwi-
schen den abgedeckten Klassen recht hoch ausfällt. In sechs Klassen lag der Anteil bei maximal 25 %,
bei sechs weiteren Klassen belief er sich auf bis zu 50 %. Neun Klassen setzten sich jeweils zu mehr
als die Hälfte aus Personen mit Fluchthintergrund zusammen, wobei der Anteil in einer Klasse sogar
bei mindestens 75 % gelegen hat. Die Angaben des verantwortlichen Personals spiegeln die relativ
hohe Relevanz zuvor besuchter InteA-Intensivklassen wider, von denen viele befragte PuSch B-SuS
berichtet haben. Aufgrund der unterschiedlichen Häufigkeit der Beschulung geflüchteter Personen
liegt die Vermutung nahe, dass der Faktor Sprache im Rahmen von PuSch B prinzipiell eine höhere
Relevanz erhält als in PuSch A-Klassen. Der durchschnittliche Anteil an Migranten/innen belief sich in
den PuSch B-Klassen auf 59 %. Auch bezüglich dieses Merkmals ist die Varianz zwischen den betrach-
teten Klassen stark ausgeprägt. Zu 29 % setzten sich die PuSch B-Klassen aus SuS mit weiblichem
Geschlecht und zu 17 % mit SuS mit vorausgegangenem Förderschulbesuch zusammen.
Das verantwortliche Personal wurde zudem nach der Anzahl der vorzeitigen Austritte und den ein-
schlägigen Gründen befragt. Anhand der Anzahl vorzeitiger Austritte konnten wiederum durch die
Bezugnahme auf die Anzahl an SuS in den PuSch-Klassen Quoten ermittelt werden. In beiden Förder-
linien lag die Quote vorzeitiger Austritte über alle Klassen hinweg jeweils bei 15 %. Sie liegt damit
geringfügig über dem Wert, der auf Basis der ESF-Monitoringdaten ermittelt werden konnte. Bei
PuSch A-Klassen sind die Gründe für vorzeitige Austritte dabei etwas anders gelagert als bei PuSch B-
Klassen. Im Rahmen von PuSch A wurde in jeweils rund einem Drittel der Fälle ein Klassenwechsel in
eine andere Jahrgangsstufe oder in eine Parallel- bzw. Regelklasse als Austrittsgrund angeführt. Fer-
ner gab knapp die Hälfte des befragten Personals persönliche Gründe seitens der SuS an. In rund der
Hälfte der Klassen wurden zudem sonstige Gründe angegeben, wozu insbesondere schwerwiegen-
dere psychische Probleme der SuS (und der Beginn von Therapien) zählten. Die Verantwortlichen der
PuSch B-Klassen gaben am häufigsten den Ausschluss aus der Schule wegen Fehlverhalten oder
Schulabstinenz als Grund für vorzeitige Austritte an. In knapp zwei Drittel der Fälle wurde dieser Fak-
tor genannt. Rund die Hälfte der Befragten erwähnten ferner persönliche Gründe seitens der SuS.
Schul- oder Klassenwechsel spielten dagegen seltener eine Rolle. Rund ein Viertel der Befragten be-
richtete zudem über „positive“ vorzeitige Austritte der SuS. In den betreffenden Fällen sind die Jugend-
lichen in ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis übergewechselt.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
26
Insgesamt lassen sich an dieser Stelle folgende Resultate festhalten: Im Rahmen von PuSch A münden
die SuS überwiegend schulintern in die Klassen ein. In PuSch B haben viele SuS zuvor InteA-Intensiv-
klassen besucht. Die Motivation der Jugendlichen für die Teilnahme an PuSch-Klassen ist förderlinien-
übergreifend zuvorderst eine Kombination aus der Empfehlung ehemaliger Lehrkräfte bzw. Schulen
und intrinsischen Beweggründen. Die Merkmale der befragten SuS bilden die Gesamtheit der Geför-
derten gemäß den ESF-Monitoringdaten relativ gut ab. Die Zusammensetzung der PuSch-Klassen ist
innerhalb beider Programmteile recht heterogen. PuSch A- und PuSch B-Klassen unterscheiden sich
in ihrer Zusammensetzung neben den verschiedenen Altersgruppen zuvorderst hinsichtlich des Aus-
maßes beschulter Personen mit Migrations- und vor allem Fluchthintergrund.
Unterrichtsausgestaltung und Lernerfolge in den PuSch-Klassen
Bezüglich der Ausgestaltung des Unterrichts wurde sowohl die Perspektive der SuS als auch die Sicht-
weise des Lehr- und Sozialpädagogikpersonals eingefangen. Aufgrund der Fülle an abgefragten Items
wird nachfolgend nicht auf jeden einzelnen Aspekt im Detail eingegangen. Vielmehr werden die wich-
tigsten Ergebnisse dargestellt, die sich aus den Antwortmustern rekonstruieren lassen.
Abbildung 4: Zufriedenheit der PuSch-SuS mit der Gestaltung des allgemeinbildenden Unterrichts
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
4%
3%
7%
18%
40%
25%
38%
28%
49%
33%
51%
34%
44%
39%
30%
40%
1%
4%
6%
10%
31%
29%
36%
40%
24%
31%
27%
22%
35%
32%
43%
25%
6%
11%
12%
14%
20%
36%
22%
28%
20%
24%
14%
25%
18%
26%
20%
23%
81%
74%
69%
51%
8%
8%
5%
3%
6%
11%
8%
18%
3%
2%
6%
8%
8%
7%
7%
7%
1%
3%
1%
1%
3%
ebd. (n=218)
Der Unterricht ist für mich verlorene Zeit. (n=116)
ebd. (n=219)
Ich habe (früher) häufiger gefehlt, weil ich keine Lust
hatte. (n=117)
ebd. (n=220)
Ich lerne jetzt mehr als früher für Prüfungen/bereite
mich gut auf Prüfungen vor (n=118)
ebd. (n=217)
Ich beteilige mich mehr/aktiv im Unterricht. (n=118)
ebd. (n=222)
Der Unterricht macht mir (mehr) Spaß. (n=118)
ebd. (n=216)
Die Klassenatmosphäre gefällt mir besser/gut. (n=116)
ebd. (n=223)
Ich komme im Unterricht besser/gut mit. (n=119)
ebd. (n=222)
Der Unterricht hat mehr/genug Bezug zur Praxis.
(n=120)
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft (eher) nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
27
Abbildung 4 zeigt die Sichtweise der SuS auf die Gestaltung des allgemeinbildenden Unterrichts der
PuSch-Klassen. Das Gesamtbild fällt positiv aus. Lediglich 7 % der PuSch A-SuS vertraten überwiegend
die Ansicht, dass der Unterricht verlorene Zeit für sie sei. Bei PuSch B-SuS beläuft sich der entspre-
chende Anteil nur auf 5 %. Die große Mehrheit verneinte die Aussage dagegen jeweils. Betrachtet man
die einzelnen abgefragten Aspekte und die Antwortverteilungen, so lässt sich feststellen, dass PuSch
B-SuS der Unterricht etwas besser gefallen hat als PuSch A-SuS. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf
die Bewertung der Klassenatmosphäre. Während fast vier Fünftel der befragten PuSch B-SuS die Klas-
senatmosphäre (eher) positiv empfunden hat (Anteil: 78 %), beläuft sich der entsprechende Anteil im
Rahmen von PuSch A lediglich auf 56 %. Die überwiegende Mehrheit der befragten SuS konnte dem
Unterricht gut folgen und hatte Spaß am Unterricht. Das Lerntempo und die Art der Unterrichtsaus-
gestaltung scheinen für die meisten SuS folglich angemessen zu sein. Mit dem Praxisbezug des Un-
terrichts waren die Jugendlichen ebenfalls größtenteils zufrieden. Bei allen genannten Aspekten fällt
das Meinungsbild bei PuSch B etwas positiver aus als bei PuSch A. Erklärt werden können die Diffe-
renzen beider Förderlinien womöglich mit den unterschiedlichen Altersgruppen und der Reife der SuS
(Stichwort: Adoleszenz) sowie der starken Berücksichtigung Geflüchteter in den PuSch B-Klassen. Im
Rahmen von PuSch B gab es dabei keine nennenswerten Unterschiede der Bewertung der Klassen-
zimmeratmosphäre (und anderer Aspekte) zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund.
Dies deutet darauf hin, dass der Unterricht den Bedarfslagen beider Gruppen gerecht werden kann.
Losgelöst von den Unterschieden zwischen beiden Programmteilen deuten die Ergebnisse darauf hin,
dass sich die Mehrheit der Jugendlichen in den PuSch-Klassen gut aufgehoben fühlt. Dies wird auch
dadurch bekräftigt, dass die Anteilswerte von verneinenden Antworten zu positiv formulierten Ant-
worten selten die 10 %-Schwelle übersteigen.
Das Meinungsbild der Lehrkräfte, welches in Abbildung 5 abgetragen ist, legt zwei Sachverhalte offen:
Zum einen gestaltet sich die Durchführung des Unterrichts offenbar mitunter recht herausfordernd,
zum anderen fallen die Antworten des PuSch B-Personals – konträr zur Wahrnehmung der SuS – kri-
tischer aus als die Antworten des PuSch A-Personals. Das Personal beider Programmteile berichtete
durchgängig davon, dass mehrere Jugendliche schwerwiegende persönliche Probleme hätten. Als na-
hezu gleichermaßen störend empfanden die Befragten das häufige Fehlen und störende Verhalten
mancher SuS. Die Mehrheit der Lehrkräfte berichtete davon, dass Fehlverhalten von SuS Konsequen-
zen nach sich zieht. Folglich kommen offenbar auch Sanktionen zum Einsatz. Während bezüglich die-
ser Aspekte keine nennenswerten Differenzen zwischen PuSch A und PuSch B zum Vorschein kom-
men, lässt sich aus den übrigen Antworten ein wesentlicher Unterschied in der Umsetzung von PuSch
A und PuSch B herausarbeiten. Nahezu alle Lehrkräfte von PuSch A gaben an, gut mit den SuS zurecht
zu kommen (Anteil: 95 %). Bei PuSch B fällt das einschlägige Antwortmuster dagegen deutlich ambi-
valenter aus. Lediglich 62 % stimmten der entsprechenden Aussage zu. Hierzu passen die Antwort-
verteilungen zu einigen anderen abgefragten Aspekten, welche zugleich mögliche Erklärungen für die
recht ausgeprägte Differenz liefern. Zum einen gab das befragte Personal in PuSch B häufiger als die
Befragten in PuSch A an, dass mangelnde Deutschkenntnisse einzelner SuS sowie die Inklusion von
SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen die Durchführung des Unterrichts erschweren. Zum anderen
zeigte sich das verantwortliche Personal in PuSch B unzufriedener mit den zur Verfügung stehenden
Zeitressourcen als die befragten PuSch A-Lehrkräfte. Der Aussage, dass die Lehrkräfte mehr Zeit hät-
ten, um auf individuelle Lernschwierigkeiten der SuS einzugehen, traten die Befragten im Rahmen
von PuSch B dementsprechend deutlich skeptischer gegenüber. Die Ergebnisse können wie folgt er-
klärt werden: Erstens fällt die Klassenzusammensetzung in PuSch B insgesamt heterogener aus als in
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
28
PuSch A. Dies gilt wie gezeigt insbesondere bezüglich des Merkmals Migrations- und Fluchthinter-
grund, aber auch hinsichtlich des Ausmaßes der Beschulung ehemaliger Förderschüler/innen. Hier-
durch werden hohe Anforderungen an die Lehrkräfte der PuSch B-Klassen gestellt: Geflüchtete sowie
ehemalige SuS aus Förderschulen haben spezielle Bedürfnisse, auf die das Personal im Schulalltag
Rücksicht nehmen muss. Der Umgang mit Heterogenität gestaltet sich zudem herausfordernder durch
Abbildung 5: Aspekte der Unterrichtsgestaltung aus Sicht der Lehrkräfte
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
6
3
7
4
12
7
9
7
9
8
9
8
13
10
2
11
17
14
10
15
7
16
13
19
7
9
12
15
8
7
9
9
6
7
10
12
7
10
17
8
3
5
9
5
8
3
6
2
2
2
1
1
5
3
4
6
5
2
1
1
2
5
1
2
6
6
1
1
1
1
1
1
ebd. (n=21)
Die Inklusion von SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen
erschwert den Unterricht. (n=20)
ebd. (n=21)
Die SuS der Klasse sind streckenweise nicht fähig oder nicht
gewillt, den Lernstoff zu bewältigen. (n=20)
ebd. (n=21)
Mangelnde Deutschkenntnisse einzelner SuS erschweren
den Unterricht. (n=20)
ebd. (n=21)
Das Verhalten einzelner SuS stört öfters die
Lernatmosphäre. (n=20)
ebd. (n=21)
Häufiges Fehlen von SuS erschwert die Durchführung des
Unterrichts. (n=20)
ebd. (n=21)
Der Klassenzusammenhalt ist insgesamt gut. (n=20)
ebd. (n=21)
Mehrere SuS in der Klasse haben schwerwiegende
persönliche Probleme. (n=20)
ebd. (n=21)
Die SuS beteiligen sich in der PuSch-Klasse aktiv(er) am
Unterricht (als in den Regelklassen). (n=20)
ebd. (n=21)
Fehlverhalten von SuS zieht für diese Konsequenzen nach
sich. (n=20)
ebd. (n=21)
Als Lehrkraft ist man mitverantwortlich, dass die SuS die
Schule nicht abbrechen. (n=20)
ebd. (n=21)
In der PuSch-Klasse haben die Lehrkräfte mehr Zeit, um auf
individuelle Lernschwierigkeiten einzugehen. (n=20)
ebd. (n=21)
Ich komme mit den SuS der PuSch-Klasse gut zurecht.
(n=20)
stimme voll zu teils/teils stimme nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
29
die nicht zu vernachlässigende Tatsache, dass die PuSch B-SuS vorrangig von anderen Schulen in die
Klassen einmünden dürften und die Verantwortlichen in PuSch B somit vorab vergleichsweise weniger
Informationen über die Jugendlichen haben dürften. In PuSch A erfolgt die Selektion der SuS hingegen
zu einem Gutteil schulintern, so dass man die Ausgangs- und Problemlagen sowie die Geeignetheit
der SuS insgesamt besser kennen bzw. einordnen können sollte. Aus Sicht der PuSch B-Lehrkräfte ist
die Durchführung des Unterrichts folglich aus nachvollziehbaren Gründen herausfordernder als im
Rahmen von PuSch A, wenngleich die SuS in PuSch B womöglich aufgrund ihres Alters reifer sind als
die SuS in PuSch A. Trotz der unterschiedlichen gelagerten Herausforderungen attestierten die be-
fragten Lehrkräfte beider Programmteile den PuSch-Klassen einen insgesamt relativ guten Zusam-
menhalt.
Abbildung 6: Lernfortschritte der PuSch-SuS (gemäß Selbsteinschätzung)
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
Die SuS wurden zudem zu ihren Lernfortschritten entlang verschiedener Fächer des allgemeinbilden-
den Unterrichts befragt (vgl. Abbildung 6). Insgesamt waren die Jugendlichen überwiegend zufrieden
mit ihren Lernerfolgen. So gaben fast vier Fünftel der PuSch A-SuS an, dass sich ihre Leistungen deut-
lich (Anteil: 40 %) oder leicht (Anteil: 38 %) verbessert hätten. Etwas niedriger fallen die Anteilswerte
unter den PuSch B-SuS aus (Anteil: „deutlich verbessert“: 34 %; Anteil „leicht verbessert“: 35 %). Ein
vergleichender Blick auf die einzelnen Fächer zeigt, dass PuSch B-SuS gemäß ihrer Selbsteinschätzung
etwas bessere Lernerfolge in Mathematik erzielen konnten als PuSch A-SuS. Umgekehrt verhält es
sich dagegen in Englisch. Wenn man auf das Geschlecht und den Migrationshintergrund der SuS re-
kurriert, so ergeben sich einige Differenzen. Geschlechtsspezifische Differenzen existieren insbeson-
dere bei PuSch B-SuS in Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern zugunsten von Männern.
Auch insgesamt bewerteten Männer ihre Lernerfolge deutlich besser als Frauen: Während rund drei
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ebd. (n=195)
insgesamt (n=112)
ebd. (n=212)
Naturwissenschaften (n=119)
ebd. (n=203)
Englisch (n=118)
ebd. (n=219)
Mathematik (n=119)
ebd. (n=222)
Deutsch (n=119)
deutlich verbessert leicht verbessert
in etwa gleich geblieben (etwas oder deutlich) verschlechtert
keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
30
Viertel der Männer (Anteil: 76 %) ihre Leistungen insgesamt deutlich oder geringfügig verbessert sa-
hen, waren nur etwas mehr als die Hälfte der Frauen dieser Ansicht (Anteil: 54 %). Zwei mögliche Er-
klärungen kommen hierbei ins Spiel: Zum einen ist es möglich, dass Frauen in den oftmals männer-
dominierten Klassen geringere Lernfortschritte erzielen, weil der Unterricht für Männer passungsfä-
higer ausgestaltet ist als für Frauen (Budde 2013). Zum anderen ist es möglich, dass Frauen ihre eige-
nen Leistungen und Fähigkeiten zurückhaltender einschätzen als Männer. Eindeutig lässt sich der
Sachverhalt zwar an dieser Stelle nicht klären, die Evidenz deutet jedoch eher auf die zweite Erklä-
rungsvariante hin. Zum einen zeigt der bereits berichtete Ergebnisindikatorwert, dass Männer und
Frauen im Rahmen von PuSch B gleich erfolgreich sind (Abschlussquote Männer: 69,7 %; Abschluss-
quote Frauen: 69,1 %). Zum anderen fühlen sich Frauen in den PuSch B-Klassen nahezu genauso wohl
wie Männer. So lassen sich z. B. bei der Bewertung der Klassenzimmeratmosphäre keine ausgepräg-
ten Differenzen zwischen den Geschlechtern feststellen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die überwiegende Mehrheit der SuS die jeweilige PuSch-
Klasse als hilfreiches und lernförderliches Angebot wahrnimmt. Dem verantwortlichen Lehr- und So-
zialpädagogikpersonal gelingt es folglich größtenteils, den Unterricht entsprechend der Zielgruppen
auszugestalten und ihnen zu Fortschritten zu verhelfen. Die Antworten des Personals weisen dabei
darauf hin, dass diese Leistung mit größeren Herausforderungen verbunden ist – eine Feststellung,
die aufgrund der heterogeneren Klassenzusammensetzungen für das Personal in PuSch B-Klassen
(noch) stärker zutrifft als für das Personal in PuSch A-Klassen.
Bedeutung und Funktionen der sozialpädagogischen Begleitung in den PuSch-Klassen
Die ESF-Mittel fließen im Rahmen der Förderung ausschließlich in das sozialpädagogische Personal,
welches die SuS der PuSch-Klassen sowie gewisse Unterrichtsstunden pro Woche begleitet. Der sozi-
alpädagogischen Begleitung kommt im Rahmen von PuSch eine wichtige Rolle zu, da die Jugendlichen
ihre zuvor zumeist negativen Schulerfahrungen überwinden und im Zuge der Beschulung in PuSch-
Klassen eine positive Einstellung und Zielperspektive in Richtung Schulabschluss entwickeln müssen.
Vor diesem Hintergrund interessiert in der Evaluation auch, welche Funktionen das sozialpädagogi-
sche Personal übernimmt und wie die SuS die sozialpädagogische Begleitung wahrnehmen und in
Anspruch nehmen.
Alle PuSch A-Schulen gaben an, dass es unabhängig von der ESF-Förderung eine Person für die sozi-
alpädagogische Begleitung an der Schule gibt. Im Rahmen von PuSch B berichteten hiervon fast alle
Schulen. Zwei Schulen verneinten dies hingegen. Nur sehr selten ist diese Person zugleich der/die für
PuSch zuständige Sozialpädagoge/in gewesen. Nichtsdestotrotz gab die große Mehrheit der Lehr-
kräfte programmteilübergreifend an, dass PuSch nicht der erste Kontakt mit dem/r dort eingesetzten
Sozialpädagogen/in gewesen ist. Folglich bestand die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und
dem/r Sozialpädagogen/in zumeist bereits zuvor. In PuSch A arbeitete das sozialpädagogische Perso-
nal in 40 % der Fälle zuvor auch in anderen Kontexten an der entsprechenden Schule. Bei PuSch B
bezifferte sich der entsprechende Anteil auf 57 %. Häufig ist das sozialpädagogische Personal somit
bereits aus anderen – vermutlich anlassbezogenen – schulinternen Zusammenhängen bekannt gewe-
sen. In den anderen Fällen wurden lokale Träger angesprochen, um das sozialpädagogische Personal
für die Durchführung von PuSch-Klassen zu akquirieren. Ausschreibungen spielten hingegen im Rah-
men der Personalakquise nur eine marginale Rolle.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
31
Abbildung 7: Aufgabenbereiche der sozialpädagogischen Begleitung im Rahmen von PuSch
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018.
Abbildung 7 gibt einen Überblick über die Funktionen der sozialpädagogischen Begleitung im Rahmen
von PuSch. Es zeigt sich, dass der/die Sozialpädagoge/in ein breites Spektrum an Aufgaben über-
nimmt. Zum Standardrepertoire gehören zuvorderst berufsorientierende Angebote wie z. B. Einzel-
betreuung, individuelle Praktikumsbegleitung, Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche, Üben von Be-
werbungsschreiben sowie die Zusammenarbeit mit den Betrieben zwecks Praktikumsbegleitung und
-akquise. Ferner zählen z. B. Maßnahmen zur Konfliktprävention und -intervention, Sozialkompetenz-
trainings und erlebnispädagogische Elemente sowie Einzelgespräche mit den SuS bei persönlichen
Problemen zu den Standardaufgaben der sozialpädagogischen Begleitung. Auch der Elternarbeit und
Zusammenarbeit mit anderen lokalen Akteuren nimmt sich der/die Sozialpädagoge/in im Regelfall an.
Gegen Ende der PuSch-Klassen übernimmt die sozialpädagogische Begleitung auch Aufgaben zur Un-
terstützung der SuS beim Einstieg in den Beruf oder Übergang in eine weiterführende Schule. Zwi-
schen PuSch A und PuSch B lassen sich bezüglich der Aufgabenübernahme nur wenige Differenzen
identifizieren. Im Rahmen von PuSch B werden Sozialpädagogen/innen jedoch offenbar stärker als in
PuSch A bei der Erstellung und Pflege individueller Förderpläne involviert. Eine Nachmittagsbetreuung
für SuS mit Nachhilfebedarf scheint weder bei PuSch A noch bei PuSch B zum Standardangebot der
gelisteten Aufgabenbereiche zu gehören. Dies kann womöglich damit erklärt werden, dass die Stun-
dentafel für PuSch-SuS zeitlich ohnehin bereits recht umfangreich ausfällt und die SuS zeitlich mehr
bindet als reguläre Schulangebote. Zu den sonstigen Aufgabenbereichen zählten die Befragten z. B.
Unterstützungs-/Beratungstätigkeiten des Lehrerkollegiums, Treffen mit dem Kollegium, den Besuch
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0 5 10 15 20 25
Sonstige Aufgaben
Nachmittagsbetreuung für SuS mit Nachhilfebedarf
Erstellung und Pflege individueller Förderpläne
Einzelbetreuung bei persönlichen Problemen (z. B.
Umgang mit Schulden, familiären Problemen)
Durchführung der Praxisreflexion
Begleitung des Berufseinstiegs bzw. des Übergangs in eine
weiterführende Schule (zum Ende von PuSch)
Sozialkompetenztrainings, erlebnispädagogische Elemente
Konfliktprävention und -intervention
Elternarbeit
Zusammenarbeit mit Betrieben zur Praktikumsbegleitung
und -akquise
Zusammenarbeit mit außerschulischem
Unterstützungssystem (z. B. Jugendhilfe)
Einzelbetreuung zur Berufsorientierung, individuelle
Praktikumsbegleitung
Vorbereitung der SuS auf Vorstellungsgespräche /
Bewerbungsschreiben
PuSch A (n=20) PuSch B (n=21)
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
32
von Konferenzen und Bildungsmessen sowie die Dokumentation für das ESF-Monitoringsystem. Nur
wenige Befragte berichteten davon, dass für die Arbeit des/r Sozialpädagogen/in zusätzliche Stunden
zur Verfügung stehen, die über die Mittelabdeckung der ESF-Förderung hinausgehen (z. B. aus Eigen-
mitteln des Trägers). Im Rahmen von PuSch A traf dies auf zwei von insgesamt 20 Klassen zu, im Kon-
text von PuSch B war dies bei sechs von insgesamt 21 Klassen zutreffend.
Abbildung 8: Inanspruchnahme der sozialpädagogischen Begleitung durch die PuSch-SuS
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
Jedem Angebot steht eine Nachfrage gegenüber. Folglich ist auch die Sichtweise der SuS bezüglich der
sozialpädagogischen Begleitung von Relevanz (vgl. Abbildung 8). Hierbei zeigt sich, dass jeweils rund
zwei Drittel der SuS beider Förderlinien offenbar häufiger das Gespräch mit dem/r Sozialpädago-
gen/in suchen. Hingegen haben 14 % (PuSch A) bzw. 18 % (PuSch B) zum Befragungszeitpunkt kaum
oder gar nicht auf die sozialpädagogische Begleitung zurückgegriffen. Die Antwortverteilungen der
weiteren Items implizieren – zumindest aus Sicht der SuS – eine etwas höhere Relevanz der Sozialpä-
dagogik in PuSch B- als in PuSch A-Klassen. Bemerkbar macht sich diese Feststellung z. B. an Gesprä-
chen über persönliche Sorgen und Probleme. Während fast zwei Drittel der PuSch B-SuS hiervon be-
richteten (Anteil: 64 %), waren es unter den PuSch A-SuS „nur“ rund die Hälfte (Anteil: 52 %). Ähnlich
fallen die Differenzen bezüglich der Aufrechterhaltung der Motivation (Anteil PuSch A: 62 %; Anteil
PuSch B: 75 %) sowie hinsichtlich des Aufzeigens von Anschlussoptionen nach der Schule (Anteil PuSch
A: 68 %; Anteil PuSch B: 79 %) aus. Am geringsten sind die Unterschiede zwischen beiden Förderlinien
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ebd. (n=217)
Bisher habe ich mit dem Sozialpädagogen / der
Sozialpädagogin kaum oder gar nicht gesprochen.
(n=116)
ebd. (n=222)
Ich konnte über meine persönlichen Sorgen und
Probleme reden. (n=117)
ebd. (n=220)
Der Sozialpädagoge / die Sozialpädagogin hat mich
motiviert, meinen Schulabschluss zu schaffen. (n=117)
ebd. (n=219)
Der Sozialpädagoge / die Sozialpädagogin hat mir
geholfen, darüber nachzudenken, was ich nach der
Schule machen kann. (n=120)
ebd. (n=219)
Während des Praktikums konnte ich den
Sozialpädagogen/die Sozialpädagogin immer erreichen,
wenn ich wollte. (n=118)
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft (eher) nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
33
bezüglich der Erreichbarkeit des/r Sozialpädagogen/in während der Praktikumszeit (Anteil PuSch A:
63 %; Anteil PuSch B: 66 %). Zuvor wurde darüber berichtet, dass sich das PuSch B-Personal ver-
gleichsweise weniger als das PuSch A-Personal dazu in der Lage sieht, hinreichend auf die individuel-
len Bedürfnisse der SuS einzugehen. Im Rahmen von PuSch B scheinen somit die verfügbaren Res-
sourcen nicht immer auszureichen, um die – im Vergleich zu PuSch A stärkere – Inanspruchnahme
der sozialpädagogischen Begleitung der SuS vollständig abbilden zu können.
Insgesamt implizieren die Ergebnisse, dass die Mehrheit der SuS von der sozialpädagogischen Beglei-
tung Gebrauch gemacht und dabei hilfreiche Unterstützung erfahren hat. Dagegen war die sozialpä-
dagogische Hilfestellung für manche SuS entweder nicht notwendig oder sie entsprach nicht den ei-
genen Vorstellungen. Welcher Faktor hierbei überwiegt, lässt sich anhand des Datenmaterials nicht
eindeutig ausmachen. Möglich ist zudem, dass die Inanspruchnahme der sozialpädagogischen Beglei-
tung durch die SuS selbstselektiv und selbstverstärkend erfolgt: Während diejenigen SuS mit einer
vergleichsweise positiven Einstellung gegenüber der PuSch-Klasse das Angebot intensiver nutzen,
meiden SuS mit einer vergleichsweise negativen Einstellung gegenüber der PuSch-Klasse das Angebot
eher. Zumindest ein Abgleich des Nutzungsverhaltens mit der Wahrnehmung des allgemeinbildenden
Unterrichts durch die SuS (vgl. Abbildung 4) kann diese Vermutung nicht bestätigen.
Berufsorientierung und betriebliche Praktika
Ein wesentlicher Bestandteil der PuSch-Förderung ist die Berufsorientierung und das Sammeln von
beruflichen Erfahrungen in Form von betrieblichen Praktika. Auch hierüber können die Jugendlichen
im besten Falle über Anerkennungserfahrungen (außerhalb des engeren Schulkontextes) ein positi-
ves Selbstkonzept und eine zukunftsweisende Anschlussperspektive entwickeln. Vor diesem Hinter-
grund wurden die Jugendlichen zur Zufriedenheit mit der Gestaltung des berufsbildenden Unterrichts
und den betrieblichen Praktika befragt.
Die Ergebnisse zur Zufriedenheit mit der Gestaltung des berufsbildenden Unterrichts deuten in eine
ähnliche Richtung wie beim allgemeinbildenden Unterricht: Nur sehr wenige befragte SuS vertraten
die Ansicht, dass der Unterricht für sie den Charakter einer verloren gegangenen Zeit hätte (vgl. Abbil-
dung 9). Die überwiegende Mehrheit konnte dem praktisch orientierten Unterricht folglich etwas Nütz-
liches abgewinnen. Jeweils rund vier Fünftel der Jugendlichen stimmten der Aussage (eher) zu, dass
sie verstehen, wozu sie das Schulwissen in der Praxis und im Beruf gebrauchen könnten. Zudem
stellte der berufsbildende Unterricht für die Mehrheit der befragten SuS eine angemessene Vorberei-
tung auf die Praxistage bzw. Praktika in den Betrieben dar. Jeweils rund ein Drittel sah diesen Aspekt
jedoch nur bedingt oder eher nicht als gegeben an. PuSch B-SuS (Anteil mit Zustimmung: 55 %) konn-
ten etwas häufiger als PuSch A-SuS (Anteil mit Zustimmung: 43 %) für sie interessante Berufsfelder
entdecken. Diese Differenz ist womöglich die Folge der stärkeren Verankerung der Praxis und Berufs-
orientierung an den beruflichen Schulen. Jeweils rund ein Viertel ist dagegen nicht mit interessanten
Berufsfeldern in Berührung gekommen. Zwischen beiden Programmteilen gibt es ferner Unter-
schiede, wenn man das Geschlecht hinzuzieht. Bei PuSch A konnte etwas mehr als die Hälfte der
Frauen interessante Berufsfelder für sich entdecken (Anteil: 54 %), aber lediglich etwas mehr als ein
Drittel der Männer (Anteil: 37 %). Bei PuSch B verhält es sich hingegen genau umgekehrt: Hier schei-
nen die Berufsfelder männlichen Jugendlichen (Anteil: 58 %) mehr zuzusagen als weiblichen SuS (An-
teil: 47 %). Bezüglich der thematisierten Berufsfelder gibt es aus Sicht der SuS also durchaus Optimie-
rungspotenzial. Denkbar wäre es für die Lehrkräfte z. B., häufiger als bisher Vorschläge der SuS auf-
zugreifen und stärker auf entsprechende Berufsfelder im Unterricht einzugehen.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
34
Abbildung 9: Zufriedenheit der PuSch-SuS mit der Gestaltung des berufsbildenden Unterrichts
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
Ein Blick auf die Berufsfelder zeigt, dass die Bereiche Metall, Hauswirtschaft und Holz am häufigsten
im Vordergrund des berufsbildenden Unterrichts gestanden haben (vgl. Abbildung 10). Zwischen bei-
den Programmteilen gibt es dabei einige Differenzen. So wurde der Holzbereich in PuSch A-Klassen
offenbar deutlich häufiger in den Fokus gerückt als in PuSch B-Klassen. Selbiges gilt auch für die Be-
reiche Gastgewerbe/Gastronomie, den Einzelhandel sowie den Bereich (Kfz-)Mechanik/ Mechatronik.
Umgekehrt verhält es sich in der Hauswirtschaft und insbesondere im Bereich Pflege/ Gesundheit. Die
Berufsfelder Malerei/Lackiererei sowie Wirtschaft/Verwaltung spielten in beiden Förderlinien lediglich
untergeordnete Rollen. Zieht man das Geschlecht hinzu, so zeigt sich eine klassische Aufteilung von
Männern und Frauen auf die abgefragten Berufsfelder. Während mehr Männer als Frauen über ein
Kennenlernen der Bereiche Metall, Holz, Elektrotechnik und (Kfz-)Mechanik/Mechatronik berichteten,
sammelten Frauen häufiger Erfahrungen in den Berufsfeldern Hauswirtschaft und Gastge-
werbe/Gastronomie. Im Bereich Pflege/Gesundheit war das Geschlechterverhältnis hingegen relativ
ausgewogen. Einige SuS gaben zudem sonstige Berufsfelder an. Hierzu zählten z. B. der Garten- und
Landschaftsbau, das Friseurhandwerk, die Floristik und erzieherische Berufe. Obgleich sich die Frage
zu den Berufsfeldern ausschließlich auf den Kontext der berufsbildenden Schule und nicht auf etwa-
ige absolvierte Praktika bezogen hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die befragten SuS ihre
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ebd. (n=216)
Der Unterricht war für mich verlorene Zeit. (n=107)
nur PuSch A: Das häufige Hin und Her zwischen den
Schulen war mir zu stressig. (n=106)
ebd. (n=216)
Ich habe häufiger gefehlt, weil ich keine Lust hatte. (n=106)
ebd. (n=217)
Ich habe mich mit anderen Schülern/innen (anderer
Klassen) ausgetauscht. (n=106)
ebd. (n=217)
Ich konnte mich nicht gut auf die unterschiedlichen
Lerninhalte einlassen. (n=106)
ebd. (n=217)
Ich habe interessante Berufsfelder für mich entdeckt.
(n=108)
ebd. (n=220)
Der berufsbildende Unterricht hat mich auf die
Praxistage/Praktika in den Betrieben vorbereitet. (n=106)
ebd. (n=224)
Ich verstehe, wozu das Schulwissen in der Praxis und im
Beruf gut ist. (n=108)
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft (eher) nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
35
Antworten auf Basis beider Erfahrungen gemacht haben. Zwischen den Angaben der SuS zu den Be-
rufsfeldern und zu den absolvierten Praktika bestehen starke Überschneidungen. Programmteilüber-
greifend berichteten viele SuS über Praktika im Einzelhandel und Verkauf. Auch die (KfZ-)Mecha-
nik/Mechatronik stand unabhängig vom Programmteil insbesondere bei männlichen Jugendlichen
hoch im Kurs. PuSch B-SuS berichteten oftmals über Praktika in der (Alten-)Pflege sowie in Arztpraxen.
Ferner absolvierten die Jugendlichen häufig Praktika in den Bereichen Gastgewerbe/Gastronomie, Er-
ziehung (Kindergarten) sowie im Friseurhandwerk. Daneben sammelten viele Befragte in unterschied-
lichsten handwerklichen oder handwerksnahen Berufen praktische Erfahrungen (z. B. Bäcker- und
Schreinerhandwerk, Elektrik, Metallbau).
Abbildung 10: Behandelte Berufsfelder im berufsbildenden Unterricht
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018.
Bei einem Blick auf die Zufriedenheitswerte zu den absolvierten Praktika ergibt sich ein relativ positi-
ves Bild (vgl. Abbildung 11). Weniger als 10 % der befragten SuS berichteten jeweils von einer verlore-
nen Zeit. Ferner passten die Praktika jeweils nur bei einer Minderheit der Jugendlichen nicht zu den
eigenen Vorstellungen (Anteil PuSch A: 10 %; Anteil PuSch B: 7 %). Obgleich der Arbeitsalltag für recht
viele Jugendliche auch Herausforderungen mit sich brachte, ist die Praktikumszeit für die meisten Ju-
gendlichen mit eher positiven Erfahrungen und nützlichen Einblicken verbunden gewesen. Die Mehr-
heit der SuS gab z. B. an, durch die Praktika in der Berufswahl gefestigt worden zu sein. 72 % aller
PuSch A- und 63 % aller PuSch B-SuS berichteten entsprechend davon, dass sie durch die Praktika
eruiert hätten, welche Berufe sie erlernen möchten. Jeweils mehr als die Hälfte der Jugendlichen ab-
solvierte offenbar ein Praktikum bei einem Betrieb, wo es für sie vorstellbar ist, im Anschluss an die
Schule eine Ausbildung zu beginnen (Anteil PuSch A: 60 %; Anteil PuSch B: 62 %). Auch mit der Betreu-
ung in den Betrieben zeigten sich die SuS größtenteils zufrieden. So berichteten drei Viertel Anteil der
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sonstige Berufsfelder
Pflege/Gesundheit
Wirtschaft/Verwaltung
Malerei/Lackiererei
(KfZ-)Mechanik/Mechatronik
Einzelhandel
Gastgewerbe/Gastronomie
Elektrotechnik
Holz
Hauswirtschaft
Metall
PuSch A (n=111) PuSch B (n=216)
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
36
PuSch A-SuS (75 %) und nahezu vier Fünftel der PuSch B-SuS (Anteil: 79 %) über eine feste Ansprech-
person während der Praktikumszeit. Folglich gab es in den Betrieben offenbar häufig eine Person, die
sich für die Jugendlichen zuständig gefühlt hat.
Abbildung 11: Zufriedenheit der PuSch-SuS mit den absolvierten Praktika
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
Auch die Sichtweise der Lehrkräfte wurde bezüglich der Praktika eingefangen (vgl. Abbildung 12). Ob-
gleich die Mehrheit von einer insgesamt funktionierenden Zusammenarbeit mit den Betrieben be-
richtet hat, scheint die Kooperation zwischen PuSch A-Schulen und den Betrieben im Zuge der Orga-
nisation der Praktika etwas reibungsfreier zu funktionieren als zwischen PuSch B-Schulen und den
Betrieben. Das Personal der PuSch B-Schulen hat die Begleitung der SuS vor, während und nach der
Praktikumszeit etwas zeitaufwändiger wahrgenommen als die Befragten der PuSch A-Schulen. Ferner
scheint die Akquise von Betrieben bzw. das Finden geeigneter Praktika für PuSch B-SuS etwas schwie-
riger zu sein als für PuSch A-SuS. Die Mehrheit der Befragten gab an, regelmäßig in Kontakt mit den
Praktikumsbetrieben zu stehen. Diese Aufgabe wird im Regelfall von der sozialpädagogischen Beglei-
tung übernommen. Die Rückmeldungen der Betriebe über die SuS fallen aus der Sicht des befragten
Personals eher gemischt aus. Praktika können für die Zielgruppe die Funktion eines Türöffners haben.
Jedoch überwog insbesondere bei den befragten Lehrkräften der PuSch B-Klassen diesbezüglich eher
Skepsis. Lediglich knapp 10 % waren ohne Einschränkungen der Ansicht, dass die Jugendlichen gute
Chancen besäßen, beruflich in den Praktikumsbetrieben Fuß zu fassen. Im Rahmen von PuSch A war
dagegen fast die Hälfte der Befragten dieser Ansicht (Anteil: 45 %).
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1%
ebd. (n=220)
Die Praktika waren für mich verlorene Zeit. (n=121)
ebd. (n=219)
Ich bin noch nicht bereit, jeden Tag von morgens bis
spätnachmittags zu arbeiten. (n=121)
ebd. (n=217)
Die Praktika passten zu meinen Vorstellungen. (n=119)
ebd. (n=216)
Die Praktika haben mir gezeigt, welche Berufe ich nicht
erlernen will. (n=120)
ebd. (n=219)
Die Praktika haben mir so gut gefallen, dass ich mir
vorstellen kann, dort eine Ausbildung anzufangen. (n=120)
ebd. (n=219)
Die Praktika haben mir gezeigt, welche Berufe ich erlernen
will. (n=118)
ebd. (n=221)
Ich hatte im Praktikum eine feste Ansprechperson. (n=121)
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft (eher) nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
37
Abbildung 12: Praktika und Zusammenarbeit mit den Betrieben aus Sicht der Lehrkräfte
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
Insgesamt lassen sich auf Basis der Befragungsergebnisse zum berufsbildenden Unterricht und den
Praktika an dieser Stelle folgende Punkte festhalten: Obwohl offenbar nicht für alle SuS die passenden
Berufsfelder aufgegriffen werden, existiert im Großen und Ganzen eine recht ordentliche Passungs-
fähigkeit zwischen den Interessen und Vorstellungen der SuS und den im Fokus stehenden Berufsbe-
reichen. Zwischen den Berufsfeldern und den betrieblichen Praktika existieren relativ enge Verbin-
dungen. Positiv zu bewerten ist ferner, dass die SuS größtenteils zufrieden mit den absolvierten Prak-
tika sind und mehrheitlich Fortschritte im Berufswahlprozess machen. Recht viele Jugendliche können
sich vorstellen, nach der Schule eine Ausbildung im jeweiligen Praktikumsbetrieb zu beginnen. Aller-
dings stehen die Lehrkräfte dem chanceneröffnenden Charakter der Praktika eher verhalten gegen-
über. Die Antwortmuster des verantwortlichen Personals deuten zudem darauf hin, dass die Umset-
zung der Praktika in PuSch A etwas weniger herausfordernd ist als in PuSch B – ein Resultat, welches
in ähnlicher Form bereits bezüglich der Durchführung des allgemeinbildenden Unterrichts herausge-
stellt worden ist.
Zusammenarbeit mit anderen lokalen Akteuren und zwischen den kooperierenden Schulen
Die PuSch-Förderung ist gemäß ihrer Ausrichtung und angesichts der relativ komplexen und hetero-
genen Ausgangs- und Problemlagen der Jugendlichen grundlegend kooperativ angelegt. Es lässt sich
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ebd. (n=21)
Die Zusammenarbeit mit den Betrieben funktioniert
insgesamt (sehr) gut. (n=20)
ebd. (n=21)
Die Begleitung der SuS vor, während und nach den
Praktika ist zu zeitaufwändig. (n=20)
ebd. (n=21)
Die SuS berichten öfter über Probleme, geeignete
Praktikumsplätze zu finden. (n=20)
ebd. (n=21)
Wir beobachten eine starke Konzentration auf einzelne
Betriebe/ Branchen. (n=20)
ebd. (n=21)
Die Betriebe geben überwiegend positive
Rückmeldungen in Bezug auf die SuS. (n=20)
ebd. (n=21)
Es besteht für die PuSch-SuS eine gute Chance, in den
Praktikumsbetrieben beruflich Fuß zu fassen. (n=20)
ebd. (n=21)
Wir (die Lehrkräfte/ Sozialpädagogen/innen) haben
regemäßig direkten Kontakt zu den Betrieben. (n=20)
stimme voll zu teils/teils stimme nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
38
vermuten, dass die Schulen für die Durchführung der PuSch-Förderung – neben den Betrieben und
dem zumeist bei Trägern angestelltem sozialpädagogischen Personal – mit weiteren lokalen Akteuren
kooperieren, um auf Ressourcen externer Unterstützungssysteme zurückzugreifen. Abbildung 13 gibt
einen Überblick über die Antworten der befragten Lehrkräfte entlang verschiedener potenzieller Ko-
operationspartner. Nahezu alle Befragten pflegen (sehr) enge Kontakte mit Agenturen für Arbeit. Mit
anderen Akteuren bestehen hingegen – zumindest im Rahmen der Durchführung der PuSch-Klassen
– deutlich seltener engere Kontakte, wobei PuSch B offenbar stärker in kooperative Netzwerke einge-
bettet ist als PuSch A. So kooperieren PuSch B-Schulen deutlich intensiver mit Jugendhilfe- und Bil-
dungsträgern sowie Beratungsstellen als PuSch A-Schulen. Erklärt werden können die Unterschiede
womöglich durch die unterschiedlichen Altersgruppen beider Programmteile sowie die vergleichs-
weise höhere Heterogenität der SuS in den PuSch B-Klassen, wobei insbesondere die spezifischen
Bedürfnisse geflüchteter Personen eine Rolle spielen dürften. Mit Kammern und Innungen fällt die
Kooperationsintensität vergleichsweise am geringsten aus. Auch die Betriebe wurden in der Abfrage
Abbildung 13: Intensität der Zusammenarbeit der Schulen mit lokalen Akteuren
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
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ebd. (n=20)
Kammern und Innungen (n=20)
ebd. (n=21)
Beratungsstellen (Schuldnerberatung, Drogenberatung,
etc.) (n=18)
ebd. (n=20)
Großunternehmen (n=18)
ebd. (n=21)
Bildungsträger (n=20)
ebd. (n=20)
Jugendhilfeträger (n=18)
ebd. (n=21)
Jobcenter (n=18)
ebd. (n=17)
KMU aus dem Dienstleistungsbereich (n=20)
ebd. (n=20)
KMU aus dem verarbeitenden/produzierenden
Gewerbe (n=20)
ebd. (n=21)
Agentur für Arbeit (n=20)
(sehr) eng teils/teils (sehr) lose kein Kontakt
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
39
nochmals aufgegriffen, um zu erfahren, mit welcher Art von Unternehmen die Schulen im Zuge der
Praktika zu tun haben. Es zeigt sich hierbei, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) deutlich
häufiger als Großunternehmen als Anlaufstellen für Praktika dienen. PuSch A-Schulen kooperieren
deutlich stärker mit KMU des verarbeitenden bzw. produzierenden Gewerbes als mit KMU des Dienst-
leistungssektors. Im Rahmen von PuSch B fällt das Verhältnis diesbezüglich etwas ausgewogener aus.
Zentral verankert in der Durchführung von PuSch A-Klassen ist der Unterricht an zwei verschiedenen
Lernorten. Daher wurden die beteiligten Schulen zur Funktionsweise und Zufriedenheit mit der zwi-
schenschulischen Zusammenarbeit befragt. Hierbei wurde auch die Perspektive der kooperierenden
beruflichen Schulen berücksichtigt, die die PuSch A-SuS für den berufsbildenden Unterricht besuchen.
Für die überwiegende Mehrheit des befragten Personals stellte die PuSch-Förderung die erstmalige
Kooperationserfahrung mit dem jeweils anderen Schultypus dar. Die meisten Befragten berichteten
von einer wöchentlichen und anlassbezogenen Kontaktintensität. Die am häufigsten genutzten Kom-
munikationsformate deuten dabei insgesamt auf kurze und pragmatische Wege hin: So nutzten die
Befragten den informellen und persönlichen Austausch sowie die Kommunikation über E-Mail und
Telefon am meisten. Erst dahinter folgen zuvor geplante bzw. fest terminierte Einzeltreffen und Halb-
oder Jahreskonferenzen. Knapp die Hälfte der Befragten der kooperierenden beruflichen Schulen be-
richtete davon, dass die sozialpädagogische Begleitung der PuSch A-Klassen wöchentlich im Unter-
richt anwesend ist. Rund ein Drittel gab eine anlassbezogene Anwesenheit des sozialpädagogischen
Personals an. Auch die Lehrkräfte der kooperierenden beruflichen Schulen wurden zur Unterrichts-
gestaltung befragt. Die Antwortmuster spiegeln dabei relativ gut das Meinungsbild der PuSch B-Lehr-
kräfte wider: Im Vergleich zu den PuSch A-Lehrkräften stellte sich die Unterrichtsdurchführung für die
Lehrkräfte der kooperierenden beruflichen Schulen etwas herausfordernder dar. Dies kann im Rah-
men von PuSch A womöglich damit erklärt werden, dass die Lehrkräfte der beruflichen Schulen ver-
gleichsweise deutlich weniger Erfahrungen im Umgang mit der jüngeren Zielgruppe von PuSch A ha-
ben als die Lehrkräfte der allgemeinbildenden Schulen.
Die Bewertung der zwischenschulischen Zusammenarbeit wird von den befragten Personen moderat
positiv eingeordnet (vgl. Abbildung 14). Als ein wenig optimierungsbedürftig erweist sich offenbar die
Häufigkeit des Austauschs unter den PuSch A-Lehrkräften beider Schulen, wobei insbesondere das
Personal der kooperierenden beruflichen Schulen nur mit Abstrichen von einer angemessenen Aus-
tauschhäufigkeit berichtete. Zu unterschiedliche Lehrmethoden und -ansätze haben die Zusammen-
arbeit dagegen nur in Einzelfällen beeinträchtigt. Etwas häufiger als die Lehrkräfte der allgemeinbil-
denden Schulen waren die Befragten der beruflichen Schulen der Ansicht, dass die Zusammenarbeit
wertvolle Impulse für die Ausgestaltung des eigenen Unterrichts mit sich bringt. Die Zustimmung zu
diesem Punkt hielt sich schulübergreifend aber eher in Grenzen. Mehrheitlich ordneten die Lehrkräfte
beider Schultypen die zwischenschulische Zusammenarbeit insgesamt als Erfolg ein. Einige Lehrkräfte
konnten zu den abgefragten Aspekten keine Angaben machen. Dies deutet womöglich darauf hin,
dass die Zusammenarbeit in den Schulen über andere Personen als die Befragten organisiert wird
(z. B. die Schuldirektion).
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
40
Abbildung 14: Zufriedenheit mit der schulischen Zusammenarbeit im Rahmen von PuSch A
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. Allgemeinbildende Schulen, PuSch A: Blaue Farbabstufungen; kooperierende be-
rufliche Schulen, PuSch A: Grüne Farbabstufungen.
Nutzen und Bewertung der PuSch-Förderung
Zu guter Letzt wurden sowohl die SuS als auch die Lehrkräfte nach dem Nutzen und der Sinnhaftigkeit
der PuSch-Förderung befragt. Während die SuS einerseits nach ihrem Kompetenzzuwachs befragt
worden sind sowie in Form einer Schulnote ihre Gesamtbewertung abgeben sollten, wurde die ab-
schließende Bewertung der Lehrkräfte anhand verschiedener Antwortvorgaben sowie einer offen for-
mulierten Frage eingefangen.
Die SuS bewerteten ihre berufliche und persönlich-soziale Kompetenzentwicklung im Zuge der PuSch-
Beschulung überwiegend positiv, wobei zwischen PuSch A und PuSch B keine nennenswerten Diffe-
renzen bestehen (vgl. Abbildung 15). Nahezu alle SuS gaben an, dass sie durch PuSch nun – mindestens
etwas – besser wüssten, worauf es bei einem Vorstellungsgespräch ankommt und wie Bewerbungs-
schreiben zu gestalten sind. Auch bezüglich der Berufswahlentscheidung konnten vergleichbar viele
SuS – mindestens geringfügige – Fortschritte erzielen. Viele Jugendliche berichteten zudem davon, ein
(etwas) besseres Einschätzungsvermögen über ihre beruflichen Chancen gewonnen zu haben. Die
mehrheitlich gestärkte Berufsorientierung wird zudem dadurch unterstrichen, dass die Jugendlichen
in einer gesonderten Frage zu jeweils zwei Dritteln (Anteil PuSch A: 67 %; Anteil PuSch B: 66 %) einen
konkreten Berufswunsch benennen konnten. Zu den einschlägigen Nennungen zählten korrespon-
dierend zu den behandelten Berufsfeldern und absolvierten Praktika relativ häufig Alten- oder Kran-
kenpfleger/in, Arzthelfer/in, Einzelhandel bzw. Verkäufer/in, Kfz-Mechaniker bzw. Mechatroniker so-
wie diverse handwerkliche bzw. handwerksnahe Berufe. Ähnlich positiv wie bei den beruflichen Kom-
petenzaspekten fällt die Selbsteinschätzung der Jugendlichen hinsichtlich ihrer persönlich-sozialen
Entwicklung aus. So war die Mehrheit der befragten SuS z. B. der Ansicht, nun – mindestens etwas –
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ebd. (n=17)
Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit der
beruflichen/allgemeinbildenden Schule ein Erfolg.
(n=20)
ebd. (n=17)
Die unterschiedlichen Lehrmethoden und -ansätze
erschweren eine sinnvolle Zusammenarbeit. (n=20)
ebd. (n=17)
Die Zusammenarbeit liefert wertvolle Impulse für die
Ausgestaltung des Unterrichts. (n=20)
ebd. (n=17)
Die Häufigkeit des Austauschs mit den PuSch A-
Lehrkräften der beruflichen/allgemeinbildenden Schule
ist angemessen. (n=20)
stimme voll zu teils/teils stimme nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
41
besser über eigene Stärken und Schwächen Bescheid zu wissen und mit schwierigen Situationen um-
gehen zu können.
Abbildung 15: Zuwachs von Kompetenzen bei den SuS im Zuge der PuSch-Beschulung
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
Es verwundert vor dem Hintergrund der bisher relativ positiv ausfallenden Ergebnisse wenig, dass die
SuS die PuSch-Klassen mehrheitlich mit (sehr) guten Noten bewertet haben (vgl. Tabelle 11). Im Rah-
men von PuSch A vergab fast ein Viertel der Jugendlichen die Note „sehr gut“ (Anteil: 23 %) und etwas
mehr als die Hälfte die Note „gut“ (Anteil: 53 %). SuS der PuSch B-Klassen gefiel die Ausgestaltung von
Schule im Rahmen der Förderung sogar noch besser: Hier vergaben über die Hälfte der befragten SuS
die Note „sehr gut“ (Anteil: 54 %) und ein Drittel die Note „gut“ (Anteil: 34 %). Korrespondierend zur
unterschiedlichen Notenverteilung fiel der Mittelwert der vergebenen Noten bei PuSch B (Durch-
schnittsnote: 1,7) um nahezu eine halbe Note besser aus als in PuSch A (Durchschnittsnote: 2,1). Ins-
gesamt impliziert die positive Gesamtbewertung der SuS eine weitgehend erfolgreiche Umsetzung
der PuSch-Klassen.
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ebd. (n=222)
Wie löse ich schwierige Situationen? (n=117)
ebd. (n=219)
Wo liegen meine persönlichen Stärken und wo bin ich nicht
so fit? (n=115)
ebd. (n=220)
Wie wirke ich / wie wirkt mein Verhalten auf andere
Personen? (n=117)
ebd. (n=210)
In welchen Berufen habe ich Chancen, eine Lehrstelle zu
bekommen? (n=116)
ebd. (n=225)
Welchen Beruf möchte ich erlernen und ausüben? (n=119)
ebd. (n=222)
Was gehört in meine Bewerbungsmappe und wie gestalte
ich sie? (n=116)
ebd. (n=223)
Was ist bei einem Vorstellungsgespräch wichtig? (n=117)
weiß ich viel mehr als vor PuSch ...etwas mehr als vor PuSch
...gleich viel wie vor PuSch keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
42
Tabelle 11: Gesamtbewertung von PuSch durch die SuS durch Notenvergabe
PuSch-Förderlinie PuSch A (n=120) PuSch B (n=216)
Notenverteilung
sehr gut 23% 54%
gut 53% 34%
befriedigend 18% 3%
ausreichend 3% 8%
mangelhaft 2% 1%
ungenügend 2% 0%
Mittelwert
alle SuS 2,1 1,7
…Frauen 2,0 1,7
…Männer 2,2 1,7
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018.
Die Gesamtbewertung der befragten Lehrkräfte fügt sich größtenteils gut in die Einordnung der Ju-
gendlichen ein, wenn auf die abgefragten Aspekte zum Nutzen der PuSch-Klassen für die SuS rekur-
riert wird (vgl. Abbildung 16). So war die überwiegende Mehrheit der Befragten von der Förderwirk-
samkeit der PuSch-Klassen für die SuS überzeugt. In vergleichbar starkem Ausmaß waren die Lehr-
kräfte ferner der Ansicht, dass der Praxisbezug der PuSch-Klassen wichtige Beiträge zur Berufsorien-
tierung der SuS leistet. Ähnlich positiv fielen auch die Antworten bezüglich verbesserter Chancen auf
einen erfolgreichen Hauptschulabschluss aus. Kritischer bewerteten die Lehrkräfte hingegen Aspekte
zu den Umsetzungsbedingungen der Förderung. Etwa jeweils die Hälfte der Befragten gab zu verste-
hen, dass noch mehr Ressourcen für die sozialpädagogische Betreuung eingesetzt werden müssten.
Nur eine Minderheit vertrat eine gegenteilige Ansicht. Die zuvor geäußerte Vermutung des höheren
Bedarfs an sozialpädagogischer Begleitung in PuSch B-Klassen kommt aber zumindest in dieser Ab-
frage nicht mehr zum Ausdruck. Der Bedarf an mehr Ressourcen für die sozialpädagogische Beglei-
tung wurde auch in der offen formulierten Frage von einigen Befragten nochmals bekräftigt. Auch
spezifisch für die Durchführung von PuSch erfolgte Weiterbildungen scheinen im Rahmen der Förde-
rung nicht der Standard zu sein. Bei PuSch B machten hierzu viele Befragte keine Angabe. Aufgrund
der generell hoch ausfallenden Heterogenität der Schülerschaft und wegen des bei PuSch B hohen
Ausmaßes an beschulten Personen mit Fluchthintergrund dürften Weiterbildungen für die Lehrkräfte
von hohem Nutzen für die methodisch-didaktische Gestaltung des Unterrichts, die Auseinanderset-
zung mit den Klassen oder die (noch) gezieltere Sprachförderung sein. Das Meinungsbild über die in
PuSch-Klassen zum Einsatz kommende Stundentafel sowie die Organisation der PuSch-Klassen fällt
eher zweigeteilt aus. Nur jeweils etwa die Hälfte der Befragten war der Ansicht, dass die Stundentafel
angemessen für die Schülerschaft der PuSch-Klassen ist. In der offen formulierten Frage wurde dieser
Aspekt von vielen Lehrkräften bestätigt. Im Rahmen von PuSch B wurde z. B. eine stärkere Fokussie-
rung auf Deutsch und Mathe gefordert. Ähnlich kritisch wird die Organisation der PuSch-Klassen ein-
geordnet, was wiederum darauf hindeutet, dass die Ressourcenlage in den Schulen mitunter (zu)
dünn ausfällt. Insbesondere diesen Aspekt griffen die Befragten programmteilübergreifend in der of-
fen gestellten Frage auf. So bestünden z. B. mitunter Mängel an den Räumlichkeiten. Auch fehle es
hin und wieder an finanziellen Mitteln für die Anschaffung von Materialien für den Unterricht sowie
für erlebnispädagogische Elemente (z. B. Ausflüge, Klassenfahrten). Sowohl in PuSch A als auch in
PuSch B wurde zudem häufig die Ausweitung der Beschulung von einem ein- auf einen zweijährigen
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
43
Zeithorizont als Optimierungswunsch geäußert. Im Rahmen von PuSch A wurde die zeitliche Auswei-
tung auch bei integrierten Gesamtschulen für sinnvoll gehalten, an denen die PuSch-Klassen gemäß
Förderleitlinie ausschließlich einjährig umgesetzt werden können. Im Rahmen von PuSch B wurde
überdies die Altersgrenze der Zielgruppe bemängelt. Nicht selten hielten die Befragten die Auswei-
tung der Zielgruppe auf über 18-jährige Jugendliche ohne Schulabschluss für sinnvoll. Obgleich dieser
und der bei der Frage zur Unterrichtsausgestaltung zum Ausdruck kommenden Herausforderungen
berichteten nahezu alle befragten Lehrkräfte davon, dass sie jederzeit wieder eine PuSch-Klasse un-
terrichten würden. Dies deutet seitens der Lehrkräfte auf eine ausgeprägte intrinsische Motivation
und hohe Einsatzbereitschaft für die PuSch-Schülerschaft hin.
Abbildung 16: Gesamtbewertung von PuSch durch die Lehrkräfte
Quelle: ISG-Klassenzimmer-Befragung 2018. PuSch A: Blaue Farbabstufungen; PuSch B: Grüne Farbabstufungen.
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ebd. (n=21)
Für die Durchführung der PuSch-Klasse wird / wurde das
eingesetzte Personal gezielt weitergebildet. (n=20)
ebd. (n=21)
Durch die PuSch-Klasse ist es gelungen, den SuS
geschlechtsuntypische Berufe näher zu bringen. (n=20)
ebd. (n=21)
Die eingesetzte Stundentafel ist gut geeignet für die
Schülerschaft der PuSch-Klasse. (n=20)
ebd. (n=21)
Die PuSch-Klasse ist gut organisiert (z. B. zeitlich,
Räumlichkeiten, Lehrmaterialien etc.). (n=20)
ebd. (n=21)
Für die sozialpädagogische Betreuung hätten noch mehr
Ressourcen zur Verfügung stehen müssen. (n=20)
ebd. (n=21)
Die Maßnahme trägt dazu bei, die Motivation der SuS zu
erhöhen. (n=20)
ebd. (n=21)
Die Maßnahme trägt dazu bei, dass die SuS an
Selbstbewusstsein gewonnen haben. (n=20)
ebd. (n=21)
Durch die PuSch-Klasse haben die SuS eine bessere Chance den
Hauptschulabschluss zu erreichen. (n=20)
ebd. (n=21)
Die PuSch-Klasse ist förderlich für (fast) alle teilnehmenden
SuS. (n=20)
ebd. (n=21)
Der Praxisbezug der PuSch-Klasse leistet einen wichtigen
Beitrag zur Berufsorientierung der SuS. (n=20)
ebd. (n=21)
Ich würde jederzeit wieder eine PuSch-Klasse unterrichten.
(n=20)
stimme voll zu teils/teils stimme nicht zu keine Angabe möglich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
44
Zusammenfassung der Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung
Die Befragungsergebnisse implizieren insgesamt, dass die PuSch-Klassen für die überwiegende Mehr-
heit der befragten Jugendlichen ein passungsfähiges Angebot darstellen, um sowohl den allgemein-
bildenden Wissensstand als auch die beruflichen und persönlich-sozialen Kompetenzen zu stärken.
Folglich kann mit der praxisfokussierten und kooperativen Ausgestaltung von PuSch unter Einbezug
von Betrieben (PuSch A und PuSch B) und kooperierenden Schulen (PuSch A) sowie dem intensiven
Einsatz von sozialpädagogischen Ressourcen offenbar für viele SuS ein Kontext von Schule geschaffen
werden, in dem ein erfolgreicher Abschluss wahrscheinlicher wird als bei einer Beschulung im regu-
lären Schulangebot. Hiervon zeugt auch der recht hoch ausfallende Ergebnisindikatorwert. Aus Sicht
der Lehrkräfte ist die Ausgestaltung des Unterrichts dabei mit gewissen Herausforderungen verbun-
den. In PuSch B-Klassen ist dies aufgrund der vergleichsweise höheren Heterogenität stärker der Fall
als in PuSch A-Klassen. Die positive Gesamtbewertung der PuSch-Klassen durch die SuS bekräftigt
dabei, dass das verantwortliche Personal trotz der Herausforderungen dazu in der Lage ist, ein lern-
und kompetenzförderliches Umfeld zu schaffen.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
45
6.2 Ergebnisse der CATI-Befragung zum längerfristigen Verbleib ehemaliger Schüler/innen
Feldphase und Merkmale der befragten ehemaligen PuSch-SuS
Anhand der Ergebnisse der CATI-Verbleibsbefragung zum längerfristigen Verbleib lassen sich Ein-
schätzungen darüber treffen, inwiefern ehemaligen PuSch-SuS der Einstieg in den Ausbildungs- und
Arbeitsmarkt oder der Übergang in weiterführende Schulen gelingen konnte. Die Befragung ist bei
Jugendlichen durchgeführt worden, deren PuSch-Beschulung zum Befragungszeitpunkt mindestens
ein Jahr zurückgelegen hat. Die Erhebung der Daten fand zu Beginn des Ausbildungsjahrs zwischen
Mitte September bis Anfang November 2018 statt. Die Kontakte ehemaliger SuS resultierten aus den
ESF-Monitoringdaten der WIBank zum Datenstand August 2018. Es wurden dabei nur diejenigen ehe-
maligen SuS berücksichtigt, die eine Einwilligung in Nacherhebungen erteilt haben und eine – zumin-
dest dem ersten Anblick nach valide – Telefonnummer angegeben haben. In Summe traf dies auf 951
Jugendliche zu. Wie zuvor bereits erwähnt worden ist, erwies sich die Durchführung der Befragung
wegen der schwachen Qualität der angegebenen Telefonnummern als herausfordernd. Während der
Feldzeit reduzierte sich die Zahl erreichbarer Personen von 951 auf 338. Annähernd zwei Drittel der
verfügbaren Kontakte fielen folglich aus. Die Feldzeit wurde aufgrund der früh absehbaren Schwierig-
keiten von ursprünglich vier auf sieben Wochen ausgedehnt. Jedoch führte auch die Verlängerung
nicht zu einer substanziellen Erhöhung der realisierten Interviews. Letztlich standen für die Auswer-
tung 136 Fälle zur Verfügung (vgl. Tabelle 12). Bezogen auf alle telefonisch erreichbaren Personen
(n=338) beläuft sich die bereinigte Rücklaufquote auf 40 %. Angesichts der Zielgruppe ist dies ein
durchaus akzeptabler Wert.
Tabelle 12: Feldphase und Ausschöpfung der CATI-Teilnehmendenbefragung
Feldzeit: 17.09.2018 bis 02.11.2018 (insgesamt: 7 Wochen) absolut
in % (Anteilswerte)
an allen Kontak-
ten
an Kontakten innerhalb
der jwlg. Teilkategorie
Zur Verfügung stehende Kontakte 951 100,0% 100,0%
In der Feldzeit nicht erreichte Personen 613 64,5% 100,0%
...falsche bzw. nicht mehr vergebene Nummer 416 43,7% 67,9%
...dauerhaft besetzt, dauerhafte Mailbox, dauerhafter Anruf-
beantworter 126 13,2% 20,6%
...Freizeichen, aber nach insg. zehn Versuchen keine Erreich-
barkeit 71 7,5% 11,6%
In der Feldzeit erreichte Personen 338 35,5% 100,0%
nicht-realisierte Interviews 202 21,2% 59,8%
...Verweigerung 118 12,4% 58,4%
...zu hohe Sprachbarriere 5 0,5% 2,5%
...nach Erreichen immer aufgelegt bzw. nach Terminvereinba-
rung immer abgesagt 79 8,3% 39,1%
realisierte Interviews 136 14,3% 40,2%
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018.
Der Aussagegehalt der Ergebnisse kann wegen der geringen Fallzahl mit Einschränkungen verbunden
sein. Verzerrungen sind vor allem dann zu erwarten, wenn die realisierte Befragungsstichprobe be-
züglich wichtiger Merkmale systematisch von der Grundgesamtheit abweicht. Ein vergleichender Blick
auf die Verteilungen offenbart, dass keine nennenswerten Abweichungen vorliegen (vgl. Tabelle 13).
Zumindest bezüglich wichtiger Merkmale repräsentierten die befragten Fälle die Gesamtheit der
PuSch-Geförderten in einer angemessenen Art und Weise. Ob bei den befragten Jugendlichen eine
positive Selbstselektion wirksam geworden ist – d. h., ob mit überdurchschnittlich vielen Personen
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
46
Interviews geführt werden konnten, deren Verbleib positiv ausgefallen ist – kann mit den zur Verfü-
gung stehenden Informationen nicht überprüft werden. Sofern eine positive Selbstselektion vorliegt,
dürften die Ergebnisse tendenziell etwas besser ausfallen. Diese Einschränkung muss bei der Einord-
nung der Resultate zum Verbleib ehemaliger PuSch-SuS bedacht werden.
Tabelle 13: Überblick über Merkmale der CATI-Befragten
CATI-Befragte Anteil
CATI-Befragte
Abgleich mit Monito-
ringdaten-Gesamtheit
nach Förderprogrammteil (n=131*)
PuSch A 63 48% 46%
PuSch B 68 52% 54%
nach Austrittsjahr (n=131*)
2016 55 42% 51%
2017 76 58% 49%
mit Schulabschluss (n=131* bzw. n=136***)
gemäß Monitoringdaten 96 73% 76%
gemäß Auskunft der Befragten 119 88%
nach Geschlecht (n=131*)
männlich 83 63% 64%
weiblich 48 37% 36%
nach Migrationshintergrund (n=111**)
ohne Migrationshintergrund 44 40% 35%
mit Migrationshintergrund 67 60% 65%
nach Fluchthintergrund (n=136***)
ohne Fluchthintergrund 15 11% -
mit Fluchthintergrund 121 89% -
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018. *Bei fünf Fällen konnte keine nachträgliche Verknüpfung mit den
Monitoringdaten hergestellt werden. **Für insgesamt 111 Fälle lagen auf Basis der Monitoringdaten Angaben zum Migrations-
hintergrund vor. ***Der Schulerfolg und Fluchthintergrund wurde in der CATI-Verbleibsbefragung abgefragt.
Ergebnisse zur Bewertung der PuSch-Klassen durch ehemalige PuSch-SuS
Bevor die Ergebnisse zum Verbleib präsentiert werden, erfolgt ein kurzer Blick auf die Zufriedenheits-
werte der ehemaligen SuS bezüglich der PuSch-Förderung. Ohne an dieser Stelle jeden einzelnen ab-
gefragten Aspekt herauszugreifen, bestehen relativ starke Parallelen in den Bewertungsmustern lau-
fender und ehemaliger PuSch-SuS (vgl. Abbildung 17). Die Mehrheit von etwa drei Vierteln der Befrag-
ten befand die besuchte PuSch-Klasse retrospektiv betrachtet insgesamt für „sehr gut“ (Anteil: 73 %).
Lediglich 7 % stimmten der entsprechenden Aussage nicht zu. 15 % gaben jedoch auch zu verstehen,
dass die PuSch-Klasse „verlorene Zeit“ gewesen sei. Korrespondierend zur überwiegend positiven Be-
wertung waren dagegen knapp drei Viertel nicht dieser Meinung (Anteil: 73 %). Aus Sicht von über der
Hälfte der Befragten hat die PuSch-Klasse zu einer Verbesserung der Chancen auf einen Ausbildungs-
oder Arbeitsplatz beigetragen (Anteil: 57 %). Knapp ein Fünftel verneinte die entsprechende Aussage
hingegen (Anteil: 18 %). Die Ergebnisse deuten ferner darauf hin, dass den ehemaligen SuS der PuSch-
Unterricht positiv in Erinnerung geblieben ist. So fühlte sich die große Mehrheit beispielsweise gut
persönlich betreut (Anteil: 79 %). Ebenfalls viele Jugendliche gaben an, dass die Lehrkräfte gut erklären
konnten (Anteil: 71 %). Mehrheitlich gaben die Jugendlichen zudem zu verstehen, dass der Unterricht
zur Stärkung der Berufsorientierung und der Sozialkompetenzen beitragen konnte. In der Gesamt-
schau implizieren die Antwortmuster, dass den PuSch-Klassen von der Mehrheit der ehemaligen SuS
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
47
sowohl ein inhaltlich gewinnbringender als auch beruflich chancensteigernder Charakter attestiert
wird. Rund ein Viertel der ehemaligen SuS begegnet den PuSch-Klassen in retrospektiver Betrachtung
jedoch auch mit Skepsis. Systematische Zusammenhänge zwischen negativen Bewertungen und dem
Schulerfolg und Verbleibstatus der befragten Jugendlichen lassen sich nicht konstatieren.
Abbildung 17: Retrospektive Bewertung der PuSch-Förderung durch ehemalige SuS
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018.
Befragt zu den Unterrichtsfächern mit dem größten Nutzen gab über die Hälfte der Befragten Mathe-
matik an (Anteil: 57 %), gefolgt von Deutsch (Anteil: 46 %). Somit haben die ehemaligen SuS offenbar
in den Kernfächern am meisten hinzugelernt. Für Frauen wog der Nutzen in beiden Fächern mehr als
für Männer. Vom Deutschunterricht profitierten insbesondere ehemalige SuS mit Fluchthintergrund.
So hoben 80 % der befragten Geflüchteten Deutsch besonders hervor. Selbiges gilt für Personen mit
Migrationshintergrund im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund. Für rund jede dritte
Person hatte der Englischunterricht offenbar einen hohen Nutzen. Hierbei fiel die Zustimmung unter
73%
15%
10%
19%
57%
60%
68%
71%
72%
75%
75%
76%
79%
20%
12%
15%
16%
24%
22%
18%
26%
21%
14%
16%
15%
10%
7%
73%
73%
63%
18%
16%
13%
2%
6%
8%
6%
8%
10%
1%
2%
1%
1%
1%
3%
3%
Die PuSch-Klasse war insgesamt sehr gut. (n=136)
Die PuSch-Klasse war für mich verlorene Zeit. (n=136)
Ich habe häufiger gefehlt, weil ich keine Lust hatte. (n=136)
Ich habe häufiger gefehlt, weil ich krank war. (n=136)
Durch die Teilnahme an der PuSch-Klasse habe ich meine
Chancen auf einen Ausbildungsplatz/ Arbeitsplatz deutlich
verbessert. (n=136)
In der PuSch-Klasse waren meine Schulleistungen besser
als in der Regelklasse davor. (n=136)
Ich kam im Unterricht besser mit als in der Regelklasse
davor. (n=136)
Die Lehrer und Lehrerinnen konnten gut erklären. (n=136)
Mir hat der theoretische Teil (Schulunterricht) gut gefallen.
(n=136)
Wir haben darüber gesprochen, wie wichtig Pünktlichkeit
und Höflichkeit sind. (n=136)
In der PuSch-Klasse haben wir oft über Berufsorientierung
gesprochen. (n=136)
Das praktische Arbeiten (z. B. im Betrieb oder beruflichen
Unterricht) hat mir gut gefallen. (n=136)
Es gab jemanden, der sich um meine Fragen und Probleme
gekümmert hat. (n=136)
trifft voll zu teils/teils trifft nicht zu kann mich nicht erinnern
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
48
Migranten/innen niedriger aus als bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Von geringerer Re-
levanz waren offenbar naturwissenschaftliche Fächer. Bis auf zwei Ausnahmen gaben alle Befragten
an, mindestens ein Praktikum während der PuSch-Beschulung gemacht zu haben. Auch bezüglich der
Praktikumszeit lassen sich relativ starke Parallelen zwischen den Bewertungen laufender und ehema-
liger Teilnehmender konstatieren. Für 72 % war die Praktikumszeit insgesamt „sehr gut“. Lediglich 9 %
gaben an, dass die Praktika verlorene Zeit gewesen seien.
Insgesamt bekräftigen die Ergebnisse der CATI-Verbleibsbefragung weitgehend die Resultate der Klas-
senzimmer-Befragung: Für die Mehrheit der Jugendlichen ist die Teilnahme an einer PuSch-Klasse mit
positiven Erfahrungen und Lerneffekten verbunden gewesen.
Ergebnisse zum Verbleib ehemaliger PuSch-SuS
Die Befragungsgesamtheit des Verbleibs beläuft sich insgesamt auf 130 ehemalige PuSch-SuS, da
sechs von insgesamt 136 befragten Personen bei der Verbleibsfrage keine Antwort gegeben haben.
Insgesamt berichtete genau die Hälfte der Befragten über einen Verbleib in Ausbildung (Anteil: 50 %).
38 % absolvierten zum Befragungszeitpunkt eine duale Berufsausbildung in einem Betrieb, 9 % mach-
ten eine schulische Ausbildung und 4 % verblieben in einer Ausbildung einer überbetrieblichen Aus-
bildungsstätte. Zudem besuchten zusammengenommen 17 % der Jugendlichen – zumeist zwecks des
Erwerbs der mittleren Reife – eine (weiterführende) Schule. Damit verblieben zum Befragungszeit-
punkt zwei Drittel entweder in einer Ausbildung oder (weiterführenden) Schule (Anteil: 67 %). Über
einen Verbleib in Arbeitslosigkeit berichtete jede zehnte Person (Anteil: 10 %). An berufsvorbereiten-
den bzw. -qualifizierenden Maßnahmen des Übergangssystems nahmen 7 % der befragten Personen
teil. Ebenfalls 7 % berichteten über die Ausübung einer geringfügigen oder sozialversicherungspflich-
tigen Beschäftigung. Sonstige Nennungen vereinen 4 % auf sich, wozu z. B. die Angaben „Praktikum“
und „Orientierungsphase“ gehören (vgl. Abbildung 18).
Angesichts der Zielgruppe fällt die Verteilung der Jugendlichen auf die unterschiedlichen Verbleibsar-
ten positiv aus. Es kann als Erfolg eingeordnet werden, dass 50 % in einer Ausbildung verblieben sind
und 17 % weiterhin zur Schule gehen, um zumeist die mittlere Reife zu erwerben. Allerdings berichte-
ten auch 10 % der Befragten über eine Arbeitslosigkeit. Inwiefern die betreffenden Personen parallel
anderen Tätigkeiten nachgingen, kann aus den Daten nicht rekonstruiert werden. Der insgesamt po-
sitive Verbleib kann – zumindest der Tendenz nach – durch einen Abgleich mit den Ergebnissen der
von der Hessen Agentur erhobenen längerfristigen Ergebnisindikatoren verifiziert werden. Zum Zeit-
punkt der Berichtslegung lagen jedoch noch keine finalen Auswertungen der längerfristigen Ergebnis-
indikatoren vor, so dass ein Abgleich erst an späterer Stelle möglich ist.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
49
Abbildung 18: Ehemalige PuSch-SuS nach Art des Verbleibs
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018.
Eine Differenzierung der aktuellen Verbleibsituation der Befragten nach ausgewählten Merkmalen
legt einige Differenzen offen (vgl. Tabelle 14). So verblieben ehemalige PuSch A-SuS etwas häufiger in
Ausbildung als ehemalige PuSch B-SuS. Im Hinblick auf die anderen Verbleibskategorien zeigen sich
ansonsten keine nennenswerten Unterschiede in den beiden Programmteilen. Hinsichtlich des Ge-
schlechts zeigt sich, dass Männer häufiger eine Ausbildung absolvierten als Frauen. Frauen wiederum
waren öfter von Arbeitslosigkeit betroffen als Männer – in Einzelfällen handelte es sich dabei um
schwangere Frauen oder Frauen, die bereits Kinder hatten. Bezüglich des Alters der Befragten (zum
Befragungszeitpunkt) zeigt sich, dass bis 18-Jährige im Vergleich zu über 18-Jährigen zwar seltener in
einer Ausbildung verblieben sind, dafür aber häufiger eine weiterführende Schule besuchen. Die Dif-
ferenzen können gewissermaßen als logische Konsequenz des unterschiedlichen Alters angesehen
werden. Bezüglich des Migrationshintergrunds zeigen sich im Hinblick auf die positiv einzuordnenden
Verbleibskategorien keine nennenswerten Differenzen. Allerdings sind Personen ohne Migrations-
grund häufiger in Arbeitslosigkeit verblieben als Migranten/innen. Bei ehemaligen SuS mit Fluchthin-
tergrund fällt der Verbleib vergleichsweise besonders positiv aus: Vier Fünftel sind gemäß eigenen
Angaben entweder in Ausbildung oder einer (weiterführenden) Schule verblieben. Bezüglich des Bil-
dungsniveaus und des Verbleibs ehemaliger PuSch-SuS lässt sich ein erwartbares Muster erkennen:
Personen mit Hauptschulschulabschluss oder mittlerer Reife absolvierten deutlich häufiger eine Aus-
bildung als Jugendliche ohne Schulabschluss. Ehemals Geförderte ohne Schulabschluss verblieben
wiederum häufiger in Arbeitslosigkeit als Jugendliche mit Schulabschluss. Zwischen dem Verbleib und
dem Austrittsjahr lassen sich – bis auf eine Ausnahme – keine systematischen Muster erkennen. Ehe-
mals Geförderte, die im Jahr 2017 ausgetreten sind, besuchten häufiger eine (weiterführende) Schule
4%
4%
7%
7%
10%
7%
10%
4%
9%
38%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40%
keine Angabe (n=6)
Sonstiges (z.B. Freiwiliiges soziales Jahr,
Orientierungsphase) (n=6)
Beschäftigung (sv-pflichtig oder geringfügig) (n=9)
Berufsvorbereitung/-qualifizierung (n=10)
Arbeitslos gemeldet (n=13)
Besuch sonstiger Schulen (z. B. Realschule,
Abendschule) (n=10)
Schulbesuch der 10. Klasse einer
allgemeinbildenden Schule (n=14)
Ausbildung in außerbetrieblicher
Ausbildungsstätte (z. B. BaE) (n=5)
Schulische Ausbildung (z. B. in einer
Berufsfachschule o. Ä.) (n=12)
Duale Ausbildung (n=51)
in Ausbildung: 50%
(weiterführender)
Schulbesuch: 17%
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
50
als Jugendliche, die seit 2016 aus der Förderung ausgetreten sind. Dies lässt darauf schließen, dass
ehemalige PuSch-SuS unmittelbar nach Austritt aus der PuSch-Klasse mitunter durchaus höhere Bil-
dungsaspirationen entwickeln und den Erwerb der mittleren Reife (z. B. durch den Besuch der zehn-
ten Klasse) anstreben – eine Einschätzung, die aufgrund der niedrigen Fallzahl aber mit Vorsicht zu
interpretieren ist. Letztlich kann festgehalten werden, dass der Verbleib von Männern und von Perso-
nen mit Schulabschluss positiver ausfällt als von Frauen und Jugendlichen ohne Schulabschluss. Fer-
ner sticht der Verbleib von Geflüchteten positiv hervor.
Tabelle 14: Ehemalige PuSch-SuS nach Art des Verbleibs und ausgewählten Merkmalen
Verbleibskategorie Ausbildung
(n=68)
(Weiterfüh-
rende)
Schule
(n=24)
Arbeitslo-
sigkeit
(n=13)
Berufsvor-
bereitung
(n=10)
Beschäfti-
gung
(n=9)
Sonstiges
(n=6)
keine An-
gabe (n=6)
insgesamt (n=136) 50% 17% 10% 7% 7% 4% 4%
nach Förderlinie
PuSch A (n=63) 54% 17% 10% 10% 5% 3% 2%
PuSch B (n=68) 43% 19% 10% 6% 9% 6% 7%
nicht zuzuordnen/unbekannt (n=5) 100% 0% 0% 0% 0% 0% 0%
nach Geschlecht
männlich (n=83) 54% 17% 6% 8% 5% 5% 5%
weiblich (n=48) 38% 21% 17% 6% 10% 4% 4%
nicht zuzuordnen/unbekannt (n=5) 100% 0% 0% 0% 0% 0% 0%
nach Altersgruppen (zum Befragungszeitpunkt)
bis 18 Jahre alt (n=77) 44% 23% 8% 9% 6% 6% 3%
über 18 Jahre alt (n=54) 54% 11% 13% 6% 7% 2% 7%
nicht zuzuordnen/unbekannt (n=5) 100% 0% 0% 0% 0% 0% 0%
nach Migrations-/Fluchthintergrund
keine Angabe (n=20) 65% 15% 5% 10% 5% 0% 0%
ohne Migrationshintergrund (n=44) 45% 16% 18% 5% 7% 7% 2%
mit Migrationshintergrund (n=67) 45% 21% 6% 9% 7% 4% 7%
mit Fluchthintergrund (n=15) 53% 27% 7% 0% 7% 0% 7%
nach Schulabschluss (zum Befragungszeitpunkt)
ohne Schulabschluss (n=16) 19% 19% 25% 6% 13% 6% 13%
Förderschulabschluss (n=1) 100% 0% 0% 0% 0% 0% 0%
(Qualifizierender) Hauptschulab-
schluss (n=104) 55% 17% 9% 8% 7% 3% 2%
Realschulabschluss (n=15) 47% 20% 0% 7% 0% 13% 13%
nach Austrittsjahr
2016 (n=55) 55% 11% 5% 9% 7% 7% 5%
2017 (n=76) 43% 24% 13% 7% 7% 3% 4%
nicht zuzuordnen/unbekannt (n=5) 100% 0% 0% 0% 0% 0% 0%
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018.
Tabelle 15 gibt einen Überblick über die Stabilität bzw. Dynamik des Verbleibs ehemaliger PuSch-SuS.
Mehr als jede dritte in Ausbildung verbliebene Person hatte diesen Status durchgängig seit Austritt
aus der PuSch-Klasse. Die betreffenden Jugendlichen haben folglich unmittelbar nach Ende der Schul-
zeit eine Ausbildung gefunden und übten diese auch zum Befragungszeitpunkt noch aus. Rund ein
Fünftel der in Ausbildung verbliebenen Jugendlichen besuchte zuvor eine (weiterführende) Schule.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
51
Ähnlich viele gaben zuvor einen sonstigen Verbleibstatus (z. B. Praktikum) und Maßnahmen zur Be-
rufsvorbereitung bzw. -qualifizierung an. Angesichts der Tatsache, dass viele Personen mit (und ins-
besondere ohne) Hauptschulabschluss im Anschluss an die Schulzeit in das Übergangssystem ein-
münden, sind die Ergebnisse positiv einzuordnen. Die vergleichsweise geringste Dynamik lässt sich
unter den Jugendlichen mit Schulbesuch konstatieren. Fast drei Viertel der betreffenden Personen
besuchten seit Austritt aus der PuSch-Klasse durchgehend eine (weiterführende) Schule. Auf die an-
deren Verbleibskategorien wird an dieser Stelle aufgrund der niedrigen Fallzahlen nicht mehr einge-
gangen. Insgesamt 47 Jugendliche hatten nach Ende der PuSch-Klasse durchgängig einen einzigen
Verbleibstatus (Anteil: 35 %). Rund die Hälfte – 66 Personen an der Zahl – durchlief im Anschluss an
die Förderung zwei verschiedene Verbleibstationen (Anteil: 49 %). Weniger als ein Fünftel der Befrag-
ten gab mehr als zwei verschiedene Tätigkeiten bzw. Verbleibsarten an (Anteil: 17 %).
Tabelle 15: Stabilität und Dynamik des Verbleibs ehemaliger PuSch-SuS
Aktueller Verbleibstatus
Ausbil-
dung
(n=68)
(Weiterfüh-
render)
Schulbe-
such (n=17)
Arbeits-
los
(n=13)
Berufs-
vorberei-
tung
(n=10)
Beschäfti-
gung
(n=9)
Sonstiges
(n=6)
keine An-
gabe
(n=6)
...davon durchgängig seit
Austritt aus PuSch 37% 71% 38% 50% 33% 67% 100%
…davon zuvor in Ausbildung - 0% 15% 10% 11% 0% 0%
…davon zuvor mit (weiter-
führendem) Schulbesuch 21% - 8% 30% 22% 0% 0%
…davon zuvor arbeitslos 4% 4% - 0% 0% 0% 0%
…davon zuvor in Berufsvor-
bereitung 15% 4% 15% - 11% 17% 0%
…davon zuvor in Beschäfti-
gung 3% 8% 15% 0% - 0% 0%
…davon zuvor Sonstiges 18% 13% 0% 10% 22% - 0%
…davon zuvor keine Angabe 3% 0% 8% 0% 0% 17% 0%
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018.
Betrachtung der in Ausbildung verbliebenen Jugendlichen
Nachfolgend wird die größte Verbleibsgruppe – nämlich die in Ausbildung verbliebenen Jugendlichen
– etwas näher betrachtet. Die betreffenden Befragten wurden u. a. in einer offen formulierten Frage
darum gebeten, Auskunft über das Berufsfeld ihrer Ausbildung zu geben. In Abbildung 19 sind die
diesbezüglichen Informationen anhand von gebildeten Kategorien abgetragen. Die meisten Jugendli-
chen absolvierten Ausbildungen in handwerklichen bzw. handwerksnahen Berufen (Anteil: 22 %),
wozu z. B. Tischler, Schreiner, Dachdecker, Friseur und Metallbauer zählen. In diesen Berufen waren
ausschließlich Männer zu finden. Einige Jugendliche befanden sich in Ausbildungen im Bereich Me-
chanik und Mechatronik (Anteil: 12 %). Hier wurden ebenfalls nur Männer ausgebildet. Auch im Ver-
kauf haben einige ehemalige PuSch-SuS Ausbildungen begonnen. Hier fällt das Geschlechterverhält-
nis ausgewogen aus. Es folgen Ausbildungen in den Bereichen Pflege/Medizin (Anteil: 10 %), Lagerlo-
gistik (Anteil: 10 %), Elektronik (Anteil: 9 %) und Gastronomie/Hotelgewerbe (Anteil: 9) sowie im kauf-
männischen Bereich (Anteil: 6 %). Sonstige Berufe vereinen 10 % auf sich. Auch in den Bereichen La-
gerlogistik und Elektronik wurden ausschließlich Männer ausgebildet. Bei Ausbildungen im Bereich
Pflege/Medizin und im kaufmännischen Bereich überwogen dagegen Frauen.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
52
Abbildung 19: Berufsfelder der in Ausbildung verbliebenen ehemaligen PuSch-SuS
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018.
Insgesamt werden die Jugendlichen in den erwartbaren Berufsbereichen ausgebildet, wobei sich of-
fenbar in handwerklichen bzw. handwerks- und industrienahen Berufen sowie im Verkauf/ Einzelhan-
del und in der Pflege relativ gute Ausbildungschancen für die Zielgruppe ergeben. Die Verteilung der
Geschlechter auf die Berufsbereiche erfolgt wie gesehen nach klassischen Mustern. Zudem zeigen
sich starke Parallelen zu den Angaben der befragten SuS der laufenden Klassenzimmer-Befragung
bezüglich kennengelernter Berufsfelder und absolvierter Praktika. Das Ergebnis kann als Indiz dafür
gewertet werden, dass die Berufsorientierungsarbeit der Schulen gut funktioniert. Die Daten der CATI-
Verbleibsbefragung deuten zudem auf eine relativ hohe Zufriedenheit der Jugendlichen mit ihren je-
weils absolvierten Ausbildungen hin. So berichteten mehr als zwei Drittel der Befragten, dass die aus-
geübte Tätigkeit ein „Wunschberuf“ ist und der Wille vorhanden ist, „die Ausbildung unbedingt zu
schaffen“ (Anteil: 69 %). Genau ein Viertel der Jugendlichen gab an, dass die Ausbildung zwar kein
Wunschberuf darstellt, aber der Wille vorhanden sei, die Ausbildung trotzdem zu Ende zu absolvieren
(Anteil: 25 %). Die verbleibenden 6 % waren sich dagegen unsicher, ob sie die Ausbildung zu Ende
führen werden.
Die in Ausbildung verbliebenen Jugendlichen wurden zudem danach befragt, wie wichtig die PuSch-
Förderung für das Finden eines Ausbildungsplatzes gewesen ist. Knapp ein Viertel der Befragten be-
scheinigte der PuSch-Klasse eine „sehr wichtige“ Bedeutung (Anteil: 24 %), mehr als ein Drittel hat der
PuSch-Beschulung eine „wichtige“ Rolle beigemessen (Anteil: 37 %). Die Mehrheit der Jugendlichen
sah zwischen dem Finden einer Ausbildung und der Förderung folglich einen positiven Zusammen-
hang (Anteil: 61 %). 24 % waren diesbezüglich geteilter Ansicht und 14 % hielten die Förderung in die-
sem Kontext für „unwichtig“. Diejenigen Befragten die mindestens „teils/teils“ angegeben haben, wur-
den zusätzlich um eine konkretere Benennung unterschiedlicher Nutzenaspekte von PuSch gebeten.
Jeweils etwas mehr als drei Viertel wertschätzte die Unterstützung beim Schreiben von Bewerbungen
sowie das Trainieren von Bewerbungsgesprächen (Anteil: jeweils 77 %). Fast genauso häufig führten
die Jugendlichen die Verbesserung von „Soft Skills“ (z. B. Höflichkeit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit)
10%
6%
9%
9%
10%
10%
12%
12%
22%
0% 5% 10% 15% 20% 25%
Sonstiges (z. B. Medientechnologe, Labortechnik,
Sozialpädagogik) (n=7)
Kaufmännischer Bereich (n=4)
Gastronomie/Hotelgewerbe (n=6)
Elektronik (n=6)
Lagerlogistik (n=7)
Pflege/Medizin (n=7)
Verkauf (n=8)
Mechanik/Mechatronik (n=8)
Handwerkliche / handwerksnahe Berufe (n=15)
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
53
an (Anteil: 75 %). Bei der überwiegenden Mehrheit hatte die PuSch-Klasse zudem offenbar einen po-
sitiven Effekt auf das Selbstbewusstsein (Anteil: 70 %). Zwei Drittel der Jugendlichen stimmten der
Aussage zu, dass sie viele der im Rahmen der PuSch-Klasse erlernten Dinge für die Ausbildung ge-
brauchen könnten (Anteil: 67 %). Die Antwortmuster deuten insgesamt darauf hin, dass die PuSch-
Förderung den Jugendlichen in relativ vielen Aspekten beim Finden eines Ausbildungsplatzes geholfen
hat und auch in beruflicher Hinsicht mit Mehrwerten verbunden ist. Hiervon zeugt auch, dass knapp
die Hälfte der Jugendlichen während der PuSch-Klasse ein Praktikum im Ausbildungsberuf und ein
Drittel der Befragten im Zuge der PuSch-Beschulung ein Praktikum im Ausbildungsbetrieb absolviert
hatte. Für die betreffenden Jugendlichen diente das Praktikum offenbar als Türöffner in eine berufli-
che Ausbildung bzw. in den jeweils ausbildenden Betrieb.
Zukunftspläne und -aussichten ehemaliger PuSch-SuS
Diejenigen Jugendlichen, die zum Befragungszeitpunkt nicht in Ausbildung verblieben sind, wurden
nach ihren Plänen für die kommenden sechs bis zwölf Monate befragt (n=68). Knapp die Hälfte gab
dabei an, nach einem Ausbildungsplatz suchen zu wollen (Anteil: 48 %). Insbesondere Befragte, die
eine (weiterführende) Schule oder eine berufsvorbereitende bzw. -qualifizierende Maßnahme be-
suchten, gaben an, an diesem Plan für die nähere Zukunft festzuhalten (Anteil: 28 %). Lediglich ver-
einzelt gaben die Befragten an, einen Ausbildungsplatz in Aussicht zu haben oder bereits einen Aus-
bildungsvertrag unterschrieben zu haben (Anteil: 5 %). Die verbleibenden Antworten verteilten sich
auf die Suche nach einer Beschäftigung oder Pläne für einen (Abend-)Schulbesuch.
Abbildung 20: Bewertung der beruflichen Zukunftschancen durch ehemalige PuSch-SuS
Quelle: CATI-Verbleibsbefragung ehemaliger PuSch-SuS 2018.
Zu guter Letzt wurden alle ehemaligen PuSch-SuS um eine persönliche Einschätzung ihrer beruflichen
Zukunftsaussichten gebeten. Die überwiegende Mehrheit blickte vom Befragungszeitpunkt aus gese-
hen positiv in die Zukunft. Knapp vier Fünftel der Jugendlichen befanden ihre allgemeinen beruflichen
Zukunftsaussichten für „sehr gut“ oder „gut“ (Anteil: 79 %). Die Chance, einen Ausbildungsplatz zu
finden bzw. die begonnene Ausbildung abzuschließen und dauerhaft arbeiten zu gehen, sahen insge-
samt 86 % als gegeben an. Ebenfalls mehrheitlich positiv ordneten die Jugendlichen ihre Chancen ein,
später eine „gute Arbeit“ zu finden (Anteil „sehr gut“ oder „gut“: 85 %). Nur in Einzelfällen blickten die
Befragten eher pessimistisch in die Zukunft (vgl. Abbildung 20). In Ausbildung oder in einer (weiterfüh-
renden) Schule verbliebene Jugendliche ordneten ihre Zukunftschancen dabei wenig überraschend
vergleichsweise am besten ein.
33%
33%
24%
52%
53%
55%
13%
10%
21%
2%
4%
1%
Chance, später eine gute Arbeit zu finden (n=136)
Chance, einen Ausbildungs-/Arbeitsplatz zu finden bzw. die
Ausbildung abzuschließen/dauerhaft arbeiten zu gehen
(n=136)
Berufliche Zukunftschancen allgemein (n=136)
sehr gut gut mittel (sehr) schlecht
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
54
Zusammenfassung der Ergebnisse der CATI-Verbleibsbefragung
Die Resultate implizieren in der Gesamtschau, dass die PuSch-Förderung bei der Mehrheit der Jugend-
lichen dazu beiträgt, erfolgreich in das Ausbildungssystem einzumünden und somit den Grundstein
für eine auf Dauer angelegte Integration in den Arbeitsmarkt zu legen. Die Hälfte der ehemals Geför-
derten verblieb in einer Ausbildung. Knapp ein Fünftel ist – nicht selten zwecks Erwerbs der mittleren
Reife – weiterhin zur Schule gegangen. Jede zehnte ehemals geförderte Person verblieb hingegen in
Arbeitslosigkeit. Der Verbleib männlicher Jugendlicher fällt dabei insgesamt etwas positiver aus als bei
Frauen. Zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund gibt es bezüglich positiver Verbleibs-
arten zwar keine Differenzen, jedoch verblieben Jugendliche ohne Migrationshintergrund häufiger in
Arbeitslosigkeit als Migranten/innen. Vor allem bei Geflüchteten ergibt sich ein positives Gesamtbild.
Allerdings fällt die Fallzahl geflüchteter Personen zu niedrig aus, um dieses gruppenspezifische Ergeb-
nis generalisieren zu können. Gestützt wird das recht positive Gesamtbild zudem durch die auch in
der Retrospektive relativ hoch ausfallenden Zufriedenheitswerte mit der PuSch-Beschulung. Für viele
Jugendliche ist die PuSch-Klasse mit inhaltlich und beruflich nützlichen Lerneffekten verbunden ge-
wesen. Durch die Praktika hat offenbar ein Gutteil der Jugendlichen eine Eintrittskarte für eine Ausbil-
dung erhalten. Zudem zeigen die Daten an, dass zwischen den behandelten Berufsfeldern sowie ab-
solvierten Praktika im Laufe der PuSch-Durchführung (Klassenzimmer-Befragung) und den begonne-
nen Ausbildungen ehemaliger PuSch-SuS (CATI-Verbleibsbefragung) enge Zusammenhänge beste-
hen. Folglich scheinen die PuSch-Schulen eine relativ erfolgreiche Arbeit bei der Berufsorientierung
zu leisten. Gerade vor dem Hintergrund der Zielgruppen sind die Ergebnisse insgesamt überwiegend
positiv einzuordnen. Aufgrund der geringen Fallzahl und einer möglichen positiven Selbstselektion
befragter Jugendlicher stehen die gezogenen Schlussfolgerungen aus der CATI-Verbleibserhebung
aber unter einem gewissen Vorbehalt.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
55
6.3 Ergebnisse der qualitativen Fallstudien
Beschreibung der Schulen und Interviewpartner/innen
Bei allen drei in den Fallstudien berücksichtigten Schulen handelte es sich im Sinne der PuSch-Förde-
rung um kooperierende Schulen. Insgesamt wurden fünf verschiedene Schulen betrachtet. In den bei-
den Fällen, in denen sowohl Gespräche an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen geführt wor-
den sind, pflegte die jeweilige allgemeinbildende Schule im Rahmen der Umsetzung von PuSch A eine
oder mehrere Kooperationen mit beruflichen Schulen, die ihrerseits wiederum mindestens eine
PuSch B-Klasse eingerichtet haben. Während in einer allgemeinbildenden Schule eine einjährige Um-
setzung von PuSch A erfolgte, fand in der zweiten Schule eine zweijährige Umsetzung statt. Im dritten
Fall wurden ausschließlich Gespräche an einer beruflichen Schule mit PuSch B-Klassen durchgeführt,
die sich wiederum auch an PuSch A beteiligt hat und dementsprechend SuS einer allgemeinbildenden
Schule beruflich unterrichtet hat. Hier lag der Fokus aber zuvorderst auf der Durchführung von
PuSch B. Neben schul- und förderbezogenen Faktoren (z. B. ein- versus zweijährige Umsetzung, Schul-
typ) wurden gebietsstrukturelle Kriterien bei der Auswahl der Fälle bzw. Schulen berücksichtigt. So
verteilten sich die durchgeführten Fallstudien in regionaler Hinsicht auf die drei Regierungsbezirke
Darmstadt, Gießen und Kassel. Ferner wurde darauf geachtet, dass die Schulen sowohl in (semi-)ur-
banen als auch in ländlichen Gebieten ansässig gewesen sind.
Während die PuSch-Klassen bei vier der fünf betrachteten Schulen am selben Standort eingerichtet
worden sind, wo auch der reguläre Schulbetrieb stattfand, lag bei einer PuSch A-Klasse eine räumliche
Trennung vom regulären Schulbetrieb vor. Die räumliche Trennung wurde von den Befragten der be-
treffenden Schule eher als vorteilhaft für die SuS eingeordnet, da sie hierdurch vom normalen Schul-
system wegkämen, möglichen Konflikten mit anderen SuS auf dem Schulhof aus dem Weg gehen
könnten, mehr zur Ruhe kämen und schneller in eine bessere Lernatmosphäre reinfänden.
Sowohl die betreffenden Schulen als auch die befragten Lehrkräfte verfügten über langjährige Erfah-
rungen mit der schulmüden und abschlussgefährdeten Schülerklientel. Sie hatten ferner zumeist be-
reits an der Umsetzung von Vorgängerprojekten im Rahmen der SchuB- oder EIBE-Förderung mitge-
wirkt. Generell wurde von allen Interviewten die Bedeutung des PuSch-Programms und der damit
verbundenen Hinwirkung auf die Erreichung eines Hauptschulabschlusses und stärkeren Förderung
der Ausbildungsreife durch eine intensivere Praxis- und Berufsorientierung betont. Neben diesen
Hauptzielen wurden weitere Zielsetzungen von den Befragten genannt, die vor allem mit Hilfe der
sozialpädagogischen Unterstützung umzusetzen seien. Es gehe z. B. häufig um die persönlich-soziale
Stabilisierung der SuS sowie den Aufbau und die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen wie Zuver-
lässigkeit, Pünktlichkeit, ein angemessener Umgang mit Konflikten und Frust, ein adäquates Auftreten
sowie Eigenverantwortung und Autonomiefähigkeit. Es sei in diesem Sinne grundlegend wichtig, den
SuS Räume für positive Schulerfahrungen zu eröffnen, damit sie überhaupt das Vertrauen in Schule
wiedergewinnen und Schule mit zukunftsweisenden beruflichen Perspektiven in Verbindung bringen
können. Mitunter wurde die Arbeit mit den SuS als ein Weg in vielen kleinen Schritten beschrieben,
der zum großen Ziel – nämlich das Erreichen des Schulabschlusses – führen kann. Hierbei sei ein Min-
destmaß an Motivation und Antrieb seitens der SuS unerlässlich.
Der Erreichung der Zielsetzungen gegenüber sahen sich alle Schulen gesellschaftlich und regional-ört-
lich verpflichtet. Viele Schulen verfolgten überdies bereits jahrelang eine inklusive Philosophie. PuSch-
Lehrende wurden von den Schulleitungen als motivierte und engagierte Personen charakterisiert. Die
meisten Lehrer/innen hätten eine intrinsische Motivation, um in den PuSch-Klassen zu arbeiten, sich
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
56
mit den Problemlagen der SuS auseinanderzusetzen und sie entsprechend zu fördern. Aus Sicht ei-
nes/r befragten Schulleiters/in einer PuSch A-Schule müssen die Lehrenden „mit Herzblut“ dabei sein:
„Die Idee ist eigentlich, dass man die Schüler mögen muss. […] Wenn man das nicht tut, dann kann
man kein PuSch unterrichten. Das ist die wichtigste Botschaft überhaupt.“
Einmündung der SuS in die PuSch-Klassen und Ausgestaltung des Aufnahmeprozesses
Die befragten PuSch A- und PuSch B-Schulen orientierten sich in ihrem Ablauf insgesamt an das in
der PuSch-Leitlinie dargestellte Aufnahmeverfahren der SuS (HKM 2019). Der Prozess gliedert sich im
Regelfall in die aufeinander folgenden Schritte Informationsveranstaltungen, Bewerbungsverfahren,
Aufnahmegespräche und Übergabekonferenzen. Zuerst gibt es zum Ende des Kalenderjahres für all-
gemeinbildende Schulen in der Zielregion Informationsbroschüren zum möglichen Beginn von PuSch-
Klassen im nächsten Schuljahr und entsprechende Anmeldeformulare, die die abgebenden Schulen
an die umsetzende Schule weiterleiten. Anschließend werden u. a. formale Anforderungen an die SuS
geprüft und eine Übergabekonferenz eingerichtet. An den Übergabekonferenzen nehmen in der Re-
gel Vertreter/innen der umsetzenden Schule sowie Lehrkräfte der abgebenden Schulen teil, wobei
zwischen den Lehrkräften und Schulen im Idealfall ein intensiver Austausch über die einzelnen SuS
sowie deren Problemlagen und bisherigen schulischen Werdegänge stattfindet.
Im Zuge des Aufnahmeprozesses wurde seitens der umsetzenden bzw. aufnehmenden Schulen be-
züglich des Informationsaustauschs mit den abgebenden Schulen über die SuS programmteilüber-
greifend Optimierungsbedarf gesehen. Um die PuSch-Klassen besser planen und zusammensetzen zu
können, benötigten die aufnehmenden Schulen stichhaltigere Informationen über (potenzielle) Kan-
didaten/innen. Wünschenswert wäre z. B. die Einsicht in Schülerakten, um Risiko- und Konfliktpoten-
ziale (z. B. Drogenprobleme, Straffälligkeiten, psychische Probleme) im Vorfeld besser antizipieren
und einschätzen zu können. Die Einsicht in Schülerakten werde jedoch nicht immer von den abgeben-
den Schulen gewährt. Eine Schule kritisierte außerdem die mangelnde Beteiligung von ehemaligen
Lehrkräften an der Übergabekonferenz. Oftmals würden Lehrkräfte von den abgebenden Schulen
geschickt, die keine Kenntnisse über die angehenden PuSch-SuS besäßen. Bei SuS, die aus Schulen
außerhalb des Einzugsgebietes kämen, könne man sich lediglich auf vorliegende Unterlagen (z. B.
Zeugnisse, Lebenslauf, Förderplan) stützen. Ferner würden von vielen abgebenden Schulen eher un-
realistische – häufig zu positiv ausfallende – Informationen über den Leistungsstand oder das Sozial-
verhalten der SuS weitergegeben. Eine defizitäre Informationstransparenz über zukünftige PuSch-SuS
stelle die Lehrkräfte allgemein vor unvorhersehbare Herausforderungen, die während der Projekt-
laufzeit auftreten könnten. Eine höhere Informationstransparenz könnte daher zur Erhöhung der Um-
setzungsqualität beitragen.
Neben einer betroffenen PuSch A-Schule wurde dieser Optimierungsbedarf prinzipiell von den inter-
viewten PuSch B-Verantwortlichen zum Ausdruck gebracht. Hier verfüge man häufig nur dann über
weiterreichende Informationen über die SuS, wenn sie zuvor aus der PuSch A-Beschulung bekannt
gewesen seien. Gemeint sind hiermit solche SuS, die zuvor ohne Erfolg eine PuSch A-Klasse durchlau-
fen haben. Es wurde seitens der PuSch B-Verantwortlichen ferner geäußert, dass die bis 18 Jahre an-
gesetzte Altersgrenze das Förderpotenzial künstlich einschränke und die Gefahr von Fehlzuweisungen
erhöhe. SuS, die eigentlich für PuSch B in Frage kämen, jedoch aufgrund der Überschreitung der Al-
tersgrenze nicht die formalen Kriterien erfüllen, hätten zwar häufig die Möglichkeit in anderen Ange-
boten (wie z. B. das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ)) aufgenommen zu werden, für einige betreffende
Fälle stelle PuSch B aber eigentlich den geeigneteren Förderrahmen dar.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
57
Für eine PuSch A-Schule ist die Problematik der mangelnden Informationstransparenz über potenzi-
elle PuSch A-SuS hingegen nicht wirksam geworden, da die SuS hier ausschließlich schulintern in die
PuSch-Klassen aufgenommen würden. Recht zielgenau könnten daher potenzielle PuSch-SuS mit ei-
ner gewissen Vorlaufzeit identifiziert werden. Auch der einschlägige Austausch im Lehrerkollegium
könne zu einem frühen Zeitpunkt stattfinden. Oftmals seien der/dem Sozialpädagogin/en die betref-
fenden SuS zudem bereits im Vorfeld bekannt. Durch stichhaltigere Informationen über das Notenbild
der SuS, ihrem Leistungsvermögen, ihrer grundsätzlichen Arbeitsbereitschaft und ihren Problemlagen
könne man für die PuSch A-Klassen insgesamt besser vorselektieren und frühzeitig eine arbeitsfähige
Klassenstruktur erarbeiten sowie zielgenauer auf die individuellen Bedürfnisse der SuS eingehen. Dies
erspare nicht nur Zeit bei der Herstellung einer guten Klassenatmosphäre, sondern erleichtere auch
die Erarbeitung individueller Förderpläne.
Vor allem im Rahmen von PuSch A wurde darüber berichtet, dass der Einbezug der Eltern oder Erzie-
hungsberechtigten im Zuge des Aufnahmeverfahrens teilweise herausfordernd sei. In diesem Zusam-
menhang müsse vor allem gute Aufklärungsarbeit bei den Eltern, aber auch bei den SuS über den
Nutzen der Teilnahme an einer PuSch A-Klasse betrieben werden. Viele Eltern seien bildungsfern und
hätten selbst negative Schulerfahrungen gemacht. Entsprechend seien sie wenig über schulische und
berufliche Perspektiven aufgeklärt. Eltern und Erziehungsberechtigte werden zu einem Elternabend
eingeladen, bei dem die Notwendig- und Sinnhaftigkeit der Förderung erklärt wird. Zwar handele es
sich hierbei um einen Vorgang, der nicht immer reibungslos verläuft und auf Verständnis bei den
Eltern stößt, jedoch wurde ein aktiver Einbezug der Eltern und Erziehungsberechtigten übereinstim-
mend als wichtig für die PuSch A-SuS empfunden.
Thematisches Fazit: Insgesamt zeigt sich, dass die Art der Einmündung der SuS in die PuSch-Klassen
ein sehr relevanter Faktor für die Umsetzung der Förderung ist: Je höher der Anteil schulexterner SuS
in den PuSch-Klassen ist, desto länger benötigt es an Zeit für die Herstellung einer funktionierenden
Gruppe und guten Klassenzimmeratmosphäre und desto herausfordernder ist – zumindest anfäng-
lich – die Durchführung des Unterrichts. Diesbezüglich Abhilfe leisten kann eine erhöhte Informations-
transparenz über die (potenziellen) SuS vor Beginn eines neuen Schuljahres – ein Aspekt, der das Zu-
sammenspiel zwischen abgebenden und aufnehmenden Schulen betrifft und bei überwiegend schul-
externer Selektion der SuS durchgängig für optimierungsbedürftig befunden worden ist.
Zusammensetzung der PuSch-Klassen und Merkmale der SuS
In PuSch-Klassen münden insbesondere diejenigen SuS ein, die mit gewöhnlichen Unterrichtsforma-
ten und -mitteln nicht mehr erfolgreich beschult werden konnten. Übereinstimmend wurde die Ziel-
gruppe dabei anhand folgender – oftmals zusammenhängender Merkmale – näher beschrieben:
Lern- und Verhaltensprobleme; mangelhaft ausgeprägtes Sozialverhalten; schwache Lese- und
Sprachkompetenzen; sozioökonomisch benachteiligte, zerrüttete oder sich kaum kümmernde Eltern-
häuser; Migrationshintergrund; viele schulische (und persönliche) Misserfolgs- und Scheiterns-Erfah-
rungen sowie ein nicht konstruktiver Umgang mit diesen Erfahrungen. Häufig beobachte man bei den
Jugendlichen eine Kombination der exemplarisch genannten Risikofaktoren. Folglich betonten einige
interviewte Personen, dass sich unter der Schülerschaft viele Personen mit multiplen Problemlagen
befänden. Hierzu zählten mitunter auch psychische Erkrankungen und Drogenprobleme.
Übergreifend wurde darüber berichtet, dass es in der jüngeren Vergangenheit eine starke Veränderung
der Zielgruppe gegeben habe, da multiple Problemlagen in dem beobachteten Ausmaß und in der wahr-
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
58
genommenen Intensität in früheren PuSch-Klassen bzw. im Rahmen von SchuB und EIBE nicht vorge-
kommen seien. Neben Lernproblemen gebe es immer häufiger Verhaltensprobleme gepaart mit psy-
chischen Auffälligkeiten. Multiple Problemlagen seien häufig durch bildungsferne und zerrüttete Eltern-
häuser bedingt. Die Eltern seien oftmals nicht dazu in der Lage, ihre Kinder bei der Erreichung schuli-
scher Ziele zu unterstützen und ihnen Halt zu geben. Fehlende Tagesstrukturen der Eltern übertragen
sich häufig auch auf die SuS. Der Zielgruppe falle es daher mitunter schwer, sich an feste Tagesabläufe
zu gewöhnen sowie erfolgreich und konzentriert am Schulunterricht teilzunehmen. Häufig haben die
SuS und deren Eltern einen Migrationshintergrund. In einigen Familien würde kaum Deutsch miteinan-
der gesprochen. Dies wirke sich negativ auf die Sprach- und Lesekompetenzen der SuS aus. Immer
häufiger werde die Schule zudem als „Mittler“ eingeschaltet, dessen Aufgabe auch die Mitbetreuung
der Eltern umfasse. Dies beträfe z. B. die Aufklärung über und Übersetzung von behördlichen Schrei-
ben. Vielen Eltern mangele es allgemein an Wissen über berufliche Wege und Perspektiven für ihre
Kinder, weshalb Aufklärungsarbeit und die Einbindung der Eltern und Erziehungsberechtigten zu
wichtigen Projektinstrumenten gezählt werden können.
Gerade zu Beginn des Schuljahrs müsse aufgrund der heterogenen Förderbedarfe der SuS in den
PuSch-Klassen sehr viel situationsbezogene Aufbauarbeit geleistet werden, sodass es eine gewisse
Zeit benötige (z. B. bis zu den Herbstferien), bis eine gute Gruppenstruktur und ein lernförderliches
Klassenzimmerklima hergestellt werden könnte. Ein/e Gesprächspartner/in brachte diesen Aspekt
recht repräsentativ und prägnant für die geführten Gespräche zum Ausdruck: „Man muss auch gu-
cken, dass man es schafft aus diesen ganzen schweren Einzelfällen noch eine Gruppe zu formen.“ Erst
dann sei es überhaupt möglich auf die offiziellen Ziele hinzuarbeiten.
Da die Aufnahme von SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen in den PuSch A- und PuSch B-Klassen im
Rahmen der Inklusion möglich ist, sofern ein erfolgreicher Abschluss zu erwarten ist, wurde in den
Interviews die schulische Integration dieser Zielgruppe thematisiert. Der Anteil von SuS mit Förder-
schwerpunkt Lernen wurde von den Gesprächspartnern/innen der PuSch B-Klassen zwischen 10 %
bis 30 % beziffert. In den PuSch A-Klassen gab es dagegen laut den Angaben der Gesprächspartner/in-
nen bisher eher wenige Erfahrungswerte mit der entsprechenden Zielgruppe. Von diesem Sachver-
halt zeugten in ähnlicher Form auch die Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung. Viele Gesprächs-
partner/innen merkten zum Thema Förderschwerpunkte an, dass dies zuvorderst eine Frage der Di-
agnostik sei. Das tatsächliche (bzw. diagnostische) Ausmaß an SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen
sei in PuSch gerade vor dem Hintergrund der immensen Lernrückstände und Lernschwierigkeiten der
Jugendlichen teilweise nur schwer zu erahnen. Ferner gäbe es mitunter SuS, die starke soziale und
emotionale Probleme hätten und daher bei einer entsprechenden Diagnostik ggf. auch dem Förder-
schwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung zugeordnet werden könnten.
Der Bedarf an zusätzlichen Ressourcen für die vermehrte Integration und Betreuung von Personen mit
dem Förderschwerpunkt Lernen wurde deutlich hervorgehoben. Eine Herausforderung bestünde da-
rin, dass Konzepte der Sonderpädagogik nicht eins zu eins in PuSch übernommen werden können
und man deshalb einen Zwischenweg finden müsse. Ferner wurde erwähnt, dass es praktisch kaum
möglich sei, SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen innerhalb eines (PuSch B-)Jahres erfolgreich auf
den Hauptschulabschluss vorzubereiten. Dies läge u. a. daran, dass bei betreffenden SuS mitunter
noch stärker an den Grundlagen gearbeitet werden müsse und oftmals so gut wie kein Englischwissen
vorhanden sei. Englisch gehöre jedoch im Rahmen von PuSch B (und PuSch A) zu den Pflichtfächern.
Viele Förderschüler/innen hätten hier große Schwierigkeiten. Positiv hervorgehoben wurde dagegen
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
59
das soziale Verhalten vieler ehemaliger Förderschüler/innen, welches zu einer guten Klassenat-
mosphäre beitragen könne. Hingegen hätten SuS aus Regelschulklassen vor ihrer Einmündung in
PuSch primär negative Schulerfahrungen gesammelt, was sich zumindest zunächst auch im Verhalten
der SuS im Unterricht bemerkbar mache.
Weniger in PuSch A- als vielmehr in PuSch B-Klassen berichteten die Interviewten davon, dass in den
Klassen ein nennenswerter Anteil an Personen mit Fluchthintergrund unterrichtet werde. Die Ergeb-
nisse der Klassenzimmer-Befragung können diese Wahrnehmung wie gezeigt auf einer breiteren Ba-
sis bestätigen. Für die Zusammenarbeit mit Geflüchteten im Unterricht wurde besonders auf die Be-
deutung der sozialpädagogischen Betreuung hingewiesen, da viele Geflüchtete aufgrund ihrer Erfahrun-
gen traumatisiert seien. Jedoch sei das sozialpädagogische Personal hierfür nicht immer explizit quali-
fiziert. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Trägern, Beratungsstellen und Wohnheimen könne
dies aber mitunter kompensiert werden. Oftmals hätten die Geflüchteten sehr geringe Sprachkompe-
tenzen, was die Unterrichtsdurchführung und Hinwirkung auf einen erfolgreichen Hauptschulab-
schluss erschwere und aufwändiger mache. Auch diese Beobachtung kann auf Basis der Ergebnisse
der Klassenzimmer-Befragung bestätigt werden. In diesem Kontext äußerten einige befragte Verant-
wortliche den Wunsch, vermehrt Lehrkräfte einzusetzen, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten
könnten bzw. bestehende Lehrkräfte dahingehend stärker zu qualifizieren oder weiterzubilden. Bei der
Einordnung der Zusammensetzung von PuSch B sei es insgesamt wichtig zu berücksichtigen, dass sich
die sprachlichen Kompetenzen der Schülerschaft seit der sog. „Flüchtlingskrise“ beträchtlich verändert
hätten, da „klassische“ Migranten/innen ein besseres Sprachniveau (und eine andere Sozialisations-
geschichte) mitgebracht hätten als Geflüchtete. Neben der Sprache stellten zudem unterschiedliche
Ansprüche und Vorstellungen von Geflüchteten an und über das Bildungssystem eine Herausforde-
rung dar. Vor dem Hintergrund der hohen institutionellen Distanz des deutschen Schul- und Beschäf-
tigungssystems zu den Systemen der Herkunftsländer müsse bei den betreffenden SuS starke Aufklä-
rungsarbeit auf einem grundsätzlichen Niveau geleistet werden.
Bezüglich der Zusammensetzung der Schülerschaft in PuSch B merkten die Gesprächspartner/innen
zudem an, dass sich die SuS im Vergleich zur Vorgänger-Förderung EIBE im Durchschnitt durch ein
schwächeres Leistungsvermögen auszeichnen würden, da in EIBE auch SuS unterrichtet worden seien,
die bereits über einen (schwachen) Hauptschulabschluss verfügten. PuSch B sei hingegen nur für SuS
ohne Schulabschluss zugänglich. Einerseits sei es sinnvoll, im Rahmen von PuSch B explizit das Nach-
holen eines Hauptschulabschlusses als Ziel zu formulieren, andererseits sei die Durchführung auf-
grund veränderter Rahmenbedingungen insgesamt spürbar herausfordernder geworden.
Thematisches Fazit: Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die Schülerschaft von PuSch
programmteilübergreifend oftmals durch multiple Problemlagen und dementsprechend insgesamt
hohe, aber individuell durchaus unterschiedliche Förderbedürfnisse auszeichnet. Dabei haben sich die
Risikofaktoren der Zielgruppen in den letzten Jahren gemäß der Wahrnehmung der Interviewten ver-
schärft. Insbesondere im Rahmen von PuSch B haben sich die Anforderungen für die Umsetzung stark
erhöht: Zum einen werden hier deutlich häufiger Geflüchtete beschult als in PuSch A, zum anderen
haben förderstrukturelle Veränderungen zu einem insgesamt reduzierten Leistungsausgangsniveau
der beschulten Jugendlichen geführt. Berücksichtigt man zudem die einjährige Regellaufzeit (mit Wie-
derholungsmöglichkeit) und die Einmündung der SuS über externe Kanäle, so kann letztlich ge-
schlussfolgert werden, dass sich die Umsetzung der PuSch B-Klassen insgesamt (noch) komplexer und
herausfordernder darstellt als die Durchführung von PuSch A-Klassen – ein Sachverhalt, der bereits
durch die Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung angedeutet worden ist.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
60
Bedeutung der sozialpädagogischen Betreuung für die Umsetzung von PuSch
Übergreifend wurden das günstigere Betreuungsverhältnis durch die Verringerung der Zahl der SuS in
einer Klasse sowie die Doppelbesetzung im Rahmen mancher Unterrichtsstunden als wichtigste Er-
folgskomponenten von PuSch benannt. Die doppelte Besetzung von Lehrpersonal und Sozialpädago-
gen/innen sei unabdingbar für eine gelingende Beschulung und Betreuung der Zielgruppen. Inner-
halb der kleineren Gruppen falle es generell leichter, auf die spezifischen Ausgangs- und Problemla-
gen der Zielgruppe einzugehen. Durch die Konzeption sei es möglich, eine Art „Mikrokosmos“ für die
SuS zu schaffen, mit dem es besser möglich sei, sie wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Alle Inter-
viewpartner/innen betonten, dass eine professionelle sozialpädagogische Betreuung gerade wegen
der zunehmenden Komplexität der Ausgangs- und Problemlagen der insgesamt heterogener gewordenen
Zielgruppen eine erfolgskritische Bedeutung habe.
Zum Teil bestand zwischen dem Schulpersonal und der sozialpädagogischen Begleitung bereits eine
seit Jahren währende Zusammenarbeit. Das eingespielte und vertraute Miteinander habe die Zusam-
menarbeit positiv beeinflusst. Teilweise habe man aber auch neues sozialpädagogisches Personal auf
dem Markt nachgefragt. Dies sei mit Herausforderungen verbunden gewesen, da der Markt an Sozial-
pädagogen/innen derzeit „wie leergefegt“ sei und der örtliche Träger jährlich eine andere Person für
die sozialpädagogische Begleitung in PuSch abgestellt habe. Die Einarbeitung der sozialpädagogi-
schen Fachkraft seitens der Schulen habe daher jedes Schuljahr neu erfolgen müssen. In diesem Zu-
sammenhang wurden der Mehraufwand und die Bindung von zeitlichen Ressourcen für die Einarbei-
tung kritisiert, aber auch die vergleichsweise geringe Attraktivität der Stelle und die zu niedrige Be-
zahlung der Sozialpädagogen/innen, wodurch es womöglich wenig Anreize gebe, um mit der betref-
fenden Schülerschaft im Rahmen von PuSch zusammenzuarbeiten.
Weitgehend übereinstimmend mit den Resultaten der Klassenzimmer-Befragung wurde das Spektrum
an Aufgaben der sozialpädagogischen Begleitung sehr umfassend beschrieben. So erwähnten die In-
terviewten in diesem Kontext z. B. die Kontaktpflege mit Eltern und Erziehungsberechtigten sowie ggf.
Hausbesuche, die Kontaktpflege mit dem Jugendamt und anderen relevanten Akteuren und Einrich-
tungen (wie z. B. Ambulanzen, Ärzten, Suchtberatungsstellen), die Durchführung der Praxisreflexion,
Betriebsbesuche im Rahmen der Praktika, die unterstützende Begleitung im Unterricht, die Durchfüh-
rung von Persönlichkeits- und Sozialkompetenztrainings sowie persönliche Gespräche mit den SuS.
Prävention und Intervention wurden ebenfalls zu den wesentlichen Handlungsfeldern der sozialpä-
dagogischen Begleitung gezählt. Auch die Mediation gehöre zum Aufgabenspektrum. Den SuS müsse
aufgezeigt werden, wie sie möglichst konstruktiv mit Konflikten, Enttäuschungen und angestauter
Frustration sowie Aggressivität umgehen können. Die Nutzung des sozialpädagogischen Betreuungs-
angebots durch die SuS hänge dabei stark vom Einzelfall ab. So gebe es einerseits SuS, die beständig
nach Hilfe fragen, aber andererseits auch SuS, die kaum bis gar keine Hilfe in Anspruch nehmen. Die-
sen Eindruck vermittelten auch die Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung.
Die Zielsetzung und Leistung der sozialpädagogischen Begleitung bestünde dabei zuvorderst in der
Überwindung von „Schulabstinenz“, „Nichtlernstrukturen“ und die Arbeit an multiplen Problemlagen
der Zielgruppe. Nicht selten seien zunächst eine persönlich-soziale Stabilisierung der Jugendlichen so-
wie eine konstruktive Verarbeitung der gesammelten negativen schulischen und privaten Vorerfah-
rungen notwendig, damit die SuS ihr Selbstwertgefühl stärken könnten. Individuelle Probleme der SuS
ließen sich besser durch feste Ansprechpartner/innen angehen. Hierfür sei der Aufbau eines persön-
lichen und vertraulichen Bindungsverhältnisses zwischen SuS und sozialpädagogischem Personal un-
abdingbar. Dies sei in einem lehrerrollenentschärften Verhältnis mitunter besser möglich.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
61
Für die Lehrkräfte stellt die sozialpädagogische Begleitung eine erhebliche Hilfe und Entlastung dar.
Infolge der Doppelbesetzung könnten z. B. Unterrichtsstörungen konstruktiver bewältigt werden. Zu-
dem ließe sich der Unterricht integrativer – weil individueller und problem- bzw. lösungsbezogener –
gestalten. Die Anwesenheit einer sozialpädagogischen Fachkraft wirke sich positiv auf die Umset-
zungsbedingungen des Unterrichts und das „Classroom-Management“ aus.
Thematisches Fazit: Insgesamt überrascht es wenig, dass der sozialpädagogischen Begleitung und der
Doppelbesetzung einiger Unterrichtsstunden (in Kombinationen mit kleineren Klassen) grundsätzlich
von allen Gesprächspartnern/innen ein erheblicher Stellenwert beigemessen worden ist. Das Erforder-
nis der Ressourcenverwendung für die sozialpädagogische Begleitung hat dabei infolge der angestie-
genen Komplexität der Ausgangs- und Problemlagen der insgesamt heterogener gewordenen Ziel-
gruppen eher zu- als abgenommen – dies klang übergreifend und insbesondere bei den Gesprächen
mit den Verantwortlichen der PuSch B-Klassen durch, in denen die Regellaufzeit ein Jahr beträgt, aber
für die im Unterschied zu entsprechenden PuSch A-Klassen lediglich die Hälfte an sozialpädagogi-
schen (Zeit-) Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Berufsorientierung und Praktika
Den Mehrwert der stärkeren Projekt- und Praxisorientierung des Unterrichts sahen die Gesprächs-
partner/innen schulübergreifend darin, dass die SuS durch die Übertragung der schulischen Inhalte
auf konkrete Anwendungskontexte die Sinnhaftig- und Nützlichkeit schulisch vermittelter Grundkompe-
tenzen wie z. B. Rechnen, Lesen und Schreiben besser verstehen und schätzen lernen könnten. Es sei
für die Zielgruppe in PuSch besonders wichtig, anhand von individuell erreichten Resultaten (wie z. B.
selbst hergestellte Produkte oder zubereitete Mahlzeiten) die Realisierung von gesteckten Zielen zu
erfahren – also Erfolgsgeschichten zu erleben – und entsprechende Leistungen zu reflektieren.
Bezüglich der Berufsfelder achte man darauf, dass die SuS möglichst viele unterschiedliche Berufsfelder
kennenlernen. Zumeist ist das Kennenlernen der Berufsfelder in die Bearbeitung konkreter Projekte
eingebettet, in denen die SuS eigenständig etwas entwickeln und/oder fertigen bzw. zubereiten. Zu
den angebotenen Berufsfeldern der Schulen gehörten z. B. Metall, Holz, Ernährung und Körperpflege.
Man versuche die Berufsfelder dabei nach Möglichkeit und bei Interesse der SuS mit den betrieblichen
Praktika zu verknüpfen. Die Berücksichtigung bzw. Identifizierung der Interessen sei aber mitunter
nicht immer ganz simpel, da es den Jugendlichen zum Teil an konkreteren beruflichen Vorstellungen
und Zielen fehle, so dass sie ihre Wünsche nicht unbedingt kommunizieren könnten. Daher sei die
berufliche Orientierungsarbeit zum einen kein Selbstläufer und zum anderen unbedingt notwendig. Die
Resultate der standardisierten Befragungen bildeten diese Eindrücke recht gut ab und zeigten zu-
gleich, dass den Schulen die berufliche Orientierungsarbeit insgesamt relativ gut gelingt.
Im Rahmen der Praktika bräuchten viele SuS aufgrund von mangelnder Eigeninitiative Unterstützung
bei der Suche von Betrieben und Stellen. Insbesondere durch den Einsatz der sozialpädagogischen
Fachkraft verlaufe die Vermittlung der SuS in die Betriebe recht erfolgreich. Der/die Sozialpädagoge/in
leiste in diesem Zusammenhang oftmals Aufklärungsarbeit bei den Betrieben über die SuS und weise
die Betriebe auf eine stetige Kontaktmöglichkeit im Falle von Rücksprachebedürfnissen hin. Zu den
praktikumsanbietenden Betrieben zählten korrespondierend zu den Ergebnissen der Klassenzimmer-
Befragung vor allem kleinere Betriebe. Sie seien eher bereit, PuSch-SuS als Praktikanten/innen aufzu-
nehmen. Häufig handele es sich dabei um kleinere Handwerksbetriebe und Dienstleister (z. B. Fri-
seure, Gastronomie, Pflege). Mitunter wurde über Kooperationen mit Betrieben berichtet, die Bereit-
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
62
schaft zu einer kontinuierlicheren Aufnahme von PuSch-SuS hätten. Größere Betriebe hätten hinge-
gen häufig strukturierte Zugangswege und Anforderungskriterien für schulische Praktikanten/innen,
die für die PuSch-Schülerschaft nicht passungsfähig seien. Zwar achte man bei der Auswahl der Be-
triebe darauf, dass es sich um ausbildende Betriebe handelt und somit die Möglichkeit eines Verbleibs
in Ausbildung besteht, jedoch könne dies nicht immer gewährleistet werden. In einer eher ländlich ge-
legenen Schule wurde über eine beschränkte Auswahl an Betrieben berichtet. Die SuS wohnten mitunter
in umliegenden Dörfern. Da der öffentliche Nahverkehr nicht sehr frequent sei, verknappe sich das
Angebot an – erreichbaren – Praktikumsbetrieben zusätzlich.
Die Durchführung der Praktika verläuft den Informationen der Interviewten zufolge nicht immer kon-
fliktfrei. Zwar helfe die sozialpädagogische Begleitung oftmals bei der Lösung von Konflikten, jedoch
gebe es hin und wieder auch Praktikumsabbrüche. Als Gründe wurden z. B. eine mangelnde Identifi-
kation der SuS mit dem jeweiligen Berufsfeld, unrealistische Vorstellungen bzw. Erwartungen sowie
eine fehlende Motivation, Disziplin und Zuverlässigkeit angeführt. Abbruchsgründe, die mit den Be-
trieben zusammenhängen (z. B. eine schlechte Betreuung), wurden dagegen nicht explizit genannt.
Den eher negativen Fällen stehen die positiven Fälle gegenüber: So gebe es auch viele SuS, die in den
Praktika komplett „neu aufblühen“ und hochmotiviert bei der Sache seien. Zudem gebe es echte Er-
folgsfälle, die im Anschluss an die Schule eine Ausbildung in einem Praktikumsbetrieb anfingen, was
jedoch nicht der Standardfall sei. Auch diese Einschätzungen kommen in den standardisierten Befra-
gungen recht gut zum Ausdruck: Für einige, aber nicht für die Mehrheit der SuS stellen Praktika ein
Türöffner in die Betriebe für die Aufnahme einer Ausbildung im Anschluss an die Schulzeit dar.
Insbesondere im Hinblick auf die Organisation der Praktika zeigte sich, dass die Empfehlungen der
PuSch-Leitlinie zur zeitlichen Einteilung an den verschiedenen Lernorten von den Schulen nicht immer
eins zu eins umgesetzt werden können. Hintergrund der Anpassungen waren schulorganisatorische
und betriebliche Erfordernisse. Zwei Varianten lassen sich an dieser Stelle exemplarisch anführen:
Obgleich die Praktikumsphase im Rahmen von PuSch A laut Leitlinie erst im zweiten Halbjahr vorge-
sehen ist, wird in einer PuSch A-Schule bereits nach den Herbstferien mit den Praktika begonnen und
spätestens vor den Osterferien mit den Praktika aufgehört. Der Einstieg in ein Praktikum erfolge dabei
in der Regel an drei Tagen am Stück. Begründet wurde diese Organisation damit, dass gegen Ende
des Schuljahres hinreichend Zeit für die Prüfungsvorbereitung vorhanden sein müsse und die Be-
triebe gerade in der Kennenlernphase eine kontinuierlichere Durchführung für sinnvoller hielten.
Auch im Rahmen von PuSch B hielten die Gesprächspartner/innen die Organisation der Praktika in
Blöcken für geeigneter als in Form von wöchentlich stattfindenden Praxistagen. Man greife daher auf
eine Sonderregelung zurück und führe die Praktika jeweils zwei Wochen am Stück durch. Dies ermög-
liche es den Betrieben, die SuS besser kennenzulernen und ihnen mehr Einblicke zu geben. Ferner
müssten sie dann von den Betrieben nicht immer – wie es bei einem Tag pro Woche häufig der Fall
sei – neu informiert und eingelernt werden. Dieses betriebliche Erfordernis kam in fast jedem Ge-
spräch implizit oder explizit zum Tragen. Die SuS könnten durch die kontinuierlichere Organisation
der Praktika intensivere praktische Erfahrungen sammeln und dadurch ihre Berufsorientierung bes-
ser stärken. Ferner eröffneten sich ihnen bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Die Anpassun-
gen der Organisation der Praktika sind insgesamt nachvollziehbar und sinnvoll.
Obgleich etwaiger Umsetzungsherausforderungen betonten alle Gesprächspartner/innen die hohe
Bedeutung der Praktika für die persönliche und berufliche Entwicklung der SuS. So würde z. B. bei den
SuS der Aufbau von Selbstvertrauen befördert, da sie im Rahmen der Praktika teilweise zum ersten Mal
überhaupt mit Erfolg einer Tätigkeit nachgehen und das Gefühl bekämen, etwas schaffen zu können.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
63
Auch wenn dies mitunter eine harte Erfahrung für einige SuS sei, erhielten sie zudem oftmals erst
durch die Praktika eine realistischere Einschätzung davon, was Arbeit überhaupt bedeutet. Ferner helfe
den SuS die erworbene Praxiserfahrung und ein ausgestelltes Zeugnis für spätere Bewerbungspha-
sen, etwa um schlechte Noten ausgleichen zu können.
Thematisches Fazit: Weitgehend losgelöst vom schulischen Kontext kann den Jugendlichen durch die
Praktika ein zusätzlicher Lernort und Anerkennungsraum eröffnet werden. Während die Interviewten
die Berufsorientierung und Praktika in der Umsetzung ähnlich herausfordernd wie die Durchführung
des Regelunterrichts beschrieben haben, zeigten insbesondere die Resultate der standardisierten Er-
hebungen, dass sich die Mühen bei den Jugendlichen sowohl in der laufenden als auch in der anschlie-
ßenden Beschulung durchaus auszahlen.
Zwischenschulische Zusammenarbeit im Rahmen von PuSch A
In den Fallstudien wurde die Zusammenarbeit zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen
aufgegriffen, da PuSch A-SuS einen Großteil ihres praxisorientierten Unterrichts an beruflichen Schu-
len absolvieren. In den beiden PuSch A-Schulen stellte sich die Ausgangslage sehr unterschiedlich dar:
Einerseits gab es eine langjährige und intensive bilaterale Vorgeschichte zwischen den Schulen, ande-
rerseits wurde die wie von PuSch angedachte institutionalisierte Form von Kooperation neu ange-
bahnt, da der Praxisteil zuvor an derselben Schule umgesetzt worden ist.
Wo die Zusammenarbeit bereits vor PuSch zwischen den Schulen bestanden hat, ging sie auf gemein-
same Netzwerkzugehörigkeiten zurück. Durch die vielen Vorerfahrungen seien die Abstimmungen zur
Planung, Organisation und Durchführung zwischen den Schulen relativ reibungslos verlaufen. Man
kenne sich ferner persönlich und habe alle wesentlichen Akteure örtlich nahe beieinander. Dadurch
seien die Wege zueinander kurz und unkompliziert. In regelmäßigen Treffen zwischen den Leitungs-
ebenen würden zudem wichtige Aspekte besprochen. Als einzige Herausforderung wurde die Abstim-
mung zwischen den Stundenplänen benannt. Aus Sicht der kooperierenden PuSch B-Schule wurde die
Hauptmotivation zur gemeinsamen Zusammenarbeit mit der PuSch A-Schule in der Gewinnung von
zukünftigen SuS gesehen. Seitens der allgemeinbildenden Schule wurde die Auslagerung des praktischen
Unterrichts an Berufsschulen jedoch nicht grundsätzlich für die vorzugswürdige Organisationsweise ge-
halten. Zwar hätten die SuS hierdurch die Gelegenheit, mehr Berufsfelder kennenzulernen, allerdings
reduziere sich durch die Auslagerung des berufsbildenden Parts zwangsläufig die von den Jugendli-
chen verbrachte Zeit an der Stammschule, was wiederum die zeitliche Flexibilität im Hinblick auf die
Vorbereitung der SuS auf den Hauptschulabschluss schmälere.
In einem anderen Fall bestanden zwar vor PuSch A lose Kontakte zwischen einzelnen Personen, eine
intensivere und institutionalisierte Zusammenarbeit existierte jedoch nicht. Obgleich alle Abstim-
mungsprozesse ohne größere Vorerfahrungen in die Wege geleitet werden mussten, hätte man
schnell eine konstruktive kommunikative Basis unter den Beteiligten und entsprechende Organisati-
onsformen zur Umsetzung der Kooperation gefunden. Auch hier erwiesen sich die zeitliche Organisa-
tion und konfliktfreie Zusammenführung der Stundenpläne als Herausforderung. Ferner hätte man be-
züglich der Einsatzzeiten des sozialpädagogischen Personals Abwägungen treffen müssen. So sei der
Bedarf an sozialpädagogischer Begleitung im „großen System Berufsschule“ recht hoch gewesen, d. h.
man hätte sich mehr Unterstützung durch die sozialpädagogische Begleitung während der berufs-
praktischen Zeit gewünscht, zugleich benötigte man die Kapazitäten aber auch an der PuSch A-Schule.
Man versuche daher einen Mittelweg zu finden und Ressourcen möglichst bedarfsorientiert zwischen
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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den Lernorten aufzuteilen. Eine weitere Herausforderung bestand in der Durchführung des Unter-
richts an der beruflichen Schule – insbesondere im „PC-Bereich“. Während z. B. die Lehrkräfte im Holz-
bereich den Umgang mit einer PuSch-vergleichbaren Schülerschaft gewohnt gewesen seien, wäre dies
im PC-Bereich nicht der Fall gewesen. Die Lehrkräfte hätten dort zum ersten Mal mit einer entspre-
chenden Schülerschaft zu tun gehabt. Man versuche nun, die sozialpädagogische Betreuung oder das
Lehrpersonal der PuSch A-Schule verstärkt miteinzubinden.
Im dritten Fall wurde die PuSch B-Schule von einer PuSch A-Schule angesprochen. Die Motivation zur
Beteiligung lag auch hier wiederum in der Akquise zukünftiger SuS. Die inhaltliche Abstimmung zwi-
schen den Schulen sei problemlos verlaufen. Man habe aufgrund vorheriger Kooperationen mit För-
derschulen über konzeptionelle Anknüpfungspunkte verfügt. Das Konzept hätte lediglich an PuSch
angepasst werden müssen. Als wiederum herausfordernd erwies sich die organisatorisch-zeitliche Ab-
stimmung zwischen beiden Schulen. Generell sei der Aufwand anfänglich höher gewesen, mit der Ein-
stellung von Routinen und Abläufen habe sich der Aufwand aber dann spürbar reduziert.
Auch die Vernetzung der PuSch-Schulen mit weiteren Projektträgern und Organisationen wurde im Rah-
men der Fallstudien-Interviews kurz beleuchtet. In der Gesamtschau hielten alle Beteiligten die Ein-
bindung in regionale oder örtliche Netzwerke für wichtig, da multiple Problemlagen der SuS in engen
Netzwerken besser aufgefangen werden könnten. Die Wahrscheinlichkeit, an den individuellen Bedürf-
nissen ansetzen zu können, steige mit der Anzahl kompetenter Anlaufstellen. Sie hätten daher für das
Gelingen der Zielsetzungen des Programms eine nicht unwesentliche Rolle. Zu den genannten Akteu-
ren zählten z. B. örtliche Jugendämter, Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter, Nachhilfegruppen, Ju-
gend- oder Suchtberatungsstellen.
Thematisches Fazit: Insgesamt lässt sich konstatieren, dass die befragten Repräsentanten/innen der
Schulen die Zusammenarbeit zwar überwiegend positiv betrachten, dies aber an einigen Stellen offen-
bar auch mit zusätzlichen Umsetzungsherausforderungen einhergeht. Schulübergreifend lässt sich dies-
bezüglich die zeitlich-organisatorische Synchronisation (z. B. Stundenpläne) zwischen den kooperie-
renden Schulen benennen. Aus Sicht der beruflichen Schulen kann sich die zu geringe Anwesenheit
des sozialpädagogischen Personals im beruflichen Unterricht mitunter als herausfordernd erweisen.
Dies ist insbesondere dann zu erwarten, wenn das an der beruflichen Schule eingesetzte Personal
kaum Erfahrungen im Umgang mit der PuSch A- bzw. einer vergleichbaren Schülerschaft hat. Aus Sicht
der allgemeinbildenden Schulen kann die Organisationsweise zu inhaltlichen und zeitlichen Flexibili-
tätseinbußen bezüglich der Beschulung der Jugendlichen führen, was wiederum deren Vorbereitung
auf den Hauptschulabschluss womöglich herausfordernder gestaltet.
Von den Gesprächspartnern/innen geäußerte Kritikpunkte und Optimierungsvorschläge
Die Gesprächspartner/innen hatten zwischendurch und zum Ende der Interviews die Gelegenheit Kri-
tikpunkte anzubringen und Verbesserungsvorschläge zu benennen, wovon sie Gebrauch gemacht ha-
ben. Die wesentlichen Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Die Stundentafel sei nur bedingt zielführend. Sie wurde sowohl von PuSch A- als auch PuSch B-
Verantwortlichen als zu „vollgepackt“ und „umfangreich“ empfunden. Insbesondere in Deutsch und
Mathe hätten viele SuS enorme Rückstände, aber auch in Englisch wiesen vor allem SuS mit dem
Förderschwerpunkt Lernen starke Defizite auf. Um sie kompensieren zu können, werden in PuSch
A und PuSch B individuelle Förderpläne erarbeitet, was von allen Befragten als sehr hilfreich
empfunden wird. Die Umsetzung der Stundentafel und individueller Förderpläne stehe aber
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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mitunter in zeitlichem und bedarfsbezogenem Konflikt zueinander. Die infolge des Übergangs der
Förderperioden vorgenommene Erweiterung des Curriculums um z. B. Naturwissenschaften habe
zu gewissen Mehraufwänden für die Lehrkräfte geführt, da das Curriculum für das betreffende
Schülerklientel erst entwickelt werden musste. Ferner seien die SuS am späten Nachmittag nicht
mehr sehr aufnahmefähig und teilweise überfordert. Insgesamt hielten es die meisten
Interviewten für sinnvoll, den Kernfächern einen (noch) höheren Stellenwert einzuräumen als bisher
und die Stundentafel inhaltlich und zeitlich zu entzerren. Es bliebe dann auch mehr Zeit für die
zumeist notwendige individuelle Förderung. Hiermit verbunden äußerten die meisten
Verantwortlichen den Wunsch nach mehr Flexibilität bei der Umsetzung der Stundentafel.
• Die zeitliche Aufteilung zwischen den Lernorten und die Stückelung der Praktika in einzelne Tage seien
aufgrund schulorganisatorischer und/oder betrieblicher Erfordernisse in der Praxis nur bedingt
zielführend und realisierbar. Die eigentlich vorgesehene Organisationsweise beeinträchtige
teilweise die Prüfungsvorbereitung und schränke die Mitwirkung der Betriebe ein. Blockpraktika
seien oftmals sinnvoller als einzelne Tage pro Woche, da hierdurch mehr Kontinuität und
Effektivität in der Praxisphase erreicht sowie die Mitwirkungsbereitschaft der Betriebe und die
anschließenden Erfolgaussichten auf den Beginn einer Ausbildung bei Praktikumsbetrieben
erhöht werden könne. Die Förderleitlinie wird im Hinblick auf die zeitlichen Empfehlungen zur
Umsetzung von Praktika insgesamt als zu starr empfunden. Es wurde auch hier der Wunsch nach
mehr Flexbiliät geäußert. Die angepassten Organisationsweisen zeigen aber an, dass den Schulen
diese Flexibilität eingeräumt wird.
• Die zur Verfügung stehenden monetären und zeitlichen Ressourcen seien für das eingesetzte
Personal (Lehrkräfte und sozialpädagogische Begleitung) zu knapp kalkuliert. Häufig forderten die
Gesprächspartner/innen noch mehr sozialpädagogische Unterstützung, was insbesondere in dem
Wunsch nach mehr Doppelbesetzung in der Unterrichtsdurchführung zum Ausdruck gebracht
worden ist. Das Ressourcenerfordernis wurde von den interviewten Personen zumeist in
Verbindung zu den komplexen und multiplen Problemlagen der SuS und zur Zielsetzung der
verstärkten Integration von SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen gesetzt. Im Rahmen von PuSch
B geht die starke Berücksichtigung Geflüchteter mit erhöhten Anforderungen einher. Die
Arbeitsbelastungen des eingesetzten Personals hätten dadurch stark zugenommen. Dies sei dem
Vernehmen mancher Gesprächspartner/innen nach auch ein wesentlicher Grund, weshalb sich
manche Schulen (im näheren Umkreis) nicht an der PuSch-Förderung beteiligten.
• Weiterhin wurde ressourcenseitig bemängelt, dass die Förderung kein Geld mehr für Sachausgaben
vorsähe. So wäre es kaum noch möglich, Schulausflüge zu organisieren oder neue
Unterrichtsmaterialien für die SuS von PuSch anzuschaffen. Die Umsetzung außerschulischer
Aktivitäten, die zu einem besseren Klassenzusammenhalt beitragen könnten, sei mit privaten
Mitteln kaum umzusetzen, da die meisten Jugendlichen in ökonomisch benachteiligten Haushalten
lebten. Diesbezüglich seien die Vorgängerprogramme besser ausgestattet gewesen. Darüber
hinaus fehlten finanzielle Mittel für Fortbildungen der Lehrkräfte (bspw. für die Vermittlung von
Deutsch als Zweitsprache oder Konfliktmanagement), die wiederum aufgrund der
anspruchsvolleren Schülerklientel als sinnvoll erachtet werden.
• Zwar funktioniere die Zusammenarbeit zwischen den Schulen relativ gut, jedoch sei – wie bereits
betont worden ist – insbesondere zwischen abgebenden und aufnehmenden Schulen dringend ein
besserer Informationsaustausch über die SuS im Vorfeld des jeweiligen Schuljahres notwendig,
damit die Zusammensetzung der Schülerschaft und die entsprechenden individuellen Ausgangs-
und Problemlagen sowie Förderbedürfnisse noch besser eingeschätzt werden können.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
66
• Die Lehrkräfte einer PuSch A-Schule und zweier PuSch B-Schulen äußerten sich kritisch gegenüber
einjährigen Regellaufzeiten. So sei es fraglich, ob die Zeit ausreiche, um die SuS ordnungsgemäß auf
einen Hauptschulabschluss vorzubereiten. Einige SuS hätten schlichtweg zu viele grundlegende
persönliche Schwierigkeiten und zu hohe Defizite in den Kernfächern Deutsch und Mathe, so dass
eine Kompensation im Laufe eines Jahres kaum möglich sei. SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen
hätten zudem auffällig starke Defizite in Englisch, die es vor allem in PuSch B innerhalb eines
Schuljahres auszugleichen gelte. Wünschenswert sei daher eine Ausdehnung bzw. höhere Flexibilität
bezüglich der Regellaufzeiten von PuSch-Klassen, wodurch sich die Erfolgsaussichten von SuS für den
Erwerb des Hauptschulabschlusses nochmals steigern ließen. Auch dieses Argument wurde vor
allem im Kontext der komplexen Ausgangs- und Problemlagen und besonderen Förderbedarfe der SuS
platziert. Es kam bei PuSch B zudem (noch) stärker zum Tragen als bei PuSch A, wobei generell zu
berücksichtigen gilt, dass die SuS die Möglichkeit auf eine Wiederholung der PuSch-Klasse haben.
• Zu guter Letzt wurden die modifizierten Zugangsvoraussetzungen für die SuS in der PuSch B-Förderung
kritisiert. Die Altersgrenze sei wenig sinnvoll, da sie viele Jugendliche künstlich ausgrenze. Hierdurch
würden betreffende Jugendliche letztlich nicht die optimale Förderung erhalten, da sie obgleich
der Vorzugswürdigkeit von PuSch in anderen Angeboten gefördert werden müssten.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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7. Fazit
Da Bildungsarmut die lebensverlaufsbezogenen Partizipations- und Verwirklichungschancen von be-
troffenen Personen beträchtlich reduziert und viele – später kaum noch kompensierbare – Risiken
nach sich ziehen kann (z. B. Quenzel/Hurrelmann 2019: 13-20), erhält die Vermeidung von Schulabb-
ruch prinzipiell einen hohen gesellschaftspolitischen Stellenwert. Vor diesem Hintergrund soll das För-
derprogramm „PuSch“ im Rahmen der hessischen ESF-Strategie zur „Verbesserung der formalen
Schulbildung von leistungsschwachen Jugendlichen“ beitragen. PuSch ist ein spätpräventives Angebot
zur Vermeidung von Schulabbruch und richtet sich an schulmüde und/oder -abstinente – sowie zu-
meist sozioökonomisch benachteiligte – Jugendliche mit beträchtlichen Lern- und Leistungsrückstän-
den. Das Programm ist unterteilt in die beiden Programmteile PuSch A und PuSch B, die wiederum
unterschiedliche Zielgruppen adressieren: Während PuSch A gegen Ende der Pflichtschulzeit ansetzt
und mindestens 14 Jahre alten SuS mit acht vollendeten Schulbesuchsjahren offen steht, handelt es
sich bei PuSch B um ein Angebot, das nach der Regelschulzeit anknüpft und für maximal 18 Jahre alte
Jugendliche mit vollendeter Vollzeitschulpflicht geschaffen worden ist, die bisher noch keinen Schul-
abschluss erreichen konnten. PuSch A wird an allgemeinbildenden und in Kooperation mit beruflichen
Schulen umgesetzt. PuSch B findet ausschließlich an beruflichen Schulen statt. Beiden Programmtei-
len gemeinsam sind ein theorieentlasteter Unterricht, kleinere Lerngruppen, eine intensive sozialpä-
dagogische Begleitung sowie die Durchführung von Praktika unter der Einbindung von Betrieben. Bei
beiden Programmteilen handelt es sich folglich um kooperativ ausgerichtete Bildungsangebote, in
denen die SuS mit unterschiedlichen Akteuren und Lernorten in Berührung kommen.
Grundlegend kann davon ausgegangen werden, dass PuSch umso erfolgreicher ist (Nutzen- und Wir-
kungsebene), je besser das Passungsverhältnis zwischen den Problemlagen sowie den hiermit korres-
pondierenden individuellen Förderbedürfnissen der SuS und den Schul- bzw. Unterrichtsbedingungen
der PuSch-Klassen im Rahmen der Förderung ausgestaltet werden kann (Umsetzungsebene). Entspre-
chend orientierte sich die Evaluierung an Leitfragen, die sich sowohl auf die Umsetzungs- als auch die
Nutzen- und Wirkungsebene der Förderung bezogen haben. Die Klärung der Fragen erfolgte dabei
auf Basis eines kombinatorischen Einsatzes quantitativer und qualitativer Methoden (sog. Mixed-Me-
thods-Ansatz) und stützte sich auf Dokumentenanalysen, Auswertungen der ESF-Monitoringdaten,
Experteninterviews, quantitative Befragungen von laufenden und ehemaligen PuSch-SuS sowie drei
qualitative Fallstudien.
Auf der Umsetzungsebene interessierten insbesondere die Einmündungswege der Jugendlichen in die
PuSch-Klassen, die Zusammensetzung der PuSch-Klassen gemäß soziodemografischer Merkmale der
SuS, die (Rahmen-)Bedingungen des allgemeinbildenden und beruflichen Unterrichts, die Bedeutung
der sozialpädagogischen Begleitung und die Praktikumszeit sowie die Zusammenarbeit zwischen all-
gemeinbildenden und beruflichen Schulen. Zur Beleuchtung dieser Erkenntnisinteressen dienten ins-
besondere die Klassenzimmer-Befragung und die Fallstudien. Die einschlägigen Ergebnisse lassen
sich wie folgt zusammenfassen:
• Die Einmündungswege der SuS fallen bei PuSch B vielfältiger aus als bei PuSch A. Etwas über die
Hälfte der PuSch A-SuS ist zuvor auf dieselbe Schule gegangen und hat folglich für die Teilnahme
an der Förderung nicht die Schule gewechselt. SuS von PuSch B-Klassen besuchten zuvor häufig
InteA-Intensivklassen, um die deutsche Sprache zu erlernen. Viele Jugendliche gingen zuvor zudem
auf Gesamtschulen, verbundene Haupt- und Realschulen und Förderschulen oder waren zuvor in
einem Bildungsgang zur Berufsvorbereitung (BzB) an einer beruflichen Schule. Die Art der Einmün-
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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dung der SuS in die PuSch-Klassen ist dabei ein sehr relevanter Faktor für die Umsetzung der För-
derung, wobei die Ergebnisse auf folgenden Zusammenhang schließen lassen: Je höher der Anteil
schulexterner SuS in den PuSch-Klassen ausfällt, desto länger benötigt es an Zeit für die Herstel-
lung einer funktionierenden Gruppe und guten Klassenzimmeratmosphäre und desto herausfor-
dernder ist – zumindest anfänglich – die Durchführung des Unterrichts. Als diesbezüglich proble-
matisch erweist sich die nicht immer gegebene Informationstransparenz zwischen abgebenden
und aufnehmenden Schulen, wodurch aus Sicht der PuSch-Schulen die frühzeitige Planbarkeit so-
wie Einschätzung individueller Problemlagen und Förderbedürfnisse beeinträchtigt wird. Es be-
steht daher ein recht starker Optimierungsbedarf in Richtung eines besseren zwischenschulischen
Informationsaustauschs.
• Die Zusammensetzung der PuSch-Klassen fällt innerhalb beider Programmteile recht heterogen aus.
Obwohl das aggregierte Bild gemäß den ESF-Monitoringdaten zeigt, dass deutlich mehr Männer
als Frauen und mehr Personen mit als ohne Migrationshintergrund im Rahmen von PuSch geför-
dert werden, kann weder bei PuSch A noch bei PuSch B von Klassen ausgegangen werden, die sich
in ihren Zusammensetzungen bezüglich der Merkmale Geschlecht, Migrations- und Fluchthinter-
grund sowie ehemaligem Förderschulbesuch durchgängig ähneln. Übergreifend haben viele SuS
schwerwiegendere persönlich-soziale Probleme, deren Ursache nicht selten in sozioökonomisch
prekären und/oder zerrütteten Elternhäusern liegen. PuSch A- und PuSch B-Klassen unterscheiden
sich in ihrer Zusammensetzung neben den verschiedenen Altersgruppen hinsichtlich des Ausma-
ßes beschulter Personen mit Migrations- und vor allem Fluchthintergrund sowie Personen mit vo-
rausgegangenem Förderschulbesuch. Alle erwähnten Personengruppen sind in PuSch B-Klassen
stärker vertreten als in PuSch A-Klassen. Insgesamt kann daher davon ausgegangen werden, dass
das Merkmals- und Risikoprofil der Schülerschaft von PuSch B (noch) komplexer ist als im Rahmen
von PuSch A.
• Mit der Durchführung des Unterrichts waren die SuS überwiegend zufrieden. PuSch B-SuS hat der
Unterricht dabei etwas besser gefallen als PuSch A-SuS. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die
Bewertung der Klassenatmosphäre. Ungeachtet der ansonsten eher kleinen Unterschiede deuten
die Ergebnisse insgesamt darauf hin, dass die Unterrichtsgestaltung und das eingeforderte Lern-
tempo für die meisten SuS angemessen ausfallen und die PuSch-Beschulung von den Jugendlichen
überwiegend als hilfreiches und lernförderliches Angebot wahrgenommen wird. Dem verantwort-
lichen Lehr- und Sozialpädagogikpersonal gelingt es folglich recht gut, den Unterricht entspre-
chend der Zielgruppen auszurichten und ihnen zu Lernfortschritten zu verhelfen. Die Antworten
des befragten Personals deuten jedoch darauf hin, dass diese Leistung mit größeren Herausforde-
rungen verbunden ist – eine Feststellung, die beim PuSch B-Personal (noch) stärker zum Tragen
kommt als beim PuSch A-Personal. Die Unterschiede können als unmittelbare Konsequenz des
insgesamt komplexeren Merkmals- und Risikoprofils der PuSch B-Schülerschaft interpretiert wer-
den. Entsprechend berichtete das PuSch B-Personal vergleichsweise häufiger über Herausforde-
rungen, die mit defizitären Sprachkenntnissen und geringeren Zeitressourcen für die individuelle
Förderung der SuS in Zusammenhang stehen. Trotz der unterschiedlich gelagerten Herausforde-
rungen attestierten die befragten Lehrkräfte beider Förderlinien den PuSch-Klassen einen insge-
samt relativ guten Zusammenhalt.
• Bezüglich der Rahmenbedingungen der Unterrichtsdurchführung lassen sich aus den Ergebnissen
Optimierungspotenziale hinsichtlich der Stundentafel und der Regellaufzeit von PuSch-Klassen ab-
leiten. Es sollte ggf. überlegt werden, den Unterricht stärker auf Kernfächer wie Mathe, Deutsch
und Englisch zu fokussieren und die Regellaufzeit (in PuSch B) zu flexibilisieren.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
69
• Die sozialpädagogische Begleitung übernimmt im Rahmen von PuSch ein breites Spektrum an Auf-
gaben und stellt sowohl für die SuS als auch für die Lehrkräfte eine wichtige Unterstützung bzw.
Entlastung dar. Sozialpädagogische Begleitung wird nicht nur zur besseren Bewältigung individu-
eller Problemlagen benötigt, sondern auch im Zusammenhang mit der Herstellung einer guten
Lernatmosphäre innerhalb der Klassen, der Elternarbeit, dem Austausch im Zuge der Begleitung
des berufspraktischen Unterrichts sowie Praktika und mit Kooperationen. Die SuS beanspruchen
die sozialpädagogische Begleitung dabei nicht alle gleichermaßen, sondern offenbar eher bedarfs-
bezogen. Lediglich in Ausnahmefällen berichteten die befragten Verantwortlichen davon, dass für
die Arbeit des/r Sozialpädagogen/in zusätzliche Stunden zur Verfügung stehen, die über die Mittel-
abdeckung der ESF-Förderung hinausgehen (z. B. aus Eigenmitteln des Trägers). Bei PuSch B war
dies – auf niedrigem Niveau – häufiger der Fall als in PuSch A. Insgesamt implizieren die Ergebnisse,
dass die verfügbaren Ressourcen insbesondere im Rahmen von PuSch B nicht immer auszu-
reichen, um die – im Vergleich zu PuSch A (noch) stärker ausfallende – Inanspruchnahme der sozi-
alpädagogischen Begleitung der SuS vollständig abbilden und die Lehrkräfte hinreichend entlasten
zu können. Auf Basis der vorliegenden Evidenz sollte ggf. in Erwägung gezogen werden, den Um-
fang der sozialpädagogischen Begleitung in PuSch B-Klassen demjenigen von einjährig durchge-
führten PuSch A-Klassen anzugleichen. Aber auch PuSch A-Lehrkräfte äußerten den Bedarf an
noch mehr Ressourcen für die sozialpädagogische Begleitung.
• Der praktische Bestandteil von PuSch wird von den SuS insgesamt vergleichbar gut aufgenommen
wie der allgemeinbildende Unterricht. Die überwiegende Mehrheit kann sowohl dem berufsorien-
tierenden Unterricht als auch den Praktika Nützliches abgewinnen. Obwohl nicht für alle Jugendli-
chen die interessierenden Berufsfelder aufgegriffen werden (können), existiert eine recht ordent-
liche Passungsfähigkeit zwischen den behandelten Berufsfeldern und den betrieblichen Praktika.
Positiv zu bewerten ist, dass die Zufriedenheit der Jugendlichen mit den absolvierten Praktika re-
lativ hoch ausfällt. Folglich stoßen die Berufsbilder häufig spätestens bei einer Erprobung im real-
wirtschaftlichen Kontext auf Interesse. Die Verteilung der Geschlechter auf die Berufsfelder und
Praktikabereiche verläuft dabei überwiegend nach den bewährten Mustern: Während Männer
häufig in handwerklichen bzw. handwerks- und industrienahen Berufen vertreten waren, verteil-
ten sich Frauen zuvorderst auf die Bereiche Hauswirtschaft, Gastgewerbe/Gastronomie und Ge-
sundheit/Pflege.
• Die Zusammenarbeit zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen wurde von den Verant-
wortlichen moderat positiv bewertet. Im Rahmen der standardisierten Befragung wurde die Häu-
figkeit des Austauschs unter den PuSch A-Lehrkräften beider Schulen für optimierungsbedürftig
empfunden. Die Fallstudien haben gezeigt, dass die zeitlich-organisatorische Synchronisation (z. B.
Stundenpläne) zwischen den kooperierenden Schulen offenbar eine übergreifende Herausforde-
rung darstellt. PuSch B-Schulen sind etwas stärker in (lokale) Akteursnetzwerke eingebunden als
PuSch A-Schulen, was womöglich mit dem höheren Bedarf an externen Ressourcen erklärt werden
kann, wodurch die insgesamt komplexeren Problemlagen der SuS wiederum besser bearbeitet
werden können. Es sollte in Erwägung gezogen werden, zukünftig (Handwerks-) Kammern stärker
als bisher miteinzubeziehen, da sie Beratungsangebote für Ausbildungsinteressierte im Repertoire
haben und bei der Suche nach geeigneten Praktikums- und Ausbildungsbetrieben behilflich sein
könnten. Bisher sind (Handwerks-)Kammern kaum relevant als Partner.
• Aus Sicht der SuS wurde die Umsetzung der PuSch-Klassen insgesamt gut bewertet. PuSch B-SuS
(Durchschnittsnote: 1,7) vergaben dabei im Durchschnitt etwas bessere Noten als PuSch A-SuS
(Durchschnittsnote: 2,1). Die positive Gesamtbewertung lässt darauf schließen, dass zwischen den
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
70
Problemlagen der Jugendlichen sowie den korrespondierenden Förderbedürfnissen und den
Schul- bzw. Unterrichtsbedingungen der PuSch-Klassen eine recht hohe Passungsfähigkeit be-
steht. Für die überwiegende Mehrheit der SuS ist PuSch folglich ein geeignetes Angebot.
Bezogen auf die Nutzen- und Wirkungsebene interessierten sowohl die während der laufenden Durch-
führung identifizierbaren Erfolge im Hinblick auf das schulische Lernen, den Kompetenzaufbau und
die Berufsorientierung sowie die Abschlusserfolgsquoten und der längerfristige Verbleib der Jugendli-
chen im Anschluss an die PuSch-Beschulung. Über diese Erkenntnisinteressen gaben vor allem die ESF-
Monitoringdaten sowie die Ergebnisse der Klassenzimmer-Befragung und CATI-Verbleibs-befragung
Auskunft. Insgesamt konnten folgende Resultate festgestellt werden:
• Die Ergbenisse der Klassenzimmer-Befragung zeigen, dass sich die überwiegende Mehrheit der
Jugendlichen im Zuge der PuSch-Beschulung sowohl in ihren schulischen Leistungen als auch in ihren
beruflichen und persönlich-sozialen Kompetenzen gestärkt fühlt. Fast vier Fünftel der PuSch A-SuS
und etwas mehr als zwei Drittel der PuSch B-SuS berichteten insgesamt von leicht oder deutlich
verbesserten Schulleistungen. Insbesondere in der Berufsorientierung erzielten die Jugendlichen
während der PuSch-Beschulung Fortschritte, welche dadurch unterstrichen werden, dass rund
zwei Drittel der Jugendlichen für sich einen konkreten Berufswunsch benennen konnte. Die
einschlägigen Nennungen korrespondierten dabei häufig mit den zuvor bereits behandelten
Berufsfeldern und absolvierten Praktika. Bezüglich des Nutzens von PuSch bestehen zwischen der
Einordnung der Lehrkräfte und SuS recht enge Parallelen.
• Der auf Basis der ESF-Monitoringdaten ermittelte Ergebnisindikator-Wert (Stand: 13.02.2019) be-
läuft sich auf 75,9 %. Ihre reguläre Teilnahme an einer PuSch-Klasse schlossen folglich rund drei
Viertel aller Jugendlichen erfolgreich mit einem Hauptschulabschluss ab (Männer: 76,6 %; Frauen:
74,6 %). Der definierte Zielwert in Höhe von mindestens 60 % kann damit bisher übertroffen wer-
den. Bei PuSch A (84,2 %) liegt die Quote höher als bei PuSch B (69,5 %). Zwar fallen die Erfolgsquo-
ten insgesamt relativ hoch aus, jedoch ist an dieser Stelle auch zu berücksichtigen, dass rund jede/r
achte Jugendliche vorzeitig aus einer PuSch-Klasse austritt (Anteil an allen PuSch-Geförderten:
12,0 %). Insbesondere bei PuSch B dürfte es sich dabei um Personen handeln, die zumindest im
regulären allgemeinbildenden oder beruflichen Schulsystem keine Aussicht mehr auf den Erwerb
eines Hauptschulabschlusses haben. PuSch präventiert bei vielen, aber nicht bei allen Geförderten
vor Schulabbruch. Folglich ist PuSch nicht durchgängig für jede/n Jugendliche/n der geeignete
Förderrahmen.
• Der Verbleib der Mehrheit der befragten Jugendlichen im Anschluss an die PuSch-Beschulung fällt
recht positiv aus. Die PuSch-Förderung trägt dazu bei, dass die Jugendlichen erfolgreich in das
Ausbildungssystem einmünden und den Grundstein für eine auf Dauer angelegte Integration in
den Arbeitsmarkt legen können. Die Hälfte der ehemals Geförderten absolvierte eine Ausbildung.
Die Akzeptanz der Betriebe gegenüber ehemaligen PuSch-SuS scheint somit gegeben zu sein.
Knapp ein Fünftel ging – oftmals zwecks Erwerbs der mittleren Reife – weiterhin zur Schule. Jede
zehnte ehemals geförderte Person verblieb hingegen in Arbeitslosigkeit. Bei männlichen
Jugendlichen fiel der Verbleib insgesamt etwas positiver aus als bei Frauen. Bestärkt wird das
überwiegend positive Gesamtbild durch die auch in der Retrospektive relativ hoch ausfallenden
Zufriedenheitswerte ehemaliger PuSch-SuS mit der Förderung. Zwischen den im Laufe der PuSch-
Durchführung behandelten Berufsfeldern sowie den absolvierten Praktika und den begonnenen
Ausbildungen ehemaliger PuSch-SuS sind enge Zusammenhänge ersichtlich. Dies kann als ein indiz
dafür gelten, dass die PuSch-Schulen eine relativ erfolgreiche Arbeit bei der Berufsorientierung
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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leisten. Vor dem Hintergrund der Zielgruppen ist der Verbleib der befragten Jugendlichen letztlich
positiv einzuordnen. Ob die Verbleibserfolge ehemaliger PuSch-SuS zu gewissen
Verdrängungseffekten führen – d. h., ob SuS aus Regelklassen mit einem (schlechten)
Hauptschulabschluss durch die PuSch-Förderung schlechtere Chancen auf dem Ausbildungs-
markt haben – kann im Rahmen dieser Evaluation nicht geklärt werden. Wegen der geringen
Fallzahl der Verbleibserhebung und einer möglichen positiven Selbstselektion befragter
Jugendlicher stehen die gezogenen Schlussfolgerungen zudem unter einem gewissen Vorbehalt.
Auf Basis der vorliegenden Evidenz handelt es sich bisher bei PuSch – unter Berücksichtigung etwaiger
Umsetzungsherausforderungen und Optimierungspotenziale – insgesamt um eine relativ erfolgrei-
che Förderung. Häufig gelingt es, zuvor negativ verlaufenen Schulkarrieren positive Wendungen bis
hin zur Erreichung eines Hauptschulabschlusses zu verleihen. Die Ergebnisse zu den längerfristigen
Wirkungen der Förderung haben zudem gezeigt, dass die positiven Effekte darüber hinaus auch bei
der Integration der Jugendlichen in das Ausbildungs- und (weiterführende) Bildungssystem sichtbar
werden. Obgleich des insgesamt positiven Fazits darf nicht vergessen werden, dass die PuSch-Förde-
rung bei manchen Jugendlichen nicht die erhoffte Wirkung entfalten kann und somit auch an Kom-
pensationsgrenzen stößt.
Evaluationsbericht „Praxis und Schule“
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ten Ausbildungsberichterstattung für Hessen.
Hessisches Statistisches Landesamt (2018b): Anfängerinnen und Anfänger 2017 nach schulischer Vorbil-
dung und Verwaltungsbezirken (und zurückliegende Jahrgänge). Ergebnisse aus dem Projekt Ver-
stetigung einer integrierten Ausbildungsberichterstattung für Hessen.
Hessisches Statistisches Landesamt (2018c): Anfängerinnen und Anfänger 2017 nach Geschlecht und
Verwaltungsbezirken (und zurückliegende Jahrgänge). Ergebnisse aus dem Projekt Verstetigung
einer integrierten Ausbildungsberichterstattung für Hessen.
Hessisches Statistisches Landesamt (2018d): Anfängerinnen und Anfänger 2017 nach Staatsangehörig-
keit und Verwaltungsbezirken (und zurückliegende Jahrgänge). Ergebnisse aus dem Projekt Verste-
tigung einer integrierten Ausbildungsberichterstattung für Hessen.
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