I N F O R M A T I O N
zur Pressekonferenz
mit
Landesrat Rudi Anschober Mag. Herbert Lechner, Österreichische Energieagentur
DI Herbert Tretter, Österreichische Energieagentur
22. Juni 2010
zum Thema
"Braucht Oberösterreich Pumpspeicherkraftwerke? Ergebnisse einer umfassenden Bedarfsstudie im Auftrag des
Energieressorts"
LR Rudi Anschober Seite 2 Oberösterreich geht konsequent den Kurs Richtung Energiewende – Raumwärme und Strom sollen bis 2030 zu 100 % aus erneuerbarer Energie bereitgestellt werden. Energie-Landesrat Rudi Anschober hat bei der unabhängigen "Austrian Energy Agency" eine Studie in Auftrag gegeben, inwieweit es bei diesem Kurs einen Bedarf für Pumpspeicherkraftwerke gibt. Das Ergebnis liegt nun vor: Pumpspeicherkraftwerke sind eine wichtige Unterstützung für die Umstellung der Energieerzeugung und Energieverwendung – für Oberösterreich selbst sieht die Studie einen Bedarf von 1-2 Pumpspeicherkraftwerken, für den europäischen Markt bedeutend mehr. Auftrag bzw. Aufgabenstellung:
Bereits im Jahr 2005 wurde die Österreichische Energieagentur vom Land
Oberösterreich beauftragt, den energiewirtschaftlichen Bedarf der von der
Bernegger GmbH entwickelten Projektidee zur Errichtung eines
Umwälzkraftwerks zu analysieren. Diese Analyse wurde in der Studie
"Energiewirtschaftlicher Bedarf des Projekts ‚Energiespeicher Pfaffenboden’
der Bernegger GmbH" durchgeführt und mit einem Endbericht im März
2005 abgeschlossen. Die angestrebte Einbindung des Umwälzkraftwerks in
die 220-kV-Leitung Ernsthofen – Weißenbach war zum damaligen Zeitpunkt
aufgrund der Engpasssituation auf den Nord- Süd-Leitungsverbindungen im
Übertragungsnetz der Verbund Austrian Power Grid AG nicht möglich.
Dadurch wurde dieses Projekt zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr verfolgt.
Aufgrund des seit damals erfolgten Netzausbaus im österreichischen
Übertragungsnetz haben sich die technischen Verhältnisse verändert und
es wäre ein Anschluss des Kraftwerks nun aus Sicht der Verbund APG
möglich. Somit wurde das Projekt von der Bernegger GmbH wieder
aufgenommen und es wird dessen Umsetzung vorbereitet. Darüber hinaus
gibt es noch drei weitere Projekte in Oberösterreich, die sich derzeit in
unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden:
- ein angedachtes Projekt in Pfenningberg/Linz
- eines in Jochenstein
- und eines in Ebensee.
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Bei diesen vier Pumpspeicherprojekten ist eine Gesamtleistung im
Turbinenbetrieb von 1.050 MW projektiert. Folgende Aspekte wurden in der
vorliegenden Studie entsprechend ausgearbeitet und vorgelegt:
- ein Update der Studie aus dem Jahr 2005
- Bedarf für Pumpspeicherkapazitäten auf Landes-/ Bundes-/ europäischer
Ebene
- Kompatibilität mit der Energiestrategie des Landes OÖ "Energiewende
2030"
LR Anschober sieht auf Basis der vorliegenden Studie folgende drei Kernfragen für Oberösterreich beantwortet:
1. Sind Pumpspeicherkraftwerke für Oberösterreich energiepolitisch im
Sinn der energiepolitischen Konzeption "Energiezukunft 2030"
sinnvoll?
2. Gibt es einen energiewirtschaftlichen Bedarf in Oberösterreich und in
Österreich?
3. Sind Pumpspeicherkraftwerke mit der Anti-Atompolitik
Oberösterreichs vereinbar?
LR Anschober: "Die Klärung dieser drei Fragestellungen waren immens
wichtig für den weiteren Umgang des Energieressorts mit den in
Erarbeitung befindlichen Projekten. Diese drei Fragen konnten eindeutig
beantwortet werden und geben den energiewirtschaftlichen weiteren Weg in
dieser Frage vor!"
Sind Pumpspeicherkraftwerke für Oberösterreich und Österreich energiepolitisch im Sinn der energiepolitischen Konzeption "Energiezukunft 2030" sinnvoll?
Die untersuchten Studien und die Entwicklungen in Europa zeigen, dass in
Zukunft europaweit ein steigender Bedarf an regelfähigen Kraftwerken
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gegeben ist. Insbesondere der flächendeckend in den nächsten
Jahrzehnten massiv stattfindende Windkraft- und Photovoltaikausbau wird
in Europa einen entsprechenden Zuwachs an regelfähigen und in Zukunft
zudem speicherfähigen Kraftwerken bedingen. Pumpspeicherkraftwerke
können für Zentraleuropa beide Aufgaben langfristig energie- und
volkswirtschaftlich kosteneffizient erfüllen.
Darüber hinaus ergibt sich aus der oberösterreichischen Energiestrategie
"Energiezukunft 2030" mit den Zielsetzungen einer Vollversorgung mit
elektrischer Energie aus erneuerbaren Energiequellen unter Bedachtnahme
auf den Ausgleichsenergiebedarf ein starkes Potential zur Einbindung von
Pumpspeicherkraftwerken in das Stromversorgungssystem
Oberösterreichs.
In Oberösterreich sind derzeit Windkraftanlagen mit einer Leistung von 26
MW und PV-Anlagen mit ca. 11 MW in Betrieb. Nach Angaben von
Interessensgemeinschaft Windkraft Österreich – IGW (2010) sind in
Oberösterreich derzeit an rund zehn Standorten etwa 50 weitere
Windkraftanlagen mit zusammen 125 MW installierter Leistung in Planung.
Im aktuellen Regierungsübereinkommen bis 2015 wurde fixiert, dass die
Landesregierung in Abstimmung mit dem Energie- und Klimaschutzfonds
des Bundes zusätzliche Investförderungsimpulse für ein zumindest 10.000-
Solardächer-Programm anstrebt. Die Anzahl der Photovoltaikanlagen in
Oberösterreich soll damit als erste Etappe bis 2015 jedenfalls verfünffacht
werden. Konkret bedeutet das eine installierte PV-Leistung von zumindest
50 MW bis Ende 2015. Die PV-Kapazität soll bis 2030 auf bis zu 300 MW
(100 bis 300 GWh) gesteigert werden. Insbesondere bei einem Ausbau von
Windkraft und Photovoltaik ist ein erhöhter Bedarf an erzeugungsseitiger
Spitzenlast (Fahrplanenergie) und in Abhängigkeit von der Qualität der
Erzeugungsprognosen auch an Regelenergie (innerhalb der Bilanzgruppe
Ausgleichsenergie) gegeben.
"Pumpspeicherkraftwerke sind daher eine wesentliche Unterstützung für
einen effizienten Ausbau von Photovoltaik und Windkraft in Oberösterreich
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und das Umsetzen der Energiewende weg von Öl, Kohle und Atom" so
Landesrat Anschober.
Gibt es einen energiewirtschaftlichen Bedarf in Oberösterreich und in Österreich?
Kurz- bis mittelfristig kann mit einem der vier geplanten
Pumpspeicherkraftwerke der sich aus Lastschwankungen im
Industriebereich und dem Ausbau erneuerbarer Stromerzeugungseinheiten
ergebende Kompensations- und Ausgleichsleistungsbedarf im
oberösterreichischen Stromversorgungssystems gedeckt werden.
Längerfristig könnte sich insbesondere im Zusammenhang mit dem Ausbau
zu einem zu 100 % auf erneuerbaren Energieträgern basierenden
Stromsystem der Bedarf für ein weiteres der geplanten
Pumpspeicherkraftwerke ergeben.
Vor dem Hintergrund einer regenerativen Vollversorgung in Europa, welche
insbesondere aus Klimaschutzgründen langfristig angestrebt wird, besteht
im zentraleuropäischen Stromsystem ein mittel- bis langfristig ein Bedarf an
Speicherkapazitäten, der deutlich über die Leistung der in Oberösterreich
geplanten Projekte hinausreicht.
"Die Studie bestätigt also die energiewirtschaftliche Bedeutung der
Projekte. Da wir uns in Oberösterreich nicht auf einer energiepolitischen
Insel befinden, haben diese Projekte auch eine wichtige europäische
Komponente", so Anschober weiter.
Sind Pumpspeicherkraftwerke mit der Anti-Atompolitik Oberösterreichs vereinbar?
Europas Politik steht hinsichtlich des Klimawandels vor einer großen
Herausforderung. Es soll gelingen, den globalen Temperaturanstieg auf ca.
2 C zu beschränken. Weltweit müssten dazu bis 2050 alle
Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 50 Prozent reduziert
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werden. Im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Kopenhagen hat die EU die
Absicht bekundet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95
Prozent gegenüber 1990 zu senken.
Im Bereich der Versorgung mit elektrischer Energie wird es daher innerhalb
der nächsten 40 Jahre notwendig sein, das europäische
Stromversorgungssystem konsequent in Richtung einer regenerativen
Vollversorgung umzubauen. Die bedeutendsten zukünftigen
Kapazitätsbeiträge für den Systemumbau werden in zahlreichen Studien
(Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik - IWES
(2010)The Boston Consulting Group (2010) und Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – BMU (2009) von Windkraft,
Bioenergie und Photovoltaik erwartet. Alleine in Deutschland sollen im Jahr
2050 129.000 MW regenerative Stromerzeugungsleistung, davon 76.000
MW Windkraft- und 34.000 MW PV-Leistung installiert sein, welche dann 75
Prozent des Strombedarfs des Landes decken würden.
Das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik - IWES
(2010) zeigt für Deutschland, dass sich bei einer Umstellung des
Stromversorgungssystems auf großflächig verteilte dezentrale regenerative
Stromerzeugungseinheiten der bestehende konventionelle Kraftwerkspark
stark verändern wird. Klassische Grundlastkraftwerke mit hoher
Jahreslaufzeit (und damit auch Kohle- und Kernkraftwerke) werden bis
2050 durch die Grundlast der regenerativen Stromerzeugungseinheiten
völlig ersetzt werden.
Windkraft und Photovoltaik haben den großen Vorteil, dass die
Primärenergieträger Wind und Sonne gratis und ohne Gefahr geopolitischer
Konflikte zur Verfügung stehen. Die Stromerzeugung aus diesen
Primärquellen kann jedoch nicht gesteuert erfolgen, sie wird von großen
(zum Teil aber prognostizierbaren) stündlichen, täglichen und auch
wöchentlichen Leistungsschwankungen (Fluktuationen) bestimmt. Größere
Anteile von Wind- und PV-Leistung an der Gesamtleistung eines
Kraftwerksparks bedingen einen verstärkten parallelen Ausbau an flexiblen
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Kraftwerkskapazitäten (primär auf Basis von Kraftwerken mit Gasbzw. Gas-
und Dampfturbinen sowie Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken), die
nicht nur wie bisher verbrauchsseitige, sondern in Zukunft vielerorts noch
bedeutender werdende erzeugungsseitige Lastschwankungen ausgleichen
können.
Speicher sichern nicht nur die Stromversorgung, sondern ermöglichen auch den nachhaltigen Umbau unserer Stromsysteme von Grundlast (Kohle und Atom) auf erneuerbare in Kombination mit Speicherkraftwerken.
"Die Kombination Ausbau erneuerbarer Energieträger – wie wir dies in
Europa und Oberösterreich planen – in Kombination mit
Speicherkraftwerken - werden bis 2050 die bisher üblichen
Grundlastkraftwerke auf Kohle und Atombasis ersetzen. Damit helfen die
Pumpspeicherkraftwerke mit unseren Anti-Atomkurs konsequent weiter zu
verfolgen", so Energie-Landesrat Rudi Anschober.
Funktionsweise von Pumpspeicherkraftwerken
Durch ihre Stromspeicherfähigkeit können Stromspeicherkraftwerke sowohl
zur Last- als auch zur Einspeiseglättung beitragen. In zukünftigen
Stromversorgungssystemen mit hohem Erzeugungsanteil an Windkraft und
PV werden insbesondere derartige Kraftwerke die weitere Integration hin zu
einer Vollversorgung mit erneuerbarer elektrischer Energie erst
ermöglichen. Die einzige derzeit am Strommarkt einsetzbare und weit
verbreitete Technologie zur großtechnischen Speicherung von Strom sind
bisweilen Pumpspeicherkraftwerke.
Pumpspeicherkraftwerke (PSK) werden in der Regel als Tagesspeicher
konzipiert. Zumeist wird zu Schwachlastzeiten (Nacht) günstig beziehbarer
Strom zum Pumpen von Wasser von einem Unterbecken in ein Oberbecken
verwendet. Tagsüber wird das Wasser des Oberbeckens zu
Spitzenlastzeiten (Hochpreisphasen) im Turbinenbetrieb zur Erzeugung von
Strom eingesetzt. Die nachfolgende Grafik zeigt eine schematische
Darstellung eines Pumpspeicherkraftwerkes.
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PSK ohne natürlichen Wasserzufluss ins Oberbecken werden auch als
Umwälz-Kraftwerke bezeichnet. Die Stromspeicherkapazität eines PSK
beträgt bei voller Turbinen- und Pumpleistung von einigen 100 bis fallweise
deutlich über 1.000 MWel zumeist zwischen 6 und 12 Stunden. Bei älteren
PSK sind Pump- und Turbineneinheit getrennt ausgeführt. Die
Turbineneinheit (Pelton-Turbine) ist dabei zumeist leistungsstärker als die
Pumpe (Francisturbine) ausgeführt.
Bei neueren PSK kommen Pumpturbinen (Francisturbinen) zum Einsatz.
Der Jahresnutzungsgrad von PSK liegt bei 70 bis 75 und bei neueren
Anlagen bis zu 80 %.
Abbildung: Beispielhafte Darstellung der Wirkungsgradverluste bei PSK Deutsche Energie-Agentur GmbH - Dena (2010).
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Im Falle eines Netzausfalls sind PSK schwarzstartfähig (zum
Netzwiederaufbau nach Großstörungen). Bei großflächigen Black-outs
kommt dieser Eigenschaft entscheidende Bedeutung zu. Zudem können
PSK aufgrund ihrer schnellen Anfahrtszeit und ihres steilen
Leistungsgradienten zur Bereitstellung von allen Regelleistungsbereichen
(Primär-, Sekundär und Tertiär- bzw. Minutenreserve) eingesetzt werden
und in praktisch allen Betriebszuständen zur Blindleistungsregelung
eingesetzt werden und damit zur Netzstabilität beitragen.
Weitere in Österreich geplante Pumpspeicherkraftwerke:
Die folgende Abbildung zeigt den geplanten Ausbau der
Pumpspeicherkraftwerke in den Zentralalpen und den Ausbau von
thermischen Kraftwerken sowie Windkraftwerken bis 2020. Räumlich
zentriert, im Westen Kärntens, Süden Salzburgs und in Tirol soll die
installierte Pumpleistung des Jahres 2009 nach Erhebungen des Verbund
massiv um rund 5.000 MW gesteigert werden. Darin sind jedoch die in
weiteren Bundesländern geplanten Pumpspeicherkapazitäten – alleine in
Oberösterreich im Umfang von 1.050 MW – nicht enthalten.
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Beispiele geplanter Pumpspeicherkraftwerke in Österreich:
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