DIE WEISHEIT DER PARTEI EIN ABRISS DER GESCHICHTE DES ÄLTES TENRATS DER LINKEN
DIE WEISHEIT DER PARTEI EIN ABRISS DER GESCHICHTE DES ÄLTES TENRATS DER LINKEN
IMPRESSUM
HerausgegebenvonderRosa-Luxemburg-Stiftung2.Auflage2019V.i.S.d.P.:UlrikeHempelFranz-Mehring-Platz1·10243Berlin·www.rosalux.deISBN978-3-9818987-6-7·Redaktionsschluss:Juni2018Korrektorat:AngelikaNguyen,MarionSchütrumpfLayout/Herstellung:MediaServiceGmbHDruckundKommunikation
INHALT
Zum Geleit 4
Die Weisheit der Partei 8WarumschufsichdieSED/PDSeinenRat der Alten? 9DerRat der AltenderPDSalsMahnerderParteiundihrerFührung 13DerÄltestenratderParteiDIELINKEalskritischerBegleiterdesParteiformierungsprozesses 38Europa-PolitikimZentrumderAufmerksamkeit 61
Zeittafel 84
Personelle Zusammen setzung 98
Biografische Skizzen 104
Dokumente 118SatzungdesÄltestenratesderParteiDIELINKE 119ErklärungenundStellungnahmen 120
Nach betrachtung 160
DAGMAR ENKELMANN
ZUM GELEIT
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InvielenKulturenderWeltfindensichHinweiseaufeinen«RatderAlten»,einen«Ältestenrat»oderdenStammesältesten.DieGerusia–derÄltestenratimantikenSparta–wirdhäufigimKreuzworträtselnachgefragt.Lebensweishei-ten,Erfahrungen,derRatderÄltereneinerGesellschaftwurdenundwerdengehört.EinbekanntesdeutschesSprichwortfordert:«DieAnsichteinesWeisenunddenRateinesGrei-sensollmannichtvonsichweisen.»InderpolitischenWendezeitverließentau-sendeMitgliederderSEDihrePartei.DieGründewarensehrvielschichtig.DawarendieEnt-bzw.Getäuschten,dieaneineneueGe-sellschaftgeglaubthatten,diesichmitganzerKraftinderenAufbaueinbrachtenundnunvordenScherbenihrerHoffnungenstanden.Siezweifeltenansich,anihrenLebenszielen,fühl-tenihreIdealeverraten.Dawarenaberauchdie,diesehrschneller-kannten,dassmitdieserPartei,dersieoftmalsihreLaufbahnverdankten,keineKarrieremehrzumachenist.DawardasParteibuchdannschnellentsorgt.Nichtwenigevonihnenwur-denspäterzudenheftigstenGegnernundsindheutelängstinkonformenParteienunterge-schlüpft.UnddanngabesdieMitglieder,diedieEreignisseimSommerundHerbst1989alsChancefürVeränderungsahen,ohneihreVorstellungeneinergerechtenWeltaufgebenzumüssen.
DieÄlterenunterihnenhattenKriegundfa-schistischeDiktaturerlebt,warenimWider-standoderinderEmigration,wolltennachdemKriegeinegerechteGesellschaftauf-bauenunderlebtennundasEndeihrerHoff-nungen.Abersiewolltennichtaufgeben.VieleerkanntenFehler,Versäumnisse,Irrtümer,aucheigene,undwolltensichaktiveinbringenindieErneuerungihrerPartei.EswarenKünstlerinnenundKünstler,Wis-senschaftlerinnenundWissenschaftler,Poli-tikerinnenundPolitiker,zugegebenlangeZeitmitdeutlichemÜbergewichtmännlicherRe-präsentanten,dieaufdemAußerordentlichenParteitagderSED/PDSimDezember1989gebetenwurden,ineinemRat der AltenihrenBeitragzurAufarbeitungderGeschichtevonDDRundSEDzuleistenundzugleichdenVer-änderungsprozessderSEDzuunterstützen.ZudenenzähltenindenerstenJahrenauchMen-schenwieWalterJankaundKarlSchirdewan,dieinDDR-ZeiteninUngnadegefallenwaren.HansModrowgehörtevonAnfanganzudenaktivenFördererndesRates.Sobrachteer1990indasPräsidiumdesParteivorstandes«VorschlägefüreineeffektivereGestaltungderTätigkeitdesRatesderAlten»ein.Seit1991isterdessenVorsitzender.BlicktmanaufdiepersonelleZusammensetzungdesÄltestenratesseitseinerGründungbisheute(vgl.dazuAnhang:PersonelleZusammensetzung)
fälltauf,dassnichtwenigeMitgliedereherzuden«Querdenkern»derParteizuzählensind.LebhaftkannmansichdannkontroverseDis-kussionenbeidenSitzungenvorstellen.Über-einstimmendwirdabervonallenbetont,dassestrotzmanchunterschiedlicherSichtweisenundHerkunftimmerRespektimUmgangmit-einanderundeinegroßeKompromissbereit-schaftgab.AuftretendeOst-West-Dissonan-zenwurden,andersalsoftmalsinderParteiselbst,kulturvollausgetragen.JochenWeicholdunddemKollektivdesHisto-rischenZentrumsdesdemokratischenSozia-lismusderRosa-Luxemburg-StiftunggebührteingroßerDankfürdenhistorischenAbrisszurGeschichtedesÄltestenratesderSED/PDS/DIELINKEundfürdieZusammenstellungin-teressanterDokumentationen,diesichimAn-hangfinden.EslohntaberauchausandererPerspektive,sichmitderGeschichtediesesGremiumszubefassen.DassesdenÄltestenratbisheutegibt,istdergroßenHartnäckigkeiteinigerUnentwegten,wieetwaHansModrow,zudanken,dieimmerwiederdenFingerindieberühmteWundelegten,imbestenSinneals«Mahner»derParteiundkritischerBegleiterauftratenund-treten.VieleFragen,mitdenensichdieMitgliederdesÄltestenratesinseinerbald30-jährigenGe-schichtebefassten,sindauchheutenochak-
tuellundebennichtausreichendbeantwortet.DazugehörtdieFragenachdemPlatzderLIN-KENimpolitischenSystemderBundesrepub-likundderenBeziehungzuEuropaebensowiedienachdemVerhältniszurSPDaushistori-scherundaktuellerSicht.ImmerwiederangemahntwurdedieNotwen-digkeiteinertiefgreifendenstrategischenDe-batteübereinegesellschaftlicheAlternative,dieausSichtdesÄltestenratesnureineanti-kapitalistischeseinkönne.KritischbegleitetwurdeundwirddieRegierungsbeteiligungvonPDS/DIELINKEineinigenBundesländernunddieDiskussionumeineRegierungsbeteili-gungaufBundesebene.VonnichtzuunterschätzenderBedeutungwardie«Einmischung»desÄltestenratesindieBe-wältigungkrisenhafterEntwicklungeninderParteigeschichte.UndeswarderÄltestenrat,dersichmitjugendpolitischenGrundsätzenauseinandergesetzthatundforderte,jungenMitgliedernmehrChancenaufMitgestaltungderParteiarbeitaufallenEbenenzugeben.Ne-bengrundsätzlichenThemenhatsichdasGre-miumaberimmerwiederauchaktuellenpoli-tischenEntwicklungengewidmet.DaswareninternationaleEreignissegenausowieFolgenvonRentenungerechtigkeitoderAuswirkun-genderMassenarbeitslosigkeit.Indiesennunfast30JahrensindeineVielzahlvonDiskussionspapierenentstanden,diees
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lohnt,auchheutenochzulesen.Dazugehö-rendieErklärung«WirbrauchenMeinungs-vielfaltundgemeinsamesHandeln»von1991,derBrief«UnverwechselbaressozialistischesProfil»von2002oderdieErklärung«FürdieEr-neuerungeinerEuropa-DiskussioninderPar-teiDIELINKE»vomMärz2018.NachderletztenBundestagswahlvonSeptem-ber2017mahntederÄltestenrateineselbstkri-tischeAnalysederErgebnisseanundforderte,dassdieParteiwiederzur«Kümmererpartei»werdensollte.DasGremiumschlosssichaus-drücklichderPositionvonHorstKahrs,Refe-rentderRosa-Luxemburg-Stiftung,an,derfeststellte,«dasseinstabilesErgebnisfüreinePartei,dieauffortschrittlichegesellschaftlicheVeränderungensetzt,nichtbefriedigenkann.»GanzsicherwarderÄltestenratzukeinemZeit-punkteinbequemerPartnerfürdenParteivor-stand.Daswollteundsollteerauchnichtsein.ImmerwiederhabenMitgliederdesGremiums
dieFragegestellt,obderÄltestenratüberhauptvonderParteigebrauchtwürde.Bereits1993gabesimRateinenAntragaufAuflösung.InteressantistauchderHinweis,dassderÄltestenraterstmitBeschlussdesErfurterParteita-ges2011indieSatzungaufgenommenwurde.EinBlickindieGeschichtedesÄltestenrates,sowieermitdemjetztvorliegendenhistori-schenAbrissvonJochenWeicholdmöglichist,einBlickvorallemaufErgebnisseseinerAr-beit,sollteallerdingsalsAufforderungandenParteivorstandverstandenwerden,denRat der Altenernstzunehmen,ihmeinenfestenPlatzindenDebattendesParteivorstandes,derPar-teitageundvorallemderParteibasiseinzuräu-men.AustauschundStreitderGenerationenmüssenalsbelebendesElementderParteientwicklunggenutztwerden.DerÄltestenratderLINKENsollteseineAufgabeals«MahnerundBerater»auchkünftigengagiertwahrnehmen.
JOCHEN WEICHOLD
DIE WEISHEIT DER PARTEIEIN ABRISS DER GESCHICHTE DES ÄLTESTENRATS DER LINKEN
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DerÄltestenratderheutigenParteiDIELINKEhateinenVorgänger:denAnfang1990ge-schaffenenRat der AltenderSozialistischen Einheitspartei Deutschlands/Partei des Demokratischen Sozialismus(SED/PDS),zunächstauchals«BeiratderAlten»bezeichnet,derseitdem27.April2001denNamen«ÄltestenratderPDS»trug.1
WARUM SCHUF SICH DIE SED/PDS
EINEN RAT DER ALTEN?
AufdemAußerordentlichenParteitagderSED/PDSerklärtederdamaligestellvertre-tendeParteivorsitzendeWolfgangBerghoferam16.Dezember1989imAuftragderTa-gungsleitung,dassesderParteivorstandfürangebrachthält,dassderParteivorsitzendeGregorGysieinenRat«ausälteren,kampfer-fahrenenGenossen»beruft,«umsichmitihmentsprechenddenErfordernissenzuGrundfra-genderTheorieundPraxis,derPolitikzukon-sultieren»2.DemParteivorsitzendenalsJünge-remsolltendieErfahrenenberatendzurSeitegestelltwerden.Berghoferinformiertedarü-ber,dass«dasPräsidiumdesParteivorstandesfolgendeGenossinnenundGenossenumihreMitarbeitindiesemRatbittetundbeabsich-tigt,sieundweitereGenossinnenundGenos-seninKürzezueinererstenZusammenkunft
einzuladen»3.EshandelesichumErnstEngel-berg,HerbertFechner,ErwinGeschonneck,HaraldHauser,StephanHermlin,BennyHeu-mann,WalterJanka,ErichKnorr,JürgenKu-czynski,GerhardLeo,GuntherKohlmey,KurtMaetzig,MoritzMebel,ArnoMohr,BernhardQuandt,EberhardRebling,WolfgangRuge,KarlSchirdewan,SteffiSpira,FriedelTrappen,RuthWernerundMarkusWolf.4VorwiegendausdiesemPersonenkreiserfolgteam12.Ja-nuar1990dieoffizielleKonstituierungdesRates der AltenbeimParteivorstandderSED/PDS.5
JürgenKuczynskireklamiertespäterineinemBriefandasPräsidiumdesParteivorstandesderPDSvom29.Oktober1990dieIdee,ei-nenRat der Altenzuschaffen,fürsich.6EdwinSchwertner,inden1990erJahreneinerderdreiSprecherdesRates,nanntenebenKu-czynskinamentlichnochStephanHermlinund
1 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSver-pflichtet.ZurGeschichtedes«RatesderAlten»beimParteivor-stand.In:Disput,Berlin,2003,Nr.1,S.35. 2 Außerordentli-cherParteitagderSED/PDS.ProtokollderBeratungenam8./9.und16./17.Dezember1989inBerlin,hrsg.vonLotharHorn-bogen,DetlefNakath,Gerd-RüdigerStephan,Berlin1999,S.172. 3 Ebenda,S.172/173. 4 Vgl.ebenda,S.173. 5 Vgl.ebenda. 6 Vgl.BriefvonJürgenKuczynskivom29.Oktober1990andasPräsidium[desParteivorstandes]derParteidesDe-mokratischenSozialismus.In:ArchivDemokratischerSozialis-mus(Kurzform:ADS),BestandParteivorstandderPDS–DieÄraGysi(1989bis1993)(Kurzform:PDS-PV),Signatur339,Bl.46.
MarkusWolfalsAnregerfürdieSchaffungei-nessolchenGremiums.7DaserklärtdasÜber-gewichtvonKommunistenjüdischerHerkunftimRatindenAnfangsjahrenseinesBeste-hens.UmdemneuenGremiumdienotwen-digeRepräsentativitätzuverleihen,bedurfteesderHerstellungeinerbestimmtenpoli-tisch-gesellschaftlichenBreiteinseinerperso-nellenZusammensetzung–eineAufgabe,dersichmitderAuswahlderMitgliederdesRates der AltenundihrerGewinnunginsbesondereProf.Dr.MichaelSchumann,MitglieddesBundesvorstandesderPDS,undHeinzVietze,derlangjährigestellvertretendeVorsitzendebzw.ParlamentarischeGeschäftsführerderPDS-FraktionimLandtagvonBrandenburg,widmeten(wieauchdannwieder2007HeinzVietzegemeinsammitThomasHändel,demSchatzmeisterderWASG,beiderBildungdesÄltestenratesderParteiDIELINKE).8
GründungsmitgliederdesRateswarenältereundinderPolitikerfahreneMitgliederderSED/PDS,dieinderVergangenheitoftmalsSchwierigkeitenmitderoffiziellenPolitikderSEDhatten,unterihnenausderParteiAusge-schlossene,VerfolgteundInhaftierte,oderdiedurchihrkünstlerischesSchaffenbzw.alsan-erkannteWissenschaftlerbekanntwarenunddamitVertrauenauchüberdieParteihinauserworbenhatten.9«IhrAnliegenwareinebes-sereDDR,warenmehrDemokratieundechte
Mitbestimmung»,schriebEdwinSchwertnerrückblickend.«SietratenaktivfürdieErneu-erungderSED/PDSalsParteidesdemokrati-schenSozialismusein.»10
ZumHintergrundderSchaffungeinesRates der Altengehörtauch,dassderseitdemSpätherbst1989vorangetriebeneErneue-rungsprozessderParteinichtnuraufdasAuf-brechenverkrusteterParteistrukturenundaufeinenpersonellenWechselindenFührungs-etagengerichtetwar,sondernauchaufeinedeutlicheVerjüngungdesFührungspersonals.DieMitgliederderneugewähltenFührungs-riegederSED/PDSaufderRepublik-,Bezirks-undKreisebenewarenzumeistzwischen40und50Jahrealtoderjünger.EineimmobileParteiführung,wiesie1989exemplarischdasSED-Politbüroverkörperte,dessenMitgliederzueinemgroßenTeillängstimRentenalterwaren,sollteinZukunftverhindertwerden.DemdientenichtzuletztdieEinführungeiner
7 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSver-pflichtet,a.a.O.,S.34. 8 Vgl.TelefongesprächedesAutorsmitHeinzVietzeam10.undam20.April2018. 9 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.34;BerichtdesÄltestenratesandie2.Tagungdes4.Parteita-gesderParteiDIELINKE.URL:https://archiv2017.die-linke.de/fileadmin/download/parteitage/berlin2014/berichte/berlin2014_bericht_aeltestenrat.pdf(abgerufenam22.03.2018). 10 EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.34.
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BegrenzungderAmtszeitfürhauptamtlicheWahlfunktionenaufzehnJahre.11GabrieleZimmer,dieVorsitzendederFraktionVereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke(GUE/NGL)imEuropa-Parlament,erinnerteineinemInterviewAnfangFebruar2018«andenGrundsatzausdemEndederDDR-Zeit,alswirdavongesprochenhaben,dassrechtzeitigWechselstattfindenmüssen.WohindasKle-benanPostenführt,habenwirinderDDRjaerlebt.»12AndererseitssolltederErfahrungs-schatzderaltenParteimitgliederbewahrtundfürdieArbeitderParteifruchtbargemachtwerden.DerRatsollteaufdieseArtundWeisemithelfen,vonderaltenSEDzurneuenPDSzukommen.ObwohldiepersonelleZusammensetzungdesRates der Altenkeineswegsspannungs-freiwar,spieltenindenDebattenimRatdieverschiedenenStrömungenundPlattformeninderParteikeineRolle,wohlaberverschie-denepolitisch-ideologischeStandpunkte,Le-benserfahrungenundLebenswege.AlszumBeispielMitteder1950erJahreWalterJankaineinempolitischenProzessinderDDRvorGerichtstand,saßKarlSchirdewanzurglei-chenZeitimPolitbürodesZentralkomiteesderSED,bevoraucher1958inUngnadefiel.AltersweisheitundAltersmildewarensichermoderierendeFaktorenfürdieArbeitimRat der Alten.
Alsdie1.Tagungdes2.ParteitagesderPDS,dieam26.und27.Januar1991inBerlinzu-sammentrat,dieBildungeinesParteiratesalsDelegiertengremiumderGesamtparteimitKonsultativ-undKontrollfunktionbeschloss,fandauchderRat der AltenBerücksichtigung.Diesem75-köpfigenGremiumsolltennichtnurgeheimgewählteVertreter*innenderLandesverbände,derbundesweitagieren-denInteressen-undArbeitsgemeinschaften,Plattformenu.ä.innerparteilicherZusammen-schlüssesowiederBundestagsfraktionange-hören,sondernauchzweiVertreterdesRates der Alten.13ImStatutderPDSfandderRat der Altenals«BeiratderAlten»erstmalsinderFas-sungvomJuni1991Erwähnung–undzwarimKontextdesParteirates.DemParteirat,sowurdedamalsbeschlossen,gehörennebenVertreternandererinnerparteilicherZusam-
11 ImStatutderSED/PDSvom17.Dezember1989wurdefest-gelegt,dasshauptamtlicheWahlfunktionenderParteinichtlängerals10JahreaufdergleichenEbeneausgeübtwerdendürfen.Vgl.StatutderSED/PDS–ParteidesDemokratischenSozialismus.In:AußerordentlicherParteitagderSED/PDS–Par-teidesDemokratischenSozialismus.8./9.und16./17.Dezember1989,Berlin1990,S.145. 12 KeinegemeinsameVisionvonEuropa.GabrieleZimmerüberdieLinkeunddieLINKEundderenLeerstelleninSacheneuropäischeIntegration[Interview].In:NeuesDeutschland,Berlin,06.02.2018,S.3. 13 Vgl.Beschlußdes2.ParteitagesderPDSüberdieBildungeinesParteirates.In:2.Parteitag[derPDS],1.Tagung,Berlin,26./27.Januar1991,[Berlin1991],S.203/204.
menschlüsseauchsolchedes«BeiratesderAlten»an.14
DerRat der AltenfungierteseitseinenerstenTagenalsBeratungsorganfürdenParteivor-sitzendenundfürdenParteivorstand.«Erfunktioniertevölligunkompliziert»,erinnertesichEdwinSchwertner2003.«BeiBedarfwurdeseineMeinungoderdieeinzelnerMit-gliedereingeholt,esgabgrößereundkleinereDiskussionsrundenundvieleEinzelgesprä-che.»15DabeiseiesmeistumdieDiskussionüberdieVergangenheit,überProblemeaufdemWegvonderSEDzurPDSundüberdieRolleeinerneuen,linkssozialistischenParteiinderdamalsnochexistierendenDDRge-gangen.EinArbeitsplanhabenichtexistiert.BeratungenhättenvonFallzuFalloderaufWunschdesParteivorsitzendenstattgefun-den.16DieErklärungenundStellungnahmen,diederRat der Altenundspäter(bisheute)derÄltestenratöffentlichabgaben,kamenoftnachlangenDiskussionenzustandeundspie-geltenjeweilsdieMehrheitsmeinungimRatwider.17
AllerdingsbrachtendieeinzelnenMitgliederdesRatesinderAnfangszeitjeneThemenundBesorgnisseindieDebattenein,dieihnenbesondersdringlicherschienen.Dasveran-lasstedenEhrenvorsitzendenderPDS,HansModrow,imJuli1990demPräsidiumdesParteivorstandesderPDSVorschlägefüreine
effektivereGestaltungderTätigkeitdesRates der Altenzuunterbreiten:DieBeratungendesRates der AltenseieninZukunftlängerfristignachThemenundTerminenzuplanen,undnotwendigeMaterialienfürdenErfahrungs-austauschseienrechtzeitigauszuarbeitenundzuunterbreiten.DieBeratungenseieninderRegelzueinembegrenztenThemavorzu-bereitenunddurchzuführen.FürdenMonatOktober1990schlugModrowdasThema«ZurWahlstrategiederPDS»vor.Erregtezudeman,dieZusammensetzungdesRates der Altensozuergänzen,dassauchsolcheälterenPar-teimitglieder,dieinzwischendieErneuerungderParteiaktivmitgestaltethätten,aufgenom-menwerden.SchließlichempfahlHansMo-drow,regelmäßiggemeinsameBeratungenmitVertreternderArbeitsgemeinschaft Junge Genoss*innendurchzuführen.18DasPräsidiumdesParteivorstandesderPDSfolgtediesen
14 Vgl.StatutderParteidesDemokratischenSozialismus(PDS).In:2.Parteitag[derPDS],2.Tagung,Berlin,21.bis23.Juni1991,[Berlin1991],S.127. 15 EdwinSchwertner:DemGrundkon-sensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.34. 16 Vgl.ebenda. 17 SoAussagenvonTeilnehmer*innenandenBeratungen.Vgl.GesprächmitEvelinNowitzkiam13.März2018imKarl-Lieb-knecht-HausinBerlin;TelefongesprächmitMoritzMebelam23.März2018. 18 Vgl.EhrenvorsitzenderderPDS[HansMo-drow]:VorlagefürdasPräsidiumdesParteivorstandesderPDS.Betr.:VorschlägefüreineeffektivereGestaltungderTätigkeitdesRatesderAlten,Berlin,17.7.1990.In:ADS,PDS-PV-191,Bl.44/45.
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Vorschlägenundfassteam23.Juli1990einengleichlautendenBeschluss.19
DieZusammensetzungdesRates der AltenverändertesichimLaufederJahremehrfach.«EinrelativgroßerTeilderGründungsmitglie-deristinzwischenverstorben,einigehabenihreMitarbeiteingestelltundneueMitgliederausdenaltenBundesländernkamenhinzu»20,stellteEdwinSchwertnerbereits2003fest.Ab2001seien–soSchwertner–unterande-renhinzugekommen:Hans-DieterFritschler,Prof.Dr.ErichHahn,KlausHerrmann(Nie-dersachsen),HansJacobus,IngridLangbein(Rostock),Dr.KurtLibera,JolandaPutz(Bay-ern),JohannScheringer,HorstSiebeck,Prof.WilliSitte,MargotThebenundProf.Dr.Man-fredWekwerth.21
DER RAT DER ALTEN DER PDS
ALS MAHNER DER PARTEI UND
IHRER FÜHRUNG
ImVorfeldderLandtagswahlenindenostdeut-schenBundesländernimHerbst1990mahnteJürgenKuczynskialsMitglieddesRates der AltendieEntwicklungeinerStrategiederPDSan:«Ichglaube,wirhabeneineausgezeich-neteTaktik.AberwasistunsereStrategie?Bisvorkurzemwaresschwer,siezuentwickeln,aberjetztwirdesanderZeit.»22IndiesemKon-
textverlangteKuczynski,dassdieParteiend-lichideologischindieOffensivegehenmüsse.Esreichenichtaus,wennGregorGysiselbstsowieAndréBrie,derschönschreibenkönne,undKlausHöpcke,derklugargumentierenkönne,indenMedienpräsentseien.Woblie-bendieanderenPräsidiumsmitglieder,warumhöremansowenigvondenSitzungendesPrä-sidiums?23ZudemseidasderPDSnaheste-hende«NeueDeutschland»–«inschärfstemGegensatz»etwazur«BerlinerZeitung»–«äußerlichsolangweiligwiemöglichaufge-macht».«VerstehtdennkeinerdortetwasvomLayout?»,fragtederrenommierteWirtschafts-wissenschaftlerundkritisierte:«UndauchdortnichtdermindesteOffensivgeist!»24
InderzweitenOktober-Hälfte1990beschädigtederals«Putnik-Affäre»bekanntgewordeneFi-nanzskandal,beidemmiteinerillegalenTrans-aktionversuchtwordenwar,ParteivermögeninsAuslandzuverbringen,umesvordemstaatlichenZugriffzusichern,dasAnsehenderPDSinderÖffentlichkeitnachhaltig.Derstellvertretende
19 Vgl.BeschlußdesPräsidiumsdesParteivorstandes[derPDS]vom23.07.1990:VorschlägefüreineeffektivereGestal-tungderTätigkeitdesRatesderAlten.In:ADS,PDS-PV-324,Bl.75/76. 20 EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.34. 21 Vgl.ebenda,S.35. 22 JürgenKu-czynskiineinemBriefanGregorGysi,VorsitzenderderParteidesDemokratischenSozialismus,vom13.Juli1990.In:ADS,PDS-PV-339,Bl.50. 23 Vgl.ebenda. 24 Ebenda,Bl.51.
ParteivorsitzendeWolfgangPohlübernahmdieVerantwortungundtratzurück.IndembereitsobenerwähntenBriefandasPräsidiumdesPar-teivorstandesderPDSvom29.Oktober1990schriebJürgenKuczynskiinseinerFunktionalsMitglieddesRates der AltenandasGremium«inderschwierigenSituation,indieunserePar-teidurchdieMachenschaftendesGenossenPohlgeratenist,einigeWortederMahnung»25.ErerinnerteangesichtsderganzoffensichtlichschwächlichenOrganisationderPDSdaran,dassesfrüherinderKPDnebendemPolleiterfürdiepolitischeArbeiteinenOrganisations-leitergab.Erseidavonüberzeugt,dassWolf-gangPohl«inseinerGeheimaktionglaubte,statteinVerbrechenanderParteizubegehen,ihrnützlichzusein».AberschondieTatsache,dassereinesolcheGeheimaktionunternehmenkonnte,habegezeigt,dassdasPräsidium«nichtkollektivarbeitet».GregorGysiseivölligüber-lastetundbedürfedringendeinesOrganisa-tionsleiters,derihmzurSeitestehtund«mitihmdieentscheidendeVerantwortungdafürträgt,daßdasPräsidiumalsKollektivarbeitet».26
IndenJahren1991und1992fandinderPDSeineäußerstkontroversgeführteProgrammdebatte
statt,andersichnichtnureinkleinerKreisvonParteiintellektuellen,sondernauchdiebreiteMitgliedschaftbeteiligte.SiewarbegleitetvonmehrerenEntwürfenderGrundsatzkommission,unterschiedlichenGegenentwürfen,diversenStandpunktpapieren,vonProgrammkonferen-zenundvonDebattenindenBasisorganisationenderPDS.«DiePolewarenschnellklar»,schreibtrückblickendderPolitikwissenschaftlerHorstDietzel,deralsMitgliedderGrundsatzkommis-sionandendamaligenKontroversenbeteiligtwar.«AufdereinenSeitegabesdieradikal-refor-merischenKräfte,dieuntereinanderunterschied-lichePositionenzuDetailfragenvertraten,aufderanderenSeitedieAnhängerderKommunisti-schenPlattform.»27DazwischenhabeeinemehroderwenigerverunsicherteParteibasisgestan-den,diezwardeutlichspürte,dassNeuerungennötigwaren,abermitneuenSichtweisenundBe-
25 BriefvonJürgenKuczynskivom29.Oktober1990andasPräsidium[desParteivorstandes]derParteidesDemokratischenSozialismus,a.a.O.,Bl.46. 26 Ebenda,Bl.47. 27 HorstDietzel:VonderPDS-ProgrammatikzumProgrammentwurfderParteiDIELINKE.In:JahrBuchfürForschungenzurGeschichtederArbeiterbewegung,Berlin,2011/I,Januar,S.60/61.
In der kontroversen Programmdebatte von 1991 und 1992 sah sich eine verunsicherte Parteibasis mit neuen Sichtweisen und Begriffen wie «Moderne», «Zivilgesellschaft»
oder «Transformation» konfrontiert.
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griffenwie«Moderne»,«Zivilgesellschaft»oder«Transformation»konfrontiertwurde,dienichtinsgewohnteDenkschemapassten.28
IndieserSituationmeldetesichderRat der AltenmitderErklärung«WirbrauchenMei-nungsvielfaltundgemeinsamesHandeln»imVorfeldder3.Tagungdes2.ParteitagesderPDS,diefürden14./15.Dezember1991ge-plantwar,zuWortundmahnteeinensachli-chenMeinungsstreitinderParteian.DabeidürfediegeschichtlicheErfahrungnichtigno-riertwerden,dassnichtnurerzwungene«Ein-heitundGeschlossenheit»,sondernauchdasFehlenvonÜbereinstimmungdieParteizer-störenkönne.«Unseroffener,schonungsloserMeinungsstreitmußzugemeinsamerPolitik,zugemeinsamenAktionenführen.…Vonderkommenden3.Tagungdes2.ParteitagsderPDSerhoffenunderwartenwireinenentschie-denenSchrittindieseRichtung.»29
Am27.März1992trafensichdieMitgliederdesRates der AltenmitderstellvertretendenVor-sitzendenderGruppederPDS/LinkeListeimDeutschenBundestag,AndreaLederer,zurDis-kussionüberdieparlamentarischeArbeitderPDS.AndreaLedererinformiertedenRatdarü-ber,mitwelchengesetzgeberischenInitiativen,AnfragenundAnträgendieGruppeversuche,dieInteresseninsbesonderederBevölkerungindenneuenBundesländernwahrzunehmen(vonBemühungenumdenErhaltindustriellerKern-
bereichebiszursozialgerechterenGestaltungdesRentenrechts).InderDiskussionverlangteErwinGeschonneckeinenergischesEintretenfürdieRechtederWehrdienstverweigerer.RuthWernerfandessehrfragwürdig,offeneGrenzenfüralleFlüchtlingezufordern,wennsicheinesolcheForderunginderpraktischenPolitikalsundurchführbarerweise.StephanHermlinmachtesichdafürstark,diefürihnzumTeilunerträglichenEreignisseumdieAka-demiederKünsteOstundWest30auchimBun-destagzurSprachezubringen.31
MehrereMitgliederdesRates der Alten,dar-unterHansJendretzky,BennoHeumannundHaraldHauser,befasstensichinihrenDebat-tenbeiträgenmitFragenderAufarbeitungderGeschichteundmitdemVerhältnisderPDSzurSozialdemokratie.IndieAussprachewur-denvieleErfahrungenausdempolitischenKampfinderWeimarerRepublikundausderZeitdesWiderstandesgegendenFaschismuseingebrachtunddavorgewarnt,beiallerUn-
28 Vgl.ebenda,S.61. 29 ErklärungdesRatesderAlten:WirbrauchenMeinungsvielfaltundgemeinsamesHandeln(un-datiert,ca.EndeNovember/AnfangDezember1991).In:ADS,PDS-PV-039,Bl.18. 30 DieAkademiederKünstederDDRfusi-onierteineinemschwierigenVereinigungsprozess1993mitderAkademiederKünsteBerlin(West)zurAkademiederKünstevonBerlin,dievondenLändernBerlinundBrandenburggetragenwurde. 31 Vgl.KritischerRatderAlten.In:PDS-Pressedienst,Berlin,1992,Nr.14(vom03.04.1992),S.4.
terschiedlichkeitpolitischerStandpunkteinSektierertumoderpolitischeEngherzigkeitabzugleiten.JürgenKuczynskifordertevomVorstand,denRat der Altenwirklichernstzunehmen.WennihnderParteivorsitzendeundderParteivorstandnichtalsberatendesOrgannutzenwürden,dannkönnteihndienächsteParteitagssitzunggleichauflösen–einStand-punkt,beidemKuczynskidieMehrheitderRatsmitgliederaufseinerSeitehatte.32
Am14.September1992trafsichGregorGysimitdemRat der AltenimBerlinerKarl-Lieb-knecht-Haus.DerParteivorsitzendeerinnerteandieGründungdesGremiumsundandieIntentionen,dieerdamitverband:Alserda-malsmitknappüber40JahrendenVorsitzderSED/PDSübernahm,habeereineRundezu-sammenführenwollen,diehelfensollte,Erfah-rungennutzbarzumachen,NeuesimLichtedesGewesenenzusehen,alsoeinenKreis,derklugesAbwägenebensowieoriginäresDenkenverhieß.GysireferiertedannüberdieKlausurtagungenvonBundestagsgruppeundParteivorstandsowieüberdieBeratungvonVorstandundParteirat,dieden3.ParteitagderPDSeinberief.ImReferatwieinderanschlie-ßendenDebattegingesinsbesondereumdieProgrammdiskussionderPartei,umdieHal-tungzurSPD,umdieErgebnissederPolitikdesAnschlussesderDDRandieAlt-BRDundumdieAsyl-undFlüchtlingspolitik.33
JürgenKuczynskiwandtesichdagegen,zumdamaligenZeitpunkteinneuesProgrammderPDSanzustreben.DieFormulierungwesent-licherGrundzügeundhumanistischerPrinzi-pienwürdevölliggenügen.DochdieMehrheitderAnwesendenteiltedieseAuffassungnicht.MoritzMebelgabzubedenken,dasseinGroß-teilderParteibasiseinneuesProgrammfor-dere.StefanDoernbergwiesdaraufhin,dasssichdervorangegangeneParteitagklarfürdieAusarbeitungeinesneuenParteiprogrammsausgesprochenhabeundVorstandundPar-teiratdamitinderPflichtstünden.EinigkeitherrschteimRat der Altenallerdingsdarüber,dassderEntwurfderGrundsatzkommissiongedanklichstraffer,sprachlichverständlicherundletztlichkürzergefasstwerdenmüsste.SteffiSpiralobtedenSlogan«Kopfhoch,nichtdieHände»alsprogrammatischeAussage,dieeingehe.MaxSchmidtbekräftigtedasHe-rangehen,globaleMenschheitsfragenzumAusgangspunktdesProgrammszunehmen.HeinrichTautplädiertefürprogrammatischeÜberlegungenzurEntwicklungeinerneuengesellschaftlichenBedürfnisstruktur.StefanDoernberghieltesfüreinederwichtigsten
32 Vgl.ebenda. 33 Vgl.RatderAltenfürGregorGysi.Vonei-nemTreffenam14.September[1992]imKarl-Liebknecht-Haus.In:PDS-Pressedienst,Berlin,1992,Nr.39(vom25.09.1992),S.11/12.
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Aufgaben,denMenscheninganzDeutschlandPerspektivenindieserGesellschaftaufzuzei-gen.HaraldHausererinnerteandieAlternative«SozialismusoderBarbarei»undverlangte,dieChancenzunutzen,diesichdarausfürbreiteBündnisseergebenwürden.UndKarlSchir-dewanunterstrich,dassohnedieSozialde-mokratie–dasbleibebeiallererforderlichenAuseinandersetzungstetszubeachten–einegesellschaftlicheEntwicklungnachvornnichtzumachensei.34
MitWolfgangGehrcke,demstellvertretendenPDS-Bundesvorsitzenden,undHansModrow,demEhrenvorsitzendenderPartei,trafsichderRat der Altenam14.Juni1993,umdiegene-relleFrage«WieweitermitdemRat?»zudis-kutieren,nachdemesumdasGremiumindenvorangegangenenMonatensehrstillgewor-denwar.InsbesondereRuthWernerundKarlSchirdewansprachensichinderDebattedafüraus,denRat der Altenersatzlosaufzulösen,dasichseineFunktionerschöpfthabe.Konsulta-tionendesParteivorsitzendenmiteinzelnenMitgliederndesRateskönntenhierproduk-tiversein.EinStandpunkt,demauchMoritzMebelmitdenWortenbeipflichtete:Wennmansichnichtgegenseitigbrauche,dannSchlussdamit.GegenteiligerMeinungwarenStefanDoernberg,OskarFischerundEber-hardRebling.SievertratendenStandpunkt,dassmiteinerAuflösungdesRates der Alten
derdortvorhandenegroßeErfahrungsschatznichtmehrgenügendfürdiePDSfruchtbargemachtwerdenkönne.ErnstEngelbergundBernhardQuandtknüpftendarananunderläu-terten,wiesichdiePDSindenbevorstehen-denWahlkämpfenstärkeralsentschiedenelinkeOppositionprofilierenkönnte.35
WolfgangGehrckeschlugvor,denRat der AltenvoneinemGremiumbeimParteivorsit-zendenzueinerBeraterrundebeimParteivor-standumzugestalten.Esgelteinsbesondere,zentraleFragenwiedieGrundliniederPDSinWahlkämpfenoderdasgenerelleHerangehenanGeschichtsdiskussionenzubesprechen.Zudemseizuerwägen,denRat der Altenper-sonellumweiterehervorragendePersönlich-keitenausallenBereichendesgesellschaft-lichenLebensderehemaligenDDRundausdenaltenBundesländernzuerweitern.HansModrowregtean,demaufder2.Tagungdes3.ParteitagesderPDSneugewähltenPartei-vorstandVorschlägezuunterbreiten,welchezweiThemenimzweitenHalbjahr1993demRatvorgelegtwerdensollten.Anfang1994könntedannendgültigentschiedenwerden,obderRat der AltenseineTätigkeiteinstelltoderwieseineweitereArbeitgestaltetwird.36
34 Vgl.ebenda. 35 Vgl.RatderAlten–EntscheidungAn-fang1994.In:PDS-Pressedienst,Berlin,1993,Nr.24(vom18.06.1993),S.6. 36 Vgl.ebenda.
Am31.Januar1994befasstesichdannderParteivorstandderPDSu.a.mitderweiterenTätigkeitdesRates der AltenundbeschlossdieinderVorlagevonLotharBiskyundHansModrowenthal-tenenPunkte1bis4«mitgeringfügigenÄnderungen».37KonstatiertwurdeinderVorlagezunächst,dassderRat der Alten,deranfänglicheineBeratungsfunktionwahrnahm,imLaufederZeitzueinemGremiumderInfor-mationüberwichtigePolitikfelderderParteifürdieMitgliederdesRatesdurchdenVorsitzen-denunddenEhrenvorsitzendengewordensei.ImRatseideshalbmehrfachkontroversüberdieEinstellungderArbeitdiskutiertworden.38
Vorgeschlagenundbeschlossenwurdenun,dasserstensdieTätigkeitdesRatesfortgesetztwerdensollte,umdievomRatgesammeltenErfahrungenzunutzen.ZweitenswerdederRatumPersönlichkeitenerweitert,diefähigundinderLageseien,ParteimitgliederundSympathisant*innenzurgemeinsamenBe-arbeitungspeziellinteressierenderProblemezugewinnenundsoberatenddemVorsitzen-denzurSeitezustehen.DrittenswurdenderVorsitzendeundderEhrenvorsitzendebeauf-tragt,inVorbereitungaufdie3.Tagungdes3.ParteitagesmitdenberufenenMitgliederndesRatesundjenenPersönlichkeiten,dieneuberufenwerdenkönnten,gemeinsamüberdieweitereArbeitdesRates der Altenundüberdie
WahlprogrammederParteizuberaten.ViertenswerdederRat der AltenzweiBeratungendurchführen:(a)zurGeschichtsproblematikund(b)zurAuswertungderErgebnissederLandtags-,Europa-undBundestagswahlen.39
VordiesemHintergrundberietdannderRat der Altenam25.Februar1994inBerlinüberseineweitereArbeit.40DieAufgabenstellungdesRateswurdeinhaltlicherweitert:BeratungundStellungnahmenzupolitischenGrund-fragen,dieEinflussnahmeaufdiepolitischeStreitkulturinnerhalbderPDS,dieGeschichts-arbeitunddieTeilnahmeanGrundsatzdiskus-
37 Vgl.ParteivorstandderPDS:BeschlußprotokollderSitzungdesParteivorstandesam31.01.1994,Berlin,31.01.1994,S.3.In:ADS,BestandParteivorstandderPDS(1993bis2007),Alt-Sign.2003-XII-331. 38 Vgl.LotharBisky,HansModrow:VorlagefürdenParteivorstand/Sitzungam31.Januar1994:ZurweiterenArbeitdesRatesderAlten,S.1.In:ebenda. 39 Vgl.ebenda,S.1/2. 40 Vgl.VondenAnfängen.EineillustrierteChronikderPDS.1989–1994,erarbeitetvonOtfriedArnold,FrankSchu-mann,EdwinSchwertner,ReinhardThyzelundHelmutZessin,Berlin1995,S.197. 41 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkon-sensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.34. 42 Vgl.VondenAnfän-gen.EineillustrierteChronikderPDS.1989–1994,a.a.O.,S.210.
Anfang 1994 wurden die Tätigkeit des Rates erweitert: Einflussnahme auf die Streitkultur,
Geschichtsarbeit und die Teilnahme an Grund-satzdiskussionen der Partei sollten nun auch
zu seinem Arbeitsgegenstand gehören.
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sionenderParteisolltennunauchzumArbeits-gegenstanddesRates der Altengehören.DazusolltenJahresarbeitspläneaufgestelltunddieKontaktederRatsmitgliederzuBasisorganisa-tionenausgebautundgefestigtwerden.41Am16.Mai1994diskutiertederRat der AltenindiesemSinnedanndasThema«PluralismusundToleranz»alsGrundbedingungfürdiewei-tereEntwicklungderPDS.42
ImWahlkampfzurBundestagswahlimHerbst1994beschimpfteBundeskanzlerHelmutKohlinderzweitenAugust-HälfteinFrankfurt/OderundinDortmundMitgliederderPDSunddieseParteipauschalals«kommunistischenPöbel»undals«rotlackierteFaschisten».Am23.Sep-tember1994beschwertensichdaraufhinMitgliederdesRates der AltenbeimBundes-präsidentendarüber,dasssieals«rotlackierteFaschisten»beleidigtwurden.SieforderteninderSacheeinklärendesWortdesStaatsober-hauptes.43
Am28.November1994befasstesichderPar-teivorstandderPDSmitden«10ThesenzumweiterenWegderPDS»undbeschlossderenVeröffentlichung.44IndenThesenwurdekon-statiert,dassdiePDSindenfünfJahrenih-resBestehensdenschwierigenWegzueinerdemokratisch-sozialistischenParteizurück-gelegthabe,einWeg,dernichtabgeschlos-sensei.«InihrenReihenfestigtdiePDSdenGrundkonsensderWendezeit:Bruchmitder
zentralistischen,demokratiefeindlichenPo-litikderSEDunddemStalinismus.DiePDSwilleineZukunft,dieandersist,alsdieDDRwar.»45NotwendigseieinneuerGesellschafts-vertrag,derFundamentefüreineLebensweisedes21.Jahrhundertsschafft.46GegenwärtigsteheeineRegierungsbeteiligungderPDSaufLandesebenenichtzurDiskussion,fürdieZukunftwerdesiejedochnichtausgeschlos-sen.47«DiePDSstrebteineGesellschaftan,inderdemokratische,sozialeundFreiheitsrechtegarantiertsind.»48SozialismuswurdenichtalsgesellschaftlichesZielbenannt.DerRat der Altenberietam17.Dezember1994mitdemBundesgeschäftsführerderPDS,MartinHarnack,überdasDokumentundemp-fahldemParteivorstand,aufeineBeschluss-fassungzuden«10Thesen»aufderdamalsbevorstehenden1.Tagungdes4.ParteitagesderPDSzuverzichten.DieThesenhättennochnichtdieReifeunddieAussagen,«diefürdiePositionsbestimmungderParteiindengegen-wärtigenundkünftigenpolitischenKämpfenklarundverständlicherforderlichsind»49.
43 Vgl.ebenda,S.225und233. 44 Vgl.ebenda,S.247. 45 10ThesenzumweiterenWegderPDS(Entwurf),Berlin,25.11.1994,S.14.In:ADS,BestandParteivorstandderPDS(1993bis2007),Alt-Sign.2003-XII-332. 46 Vgl.ebenda,S.8. 47 Vgl.ebenda,S.16. 48 Ebenda,S.19. 49 Zit.in:PDS-Pressedienst,Berlin,1994,Nr.51(vom23.12.1994),S.9.
IneinerMeinungsäußerungzurDiskussioninderPDSam27.Januar1995charakterisiertedasMitglieddesRates der Alten,der87-jäh-rigeKarlSchirdewan,denLinksradikalismusalsdasentscheidendeProblemauchinderGeschichtederSED.DerLinksradikalismushabedurchdiekünstlicheundunrealistischeBeschleunigungderhistorischenProzesseineinegesellschaftlicheTragödiegeführt.50
IneinerErklärungvom3.März1995nahmderRat der AltenzudenErgebnissender1.Ta-gungdes4.ParteitagesderPDSStellung.ErbekundetedemneugewähltenVorstandseinesolidarischeUnterstützungundverwiesaufdieFortschritteimErneuerungsprozessderPartei.DieStandpunktbestimmungmitderBekräfti-gungdesSozialismusalsZiel,dererneutenAb-sageandenStalinismusundderDarstellungderheutenotwendigenundmöglichenVerän-derungenimRahmenderbestehendenGesell-schaftsordnunghättendieZustimmungderDelegiertengefundenundmüsstendieweitereArbeitderParteibestimmen.«WirunterstützendieimReferatvonLotharBiskyformuliertenkonkretenAufgabenderPDSalsoppositionelleKraftgegenSozialabbau,Massenarbeitslosig-keitundRentenstrafrecht,fürdasRechtaufArbeit,BildungundbezahlbarenWohnraum,gegenFrauenfeindlichkeit,Kulturabbau,Ras-sismusunddenEinsatzdeutscherSoldatenimAusland.»51DieErgebnissedesParteitages
würden,soderRat der Alten,diePDSalspoli-tikfähigelinkeOppositioncharakterisieren.DerRatteiledieMeinungderDelegierten,dassnurdieengeVerknüpfungvonparlamentarischerTätigkeitundeinemstärkerwerdendenaußer-parlamentarischenDruckzusozialgerechtenVeränderungenführenkönne.52
MitgliederdesRates der Alten,desParteivor-standes,derBundestagsgruppeundVertreterderAG Seniorenpolitikberietenam21.März1995inBerlinüberweitereAktionenundAkti-vitätenderPDSgegendasRentenstrafrecht.53Am18.Dezember1995erörtertederRat der AltendieNotwendigkeiteinerStrategiedebatteinderPDS,ihrZielunddieMethoden,wobeidiePolitikgegenüberderSPDeinezentraleRollespielte.NacheinerEinführungvonProf.Dr.HorstSchneider(Dresden)gabeseineoffeneundkonstruktiveDiskussion,andersichunteranderenErnstEngelberg,StefanDoernberg,MoritzMebel,FriedelTrappen,HansModrowundLotharBiskybeteiligten.Kritischwurdeangemerkt,dassderAnalysederWirklichkeit,diejaVoraussetzungvonPolitikundStrategie
50 Vgl.ChronikderPDS.1989bis1997.ErarbeitetvonHelmutZessin,EdwinSchwertnerundFrankSchumann,Berlin1998,S.224/225. 51 Erklärung[desRatesderAlten,3.März1995].In:PDS-Pressedienst,Berlin,1995,Nr.10(vom10.03.1995),S.8. 52 Vgl.ebenda. 53 Vgl.ChronikderPDS.1989bis1997,a.a.O.,S.239.
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sei,inderPDSzuwenigBeachtunggeschenktwerde.HansModrow,dersichleidenschaftlichfüreineintensiveStrategiedebatteaussprach,sahdabeidreiEbenen:(1)DiehistorischenEr-fahrungen(positivewienegative)müsstenge-nutztwerden.(2)DieStrategiedebattemüsstesichvorallemaufdieLehrenderNachkriegs-zeitkonzentrieren.(3)EineexakteAnalysedervorsichgehendenProzesseseiunabdingbar.54
DerRat der Altendebattierteam29.März1996mitLotharBiskyProblemederVereini-gungvonKPDundSPDzurSED1946.DerHistorikerProf.Dr.GünterBenserwandtesichgegenden«Kampfbegriff»vonder«Zwangs-vereinigung»undwollte«lauteresundüber-zeugtesHandelnfürdieEinheit»ebensoernst-genommenundgewürdigtsehenwiedamalsgeäußerteWarnungenundBedenken.Wederundifferenziertes«Hochloben»nochVerteufe-lungseienamPlatze.WennmandieEntwick-lunginGesamtdeutschlandseitdemEndedesZweitenWeltkriegsbetrachte,müssekon-statiertwerden,dassdiekommunistischenebensowiediesozialdemokratischenKon-zeptederAnfangszeitgescheitertseien.InderDebatte,inderdieTeilnehmerimmerwiedereinekonkret-zeitbezogeneBetrachtungderSED-Gründunganmahnten,wurdendurchausunterschiedlicheSichtendeutlich.WährendesJürgenKuczynskifürgrundfalschhielt,voneinerVereinigungzureden(vielmehrsei«die
SPDfüreinenLernprozessindieParteiaufge-nommen»worden),wiesenandereaufanti-faschistisch-demokratischeMotivefüreinenstarkausgeprägtenEinheitswillensowohlaufSeitenderKPDwiederSPDhinundwolltenspäterenegativeEntwicklungennurbedingtimdirektenZusammenhangmitderGründungderSEDsehen.55
Am16.September1996nahmderRat der AltenzuVersuchenpolitischerGegner,diePDSalsundemokratischundnichtverfassungs-konformzudiskriminieren,siezuspaltenundauszuschalten,Stellung:«DiePDSstehtundarbeitetaufdemBodendesGrundgesetzesderBundesrepublikDeutschland.»56ZurEr-neuerungderParteigehöredieAbsageandenStalinismus;genausoabzulehnenseienaberauchErscheinungendesAntikommunismus.DerRat der Altenempfahl,denWiderstandge-genMassenarbeitslosigkeit,sozialeUngerech-tigkeitenundBenachteiligungenvonFrauen,JugendlichenundälterenMenschenzumSchwerpunktderpolitischenArbeitderPar-teizumachen.KonkretepolitischeAktionen
54 Vgl.HorstSchneider:IsteineStrategiedebattenotwendig?PDS-RatderAltentagte.In:PDS-Pressedienst,Berlin,1996,Nr.2(vom12.01.1996),S.5. 55 Vgl.PDS-Pressedienst,Berlin,1996,Nr.14(vom04.04.1996),S.8. 56 RatderAlten:Stand-punktzuaktuellenFragenderPolitikderPDS.In:PDS-Presse-dienst,Berlin,1996,Nr.38(vom20.09.1996),S.20.
aufderBasisdesParteiprogrammsundeinerlangfristigangelegtentheoretischfundiertenStrategiesolltennachAuffassungdesRatesinZukunftdasErscheinungsbildderParteibe-stimmen.57
LotharBisky,derBundesvorsitzendederPDS,informierteam11.April1997denRat der AltenüberdieLageinderParteiunddiskutiertedieSituationmitdenRatsmitgliedern.DerRat der Altenunterstrich,dassereineseinerwich-tigstenAufgabendarinsehe,inGrundsatz-diskussionenmitzuwirken,VorschlägefürdiekünftigeGestaltungderpolitischenArbeitderPDSzumachenundzuwichtigenDokumen-tenseineMeinungzuäußern.DerRatwollezuaktuellenFragenundProblemenStellungnehmen,auseigenerInitiativeoderaufAnfor-derungVorschlägefürdenParteivorstandoderdenVorsitzendenerarbeitenundneueFrage-stellungenaufwerfen.EinneuesFeldderAr-beitdesRates der AltenliegeinderTeilnahmeanKonferenzenderPDS,anVeranstaltungenderLänderundKreise–ineigenerVerantwor-tungoderaufAnregungdurchdiejeweiligenVorstände.DieMitgliederdesRateswolltensichbeiJahrestagenoderanderenbedeuten-denTerminenalsReferentenzurVerfügungstellen.58
EntgegendenursprünglichenErwartungenderMitgliederdesRates der Altenwareinesol-cheDebattemitVertreternderParteiführung
wiediesemitLotharBiskyoffensichtlichnichtdieRegel.IneinemBriefvonOskarFischer,MoritzMebelundEdwinSchwertner,derdreiSprecherdesRates der Alten,anLotharBiskynochvomgleichenTagedanktensiefürdieer-haltenenInformationen,betontenaber:«Wirerwartenallerdings,daßandenSitzungendesRates der AltenkünftigderVorsitzendeodereinvonihmBeauftragterbiszumAbschlußderDiskussionteilnimmt.Eswirdaucherwartet,daßgrundlegendeDokumente,soz.B.derEntwurfdesWahlprogrammsderPDS,vorderBeschlußfassungimVorstand[…]imRat der Altendiskutiertwerdenkönnen.»59
InderFolgeinformiertederBundesgeschäfts-führerderPDS,DietmarBartsch,am13.Juni1997überdieArbeitdesBundesvorstandesseitdemSchwerinerParteitagundstelltedieArbeitsweisederBundesgeschäftsstellevor.InderanschließendenDiskussionberichte-tenRatsmitgliederauchüberdieTeilnahmeanKongressenundVeranstaltungen.ZudemstelltensichneuberufeneRatsmitgliedervor.60
57 Vgl.ebenda. 58 Vgl.MitwirkunginGrundsatzdiskussionbleibtwichtigeAufgabe.DerRatderAltentagte.In:PDS-Pres-sedienst,Berlin,1997,Nr.16(vom18.04.1997),S.7. 59 BriefderSprecherdesRatesderAltenandenBundesvorsitzendenderPDSvom11.04.1997.In:ADS,BestandParteivorstandderPDS(1993bis2007),Alt-Sign.2003-XII-245. 60 Vgl.EinladungundTeilnehmerlistezumTreffendesRatesderAltenam13.Juni1997.In:ebenda.
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Am12.September1997referiertederWahl-kampfleiterderPDS,AndréBrie,zumThema«DiePDSindenWahlen1998/99»undstelltesichderDiskussionmitdenRatsmitgliedern.61
Am5.Dezember1997befasstesichderRat der AlteninVorbereitungaufdasDoppeljubi-läum50JahreGründungderBundesrepublikDeutschland(BRD)und50JahreGründungderDeutschenDemokratischenRepublik(DDR)imJahr1999mitderVolkskongress-bewegungfürEinheitundgerechtenFriedenderJahre1947bis1949.62DieseBewegungwaraufdieErhaltungDeutschlandsalsdemo-kratischerundfriedliebenderStaatgerichtet.Ihr3.VolkskongressnahmEndeMai1949denEntwurfeinerVerfassungderDeutschenDemokratischenRepublikan,diedannam9.Oktober1949zurerstenVerfassungderDDRwurde.ZumTreffendesRates der Altenam5.Dezember1997legtensowohlderHis-torikerProf.Dr.HorstSchneider(Dresden)alsauchderHistorikerProf.Dr.StefanDoernberg(Berlin)ThesenzumThemavorundführtenindieDiskussionein.HorstSchneidersahinderVolkskongress-bewegungfürEinheitundgerechtenFrieden«eine(letzte?)Chance,dieSpaltungDeutsch-landszuverhindern,anderinersterLiniedierestaurativenKräfte(Adenauer:LieberdashalbeDeutschlandganzalsdasganzeDeutschlandhalb)interessiertwaren»63.Über
vierzigJahrehabedieDDRdieantiimperialisti-scheAlternativeverkörpert.Fürdiemenschli-chen,ökonomischenundpolitischenVerlusteundOpferinderZeitdesKaltenKriegesundderKonfrontationseienprimärjeneverant-wortlich,die1947diepolitischenWeichenentsprechendgestellthätten.64
StefanDoernbergsetzteeinenetwasanderenAkzent.DieVolkskongressbewegunghabeandieVorstellungenderdemokratischenKräfteinderRevolutionvon1848,anihrEintretenfüreineeinheitlichedeutscheRepublikange-knüpft.DiegrundsätzlichenBefürchtungenwestdeutscherPolitiker,dieangestrebteRes-taurationalterMacht-undBesitzverhältnissenichtdurchsetzenzukönnen,«wieauchAktivi-tätenundtaktischeZügederSED-Führung,dieletztlichdieeigeneHegemonieinderOstzoneeinermitSicherheitzweitrangigen,wennaucheinflußreichenPositionineinemeinheitlichenDeutschlandvorzog,»65hättendiebeträcht-
61 Vgl.EinladungzumTreffendesRatesderAltenam12.Sep-tember1997.In:ebenda. 62 Vgl.Zum1.DeutschenVolkskon-greß.DiskussionimRatderAlten.In:PDS-Pressedienst,Berlin,1997,Nr.50(vom12.12.1997),S.15.–DerRatderAltenerörter-teaufdieserSitzungauchVorstellungenzumEntwurfdesWahl-programmsderPDSundübermittelteanschließendZustimmungundFormulierungsvorschlägeandieGrundsatzkommission.Vgl.ebenda. 63 HorstSchneider:ZurRollederSPDundderLDPD/FDPinderVolkskongreßbewegung1947/48(Thesen),Dresden,01.11.1997,S.2.In:ADS,BestandParteivorstandderPDS(1993bis2007),Alt-Sign.2003-XII-245. 64 Vgl.ebenda.
lichenChancenfürdieErhaltungderEinheitDeutschlandsindenJahren1947bis1949durchkreuzt.Doernbergregtean,sichalsRat der Altendazuzuäußern,inwelchemMaßediedannerfolgteBildungvonzweideutschenStaateneinProvisoriumseinkonnte,aberauchfürbeidehistorischundauchrechtlichlegiti-
miertundvonderBevölkerunggetragenwar:«VomRat der AltensolltedamiteineInitiativeausgehen,daßwir1998/99seitensderPDSeinrichtigesTraditionsverständniszumbevorste-henden50.JahrestagderGründungderBun-desrepublikDeutschlandundderDeutschenDemokratischenRepublik,zurWahrungihresErbes–despositivenwiedesnegativen,desunterschiedlichenwieauchverbindenden–fürdieGestaltungderheutigenundmorgigen,wennauchgegenüber1949ganzandersge-lagertenAufgaben,vermitteln.»Letztlichgeheesdarum,ausderbisherigenDefensivpositioninderHaltungzurGeschichteherauszutretenund«zugleichbeieinerinallenRichtungenkri-tischenBefragungzubleiben».66
ImMärz1998positioniertesichderRat der AltenzumWahlprogrammderPDSfürdieBundestagswahlimHerbstjenesJahresundübermittelteseineGedankendazudemPar-teivorsitzendenLotharBisky.67InseinerStel-lungnahmezurRollederPDSinderBundesre-publikundzumWahlkampf1998erklärtederRat der Alten,dassDeutschlandangesichtsderfortdauerndenKrisensituationReformenbrauche,diedenWegzueinergerechtenRe-publikbahnenkönnten,ReformenzugunstenderLohnabhängigen,dersozialSchwachen,derkleinenundmittlerenUnternehmer,alsozugunstenderMehrheitdesVolkesundnichtvorrangigfürdie«Besserverdienenden»,dieMilliardäreundMultimillionäre.«EinSchrittindierichtigeRichtungmußheutedieBildungeinerneuenKoalitionsein,diedieabgewirt-schafteteKohl-RegierungablöstundeinenechtenPolitikwandeleinleitet.DiePDSistda-herunterheutigenBedingungenbereit,dieBil-dungeinervonSPDundBündnis90/DieGrü-nengetragenenRegierungzuunterstützen.»68
65 StefanDoernberg:ThesenfürdieBeratungdesRatsderAltenam5.12.1997(undatiert),S.2.In:ADS,BestandParteivorstandderPDS(1993bis2007),Alt-Sign.2003-XII-245. 66 Ebenda,S.3. 67 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSver-pflichtet,a.a.O.,S.35. 68 JestärkerdiePDS-Bundestagsfraktion,destogrößerihrEinflußaufpolitischeVeränderungen.DerRatderAltenzurRollederPDSinderBundesrepublikundzumWahlkampf.In:PDS-Pressedienst,Berlin,1998,Nr.11(vom13.03.1998),S.3.
Zum Wahlkampf 1998 erklärte der Rat, dass Deutschland Reformen brauche zugunsten der
Mehrheit des Volkes und nicht vorrangig für die «Besserverdienenden», die Milliardäre und
Multimillionäre.
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DiePDSwerdemitihrerPolitiknachhaltigda-füreintreten,dassesbeidiesemRegierungs-wechselauchzuspürbarenVeränderungenkomme.EsgebeimDeutschenBundestagkeineanderePartei,dieimEinklangmitdemGrundgesetzsoentschiedenwiediePDSfüreineneuePolitikeintrete,füreinedemokrati-sche,sozialgerechteRepublik.JestärkerihreFraktionseinwerde,umsonachhaltigerihrEinflussaufpolitischeVeränderungen,diederMehrheitderMenscheninganzDeutschlanddienen.69
ImSeptember1998riefderRatdazuauf,beiderBundestagswahlfürdieKandidatinnenundKandidatenderPDSzustimmen.70Nachdermit5,1ProzenterfolgreichenWahl,dieerstmalsdenEinzugderPDSindenDeutschenBundestaginFraktionsstärkeermöglichte,71erarbeitetederRat der AltenVorschlägeundEmpfehlungenfürdieweitereArbeitdesPar-teivorstandesundließsiedemParteivorsitzen-denzukommen.72
IndenerstenMonatendesJahres1999es-kaliertederKosovo-KonfliktzwischendenSicherheitskräftenderjugoslawischenBun-desregierungundder«Befreiungs-ArmeedesKosovo»UCK.ZurUnterstützungderUCKderkosovo-albanischenNationalistenflogdieNATOnachdengescheitertenRambouil-let-Verhandlungen–ohneeinMandatderUNO–LuftangriffegegenJugoslawien.73Ge-
gendieStimmenderPDSundeinerReiheAb-geordnetervonBündnis 90/Die GrünenhattederDeutscheBundestagzuvorfürdieBeteili-gungdeutscherTruppenamNATO-Kriegge-genJugoslawienals«humanitärerInterven-tion»votiert.74
IneinerErklärungvom21.Mai1999unter-strichderRat der AltenseineUnterstützungfürdieAblehnungdesEinsatzesdeutscherSoldatenaufdemBalkandurchdiePDS-Frak-tionimBundestagimMärz1999undstimmtedemFriedensplanderPDSvom5.April1999uneingeschränktzu.«Fürunsistesunerträg-lich,daßdeutscheSoldatenundKriegsma-schinenalsTeileinerneuenMachtoligarchiewiederdabeisind,wennaufdemBalkanKrieggeführtwird»,betontederRat.«Deshalbun-terstützenwiralleBestrebungen,derDiploma-tieundpolitischenVerhandlungenimRahmenundunterVerantwortungderVereintenNatio-nenRaumzugeben,umdasTöteninSüdost-europazubeendenundFriedenzuschaffen.»75
69 Vgl.ebenda. 70 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.35. 71 Vgl.DerFischerWeltal-manach1999.Zahlen,Daten,Fakten,FrankfurtamMain1998,Sp.237. 72 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.35. 73 Vgl.DerFischerWeltalma-nach2000.Zahlen,Daten,Fakten,FrankfurtamMain1999,Sp.416/417. 74 Vgl.ebenda,Sp.233/234. 75 GegendasMordenaufdemBalkan.ErklärungdesRatesderAltenvom21.5.1999.In:PDS-Pressedienst,Berlin,1999,Nr.21(vom28.05.1999),S.1.
ZugleichriefderRat der AltenalleFreundeundSympathisantenauf,beiderEuropa-Wahlam13.Juni1999diePDSzuwählen:«UnterstütztdiePolitikderPDSfüreinefriedliche,politi-scheLösungdesKriegesaufdemBalkan.DiePDSalseinzigeAntikriegsparteiimDeutschenBundestaggehörtindasEuropaparlament.»76
EdwinSchwertnererinnertesich2003,dassamEndeder1990erJahreimRat der AltenerneutimmerwiederdieFrageauftauchte,obseineberatendeFunktionüberhauptnochbenötigtwerdeundobeinsolchesGremiumnochzeitgemäßsei.Ursachedafürwar,dassderKontaktzumVorstandundzumParteivor-sitzendennurnochsporadischwarundeinigeMitgliederdesRatesdaherkeinenSinnmehrineineraktivenMitarbeiterblickenkonn-ten.DieProfessorenMoritzMebelundHorstSchneidererklärtenihrenRückzug,woraufhinandereRatsmitgliederihremBeispielfolgten.NachintensivenBeratungenentschiedendieverbliebenenRatsmitglieder1999jedoch,dassderRat der AltennachwievorseineBe-rechtigunghabeundseineArbeitfortsetzensollte.77
DerRat der Altenverabschiedeteam17.März2000eineStellungnahme,diedemParteivor-sitzendenübergebenwurde.EsgingdemRatumdieUnterstützungderAnstrengungenzurWeiterentwicklungderPDS.Erforderte,SchlusszumachenmitgegenseitigenVerun-
glimpfungenundsichaufdiesozialistischenInhaltederPolitikderPDSzubesinnen.DerRatunterstütztediePositionendesParteivorsitzen-denLotharBiskyüberdieNotwendigkeitunddieSchwerpunktederProgrammdiskussion.NachAuffassungdesRates der AltensolltenGrundproblemeindenMittelpunktderDebat-tenwiederEntscheidungenderbevorstehen-den3.Tagungdes6.ParteitagesderPDSinMünstergerücktwerden.NamentlichhobderRatdieFragederBegrenzungundderRedu-zierungderDominanzdesGroßkapitals,seinesüberdimensionalenEinflussesaufdenStaat,dieInnen-undAußenpolitik,aufalleBereichedesgesellschaftlichenLebenshervor.DerRat der Altenforderte,dassdiePolitikderPDSstetsauchgesamteuropäischunddamitimwahrs-tenSinneinternationalistischangedachtseinsollte.Erunterstrich:«WirdürftenunsauchnichtausschließlichmitheuteMachbarembe-gnügen.AlssozialistischeParteimüssenwirdiesystemimmanentenGrenzendes‹moder-nenKapitalismus›aufzeigen,alsodiehistori-scheNotwendigkeitseinerÜberwindung.»78
76 Zit.in:PDS-Pressedienst,Berlin,1999,Nr.21(vom28.05.1999),S.1. 77 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkon-sensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.35. 78 BemühungenumWeiterentwicklungderPDSnachhaltigunterstützen.Stellung-nahmedesRatesderAltenvom17.März[2000].In:PDS-Pres-sedienst,Berlin,2000,Nr.12(vom24.03.2000),S.3.
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AufdemParteitagderPDSam14.und15.Ok-tober2000fandeinFührungswechselstatt.GabrieleZimmerwurdezurneuenParteivor-sitzendengewählt.SielegtevonBeginnihrerTätigkeitangroßenWertaufdieExistenzdesRates der Alten.Am27.April2001konferiertesiemitdenMitgliederndesRatesüberdes-senweitereArbeitundüberdieEinbeziehungweitererlinkssozialistischerPersönlichkeitenausdenaltenBundesländern.IndiesemKon-textwurdederNamein«ÄltestenratderPDS»umgewandelt.ZudemwurdeeineneueGe-schäftsordnungfürdenRatdiskutiertundwe-nigspäterbestätigt.79
GabrieleZimmerberiefdanndieMitgliederdesÄltestenratesderPDS.Siebat34Persön-lichkeiten,darunterdenMalerWilliSitte,denRegisseurManfredWekwerth,denRechtsan-waltFriedrichWolffunddenFrankfurterGe-werkschafterJacobMoneta,ihrereichenEr-fahrungenausderZeitdesKampfesgegendenFaschismus,ausdemsozialistischenVersuchinderDDRundseinemScheitern,ausdemKampfderLinkeninderAlt-BRDundausderEntwicklungderPDSindieGestaltungderPoli-tikderPDSeinzubringensowiedieVorsitzendeimParteivorstandzuberaten.DieArbeitdesÄltestenratessolltesichschwerpunktmäßigaufBeiträgezurProgrammdebatte,zurWertunghistorischerEreignisseundzurGestaltungso-zialistischerPolitikheutekonzentrieren.80
AbdemFrühjahr2001meldetesichderÄltestenratderPDSzuwichtigenpolitischenEreignissenzuWort,gabStellungnahmenabunddiskutiertemitMitgliederndesParteivor-standes.InseinerErklärung«DieWeltbrauchtFrieden»vom13.September2001verurteiltederRatganzentschiedendieTerroranschlägegegendieUSA,sprachdenAngehörigenderOpferdasMitgefühlausundgabderHoff-nungAusdruck,dasserlebteGewaltnichtneue,maßloseGewalthervorruft.«Terroristmenschenfeindlich,wirverabscheuenihn.»81NachdemimHerbst2001vonderParteivorsit-zendeneinJugendratberufenwordenwar,dersichaus25jungenMenschenimAlterbiszu25JahrenausallenLandesteilenzusammen-setzte,gabesmitdemÄltestenrateinenAus-tauschdurchgegenseitigeTeilnahmeandenjeweiligenTreffen.82
Am9.November2001veröffentlichtendieSprecherdesÄltestenratesimPDS-Presse-diensteineErklärung,indersiedenDresde-
79 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSver-pflichtet,a.a.O.,S.35. 80 Vgl.RatderAltenjetztÄltestenrat.In:PDS-Pressedienst,Berlin,2001,Nr.18(vom04.05.2001),S.8. 81 Ältestenrat:DieWeltbrauchtFrieden(13.Septem-ber2001).In:PDS-Pressedienst,Berlin,2001,Nr.30(vom21.09.2001),S.3. 82 Vgl.1.Tagungdes8.ParteitagesderPDS,12.und13.Oktober2002,Gera.TätigkeitsberichtdesParteivorstandes.URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/parteitag/pt0801/view_html?zid=28947&bs=1&n=29(abgeru-fenam29.03.2018).
nerParteitagderPDSalswichtigenSchrittzurKonsolidierungderParteiwürdigten.Mitdem«DresdenerFriedensappell»seieinevordring-licheGrundsatzentscheidungfixiertworden,damitdas21.Jahrhundertnichtdasfurcht-bareMenetekeleinesdrittenWeltkriegesmitunabsehbarenGefahrenfürdasweltweiteÜberlebenderganzenmenschlichenZivilisa-tionträgt.«AlsZeitzeugenundÜberlebendedesvondeutschemBodenentfesseltenZwei-tenWeltkriegesbetonenwirdiebesonderedeutscheVerpflichtungfürdasEindämmenjeglicherAuswucherungmilitärischerGewalt,jeglicherbrutalerTerror-wieBomben-undRa-ketenschläge,derenOpferimmerprimärdieZivilbevölkerungist.»83
Anlässlichdes50.JahrestagesdesBeschlus-sesder2.ParteikonferenzderSEDüberdenAufbauderGrundlagendesSozialismusinderDDRreferierteunddiskutiertederHisto-rikerProf.Dr.GünterBenseram4.Juli2002imKreisedesÄltestenrateszudiesemThema.AnschließendwandtesichderÄltestenratmiteinerErklärungandieMitgliederdesPartei-vorstandesundderBundestagsfraktion.Erbetonte,dassdiePDSalssozialistischeParteiinDeutschlandinderPflichtstehe,sichinihrerTraditionspflegezudenEntscheidungenundTatenzubekennen,dieaufeineTransforma-tionvoneinerkapitalistischenzueinersozia-listischenGesellschaftsordnunghinausliefen.
Sietueesdurch«eineausgewogene,damitauchkritischeBewertungderVergangenheit,derAuswirkungendesKaltenKriegeswiederFolgenvonselbstverschuldetenFehlentschei-dungen.DeformationendersozialistischenIdeeundPraxis,insbesonderedaserheblicheDemokratiedefizit,habenwesentlichzumScheiterndeshistorischgerechtfertigtenTransformationsprozessesinderDDRbeige-tragen.KritischeAufarbeitunghistorischerLehren»,warntederÄltestenrat,«darfjedochnichtzurDiffamierungausarten.»84
ZurBundestagswahlimHerbst2002veröffent-lichtendieSprecher*innendesÄltestenratesderPDSam12.September2002denWahlauf-ruf«EinestarkePDS-FraktionverhinderteinenKanzlerStoiber»,indemsiedazuaufriefen,beiderBundestagswahlam22.September2002dieStimmederPDSzugeben.ZwingenderdennjeseieinestarkeparlamentarischeOppo-sitiongegendasherrschendeunsozialeSys-tem,dasfürdieMassenarbeitslosigkeit,dieklaffendenLückenimBildungs-undGesund-heitswesenundwachsendeRüstungsausga-
83 WeitererSchrittzurKonsolidierung.ZumDresdnerParteitagerklärendieSprecherdesÄltestenrats.In:PDS-Pressedienst,Berlin,2001,Nr.45(vom09.11.2001),S.16. 84 KritischeAuf-arbeitunghistorischerLehrendarfnichtzurDiffamierungausar-ten.In:PDS-Pressedienst,Berlin,2002,Nr.30(vom26.07.2002),S.9.
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benverantwortlichsei.DerneueBundestagbraucheeinestarkePDS-Fraktion.85
BeiderBundestagswahlam22.September2002verfehltediePDSdenWiedereinzugalsFraktionundwarfortannurnochmitzweidi-rektgewähltenAbgeordneten(GesineLötzsch
undPetraPau)imParlamentvertreten.AufeinerBeratungdesÄltestenratesam25.Sep-tember2002sprachdiePDS-VorsitzendeGabrieleZimmerüberdieSituationfürdieParteinachderverlorenenBundestagswahlunddiskutiertemitdenRatsmitgliedernda-rüber.DaraufhinbetontederÄltestenratam27.September2002ineinemBriefandenParteivorstandderPDSangesichtsstürmi-scherinnerparteilicherTurbulenzennachdemWahldebakel,mehralsbisherbrauchediesesLanddiePDS«alsParteimiteinemunver-wechselbarensozialistischenProfil,alskon-sequenteFriedenskraft,alsPartei,diesichderungezügeltenDominanzdesGroßkapitalsindiesemLandemitihrenschlimmenFolgenfürdieelementarenLebensrechtederMenschenentgegenstellt»86.Deshalbsolltendiekritische
DiskussionüberInhaltundProfilderPolitikderPDS,insbesondereinderletztenWahlpe-riode,sowiedieGrundlinienundGrundwertederProgrammatikderParteiimMittelpunktdesdamalsbevorstehendenGeraerParteita-gesstehen.AufdiesemParteitagsolltenach
AnsichtdesÄltestenratesdiesta-tutarischfestgelegteWahldesParteivorstandeserfolgen,abergleichzeitigdurchBeschlussfest-gelegtwerden,ineinemüber-schaubarenkurzenZeitraummög-licherweiseeinenSonderparteitag
durchzuführen,derdieChancebietenwürde,dieZusammensetzungdesParteivorstandesneuzubestätigen.DamitwürdeZeitfüreineweiteregründlicheAnalysederLagegewon-nenundzugleichauchderBasisderParteimehrMitspracheermöglichtwerden.87
DerGeraerParteitagfandam12.und13.Okto-ber2002statt.Aufdieser1.Tagungdes8.Par-teitagesderPDSdiskutiertendieDelegiertendieSituationunddieAufgabenderParteinach
85 Vgl.EinestarkePDS-FraktionverhinderteinenKanzlerStoiber.WahlaufrufderSprecherInnendesÄltestenratsderPDS(12.Sep-tember2002).URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/struk-turen/aeltestenrat/dokumente/view_html?zid=338&bs=1&n=7(abgerufenam04.03.2018). 86 Unverwechselbaressozialisti-schesProfil.BriefdesÄltestenratesandenParteivorstandderPDS(27.September2002).In:PDS-Pressedienst,Berlin,2002,Nr.40(vom04.10.2002),S.2. 87 Vgl.ebenda.
Nach dem Wahldebakel 2002 sprach sich der Ältes-tenrat für einen Sonderparteitag aus, um Zeit für eine gründliche Analyse zu gewinnen und der Basis mehr Mitsprache zu ermöglichen.
derNiederlagebeiderBundestagswahl.DerParteitagwardurchheftigeStrömungskämpfegekennzeichnet,indenenderReformerflügelderPartei,demdieWahlschlappeangelastetwurde,eineherbeNiederlageerlitt.88Sieäu-ßertesichdeutlichbeiderWahldesneuenPar-teivorstandes.BeiderWahldes/derParteivor-sitzendenunterlagderReformerRolandClausdeutlichderbisherigenAmtsinhaberinGabri-eleZimmermit96zu279Stimmen.DietherDehmwurdestellvertretenderParteivorsitzen-derundderwieDehmzudenParteilinkenzäh-lendeUweHikschBundesgeschäftsführer.89DieDelegiertennahmenmit256zu125Stim-mendenvonZimmerverfochtenenLeitantrag«Kein‹Weiterso›.ZukunftdurchErneuerung»an,dervomaltenParteivorstandnochabge-lehntwordenwar.90
NachdemGeraerParteitagveröffentlichtenam18.Oktober2002StefanDoernberg,Os-karFischer,EdwinSchwertnerundFriedrichWolffalsSprecherdesÄltestenratesderPDSdieErklärung«ChancefürrealeErneuerung»undverlangten,diePDSmüssesicheindeu-tigerzumSozialismusbekennen.Siebegrüß-tendieBeschlüssedesGeraerParteitagesderPDS.DiesebötendieChancefüreinerealeEr-neuerungderParteialsgesamtdeutschesozi-alistischePartei:«WirunterstützendasBemü-hendermitgroßerMehrheitwiedergewähltenParteivorsitzendenGabiZimmer,sachlichund
konstruktivdieKonsolidierungderPDSvoran-zubringen.WirverurteilenalleAngriffegegendiedemokratischherbeigeführtenBeschlüssevonGera.Erklärungengegendiesemehrheit-lichgetroffenenEntscheidungenschädigendiePartei.»AufgabederPDS,allihrerPoliti-ker,müsseessein,AktionenundReformenzurSchadensbegrenzungderAuswirkungendesNeoliberalismusdurchzusetzenunddiesemiteinergrundsätzlichenKapitalismuskritikzuverbinden.«DasverstehenwirauchuntergestaltenderOpposition,einerVerbindungvonaußerparlamentarischerundparlamentari-scherArbeitundderWahrnehmungvonRegie-rungsfunktioneninLändernundKommunenimInteresseunsererWähler.»91
DerÄltestenratberietam14.Januar2003mitderPDS-VorsitzendenGabrieleZimmer.An-schließendbrachtendieRatssprecherineinemBriefandenParteivorstandihreUnterstützungfürdieParteivorsitzende,fürihre«klarePosi-tion»,für«ihreprinzipiellenundzugleichbehut-
88 Vgl.ManfredBehrend:EineGeschichtederPDS.VonderzerbröckelndenStaatsparteizurLinkspartei,Köln2006,S.121–123. 89 Vgl.1.Tagungdes8.ParteitagesderPDS,12.und13.Oktober2002,Gera.WahlenzumParteivorstand:Ein-zelwahlen.URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/partei-tag/pt0801/view_html?zid=28841&bs=1&n=0(abgerufenam22.03.2018). 90 Vgl.ManfredBehrend:EineGeschichtederPDS,a.a.O.,S.123. 91 ChancefürrealeErneuerung(ErklärungderSprecherdesÄltestenratesderPDS,18.Oktober2002).In:PDS-Pressedienst,Berlin,2002,Nr.44(vom01.11.2002),S.7.
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samenBemühungenumdieKonsolidierungderPartei»zumAusdruck.Siebetonten:«WirstehenvollundganzhinterdenBeschlüssendesGeraerParteitags,dienachunsererAuf-fassungdenWegzueinerweiterenStärkungderPDS,ihressozialistischenProfilsundihresEinflussesinderÖffentlichkeiteröffnen.WirbegrüßeneureWahlindashöchstepolitischeAmtunserersozialistischenPartei.»92UmdieGeschlossenheitderParteizustärkenundihrneueMitgliederundSympathisantenzuzufüh-ren,erwartetendieRatssprecher«unzweideu-tigePositionen»hinsichtlichderprinzipiellenAblehnungjeglicherMitwirkungderBundes-republikanderBilligungoderUnterstützungeinesganzgleichwiemotiviertenAngriffs-kriegeswieauchderAndrohungmilitärischerGewaltindeninternationalenBeziehungen,hinsichtlichderEindämmungderfortschrei-tendenMassenarbeitslosigkeit,hinsichtlichdesErhaltsdesinfrüherenAuseinandersetzun-generrungenensozialenSicherungssystemsmitseinenstaatlichenundgesellschaftlichenVerpflichtungeninallenSphärenderZivilge-sellschaftundhinsichtlichderVerhinderungei-nesweiterenAbbausderDemokratieundeinerAushöhlungdesparlamentarischenSystemsimBund,inLändernundKommunen.93
Am10.Juni2003beschäftigtesichderÄltestenratderPDSgemeinsammitGabrieleZim-merundLotharBiskymitderVorbereitungder
außerordentlichenTagungdes8.Parteitages.InderbeschlossenenErklärunghießes:«DieseitderBundestagswahlanhaltendeKrisensi-tuationderPDShatbeiunstiefeBesorgnissehervorgerufen.DiePDShatnachunsererMei-nungnurdanneineZukunft,wennsiealspoli-tischeKrafthandeltundzugleichihrenPrinzi-pieneinerpluralistischensozialistischenParteitreubleibt.DieaußerordentlicheTagungdes8.ParteitageskannundwirdzurBeilegungderKrisensituationbeitragen,wennsieaufwirk-lichdemokratischeWeiseeinklardefiniertesProfil,eindringenderforderlichesAktionspro-grammundeinestabileFührungsmannschaftderParteibestätigt.»94NachAuffassungdesÄltestenratessolltederParteitageineüberzeu-gendepolitischeErklärungandieÖffentlich-keitannehmen.DarinsolltedieKrisensituationbenanntwerden,indersichdieBundesrepu-blik,ihreSozial-undInnenpolitikwieauchdieinternationaleSituationbefänden.DiePDSsolltedieEntwicklungdeutlichalsZuspitzungderdemkapitalistischemSysteminnewoh-nendenWidersprüchedefinierenunddarausdieunbedingteNotwendigkeitprogressiver
92 ÄltestenratunterstütztGabiZimmer.BriefderRats-SprecherandenParteivorstand(14.Januar2003).In:PDS-Pressedienst,Berlin,2003,Nr.5(vom31.01.2003),S.15. 93 Vgl.eben-da. 94 ZumSozialismusbekennen.ErklärungdesÄltestenra-tesderPDS(10.Juni2003).In:PDS-Pressedienst,Berlin,2003,Nr.25(vom20.06.2003),S.3.
Reformalternativenableiten,fürdiesiesichalsgesamtdeutschesozialistischeParteieinsetze,undihrgrundsätzlichesBekenntniszumSozi-alismusbekräftigen.KritikdesmehrdennjehistorischüberlebtenundfürdieZukunftderZivilisationhöchstgefährlichenKapitalismusverbindesichdamitfürdiePDSmitgegenwär-tigerforderlichenundmachbarenReformenimRahmendesbestehendenSystems.95
Derneue(undalte)PDS-VorsitzendeLotharBisky,deraufderaußerordentlichenTagungdes8.Parteitagesgewähltwordenwar,be-riefam4.September200324MitgliederindenneuenÄltestenratderPDS.ErerörterteandiesemTagmitdenMitgliederndesRatesdenneuenEntwurfdesParteiprogramms.DerÄltestenratbefürworteteeinegrundsätzlicheZu-stimmungderDelegiertendesdamalsbevor-stehendenChemnitzerParteitages.ZugleichunterbreiteteerVorschlägezurPräzisierungvoneinzelnenAussagen,umdasProfilderPDSalsgesamtdeutschesozialistischeParteinochstärkerzuverdeutlichenunddieAussagekraftdesneuenProgrammsweiterzuerhöhen.DerRatschlugvor,derParteitagmögenebendemProgrammeinDokumentannehmen,mitdemsichdiePDSinbündigerFormzudenaktuellenpolitischenAuseinandersetzungeninDeutsch-landartikuliert.96
InderDiskussionhattezuvorHaraldNeubertvoreinerÜberschätzungdesProgrammsge-
warnt,inihmabereinenwesentlichenBeitragzurStabilisierungdergesamtenParteierblickt.DennochseienvieleFragenoffengeblieben–somüsstendieBegriffe«Gewaltfreiheit»und«SelbstbestimmungdesIndividuums»weiterpräzisiertwerden.Fürihn–soNeubert–seidiesozialeGerechtigkeitdiezentraleFragesozialis-tischerPolitik.ErwiesaufdaskomplizierteVer-hältniszurSozialdemokratiehin,denn«ohnedieSPDgehtnichts,abermitihrgehtauchnichts».KurtLiberameinte,derEntwurftreffeaugen-scheinlichaufgroßeZustimmunganderPar-teibasis.EdithGrawwardarübererfreut,dasswichtigeForderungenderFrauen-undGewerk-schaftsbewegungindenProgrammentwurfEin-ganggefundenhatten.JohannScheringerlobtedieagrarpolitischenAussagen.FriedelJuchbe-zogsichpositivaufdie«jetztvorhandenediffe-renzierteDDR-Betrachtung».StefanDoernbergerkannte«deutlicheVerbesserungen»imneuenEntwurf,zeigtesichzugleichaberskeptisch,obdasProgrammdieParteivoranbringenwerde.VielwichtigerseinachseinerAnsichtdieAusei-nandersetzungmitderaktuellenPolitik.97
IndiesemKontextkritisiertenAchmedCha-kerundFriedrichWolffdiePolitikdesBerliner
95 Vgl.ebenda. 96 Vgl.GeorgFehst:DeutlicheZustimmungzumProgrammentwurf.LotharBiskyberiefÄltestenratunddis-kutiertemitihmvordemParteitag.In:PDS-Pressedienst,Berlin,2003,Nr.37(vom12.09.2003),S.2. 97 Vgl.ebenda.
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Senats,andemdiePDSdamalsbeteiligtwar.WolffnanntediesePolitikgar«verheerendfürdiePDS»underblickteimneuenPro-gramm-Entwurfeine«Bestätigungderbishe-rigenpolitischenLinie,diezurverlorenenBun-destagswahlführte».HeinzMarohnbekanntesichindiesemSinnezudenMinderheitsvotenvonUwe-JensHeuer,EllenBrombacherundWinfriedWolfzumProgrammentwurf.GünterSieberhieltdementgegen,diefünfjährigePro-grammdebatteseiauchdieGeschichtelang-jährigerideologischerFlügelkämpfe,diedieParteiindieKrisegestürzthätten.98
Anfang2004begannsichdiepolitischeLand-schaftinDeutschlandzuverändern.VordemHintergrundderneoliberalen«Agenda»-PolitikdervonGerhardSchröderundJosephFischergeführtenBundesregierungausSPDundBündnis 90/Die GrünenentstandensowohleineIni-tiativeWahlalternative 2006alsaucheineIni-tiativeArbeit & soziale Gerechtigkeit,diesichvonderwachsendenProtestbewegunggegendieneoliberalePolitikgetragenfühlten.AnfangJuli2004vereinigtensichbeideInitiativenindemVereinWahlalternative Arbeit und Soziale
Gerechtigkeit,ausdemsichimJanuar2005diegleichnamigepolitischeParteigründete.BeiderLandtagswahlinNordrhein-Westfalenam22.Mai2005tratdieneueSozialstaatsparteiunterdemKürzelWASGinKonkurrenzzurPDSan.DieWASGerreichte2,2ProzentderStim-men,diePDSnur0,9Prozent.BeidescheitertendamitaberanderFünf-Prozent-Hürde.DieSPDverlordieseLandtagswahlmit37,1ProzentderStimmendeutlich.BundeskanzlerSchrödernahmdieszumAnlass,umvorgezogeneWah-lenzumDeutschenBundestagzuverkünden.99
ZweiTagespätertratderfrühereSPD-Vor-sitzendeOskarLafontaineausderSozialdemokratischen Partei DeutschlandsausundunterbreitetedasAngebot,beidernächstenBundestagswahlfüreinLinksbündniszukan-didieren.Am30.Mai2005fandendaraufhinersteoffizielleGesprächezwischendenBun-desvorständenderPDSundderWASGstatt.Ineinemkomplizierten,vonvielenIrritationenbegleitetenProzesseinigtemansichindenkommendenWochenundMonateninderNa-mensfrageundinderWahlprogrammatikfüreinengemeinsamenAntrittzurBundestags-wahlimHerbst2005undfasstebereitseine
98 Vgl.ebenda. 99 Vgl.dazuimDetailJochenWeichold:VonderGründungderWASGbiszurBundestagswahl2005.In:AxelTroost/ThomasHändel(Hrsg.):VonderSozialstaatsparteizurneuenLINKEN.EineGeschichtederWahlalternativeArbeitundsozialeGerechtigkeit(WASG),Hamburg2016,S.58–81.
Im Jahr 2004 begann sich die politische Land-schaft zu verändern. Vor dem Hintergrund der «Agenda»-Politik entstand die Wahlalternative
Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG).
spätereVereinigungbeiderParteieninsAuge.DieinLinksparteiumbenanntePDS,aufderenoffenenListenWASG-Vertreterkandidierten,erreichtebeiderWahlam18.September20058,7ProzentderWählerstimmenund54Man-date.DamitkonntenzwölfMitgliederderWASGindenBundestageinziehen.DieFrak-tionDIELINKE.imBundestagentwickeltesichinderFolgezeitzumLaborfürdieSchaffungeinerneuenLinksparteiinDeutschland.100
IneinemPositionspapierdesÄltestenratesinVorbereitungdesDresdenerParteitages,dasam2.November2005bestätigtwurde,be-fürwortetendieMitgliederdesÄltestenratesgrundsätzlichdengeplantenVereinigungs-prozessvonLinkspartei.PDSundWASG.Siewarendavonüberzeugt,dassdiekomplizierteSituation,diesichausderweiterenVerschär-fungderökonomischen,sozialenundpoliti-schenWidersprücheundGebrechendesge-genwärtigenKapitalismusergebenhabe,denZusammenschlussalleraktivenlinkenKräfteinDeutschlandnotwendigerdennjemache.IhrerhistorischenNotwendigkeitkönnedieangestrebteneueLinksparteinurdanngerechtwerden,wennsiepolitikfähigundmassenwirk-samseiundeineentsprechendeorganisatori-scheundpolitischeVerfasstheitaufweise.SiemüsseauseinerAnalysederzuBeginndesneuenJahrhundertssogrundsätzlichveränder-tennationalenwieinternationalenRahmenbe-
dingungenihrpolitischesProgrammableitenundsichdabeiaktivundüberzeugendfürdieDurchsetzungihrerbereitsheutemachbarenalternativenVorschlägezurBändigungdesTur-bokapitalismuseinsetzen.«Wirbrauchenda-herfürdielangfristigepolitischeAusrichtungdereinheitlichenParteiderdeutschenLinkennebeneinemüberzeugendenAktionspro-grammaucheinestrategischangelegteAus-sage,dassdieParteieinesozialgerechte,einewirklichdemokratischeundantimilitaristischeGesellschaftanstrebt.Unddiesekannnureineantikapitalistischesein,eineGesellschaftsord-nungdesdemokratischenSozialismus.»101
100 Vgl.dazuimDetailebenda,S.81–110;JochenWeichold:VomSiegbeiderBundestagswahl2005biszurGründungderParteiDIELINKE.In:AxelTroost/ThomasHändel(Hrsg.):VonderSozialstaatsparteizurneuenLINKEN,a.a.O.,S.111–113. 101 DieMitgliederdesÄltestenratsbefürwortengrundsätzlichdenge-plantenVereinigungsprozess.PositionspapierdesÄltestenratsinVorbereitungdesDresdenerParteitages(Bestätigtam2.Novem-ber2005).URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/struktu-ren/aeltestenrat/dokumente/view_html?zid=31201&bs=1&n=2(abgerufenam05.03.2018).–DerDresdenerParteitag,deram10.und11.Dezember2005stattfand,beschloss,dassdasdenDelegiertenvorliegende«PositionspapierdesÄltestenrates»vom2.November2005indieinhaltlicheWeiterführungdesParteibil-dungsprozessesderLinkspartei.PDSmitderWASG,einschließ-lichderÖffnungdiesesProzessesfürsozialeBewegungenundandereLinke,alsDokumentdesParteitagesmiteinzubeziehensei.Vgl.ZumPositionspapierdesÄltestenrates.Beschlussder3.Tagungdes9.ParteitagesderLinkspartei.PDS.In:GemeinsameAusgabevonDisput,Berlin,2005,Dezember,undPDS-Presse-dienst,Berlin,2005,N.50/51,S.62.
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Am24.Februar2006berietderÄltestenratmitBundesgeschäftsführerDietmarBartschüberdieVorbereitungdes10.ParteitagesderLinkspartei.PDSinHalle,denVerlaufdesan-gestrebtenVereinigungsprozessesmitderWASGsowieweitereaktuelleProbleme.InderDiskussionbedauertendieMitgliederdesRates,dasssichderParteivorstandderLinkspartei.PDSseitdemDresdenerParteitagnichtgenügendzugrundsätzlicheninhaltlichenFragenderPolitikgeäußerthabe.ErsolltesichdringendzudemunterschiedlichenAb-stimmungsverhaltenderAbgeordnetenderLinkspartei.PDSimEU-Parlamentäußernund«dürftesichnichteinerBewertungderanti-kubanischenResolutiondesEU-Parlamentsentziehen»,schriebendieSprecherdesÄltestenrates,StefanDoernbergundHorstSiebeck,nachderBeratungineinemBriefandieMit-gliederdesParteivorstandes.«DerÄltestenratsprichtsichdafüraus,dasssichderVorstandeindeutigvondieserResolutiondistanziert,diealsBestandteildergegenwärtigverschärftenantisozialistischenHetzkampagnefungiert.»102SchließlichunterbreitetederÄltestenratdenVorschlag,dasssichVertreterderProgramm-kommissionmitMitgliederndesRateszuei-nemGedankenaustauschdarübertreffen,wiedieAnregungendesPositionspapiersdesÄltestenratesvom2.November2005mehrBe-achtungfindenkönnten.103
UmdenProzessdesZusammenwachsensvonLinkspartei.PDSundWASGvoranzutreiben,wurdedieEinrichtungeinesGründungsaus-schussesundgemeinsamerSteuerungs-undProgrammgruppenvereinbart.Diezwölfköp-figeProgrammgruppeausMitgliedernbeiderParteienerarbeiteteinderFolgeEckpunktefürdaszukünftigeProgrammdergeplantenParteiDIELINKE,derenersterEntwurfgegenEndeFebruar2006vomVorsitzendenderLinkspartei.PDS,LotharBisky,undvomGeschäftsführen-denVorstandderWASG,KlausErnst,derÖf-fentlichkeitvorgestelltwurde.DieErarbeitungder«ProgrammatischenEckpunkte»fürdieFusionderbeidenParteienseiimDetailnichteinfachgewesen,erinnertesichAxelTroostalsMitgliedderProgrammgruppespäter.«DerBe-griffSozialismushatinderWASGkeineRollegespielt,beiderPDSgehörteerzurIdentität»104,benannteTroosteinesderzentralenThemenfel-der,diedieanschließendenDiskussionenüberdie«Eckpunkte»dominierten.105
102 BriefdesÄltestenrates.In:PDS-Pressdienst,Berlin,2006,Nr.9(vom03.03.2006),S.5. 103 Vgl.ebenda. 104 «AllehabeneinenSprungüberdeneigenenSchattengemacht».GesprächmitAxelTroost.In:KlausErnst,ThomasHändel,KatjaZimmer-mann(Hrsg.):Waswar?Wasbleibt?WegeindieWASG,WegeinDIELINKE,Hamburg2012,S.131. 105 Vgl.zudenDebattenüberdie«ProgrammatischenEckpunkte»imDetailJochenWei-chold:VomSiegbeiderBundestagswahl2005biszurGründungderParteiDIELINKE,a.a.O.,S.117–120und144–152.
AufeinergemeinsamenTagungam22.Ok-tober2006inErfurtverabschiedetendieVor-ständevonWASGundLinkspartei.PDSeinendrittenEntwurfder«ProgrammatischenEck-punkteaufdemWegzueinerneuenLinkspar-teiinDeutschland».ZieldesHandelns–hießesindemEntwurfinAnlehnungandas«ManifestderKommunistischenPartei»von1848–seieineGesellschaft,«inderdiefreieEntwicklungeinerundeinesjedenzurBedingungderfreienEntwicklungallerwird»,eineGesellschaft,dieüberdenKapitalismushinausweiseunddieihnineinemtransformatorischenProzessüber-winde.DieAlternative,diesichdieneueParteiaufdieFahnenschreibe,seieinesoziale,demo-kratischeundfriedlicheTransformationstattdesentfesseltenKapitalismus.106AufdenBe-griffdes«demokratischenSozialismus»wurdeindiesemKontextallerdingsverzichtet,daer–soKlausErnst–«schwierig»sei,weilsichvieleWASG-MitgliedernichtalsSozialistenfühl-ten.107Eshießlediglich,Freiheit,Gleichheit,SolidaritätseienmitFrieden,BewahrungderNaturundEmanzipationuntrennbarverbun-den.«VielevonunsbezeichnendiesenZusam-
menhangvonZiel,WegundWertesystemalsdemokratischenSozialismus.»108
IneinerStellungnahmedesÄltestenratesderLinkspartei. PDS,bestätigtam28.No-vember2006,fordertederRatfürdieneueParteiDIELINKEeinklarespolitisches
ProfilalssozialistischePartei.Vielederim3.EntwurfderprogrammatischenEckpunktevorgenommenenPräzisierungenfändendieZustimmungdesÄltestenrates,«dochnichtwenigestoßenaufunsereKritik.SobleibtdaspolitischeProfilderanvisiertenneuenParteiweiterunscharf.Siemusssichaberdeutlicheralsparlamentarischwieauchaußerparlamen-tarischwirkendeOrganisation[zu]erkennengeben,diedemKapitalismusalsSystemdieStirnbietetundeinezukunftsträchtigeAlter-native,d.h.einesozialistischeweist.»109AuchderbisheranvisierteName«DieLinke»oder«Linkspartei»seiunscharfundkönneleider
106 Vgl.ProgrammatischeEckpunkteaufdemWegzuei-nerneuenLinksparteiinDeutschland.AufdergemeinsamenSitzungderVorständevonLinkspartei.PDSundWASGam22.Oktober2006inErfurtverabschiedeterEntwurf.In:NeuesDeutschland,Berlin,28./29.10.2006,Beilage,S.3/4. 107 Vgl.NeuesDeutschland,Berlin,24.10.2006. 108 ProgrammatischeEckpunkteaufdemWegzueinerneuenLinksparteiinDeutsch-land,a.a.O.,S.3. 109 EinklarespolitischesProfilalssozialis-tischePartei.StellungnahmedesÄltestenratsderLinkspartei.PDS,bestätigtam28.November2006.URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/strukturen/aeltestenrat/dokumente/view_html?zid=34879&bs=1&n=1(abgerufenam05.03.2018).
Ende 2006 kritisierte der Ältestenrat den Entwurf der programmatischen Eckpunkte
der LINKEN und forderte ein klares politisches Profil als sozialistische Partei.
36—37
beliebigausgelegtwerden.DerÄltestenratbestandaufderstriktenAblehnungvonPri-vatisierungenundverlangteeineKursände-runginderEntwicklungderEU–wegvomEuropadesFinanz-undIndustriekapitalshinzueinemdemokratischenundsolidarischenEuropa.InAnbetrachtderInternationalisie-rungwesentlicherLebensbereichesowiederfortschreitendeneuropäischenIntegrationmitderKonsequenz,dassimmermehrAufgaben,diesichdieLinkenstellen,nurländerübergrei-fendzulösenseien,müssesichdievereinteParteiinjederHinsichtalseineinternationalis-tischeParteiverstehen,dieweiterhinaktivinderParteiderEuropäischen Linken(EL),inderFraktion der Vereinten Europäischen Linken und der Nordischen Grünen LinkenimEU-Par-lament,imForumderNeuen Europäischen Linkenmitwirkt.ZudemdürfedieLinksparteinichtaufihrenbishermühsamerarbeitetenKonsenszuhistorischenFragenverzichten.110
IneinerBotschaftdesÄltestenratesderLinkspartei.PDSandieDelegiertendesdamalsbe-vorstehendenDortmunderParteitagesvom6.März2007brachtendieMitgliederdesRatesihreuneingeschränkteUnterstützungfürdieBemühungenzurHerausbildungeinereinflussreichengesamtdeutschenParteiderLinkenzumAusdruck,diesichdenhistorischgewachsenenundbewährtenIdeendesSozi-alismusverpflichtetsieht.DieMitgliederdes
Ältestenratesrietendazu,sichzunächstaufdiePräzisierungdespolitischenProfilsderange-strebtenLinksparteimitihrerpluralenStrukturzuorientieren.SiehieltennachihrenErfahrun-genauch«jeglicheVersuchefürabträglich,indieneueParteiTendenzeneinerpolitischenPolarisierungoderHegemoniehineinzutra-gen»111.DiebishervorliegendenEckpunktesolltennachAuffassungdesÄltestenratesweiterGrundlageeinerDiskussionsein,beiderAn-hängerallerStrömungenihreVorstellungenzudenaktuellenForderungenwiezuderAusge-staltungderstrategischenZieleunddenPrin-zipienfürdeninnerenAufbauunddieöffentli-cheArbeitsweisederneuenParteieinbringenkönnten.Zunächsthieltensie jedochdieAusarbeitungundAnnahmeeinesmöglichstkurzenundinseinerKlarheitüberzeugendenGründungsdokumentesoderManifestesfürerforderlich,dasaufdemVereinigungspartei-tagverabschiedetwerdensollte.NotwendigseieinekurzeDefinitionderWesenszügeundGrundwerteeinesangestrebtendemokrati-
110 Vgl.ebenda. 111 Denhistorischgewachsenenundbewähr-tenIdeendesSozialismusverpflichtet.BotschaftdesÄltesten-ratesderLinkspartei.PDSandieDelegiertendesDortmunderParteitages(6.März2007).URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/strukturen/aeltestenrat/dokumente/view_html?-zid=35340&bs=1&n=0(abgerufenam06.03.2018).
schenSozialismusalsAlternativezumgegen-wärtigherrschendenkapitalistischenSystem.DiebishergefundeneFormulierung,dasswirdendemokratischenSozialismusalsZiel,WegundWertesystemsowiealsEinheitvonFrei-heits-undsozialenGrundrechtenbezeichnen,dürftenichtausreichen.Essolltedaraufhin-gewiesenwerden,dasseineEntwicklung,dieüberdenKapitalismushinausführt,alsoeinesozialistischeAlternativezumjetzigenkapita-listischenSystem,weitgehendeVeränderun-gendergegenwärtigvomGroßkapitaldomi-niertenMacht-undEigentumsverhältnisse,derAußen-,Innen-,Wirtschafts-undKultur-politikerfordere.112
DER ÄLTESTENRAT DER PARTEI
DIE LINKE ALS KRITISCHER
BEGLEITER DES PARTEI
FORMIERUNGSPROZESSES
ObwohlesimFusionsprozessvonWASGundLinkspartei.PDSimmerwiederhörbarknirschte,konntedieserProzessmitdemVereinigungsparteitagundderGründungderParteiDIELINKEam16.Juni2007erfolgreichabgeschlossenwerden.DerzudenkritischenBeobachternvonWASGundLinkspartei.PDSgehörendePolitikwissenschaftlerAndreasM.VollmerkonstatiertezuRecht:«DerZusam-
menschlussbeiderParteienistalsErfolgeinesprofessionellenManagementszweierPartei-führungenimZusammenspielmitwichtigenAkteurendergemeinsamenLinksfraktionimDeutschenBundestagzusehen.Dieserkonntegelingen,weilsichineinerAusnahmesituationlinksvonderinRegierungsarbeitverschlisse-nenSPDeinAktionsraumfüreineweiterelinkeKraftauftat,dendieWASGwiedieLinkspartei.PDSgemeinsamundrichtiggenutzthatten.»113
BeiderGründungderParteiDIELINKE2007wurdeauchderÄltestenratberufen.DieserRatkonstituiertesicham12.Dezember2007.InderEinladungandiekünftigenMitglie-derdesRateszurkonstituierendenSitzungschriebendieKo-ParteivorsitzendenderParteiDIELINKE,OskarLafontaineundLotharBisky,esgehedarum,«EurepolitischenErfahrungengebündeltindieöffentlichenDebattenderPar-teizuholen»114.LotharBiskyerklärtedannan-lässlichderKonstituierungdesÄltestenrates:«DerÄltestenratisteinKonsultationsgremium
112 Vgl.ebenda. 113 AndreasM.Vollmer:Arbeit&sozialeGerechtigkeit–DieWahlalternative(WASG).Entstehung,Ge-schichteundBilanz,Baden-Baden2013,S.416. 114 Zit.in:BilanzderTätigkeitdesÄltestenrates2015.KurzerÜberblick–vorgestelltaufeinerDiskussionimSeniorenclubam8.Dezem-ber2015.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnah-men-des-aeltestenrates/news/bilanz-der-taetigkeit-des-aeltes-tenrates-2015/(abgerufenam18.03.2018).
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undwirdsichschwerpunktmäßigzurEntwick-lungderPartei,zuBündnis-undinternationa-lenFragen,zurGeschichtederLinkenundzumöglichenKonsequenzenfürdiesozialistischeProgrammatikverständigen.»115
AufdemZentralfriedhofinBerlin-Friedrichs-feldewurde–wiealljährlich–am13.Januar2008derermordetenKPD-MitbegründerRosaLuxemburgundKarlLiebknechtgedacht.Ge-genüberdemMahnmalfürdiebeidenSozia-listenwar2006einGedenkstein«DenOpferndesStalinismus»errichtetworden,andemdieSpitzenderBerlinerLinksparteiNelkenniederlegten.DerLandesvorstandderParteiDIELINKEhattedazuaufgerufen,beimGeden-kenanRosaLuxemburgundKarlLiebknechtdieAbertausendenLinkennichtzuvergessen,diestalinistischenVerfolgungenzumOpferge-fallenwaren.DarüberwarStreitanderBasisderLinksparteientbrannt,dersichinheftigenDiskussionenundRangeleienamGedenksteinfortsetzte,indemseineGegnereinenKotauvordemantikommunistischenZeitgeister-blickten.InderFolgerisseneinigevonihnenBlumenherunterundtrampeltendaraufhe-rum.116
AufseinerBeratungam5.Februar2008be-fasstesichderÄltestenratunteranderemmitden«bedauerlichenVorkommnissen»wäh-rendderEhrungvonKarlLiebknechtundRosaLuxemburg.DieGedenkkundgebungsei«zu
unverzeihlichenSpaltungstendenzenunterdenLinkenmissbraucht»worden.ProvoziertwordenseidiesnachAnsichtdesÄltestenratesdurchdengegenüberderGedenkstättederSozialistengesetzten«SteinmitderbeliebigauslegbarenundirreführendenInschrift»DenOpferndesStalinismus«».DervomBerlinerLandesvorstandergangeneAufruf,ebenfallsdortdemonstrativNelkenniederzulegen,habedieSituationnochverschärft.«Wirmissbilli-genalleaufKonflikteorientierteAktionenimUmfelddiesesSteins,einschließlichjener,diezurHerbeirufungvonPolizeikräftenbenutztwurden.»117
ZugleichverurteiltederÄltestenratdieunterStalinbegangenenVerbrecheneinmütig,ganzbesondersauchjeneWillkürakte,inderenFolgevorallem1937/38sovieleKommunisten
115 Zit.in:DIELINKE.:DerÄltestenratderParteiDIELINKE.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommis-sionen/aeltestenrat/(abgerufenam06.03.2018). 116 Vgl.Lautundleise.StillesGedenkenandenGräbernvonKarlundRosaundRangeleiamSteindesAnstoßes.In:NeuesDeutschland,Berlin,14.01.2008;ProtestundGedenken.In:jungeWelt,Berlin,14.01.2008;ModrowkritisiertGedenkstein.BuchpremiereimND-Club.In:NeuesDeutschland,Berlin,18.01.2008. 117 ZudenVorkommnissenwährendderdiesjährigenEhrungvonKarlLiebknechtundRosaLuxemburg.ErklärungdesÄltes-tenrates(5.Februar2008).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/zu-den-vor-kommnissen-waehrend-der-diesjaehrigen-ehrung-von-karl-lieb-knecht-und-rosa-luxemburg/(abgerufenam06.03.2018).
derSowjetunionundandererLänder,darun-terdeutscheEmigranten,zuOpfernwurden.DieseVerbrechendürftennichtverschwiegenundnichtverharmlostwerden,nichtzuletztweilsieJahrzehntelangihreSchattenaufdieIdeeunddiePraxisdesSozialismusgeworfenhätten.«TrotzdemhaltenwirnichtdieGedenk-stättederSozialisten,nochdazudieGrabstättedervonderdeutschenReaktionundihrenHel-fershelfernermordetenRosaLuxemburgundKarlLiebknecht,fürdengeeignetenOrteinesGedenksteins.UnddasganzabgesehenvonderInschrift,diealsSteilvorlagevonoffenenAntikommunistenundanderenErzfeindendesSozialismus,vonPropagandistenderTotalita-rismustheorieundderverlogenenGleichset-zungder‹zweideutschenDiktaturen›miss-brauchtwird.»118
AufseinerSitzungam5.Februar2008un-terbreitetederÄltestenratzudemeinAnge-botzumFortgangderProgrammdebatteinderParteiDIELINKE.DieParteibefindesichnochimmerimProzessderKonsolidierung.Ermüssezügigvorangebrachtwerden,denndieSituationimLande,inEuropaundinderWeltmacheeineeinheitliche,aktionsfähigelinkedeutscheParteidringendnotwendig.HierfürbenötigedieParteieinheitlicheprogrammati-scheVorstellungen.ProgrammatischzuklärenseienPlatz,RolleundFunktionderParteiimpolitischenSystemderBRDsowieindenpo-
litischenundsozialenKämpfenunsererZeit,ihrVerhältniszudensozialenBewegungensowiezudeninternationalenAspektenihrerprogrammatischenVorstellungen.DerÄltestenratmahntedafüreinestraffeAnalyseundEinschätzungdergegenwärtigenbundesre-publikanischen,europäischenundweltpoliti-schenSituationanundtratinsbesonderefüreinedeutlicheAusprägungdesfriedenspoliti-schenProfilsderPartei,fürdienotwendigeEli-minierungvonMilitärbündnissenundgenerelldesmilitärischenFaktorsinderPolitikeinundverweigertefürAuslandseinsätzederBundes-wehrdieZustimmung.119
DerÄltestenratunterstrich,dassdieParteikonkreteprogrammatischeVorstellungenzurweiterenEntwicklungGesamteuropasimAll-gemeinenundderEuropäischenUnion(EU)imBesonderenbenötige.EsmüssebewusstgemachtundinpraktischeAktionumgesetztwerden,dassvieleanstehendeAufgabenimKampfumlinkeAlternativennurnochdurcheuropaweiteZusammenarbeit,internationaleKoordinierungundAktiongelöstwerdenkön-
118 Ebenda. 119 Vgl.AngebotdesÄltestenrateszumFort-gangderProgrammdebatte.AufderSitzungdesÄltestenratesam5.Februar2008bestätigt.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklae-rungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/ange-bot-des-aeltestenrates-zum-fortgang-der-programmdebatte/(abgerufenam07.03.2018).
40—41
nen.AlsMitgliedderParteiderEuropäischen LinkenmüssesichDIELINKEweiterhinfüreineVerständigungundZusammenarbeital-lerlinken,antikapitalistischen,sozialistischenundkommunistischenKräfteeinsetzen,auchüberdenRahmenderEuropäischen Linkenhinweg.120
SchließlichwardemÄltestenratdieprogram-matischeBestimmungdesVerhältnisseszurGeschichtederArbeiterbewegung–dersozi-aldemokratischen,kommunistischen,gewerk-schaftlichen–generellundzumSozialismusinderDDRimBesondereneinHerzensanliegen.DenndasVerhältniszurGeschichtewürdeimmerauchdieEinstellungzurZukunftwi-derspiegeln.«EbendeshalbsolltenwirunszurLegitimitätderHerausbildungsozialistischerGesellschaftsformationenim20.Jahrhundertbekennen,darunteraufdeutschemBoden,sounvollkommenundmitFehlernbelastetdieEntwicklungderDDRindenvierJahrzehntenihrerExistenzbiszuihremZusammenbruchauchwar.»121UnterdiesemGesichtspunktbrauchedieParteiimInteresseihresSelbstver-
ständnissesundihrerProgrammatikeineaus-gewogeneBewertungderGeschichtederbei-dendeutschenStaateninderNachkriegszeitundihresgegenseitigenEinwirkenswieauchderEntwicklungderBundesrepubliknachdemAnschlussderDDR.«Deshalbhaltenwiresauchfürnotwendig,sichkritischzugewis-senrealitätsfremdenundbedenklichenUrtei-lenübergeschichtlicheVorgängezuverhalten,wiesiegelegentlichimNamenderParteigeäu-ßertwerden,diejedochinderMitgliedschaftnichtaufVerständnisstoßenunddemAnse-henderParteinichtförderlichsind.»122
Am16.Juli2008meldetesichderÄltestenraterneutinderProgrammdebattederParteiDIELINKEmiteinerspeziellenErklärungzumUmgangmitderGeschichtezuWort.EsgebefürjedeParteiunverkennbareinengesWech-selverhältniszwischenihremvorherrschen-
120 Vgl.ebenda. 121 Ebenda. 122 Ebenda.–DieTageszei-tung«jungeWelt»drucktedas«AngebotdesÄltestenratesderParteiDIELINKEzumFortgangderProgrammdebatte»inihrerAusgabevom28.März2008ab.DazuerklärteHansModrowalsVorsitzenderdesÄltestenrates,dassderAbdruck«erfreu-lich»sei,merktejedochan:«DerdokumentierteTextisteineAussagedesÄltestenrates.FürdieBilderundihreUnterzeilenliegtdieVerantwortungbeiderRedaktion.WirwolleneineaufdieZukunftgerichteteDebatte.»(ZurVeröffentlichungdes«Angebotes…»inderjW,31.März2008.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/zur-veroeffentlichung-des-angebotes-in-der-jw/[abgerufenam08.03.2018]).
Eine ausgewogene Bewertung der Geschichte der beiden deutschen Staaten wie auch
der Entwicklung der Bundesrepublik nach dem Anschluss der DDR ist nötig.
denundindieÖffentlichkeitgetragenenGe-schichtsverständnisundihreraktuellenPolitik.«InderaktuellenSituationwieinabsehbarerZukunftgiltdasfürdieParteiDIELINKEganzbesonders»123,betontederÄltestenrat.DasschließedurchauskritischesHerangehenandieBewertungderVergangenheitein.SowohleineDistanzierungvonfrüherenFehlentschei-dungenwieerstrechtdieVerurteilungvonUntaten,dieimNamendesSozialismusbe-gangenwurden,bliebenunverzichtbar.«NursolltemannachunsererAuffassungnichtderBenennungvonFehlerndendominierendenPlatzeinräumen.EinekritischeBewertunggeschichtlicherEreignissedarfauchnichtinVerkennungodergarbeibewussterNegierungderjeweiligenkonkretenhistorischenSitua-tionvorgenommenwerden.DagegensolltesiemitdemHinweisaufzukunftsorientierteLeh-renzumGewinnneueraktuellerErkenntnissebeitragen.»124
NachAuffassungdesÄltestenratessolltesichdasGeschichtsverständnisderParteiDIELINKEaufSchwerpunkteundvordringlichaufjeneProblemeorientieren,diejeweilsvonaktuellerBedeutunginderpolitischenAusein-andersetzungsind.VordergründigwürdensiedieGeschichtedes20.Jahrhundertsbetref-fen,indemsichmitderrussischenOktober-revolutionundihrenErgebnissenweltweitdasAnfangsstadiumeinerneuen,komplizierten
undwiderspruchsvollenEpocheinderEnt-wicklungdermenschlichenZivilisationeröff-nethabe.DieseEpocheunterlagindenJahren1989bis1991«einemtiefenUmbruch,daderZusammenbruchdeseuropäischenSozialis-musglobaleAuswirkungenhatte.WeltweitundganzbesondersauchinDeutschlandsa-hensichallelinkenKräftemitneuenBedingun-genundHerausforderungenkonfrontiert,diezusätzlichzudenüberkommenenzubewäl-tigensind.»125VonihrerBewältigunghängeesdaherweitgehendab,obauchnachdemZusammenbruchdersozialistischenStaaten-gemeinschaftinEuropadiehistorischseitlän-geremherangereifteÜbergangsperiodeinderWeltgeschichteihreFortsetzungfindenundnichtalsabgeschlossengeltenkönne.126
DerÄltestenrattratam25.September2008mitdemDiskussionspapier«DasschwedischeModellunddieprogrammatischeArbeitinderLinken»andieÖffentlichkeit,daeineReihePo-litikerderLINKENdiesesModellalsVorbildfürDeutschlandpropagierte.DerRatgingdabei
123 AnregungenzumUmgangmitderGeschichte.ErklärungdesÄltestenratsderParteiDIELINKE(16.Juli2008).URL:ht-tps://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltes-tenrates/news/anregungen-zum-umgang-mit-der-geschich-te-1/(abgerufenam08.03.2018). 124 Ebenda. 125 Eben-da. 126 Vgl.ebenda.
42—43
sehrdifferenziertzweiFragennach:Erstens.WiekönntevordemHintergrundderschwe-dischenErfahrungendieDominanzdesprivat-kapitalistischenEigentumszurückgedrängtwerden?Undzweitens:Taugtderschwedi-schebzw.skandinavischeWohlfahrtsstaatalsGegenmodellzurneoliberalenModernisierungoderalsOrientierungfüreinedemokratischeundsozialeGestaltungdesgegenwärtigenKapitalismus?DabeiverstandderÄltestenratunterdemBegriff«schwedischesModell»denerfolgreichstenmodernenWohlfahrtsstaat,wieerseitMitteder1930erJahreunter40-jäh-rigersozialdemokratischerRegierungsmachtmitsehrstarkenGewerkschaftenbiszurMitteder1970erJahreentwickeltundvoralleminderinternationalenSozialdemokratiealsBei-spieleines«demokratischenSozialismus»wirksamwurde.DerRathobhervor:«Diege-lebteDialektikvonKlassenkompromissen,ArbeiterkämpfenundAktioneneineskämpfe-rischenParlamentarismusinSchwedenbirgtwertvolle,aufzuarbeitendeErfahrungenfürdengegenwärtigen,darunterdennotwendigantikapitalistischen,EinsatzimRahmendie-serGesellschaftsordnung.EineBedingungfürdieErfolgsperiodeinSchwedenwardieVer-knüpfungvonReformarbeitfürdieVerbesse-rungderalltäglichenLebenslagederabhängigBeschäftigtenmiteinerVisionvonsozialerGleichheit.»127
DerÄltestenratbetonteandererseits:«DiewohlfahrtsstaatlichePolitikwurdeunterdenkonkretenBedingungennichtgegensondernimInteressedesProduktiv-undFinanzkapi-talsentwickelt.»128Das«schwedischeMo-dell»könneAnnahmennichtbestärken,dassInteressenanderKapitalverwertungdenenderabhängigBeschäftigtenbeiFortbestehenderherrschendenEigentumsverhältnisseammachtgebendenProduktivkapitalundVermö-genuntergeordnetwerdenkönntenundauf diese WeisederKapitalismusineinesozialisti-scheGesellschaftzutransformierenwäre.EinevorrangigeoderalleinigeprogrammatischeOrientierungaufEingriffeindieVerfügungsgewaltüberprivatesProduktiv-undGeldvermö-genwürdedergrundlegendenErfahrungmitdem«schwedischenModell»imEinsatzfürei-nendemokratischenSozialismusundfürWirt-schaftsdemokratiewidersprechen.Reformen,dienichtauchInteressenvonökonomischMächtigenuntersichänderndenBedingungenentsprechen,hättenkeinenBestand,wennsie
127 DasschwedischeModellunddieprogrammatischeAr-beitinderLinken.DiskussionspapierdesÄltestenrates(25.September2008).URL:https://www.die-linke.de/par-tei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/das-schwe-dische-modell-und-die-programmatische-arbeit-in-der-linken/(abgerufenam08.03.2018). 128 Ebenda.
nichtdurchrevolutionäre,d.h.qualitativeVer-änderungen/Reformen/Brüchegesichertwür-den.IndenprogrammatischenÜberlegungenderParteiDIELINKEseidavonauszugehen,dassdaseuropäischesozialdemokratischeSozialstaats-oderWohlfahrtsstaatsprojektderNachkriegszeit,einschließlichseinesProto-typsinSchweden,weitgehendgescheitertseiunddassseineWiedererrichtung,ErneuerungoderWandlungkeinerealistischeOrientierungfüreinesozialistischeParteiseinkönne.129
Am19.Februar2009äußertesichderÄltestenratineinemPositionspapierzumkünftigenProfilderParteiDIELINKEundzuihremPlatzinderbundesdeutschenGesellschaft.DerRatsahalsGrundliniendesParteiprofils,diezugleichalsBindegliedfürdieFlügelundver-schiedenenStrömungeninnerhalbderParteidienenkönnten,dieVerteidigungdesSozial-staates,dieLösunginternationalerKonfliktemitausschließlichfriedlichenMittelnunddenÜbergangzueinerökonomisch,sozialundökologischnachhaltigenWirtschaftspolitik.WürdedieParteidieseGrundlinienetwaals
«Preis»füreineRegierungsbeteiligungverlas-sen,bestündedieGefahr,dassdiesvonihrenAnhängernundWählernalsVerratanihrenInteressenundAnliegenwahrgenommenwürde.AusstrategischerSichtbleibefürdieZukunftdieForderungnacheinerantikapitalis-tischenAlternative.DabeikönneessichauchnachNiederlagenundgewonnenenErfahrun-genim20.JahrhundertnurumeinenSozialis-musim21.Jahrhunderthandeln.130
InHannoverberietderÄltestenratderPar-teiDIELINKEam2.April2009mitderLand-tagsfraktionderParteiinNiedersachsenundveröffentlichtedieErklärung«DieaktuelleWeltwirtschaftskriseweitetsichzueinerSys-temkriseaus».DiegegenwärtigeFinanz-undWirtschaftskrisemitihrengravierendenAus-wirkungenaufvieleBereichedesgesellschaft-lichenLebensrechtfertigenachAuffassungdesRatesunterschiedliche,zumTeilsogarkonträreLösungsvarianten.DerErnstderSi-tuationerfordereesjedoch,dassgemeinsamerarbeiteteundnachdrücklichpropagierteKonzeptetrotzunterschiedlicherAuffassungen
129 Vgl.ebenda. 130 Vgl.DIELINKE–ihrkünftigesProfilundihrPlatzinderbundesdeutschenGesellschaft.Positionspa-pierdesÄltestenrates(19.Februar2009).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/die-linke-ihr-kuenftiges-profil-und-ihr-platz-in-der-bundesdeut-schen-gesellschaft/(abgerufenam08.03.2018).
Grundlinien des Parteiprofils sollten die aus-schließlich friedliche Lösung internationaler
Konflikte und der Übergang zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Wirtschaftspolitik sein.
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undinnerparteilicherDebattenimVordergrundstehen.«AlseinganzprimäresAnliegensehenwires,dieErkenntniszuvermitteln,dassdiegegenwärtigeKriseundihreweiterdrohendeVerschärfungihreUrsacheimSystemdesKa-pitalismusundseinenWidersprüchenselbst,nichtineinzelnenFehlverhaltenoderFehlent-scheidungenvonManagernundPolitikerinnenundPolitikernhat.»131AlseinewesentlicheSchlussfolgerung–soderÄltestenrat–solltedarausabgeleitetwerden,diewirtschaftlicheunddaraussichergebendepolitischeDomi-nanzundMachtdesGroßkapitalsmitseinemspekulativenundexpansivenProfitstrebenzuGunstendesGemeinwohlszubegrenzen.132
ZurAuswertungdesBundestagswahl-Partei-tagesderLINKEN2009trafsichderÄltestenratam30.Juni2009.IneinerErklärungbegrüß-tenseineMitgliederdieErgebnissedesPartei-konvents.MitderAnnahmeeinesüberzeugen-denundrechtdetailliertenWahlprogrammsunddermanifestiertenGeschlossenheithät-tendieDelegiertendenErwartungenalljenerentsprochen,dieamstärkstenvondergegen-wärtigentiefenKriseinderBundesrepublikbetroffenseien.Jetztgeheesnichtzuletztda-rum,diesimBundestagswahlkampfdeutlichsichtbarzumachen.DerÄltestenrathieltesfürzweckmäßig,einenaufdieHauptforderungenorientierendenWahlkampfzuführen,ummitihmsowohldievielenSympathisant*innenals
auchweiterepotenzielleWähler*inneneinerwirklichalternativenPolitikzugewinnen.Wiesichzeige,werdeGeschichteimWahlkampfzumThema.DaserfordereeindeutlichesBe-kenntnisderParteiDIELINKEzueinemaus-gewogenenGeschichtsbild,dassowohlaufeinerpositivenHaltungzudenTraditionenalsaucheinerkritischenderselbenBewertungberuhenmüsse.«WirdürfendieDeutungderGeschichtenichtdenUrheberndergegenwär-tigenKrisedesKapitalismusüberlassen.»133
Am1.Oktober2009berietderÄltestenratzuFragenderJugendpolitikderParteiDIELINKEundunterbreiteteineinemDiskussionspa-pierÜberlegungenundVorschlägedazu.EineDurchsichtgrundlegenderDokumentederParteiweisedaraufhin,dassJugendpolitikinderPolitikderParteinichtdenRaumein-nehme,derihrineinerlinkenParteizukom-menmüsste.AuchinderpraktischenPolitik
131 DieaktuelleWeltwirtschaftskriseweitetsichzueinerSys-temkriseaus.ErklärungdesÄltestenratszumAbschlussseinerBeratunginHannover(2.April2009).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/die-aktuel-le-weltwirtschaftskrise-weitet-sich-zu-einer-systemkrise-aus/(abgerufenam09.03.2018). 132 Vgl.ebenda. 133 ZurAuswer-tungdesBundestagswahlparteitages2009.ErklärungdesÄltes-tenrates(30.Juni2009).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stel-lungnahmen-des-aeltestenrates/news/zur-auswertung-des-bun-destagswahlparteitages-2009/(abgerufenam09.03.2018).
derParteispieltenjugendpolitischeFragestel-lungenundProblemenureineuntergeordneteRolle.AusSichtdesRatesseiesgenereller-forderlich,diejungenParteimitgliederindieverschiedenenAktivitätenderParteientspre-chendihremWissenundKönnen,ihrenErfah-rungenaktiveinzubeziehen,ihneneigenver-antwortlicheAufgabenzuübertragen,sieandieLeitungsarbeitheranzuführenundihnenauchdieMöglichkeitzuschaffen,fürAbge-ordnetenmandatezukandidieren.NachAuf-fassungdesÄltestenratessollteihnenindenBasisorganisationen,indenKreis-undLandes-verbändendasGefühlgegebenwerden,etwasfürdieZielederPartei–unddamitfürihreeige-nen–tunzukönnen.134
ImRahmenderProgrammdebattederParteiDIELINKEbefasstesichderÄltestenratam18.Januar2010mitFragendesSozialismusim21.Jahrhundertundmitrealengesellschaftli-chenProzessenzulinkenAlternativeninderGe-genwart.UnterEinbeziehungexternenSach-verstandsbetrachteteerdazudiebestehendenRealitätenindenLändernLateinamerikas,so-wieinKubaundinderVolksrepublikChina,umimneuenParteiprogrammaucheinmodernesundzeitgemäßesVerständnisvonSozialismuszuentwickeln.IneinemPositionspapierkamerzuderSchlussfolgerung,dassDIELINKEdiein-ternationalengesellschaftlichenProzessemitgroßerAufmerksamkeitverfolgenundsieauf
ihrewesentlichenErfahrungenhinanalysierensollte.EscharakterisieredieseEntwicklungen,dassübertheoretischeErwägungenzumSo-zialismushinausinderPraxisderVersuchun-ternommenwerde,Wegedahinzubahnen.SiewürdengeradedadurchvorallemanInteressegewinnen,dasssiedieEtappedesHerankom-mensangesellschaftlicheVeränderungen,aneine«Schwelle»fürmachbareSchritteineineneueGesellschaftstärkerinsLichtrückenwür-den.DasseieinFeldmitvielenFragezeichen.ErfahrungenundVorstellungenkönntenange-sichtsderunterschiedlichenkonkretenBedin-gungenauchnichtunbesehenübernommenwerden,abergrundlegendeMöglichkeitenundStrategiensolltennachMeinungdesÄltestenratesaufihrenwesentlichenGehaltundihreTauglichkeitunterdenhiesigenBedingun-gengeprüftwerden.135
134 Vgl.ÜberlegungenundVorschlägezurJugendpoli-tikderParteiDIELINKE.DiskussionspapierdesÄltestenra-tes(1.Oktober2009).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/ueberlegungen-und-vorschlaege-zur-jugendpolitik-der-partei-die-linke/(abge-rufenam09.03.2018). 135 Vgl.Sozialismusim21.JahrhundertundrealegesellschaftlicheProzessezulinkenAlternativeninderGegenwart.PositionspapierdesÄltestenrateszurProgrammde-batte(18.Januar2010).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stel-lungnahmen-des-aeltestenrates/news/sozialismus-im-21-jahr-hundert-und-reale-gesellschaftliche-prozesse-zu-linken-alterna-tiven-in-der-ge/(abgerufenam10.03.2018).
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DiepolitischenBestrebungen,fürdieMil-lionenMenschenihreKräfteundihrLebeneinsetzenwürden,seieneswert,«unsereSo-lidaritätundUnterstützunginwesentlichhö-heremMaßealsbisherzustärken.TrotzhochanzuerkennenderInitiativenderBundestags-fraktionderLINKENbleibtdieHaltungderParteialsGanzesdazubisherblass.»136HiermüsstengemeinsammitSolidaritätsbewe-gungenIdeenfürwirksamereAktionenentwi-ckeltwerden,waszweifelsfreiderParteiauchweitereZustimmungausderBevölkerungzu-führenkönnte.DieLINKEkönneessichohneGefährdungihrereigenenIdentitätnichterlau-ben,inTendenzenderVerunglimpfungenundEntstellungendieserBewegungeneinzustim-men,diediebürgerlichenMedienpermanentofferieren.NachAuffassungdesÄltestenratessolltesie,ohnedieProblemeundSchwierig-keitenauszublenden,zumindestindenvonihrangeregtenVeröffentlichungenundErklä-rungenfüreinesachlichrichtigeInformationundklarePositionzudiesenProzessenSorgetragen.137
BeiderBundestagswahlam27.September2009hattedieParteiDIELINKEmit11,9Pro-zentderZweitstimmenihrbisherbestesWahl-ergebniserzielenkönnen.138Nacherfolgrei-chenLandtagswahlenhattesichdieParteibundesweitalsMachtfaktoretabliert.DochnachdemderPartei-undFraktionsvorsitzende
OskarLafontaineMitteNovember2009mitge-teilthatte,sicheinerKrebsoperationunterzie-henzumüssenunderstdanachzuentschei-den,wieseinepolitischeZukunftaussehenwerde,bracheineöffentlichgeführtePerso-naldebatteaus,dieinhaltlicheFragenderPo-litikderParteiindenHintergrundtretenließ.DaswarAnlassfürdenÄltestenratderParteiDIELINKE,sicham23.Januar2010ineinemPositionspapiermitgroßerSorgezurSituationinderParteizuäußern.Erkonstatierte«mitBe-fremdendieVerantwortungslosigkeiteinigerführendenGenossenmitderöffentlichgeführ-tenPersonaldebattegegenüberderParteialsGanzesundihrenAufgaben»139.Dieswiegeumsoschwerer,alsdieSituationinderWeltdesKapitalismusangesichtsderschwerstenWirtschaftskriseseitJahrzehnteneineaußerordentlicheHerausforderungfürallelinkenpolitischenKräftesei,wennesgelte,anderegesellschaftlicheVerhältnisseaufdieTagesordnungzusetzen.AnstattsichinPer-sonaldebattenundkleinkariertemPostenstreit
136 Ebenda. 137 Vgl.ebenda. 138 Vgl.DerFischerWeltal-manach2011.Zahlen,Daten,Fakten,FrankfurtamMain2010,S.149. 139 ZurSituationinderParteiDIELINKE.PositionspapierdesÄltestenrats(23.Januar2010).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/zur-situati-on-in-der-partei-die-linke/(abgerufenam12.03.2018).
zuzerfleischen,müssedieParteiihrePolitik-fähigkeiterhöhen,ernsthafteralsbisherver-suchen,dieBevölkerungfürdiealternativen,antikapitalistischenVorstellungenderLINKENbeiderVeränderungdieseskrisengeschüttel-tenGesellschaftssystemszumobilisieren.DieMitgliederdesÄltestenratesbetonten:«WirsindfüreineninhaltlichenMeinungsstreitinderPartei,aberPluralismusdarfnichtzupoliti-scherBeliebigkeitdegenerierenundpolitischeMeinungsbildungsolltenichtdemFeuilletonindenMedienüberlassenwerden.[…]EinehandlungsfähigeLinkeistnotwendig,umeineneuesozialeIdeestarkzumachen.»140
ImFrühjahr2010legtedievomParteitag2007beschlosseneProgrammkommissioneinenEntwurffürdasParteiprogrammderParteiDIELINKEvor,derdanninBasisgruppen,inspeziellenVeranstaltungenderKreiseundei-nigerLänder,inBundesarbeitsgemeinschaf-tenundinPlattformenbzw.anderenZusam-menschlüssenintensivdiskutiertwurde.Am2.September2010meldetesichderÄltestenratmiteinerErklärungzuWort,indererfüreinekonstruktiveProgrammdebatteundfür«einantikapitalistisches,einsozialistischesProfilderParteiDIELINKE»plädierte.ErsaheinganzbedeutendesZielderProgrammdis-kussiondarin,dieParteizusammenzuführen,ihreIdentitätzufestigenunddasgemeinsameProfilklarerherauszuarbeiten.
DerRatdefiniertefünfSchwerpunktefürdieweitereProgrammarbeit:(1)DievertiefendeAnalysederheutigengesellschaftlichenVer-hältnisse,«derVertiefungderallgemeinenKrisedeskapitalistischenSystems,dennsiestelltdieFundierungderGrundaussagedesProgrammentwurfsdar,dasseinSystem-wechselwegvomKapitalismusnotwendigist»141.(2)DasSozialismusverständnisderLIN-KEN.(3)DieweitereQualifizierungderBezug-nahmeaufdasGeschichtsverständnisderPar-tei.DerVersuchimOstenDeutschlands,denSozialismuszuerrichten,unddieErfahrungenderDDRwürdenzudemErbegehören,zudemsichdieLINKEbekenntunddassienichtpauschalverleumdenlassendürfe,auchwennsiesicheinekritischeSichtdarauferarbeitethabe.(4)DasProgrammmüssedieParteials
140 Ebenda. 141 FüreinekonstruktiveProgrammdebatte.ErklärungdesÄltestenrats(2.September2010).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltes-tenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/fuer-eine-konstruktive-programmdebatte/(abgerufenam12.03.2018).
In der Programmdebatte 2010 plädierte der Ältestenrat für ein antikapitalistisches, sozialistisches Profil der LINKEN, durch das die Identität der Partei gefestigt werde.
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antikapitalistischeKraftausweisen,alseinePartei,dieumeinesozialistischePerspektiveringe,alsPartei,diekonsequentfürsozialeGerechtigkeit,fürdieInteressenderMehrheitderMenschenindiesemLandekämpfe,alskonsequenteFriedenspartei.DasProgrammmüsseausweisen,wasundwelchesdieori-ginärenZielederParteiseien,wodurchsiesichvonanderenParteienundlinkenBewe-gungenunterscheide.Nursowürdedeutlich,wassieinKoalitioneneinbringenkönnebzw.womiteventuellePartnerzurechnenhätten.(5)TiefereBeachtungundAnalyseerforderedieDialektikdesNationalenunddesInterna-tionalenunterdenheutigenBedingungen.IndiesemKontextmüsseauchdaraufverwiesenwerden,dassdieParteiDIELINKEalsMitgliedderEuropäischen LinkenineuropäischerundinternationalerVerantwortungstehe.Schließ-lichwäreesimSinnederVerbindungdesHeutemitdemMorgengut,dieProgrammde-battemitdenFragendergegenwärtigenprak-tischenPolitikderLINKENzuverknüpfen.142
Am30.November2010befasstesichderÄltestenraterneutmitdemEntwurfdesPar-teiprogrammsderLINKENvom23.März2010–speziellmitdenPositionenzuStaatundRechtsordnungimEntwurf–unddiskutierteundbedachtebeiderErarbeitungseinesPosi-tionspapiersdazu,«wiestetsimÄltestenrat»unterschiedlicheErfahrungen,Auffassungen
undPositionenineinemKlimagegenseitigerAchtung.DerRatmachtedaraufaufmerksam,dassimProgrammentwurfbishereinegrund-legendeCharakteristikdergegenwärtigenStaatsmachtfehle,obwohlimgesamtenEnt-wurfStaatundRechtbeidererstrebtenUm-gestaltungderGesellschafteinewesentlicheRollezugedachtwerde.«AusdiesemDefiziterwachseneinerseitsGefahreneinerÜber-schätzungderMöglichkeiten,waslinkePolitikdurch,mitundindergegenwärtigenStaats-machterreichenkönnte,undandererseitsGe-fahreneinerUnterschätzungihrersystemsi-cherndenundrepressivenFunktionen.»143DerÄltestenratgabzubedenken,dasswesentli-cherGehaltundNormendesGrundgesetzes,vorallemseinewirtschaftspolitischeNeutra-lität,aufUmwegenüberdieEUzunehmendunterhöhltwürden.DieEuropäischeUnionsei–andersalslautGrundgesetzdieBundes-republik–aufeineneoliberaleWirtschaftspoli-tikfestgelegt.144
142 Vgl.ebenda. 143 ÜberdenStaatunddieRechtsordnungimEntwurfdesParteiprogrammsderLINKENvom23.März2010.StellungnahmedesÄltestenrates(30.November2010).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltesten-rates/news/ueber-den-staat-und-die-rechtsordnung-im-ent-wurf-des-parteiprogramms-der-linken-vom-23-maerz-2010-1/(abgerufenam14.03.2018). 144 Vgl.ebenda.
IneinerErklärungdesÄltestenratesderParteiDIELINKEmitdemTitel«DerSozialismusistim21.JahrhundertAnspruchunsererZeit»vom20.Januar2011setztesichdasGremiummit«hysterischenReaktionen»aufdenArti-kelderParteivorsitzendenGesineLötzschinder«JungenWelt»vom3.Januar2011über«WegezumKommunismus»145auseinander.NachAuffassungdesRateswürdendieseRe-aktionenaufAusgrenzungundDiffamierungderLinkenundihreraufsozialeGerechtigkeitundFriedengerichtetenPolitikzielen.Anti-kommunistischeVorbehalteinderbundes-deutschenGesellschaftwürdengeschürt,umdielangfristigeOrientierungderParteiDIELINKEaufeinendemokratischenSozi-alismus,aufdieuntrennbareEinheitvonSo-zialismusundFreiheitzuverunglimpfen.DerÄltestenratzeigtesichindiesemZusammen-hangüberzeugt:«DerKapitalismusistnichtdasEndederGeschichte!»146
Am28.April2011schätztederÄltestenratimRahmenderProgrammdiskussion147dieinter-nationaleLageeinundformulierteHerausfor-derungenfürdieParteiDIELINKEalsinternati-onalistischePartei.Erkonstatierte,dassesmitderZerstörungderUdSSR,derNiederlagedesSozialismusinEuropazueinergrundlegendenVeränderungdesinternationalenKräftever-hältnissesgekommensei,zueinemzivilisatori-schenRückschlagimRingenumeinebessere,
gerechtere,friedlichere,ausbeutungs-undunterdrückungsfreieWelt.Anstelleeinermi-litärstrategischenParität,einerBipolarität,seizunächstdieDominanzderUSAundderNATOgetreten.InderFolgezeitseienneueKraftzen-trenwieChina,Indien,Brasilienentstanden.DerÄltestenratstelltefest,dasssichzwareinemultipolareWeltherauszubildenbegann,je-dochseienvorallemmehrereimperialistischeMachtzentrenentstanden,dieinKonkurrenz,gemischtenBündnissenundKonfliktenmit-einanderverbundenseien.DieLINKEmüssesichaufjäheWendungeninderEntwicklungderWeltlageeinstellen.NatürlichwürdendieLinkenwieauchandereprogressiveKräftedenKampfumgesellschaftlicheVeränderungeninersterLinieimnationalenRahmenführen.An-gesichtsderglobalisiertenWeltwerdedieserKampfjedochumsoerfolgreichersein,jemehr
145 SteindesAnstoßeswarderSatzimArtikel:«DieWegezumKommunismuskönnenwirnurfinden,wennwirunsaufdenWegmachenundsieausprobieren,obinderOppositionoderinderRegierung.»(GesineLötzsch:WegezumKommunismus.In:jungeWelt,Berlin,03.01.2011). 146 DerSozialismusistim21.JahrhundertAnspruchunsererZeit.ErklärungdesÄltesten-ratesderParteiDIELINKE(20.Januar2011).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/der-sozialismus-ist-im-21-jahrhundert-anspruch-unserer-zeit/(abgerufenam15.03.2018). 147 DasProgrammderParteiDIELINKEwurdedannaufdemErfurterParteitagam23.Oktober2011beschlossen.
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esgelinge,ihnüberdieLändergrenzenhinauszuinternationalisieren.148
ImFrühjahr2011wardieParteiDIELINKEineineschwierigeSituationgeraten.Personal-debattenwurdenindenMedienausgetragenundvermittelteninderÖffentlichkeiteinBildderZerrissenheitderPartei.Esgabeinewach-sendeUnzufriedenheitderMitglieder,weildieStellungnahmenundErklärungenderFüh-rungsgremienoffeneundehrlicheAntwortenaufdieentstandeneSituationvermissenlie-ßen.DieschlechtePerformancederbeidenParteivorsitzendenGesineLötzschundKlausErnst,diedieKritikunterschiedlicherStrömun-genundGruppierungeninderParteiaufsichzogen,löstedenRufnacheinemSonderpar-teitagzurvorzeitigenWahleinerneuenPartei-spitzeaus.149
IndieserSituationrichtetederÄltestenratam5.Mai2011einenOffenenBriefandieMit-gliederderLINKENundfordertesieauf,jedenTagzuzeigen:«DiesistmeinePartei!»DerRatdrückteseineSorgenumdieParteiaus,dieindieserbundesrepublikanischenGesellschaftunersetzbarsei.Erhobhervor,dassdieMit-gliedervorallemvondenFührungsgremienderParteierwartenwürden,dasssiebeiallerberechtigtenHervorhebungundBetonungvonErfolgenMisserfolgenichtkleinreden,sichmitihnenkritischundselbstkritischaus-einandersetzenunddamitdergesamtenPartei
OrientierungfürdieweitereArbeitgeben.DerGeschäftsführendeVorstandderLINKENhabezwaram20.April2011dazuaufgefordert,die«DebatteüberdasFührungspersonalsoforteinzustellen»,abereshättedeutlichgesagtwerdenmüssen,dasshinterdieserDebatteinWirklichkeitunterschiedlicheAuffassungenzurPolitikderPartei,zurProgrammatikundauchzuganzaktuellenProblemenstünden.IneinerpluralistischenParteiseienunterschied-licheAuffassungennormal;eskämeaberdar-aufan,dieDiskussionendarübersozuführen,dasssiedazubeitrügen,gemeinsameGrund-positionenzuerarbeiten,diedaspolitischeProfilderParteibestimmen.Daszubeschlie-ßendeProgrammmüsseauchfürAußenste-hendedeutlichmachen,welchesdas«Allein-stellungsmerkmal»derLINKENsei.150
148 Vgl.[ÄltestenratderParteiDIELINKE]:ZurEinschätzungdergegenwärtigeninternationalenLage.HerausforderungenfürdieParteiDIELINKEalsinternationalistischePartei(28.April2011).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissi-onen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-ael-testenrates/news/zur-einschaetzung-der-gegenwaertigen-inter-nationalen-lage/(abgerufenam15.03.2018). 149 Vgl.EckhardJesse/JürgenP.Lang:DIELINKE–einegescheitertePartei?,München2012,S.161/162. 150 Vgl.JedesMitgliedsollteje-denTagdemonstrieren:DiesistmeinePartei!OffenerBriefdesÄltestenratesandieMitgliederderPartei(5.Mai2011).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltes-tenrates/news/jedes-mitglied-sollte-jeden-tag-demonstrie-ren-dies-ist-meine-partei/(abgerufenam15.03.2018).
Am11.Oktober2011wandtesichderÄltestenratmiteinemBriefandieDelegiertender2.Tagungdes2.ParteitagesderParteiDIELINKE,dervom21.biszum23.Oktober2011inErfurtbevorstandunddessenTages-
ordnungdieVerabschiedungdesneuenErfur-terProgrammsderParteisowieSatzungsän-derungenvorsah.Erforderte,dieinsgesamtgeringerwerdendeAkzeptanzderPolitikderParteibeidenBürgerinnenundBürgern,wiediesdieWahlergebnisseinsbesondereinBer-linsignalisierthatten,gründlicherzuanalysie-ren.DiesgelteinsbesonderehinsichtlichderProblematikRegierungsbeteiligung,derstra-tegischenAbhängigkeitvomKoalitionspart-nersowiederDurchsetzungsfähigkeiteigenerZielstellungenlinkerPolitik.Esseidringendgeboten,aufdemParteitageineoffensiveundkämpferischeHandlungsorientierungzuge-ben,mitderWählerzurück-undneugewon-nenwerdenkönnten.MitderVerabschiedungdesProgrammswerdediestrategischeOrien-tierungfürDIELINKEgegeben.Dieseseivon
allenMitgliedernundGruppeninnerhalbderParteialsGrundlagefürdiepraktischepoliti-scheArbeitanzuerkennenundzupraktizieren.DerRatbetonte:«DIELINKEkannnurstärkerwerden,wennsiesichnichtweitermitsich
selbstbeschäftigt,sondernselbst-bewusstihrenantikapitalistischen,aufeinendemokratischenSozia-lismusgerichtetenKurshält.DIELINKEmusssichals»ParteifürdenAlltag«undzugleichalsParteimitklarersozialistischerPerspektivebeweisen!»151
AufdemErfurterParteitagimOktober2011wurdeindieSatzungderParteiDIELINKEerst-malsinden§20alsAbsatz7aufgenommen,dassderParteivorstandalsKonsultationsgre-miumeinenÄltestenratberuft:«DerÄltesten-ratberätauseigenerVerantwortungoderaufBittedesParteivorstandeszugrundlegendenundaktuellenProblemenderPolitikderPartei.ErunterbreitetVorschlägeoderEmpfehlungenundbeteiligtsichmitWortmeldungenander
151 AndieDelegiertender2.Tagungdes2.ParteitagesderPar-teiDIELINKE.BriefdesÄltestenrates(11.Oktober2011).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltesten-rates/news/an-die-delegierten-der-2-tagung-des-2-parteitages-der-partei-die-linke/(abgerufenam16.03.2018).
Auf dem Erfurter Parteitag wurde in die Satzung erstmals als eigenständiger Absatz aufgenommen, dass der Parteivorstand als Konsultationsgremium
einen Ältestenrat beruft.
52—53
parteiöffentlichenDebatte.»152Indienachfol-gendenFassungendesStatutsderParteiDIELINKEvomJuni2012,vomJuni2013undvomMai2014sowieindieaktuelleSatzungvomJuni2015wurdediePassagegleichlautendübernommen.VorherfandderÄltestenratimStatutkeineErwähnung.DerÄltestenratbe-schlossinseinerSitzungam15.Dezember2011eineSatzungdesRates,dieinderSit-zungdesGeschäftsführendenParteivorstan-desam21.Januar2012bestätigtwurde.153
InseinerBeratungam15.Dezember2011,indersichderRatauchmitdenErgebnissendesErfurterParteitagesbeschäftigte,würdigtederÄltestenratdieVerabschiedungdesPar-teiprogrammsalseinewichtigeEtappeinderEntwicklungderParteiundalsunverzichtbareGrundlagefürihrzukünftigesWirken.ObwohldieMitgliederanderBasisineinerArt«Auf-bruchstimmung»konkreteBeschlüssedesParteivorstandesundderLandesvorständezurUmsetzungdesProgrammserwartethätten,habenachdemParteitageineneueRundederPersonaldebatteundzurFrageeinesmögli-chenMitgliederentscheidsdarüberbegonnenunddamitdasProgrammalsErrungenschaftderganzenParteiindenHintergrundgedrängt.DerÄltestenratverlangtedahereindurchdach-tesKonzeptzurpolitischenBildung,dasinhalt-licheSchwerpunktezurwissenschaftlich-the-oretischenFundierungdesParteiprogramms
undzuaktuellenFragenderkapitalistischenEntwicklunginDeutschlandundinderWeltsowiepraktischeWegezuihrerRealisierungausweist.Erbetonte,dassderpluralistischeCharakterderParteifürdenErfolgdesZu-sammengehenslinkerKräfteunabdingbarsei.Pluralismusbraucheabereinsolideswissen-schaftlichbegründetesFundament.«OhneeinsolchesbestehtdieGefahrderBeliebigkeitunddesEntstehensvonpolitischenIllusio-nen»154,warntederRat.IneinemBriefvom10.Mai2012andieDe-legiertender1.Tagungdes3.ParteitagesderParteiDIELINKEinGöttingenbeklagtederÄltestenrat,dassdasinErfurtbeschlosseneProgramminderVorbereitungdesGöttingerParteitagesimLebenderParteiindenver-gangenenMonatenkaumeineRollespielte.DerRatmachteerneutaufdieNotwendigkeit
152 BundessatzungderParteiDIELINKE[FassungvomOkto-ber2011].URL:https://www.die-linke.de/fileadmin/download/grundsatzdokumente/bundessatzung/fruehere_fassungen/die_linke_bundessatzung_erfurt2011.pdf(abgerufenam28.02.2018). 153 Vgl.DIELINKE.:DerÄltestenratderParteiDIELINKE,a.a.O. 154 DasProgrammalsErrungenschaftdergan-zenParteiwurdeindenHintergrundgedrängt.ÜberlegungenausderBeratungdesÄltestenrates(15.Dezember2011).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltes-tenrates/news/das-programm-als-errungenschaft-der-ganzen-partei-wurde-in-den-hintergrund-gedraengt/(abgerufenam16.03.2018).
derAnalysedervorgefundenenVerhältnissefüreineerfolgreichePolitikaufmerksamundverwiesdarauf,dassdielanganhaltendeWirtschaftskriseunddieDiktaturdesFinanz-kapitalsüberdasgesellschaftlicheLeben,gekoppeltmiteinemgravierendensozialenVerfallundrigorosenDemokratieabbauindeneuropäischenStaateneinenErosionsprozessdeseuropäischenkapitalistischenIntegrati-onsgebildeseingeleitethätten.LinkeKräfteundkämpferischeGewerkschaftsorganisati-oneninEuropahättenaufdieangespannte,krisenhafteSituationderEuropäischenUnionmitvielfachenAktivitätenundKampagnenreagiert.DasverpflichteauchDIELINKEalssozialistischeParteimitallerKraft,durchprä-ziseAnalysenderWeltlageihreninternationa-listischenCharakterstärkerauszuprägenundanknüpfendandemokratischeundsozialeTraditioneninEuropaineinembreitenZusam-menwirkenmitdemokratischenStrömun-genaufnationalerundinternationalerEbenedieFrontderLinkeninEuropazustärken.Esgeltezugleichkonstruktivundvorallempo-litischwahrnehmbarsozuagieren,dassdieprogrammatischenZielstellungenderLINKENfüreinegrundlegendeUmgestaltungderEUüberzeugendwirksamwerdenkönnten.DerÄltestenratunterstrich:«UnsereForderungnacheinemNeustartderEUalseinedemokra-tische,soziale,ökologischeundFriedensunion
sollteinderÖffentlichkeitalsunsernationalerBeitragzurinternationalenSolidaritätgewertetwerden.DieFrontderLinkenkannihreStärkenuringemeinsamenBündnissen,imDialogundschließlichingemeinsamensozialenundpolitischenKämpfengewinnen.»155
DerÄltestenraterinnertedaran,dassdiedeut-scheLinkeeinenweitenWegmitHöhenundTiefeninsozialenKämpfenundrevolutionärenProzessengegangenist.SiehabeChancengenutztundChancenverspielt.«NochhabenwirdieChance,mitdemneuenErfurterPro-grammeinenWechselderPolitikzuerkämp-fenundeinenWandeldergesellschaftlichenVerhältnisseanzustreben.Wennwirsieheuteverspielen,wirdesJahrzehntedauern,ehesicheineneuesozialistischeLinkeformiert»156,warntederÄltestenrat.UnderappellierteandieDelegierten:«DieParteibrauchteineOri-entierungzurStärkungderPartei,eineFüh-rung,diekonsequentzurVerwirklichungdesProgrammarbeitet,konstruktiveDiskussionenbefördert,aufeinheitlichesHandelnorientiert,umdieParteiausderjetzigenschwierigenSi-
155 AndieDelegiertender1.Tagungdes3.ParteitagesderParteiDIELINKE.BriefdesÄltestenrates(10.Mai2012).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltesten-rates/news/an-die-delegierten-der-1-tagung-des-3-parteitages-der-partei-die-linke/(abgerufenam16.03.2018). 156 Ebenda.
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tuationzuführen.Esgehtdarum,einebreiteZustimmunginderGesellschaftfürunsereZielezugewinnen.»157
Aufder1.Tagungdes3.ParteitagesderLIN-KENinGöttingenam2.und3.Juni2012,aufdemsichostdeutschePragmatikerundwest-deutscheRadikaleinderpolitischenAusrich-tungderParteiwieinderEntscheidungüberdieWahlderneuenParteivorsitzendenunver-söhnlichgegenüberstanden,wurdedieWahlderneuenParteiführungzurZerreißprobe.DerVersuchOskarLafontaines,nocheinmaldieParteiführungzuübernehmen,misslang.SchließlichwähltederParteikonventdiezurEmanzipatorischen Linkenzählendeostdeut-scheBundestagsabgeordneteKatjaKippingunddenwestdeutschenGewerkschafterBerndRiexingeralsNachfolgerderbeidenglücklosenVorsitzendenGesineLötzschundKlausErnstandieParteispitze.158
ZuvorhatteGregorGysi,derFraktionsvorsit-zendederLINKENimBundestag,angesichtsdersichzumTeilhasserfülltgegenüberstehen-denFlügelerklärt:«EntwederwirsindinderLage,einekooperativeFührungzuwählen,diedieParteiintegriertunddieorganisiert,dasswirinersterLiniewiederpolitischwahrgenom-menwerden,vondenBürgerinnenundBür-gern,vondenMedien,vondenanderenPar-teien.[…]OderaberwirsinddazunichtinderLage,wasbedeutete,dassdieGruppeAnun
dochdieGruppeBbesiegtoderdieGruppeBdieGruppeA.FürdenFallsageichEuchoffen:Dannwäreessogarbesser,sichfairzutrennenalsweiterhinunfair,mitHass,mitTricksereien,mitüblemNachtretenundDenunziationeineinjederHinsichtverkorksteEhezuführen.»159GysisdramatischeRedehattewieeinreinigen-desGewittergewirkt.ÜberdieErgebnissedesParteitagesderLIN-KENinGöttingenberietderÄltestenratam28.Juni2012unterTeilnahmederneuenKo-VorsitzendenderPartei,KatjaKipping.VomÄltestenraterhofftesiesich«kritischeBeglei-tung»undforderteihnauf,sichanderErar-beitungdesBundestagswahlprogrammszubeteiligen.DerÄltestenratstelltefest,dassdievondenverschiedeneninderParteivertrete-nenunterschiedlichenPositionen,dievordemParteitagundaufdemParteitagaufeinanderpralltenundz.T.sogarzupersönlichenVer-letzungengeführthätten,mitdenBeschlüs-
157 Ebenda. 158 Vgl.AertvanRiel:LINKEprobierteinenBurg-frieden.KatjaKippingundBerndRiexingeraufeinemParteitagmitverhärtetenFrontenalsSpitzenduogewählt.In:NeuesDeutschland,Berlin,04.06.2012,S.1;UweKalbe:DasGespenst,dasziemlichrealist.InGöttingenwurdevermieden,diePolarisie-rungaufdieSpitzezutreiben.In:ebenda,S.2;DerneueFischerWeltalmanach2013.Zahlen,Daten,Fakten,FrankfurtamMain2012,S.131. 159 GregorGysi:WichtigfürdieMenschen[RedeaufdemParteitagderLINKENam2.und3.Juni2012inGöttin-gen].In:Disput,Berlin,2012,Juni,S.25.
sendesParteitagesnichteinfachvomTischseien.DiepolitischenAuseinandersetzungenseienkeinesfallseinStreitzwischenOstundWest.DerRatwollemitseinenMöglichkeitenauchweiterhindazubeitragen,dassdiepoliti-schenAuseinandersetzungeninsachlicherArtundWeiseundinsolidarischerAtmosphärezumNutzenfürdieWirksamkeitderGesamt-parteiausgetragenwerden.Erbetonte,dassdieGrundlagedesWirkensderParteidasinEr-furtverabschiedeteProgrammseinundblei-benmüsse.160
Am6.September2012beschäftigtesichderÄltestenratgemeinsammitdemBundesge-schäftsführerMatthiasHöhnmitderEntwick-lungunddenErgebnissenderArbeitderParteiseitdemGöttingerParteitagundtauschtesichvorallemzudenSchlussfolgerungenfürdieVorbereitungderBundestagswahl2013aus.DerRatdiskutiertezudemaufderGrundlageeinesVortragesvonProf.Dr.MichaelBrievonderRosa-Luxemburg-StiftunginsbesondereAlternativenzuraktuellenPolitiksowiezupo-litischenProjektenderStiftung.Übereinstim-mendseifestgestelltworden,dassdieErgeb-nissedesGöttingerParteitagesGrundlagefür
eineweitereerfolgreicheEntwick-lungderParteiundihraktivesEn-gagementinderbundesdeutschenGesellschaftdarstellen.VonGöttin-genseidasSignalausgegangen:
DieParteiDIELINKEbleibeeineeinheitlichegesamtdeutschelinkePartei!DerÄltestenratkritisierteindiesemKontextdieVeröffentli-chungdesBriefesderostdeutschenLandes-undFraktionsvorsitzendenanKatjaKippingundBerndRiexingerinderPresse,indemsieihreErwartungenfür«mehrRespekt»ihnengegenüberzumAusdruckgebrachthatten.DieseVeröffentlichunghabedemAnliegenge-schadet,dengemeinsamenKampfallerLan-desverbändeinOstundWestinsZentrumzurückenundeinenlinkenDialoginnerhalbderParteiundeinenDialogderParteiDIELINKEmitallenLinkeninDeutschlandundderEuropäischen Linkenzuentwickeln.161
160 Vgl.HoffnungsvolleErgebnissedesParteitages.Informa-tionübereineBeratungdesÄltestenrates(28.Juni2012).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltes-tenrates/news/hoffnungsvolle-ergebnisse-des-parteitages/(abgerufenam16.03.2018). 161 Vgl.DieParteiDIELINKE–120TagenachGöttingenInformationübereineBeratungdesÄltestenrates(6.September2012).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/die-partei-die-linke-120-tage-nach-goettingen/(abgerufenam16.03.2018).
Vom Göttinger Parteitag ging für den Ältestenrat das Signal aus: DIE LINKE bleibt eine einheitliche
gesamtdeutsche linke Partei!
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Am13.Dezember2012berietderÄltestenratüberdieEntwicklungderParteiDIELINKEseitdemGöttingerParteitagundüberdieWahlen2013.ImJahr2013werdesichentscheiden,soderRat,obinderBundesrepublikDeutschlandweiterhineinekonservativ-liberaleKoalitionMerkel/RöslerdasSagenhabe.ErforderlichseiabernichteinfacheinKoalitionswechsel,son-derneingenerellerRichtungs-undPolitikwech-sel.UndderseiohnedieLinkenichtrealisier-bar.DieParteiDIELINKEstehealsovorgroßenHerausforderungen.DieLinkebrauchedahereinefundierteAnalysederpolitischenWeltlageunddergesellschaftlichenRealitätvoralleminDeutschland.NuraufeinersolchenGrund-lagekönnesieihreeigenenPositionenmitei-nerüberzeugendenstrategischenOrientierungentwickelnundsieindenaktuellenpolitischenKämpfenvertretenunddamitdeutlichmachen,wofürdieLinkeinderheutigenSituationstehe.NichtzuletztwürdendamitauchVorausset-zungengeschaffen,dassStimmeneinerbrei-terenBevölkerungsschichtindenWahlenzumLandtaginNiedersachsenimJanuar2013,zumBundestagimHerbstdesJahres2013undzumEuropäischenParlament2014gewonnenwer-denkönnten.EsgelteindiesemKontext,denProzessderEntwicklungundStärkungderEuropäischen Linkenzielstrebigzufördernundda-beidieWahlenzumEuropaparlamentimJahr2014stärkerinsBlickfeldzurücken.162
ImMittelpunktderBeratungdesÄltestenratesam7.März2013standeinBerichtdesVorsit-zendendesLandesverbandesNiedersachsenderParteiDIELINKE,ManfredSohn,überUr-sachenundErkenntnisseausderWahlnieder-lageimJanuar2013.163Erbetonte,dassdieMitgliederdesLandesverbandeseinensehraktivenWahlkampfgeführthätten,dervonan-derenLandesverbändesehraktivunterstütztwordensei.Wiesichjedochzeigthabe,wür-denkurzfristige,wahltaktischeManövernichtzumErfolgführen,wennnichtlängerfristigeinklarespolitischesProfilderParteiausgeprägtsei.DerGöttingerParteitaghabedenStreitinderParteizwarnachaußenberuhigt.AberdiewesentlichenstrategischenFragenseiennichtgelöst.EsfindekeinewirklicheDebatte
162 Vgl.DieEntwicklungderParteiDIELINKEseitdemGöttin-gerParteitagunddieWahlen2013.ErklärungdesÄltestenratesvonseinerTagungam13.Dezember2012.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/die-entwicklung-der-partei-die-linke-seit-dem-goettinger-partei-tag-und-die-wahlen-2013/(abgerufenam16.03.2018). 163 DerÄltestenratderParteiDIELINKEveröffentlichtedieThesenvonManfredSohnam11.März2013alseigenständigesDokument.Vgl.LehrenausNiedersachsen.NachträglichverschriftlichteDiskussionsthesenzumEinstiegindieBeratungdesÄltesten-rates–vonDr.ManfredSohn,LandesvorsitzenderinNieder-sachsen.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnah-men-des-aeltestenrates/news/lehren-aus-niedersachsen/(ab-gerufenam16.03.2018).
umdieFragederEigenständigkeitderParteigegenüberSPDundBündnis 90/Die Grünen,umdieFragederZugehörigkeitzueinemrot-rot-grünenLager,umdasVerhältniszukurz-,mittel-undlangfristigenZielenundumdieFragederOppositions-oderRegierungsrollealsgegenwärtigangemessenemPlatzdieserParteistatt.DerÄltestenratvertratdieAuffas-sung,dassdieinhaltlichenDebattenvorallemvorOrtinderParteigeführtwerdenmüssten,damiteinpolitischerWahlkampfauchbreiteWählerschichtenerreichtunddieStammwäh-lerschaftstärkt.164
Am7.Mai2013beschäftigtesichderÄltestenratmitdemThema«Mitregieren–einLern-prozessfürdieLinke?».DemlageneineAus-arbeitungvonEdeltrautFelfeunterdieserÜberschriftsowieeineEinschätzungvonHelmaChrenko«LinksregierungeninLatein-amerika–ErrungenschaftenundoffenePro-bleme»zugrunde.165ZugleichverständigtensichdieMitgliederdesÄltestenratesaufdie-serBeratungmitBlickaufdiebevorstehen-denBundestagswahlenimHerbst2013überdieaktuelleSituationinderParteivordemDresdnerParteitag.DieMitgliederdesRatesäußertenZweifel,obdieParteialsGanzezur-zeitsoaufgestelltundgeführtwerde,dasssiedenaktuellenAnforderungeninderjetzigenPhasederVorbereitungderBundestagswahlgewachsensei.IhreMedienwirksamkeitsei
zugering.DieSpitzenkandidatenmüsstenals«GesichtderPartei»jeweilsfürdieganzePar-tei(nichtnurfüreinSpezialgebiet)stehenundwirksamwerden.VorallemSPDundBündnis 90/Die GrünenwürdenmitlinkenThemenversuchen,derLINKEN«dasWasserabzugra-ben»,einVorgang,aufdendieParteiführungschnellerundpolemischerhättenreagierenmüssen.«MitSorge»beobachtetederÄltestenratauch,dassdieVeröffentlichungdesWahlprogramm-EntwurfskaumeinebreiteDebatteinderPartei–geschweigedenninderÖffentlichkeit–zurFolgegehabthabe.Alldaszusammengenommenließihnzuder
164 Vgl.FürkritischeAnalysenundkonstruktiveSchlussfol-gerungen.MitteilungüberdieBeratungdesÄltestenratesam7.März2013.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteis-truktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stel-lungnahmen-des-aeltestenrates/news/fuer-kritische-analy-sen-und-konstruktive-schlussfolgerungen/(abgerufenam16.03.2018). 165 DerÄltestenratveröffentlichtebeideMate-rialiennachEinarbeitungwichtigerDiskussionsergebnisseimInternet.Vgl.Mitregieren–einLernprozessfürdieLinke?Aus-arbeitungvonEdeltrautFelfefürdieBeratungdesÄltestenrates(7.Mai2013).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruk-tur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnah-men-des-aeltestenrates/news/mitregieren-ein-lernprozess-fu-er-die-linke/(abgerufenam16.03.2018);LinksregierungeninLateinamerika–ErrungenschaftenundoffeneProbleme.BeitragvonHelmaChrenkofürdieBeratungdesÄltestenrateszumThe-ma«Mitregieren–einLernprozessfürdieLinke?»(7.Mai2013).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissi-onen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-ael-testenrates/news/linksregierungen-in-lateinamerika-errungen-schaften-und-offene-probleme/(abgerufenam16.03.2018).
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Schlussfolgerungkommen,dass«einRuck»durchdieParteigehenmüsse–undzwargründlich.EsgelteindenWochendesWahl-kampfesdasProfilderParteialsdiejenigedersozialenGerechtigkeit,desFriedensunddeskonsequentenKampfesgegenRassismus,FremdenfeindlichkeitundNeofaschismusunddiedarausresultierendenzentralenInhalteindasZentrumdespolitischenHandelnszurü-cken.166
ErneutbeschäftigtesichderÄltestenratam8.August2013mitdemWahlkampfzurBun-destagswahlundmitderFrage,wieDIELINKEdafüraufgestelltsei.DerRathobzunächstdieBedeutungderBundestagswahlen2013fürdenweiterenWegderBundesrepublikDeutschlandhervor.DieWeltwirtschaftskrisebildedenvorläufigenHöhepunkteineräußerstkrisenhaftenEntwicklungsphasedesKapita-lismusmitbesondersvielensozialenVerwer-fungen.DagegenwachseweltweitderWider-stand.AuchdieKrisederEuropäischenUnionspitzesichzu.DieökonomischschwächerenLänderwürdeneinenhohenPreisfürdiePo-litikdersogenanntenTroikazahlen.ImmermehrMenschenwürdeninsElendgestürztundgrundlegendedemokratischeRechteau-ßerKraftgesetzt.DiesePolitikwürdevoralleminBerlinvonderdeutschenBundesregierungkonzipiertunddurchgesetzt.IndieserSitu-ationhättendieErgebnissederBundestags-
wahlinDeutschlandweitüberdiesesLandhi-nausgehendeBedeutung.DieVerantwortungderParteiDIELINKEseideshalbgroß,eingu-tesErgebniszuerreichen.167
ZugleichsahderÄltestenratallerdingsnichtwenigeinhaltlich-politischeProbleme,dieimAlltagdesWahlkampfesunddarüberhin-ausaufdieParteizukommen.SowerdedasMarkenzeichen«SozialeGerechtigkeit»derLINKEN–wennauchinkonsequent–vonal-lenanderenParteienebenfallsthematisiert.DIELINKEdürfedasThema«Europa»trotzkontroverserDiskussioninihrenReihennichtausdemBundestagswahlkampfausklam-mern–nichtzuletztdeshalb,weil2014Euro-pawahlenanstünden.DieParteimüssedeut-lichmachen,dasssiedieEuropäischeUnionwill,abereineandere,einebessere,eine,diefürsozialeGerechtigkeitinallenLänderndesKontinentsstehe.Dafürbedürfeeseiner
166 Vgl.DieaktuelleSituationinderParteivordemDresdnerPar-teitag.BriefdesÄltestenratesandenParteivorstand(7.Mai2013).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissio-nen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltes-tenrates/news/die-aktuelle-situation-in-der-partei-vor-dem-dresd-ner-parteitag/(abgerufenam16.03.2018). 167 Vgl.WieweiterimWahlkampfzurBundestagswahl?FüreinestarkeLinke!ErklärungderBeratungdesÄltestenrates.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/wie-wei-ter-im-wahlkampf-zur-bundestagswahl-fuer-eine-starke-linke/(abgerufenam17.03.2018).
starkenEuropäischen Linken.NachMeinungdesÄltestenratessolltezudemweitereineReihevonFragengeklärtwerden,dieinderProgrammdebatteeineRollegespielthätten.DasbeziehesichaufFragendesProfilsunddesCharaktersderParteialsPartei des Demokratischen Sozialismus,aufihreStellungundFunktioninderbundesdeutschenkapitalisti-schenGesellschaft,aufihrVerhältniszuWelt-anschauungundzurmarxistischenTheorie,zumGeschichtsbildundzurinternationalenSolidarität.168
Am10.Oktober2013wertetederÄltestenratdieErgebnissederBundestagswahlvomSeptember2013ausundlenktedenBlickaufdieHauptaufgabendesWirkensderLINKENindennächstenJahren.DIELINKEhabemit8,6ProzentbeiderBundestagswahleinacht-baresErgebniserreicht,konstatiertederÄltestenrat.AndiesemAchtungserfolghättendieMitgliedermitihremengagiertenWahlkampfindenneuenundindenaltenBundesländerngleichermaßenAnteil.DerWiedereinzugderLINKENindenHessischenLandtagseieinwichtigesSignaldafür,dassdie«Tendenz»zurLiquidierungderLINKENindenLandta-genderwestdeutschenFlächenländerge-stopptwordensei.DerRatverwiesandieserStelleaufeinenentsprechendenBeitragvonManfredCoppik.169BeiallerFreudedarüber,dassdieParteialsdrittstärksteKraftinden
Bundestageinziehe,würdendieErgebnisseaberauchernsteProblemesignalisieren.DerÄltestenratverlangte,dassderVerlustvonca.1,4MillionenStimmenundderMehrzahlderDirektmandatenichtleichtgenommenwer-dendürfeundaufseineUrsachenhingründ-lichunddetailliertuntersuchtwerdenmüsse.Wennesnichtgelinge,dieeigenenMängel,SchwächenundFehlerzuanalysieren,würdenderParteiSchlussfolgerungenfürnotwendigeVeränderungenfehlen.170
FürdieBestimmungderGrundrichtungundderinhaltlichenSchwerpunktedespolitischenWirkensderParteiindenkommendenJah-renseieineüberdieWertungderstatistischerfasstenErgebnissehinausgehendeAnalysederWahlergebnisseunddesgesellschaftli-chenZustandsinderdeutschenGesellschaftdringenderforderlich.DieRolleDeutschlands
168 Vgl.ebenda. 169 DerÄltestenratpubliziertedenBeitragvonManfredCoppikimInternet.Vgl.ManfredCoppik:AnmerkungenzurDiskussionderWahlergebnissevom22.September2013(10.Oktober2013).URL:https://www.die-linke.de/partei/partei-struktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellung-nahmen-des-aeltestenrates/news/anmerkungen-zur-diskussi-on-der-wahlergebnisse-vom-22-september-2013/(abgerufenam17.03.2018). 170 Vgl.DasWahlergebnisundworaufsichDIELINKEindennächstenJahrenkonzentrierensollte!Erklä-rungdesÄltestenrates(10.Oktober2013).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/das-wahlergebnis-und-worauf-sich-die-linke-in-den-naechs-ten-jahren-konzentrieren-sollte/(abgerufenam17.03.2018).
60—61
iminternationalenundimeuropäischenKon-text(EuropäischeUnion)dürfedabeinichtaus-geklammertwerden.Vorallemmüssebeach-tetwerden,dassdieBundestagswahlendenstärkstenRechtsruckseit1990angezeigthät-ten.FürdieParteiDIELINKEgelteesjetztnachderBundestagswahl,sichaufdie«neuen»Realitäteneinzustellen.Daserforderenichtzu-letzt,denKonsolidierungsprozessfortzusetzenunddabeidaspolitischeProfilderParteiaufderGrundlagedesErfurterProgrammsweiterauszuprägen.DerÄltestenratforderte,dasssichdieParteivollalsOppositionskraftimPar-lamentundimaußerparlamentarischenRaumprofilierenmüsse.Erbetonte:«Wirverstehenunsnichtals»RegierungsparteiimWarte-stand«!»171
DerÄltestenraterinnertedaran,dasszudenumstrittenenFrageninderParteidasVerhält-niszurEuropäischenUniongehöre:«Diebe-vorstehendenEuropawahlenerfordern,dasssichdieParteialsGanzesintensivderEuropä-ischenUnionundihrenpartnerschaftlichenBeziehungenzudenanderenStaatenEuropaszuwendetunddabeiihreprinzipielle Kritik am Charakter, am gegenwärtigen Zustand und an der aktuellen Politik der EUundihrerGremiendeutlichmachtundindieÖffentlichkeitträgt.Daserfordertaberauch,inderParteiselberüber ein linkes Verständnis von Europa nachzudenkenundentsprechendePositionenzu
erarbeiten.»172DasschließenichtzuletztauchdasVertrautmachenmitderEntwicklungderParteiderEuropäischen LinkenundFragenderinternationalenSolidaritätein.173
EUROPAPOLITIK IM ZENTRUM
DER AUFMERKSAMKEIT DES ÄLTES
TENRATES DER PARTEI DIE LINKE
VordemHintergrundderdurchdieFinanz-marktkriseinitiiertenüberbordendenStaats-verschuldung,insbesonderesüdeuropäischerStaatenwieGriechenland,derVersuchederEuro-RettungdurchAusteritätspolitikderherrschendenKreisederEuropäischenUnion,desUkraine-KonfliktsundderzunehmendenSpannungenzwischenderEUundRusslandundderdurchdieseEreignisseausgelösteninnerparteilichenKontroversenrücktedieEu-ropa-PolitikinsZentrumderAufmerksamkeitdesÄltestenratesderParteiDIELINKE.DazukamdasAufbrechenvonKonflikteninnerhalblinkerParteieninEuropa,dienichtzuletztausunterschiedlichenSichtenaufdieVergangen-heitwiedieEinschätzungdessogenanntenrealexistierendenSozialismus,insbesonderedesStalinismus,resultierten.
171 Ebenda. 172 Ebenda. 173 Vgl.ebenda.
Am19.Dezember2013wertetederÄltestenratdenMadriderKongressderEuropäischen LinkenausundveröffentlichteanschließendeineStellungnahmedazu.GrundlagefürdieDebatteimÄltestenratwarenBerichtederKongressteilnehmerClaudiaHaydt,dieindenVorstandderELwiedergewähltwordenwar,HeinzBierbaum,MitglieddesGeschäftsfüh-rendenParteivorstandes(GfPV),undOliverSchröder,LeiterdesBereichesInternationalePolitikimParteivorstandderParteiDIELINKE.SieinformiertenüberdieBeratungenunddieWahleninMadrid.DerÄltestenratbatdenParteivorstand,diewichtigstenAussagendesKongressesschriftlichundinMitglieder-versammlungeninderParteibekanntzuma-chen.174
AusdergrundlegendenAblehnungderjetzi-genVertragsgrundlagenundderpolitischenPraxisderEUsowiederForderungnachei-nem«Neustart»derEUdurchdieEuropäische LinkeleitetederÄltestenratdieEmpfehlungab,denfürdenHamburgerParteitagvorgeleg-tenEntwurfdesEuropa-Wahlprogramms,indemAnsätzeeinersolchenPositiondurchausenthaltenseien,grundsätzlichzuüberprüfenundinÜbereinstimmungmitdenPositionenderELdiePositionderLINKENakzentuierterzuformulierenunddenAktivitätenderParteizuGrundezulegen.DerRatkritisierte,dassinPublikationenderParteizwarmanchesüber
dieEUunddasWirkenderAbgeordnetenderLINKENdortkommuniziertwerde,aberüberdieELalsParteikaumetwaszulesensei.DerÄltestenratwiesdaraufhin,dassEntscheidun-genderEU-InstitutionenüberdieBundese-benebisindieLänder,StädteundGemeindeneingreifenwürden.ImEuropawahlkampfwiebeidenLandtags-undKommunalwahlenimJahr2014solltedahermehralsbisherdenBür-gerinnenundBürgerndurchAbgeordneteundKandidatenderParteiDIELINKEbewusstge-machtwerden,wietiefdieEU-PolitiksichaufdasalltäglicheLebenauswirkt.NurmiteineralternativenEuropa-Politik,zeigtesichderRatüberzeugt,werdeesderEuropäischen Linkengelingen,Europazuverändern.175
Am6.März2014berietderÄltestenratmitdemCo-ParteivorsitzendenBerndRiexingerüberdasArbeits-undDiskussionspapiermitdemTitel«Verankern,verbreiten,verbinden:ProjektParteientwicklung.EinestrategischeOrientierungfürDIELINKE»,dasimNovember2013vorgestelltundzurDiskussionindergan-
174 Vgl.VerändertEuropa!FüreinealternativeEuropapolitik!StellungnahmedesÄltestenrateszumMadriderKongressderEuropäischenLinken(EL)(19.Dezember2013).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltes-tenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/veraendert-europa-fuer-eine-alternative-europapolitik/(abgerufenam14.03.2018). 175 Vgl.ebenda.
62—63
zenParteiempfohlenwordenwar.NachdeneinführendenBemerkungendesVorsitzendengabeseinelängerekritisch-konstruktive,ka-meradschaftlicheDiskussion,derenSchwer-punktesichandenimDokumentderbeidenVorsitzendengenanntenAufgabeneinerlinkenParteiorientierten,darunter:(1)EinelinkePar-teimüssesichinderGesellschaftundinzivil-gesellschaftlichenOrganisationenverankern.(2)SiesolleinderLagesein,imBündnismitAnderenpolitischeAuseinandersetzungenzuführenundinpolitischenKämpfeneineaktiveRollezuspielen.(3)SiemüsseeineStrukturha-ben,diesiebefähige,WahlenzuorganisierenunddieInteressenihrerWähler*innenindenParlamentenzuvertretenunddortSprachrohrdersozialenBewegungenzusein.(4)SiehabedieAufgabe,politischeOrientierungzugebenundimpositivenSinneaufklärerischzuwirken.(5)SiesolleinderLagesein,zudenaktuellenFragenundpolitischenAuseinandersetzun-genStellungzubeziehenundeineschlüssigePositioneinzunehmen.(6)DIELINKEagiereinternationalinZusammenarbeitmitdenan-derenLinksparteien.DieausführlicheDebattezwischendemÄltestenratunddemVorsitzen-denBerndRiexingernahmderÄltestenratzumAnlass,denParteivorstandzubitten,ihngene-rellfrühzeitigbeiderVorbereitungundVerab-schiedungwichtigerundgrundlegenderDoku-mentederParteieinzubeziehen.176
AufdemBerlinerParteitagimMai2014gabderÄltestenrat,derbeiderGründungderPar-teiDIELINKE2007berufenwordenwar,seinMandatzurück,setzteseineTätigkeitaberfort.177DerÄltestenratempfahlbeidieserGele-genheitinseinemBerichtandenBerlinerPar-teitagdemneuzuwählendenParteivorstand,entsprechendderBundessatzung§20Abs.7einenÄltestenratneuzuberufenundaufderGrundlagederSatzung«dessenPotenzenumfassendzunutzen,ihninderalltäglichenpolitischenArbeitberatendeinzubeziehenundRaumfürseineTeilnahmeanparteiöf-fentlichenDebattenzugeben»178.DerPartei-vorstandberiefdannaufseinerSitzungam24.Oktober2015denÄltestenratneu.179
DerÄltestenratwerteteam12.Juni2014dieEuropawahlenausundberietüberdieEr-gebnissedesBerlinerParteitagesderPartei
176 Vgl.Verankern,verbreiten,verbinden–ProjektParteient-wicklung.InformationüberdieBeratungdesÄltestenratesam6.März2014.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteis-truktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stel-lungnahmen-des-aeltestenrates/news/verankern-verbrei-ten-verbinden-projekt-parteientwicklung/(abgerufenam17.03.2018). 177 Vgl.DIELINKE.:DerÄltestenratderParteiDIELINKE,a.a.O. 178 BerichtdesÄltestenratesandie2.Ta-gungdes4.ParteitagesderParteiDIELINKE.URL:https://archiv2017.die-linke.de/fileadmin/download/parteitage/ber-lin2014/berichte/berlin2014_bericht_aeltestenrat.pdf(abgeru-fenam22.03.2018). 179 Vgl.DIELINKE.:DerÄltestenratderParteiDIELINKE,a.a.O.
DIELINKE.DerBerlinerParteitagunddieöf-fentlicheundparteiinterneDebattedanachhättensignalisiert,soderRat,dasseinepoli-tischeUnkulturinderParteiBodenergriffenhabe.Erforderlichseijetztvorallemdiegründ-licheAnalysederpolitischenRollederParteiinderGesellschaft,derSituationinderFührungderParteiundindenLandesverbänden,umVertrauenzustärkenundpolitischerUnkul-
turkeinenRaumzulassen.DieVorsitzendenderParteiundderParteivorstandstündenhierineinerbesonderenVerantwortung,dersiegerechtwerdenmüssten.«WennhierkeineVeränderungeneintreten,kanneineähnlicheSituationeintretenwievordemGöttingerPar-teitag»180,warntederÄltestenrat.InderDiskussiongabesÜbereinstimmung,dassdieEuropawahlenzwarkeineNiederlage,abermitdemVerlusteinesMandateskeinbesondererErfolgfürDIELINKEwaren.AlsProblemseideutlichgemachtworden,dassoffensichtlichviele(potenzielle)WählerinnenundWählerdurchdieDebattenzumWahl-programmderParteiverunsichertwarenund
ihrekritischeSichtaufdieEuropäischeUniondurchDIELINKEnichtentsprechendaufge-nommenwordensei.DasgeltebesondersfürdieSchärfedesSozialabbausdurchdieBrüs-selerInstitutionen,derdurchaktivesAgierenderBundesregierungerfolgtsei.EindeutigerhättenachAuffassungdesÄltestenrateser-klärtwerdenmüssen,dassdieEUzwareineWirtschaftsunionsei,aberkeinesfallseine
Sozialunion.DerÄltestenratunter-stützteeineInitiativedesBundesaus-schussesderLINKEN,derFraktionGUE/NGLimEuropäischenParla-mentzuempfehlen,einenVertreterdergriechischenlinkenParteizumVorsitzendenzuwählen.181
DerÄltestenratderParteiDIELINKEbeschäf-tigtesicham4.September2014erneutmitdenErgebnissenderWahlenzumEuropäi-schenParlament.ErkonstatierteeineKon-zeptionslosigkeitderLinkenhinsichtlicheinerpolitischenStrategiezurLageinEuropa.AufjedenFallseiesnotwendig,soderRat,dasneueVerhältnisvonnationalenundinternatio-
180 DiepolitischeRollederParteiinderGesellschaftklären.In-formationüberdieBeratungdesÄltestenratesam12.Juni2014.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissi-onen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-ae-ltestenrates/news/die-politische-rolle-der-partei-in-der-gesell-schaft-klaeren/(abgerufenam17.03.2018). 181 Vgl.ebenda.
Auch der Ältestenrat sprach sich nach den Europa-wahlen 2014 für einen Vertreter der griechischen linken Partei als Vorsitzenden der Fraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament aus.
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nalenKampfbedingungenfüreinelinkePolitikzurVeränderungderVerhältnisseinEuropaindenVordergrundzurücken.DerÄltestenratkamimErgebnisseinerDebattezuderAuffas-sung,dassdiebishererfolgteAuswertungderWahlenzumEuropaparlamentnochnichtdenneuenHerausforderungeninderEntwicklungderEUgerechtwerde.DieAnforderungenfürdieGestaltunglinkereuropäischerPolitikseiengewachsen.DieRegierungderBRDsetzeaufFührungsanspruchinderEUundkämpfeumständigwachsendenEinfluss.DIELINKEmüssesichdieserTendenznochentschiede-nerentgegenstellen.182
DerÄltestenratempfahldergesamtenPartei,natürlichinersterLiniedemParteivorstandunddenLandesvorständen,sichaufderGrundlagederWahlergebnissezumEU-ParlamentundweitererWahlengründlichmitderaktuelleninternationalenSituationundspeziellmitderEntwicklunginEuropaundinderEUauseinan-derzusetzenundkonkreteSchlussfolgerungenfürdiepolitischenAktivitätenderParteiundihreÖffentlichkeitsarbeitzubeschließen.FürbesondersdringendhieltesderÄltestenrat,dassderParteivorstandgemeinsammitsach-kundigenundzuständigenMitgliedernderPar-teiundVertreternandererlinkerParteieneineumfassende,langfristigangelegteKonzeptionfürdiepolitischeStrategiederLinkenzurLageinEuropaundinderEUerarbeitet.Aufdem
ParteitagderEuropäischen LinkeninMadridimDezember2013wurdedieForderungnacheinemLinksdialoginEuropaerhoben.DerPar-teivorstandderParteiDIELINKEsolltediesenGedankenaufgreifenundeineInitiativefürei-nensolchenDialogauslösen.183
Am4.Dezember2014diskutiertederÄltestenratseinSelbstverständnisundseineFunktionindenStrukturenderParteiDIELINKE.Dieerst-maligeBerufungeinesÄltestenratesanderJahreswende1989/90habedasZielverfolgt,indenProzessderErneuerungderParteiErfahrun-genausdenKämpfenderArbeiterbewegungunddesnationalenundinternationalenWi-derstandesgegendenFaschismus,überhauptErfahrungenausdemgeschichtlichenGewor-den-SeinderParteieinzubringen.DerÄltestenrathabesichinderVerantwortungfürdasMitei-nanderderGenerationeninderParteigesehen.«GegenseitigeAchtungderErfahrungenunter-schiedlicherGenerationenundsichgemeinsamderVerantwortungausderGeschichtezustel-len,dassindwichtigeQuellenfürdieEntwick-lungeinerkonsequentlinkenParteiundfür
182 Vgl.DasEuropäischeParlament–Probleme,Erwartun-gen,Hoffnungen.InformationüberdieBeratungdesÄltes-tenratesam4.September2014.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/das-euro-paeische-parlament-probleme-erwartungen-hoffnungen/(ab-gerufenam17.03.2018). 183 Vgl.ebenda.
ihrenPlatzinderGesellschaft»184,unterstrichderRat.AlldasgelteauchheuteundhabeKon-sequenzenfürdieStellungunddasWirkendesÄltestenratesinderParteiDIELINKE.EntstandenseiderÄltestenratmitderGrün-dungderPDS.ImProzessderVerschmelzungvonPDSundWASGseidieNeugründungderParteiDIELINKEundmitihr2007dieBerufungeinesneuenÄltestenrateserfolgt.DieMitglied-schaftderParteihabesichinzwischenweitge-hendverändertundneueFührungsgeneratio-nenhättendieVerantwortungübernommen.MiteinergewissenBitterkeitkonstatiertendieMitgliederdesRates:«DadieinderSatzungfestgelegtenGrundsätzefürdasWirkendesÄltestenratesindenvergangenenJahrenimFüh-rungsprozessdurchdenParteivorstandkaumBeachtungfanden,solltegeprüftwerden,obbeidenVeränderungeninderZusammenset-zungderMitgliedschaftundderneuenFüh-rungseliteeinÄltestenratmitdenErfahrungenseinerMitgliederfürdiePolitikderParteiange-sichtsneuerHerausforderungennocheinenzubeachtendenBeitragleistenkann.DiejüngstePraxis–auchnachdemBerlinerParteitag–setzteherZeichen,dasseinsolcherRatkaumgebrauchtwird.»185AllerdingsmüssedieParteidieverändertengesellschaftlichen,politischenundökonomischenRahmenbedingungeninDeutschland,inEuropaundinderWeltgründ-lichanalysieren,umstrategischeSchlussfol-
gerungenfürihrWirkenimparlamentarischenKampfundalspolitischeKraftzuziehen,diezumherrschendenkapitalistischenSysteminDeutschlandingrundlegenderOppositionsteht–unddasauch,wennsieindemeinenoderanderenBundeslandanderRegierungbe-teiligtsei,erinnertederÄltestenratundbrachtesichdamitalsunverzichtbarerMahnerundRat-gebererneutinsSpiel.186
MitderVorbereitungdesParteitagesderLIN-KENam6./7.Juni2015inBielefeldbefasstesichderÄltestenrat inseinerSitzungam26.März2015.ErunterstütztedabeidieEmp-fehlungdesBundesausschussesderPartei,fol-gendeSchwerpunktefürdenParteikonventzuberücksichtigen:(1)IntensivereHinwendungderLINKENzursozialenFrageinihrenkonkre-tenErscheinungsformen,verbundenmitdemRingenumbreiteresozialeGerechtigkeit.(2)KampfgegenRechtsentwicklunginallihrenSchattierungen,verbundenmitdemAusbaudersozialenDemokratie.(3)KampfgegendiewachsendeKriegsgefahrundTendenzenderMilitarisierung,verbundenmitderUnterstüt-
184 NeueHerausforderungenfürDIELINKEunddieVerantwor-tungdesÄltestenrates(4.Dezember2014).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/neue-herausforderungen-fuer-die-linke-und-die-verantwor-tung-des-aeltestenrates/(abgerufenam17.03.2018). 185 Eben-da. 186 Vgl.ebenda.
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zungdesKampfesumdenFrieden.NachAuf-fassungdesÄltestenratessolltederParteitagGrundfragenderweiterenPolitikderLINKENberaten.DabeiseivoneinerneuenEtappederimperialistischenPolitikzurNeuaufteilungderEinflusssphären,derRessourcenundderAb-satzmärkteinderWeltundinEuropaauszu-gehenunddavon,dassdabeimilitärischeundkriegerischeOptioneneinewachsendeRollespielten.EsbrenneanallenEckenundEndenderWelt.DasgeheeinhermitzunehmendersozialerUngleichheit,mitdemAbbauundderAushöhlungbürgerlich-demokratischerStan-dardsindenUSAundaufnationalerEbeneinEuropa,forciertdurchdiePolitikderEU.AufderGrundlagedieserRealitätmüsseesAufgabedesParteitagessein,dasheutigeKlassen-undgesellschaftlicheKräfteverhältniszuanalysie-renunddarauslinkeStrategienabzuleiten.187
DieEntwicklungundPolitikderEuropäischenUnionsowiedieRollederBRDinEuropasoll-tenillusionsloseingeschätztundaufgrunddieserAnalysedasVerhaltenderLinkeneinenSchwerpunktderTagesordnungdesParteita-gesbilden.NamentlichgeheesumdasVerhal-tenderLINKENzurdeutschenZwangspolitikgegenüberGriechenlandebensowieumdasAgierenderBRDimVorfeldundimBürger-krieginderUkraineundumeinebeabsichtigteArmeederEU.DiefriedenspolitischenPositio-nenderLINKENsolltenauchaufdiesemPar-
teitagbekräftigtund«Kompromisse»indieserFragefüreinevermeintlicheRegierungsfähig-keitebensoausgeschlossenwerdenwieinderGrundpositionderLinksparteigegendieAusteritätspolitikderBundesregierungundderEuropäischenUnion.Esmüsse,soderÄltestenrat,zudemdasweitereAgierenderLIN-KEN(inParteiundFraktionen)u.a.gegenTTIP,CETAunddieDienstleistungsrichtlinieberatenwerden.188
VerlaufundErgebnissedesBielefelderPartei-tagesselbstbehandeltederÄltestenrataufsei-nerSitzungam5.Juli2015.DerRatkritisierte,dass–auswelchenGründenauchimmer–we-sentlicheProblemederStrategie,deraktuellenPolitikundderweiterenEntwicklungderPar-teioffengebliebenbzw.gegensätzlichindenRaumgestelltwordenseien.AuchwenndasThemaKriegundFriedenaufdemParteitagangesprochenwordensei,wärenseineAussa-genhinterderSchärfederBedrohungenundderwachsendenRollederdeutschenMilitär-macht,ihrerAufrüstung,desRüstungsexportsunddemBestrebennacheinerEuropaarmeemitbestimmendemEinflussderBRDzurück-
187 Vgl.VonErfurtnachBielefeld.ErklärungdesÄltestenra-tesderLINKEN(26.März2015).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/von-er-furt-nach-bielefeld-1/(abgerufenam18.03.2018). 188 Vgl.ebenda.
geblieben.DerRatkritisierte,dassDIELINKEeinewirklicheantikapitalistischeAlternativenichtzurEntfaltungbringe.DieBeratungdesParteitageshättekeineNähezumParteilebenundzurweiterenParteientwicklunggehabt.DieInteressenvertretungderjüngerenGenerationsolltestärkerbestimmtundinderDurchset-zungstärkervertretenwerden.189
DerÄltestenratbeschäftigtesicham9.Juli2015erneutmitderAuswertungdesBielefel-derParteitagessowiemitderBeratungdesPar-teivorstandesvom4.und5.Juli2015unddemProzessderneuenBerufungdesRatesdurchdenParteivorstand.DerRatkritisierte,dassderBielefelderParteitagAusdrucksei«füreinefeh-lendeWiedergabedespolitischenLebensinderPartei,fürfehlendenRaum,umauchimRah-meneinerpluralistischenParteistrittigeProb-lemeauszutragenundhandlungsfähigzusein,fürElementeeinesZurückbleibensimpoliti-schenFeldgegenüberdenHerausforderungen,diesichimKampfumFriedenundSicherheitunddemsichradikalverschärfendenSozialab-bauinderEuropäischenUnionundauchinderBundesrepublikDeutschlandvollziehen»190.Be-sondereAufmerksamkeithätteninderDebatteimÄltestenratdieneuenHerausforderungenderSolidaritätfürsouveräneEntscheidungenunddennotwendigenKlassenkampfinGrie-chenlandunddieimmerschnellerwachsendeVerschärfungderLageinMittel-undOsteu-
ropagefunden.Prof.Dr.GretchenBinushabeeinDiskussionspapierzurLageinGriechenlandvorgelegt191undBrunoMahloweinsolchesfürdieProblemeinMittel-undOsteuropa192.DerÄltestenratkritisierte,dassesschonMühengekostethabe,dasThemaFriedenundSicher-heitaufdieTagesordnungdesParteitagesinBielefeldzusetzten.JetztseiesanderZeit,sichderGrößederGefahrenzustellenund«nichtangepasstenSchwankungenimSinneeinerÄquidistanzzufolgen»193.NachAuffassungdes
189 Vgl.ErsteEinschätzungdesBielefelderParteitages.Informa-tiondesÄltestenratesfürdenParteivorstand(5.Juli2015).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltesten-rates/news/erste-einschaetzung-des-bielefelder-parteitages/(abgerufenam18.03.2018). 190 BemerkungenzumBielefel-derParteitagundzurjüngstenBeratungdesParteivorstandes.DiskussionspapierdesÄltestenrates(9.Juli2015).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltesten-rat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/bemerkungen-zum-bielefelder-parteitag-und-zur-juengsten-bera-tung-des-parteivorstandes/(abgerufenam18.03.2018). 191 DerÄltestenratpubliziertediesesDiskussionspapierimInternet.Vgl.GretchenBinus:ZurGriechenland-Krise.EinDiskussionspapier.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissi-onen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-ae-ltestenrates/news/zur-griechenland-krise/(abgerufenam18.03.2018). 192 DerÄltestenratveröffentlichteauchdieAusar-beitungvonBrunoMahlowimInternet.Vgl.[BrunoMahlow]:DerFriedeninEuropaistaufsäußerstegefährdet(9.Juli2015).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltesten-rates/news/der-frieden-in-europa-ist-aufs-aeusserste-gefaehrdet/(abgerufenam18.03.2018). 193 BemerkungenzumBielefelderParteitagundzurjüngstenBeratungdesParteivorstandes,a.a.O.
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RateshabediegesellschaftlicheEntwicklungauchdieTheorieeiner«doppelten»Transfor-mationaufdenPrüfstandgestelltundzueinerweiterenoffensivenDebatteherausgefordert.WennsichaufdemParteitagschonkeineChancegebotenhabe,überTransformationundangestrebteRegierungspolitikzudiskutieren,dannsolltesichdieParteidieseChancenichtentgehenlassen.Diesumsomehr,weilAussa-genimRaumstünden,diesichfüreinenetwasbesserenKapitalismusaussprechenunddieTransformationstheorieals«Schönwetteraus-sage»erscheinenlassenwürden.DieWerbungfürRot-Rot-GrünwerdemitleerenWortenge-priesen,abervonLehrenausdemMitregierenseibisherkeineRede.ÜberZukunftzureden,ohneeinetiefeKlassenanalysederGegenwartalsGrundlagezunehmen,könneeinenPolitik-wechsel,derzuGesellschaftsveränderungenführe,wederauslösennochtragen.194
Am15.Oktober2015tagtederÄltestenratzurVorbereitungderneuenBerufungdesRa-tesdurchdenParteivorstand.DerÄltestenratlegteauchaufdieserTagungdenFingerindieWunde.Erkonstatierte,dassderWahlderDe-
legiertendes4.ParteitageseineMitglied-schaftvon64.000Mitgliedernzugrundegelegenhabe,fürden5.Parteitagseienesnurnoch60.000Mitglieder.ZurStabili-sierungderParteibedürfeesgrößererAn-strengungenzurAktivierungderBasisor-
ganisationenunddesParteilebens.Dieetwa10ProzentderMitgliederindenunterschied-lichenStrömungenundArbeitsgemeinschaftenseieneinwichtigesElementfürdenPluralismusderPartei,könntenabernichtandieStelledergewähltenFührungskräftetreten.TendenzeneinerTrennungoderDistanzzwischenFüh-rungskräftenundderMitgliedschaftanderPar-teibasismüsstendiskutiertundschnellstmög-lichüberwundenwerden.DerParteivorstandsteheinderVerantwortung,diedreiwichtigenEbenendesparlamentarischenWirkenszuanalysierenundnotwendigeSchlussfolgerun-genzuziehen.EsgehedabeiumdiedeutscheGruppeinderlinkenFraktiondesEuropaparla-ments,umdieFraktionderLINKENimDeut-schenBundestagundumdasZusammenwir-kenderLandtagsfraktionenüberdieKonferenzderVorsitzendenmitBundundEuropa.195
194 Vgl.ebenda. 195 Vgl.StärkerindieÖffentlichkeittreten.InformationzumErgebnisderBeratungdesÄltestenratesam15.Oktober2015(26.Oktober2015).URL:https://www.die-lin-ke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklae-rungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/staer-ker-in-die-oeffentlichkeit-treten/(abgerufenam18.03.2018).
Tendenzen einer Distanz zwischen Führungs-kräften und der Parteibasis müssen diskutiert und schnellstmöglich überwunden werden,
so der Ältestenrat im Oktober 2015.
NachdemderÄltestenratam24.Oktober2015neuberufenwordenwar,konstituierteersicham26.November2015unterAnwesenheitderParteivorsitzendenKatjaKippinginPotsdam.AlsStellvertreterdeserneutalsVorsitzenderdiesesGremiumsberufenenHansModrowwurdenGretchenBinus,ChristinaEmmrich,UrsulaSchumm-GarlingundWolfgangGra-bowskigewählt.EsschlosssicheineDiskus-sionüberdiezukünftigeArbeitdesÄltestenratesan,inderdasMitgliedGregorSchirmeranregte,dasssichderRatmitderGrundsatz-frage«QuovadisEU»beschäftigenmöge.196
AmgleichenTagfandimGebäudedesBran-denburgerLandtageseinengagierterGe-dankenaustauschdesÄltestenratesmitdemVorsitzendenderBrandenburgerParteiorgani-sationundStellvertretendenMinisterpräsiden-ten,ChristianGörke,demFraktionsvorsitzen-denderLINKENimLandtag,RalfChristoffers,undJustizministerHelmuthMarkovstatt,beidemChristianGörkedasWirkeninRegie-rungsverantwortunganalysierte.HansMo-drowlenktedenBlickinsbesonderedarauf,durcheinkonsequentesEinstehenfüreinsozialesBrandenburgdasProfilderParteizuschärfen.AuchinBrandenburgmüssediePar-teispürbarerimAlltagvorkommenundwie-derKümmererparteiwerden.DIELINKEseiherausgefordert,eineneueStrategiefürdieWirtschaftimOstenzuentwickelnundmitih-
renMöglichkeitenwirksamzumachen.197WieThomasFalkneralsInsider,dervieleJahreimBereichStrategieundGrundsatzfragendesParteivorstandestätigwar,berichtete,hattensichderRatundHansModrowpersönlichimmerwiedermitderEntwicklungderParteiimLandBrandenburgbeschäftigt.IndiesemKontextunterhieltHansModrowregelmä-ßigeKontaktezudenMinisterpräsidentenStolpe,PlatzeckundWoidke.DiePalettederThemen,mitdenensichderRatundHansModrowbefassten,reichtedabeivoneinerkritisch-konstruktivenBegleitungderRegie-rungsbeteiligungderLINKENüberdieArbeitderEnquete-Kommission«ZurAufarbeitungderGeschichteundzurBewältigungderFol-genderSED-DiktatursowiedesÜbergangsineinendemokratischenRechtsstaatimLandBrandenburg»,überVerfassungsfragenundüberFragenderAchtungostdeutscherLe-benswegebiszurAnalysederUrsachenfürdieempfindlichenStimmenverlustederLINKENbeiderLandtagswahlimSeptember2014indiesemBundesland.198
196 Vgl.MitteilungüberdieKonstituierungdesÄltestenrates(9.Dezember2015).URL:https://www.die-linke.de/partei/partei-struktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellung-nahmen-des-aeltestenrates/news/mitteilung/(abgerufenam18.03.2018). 197 Vgl.ebenda. 198 Vgl.E-MailvonThomasFalknervom27.März2018andenAutor.
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AufeinerDiskussionsveranstaltungimSenio-renclubderLINKENinBerlinam8.Dezember2015bilanziertederÄltestenratseineTätigkeitindenJahrenvon2007bis2015.ImMittel-punktderArbeitdesÄltestenrateshättenstetsProblemederParteientwicklunggestanden.EsseizunächstumdasZusammenwachsenderPDSundderWASGgegangen,umdasWirkenderverschiedenenStrömungenundArbeitsgemeinschaften.DerRathabesichschwerpunktmäßigmitdenProblemenderErarbeitungdesProgrammsundderPro-grammdebattebeschäftigt.InderVorberei-tungderverschiedenenParteitagehabeinseinerMeinungsbildungimmerdieBetonungdesProfilsderParteiimVordergrundgestan-den,dasheißteinerParteimiteinemantika-pitalistischen,aufeinendemokratischenSozi-alismusgerichtetenKurs–diesauchinihrereigenständigenPositionimVerhältniszurSPDundzudenBündnis 90/Die Grünen.AuchdieProblematikderRegierungsbeteiligungwarGegenstandderDebattenimÄltestenrat.DerRathabedieErgebnissederParteitageunddieWahlergebnisseausgewertetundzumBei-spielaufdieungenügendeMedienwirksam-keitderWahlprogrammederLINKEN,aufeinefehlendeDebatteinderParteidarüber,aufdasnochausbaufähigeVerhältnisvonparlamenta-rischemundaußerparlamentarischemKampfaufmerksamgemacht.199
DerÄltestenratkritisierteinseinerBilanz,erseiinalldenJahrenseinerbeiderBerufungundinderSatzungformuliertenBeratungs-aufgabederParteiführungnachgekommen,aberdieResonanzunddie«Bitten»desPartei-vorstandesumBeratunghättenzuwünschenübriggelassen.DieFunktiondesÄltestenratesalseinKonsultationsgremiumseinachseinerMeinungvomParteivorstandnurungenü-gendinAnspruchgenommenworden:«EsistanunskeineBitteumeineMeinungoderauchKritikzueinemProblemherangetragenworden,obwohldiePositionspapierezurVer-fügungstanden.InderÖffentlichkeitwurdenwirstärkerwahrgenommen.»200InsgesamtseidiebisherigeArbeitdesÄltestenratesdurchei-nengrundsätzlichkonstruktiv-kritischenunddurchgegenseitigeAchtungcharakterisier-tenGedankenaustauschunddurcheineganzbesonderesolidarischeAtmosphäregeprägtgewesen.DiesgelteesinderkommendenAr-beitsperiodedesRatesauchfortzusetzen.201
DerÄltestenratberietam18.Februar2016übergrundsätzlicheFragenvonFriedenundSicher-
199 Vgl.BilanzderTätigkeitdesÄltestenrates2015.Kur-zerÜberblick–vorgestelltaufeinerDiskussionimSenio-renclubam8.Dezember2015.URL:https://www.die-lin-ke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/bilanz-der-taetigkeit-des-aeltestenrates-2015/(abgerufenam18.03.2018). 200 Ebenda. 201 Vgl.ebenda.
heitunddabeiinsbesondereüberseinenBei-tragzurFriedenskonferenzderParteiDIELINKEam19.März2016inBerlin.DenMitgliederndesRateslagzurBeratungundBeschlussfas-sungderEntwurfeinesAppells«Dendeut-schenOSZE-Vorsitz2016vertrauensbildendundfriedensstiftendgestalten»vor.EinleitendinformiertendiefrüherenDDR-BotschafterWolfgangGrabowskiundPeterSteglichüberdieEntwicklungundüberGrenzenundMög-lichkeitenderOSZEsowiedarüber,dasssich
DeutschlandumdenOSZE-Vorsitzfür2016beworbenhabe.InderanschließendenDiskus-sionwurdehervorgehoben,dassdieKriegsge-fahrseit1989/90zukeinemZeitpunktgrößergewesenseialsderzeitunddassDeutschlandeinebesondersgroßeVerantwortungimKampfumdieErhaltungdesFriedenszukomme,deresmitseineraktuellenPolitikaberabsolutnichtgerechtwerde.202
KritischeBemerkungenhabeesinderDiskus-sionzudemvomParteivorstandam12.De-zember2015beschlossenen«Konzeptvor-schlagfürdieFriedenskonferenzderLINKEN»
am19.März2016gegeben.DieKonferenzseizwarbreitangelegtundbötevielenTeil-nehmernausunterschiedlichenBereichendieMöglichkeit,ihreIdeenundVorschlägeeinzubringen.Wasaberfehle,seieineklareOrientierungderParteifürihrfriedenspoliti-schesHandelnundentsprechendekonkreteVorschlägefürihrpraktischesEngagement.GenaudasaberwürdendieParteibasisundvieleBündnispartnerausderFriedensbewe-gungerwarten.DerÄltestenratbeauftragteseinenVorsitzendenHansModrow,denbe-ratenenAppellzumdeutschenOSZE-VorsitzdemParteivorstandfürseineBeratungam20.Februar2016zuübergebenunddabeiüberdieErgebnissederDebatteimÄltestenratzuinformieren.DerParteivorstandstimmtedanndemVorschlagdesÄltestenrateszu.203
Am6.Oktober2016beschäftigtesichderÄltestenratmitseinenErwartungenandenKongressderEuropäischen Linken.DieserKongressfindeineinerZeittieferKriseninderEuropäischenUnionundtieferGegensätzeinEuropastatt.DabeibleibedieEuropäische
202 Vgl.InVorbereitungderFriedenskonferenzderParteiam19.März2016.InformationüberdieBeratungdesÄltestenrates(18.Februar2016).URL:https://www.die-linke.de/partei/partei-struktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellung-nahmen-des-aeltestenrates/news/in-vorbereitung-der-frie-denskonferenz-der-partei-am-19-maerz-2016/(abgerufenam18.03.2018). 203 Vgl.ebenda.
Zur Friedenskonferenz im März 2016 kritisierte der Ältestenrat das Fehlen einer klaren
friedenspolitischen Handlungsorientierung und konkreter Vorschläge für die Praxis.
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LinketrotzmancherAnstrengungen«sehrbeachtlich»hinterdenvorihrstehendenHe-rausforderungenzurück,Schwächen,diesichauchinderParteiDIELINKEzeigenwürden.NachAuffassungdesRatessolltederBerlinerKongressAnlassfüreinebreiteInformationdergesamtenMitgliedschaftderLINKENüberdieEntwicklungunddieaktuelleSituationinderEUundüberdenPlatzderELimKampffüreinefriedliche,demokratischeundsozialeUnioninEuropasein.DerÄltestenratunter-stütztedenkonstruktiv-kritischenBerichtderLinke-DelegationimEL-Vorstand,derdemParteivorstandderLINKENvorgelegtwurde.NachMeinungdesÄltestenratessolltebeiderWahlleitenderOrganeundPersonenderEuropäischen LinkenBewährtesbeachtetundkeineüberhöhtedeutscheRepräsentanzange-strebtwerden.StärkeralsbishersolltedieViel-faltallerEL-ParteienzurGeltungkommen.204
DerÄltestenratveröffentlichteam1.Dezem-ber2016einenBerichtzuseinerTätigkeitimJahr2016.EntsprechendderVerabredungmitderKo-ParteivorsitzendenKatjaKippingaufderkonstituierendenSitzungdesRa-tesam26.November2015hättenfolgendeSchwerpunkteimMittelpunktderArbeitdesÄltestenratesgestanden:(1)VorbereitungundAuswertungdesMagdeburgerParteitages;(2)KrisenstimmungundSicherheitsbedürfnisinderBevölkerung;(3)Friedenskonferenzder
ParteiDIELINKEam18.und19.März2016und(4)Strategiedebatte.InAuswertungdesMagdeburgerParteitagesfandaufBittedesParteivorsitzendenBerndRiexingereinGe-sprächmitdemVorsitzendenunddenstellver-tretendenVorsitzendendesÄltestenratesstatt.ImMittelpunkthättenFragenderStrategiegestanden(u.a.Protestparteiund/oderParteiderGestaltung,alsovonRegierungsverant-wortung,HinwendungzurundAufgreifenderMeinungundderWünschederParteibasis,UmsetzenderParteitagsbeschlüssemitderBasis).205
DerÄltestenratfordertediezügigeUmsetzungdesParteitagsbeschlusses«FriedenmitRuss-land–VerständigunginEuropa–NeinzuFa-schismusundKrieg»,dereinebeeindruckendeMehrheitgefundenhatte.DazuwurdedemParteivorstandeinArbeitspapierübergeben.SowichtigdieAktivitätenderBundestags-
204 Vgl.ErwartungenandenKongressderEuropäischenLinken.MitteilungübereineBeratungdesÄltestenrates(6.Oktober2016).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/erwartun-gen-an-den-kongress-der-europaeischen-linken/(abgerufenam18.03.2018). 205 Vgl.BerichtzurTätigkeitdesÄltestenrates2016.Abschließendberatenam1.Dezember2016.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltes-tenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/bericht-zur-taetigkeit-des-aeltestenrates-2016/(abgerufenam18.03.2018).
fraktionseien(u.a.fürdieDurchsetzungeinerVeranstaltungimBundestaganlässlichdes75.JahrestagesdesÜberfallsHitlerdeutsch-landsaufdieSowjetunion),dieVerhinderungvonmilitärischenKonflikteninEuropasetzeVertrauensbildungvoraus,indieauchRuss-landeinzubeziehensei.DassolltenachAuf-fassungdesÄltestenrateseinbesonderesMarkenzeichenderLinksparteisein.KritisiertwurdeimÄltestenrat,dassdieFriedenskonfe-renzdiesemwichtigenAnliegennichtgenügthabe.DieKonferenzhabevielewichtigeundinteressanteBeiträgegebracht,derParteivor-standhabedieKonferenzjedochnichtgenutzt,umeineneindeutigenStandpunktzurinterna-tionalenLage,denKonfliktenunddenKriegs-treibernzuformulierenundinderParteizurDiskussionundAktionzubringen.206
DerÄltestenratundseinVorstandbeschäftig-tensich–wieinseinemTätigkeitsberichtvom1.Dezember2016dargelegt–ausführlichmitdembevorstehendenKongressderEuropäischen LinkeninBerlin.DerRaterarbeiteteeinStandpunktpapier,dasauchzurInformationfürdieBasisgenutztwerdenundhelfenkönne,WissenundVerständnisfürdieELzufördern.DerRatformulierteHerausforderungen,de-nensichdieELmitihremBerlinerKongressstellenmüsste.DieELdürfenichtNameohneProfilsein.DasNebeneinanderderParteienmüsseüberwundenundeinMiteinanderder
ParteienindensozialenundpolitischenKämp-fengestaltetwerden.AngesichtsderRechts-entwicklunginEuropastehedieeuropäischeLinkevorhistorischenHerausforderungen,de-nensienur«ingroßerrevolutionärerGemein-samkeit»gerechtwerdenkönne.207
DerÄltestenratstelltefest,dassindenletztenJahrendieKrisederEuropäischenUnionundbesondersderEurozonedeutlichzugenom-menhabe.ImmermehrBürgerinnenundBür-gerwürdensichalsVerlierer*inneninderEUbegreifen.Diesgeltesowohlinnerhalbderein-zelnenStaatenalsauchzwischendenStaaten(Nord-Süd-bzw.West-Ost-Gefälle).DieAuf-nahmevonMigrant*inneninderEUunddieindenletztenJahrenverstärkteinsetzendenFluchtbewegungenhättendieseTendenzenverstärkt.DieDeutunghätteninvielenFäl-lenrechtspopulistischeundnationalistischeKräfteübernommen.InderEUwieinderBun-desrepublikDeutschlandzeichnesicheinAuf-stiegvonrechtspopulistischenBewegungenab.208
HiersolltenachMeinungdesÄltestenrateseineklareundeindeutigeKritikdurchDIELINKEformuliertwerden:Statteinesneoli-beralen,undemokratischenundimperialenLeitbildeseinerWettbewerbsunionmüssedas
206 Vgl.ebenda. 207 Vgl.ebenda. 208 Vgl.ebenda.
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LeitbildeinesdemokratischenundsozialenEuropasformuliertwerden.Angesichtsderre-alenVerhältnisseinderEUundderKonkurrenzvorallemdergroßenundeinflussreichenNati-onalstaatenumMachtmüsstendiefortschritt-lichenKräfteindenNationalstaatengestärktwerden,sonstbestündedieGefahr,dassdiedemokratischenundsozialenRechteaufnatio-nalerEbeneweitergeschwächtwerden.Dazugehörees,realisierbareMaßnahmenfürdieMenscheninEuropazuentwickeln:vorallemMaßnahmengegendieMassenarbeitslosig-keitunddieArmutsrisiken,MindeststandardsgegenprekäreunderniedrigendeArbeitsver-hältnisseundeineausreichendeGrund-undSozialversicherungsowiedieradikaleAbleh-nungmilitärischerAuslandseinsätze.209
Am9.März2017berietderÄltestenratge-meinsammitDietmarBartsch,demSpit-zenkandidatenderParteiDIELINKEfürdieBundestagswahl,überdenbegonnenenWahl-kampf.NachAuffassungdesRatessolltefürDIELINKEdieFriedensfrageimWahlkampfanersterStellestehen.DiepolitischeLagewerdesichimWahljahr2017weiterzuspitzen,so-wohlimInnerendesLandes,inderEUalsauchweltweit.ImWahlkampfwerdedieHaltungzurAlternative für Deutschland(AfD)einenzentralenPlatzeinnehmen.DieseRechtsau-ßen-Parteihabeesverstanden,dieSchwächendertraditionellenneoliberalenMachthaberzu
instrumentalisierenundgroßeTeiledesimLandwachsendenProtestpotentialsansichzubindenundzumobilisieren.LeiderhabeesdieLinksparteinichtverstanden,rechtzeitigundwirkungsvolldagegenzuhalten.Vieleehema-ligeWählerhättennichtmehrerkennenkön-nen,dassDIELINKEweiterVertreterinihrerInteressenfürFriedenundsozialeGerechtig-keitseinwillundfühltensichnichtmehrdurchsievertreten.NachMeinungdesÄltestenrateswärederParteivorstandgutberaten,wennerimWahlkampfdieFrageeinerRegierungsbe-teiligungsehrbedachtunterEinbeziehungderBasisberatenundentscheidenwürde.210
DIELINKEhabesichimZusammenhangmitdemKongressderEuropäischen LinkeninBer-linintensivmitderEUbeschäftigt.AuchderÄltestenrathabedazubeigetragen:«Wirwarenunseinig,dassUngemachfürdieVölkerdroht.EsgehtaufeinewachsendesozialeKatastro-phehin.Schwelende,tiefgreifendeWidersprü-chemalendasGespenstderAuflösungderEUandieWand.»211Eswerdedeutlich,dassmanindenFührungsetagenderEU-Staatennicht
209 Vgl.ebenda. 210 Vgl.DerWahlkampfhatbegonnen.BerichtvonderSitzungdesÄltestenratesam9.März2017(veröffentlichtam21.März2017).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerun-gen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/der-wahl-kampf-hat-begonnen/(abgerufenam19.03.2018).
mehrandenDefizitenderEuropäischenUnionvorbeigehenkönne.DIELINKEhabeseitJah-renkritisiert,dassderVertragvonMaastrichtdieInteressendesKapitalsvertreteundnichtdiederBürger.EsseieinegefährlicheSchie-flageeingetreten.OffensichtlichhättensichdiesogenanntenführendenElitenderEUübernommen,eineÜberdehnungseieinge-treten,diesystemischenFehlleistungenvonMaastrichtkönntennichtmehrübertünchtwerden.DiemeistenMitgliedsländerderEUkönntendie«heiligeKuh»vonMaastricht,dieForderungnachstrengerEinhaltungderSchuldengrenze,nichtbedienen.Dasdrasti-scheVorgehenvorallemDeutschlandsgegeneinesderschwächstenEU-Mitglieder,Grie-chenland,habevielUnmutausgelöst,auchinanderenLändern.UnddiegriechischeKriseschweleweiter.Natürlichseinichtentgangen,dassDeutschlandvorallemdaraufbedachtsei,aufKostenandererseineExportwirtschaftweiterzustärken.Auchdasfinde,natürlich,keinenBeifall.212
MitderFlüchtlingswellenachEuropahabesichdieLagebeträchtlichverschärft.Dievie-lenTreffendesSpitzenpersonalsderEUundderMitgliedstaatenhättendenEindruckvonRatlosigkeitundAktionismusvermittelt.VordiesemHintergrundwürdenNationalistenundEU-GegnerMorgenluftwittern,siewür-denzueinerrealenGefahr,auchfürdasEsta-
blishmentderEU.EU-KommissionspräsidentJunckerhabefünfmöglicheVariantenfürdieEU-EntwicklunginsSpielgebracht.DerÄltestenratstelltedazufest:«KeinedavonkönnteeinederLinkenEuropassein,abereineAus-sagehatergeradefürunsgemacht.DIELINKEistherausgefordert,sichselberKlarheitzuverschaffenundOrientierungfürihrenKampfgegendenKursderMilitarisierungderEU,derVerschärfungderAusbeutung,dersozialenZerstörungunddesAbbausderDemokratiezugeben.»213DerBerlinerKongressderEuropäischen LinkenkönnedafürnuralseinAnfanggesehenwerden.214
ZudenOstermärschen2017veröffentlichtederÄltestenratderParteiDIELINKEam30.März2017denAufruf«SchlussmitRüstungundMi-litarisierung–fürsozialeAufrüstung».DerRatmachteaufBestrebungenaufmerksam,dieBe-völkerunggezieltaneinKlimaderMilitarisie-rungzugewöhnen,umdamiteineallgemeineZustimmungderBevölkerungzurAufrüstungundzuMilitäreinsätzenzuschaffen.Erunter-stütztedieForderungenderFriedensbewe-gungnachdemEndederKriegeundderdeut-schenBeteiligungdaran,verlangtedenStoppallerRüstungsexporteausDeutschlandundeineKonversionderRüstungsindustrieunder-
211 Ebenda. 212 Vgl.ebenda. 213 Ebenda. 214 Vgl.ebenda.
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klärte:«DerKriegistkeinGesetzderNatur,undderFriedeistkeinGeschenk!»215
BeiderBundestagswahlam24.September2017erzieltedieParteiDIELINKEmit9,2Pro-zentderZweitstimmendaszweitbesteErgeb-nisinihrerGeschichte.SieerreichteabsolutmehrZweitstimmenals2013,wurdealler-dingsnichtzweistelligundverlorihrePositionalsstärksteOppositionsparteiandieAfD.Inih-rerWählerschaftgabesbemerkenswerteVer-änderungen:WährendderRückhaltderParteiDIELINKEimOstendeutlichauf17,1Prozentzurückging,wuchssieimWestenauf7,2Pro-zentdergültigenStimmen.DamitverschobensichdieKräfteverhältnisseinnerhalbderParteiweiterinRichtungwestlicheLandesverbände.DIELINKEerhieltüberdurchschnittlichenZuspruchunterjüngerenWähler*innenunderreichtewiederwiediefrüherePDSeinenüberdurchschnittlichenStimmenanteilunterAkademikern.216DieParteibefindesichimUmbruch,bliebaberbeiderWahlunterdenvorallemdurchdenAufstiegderAfDverän-dertenRahmenbedingungenstabil,konsta-tiertederSozialwissenschaftlerHorstKahrs
vonderRosa-Luxemburg-Stiftung.Dochkönne–soKahrs–«einstabi-lesErgebnisfüreinePartei,dieauffortschrittlichegesellschaftlicheVeränderungensetzt,nichtbefriedi-gen,zumalauchdieeinzigmögliche
MehrheitsoptioninweitereFernegerücktist.UnterdenverändertenpolitischenBedingun-genwirdesdaraufankommen,dievorhan-denenstrategischenundgesellschaftspoliti-schenBlockadenzuüberwinden,umgrößerepolitischeHandlungsoptionenzuerlangen.»217
Am13.Oktober2017veröffentlichtederÄltestenrateinPositionspapierzumAusgangderBundestagswahl2017undzudenneuenHe-rausforderungenimpolitisch-gesellschaftli-chenSystemderBRD.DerRatkonstatierte,dassähnlichwieindeneuropäischenNach-barländerndieBundestagswahleninsgesamtgeseheneineunübersehbareVerschiebung
215 SchlussmitRüstungundMilitarisierung–fürsozialeAuf-rüstung.AufrufdesÄltestenratsderParteiDIELINKEzudenOstermärschen2017(30.März2017).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/schluss-mit-ruestung-und-militarisierung-fuer-soziale-aufru-estung/(abgerufenam19.03.2018). 216 Vgl.HorstKahrs:DieWahlzum19.DeutschenBundestagam24.September2017.WahlnachtberichtundersteAnalyse,Berlin,25.09.2017,S.1und4.URL:http://www.horstkahrs.de/wp-content/upload-s/2017/09/2017-09-25-Ka-WNB-BTW17.pdf(abgerufenam20.03.2018). 217 Ebenda,S.4.
Der Rat konstatierte, dass die Bundestagswahlen 2017 insgesamt gesehen eine unübersehbare Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse nach rechts sichtbar gemacht hätten.
derpolitischenKräfteverhältnissenachrechts(insbesondereamAufstiegderAfD)sichtbargemachthätten.DiezeitweiligüberraschendhoheZustimmungfürdenSPD-KandidatenMartinSchulzkönnenichtdarüberhinweg-täuschen,dassnichtnurdiedeutschesondernauchdieeuropäischeSozialdemokratieinei-nertiefenKrisestecke.MitdemdramatischenundäußerstinnovativenStrukturwandelderWirtschaft,derindenmeisteneuropäischenLänderndenIndustrieanteilaufnurnoch10bis20ProzentderWirtschaftsleistunggedrückthabe,seiderSozialdemokratieihrsozialesMilieu–alsoderKernihrerAnhängerschaft–zumgroßenTeilverlorengegangen.EsseidereuropäischenSozialdemokratienichtgelun-gen,ihrewegbrechendenExistenzgrundlagendurchneueIdeenundProjektemitähnlicherAnziehungskraftzuersetzen.218
DieLinksparteihabeihrZieldeutlichverfehlt,erneutdrittstärksteKraftzuwerden.SiehabeinallenostdeutschenFlächenländerngegen-über2013spürbaranZuspruchverloren,undzwarsogleichmäßig,dasseskaummitErfah-rungenderWählerindeneinzelnenLändernzusammenhängenkönne.ImWestendage-genhabedieLinksparteidurchwegüberfünfProzentgelegen,zumTeilsehrdeutlichüberihrenbisherigenErgebnissenbeiBundes-tagswahlen.BeidenabsolutenZahlenhabees,obzwarihrdieAfD400.000Wähler*innen
abgenommenhabe,eindeutlichesPlusgege-ben.ObwohldieLINKEbeiderWahlErfolgeerzielenkonnte,plädiertederÄltestenratfüreineselbstkritischeBestandsaufnahmeundsolidarischeDiskussioninderParteimitdemZieleinerStärkungderstrategischenZiel-setzungen.JemehrdaspolitischeKlimavondenThemenfelderndererstarktenRechtengeprägtwerde,umsonotwendigerwürdensichfürDIELINKEdieFragennachGegenar-gumentenundgrundsätzlichenStrategienzurVeränderungderKräfteverhältnissestellen.219
Am23.November2017berietderÄltestenratinBerlinmitVertreterndesBerlinerLandesvor-standesundderFraktionDIELINKEimBerlinerAbgeordnetenhausüberdieSituationinderHauptstadt.Esscheinewichtig,soderRat,diemitMühewiederwachsendeGlaubwürdigkeitderParteibeiwichtigenPartnernundWegbe-gleiternzuvertiefen.MehrTransparenzundÖffentlichkeitseienhiergefordert.Dashaupt-sächlicheProblemfeldbleibeausSichtdesÄltestenratesdieWohnungsfrage.Trotzaller
218 Vgl.ZurBundestagswahlunddieneuenHerausforderungenimpolitisch-gesellschaftlichenSystemderBRD.Positionspa-pierdesÄltestenrates(13.Oktober2017).URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/zur-bundestagswahl-und-die-neuen-herausforderungen-im-politisch-gesellschaftlichen-system-der-brd/(abgerufenam19.03.2018). 219 Vgl.ebenda.
78—79
AnstrengungenkönnederMietanstiegnichtgebremstwerden,setzesichdieVerdrängungausdemZentrumfort,würdendieBoden-preiseerhöht,seienWohnungsnotundInves-torenwillkürnichtgestoppt,entsprechederNeubaubeiweitemnichtdenErfordernissen.DIELINKEmüsseimBundemitdenBürgerini-tiativenfüreinenachhaltigeBürgerbewegungzurgrundsätzlichenVeränderungderLagekämpfenunddieGegnersozialerLösungenunterstarkenöffentlichenDrucksetzen.DerÄltestenratthematisiertedenStimmenverlustinöstlichenHochburgenderPartei.DIELINKEhabeaufgehört,sichumdie«Abgehängten»undihreSorgenrealzukümmern.EsgebeEr-scheinungen,diesesFeldfaktischderAfDzuüberlassen.EsschränkedengesamtdeutschenCharakterderParteiDIELINKEnichtein,wennsiemiteinereigenenInitiativefürdieInteres-senderOstdeutschenauftrete,umverlorenesVertrauenwiederzugewinnen.Siemüssewie-der«Kümmererpartei»werden.220
DerÄltestenratbeschäftigtesichinseinerBeratungam23.November2017auchmitaktuellenpolitischenProblemennachderBundestagswahl.ErneutbestätigesichdieEinschätzung,«dasswireinehistorischeZäsurdurchlaufen»221.DieEUunddieEurozonehättendieschwereWirtschaftskriseauchnachzehnJahrennochnichtüberwunden.ZudemhabesichdieEUmitdemBrexitund
demAusgangderBundestagswahlenselbstgeschwächtundseikeinStabilitätsfaktorinderneuenWeltunordnung.InDeutschlandhabemitdemNiedergangderSPDeinrot-rot-grünesBündnismitAusnahmeeinigerost-deutscherBundesländerderzeitkeinegesell-schaftlicheMehrheitundseikeinerealistischepolitischeOptionmehr.DiegesellschaftlicheLinkekönneindiesemLandnurmehrheits-fähigwerden,wennsiedurchihreProjektedieindenunterschiedlichensozialenMilieuspräsenteKapitalismuskritikundGerechtig-keitserwartungenaufgreifeundineinemMit-te-Unten-BündniseinepolitischeZielrichtungverleihenkönne.DerÄltestenratkamzudemSchluss,«dasssichdieParteiführungmitih-reninnerenDebatten,denschwachenAna-lysenderpolitischenSituationundfehlendergründlicher,konstruktiv-kritischerHaltungdenwachsendenpolitisch-gesellschaftlichenHerausforderungennochnichtaufdernot-wendigenHöhederDebattenunddernotwen-digenSchlussfolgerungenbefindet»222.DerÄltestenratwerdebemühtsein,sichweiterim
220 Vgl.PolitikfürdieBürgerinnenundBürgermitEr-folggestalten.MitteilungüberdieBeratungdesÄltes-tenrates(23.November2017).URL:https://www.die-lin-ke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/politik-fuer-die-buergerinnen-und-buerger-mit-erfolg-gestalten/(abgerufenam19.03.2018). 221 Ebenda. 222 Ebenda.
innerparteilichenLebenzuengagierenundandenentstehendenöffentlichenDebattenteil-zunehmen.223
InderErklärung«FürdieErneuerungeinerEuropa-DiskussioninderParteiDIELINKE»vom6.März2018konstatiertederÄltestenrat,dasssicheineZäsurdesÜberlebensderkapitalistischenGesellschaftvollziehe,diedieLebenschancenderMenschenaufdieserErde
zerstörenkönnte.DieLinkskräfteinderEuro-päischenUnion,allenvorandieEuropäischeLinke,müsstensichnachAuffassungdesRa-tesdenHerausforderungenstellen,ihreKräfteformierenundgemeinsamWegeausderge-genwärtigenKrisederEUsuchen.UnterBe-achtungnationalerBesonderheitengeltees,aufderEbenederEuropäischenUnioneinensolidarischenKlassenkampfinvielfältigenFor-menzuentfalten.FürdieWahlenzumEuropä-ischenParlament2019solltenaufnationalenParteitagenWahllistenerstelltundgemein-samePositionenaufdemKongressderELfürdenWahlkampferarbeitetwerden.224
DerÄltestenratbetonte,dassangesichtsder
wachsendenZukunftsängsteunddesAuf-stiegsrechtspopulistischerParteiennichtnurinOstmitteleuropa,sondernauchindenLän-dernKerneuropas,derenSprengkraftfürdaseuropäischeProjektnichtzubestreitensei.AberdieBefürwortereinerRenationalisierungwürdendieSpielräumenationalstaatlicherPolitiküberschätzen.VordemHintergrundfreierKapital-undWarenströmesowieeiner
gemeinsamenWährungkönn-tennationaleRegierungen indenzentralenFeldernderWirt-schafts-,Sozial-undLohnpolitikkeineprogressivePolitikimnati-onalenAlleingangdurchhalten.ImUmkehrschlussbedeutedas
allerdingsnicht,dasseineengeZusammenar-beitderzwei,dreigrößtenVolkswirtschaften(Deutschland,Frankreich,Italien)nichtneueHandlungsspielräumeschaffenkönnte.Zu-demhängedieStabilitätnationalerAusteritäts-regimeimmernochsehrengmitderStabilitätnationalerRegierungenzusammen.InsofernhabederNationalstaatkeinesfallsausgedient.
223 Vgl.ebenda. 224 Vgl.FürdieErneuerungeinerEuropa-Dis-kussioninderParteiDIELINKE.ErklärungdesÄltestenrates.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissi-onen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-ae-ltestenrates/news/fuer-die-erneuerung-einer-europa-diskussi-on-in-der-partei-die-linke/(abgerufenam17.04.2018).
Eine Rückkehr zu nationalen Währungen – die radikalste Variante einer Renationalisierung – ist keine wünschens-werte politische Option. Die Alternative zu weniger Europa ist mehr Europa, aber anders.
80—81
«EineRückkehrzunationalenWährungen–dieradikalsteVarianteeinerRenationalisierung–istkeinewünschenswertepolitischeOption.DieserWegwürdemitdramatischenökono-mischenundsozialenVerwerfungeneinher-gehen.DieAlternativezuwenigerEuropaistmehrEuropa,aberanders»,unterstrichderRat.«ZielisteindemokratischesundsozialesEuropa,dasmitderneoliberalenLogikdesMaastrichterVertragsbricht.»225
Am26.April2018berietendieParteivorsitzen-denKatjaKippingundBerndRiexingermitdenMitgliederndesÄltestenratesüberdieVorbe-reitungdesLeipzigerParteitagesderLINKENimJuni2018.226DieVorsitzendenumrissenknappdieLagederParteiunddieinhaltlicheVorbereitungdesParteitages.Inderanschlie-ßendenDiskussionfordertenmehrereMit-gliederdesRates,sowohlderFriedensfragealsauchderEuropa-PolitikaufdemParteikon-venteinengrößerenStellenwerteinzuräumen.BrunoMahlowundGregorSchirmerwandtensichgegeneineÄquidistanzderLINKENzudenGroßmächtenUSA,RusslandundChina.DieHauptgefahrfürdenFriedeninderWeltgehe,soSchirmer,auchheutevomImperialis-musderUSAaus.WolfgangGehrckeerklärteindiesemKontext:«FürmichistRusslandPartnerimKampffürdenFrieden.»WolfgangGrabowskiforderte,derParteivorstandderLINKENmüssesichstärkerfürbessereBezie-
hungenzuRusslandeinsetzen.Esmüssegel-ten:DialogstattKonfrontation.AndereMitgliederwieGretchenBinusmahn-tenaufdieserSitzungdesÄltestenrateseineexakteAnalysederökonomischenMacht-strukturenwieeineEinschätzungderinter-nationalenLagealsBasisfürdieEntwicklunglinkerPolitikan.UrsulaSchumm-Garlingver-langte,derbevorstehendeParteitagmüssePo-sitionbeziehenzurVeränderungderArbeits-weltdurchdieDigitalisierung.DieterHoogewarntedavor,dieVerwüstungderGesellschaftdurchdasneoliberaleProjektzuunterschät-zen,undforderte,derKampfgegendiesesPro-jektmüsseinderLINKENPrioritäthaben.SehrkritischäußertensichMitgliederdesÄltestenrateszurGeschichtspolitikBodoRamelowsundseinerrot-rot-grünenLandesregierunginThüringen,dieaufeineDelegitimierungderDDRhinauslaufe.EdeltrautFelfewarfKatjaKipping,diedieseRegierungmitdenWorten,dasLandbrauche«mehrRamelow»,verteidigthatte,vor,dieRechtsentwicklunginderBun-desrepublikzubefördern.Kippingkontertezu-recht,dieAlternativezurRamelow-RegierungseieineunterFührungderCDU,womöglichgemeinsammitderAfD.
225 Ebenda. 226 DerAutornahmalsGastanderSitzungdesÄltestenratesam26.April2018teil.
FürdieFunktionundArbeitsweisedesRates der Altenbzw.desÄltestenratesderParteigal-tenundgeltenauchheutenochjeneGrund-sätze,dieEdwinSchwertner2003alsSelbst-verständnisdesRatesformulierte:Erstens.DieArbeitdesRatesbasiertaufdemGrund-konsensdesAußerordentlichenParteitagesderSED/PDSvomDezember1989undbein-haltetdamitdasZieleinesdemokratischenSo-zialismusunddieAbsageanalleInhalteundStrukturenstalinistischerPolitik.Zweitens.DieParteiagiertimpolitischenSystemderBRDundvertrittsozialistischePositionen,dieaufdenWertensozialeSicherheit,SolidaritätundDemokratieberuhenunddenFriedenzumhöchstenGutderMenschheiterklären.Drittens.Einekritische,abersachlicheHaltungzurDDR.Viertens.RespektierungderBiografienderOstdeutschenundVertretungihrerInter-essen.Fünftens.«Konsensim‹Ältestenrat›istes,dassaufderBasisdesGrundgesetzesderBRDnocherfolgreicheundzielstrebigePolitikgemachtwerdenkann,wenndieKräftezielge-richteteingesetztwerden.DasgiltfürdieFrie-dens-undArbeitsmarktpolitikebensowiefürBildungs-undSeniorenpolitik.»227
DieArbeitdesÄltestenrateswar«dadurchgekennzeichnet,dasstrotzallerUnterschied-lichkeiteninkonstruktiverundgegenseitigverständnisvollerDiskussiongemeinsameStandpunkte/Positionenerarbeitetunddem
Parteivorstandbzw.dergesamtenParteizurVerfügunggestelltwerdenkonnten»228.DabeiseiderÄltestenratimmerbemühtgewesen,erklärtederRatinseinemBerichtandie2.Ta-gungdes4.ParteitagesderParteiDIELINKEimMai2014,anstehendeProblemeinderEntwicklungundderArbeitderParteiaufzu-greifenundzuderenBewältigungkonstruktivbeizutragen,auchdann,wennsievomPartei-vorstandnichtmitdererforderlichenGründ-lichkeitaufgegriffenwurdenundeindeutigeBeschlüssebzw.Orientierungenausgeblie-benseien.WiederholthabederÄltestenrataufWidersprüchezwischenderPolitikunddemHandelndesParteivorstandes,derBun-destagsfraktionundzumTeilführenderFunk-tionsträgerinBundesländerneinerseitsunddenMeinungen,demDenkenundpraktischenHandelnnichtwenigerGenoss*innenindenKreisenundanderBasisandererseits,hinge-wiesen.ZuderenÜberwindungbeizutragen,habederÄltestenratalsseineAufgabeange-sehen.229
HermannKlenner,MitglieddesaktuellenÄltestenrates,berichtete,dasses–andersalsinderPartei–imÄltestenrat,indemausdenneuenBundesländernvorallemrenommierte
227 EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSverpflich-tet,a.a.O.,S.35. 228 BerichtdesÄltestenratesandie2.Tagungdes4.ParteitagesderParteiDIELINKE,a.a.O. 229 Vgl.ebenda.
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WissenschaftlerundausdenaltenBundeslän-dernvorwiegendgestandeneGewerkschaftervertretensind,keineOst-West-Dissonanzengibt.ErstelltevielmehreinengroßenDrangnachGemeinsamkeitfest.DieMitgliederneh-mensichinderRegelzurück,umtragfähigeKompromissezuermöglichen,dieindiege-meinsamenErklärungenundStellungnahmendesRateseinfließen.230
UrsprünglichgedachtalsBeratungsorgandesParteivorsitzendenunddesParteivorstandesderPDS,mutiertederRat der AltenimmermehrzumMahnerderParteiundihrerFüh-rung.EineähnlicheFunktionübernahmauchderÄltestenratderParteiDIELINKE,indemerdenParteiformierungsprozesskritischbeglei-teteundmitErklärungenundStellungnahmenindieinnerparteilichenKontroverseneingriff.WieHermannKlennerhervorhob,verortetesichderRatimmerlinksvonderoffiziellenPar-teilinie,wasbesondersprägnantinseinersehrkritischenHaltungzurBeteiligungderParteianLandesregierungenundinseinerAblehnungeinerBeteiligungderselbenaufBundesebenezumAusdruckkamundkommt.231
DaheutenahezuallePolitikfelderaufnatio-nalerEbenemitjenenaufdereuropäischenEbeneuntrennbarverwobensind,diesaberinderpraktischenTagespolitikvonderParteifüh-rungignoriertoderunterschätztwird,rückteindenletztenJahrendieEuropapolitikzuneh-
mendindasZentrumderAufmerksamkeitdesÄltestenratesderParteiDIELINKE.DabeiliegtnachAussagevonHermannKlennerdasInteressedesÄltestenratesaufderFörderungderZusammenarbeitlinkerParteieninEuropa,aufderUnterstützungderGemeinsamkeitenunddarauf,bestehendeGräbennichtzuver-tiefen,sondernzuüberwinden.232GenerellgiltwohlfürdasVerhältnisvonRat der Altenbzw.ÄltestenratundParteispitze,wasThomasFalkner,dermehrfachimAuftragvonLotharBiskyanlässlichvonProgrammdebattenundderVorbereitungvonBundesparteitagenandenTreffendesRatesteilgenommenodermitHansModrowkonferierthatte,indieWortefasste:«DieKooperationwarnichtkonfliktfrei,aberimmerkonsensorientiertundkonsensfä-higundvorallemimErgebnisabsolutverläss-lich.»233
230 Vgl.GesprächdesAutorsmitHermannKlenneram4.April2018inBerlin. 231 Vgl.ebenda. 232 Vgl.ebenda. 233 E-MailvonThomasFalknervom27.März2018andenAutor.
234 DieZeittafelbasiertbis1997auf:VondenAnfängen.Eineil-lustrierteChronikderPDS.1989–1994,a.a.O.,S.12,16,191,197,210,233,247und255;ChronikderPDS.1989bis1997,a.a.O.,S.224/225und239;ADS,PDS-PV-324,Bl.75/76;ADS,BestandParteivorstandderPDS(1993bis2007),Alt-Sign.2003-XII-245;DIELINKE.PDS:DokumentedesÄltestenratesundseinerMit-glieder.URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/strukturen/aeltestenrat/dokumente/index.htm(abgerufenam13.02.2018);DIELINKE.:DerÄltestenratderParteiDIELINKE,a.a.O.
ZEITTAFEL234
84—85
198916. DEZEMBERDer Außerordentliche Parteitag der SED/PDS beschließt die Bildung eines Rates der Alten beim Parteivorstand.
199012. JANUARKonstituierung eines «Beirates der Alten beim Parteivorstand» der SED/PDS
23. JULIDas Präsidium des Par-teivorstandes der PDS beschließt Vorschläge für eine effektivere Gestaltung der Tätigkeit des Rates der Alten.
1991ENDE NOVEMBER/ ANFANG DEZEMBERErklärung des Rates der Alten: Wir brauchen Meinungsvielfalt und gemeinsames Handeln
199227. MÄRZDie Mitglieder des Rates der Alten treffen sich mit der stellvertretenden Vor-sitzenden der Gruppe der PDS/Linke Liste im Bun-destag, Andrea Lederer, zur Diskussion über die parlamentarische Arbeit der PDS.
14. SEPTEMBERDer Rat der Alten debattiert mit Gregor Gysi insbesondere über ein neues Programm der Partei, über die Haltung zur SPD, über die Ergeb-nisse des Einigungspro-zesses und über die Asyl- und Flüchtlingspolitik.
199314. JUNIDer Rat der Alten trifft sich mit Wolfgang Gehrcke, dem stellver-tretenden PDS-Bundes-vorsitzenden, und Hans Modrow, dem Ehren-vorsitzenden der Partei, um die generelle Frage «Wie weiter mit dem Rat?» zu diskutieren.
199431. JANUARAuf seiner Tagung be-fasst sich der Parteivor-stand der PDS u. a. mit der weiteren Tätigkeit des Rates der Alten.
25. FEBRUARDer Rat der Alten berät in Berlin über seine weitere Arbeit.
16. MAIDer Rat der Alten disku-tiert das Thema «Plura-lismus und Toleranz» als Grundbedingung für die weitere Entwicklung der PDS.
23. SEPTEMBERMitglieder des Rates der Alten beschweren sich beim Bundespräsidenten darüber, dass sie als «rotlackierte Faschisten» beleidigt wurden.
17. DEZEMBERDer Rat der Alten berät über die «10 Thesen zum weiteren Weg der PDS», deren Veröffentlichung der Parteivorstand der PDS am 28. November 1994 entschieden hat, und empfiehlt dem Gremium, auf eine Beschlussfassung zu dem Dokument auf dem bevorstehenden Parteitag zu verzichten.
86—87
199629. MÄRZDer Rat der Alten debat-tiert Probleme der Ver-einigung von KPD und SPD zur SED 1946.
16. SEPTEMBERDer Rat der Alten nimmt Stellung zu Versuchen politischer Gegner, die PDS als undemokratisch und nicht verfassungs-konform zu diskriminie-ren, sie zu spalten und auszuschalten, sowie zu aktuellen Fragen der PDS-Politik, insbesondere zur Strategie-Debatte.
199527. JANUARIn einer Meinungsäu-ßerung zur Diskussion in der PDS charakteri-sierte das Mitglied des Rates der Alten Karl Schirdewan den Links-radikalismus als das entscheidende Problem auch in der Geschichte der SED.
3. MÄRZDer Rat der Alten nimmt zu den Ergebnissen der 1. Tagung des 4. Parteita-ges der PDS Stellung und bekundet dem neuen Vor-stand seine Unterstützung.
21. MÄRZMitglieder des Rates der Alten, des Parteivorstan-des, der Bundestags-gruppe und Vertreter der AG Seniorenpolitik beraten über weitere Aktivitäten der PDS gegen das Ren-tenstrafrecht.
18. DEZEMBERDer Rat der Alten erörtert die Notwendigkeit einer Strategiedebatte in der PDS, ihr Ziel und die Me-thoden, wobei die Politik gegenüber der SPD eine zentrale Rolle spielt.
199711. APRIL Lothar Bisky, der Bundesvorsitzende der PDS, informiert den Rat der Alten über die Lage in der Partei und diskutiert die Situation mit den Ratsmitgliedern.
13. JUNI Dietmar Bartsch, der Bundesgeschäfts- führer der PDS, informiert den Rat der Alten über die Arbeit des Bundesvorstandes seit dem Schweriner Parteitag.
12. SEPTEMBER Der Wahlkampfleiter der PDS, André Brie, referiert zum Thema «Die PDS in den Wahlen 1998/99» und stellt sich der Diskussion mit den Ratsmitgliedern.
5. DEZEMBER Der Rat der Alten befasst sich in Vorbereitung auf das Doppeljubiläum 50 Jahre Gründung der BRD und 50 Jahre Gründung der DDR im Jahr 1999 mit der Volkskongressbewegung für Einheit und gerechten Frieden der Jahre 1947 bis 1949.
1998MÄRZDer Rat der Alten positioniert sich zum Wahlprogramm der PDS für die Bundestagswahl im Herbst 1998.
SEPTEMBERDer Rat der Alten ruft dazu auf, bei der Bundestagswahl für die Kandidatinnen und Kandidaten der PDS zu stimmen.
199921. MAIDer Rat der Alten unter-streicht seine Unterstüt-zung für die Ablehnung des Einsatzes deutscher Soldaten auf dem Balkan durch die PDS-Fraktion im Bundestag im März 1999 und stimmt dem Friedensplan der PDS vom 5. April 1999 zu.
88—89
20024. JULIDer Ältestenrat befasst sich mit dem Beschluss der 2. Parteikonferenz der SED über den Auf-bau der Grundlagen des Sozialismus in der DDR.
12. SEPTEMBERZur Bundestagswahl im Herbst 2002 veröffent-lichen die Sprecher*in-nen des Ältestenrates der PDS den Wahlaufruf «Eine starke PDS-Frak-tion verhindert einen Kanzler Stoiber».
27. SEPTEMBERNach dem Debakel bei der Bundestagswahl 2002 und vor dem Geraer Par-teitag der PDS fordert der Ältestenrat in einem Brief an den Parteivorstand der PDS ein «unverwechsel-bares sozialistisches Profil» ein.
18. OKTOBERNach dem Geraer Parteitag der PDS veröffentlichen die Sprecher des Ältestenrates der PDS die Erklä-rung «Gera bietet Chance für eine reale Erneuerung der Partei».
2000MÄRZDer Rat der Alten fordert in einer Stellungnahme, Schluss zu machen mit gegenseitigen Verun-glimpfungen und sich auf die sozialistischen Inhalte der Politik der PDS zu besinnen.
200127. APRILSitzung des Rates der Alten mit der neuen Par-teivorsitzenden Gabriele Zimmer. Umbenennung des Rates der Alten in Ältestenrat. Die PDS-Vor-sitzende Gabriele Zimmer beruft die Mitglieder des Ältestenrates der PDS.
13. SEPTEMBERDer Ältestenrat verurteilt ganz entschieden die Terroranschläge gegen die USA.
9. NOVEMBERDer Ältestenrat würdigt den Dresdener Parteitag der PDS als wichtigen Schritt zur Konsolidie-rung der Partei.
200314. JANUARDer Ältestenrat berät mit der PDS-Vorsitzen-den Gabriele Zimmer und bringt anschließend in einem Brief der Rats-sprecher an den Partei-vorstand seine Unter-stützung für die Position der Parteivorsitzenden zum Ausdruck.
10. JUNIDer Ältestenrat der PDS beschäftigt sich gemein-sam mit Gabriele Zimmer und Lothar Bisky mit der Vorbereitung der außer-ordentlichen Tagung des 8. Parteitages und mit der seit der Bundestagswahl anhaltende Krisensitua-tion der PDS.
4. SEPTEMBERDer PDS-Vorsitzende Lothar Bisky beruft 24 Mitglieder in den neuen Ältestenrat der PDS und erörterte mit den Mitglie-dern des Rates den neuen Entwurf des Parteipro-gramms.
20052. NOVEMBERIn einem Positionspa-pier befürworten die Mitglieder des Ältestenrats grundsätzlich den geplanten Vereini-gungsprozess von Linkspartei.PDS und WASG.
10./11. DEZEMBERDer Dresdener Parteitag beschließt, dass das «Positionspapier des Ältestenrates» vom 2. November 2005 in die inhaltliche Weiter-führung des Parteibil-dungsprozesses von Linkspartei.PDS und WASG mit einzube-ziehen sei.
200624. FEBRUARDer Ältestenrat berät mit Bundesgeschäfts-führer Dietmar Bartsch über die Vorbereitung des 10. Parteitages der Linkspartei.PDS in Halle (Saale) und über den Verlauf des angestreb-ten Vereinigungsprozes-ses mit der WASG.
28. NOVEMBERIn einer Stellungnahme des Ältestenrates der Linkspartei. PDS fordert er für die neue Partei DIE LINKE ein klares politisches Profil als sozialistische Partei.
90—91
20076. MÄRZ In einer Botschaft des Ältestenrates der Linkspartei.PDS an die Delegierten des damals bevorstehenden Dortmunder Parteitages brachten die Mitglieder des Rates ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Bemühungen zur Herausbildung einer einflussreichen gesamtdeutschen Partei der Linken zum Ausdruck, die sich den historisch gewachsenen und bewährten Ideen des Sozialismus verpflichtet sieht.
12. DEZEMBER Konstituierung des Ältestenrates der Partei DIE LINKE
20085. FEBRUAR Der Ältestenrat unterbreitet ein Angebot zum Fortgang der Programmdebatte der Partei DIE LINKE. Der Ältestenrat verurteilt zudem die unter Stalin begangenen Verbrechen einmütig, hält aber die Inschrift «Den Opfern des Stalinismus» auf dem Gedenkstein auf dem Friedhof der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde für beliebig auslegbar und irreführend.
16. JULI Der Ältestenrat meldet sich erneut in der Programmdebatte der Partei DIE LINKE mit einer Erklärung zum Umgang mit der Geschichte zu Wort.
25. SEPTEMBER Der Ältestenrat tritt mit dem Diskussionspapier «Das schwedische Modell und die programmatische Arbeit in der Linken» an die Öffentlichkeit.
200919. FEBRUARDer Ältestenrat äußert sich in einem Positions-papier zum künftigen Profil der Partei DIE LINKE und zu ihrem Platz in der bundesdeut-schen Gesellschaft.
2. APRILDer Ältestenrat der Par-tei DIE LINKE berät mit der Landtagsfraktion der Partei in Niedersachsen und veröffentlicht die Erklärung «Die aktuelle Weltwirtschaftskrise weitet sich zu einer Systemkrise aus».
30. JUNIDer Ältestenrat begrüßt die Ergebnisse des Bun-destagswahl-Parteitages der LINKEN 2009 und hält es für zweckmäßig, einen auf die Hauptforderungen orientierenden Wahlkampf zu führen.
1. OKTOBERDer Ältestenrat berät zu Fragen der Jugendpolitik der Partei DIE LINKE und kritisiert, dass Jugendpo-litik in der Politik der Partei nur eine untergeordnete Rolle spiele.
201018. JANUAR Im Rahmen der Programmdebatte der Partei DIE LINKE befasst sich der Ältestenrat mit Fragen des Sozialismus im 21. Jahrhundert und mit realen gesellschaftlichen Prozessen zu linken Alternativen in der Gegenwart.
23. JANUAR Angesichts der öffentlich geführten Personaldebatte in der LINKEN äußert der Ältestenrat seine große Sorge über die Situation in der Partei.
2. SEPTEMBER Der Ältestenrat plädiert in einer Erklärung für eine konstruktive Programmdebatte und für «ein antikapitalistisches, ein sozialistisches Profil der Partei DIE LINKE».
30. NOVEMBER Der Ältestenrat diskutiert Positionen zu Staat und Rechtsordnung im Entwurf des Partei-programms der LINKEN vom 23. März 2010.
92—93
201120. JANUARIn der Erklärung «Der Sozialismus ist im 21. Jahrhundert Anspruch unserer Zeit» setzt sich der Ältestenrat mit «hysterischen Reaktionen» auf den Artikel der Parteivorsit-zenden Gesine Lötzsch über «Wege zum Kommunismus» auseinander.
28. APRILDer Ältestenrat schätzt im Rahmen der Programm-diskussion die interna tio-nale Lage ein und formu-liert Her ausforderungen für die Partei DIE LINKE als interna tionalistische Partei.
5. MAIDer Ältestenrat richtet einen Offenen Brief an die Mitglieder der LINKEN und bringt seine Sorgen um die Partei zum Ausdruck.
11. OKTOBERDer Ältestenrat fordert in einem Brief an die Delegierten der 2. Tagung des 2. Parteitages der LINKEN in Erfurt von allen Mitgliedern und Gruppen innerhalb der Partei, die mit der Verabschiedung des Programms gegebene strategische Orientierung als Grundlage für die praktische politische Arbeit anzuerkennen und zu praktizieren.
21. BIS 23. OKTOBERVerankerung des Ältestenrates in der Satzung der Partei DIE LINKE im Artikel 20, Absatz 7, durch den Erfurter Parteitag.
15. DEZEMBERDer Ältestenrat beschließt eine Satzung des Rates, die in der Sitzung des Ge-schäftsführenden Partei-vorstandes am 21. Januar 2012 bestätigt wird.Der Rat würdigt die Verab-schiedung des Parteipro-gramms als eine wichtige Etappe in der Entwicklung der Partei und verlangt ein durchdachtes Konzept zur politischen Bildung.
201210. MAI In einem Brief appelliert der Ältestenrat an die Delegierten der 1. Tagung des 3. Parteitages der Partei DIE LINKE in Göttingen, die Chance, mit dem neuen Erfurter Programm einen Wechsel der Politik zu erkämpfen, nicht zu verspielen.
28. JUNI Der Ältestenrat berät mit Katja Kipping über die Ergebnisse des Parteitages in Göttingen und will weiterhin dazu beitragen, dass die politischen Ausein andersetzungen in solidarischer Atmosphäre ausgetragen werden.
6. SEPTEMBER Der Ältestenrat beschäftigt sich ge-meinsam mit Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn mit der Arbeit der Partei seit dem Göttinger Parteitag und berät über die Vorbereitung der Bundestagswahl 2013.
13. DEZEMBER Der Ältestenrat berät über die Entwicklung der Partei DIE LINKE seit dem Göttinger Parteitag und über die Wahlen 2013.
20137. MÄRZDer Ältestenrat befasst sich mit der Niederlage der Partei DIE LINKE bei der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2013.
7. MAIDer Ältestenrat be-schäftigt sich mit dem Thema «Mitregieren – ein Lernprozess für die Linke?» und verständigt sich mit Blick auf die bevorstehenden Bun-destagswahlen über die aktuelle Situation in der Partei vor dem Dresdner Parteitag.
8. AUGUSTDer Ältestenrat beschäftigt sich erneut mit dem Wahlkampf zur Bundes-tagswahl und mit der Frage, wie DIE LINKE dafür gewappnet sei.
10. OKTOBERDer Ältestenrat wertet die Bundestagswahl vom Sep-tember 2013 aus und lenkt den Blick auf die Hauptauf-gaben des Wirkens der LIN-KEN in den nächsten Jahren.
19. DEZEMBERDer Ältestenrat befasst sich mit dem Madrider Kongress der Europäischen Linken (EL) und empfiehlt, den für den Hamburger Parteitag vorge-legten Entwurf des Europa- Wahlprogramms hinsichtlich der Kompatibilität mit den Positionen der EL grundsätz-lich zu überprüfen.
94—95
12. JUNIDer Ältestenrat wertet die Europawahlen aus, berät über die Ergebnisse des Berliner Parteitages und verlangt, die politische Rolle der LINKEN in der Gesellschaft zu klären.
4. SEPTEMBERDer Ältestenrat der Partei DIE LINKE befasst sich er-neut mit den Ergebnissen der Wahlen zum Europäi-schen Parlament.
4. DEZEMBERDer Ältestenrat diskutiert sein Selbstverständnis und seine Funktion in den Strukturen der Partei DIE LINKE.
15. OKTOBERDer Ältestenrat tagt zur Vorbereitung der neuen Berufung des Rates durch den Parteivorstand.
24. OKTOBERDer Parteivorstand beruft den Ältestenrat neu.
26. NOVEMBERNeukonstituierung des Ältestenrates.
8. DEZEMBERDer Ältestenrat bilanziert seine Tätigkeit in den Jahren 2007 bis 2015 im Seniorenclub der LINKEN in Berlin.
20146. MÄRZDer Ältestenrat berät mit dem Ko-Parteivorsit-zenden Bernd Riexinger über das Arbeits- und Diskussionspapier «Verankern, verbreiten, verbinden: Projekt Parteientwicklung».
9. BIS 11. MAIAuf dem Berliner Partei-tag gibt der Ältestenrat, der bei der Gründung der Partei DIE LINKE 2007 berufen wurde, sein Mandat zurück, setzt seine Tätigkeit aber fort.
201526. MÄRZDer Ältestenrat debat-tiert die Vorbereitung des Parteitages der LIN-KEN am 6./7. Juni 2015 in Bielefeld.
5. JULIDer Ältestenrat kritisiert Verlauf und Ergebnisse des Bielefelder Parteita-ges der LINKEN.
9. JULIDer Ältestenrat beschäf-tigt sich erneut mit der Auswertung des Biele-felder Parteitages sowie mit der Beratung des Parteivorstandes vom 4. und 5. Juli 2015.
201618. FEBRUARDer Ältestenrat berät über grundsätzliche Fragen von Frieden und Sicherheit und über seinen Beitrag zur Friedenskonferenz der LINKEN am 19. März 2016 in Berlin.
6. OKTOBERDer Ältestenrat be-schäftigt sich mit seinen Erwartungen an den Kongress der Europäischen Linken.
1. DEZEMBERVeröffentlichung des Berichts des Ältestenrates zu seiner Tätigkeit im Jahr 2016.
13. OKTOBERDer Ältestenrat publiziert ein Positionspapier zum Ausgang der Bundestags-wahl am 24. September 2017 und zu den neuen Herausforderungen im politisch-gesellschaft-lichen System der BRD.
23. NOVEMBERDer Ältestenrat berät in Berlin mit Vertretern des Berliner Landesvor-standes und der Fraktion DIE LINKE. im Berliner Abgeordnetenhaus über die Situation in der Hauptstadt.
20179. MÄRZDer Ältestenrat be-rät gemeinsam mit Dietmar Bartsch, dem Spitzenkandidaten der LINKEN für die Bundes-tagswahl, über den be-gonnenen Wahlkampf.
30. MÄRZZu den Ostermärschen 2017 veröffentlicht der Ältestenrat den Aufruf «Schluss mit Rüstung und Militarisierung – für soziale Aufrüstung».
20186. MÄRZDer Ältestenrat plädiert in einer Erklärung für eine Erneuerung der Europadiskussion in der Partei DIE LINKE.
26. APRILDie Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger beraten mit den Mitgliedern des Ältestenrates über die Vorbereitung des Leip-ziger Parteitages der LINKEN im Juni 2018.
96—97
PERSONELLE ZUSAMMENSETZUNG
98—99
235 Vgl.AußerordentlicherParteitagderSED/PDS.ProtokollderBeratungenam8./9.und16./17.Dezember1989inBerlin,a.a.O.,S.173. 236 Vgl.EhrenvorsitzenderderPDS[HansModrow]:VorlagefürdasPräsidiumdesParteivorstandesderPDS.Betr.:Vor-schlägefüreineeffektivereGestaltungderTätigkeitdesRatesderAlten,Berlin,17.7.1990,a.a.O.,Bl.45. 237 Vgl.BeiratderAltenbeimVorsitzendendesParteivorstandesderPDS.In:ADS,PDS-PV-341,Bl.316/317.
VORSCHLAG FÜR DEN RAT DER ALTEN AUF DEM
AUSSERORDENTLICHEN PARTEITAG DER SED/PDS
AM 16. DEZEMBER 1989235
RAT DER ALTEN DER PDS ANFANG 1991237
Engelberg, ErnstFechner, HerbertGeschonneck, ErwinHauser, HaraldHermlin, StephanHeumann, BennyJanka, WalterKnorr, Erich
Kuczynski, JürgenLeo, GerhardKohlme y, GuntherMaetzig, KurtMebel, MoritzMohr, ArnoQuandt, BernhardRebling, Eberhard
Ruge, WolfgangSchirdewan, KarlSpira, SteffiTrappen, FriedelWerner, RuthWolf, Markus
Später kamen weitere Mitglieder hinzu.
Als Sekretär des Rates der Alten fungierte Horst Siebeck.236
Modrow, Hans (Leiter)Berg, LeneDoernberg, StefanEngelberg, ErnstFischer, OskarGeschonneck, ErwinHauser, HaraldHermlin, StephanHeumann, Benny
Janka, WalterJendretzky, HansKnorr, ErichKuczynski, JürgenKohlmey, GuntherMaetzig, KurtMebel, MoritzQuandt, BernhardRebling, Eberhard
Rosenkranz, RudolphSchirdewan, KarlSchmidt-Kolmer, EvaSchwertner, EdwinSpira, SteffiTrappen, FriedelWerner, Ruth
Hinzugezogen wurden:Höppner, LuiseSchmidt, MaxStreiber, Kurt
238 Vgl.EdwinSchwertner:DemGrundkonsensderPDSverpflichtet,a.a.O.,S.34. 239 Vgl.MitwirkunginGrundsatzdiskussionbleibtwichtigeAufgabe,a.a.O.,S.7;ADS,BestandParteivorstandderPDS(1993bis2007),Alt-Signatur2003-XII-245.
RAT DER ALTEN DER PDS 1994238
RAT DER ALTEN DER PDS IM APRIL 1997239
Die Sprecher des Rates der Alten:Fischer, OskarMebel, MoritzSchwertner, Edwin
Weitere Mitglieder des Rates der Alten:Berg, LeneDoernberg, StefanEngelberg, ErnstGeschonneck, ErwinGöbel, HelmutGraw, EdithHauser, HaraldHeider, Günther
Hermlin, StephanHeumann, BennyJunghähnel, GerhardKnorr, ErichKuczynski, JürgenLauter, HansMaetzig, KurtQuandt, BernhardRebling, EberhardSchirdewan, Karl
Schneider, HorstSchröder, EberhardSchwidtmann, HeinzSieber, GünterStreiber, KurtTaut, HeinrichTrappen, FriedelWerner, Ruth
Die Sprecher des Rates der Alten:Fischer, OskarMebel, MoritzSchwertner, Edwin
Weitere Mitglieder des Rates der Alten:Berg, LeneDellheim, FredDoernberg, StefanEberlein, WernerEngelberg, ErnstGraw, EdithHeider, Günther
Juch, Elfriede (Friedel)Junghähnel, GerhardKuczynski, JürgenLauter, HansQuandt, BernhardRebling, EberhardSchirdewan, KarlSchneider, HorstSchröder, Eberhard
Schwidtmann, HeinzSieber, GünterStreiber, KurtTrappen, FriedelWolff, Friedrich
Als Sekretär des Rates der Alten fungierte Horst Siebeck.
100—101
240 Vgl.MitgliederdesÄltestenratesderPDS.In:PDS-Pressedienst,Berlin,2001,Nr.18(vom04.05.2001),S.8. 241 DieSprecherdesÄltestenratesderPDSwurdenam1.Juni2001gewählt.Vgl.ÄltestenratwähltSprecherrat.In:PDS-Pressedienst,Berlin,2001,Nr.26(vom29.06.2001),S.4. 242 Vgl.DerÄltestenratderPDS.In:PDS-Pressedienst,Berlin,2003,Nr.37(vom12.09.2003),S.3.
ÄLTESTENRAT DER PDS, BERUFEN DURCH
GABRIELE ZIMMER AM 27. APRIL 2001240
ÄLTESTENRAT DER PDS, BERUFEN DURCH
LOTHAR BISKY AM 4. SEPTEMBER 2003242
Die Sprecher des Ältestenrates:241
Doernberg, StefanFischer, OskarSchwertner, EdwinWolff, Friedrich
Weitere Mitglieder des Ältestenrates:Chaker, AhmedDellheim, FredEberlein, WernerEngelberg, ErnstFritschler, Hans-DieterGraw, EdithHahn, ErichHeider, GüntherHerrmann, Klaus
Jacobus, HansJuch, Elfriede (Friedel)Junghähnel, GerhardLangbein, IngridLauter, HansLibera, KurtMarohn, HeinzMoneta, JacobPötschke, GünterPutz, JolandaRebling, Eberhard
Scheringer, JohannSchirdewan, GiselaSchwidtmann, HeinzSiebeck, HorstSieber, GünterSitte, WilliTheben, MargotTischer, HeinzTrappen, FriedelWekwerth, Manfred
Die Sprecher des Ältestenrates:Doernberg, StefanGraw, EdithSiebeck, HorstWolff, Friedrich
Weitere Mitglieder des Ältestenrates:Chaker, AhmedCzepuk, HarryDellheim, FredFischer, OskarHahn, ErichHalberstadt, Heiner
Heider, GüntherJuch, Elfriede (Friedel)Lauter, HansLibera, KurtMarohn, HeinzNeubert, HaraldPötschke, GünterPutz, Jolanda
Scheringer, JohannSchirdewan, GiselaSchwertner, EdwinSieber, GünterTheben, MargotWekwerth, Manfred
243 Vgl.DIELINKE.PDS:DerÄltestenrat.URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/strukturen/aeltestenrat/index.htm(abgerufenam13.02.2018). 244 Vgl.DIELINKE.PDS:DieMitgliederdesÄltestenratesderPDS.URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/strukturen/aeltestenrat/mitglieder.htm(abgerufenam13.02.2018). 245 Vgl.DIELINKE.:DerÄltestenratderParteiDIELINKE,a.a.O.
ÄLTESTENRAT DER LINKSPARTEI.PDS 2007
ÄLTESTENRAT DER PARTEI DIE LINKE,
BERUFEN AM 24. OKTOBER 2015:245
Die Sprecher des Ältestenrates:243
Doernberg, StefanFischer, OskarGraw, EdithNeubert, HaraldWolff, Friedrich
Weitere Mitglieder des Ältestenrates:244
Chaker, AhmedCzepuk, HarryHahn, ErichHalberstadt, HeinerJuch, Elfriede (Friedel)
Lauter, HansLibera, KurtMarohn, HeinzPutz, JolandaSchäfer, HeinzScheringer, JohannSchirdewan, Gisela
Schwertner, EdwinTheben, MargotWekwerth, Manfred
Vorsitzender:Modrow, Hans
Stellvertretende Vorsitzende:Emmrich, ChristinaGrabowski, WolfgangSchumm-Garling, Ursula
Mitglieder:Binus, GretchenBischoff, JoachimFelfe, EdeltrautFessen, FriederunHalberstadt, HeinerHaug, FriggaHensche, Detlef
Hooge, DieterJochimsen, LukreziaJuch, ElfriedeKlages, JohannaKlenner, HermannKnake-Werner, HeidiMahlow, BrunoNowitzki, Evelin
Schindler-Saefkow, BärbelSchirmer, GregorSeidl, AnniStamm, SybilleWatzek, HansWilms, Günter
102—103
BIOGRAFISCHE SKIZZEN
104—105
DOERNBERG, STEFAN246
StefanDoernbergwurdeam21.Juni1924inBerlinineinemjüdischenbürgerlichenEltern-hausgeboren.SeinVater–einIngenieur–warpolitischzunächstinderUnabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands(USPD)unddann inderKommunistischen Partei Deutschlands(KPD)aktiv.1935emigrierteSte-fanDoernbergmitseinenElternindieSowjet-union.Dorttrater1939demKommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) bei, 1941 dem Komsomol und 1943 der KPD.1941legteStefanDoernberginMoskaudasAbiturab.AmTagdesÜberfallsdesfaschistischenDeutsch-landaufdieUdSSR,am22.Juni1941,meldeteersichfreiwilligzurRotenArmeeundkamimJuli1941zuPionierarbeitenindenRaumSmo-lensk.1942wurdeerineinemsowjetischenArbeitslagerinNishniTagilimUralinterniert.1942/43besuchteereinenLehrganganderSchulederKommunistischen InternationaleinKuschnarenkowo.Ab1943warDoernbergalsLeutnantderRotenArmeewiederanderFrontundalsPolitoffiziermitPropaganda-TätigkeitgegenüberderdeutschenWehrmachtbeauf-tragt.Ernahmmitder8.Garde-ArmeeanderBefreiungderUkraine,BelorusslandsundPo-lensundanderSchlachtumBerlinteil.NachseinerRückkehrnachDeutschlandwarStefanDoernberg1945/46beiderSowjeti-
schenMilitär-AdministrationinMecklenburgalsReferentundDolmetschervonGeneralMichailAlexandrowitschSkossyrewtätig.1946bis1950wirkteeralsaußenpolitischerRedakteurderZeitung«TäglicheRundschau».Von1950bis1955arbeiteteeralsRedakteurderdeutschsprachigenAusgabederMos-kauerZeitschrift«Sowjetliteratur»undalsRedakteurbeimMoskauerRundfunk.1947bis1951absolvierteereinFernstudiumderGeschichteanderLomonossow-UniversitätinMoskau.Von1955bis1961lehrteStefanDoernbergalsDozentundstellvertretenderLehrstuhllei-terfürAllgemeineGeschichteundinternatio-
246 Angabennach:HelmutMüller-Enbergs,JanWielgohs,DieterHoffmann,AndreasHerbst,IngridKirschey-Feix(Hrsg.):WerwarwerinderDDR?EinLexikonostdeutscherBiographien,Bd.1,A–L,Berlin2010,S.242/243;http://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Doernberg(Stand:11.07.2011);GottfriedHama-cherunterMitarbeitvonAndréLohmar,HerbertMayer,Gün-terWehnerundHaraldWittstock:GegenHitler.DeutscheinderRésistance,indenStreitkräftenderAntihitlerkoalitionundderBewegung»FreiesDeutschland«.Kurzbiografien,Hrsg.:Rosa-Luxemburg-Stiftung(Reihe:Manuskripte,Bd.53),Berlin2005,S.46;HaraldNeubert:LaudatiofürStefanDoernberg.In:Helsinki1975.GenutzteMöglichkeitenundverpassteChancen.BeiträgeeinerWissenschaftlichenKonferenzzuEhrenvonProf.Dr.StefanDoernberganlässlichseines75.Geburtstages,Berlin2000,S.5–9;HansModrow(Hrsg.):ZeitenundZäsuren.StefanDoernbergzum85.Geburtstag,Berlin2009.
naleArbeiterbewegungamInstitutfürGesell-schaftswissenschaftenbeimZentralkomiteederSED(IfG).1959wurdeermitderArbeit«DerKampfumdieökonomischeEntmach-tungdesdeutschenImperialismusaufdemGebietderDeutschenDemokratischenRe-publikundseineBedeutungimRahmenderantifaschistisch-demokratischenUmwälzung(1945–1948)»zumDr.phil.promoviert,einerArbeit,dieimgleichenJahrunterdemTitel«DieGeburteinesneuenDeutschland.1945–1949.Dieantifaschistisch-demokratischeUmwälzungunddieEntstehungderDDR»inBerlinpubliziertwurde.1961/62wirkteDoern-bergalsstellvertretenderLeiterdesDeutschenInstitutsfürZeitgeschichte(DIZ)undvon1962bis1971alsDirektordesDIZ.NachdemZu-sammenschlussdesDIZmitdemDeutschenWirtschaftsinstitutunddemStaatssekretariatfürwestdeutscheFragenzumInstitutfürInter-nationalePolitikundWirtschaft(IPW)arbeiteteervon1971bis1977alsstellvertretenderDi-rektordesneuenInstituts.Von1977bis1982übteerdieFunktiondesDirektorsdesInstitutsfürinternationaleBeziehungenanderAkade-miefürStaatundRechtinPotsdamaus.1983wurdeStefanDoernbergalsBotschafterderDDRnachFinnlandentsandt,woerbis1987tätigwar.Von1957bis1962fungierteDoernbergalswissenschaftlicherSekretärderdeutschen
SektionderKommissionderHistorikerderDDRundderUdSSRundab1964alsVor-sitzenderderDDR-SektionderForschungs-einrichtungenderDDR,derČSSR,Polens,UngarnsundderUdSSRzuFragendereu-ropäischenSicherheit.1963wurdeerzumProfessorfürGeschichtederdeutschenundinternationalenArbeiterbewegungamIfGberufen,eineAufgabe,dieernebenamtlichwahrnahm.1966wurdedeminternationalanerkanntenForscheraufdemGebietderZeitgeschichtederakademischeGradeinesDoktorsderGeschichtswissenschaftenderAkademiederWissenschaftenderUdSSR(Dr.sc.)verliehen.Von1971bis1978wirkteDoernbergalsGe-neralsekretärdesDDR-KomiteesfürEuropäi-scheSicherheitundZusammenarbeitundvon1978bis1982alsVizepräsidentdiesesKomi-tees.Von1987bis1990warerPräsidentdesDDR-KomiteesfürEuropäischeSicherheitundZusammenarbeit.1979wurdeStefanDoern-bergzumVorsitzendendesRatesfürFor-schungenzurInternationalenPolitikernannt.DoernbergwarauchMitglieddesFriedensra-tesderDDR.StefanDoernbergwarMitgliedderSEDundab1990MitgliedderPDS.Ab1991warerMit-gliedunddanneinerderSprecherdesRatesderAltenbzw.desÄltestenratesderPDSundnachderVereinigungvonPDSundWASGzur
106—107
ParteiDIELINKEstellvertretenderVorsitzenderdesÄltestenratesderneuenPartei.DoernbergkandidiertefürdiePDSzurVolkskammerwahlimMärz1990undzurBundestagswahlimDe-zember1990.Von1990anwirkteStefanDoernbergimDeut-schenKomiteefüreuropäischeSicherheitundZusammenarbeitbiszurAuflösungdiesesKo-miteesimJahr2000.1992gehörteProf.Dr.DoernbergzudenGründungsmitgliederndesVerbandes Deutscher in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Be
wegung «Freies Deutschland» e.V. (DRAFD).ErwarseitdererstenHälfteder1990erJahreMit-glieddesVorstandesundab2008VorsitzenderdesDRAFD.Darüberhinausarbeiteteervon1992aninderAlternativenEnquete-Kommis-sion«DeutscheZeitgeschichte»mit.StefanDoernbergstarbam3.Mai2010inBer-lin–kurzvorseinergeplantenAbreisenachMoskau,woeraufEinladungderrussischenRegierungandenFeiernzum65.JahrestagdesSiegesüberdasfaschistischeDeutschlandteilnehmenwollte.
HOOGE, DIETER247
DieterHoogewurdeam26.November1943inOstbevernimMünsterlandgeboren.1957begannereineLehrealsMaschinenschlosserbeiderFirmaWindmöller&HölscherinLen-gerichinWestfalen.DieterHoogetrat1959indieIGMetallein.1966/67besuchteerdieAkademiederArbeitinFrankfurtamMain.Da-nachwarervon1967bis1969alsMitarbeiterderDGB-BundesschuleBadKreuznachtätig.AnschließendarbeiteteeralsJugendbildungs-referentbeimDGBHessen.Von1972bis1978warDieterHoogeLandesjugendsekretärbeimDGBHessen.DanachwirkteeralsReferentfürErwachsenenbildungbeimDGB-Bildungs-
werkHessen.Von1981bis1983arbeiteteeralsLandesgeschäftsführerderGewerkschaftErziehungundWissenschaft (GEW).Von1983bis1991wirkteHoogealsSekretärder
247 DiebiographischeSkizzewurdeam26.April2018mitDie-terHoogeabgestimmt,undseineErgänzungenwurdeneinge-arbeitet.–Vgl.zudenbiographischenAngabenauchAndreasM.Vollmer:Arbeit&sozialeGerechtigkeit–DieWahlalternative(WASG),a.a.O.,S.315/316;MichaelFlörsheimer:(K)eineneuePartei.ZurEntwicklungderParteiDieLinke.URL:http://www.links-netz.de/K_texte/K_floersheimer_dielinke.html(abgerufenam20.04.2018);DieLinken.DerHaudegenDieterHooge.In:FrankfurterRundschau.de,FrankfurtamMain,08.01.2009.URL:http://www.fr.de/rhein-main/die-linken-der-haudegen-die-ter-hooge-a-1126146(abgerufenam20.04.2018).
GewerkschaftÖffentlicheDienste,TransportundVerkehr(ÖTV)inFrankfurtamMainundvon1991bis1995alsDGB-VorsitzenderindieserMetropole.Höhepunktseinerberufli-chenLaufbahnwarvon1995bis2002seineTätigkeitalsLandesvorsitzenderdesDGBinHessen.2004tratDieterHoogewegenderAgenda2010derrot-grünenSchröder/Fischer-Regie-rungnach40JahrenMitgliedschaftausderSPDausundgehörtezudenMitbegründernderWASGinHessen.ZunächstimFrühjahr2004anderGründungder«InitiativeArbeitundsozialeGerechtigkeit»inHessenbetei-ligt,warerimJuli2004GründungsmitglieddesVereinsWASGaufBundesebene.BiszumZusammenschlussderWASGmitderLinks-partei.PDSimJuni2007wirkteDieterHoogealsMitglieddesgeschäftsführendenLandes-vorstandesderWASGHessen.DanachwarernocheinigeJahrealsLandesvorstandsmit-gliedderLINKENinHessentätig.Seit2013isterMitgliedimÄltestenratderParteiDIELINKE.ImAugust2007unterlagDieterHoogeüber-raschendbeiderWahlzumSpitzenkandidaten
derneuenParteiDIELINKEfürdieLandtags-wahlinHessen2008,obwohlervomkommis-sarischenLandesvorstandfürPlatzeinsno-miniertwordenwar.ErverzichtetedaraufhinaufweitereKandidaturenzurLandeslistederPartei.UngeachtetdessentratHoogejedochimWahlkreisFrankfurt/Main-SüdalsKandidatderLINKENzurLandtagswahl2008an.EinJahrspäterscheiterteAndreaYpsilanti(SPD)alsMinisterpräsidentininHessen,undeskamAnfang2009zuNeuwahlen.Hoogekandi-dierteerneutimWahlkreisFrankfurt/Main-SüdundwurdedadurchzueinembeachtetenpolitischenGewichtderParteiinderStadt.ImWahlkampfzurBundestagswahl2009enga-giertesichHoogefürDIELINKEundsetzteda-beivorallemaufdieThemenArbeitundsozialeGerechtigkeitsowieaufdenKampfgegendiePrivatisierungvonWohnungsgesellschaften.DieterHoogewurdeinseinempolitischenLebenzweimalinBundesversammlungenzurWahldesBundespräsidentendelegiert–1999vonderhessischenSPDindie11.und2010vonderParteiDIELINKEinHessenindie14.Bundesversammlung.
108—109
KNAKEWERNER, HEIDI248
HeidiKnake-Wernerwurdeam5.März1943inTomaschow(Łódź/Polen)geboren.NachdemBesuchdesGymnasiumsinWilhelmsha-ven,dassie1964mitdemAbiturabschloss,studiertesieanderUniversitätGöttingenunderwarb1969einenAbschlussalsDiplomsozi-alwirtin.EsfolgteeinewissenschaftlicheTätig-keitandenUniversitätenOldenburgundBre-men.HeidiKnake-WernerwurdedannanderUniversitätOldenburgpromoviert.Anschlie-ßendarbeitetesiealswissenschaftlicheMit-arbeiterinimBereichFamilien-,Bildungs-undIndustriesoziologieanderUniversitätOlden-burg.Ab1984warsiealsMitarbeiterindesBe-zirksvorstandesBremenderDeutschenKom-munistischenPartei(DKP)tätig.1991wurdedieSozialwissenschaftlerinMitarbeiterinderPDS-GruppeimDeutschenBundestag.HeidiKnake-Wernerengagiertesichseit1968politisch–zunächstvon1970bis1981alsMit-gliedderSPD.SieübtezahlreicheFunktionenindieserParteiaus,unteranderemwirktesievon1972bis1976imStadtratvonOldenburg.NachihremAustrittausderSPDwarsievon1981bis1989MitgliedinderDKP.Seit1990engagiertesiesichinderPDS,warMitbegrün-derinderLinkeListe/PDSinBremen,wurdeimJanuar1991indenParteivorstandderPDSge-wählt,warverantwortlichfürdenBereichSozi-
alpolitikundwurdeMitgliedimPräsidiumundimBundesvorstandderPDS.Seit2007istHeidiKnake-WernerMitgliedderParteiDIELINKE.Von1994biszum17.Februar2002warHeidiKnake-WernerMitglieddesDeutschenBun-destages,indensieüberdieLandeslistederPDSSachsen-Anhalteinzog.Inder13.Wahl-periodedesDeutschenBundestageswirktesiealsMitgliedimAusschussfürArbeitundSozia-lordnungundalsstellvertretendesMitgliedimAusschussfürGesundheit.Von1994bis1998arbeitetesiealsstellvertretendeGruppenvor-
248 Angabennach:ADS,BestandPDSimDeutschenBundestag(13.Wahlperiode)(BT/13.WP)-001,Bl.1,5,13/14,31,39,265und299;ADS,BestandPDSimDeutschenBundestag(14.Wahl-periode)(BT/14.WP)-0002,Bl.45,62,130und137;AmtlichesHandbuchdesDeutschenBundestages,14.Wahlperiode(Stand:01.März2002),hrsg.vomDeutschenBundestag,bearbeitetvonderBundestagsverwaltung,ReferatParlamentsarchiv,Rhein-breitbach2002,TeilV.BiographischeAngabenderAbgeordne-ten,S.282;KürschnersVolkshandbuchDeutscherBundestag,14.Wahlperiode(Stand:16.November2001),Rheinbreitbach2001,S.146;Linke(wieder)imBundestag.MitderRedevonSte-fanHeym,Hrsg.:BundestagsgruppePDS,Bonn[1994],S.13und30;AbgeordnetenhausBerlin,15.Wahlperiode2001–2006(Stand:1.Juni2003),Rheinbreitbach2003,S.114;AbgeordnetenhausBer-lin,16.Wahlperiode2006–2011(Stand:29.März2007),Rheinbreit-bach2007,S.38;HeidiKnake-Wernergeht,CarolaBluhmkommt.In:Welt,Berlin,12.07.2009.URL:https://www.welt.de/politik/deutschland/article4105931/Heidi-Knake-Werner-geht-Carola-Bl-uhm-kommt.html(abgerufenam10.03.2018);HeidiKnake-Werner.In:Wikipedia.DiefreieEnzyklopädie.URL:https://de.wikipedia.org/wiki/Heidi_Knake-Werner(abgerufenam10.03.2018).
sitzendederPDS-Bundestagsgruppe,alsLeite-rindesArbeitsbereichesIII«Arbeitsmarkt-undSozialpolitik»undalsarbeitsmarkt-undsozial-politischeSprecherinderPDSimBundestag.Inder14.WahlperiodedesDeutschenBun-destageswarHeidiKnake-Wernerstellver-tretendeVorsitzendedesAusschussesfürArbeitundSozialordnungundVorsitzendeder Deutsch-Portugiesischen Parlamen-tariergruppe.Von1998bisOktober2000wirktesiealsstellvertretendeVorsitzendederPDS-Fraktion,vonOktober2000bisJanuar2002alsParlamentarischeGeschäftsführerinderPDS-Fraktion.HeidiKnake-WernerwirktealsarbeitsmarktpolitischeSprecherinderPDS-FraktionundwarMitgliedinderArbeits-gruppe«Arbeit/Soziales/Gesundheit»sowie
imArbeitskreis«Gewerkschafts-undBündnis-politik»derPDS-Fraktion.Vom17.Januar2002bisNovember2006ar-beiteteHeidiKnake-WerneralsSenatorinfürGesundheit,SozialesundVerbraucherschutzinBerlin.Vom23.November2006bis15.Ok-tober2009wirktesiealsSenatorinfürIntegra-tion,ArbeitundSozialesinBerlin.VonOktober2006bis15.April2007warsieMitglieddesAbgeordnetenhausesvonBerlin.ImOktober2010wähltederLandesverbandBerlinderVolkssolidarität,einWohlfahrtsverband,der2014regional18.500Mitgliederhatte,HeidiKnake-WernerzuseinerVorsitzenden.ImOk-tober2014wurdesieindiesemAmtbestätigt.SeitOktober2015gehörtHeidiKnake-WernerdemÄltestenratderParteiDIELINKEan.
KUCZYNSKI, JÜRGEN249
JürgenKuczynskiwurdeam17.September1904inElberfeldgeboren.NachdemGymna-siumstudierteervon1922bis1924Philoso-phie,FinanzwirtschaftundStatistikinBerlin,ErlangenundHeidelbergundpromovierte1925inErlangenzumThema«Derökonomi-scheWert».Von1926bis1929weilteerindenUSA,betriebPostgraduateStudiesanderBrooking-SchoolWashingtonundleitete
1927bis1928dieForschungsabteilungderAmericanFederationofLabor.1929bis1934
249 Angabennach:HelmutMüller-Enbergs,JanWielgohs,Die-terHoffmann,AndreasHerbst,IngridKirschey-Feix(Hrsg.):WerwarwerinderDDR?A.a.O.,Bd.1,A–L,S.739/740;MeyersNeuesLexikon.Zweite,völligneuerarbeiteteAuflageinacht-zehnBänden,Bd.8,Leipzig1974,S.219;ChronikderPDS.1989bis1997,a.a.O.,S.503.
110—111
wirkteKuczynskialsMitherausgeberder«Fi-nanzpolitischenKorrespondenz».1930traterindieKPDein,arbeitetevon1930bis1933alsWirtschaftsredakteurderKPD-Zeitung«RoteFahne»,lehrteanderMASCHundleitetedieAbteilungInformationinderReichsleitungderRGO.Von1933bis1936wareranderillega-lenArbeitinderKPD-Reichsleitungbeteiligt.1936emigrierteJürgenKuczynskinachGroß-britannienundwirktebis1944alsMitgliedderKPD-LeitunginEngland.IndieserZeitwarerMitarbeiterinderRedaktionvon«LabourMonthly»unddesDeutschenFreiheitssenders29,8.ImJahr1939gehörteerzudenMitbe-gründerndesFreienDeutschenKulturbundes.Von1944bis1945warerwissenschaftlicherMitarbeiterdesUnitedStatesStrategicBom-bingSurveyundOberstderUS-Armee.NachdemEndedesZweitenWeltkriegswurdeJürgenKuczynski1945PräsidentderZentralverwaltungfürFinanzen.1946traterindieSEDein.Von1946bis1956arbeiteteeralsordentlicherProfessoranderUniversitätBerlinundgründeteundleitetedasdortigeInstitutfürWirtschaftsgeschichte.ZeitweisewarerDekanderWirtschaftswissenschaftlichenFa-kultät.Von1949bis1952wirkteernebenamt-lichalsDirektordesDeutschenWirtschafts-instituts.Von1947bis1950warerPräsidentderGesellschaftzumStudiumderKulturderSowjetunion,von1949bis1958Abgeordne-
terderVolkskammerderDDR.1955wurdeKuczynskiOrdentlichesMitgliedderDeut-schenAkademiederWissenschaften(DAW).1956bis1968fungierteeralsLeiterderAb-teilungWirtschaftsgeschichtedesInstitutsfürGeschichtebzw.alsDirektordesInstitutsfürWirtschaftsgeschichtederDAW.Von1957bis1959sahersichRevisionismus-Vorwürfenausgesetzt.Von1965bis1979warJürgenKu-czynskiVorsitzenderdesNationalkomiteesderWirtschaftshistoriker.1968wurdeeremeri-tiert.DerauchinternationalhochangeseheneWissenschaftlerwurdemitderEhrendoktor-würdederUniversitätenBerlin(Humboldt-Uni-versität),Dresden(TechnischeUniversität)undHalle(Martin-Luther-Universität)bedacht.Erwarseit1976auswärtigesMitgliedderAka-demiederWissenschaftenderUdSSR,FellowderRoyalStatisticalSocietyLondonundzeit-weiligMitglieddesExekutivkomiteesderIn-ternationalEconomicHistoryAssociation.JürgenKuczynskigiltalsNestorderDDR-Ge-schichtswissenschaft.Erhataufnahezual-lenGebietenderGeistes-undSozialwissen-schaftenpubliziert.SeineBibliographieweistnahezu4.000Publikationenauf.Kuczynskiwurdebesondersdurchzahlreichewissen-schaftlicheSchriftenüberdieSituationderArbeiterimKapitalismusbekannt.SeinOpusMagnumist«DieGeschichtederLagederAr-beiterunterdemKapitalismus»in40Bänden.
WeitereArbeitenerschienenzurEntwicklungdesImperialismus.Erwähnenswertsindins-besondereseine«StudienzurGeschichtederGesellschaftswissenschaften»(zehnBände)undzur«GeschichtedesAlltagsdesdeut-schenVolkes»(fünfBände).ZudemwarderWirtschaftshistorikerjournalistischtätig.Sei-nemEinflussinsbesondereaufErichHone-
ckerundseinemEngagementverdanktendieMitarbeiterdesvonihmgegründetenInstitutsfürWirtschaftsgeschichtebis1989,dasssieimGegensatzzuKollegenananderenwissen-schaftlichenEinrichtungenrelativfreiforschenkonnten.JürgenKuczynskistarbam6.August1997.ErwarbiszuletztimRat der AltenderPDSaktiv.
MEBEL, MORITZ250
MoritzMebelwurdeam23.Februar1923inErfurtgeboren.1932emigrierteermitseinenElternindieUdSSR.InMoskaubesuchteerdieKarl-Liebknecht-Schule,ab1937die118.Mit-telschule.1938wurdeerMitglieddesKomso-mol.NachdemMoritzMebel1940dasAbiturabgelegthatte,studierteeram1.Medizini-schenInstitutinMoskauMedizin.VonOkto-ber1941bis1947leisteteerMilitärdienstinderRotenArmee,u.a.alsOffizierderPolit-Ab-teilungder53.Armee.1943erhielterdenso-wjetischenOrdenRoterSternund1944denOrdendesVaterländischenKrieges.Von1943bis1958warMebelMitgliedderKommunisti-schenParteiderSowjetunion(KPdSU).Von1945bis1947warMoritzMebelalsOffi-zier(zuletztalsOberleutnant)inderAbteilungPropagandaderSowjetischenMilitäradminis-
trationinDeutschland(SMAD)tätig.Ab1947setzteerseinMedizinstudiuminMoskaufortundschlosses1951mitdemExamenamMoskauerMedizinischenInstitutab.Von1951bis1954arbeiteteeralsOberarztundChirurgimKreiskrankenhausKeila(Estland).Von1954bis1958warMebelAspirantamLehrstuhlfürUrologiedesZentralinstitutsfürÄrztlicheFort-bildunginMoskau,woer1958promovierte.ImgleichenJahrübersiedelteMoritzMebelindieDDRundtratindieSEDein.Ab1958wareralsUrologeinverschiedenenKlinikeninBerlintätig.Von1958bis1960fungierteeralsAs-
250 Vgl.HelmutMüller-Enbergs,JanWielgohs,DieterHoff-mann,AndreasHerbst,IngridKirschey-Feix(Hrsg.):WerwarwerinderDDR?A.a.O.,Bd.2,M–Z,S.859.
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sistentanderChirurgischenKlinikderCharitéderHumboldt-UniversitätBerlin.IndieserZeiterhielter1959dieMedaillefürKämpfergegendenFaschismus.Von1960bis1962arbeiteteMebelimStädtischenHufeland-Krankenhaus.Nachdemersich1963habilitierthatte,wirkteerbis1981alsChefarztderUrologischenKli-nikundPoliklinikdesStädtischenKrankenhau-sesBerlin-Friedrichshain.SeitJuni1962warMoritzMebelamAufbaudeserstenNieren-transplantationszentrumsinderDDRbeteiligt.1967führteerinZusammenarbeitmitdenPro-fessorenHaraldDutzundOttoProkopdieersteerfolgreicheNierentransplantationinderDDRdurch.Seit1970lehrteeralsordentlicherPro-fessorfürUrologieanderHumboldt-Universi-tätzuBerlin(Charité).Von1982bis1988warerChefderUrologischenKlinikderCharité.Von1967bis1971warMoritzMebelMitgliedderStadtverordnetenversammlungBerlin.1970erhielterdenVaterländischenVerdienst-
orden.Mebelwarab1971Kandidatundvon1986bis1989MitglieddesZentralkomitees(ZK)derSED.1972erhielterdenNationalpreisderDDR.1973wurdeerKorrespondierendesund1975OrdentlichesMitgliedderAkademiederWissenschaftenderDDR.1983erhielterdieEhrenspangezumVaterländischenVer-dienstordenund1988denKarl-Marx-Orden.Von1983bis1990wirkteeralsVorsitzenderdesKomitees«ÄrztederDDRzurVerhütungeinesNuklearkrieges»,derDDR-SektionvonInternationalPhysiciansforthePreventionofNuclearWar.MebelwarOrdentlichesAus-wärtigesMitgliedderAkademiederMedizini-schenWissenschaftenderUdSSRundistseit1992AuswärtigesMitgliedderRussischenAkademiederWissenschaften.Eristseit1990MitgliedderPDSundwarinden1990erJah-reneinerderdreiSprecherdesRatesderAltendieserPartei.
MODROW, HANS251
HansModrowwurdeam27.Januar1928inJasenitz(KreisUeckermünde)geboren.NachdemBesuchderVolksschuleerlernteervon1942bis1945denBerufeinesMaschinen-schlossers.Noch1945wurdeerzumVolks-sturmeingezogenundgerietinsowjetischeKriegsgefangenschaft.DortbesuchteHansModroweineAntifa-Schule.1949ausderKriegsgefangenschaftzurückgekehrt,arbei-teteeralsMaschinenschlosser.Von1949bis1961arbeiteteHansModrowinBrandenburg,MecklenburgundBerlininverschiedenenFunktioneninderFreienDeutschenJugend(FDJ)undstudiertevon1952bis1953anderHochschuledesKomsomolinMoskau.Von1953bis1961übteerdieFunktionendes1.SekretärsderFDJ-BezirksleitungBerlinunddesSekretärsdesZentralratsderFDJaus.Von1954bis1971warerMitgliedderSED-Be-zirksleitungBerlin.Von1954bis1957absol-vierteHansModrowimFernstudiumdiePar-teihochschule«KarlMarx»derSozialistischenEinheitsparteiDeutschlands(SED)inBerlinundschlossdasStudiumalsDiplom-Gesell-schaftswissenschaftlerab.Von1959bis1961folgteeinexternesStudiumanderHochschulefürÖkonomieinBerlin-Karlshorst,daserer-folgreichmitdemAbschlussalsDiplom-Wirt-schaftlerbeendete.AnderHumboldt-Univer-
sitätzuBerlinpromovierteer1966zumDr.rer.oec.miteinerArbeitzusoziologischenProble-menderWirtschaftsleitung.Von1961bis1967arbeiteteHansModrowals1.SekretärderKreisleitungderSEDinBerlin-Köpenickundvon1967bis1971alsSekretärfürAgitationundPropagandainderSED-BezirksleitungBerlin.Danachwarerbis1973alsLeiterderAbteilungAgitationdesZKderSEDtätig,demervon1958bis1967als
251 Vgl.ADS,BestandPDS-FraktioninderVolkskammerderDDR(10.Wahlperiode)(Kurzform:VK/10.WP),Signatur062,Blatt210;ADS,BestandPDSimDeutschenBundestag(12.Wahlperiode)(Kurzform:BT/12.WP),Signatur003,Blatt184/85,188,190–192,198,202,273,277/78,281/82,286/87,291/92und296/97;ChristopherHausmann:BiographischesHandbuchder10.VolkskammerderDDR(1990),Köln,Weimar,Wien2000,S.151;Klaus-J.Holzapfel(Hrsg.):KürschnersVolkshandbuchDeutscherBundestag.12.Wahlperiode1990,71.Aufl.,Stand:1.November1993,Rheinbreitbach1993,S.173und295;Hel-mutMüller-Enbergs,JanWielgohs,DieterHoffmann,AndreasHerbst,IngridKirschey-Feix(Hrsg.):WerwarwerinderDDR?A.a.O.,Bd.2,M–Z,Berlin2010,S.895;DasFischerLexikonPersonenderGegenwart.BiographienausPolitik,WirtschaftundKulturvon1945bisheute,FrankfurtamMain2000,Sp.519/520;VondenAnfängen.EineillustrierteChronikderPDS.1989–1994,a.a.O.,S.139;PeterSchindler:DatenhandbuchzurGeschichtedesDeutschenBundestages1949bis1999.Ge-samtausgabeindreiBänden,Baden-Baden1999,Bd.I,S.1005,Bd.II,S.1598,Bd.III,S.3759,3802und3881;EuropäischesParlament.Abgeordnete.HansModrow.URL:http://www.eu-roparl.europa.eu/meps/de/4301/HANS_MODROW_home.html(abgerufenam12.03.2018).
114—115
Kandidatundvon1967bis1989alsMitgliedangehörte.1973wurdeHansModrowzum1.SekretärderBezirksleitungDresdenderSEDgewählt.Inden1980erJahrenkameszunehmendzuMeinungsverschiedenheitenzwischenihmundParteichefErichHoneckerüberFührungs-stilundSinnsozialistischerPolitikundüberdievonKPdSU-GeneralsekretärMichailGorbats-chowverfolgtePerestroika-Politik.WährenddasPolitbürodesZKderSEDinihmdaherei-nenungeliebtenAbweichlererblickte,ließihndiesfürvieleinderSED,aberauchinderBRD,zumReformerundHoffnungsträgerwerden.AnfangOktober1989gehörteHansModrowzudenInitiatorendesDresdenerDialogsmitderoppositionellen«Gruppeder20».Vom8.Novemberbiszum3.Dezember1989ge-hörteerdemPolitbürodesZKderSEDan.Am13.November1989wählteihndieVolks-kammerderDDR,derenMitgliedervon1958bis1990war,zumVorsitzendendesMinis-terratesderDDR.HansModrowbildeteeineRegierungausVertreternderSED,derDemo-kratischenBauernparteiDeutschlands(DBD),derChristlich-DemokratischenUnion(CDU),derLiberal-DemokratischenParteiDeutsch-lands(LDPD)undderNational-Demokrati-schenParteiDeutschlands(NDPD)–«…eineRegierungderKoalition,einesneuverstande-nen,kreativenpolitischenBündnisses»252.Am
1.Februar1990unterbreiteteerdasKonzept«FürDeutschland,einigVaterland»undbil-deteam5.Februar1990mitVertreternvomRundenTischdie«RegierungdernationalenVerantwortung»,diedieAmtsgeschäftebiszum12.April1990führte.DankHansModrowalsMinisterpräsidentenvollzogsichderÜber-gangvonderHonecker-ÄraindemokratischeVerhältnisseinnenpolitischgeordnetundau-ßenpolitischberechenbar.Inder10.WahlperiodederVolkskammerderDDRvomMärzbiszumOktober1990gehörteHansModrowdemAusschussfürDeutscheEinheitderVolkskammeralsoffiziellesMit-gliedan.ErwarMitgliedderPDS-FraktionundarbeiteteimArbeitskreisAußen-,Sicherheits-undDeutschlandpolitikderFraktionderPDSmit.MitdemBeschlussderVolkskammerderDDRvom28.September1990wurdeerabOktober1990indenDeutschenBundestagentsandt.ErgehörtedanndemDeutschenBundestagbiszumEndeder12.Wahlpe-riode1994anundwirkteimAuswärtigenAusschussundimEG-AusschussdesParla-mentesmit.AußerdemgehörteModrowderdeutsch-japanischenundderdeutsch-sowje-tischenParlamentariergruppean.InderAb-
252 RegierungserklärungdesVorsitzendendesMinisterratesandieVolkskammerderDDR(Entwurf).In:ADS,BestandMo-drow-003,Bl.2.
geordnetengruppederParteidesDemokrati-schenSozialismus/LinkeListe(PDS/LL)nahmerdieFunktioneinesaußenpolitischenSpre-cherswahrundhattedenVorsitzimArbeits-kreisI«Friedens-,Außen-undEntmilitarisie-rungspolitik»inne.Von1999bis2004warHansModrowMitglieddesEuropäischenParlamentsundgehörtederKonföderalenFraktionVereinteEuropäischeLinke/NordischeGrüneLinke(GUE/NGL)an.DortarbeiteteeralsMitgliedimAusschussfürEntwicklungshilfe,alsstellvertretendesMitgliedimAusschussfürHaushaltskon-trolleundingleicherFunktionimAusschussfürauswärtigeAngelegenheiten,Menschen-rechte,gemeinsameSicherheitundVerteidi-gungspolitik.Erwarzudemvon1999bis2004StellvertretenderVorsitzenderderDelegationimgemischtenparlamentarischenAusschussEU–TschechischeRepublik.AufdemAußerordentlichenParteitagderSED/PDSimDezember1989wurdeHansModrowzumstellvertretendenVorsitzendenderParteigewählt.Vom25.Februar1990biszurGrün-dungderParteiDIELINKEimJuni2007warerEhrenvorsitzenderderPDS.VonderKonstitu-ierungdesÄltestenratesderParteiDIELINKEimDezember2007anarbeiteteralsdessenVorsitzender.
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DOKUMENTE
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SATZUNG DES ÄLTESTENRATES
DER PARTEI DIE LINKE253
Beschlossen in der Sitzung des Ältestenrates am 15. Dezember 2011, bestätigt in der Sitzung des Geschäftsführenden Parteivorstandes am 21. Januar 2012
1.DieTätigkeitdesÄltestenrates(imFolgen-den«Rat»)vollziehtsichaufderGrundlageundinDurchführungvon§20Abs.7derBundes-satzungderParteiDIELINKE:«DerParteivor-standberuftalsKonsultationsgremiumeinenÄltestenrat.DerÄltestenratberätauseigenerInitiativeoderaufBittedesParteivorstandeszugrundlegendenundaktuellenProblemenderPolitikderPartei.ErunterbreitetVorschlägeoderEmpfehlungenundbeteiligtsichmitWortmeldungenanderparteiöffentlichenDe-batte.»LeitliniefürseineTätigkeitistdasPro-grammderParteiDIELINKE.
2.DerVorsitzende/dieVorsitzende(imFol-genden«derVorsitzende»)desRatswirdvomParteivorstandberufen.FürdieBerufungderanderenMitgliederdesRatsdurchdenPar-teivorstandunterbreitetderVorsitzendena-mentlicheVorschläge.ErforderlichwerdendeNeuberufungenvonMitgliederndesRatswer-dennachdemselbenModusvorgenommen.DieMitgliedschaftimRatsolldieZahl20nicht
überschreiten.DerRatwähltbiszudreiStell-vertreter/StellvertreterinnendesVorsitzenden,diedenVorsitzendenbeidessenVerhinderungvertreten.
3.DerVorsitzendeleitetdieTätigkeitdesRates.IhmobliegtdieVerbindungmitdemParteivor-standunddemGeschäftsführendenParteivor-standsowiedieVertretungdesRatesnachau-ßen.DerVorsitzendenimmtalsständigerGastanSitzungendesParteivorstandesteiloderbeauftragteinenVertretermitderTeilnahme.
4.DerRattagtinderRegelvierMalimJahr.DieTagungenwerdenvomVorsitzendenmitdemVorschlageinerTagesordnungeinberufen.DieTagungensindöffentlich.Ausnahmenbe-schließtderRat.MitgliederdesParteivorstandskönnenandennichtöffentlichenTagungenteil-nehmen.DerVorsitzendekannGästezudenTa-gungeneinladen.EswirdeinProtokollgeführt.DieMitgliederderParteiunddieÖffentlichkeitwerdeningeeigneterWeise(Presseerklärun-gen,Internet,DisputundandereparteiinterneundparteiöffentlicheWege)vomVerlaufundErgebnisderTagungenunterrichtet.
253 Quelle:DIELINKE.:SatzungdesÄltestenrates.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltes-tenrat/satzung-des-aeltestenrates/(abgerufenam28.02.2018).
5.JedesMitglieddesRateshatdasRecht,VorschlägezurTagesordnungundEntwürfevonDokumentenzurBeratungeinzubringen.DieVerabschiedungvonDokumentendesRa-teserfolgtinoffenerAbstimmungnachdemKonsensprinzipoder,aufVerlangeneinesMit-glieds,mitZweidrittel-Mehrheit.JedesMit-gliedhatdasRecht,abweichendeMeinungenzuDokumentendesRateszuerklären.
6.DievomRatverabschiedetenDokumentewerdendemParteivorstandübergeben.DerVorsitzendeunterrichtetdenRatüberdieRe-sonanzaufVorschlägeundEmpfehlungen.
7.DerRatunterbreitetdemParteivorstandunddemBundesausschussVorschlägefürdieTeil-nahmevonVertreterndesRatsanParteitagenalsDelegiertemitberatenderStimme.
8.DieFinanzierungderTätigkeitdesRatser-folgtimRahmenderimFinanzplanderParteifürdenParteivorstandvorgesehenenMittel.DiefürdieTätigkeitdesRatserforderlicheIn-frastrukturundLogistikwirddurchdasBürodesParteivorstandsgewährleistet.
9.DieSatzungdesRatesbedarfderBestäti-gungdurchdenParteivorstand.
ERKLÄRUNGEN UND
STELLUNG NAHMEN
Erklärung des Rates der Alten: Wir brauchen Meinungsvielfalt und gemeinsames Handeln (1991) 254
WirMitstreiterimRatderAltenwarenMitglie-derderSED,vielevonunsgehörtenvorheran-derenlinkenParteienundOrganisationenan.SeitunsererJugendnahmenwir–diemeis-tenunterEinsatzvonFreiheitundLeben–amKampfgegendenFaschismus,fürFriedenundeinesozialistischeAlternativezumkapitalisti-schenSystemteil.WirsindinunseremLebendurchHöhenundTiefengegangen,habenun-sereParteistarkundschwacherlebt,alslegaleOrganisationundinderIllegalität.DieSEDinihremParteiverständnisvermochteesnicht,diesozialistischenIdealeinderDDRzuverwirklichen.WirbekennenunszuunsererMitverantwortungdafür.UnsereVergangenheitundwasjetztdiePolitikderführendenkapitalis-tischenIndustriestaatenbestimmt,bestärkenunsinderÜberzeugung,daßdemokratischerSozia-lismusheutefürdieMenschheitnotwendigeristdennje.DieglobalenWidersprüche,fürdiederKapitalismusdieHauptverantwortungträgt,trei-bendieMenschheitletztlichindenUntergang.
254 UndatiertesDokument,ca.EndeNovember/AnfangDezem-ber1991.Quelle:ADS,PDS-PV-039,Bl.18.
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AllunsereErfahrungensagenuns,daßdiePar-teidesDemokratischenSozialismusdiePrü-fungenauchdieserheutigenZeitbestehenundzuneuerKraftfindenwird.UnserStrebennacheinerAlternativezujenemSystem,dasdieVöl-kerinzweiverheerendeWeltkriegestürzte,dasdieKraftdesAtomszurMenschenvernichtungmißbrauchte,dasunzähligeMenschenzuDau-erarbeitslosigkeit,Obdachlosigkeitundsozia-lerNotverdammt,dasganzeVölkerindenEnt-wicklungsländernverelendenundverhungernläßt,dasdiebegrenztenRessourcenderWeltsinnlosvergeudet,warundistberechtigt.MitgroßerSorgesehenwirdasAnwachsenvonRechtsradikalismus,RassismusundNati-onalismusinDeutschland.WirsehenDemo-kratie,HumanismusundMenschenwürdebedroht.MitallenMittelnversuchendieherr-schendenKreise,linke,besonderssozialisti-scheOppositionmundtotzumachen.IneinersolchenSituationmußdiePDSihreKräftezu-sammenfassenimKampffürAbrüstungundEntmilitarisierung,fürdieVerteidigungderMenschenrechteinihrerGesamtheit,gegendieZerstörungvonIndustrie,Landwirtschaft,WissenschaftundKultur,gegenpolitischeundsozialeAusgrenzungganzerBevölkerungs-gruppen,voralleminOstdeutschland.UnsereErfahrungenbesagen,daßDemokratie,sozialeGerechtigkeitundwachsendeLebens-qualitätnurimZusammenwirkenvielfältiger
politischerKräfteerreichtwerdenkönnen.ImParlamentwieinBürgerbewegungen,aufin-ternationalemwiekommunalemGebiet,inei-nerpluralistischenGesellschaft.DiesschließtsachlichenMeinungsstreitauchinderPDSselbstein.DabeidarfdiegeschichtlicheEr-fahrungnichtignoriertwerden,daßnichtnurerzwungene«EinheitundGeschlossenheit»,sondernauchdasFehlenvonÜbereinstim-mungdieParteizerstörenkann.Unseroffener,schonungsloserMeinungsstreitmußzugemeinsamerPolitik,zugemeinsamenAktionenführen.Dannwerdenwirebensode-neneinguterPartnersein,diederunheilvollenEntwicklunginDeutschlandWiderstandentge-gensetzen.Vonderkommenden3.Tagungdes2.ParteitagsderPDSerhoffenunderwartenwireinenentschiedenenSchrittindieseRichtung.
Unverwechselbares sozialistisches Profil. Brief des Ältestenrates an den Parteivorstand der PDS (27. September 2002)255
LiebeGenossinnenundGenossendesPartei-vorstandesderPDS!DiesesPapierentstandnacheinergründlichenAusspracheineinerBeratungdesÄltestenratsam25.Septem-
255 Quelle:DIELINKE.PDS:DokumentedesÄltestenratesundsei-nerMitglieder.URL:http://archiv2007.sozialisten.de/partei/struk-turen/aeltestenrat/dokumente/view_html?zid=339&bs=1&n=6(abgerufenam05.03.2018).
ber2002.AufderGrundlagederBewertungderSituationfürdieParteinachdenBundes-tagswahlendurchdieGenossinGabiZimmer,derenAusführungenvonallenAnwesendenausdrücklichunterstütztwurden,richtenwirfolgendenBriefandenParteivorstand:DieBundestagswahlenendetenmiteinereklatantenNiederlagederPDS.Diesewareinschneidenderundverhängnisvolleralser-wartet.DieUrsachenmüssenweiterhininei-nerkonstruktivenundkritischenAtmosphäregründlichanalysiertwerden.EineEntschei-dungübereinenechtenPolitikwechselstandbeidenbeidenHauptkonkurrentennichtzurWahl.EsbleibtbeidervonunsformuliertenPo-sition:Zwingenderdennjeisteinestarke,auchaußerparlamentarischeOppositiongegendasherrschendeunsozialeSysteminderBRD,dasinsbesonderefürdieMassenarbeitslosigkeit,dieklaffendenLückenimBildungs-undGe-sundheitswesen,fürwachsendeRüstungsaus-gaben,verbundenmiteinernichtdurchschau-bareninternationalenPolitikverantwortlichist.MehralsbisherbrauchtunserLanddiePDSalsParteimiteinemunverwechselbarensozialisti-schenProfil,alskonsequenteFriedenskraft,alsPartei,diesichderungezügeltenDominanzdesGroßkapitalsindiesemLandemitihrenschlim-menFolgenfürdieelementarenLebensrechtederMenschenentgegenstellt.DeshalbsolltendiekritischeDiskussionüberInhaltundProfil
unsererPolitik,besondersinderletztenWahl-periodesowiedieGrundlinienundGrundwerteunsererProgrammatikimMittelpunktdesbevorstehendenGeraerParteitagesstehen.PersonelleEntscheidungensolltennachAb-wägungallerstatutarischenundgesetzlichenMöglichkeitensachlichdurchdachtwerden.Wirgehennichtdavonaus,dassderParteivor-standinnerhalbvondreiWochenalleherange-reiftenProblemehinreichendanalysierenundmaximaleLösungsvariantenvorschlagenkann.Allesmussguterwogensein,nichtsdarfdemZufallodergaraugenblicklichenStimmungenüberlassenwerden.DerÄltestenratderPDSunterbreitetdeshalbfolgendeAnregung:DieNeuwahldesPartei-tagesfürdiePeriodedes8.Parteitagessolltedifferenzierterfolgen.AufdemGeraerPartei-tagsolltediestatutarischfestgelegteWahldesParteivorstandeserfolgen,abergleichzeitigdurchBeschlussfestgelegtwerden,ineinemüberschaubarenkurzenZeitraummöglicher-weiseeinenSonderparteitagdurchzuführen,derdieChancebietet,dieZusammensetzungdesParteivorstandesneuzubestätigen.DamitwirdZeitfüreineweiteregründlicheAnalysederLagegewonnenundzugleichauchderBa-sisderParteimitihrenStandpunktenundVor-schlägennochmehrMitspracheermöglicht,umsieindienotwendigenVeränderungenderParteientwicklungeinzubeziehen.Daswürde
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dieMöglichkeitbieten,weitereerforderlicheVeränderungenzurErneuerungderParteivor-zunehmen.MitsozialistischenGrüßenSprecherdesÄltestenratesderPDS,27.September
Verändert Europa! Für eine alternative Europapolitik! Stellungnahme des Ältestenrates zum Madrider Kongress der Europäischen Linken (EL) (19. Dezember 2013)256
DasMottodesMadriderKongressesderEu-ropäischenLinken(EL)standauchimMittel-punktderDebattedesÄltestenratsam19.De-zember2013zurAuswertungdesKongresses.GrundlagewarenBerichtederKongressteil-nehmerClaudiaHaydt,wiedergewähltindenVorstandderEL,HeinzBierbaum,MitglieddesGfPV,undOliverSchröder,LeiterdesBe-reichesInternationalePolitik.SieinformiertenüberdieBeratungunddieWahleninMadrid.AufdemKongresswurdeeinnachintensiverDebatteinMitgliederparteienderELentstan-deneszentrales«PolitischesDokument»dis-kutiertundalsArbeitspapiervonüber93%derDelegiertenverabschiedet.AußerdembeschlossderKongresssechsthematischeSchwerpunktefürdenEuropawahlkampfundentschiedindiesemZusammenhang,denVi-zepräsidentenderELAlexisTsipras(SYRIZA–Griechenland)alsgemeinsamenKandidaten
fürdieWahlzumKommissionspräsidentenderEUaufzustellen.DamitbekommenderEu-ropawahlkampfderLINKENunddasKonzepteinesanderenEuropaein«Gesicht»!DerÄltestenratbittetdenParteivorstand,diewichtigstenAussagendesKongressesschrift-lichundinMitgliederversammlungeninderParteibekanntzumachen.UmeinenständigenlinkenDiskussionspro-zesszugestaltenbeschlossderKongresswei-ter,einjährlichtagendes«ForumderAlterna-tiven»zugründen,zudemauchTeilnehmerüberdieELhinauseingeladenwerdensollen.SchließlichwurdeeineneuekollegialePräsi-dentschaftmitPierreLaurent(Kommunisti-scheParteiFrankreichs)als(wiedergewähltem)PräsidentundvierweiterenVizepräsidentenausGriechenland,Spanien,Portugal,BulgariensowieDieterDehm(DIELINKE–Deutschland)alsSchatzmeistergewählt.InderintensivenDiskussiondesÄltestenra-teswurdenjeneErgebnissedesKongresseshervorgehoben,dieausunsererSichtbeson-dersbedeutsamfürdieEntwicklungderParteiDIELINKEundihrpolitischesWirkenvorallem
256 Quelle:DIELINKE.:DokumentedesÄltestenratesundseinerMitglieder.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/veraendert-europa-fuer-eine-alternati-ve-europapolitik/(abgerufenam14.03.2018).
inderVorbereitungderEuropawahlensind.DieTatsache,dassalleEntscheidungendesKongressesmitinderRegel80ProzentundzumTeilmehrZustimmunggetroffenwurden,verdeutlichtdenWillenderMitgliedsparteienzugemeinsamemHandeln.Obwohleszuver-schiedenenProblemenunterschiedlicheAuf-fassungenundStandpunktegabundsicherauchweitergibt,gemeinsamwarderWille:VerändertEuropa!UnddazubrauchteseinestarkeLinke,eineLinke,diePolitikfürdieMen-schenmacht!DiesesErgebnisisteinZeichenfürdieEntwicklungderELundfürdieLinkeinjedemeinzelneneuropäischenLand!Das«PolitischeDokument»skizziert,vorwel-chenAufgabendieEuropäischeLinkestehtundwelcheRollesieindengesellschaftlichenAuseinandersetzungenspielenwill.Esver-stehtsichalsprogrammatischeGrundlagefürdiekommendenzweiJahre.Inihmwirdbegründet,dassdieEuropäischeUnion(EU)inihrergegenwärtigenVerfasstheitmitdenentsprechendenInstitutionenkeinegeeigneteGrundlagefüreinesolidarischeEntwicklungderEUundfüreinePartnerschaftmitihreneuropäischenNachbarndarstellt.DerLissa-bon-VertragistdafürdasgrundlegendeHin-dernis,erverhinderteindemokratischesundsozialesEuropa,wiewirLinkeeswollen,dennseinZielist,nichtdenMenschen,sonderndenMärktenzudienen.
EinNeustartisterforderlich!Ohneeinefun-damentaleNeugründungderEuropäischenUnionundihrerStrukturenwirdeskeineZu-kunftfüreinsolidarisches,friedliches,demo-kratischesEuropageben!SolautetdieFor-derungdesKongresses.DieentscheidendeKonsequenzfürdielinkenKräfteundParteieninEuropaist:WerdieEUindiesemSinnever-ändernwill,mussindenbeteiligtenStaatenfürentsprechendeVeränderungenkämpfen.ZentralesMomentdieserKämpfemusssein:HerstellungdemokratischerSouveränität,dennDemokratieverliertihrenWert,wennTroika,FinanzmärkteundBankenmehrMachthabenalsgewählteRegierungen.VorallemdiedeutscheBundesregierungunterAngelaMerkelhateinensolchenantidemokra-tischenProzessinderEUbesondersintensivvorangetrieben.IhreVorreiterrolledabeiistnichtzuübersehenundwirdvonRegierungenandererLändermitArgwohnverfolgt.DieseRolleerforderteineprinzipielleKritikundBe-kämpfungmitallenzurVerfügungstehendenMittelndurchdiedeutscheLinke,allenvorandurchunsereParteiDIELINKE.DasgiltauchfüreinekritischeSichtaufdieneueRegierungderGroßenKoalition.AusdergrundlegendenAblehnungderjetzi-genVertragsgrundlagenundderpolitischenPraxisderEUsowiederForderungnachei-nem«Neustart»derEUdurchdieEuropäische
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LinkeleitetderÄltestenratdieEmpfehlungab,denfürdenHamburgerParteitagvorgelegtenEntwurfdesEuropawahlprogramms,indemAnsätzeeinersolchenPositiondurchausent-haltensind,grundsätzlichzuüberprüfenundinSolidaritätundÜbereinstimmungmitdenPositionenderELunserePositiondeutlicherundakzentuierterzuformulierenunddamitdenAktivitätenderParteiindenkommendenMonatenzugrundezulegen.InderDebattedesÄltestenrateswurdeauchmehrfachdaraufhingewiesen,dassunsererParteieinegroßeVerantwortungfürdieEnt-wicklungder«EuropäischenLinken»obliegtunddarausfolgendaucheingrößeresEngage-mentindenGremienderELundalsMitgliedderELindereuropäischenÖffentlichkeiterfor-derlichist.DassolltesichnichtzuletztsowohlinderArbeitdesParteivorstandesalsauchinanderenGremienderPartei,wiez.B.indenbundesweitwirkendenArbeitsgemeinschaf-tenundZusammenschlüssen,widerspiegeln.InPublikationenderParteiwirdzwarmanchesüberdieEUunddasWirkenunsererAbgeord-netendortkommuniziert,aberüberdieEL-Par-teiistkaumetwaszulesen.EntscheidungenderEU-InstitutionengreifenüberdieBundesebenebisindieLänder,StädteundGemeindenein.ImEuropawahlkampfwiebeidenLandtags-undKommunalwahlenimJahr2014solltemehralsbisherdenBürge-
rinnenundBürgerndurchAbgeordneteundKandidatenunsererParteibewusstgemachtwerden,wietiefdieEU-PolitiksichaufunseralltäglichesLebenauswirkt.NurmiteineralternativenEuropapolitikwirdesderEuropäischenLinkengelingen,Europazuverändern.
Das Europäische Parlament – Probleme, Erwartungen, Hoffnungen. Information über die Beratung des Ältestenrates am 4. September 2014257
DerÄltestenratderParteiDIELINKEbeschäf-tigtesicham4.September2014mitdenEr-gebnissenderWahlenzumEuropäischenParlament.CorneliaHildebrandtundAndreasWehrgabenmitihrenAnalysenzumWahl-ergebnisunddenProblemeninderEuropäi-schenUnionsowieHansModrowmitAus-führungenzuProblemenderinternationalenLageundzurSituationinnerhalbderParteieineGrundlagefürdieDebatte.DerÄltesten-ratsprachCorneliaHildebrandtundAndreasWehrseinenDankaus.
257 Quelle:DIELINKE.:DokumentedesÄltestenratesundseinerMitglieder.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/das-europaeische-parlament-proble-me-erwartungen-hoffnungen/(abgerufenam17.03.2018).
AusgangspunktderBeschäftigungmitdiesemThemawardieTatsache,daßsich_zumeinendieEuropäischeUnionseitfünf
JahreninderschwerstenKriseihrerExis-tenz,mitgravierendgewachsenenUnter-schiedeninderEntwicklungdereinzelnenMitgliedsstaateneinschließlichschwerwie-gendersozialerFolgenundpolitischerAus-wirkungenundneuenweltgeschichtlichenHerausforderungenbefindet,
_undzumanderen,dassesimVorfelddieserWahleninnerhalbderParteiderLINKENDis-kussionenumdasWahlprogrammhinsicht-lichdesCharaktersdieseskapitalistischenIntegrationsgebildesundseinerimperialisti-schenStrategiegab.
DieLINKEstelltesichmitihremWahlpro-grammdieAufgabe,«einSignalzusetzen»(GabiZimmer),umdieVerhältnisseinderEUumzuwerfen.WaswurdemitdenWahlergebnissenerreicht?WiesehenwirdieEntwicklungderEU?Wel-chepolitischenAufgabenstehenvoruns?
1. Die Ergebnisse der Wahlen zum Europäi-schen Parlament zeigen,_dassmiteinerniedrigenWahlbeteiligungvon
43ProzentdasAnsehenunddieRechtmä-ßigkeitderEUinderBevölkerungungenü-gendausgeprägtist,wasu.a.aufeinenvondenMedienverbreitetenKonsensmitden
herrschendenVerhältnissenundauchaufpolitischesDesinteressezurückzuführenist.
_dassauchdieHochstilisierungdesEuropä-ischenParlamentsmitderPersonalisierungvonSpitzenkandidatenfürdasParlamentundzugleichauchalsKandidatenfürdasAmtdesPräsidentenderEuropäischenKommissionkaumWirkungaufdieWahlbe-teiligunghatte,obgleichsichderBekannt-heitsgradderKandidatenerhöhthat.
_dassmitderWahlderAbgeordnetenderkonservativenEuropäischenVolksparteialsstärksteFraktionimEuropäischenParlamentundinKoalitionmitdenSozialdemokraten/DemokratenalszweitstärksteKraftkeinAb-gehenvonderbisherigenneoliberalenPo-litikundkeineSchritteinRichtungaufeinesozialereEUzuerwartensind,auchwenndielinkenKräftemit52von751Abgeordne-tenanGewichtgewonnenhaben,
_unddassangesichtsderökonomischenundpolitischenMachtpositionDeutschlandsinderEUsichaußerhalbdesführendenKernspolitischeBestrebungenverstärken,dieaufAblehnungeinerunterderFührungDeutsch-landsstehendenEUzielenunddiesmitsehrunterschiedlichenRichtungen:ZuwachsrechtsradikalerundrechtspopulistischerParteienaufdereinenSeite(Frankreich,Großbritannien,Dänemark,Österreich)undlinkssozialistischerBewegungen(Griechen-
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land,Spanien,Portugal,Irland,Dänemark)aufderanderenSeite.
2. Die Entwicklung der EU nach den Wahlen ist von einer weiter anschwellenden ökono-mischen Krise und zunehmenden politischen Auseinandersetzungen angesichts der Lage im mittleren Osten und in der Mitte Europas gekennzeichnet._DieUSAforcierenihrStrebennachErhalt
undAusbauihrerökonomischen,politischenundmilitärischenDominanzinderWeltundsetzendieEUmitderOrientierungaufeineStärkungdestransatlantischesBündnissesalsPhalanxgegenRusslandunterDruck–mitdemZielihrerEinbindungalsabhängiger,starkerPartner(nichtalszweitewestlicheWeltmacht)imRahmenihrerneuenWelt-machtstrategiegegenüberChinaunddenSchwellenländernundfürdiefinanzielleundmilitärischeEntlastungihrerAmbitionenimNahenOsten.EntscheidendeInstrumentesind:dieAushandlungundDurchsetzungderTransatlantischenHandels-undInvestitions-partnerschaft(TTIP)als«Wirtschafts-NATO»sowiederAntriebzueinerforciertenexpan-siven,militaristischenAußenpolitikderEuro-päischenUnionimKomplottmitderNATO,inderenRahmendieherrschendeEU-Eliteauchihreeigenenökonomischenundpoliti-schenInteressendurchzusetzengedenkt.
_Mitderseit2007schwelendenökonomi-schenKrise–verbundenmitdemrigorosenSpardiktatfürdiebesondersbetroffenenLänderderPeripheriederEUsowiederKriseinderEuro-Zone–undentsprechenddersichneuanbahnendenSituationdurchdenUkraine-KonfliktmitdenvondenUSAauf-oktroyiertenSanktionengegenüberRuss-landpasstdieEUauchihreinstitutionellenMechanismenan.DievonderEuropäischenKommissionausgearbeiteteAgendadereu-ropäischenPolitikwirdsichervomneuenEuropäischenParlamentunterstütztwerden.«ZielistdabeidieEtablierungeinerWirt-schaftsregierung,diedienationalenSouve-ränitätsrechteinFinanz-undWirtschaftsfra-gendrastischeinschränkensoll.AufdieseWeisesollvorallemdieEurozonepolitischstabilisiertwerden.»
3. Für die linken Kräfte und besonders für DIE LINKE ergeben sich aus der neuen Welt-situation und besonders aus der Lage in der EU neue Herausforderungen. Die bisherigen Verlautbarungen dazu sind jedoch unter-schiedlich. Es ist bisher noch keine strategi-sche Linie zu erkennen._AndreasWehrsiehtfürdielinkenundpro-
gressivenKräfteaufeuropäischerEbenekeineMöglichkeit,dieAgendainihremSinnezubeeinflussen.Erplädiertgegendas
WunschdenkenvomUmbauderUnionzueiner«demokratischen,sozialenundökolo-gischenEU»,fürentscheidendeKämpfezurVerteidigungerrungenersozialerunddemo-kratischerStandardsaufnationalerEbeneundgegendasillusionäreWunschdenkenvonderMöglichkeitderDurchsetzungeines«sozialen,demokratischenEuropa».
_ HeinzBierbaumsiehtinseinerAnalyse«DieneuepolitischeLandschaftEuropas»dieAuf-gabenderLinkeninzweierleiRichtungen:einmaldarin,dassdieLinkeinEuropamiteinererstarktenRechtenkonfrontiertistunddeutlichmachenmuss,dassihreKritikanderEU-PolitikundandereuropäischenEntwick-lungineineganzanderepolitischeAlternativemündetalsdiederRechtsextremen–ineineantikapitalistische,demokratischeundinter-nationalistischangelegte.GleichzeitigmusssiesichmitderSozialdemokratieauseinan-dersetzen,diesichaufeuropäischerEbeneineinemsehrwidersprüchlichenProzessbe-findet,unddadurchihrePositionenstärken,zumanderendarin,dassesimEuropäischenParlamentdarumgeht,«dieEinheitinderVielfaltzufinden»unddieunterschiedlichs-tenKräftezuintegrierenunddafürauchdieFraktionsführungstärkerkollektivausrich-ten–unddiesüberdasvonderELgeplanteForumderAlternativenalsbreitePlattformfürallelinkenParteienundBewegungen.
_CorneliaHildebrandtsetztinihrerAnalysederErgebnissezudenEuropawahlen2014denSchwerpunktaufdieFormierungeinerNeuenRechten,diesichaufverbreiterndenationalistischeundwertekonservativege-sellschaftlicheGrundströmungenstützt,sichgegendieEuropäischenInstitutionenwendet,dieseabernichtbeseitigen,sondernnationalneulegitimierenwill.Zugleichsiehtsiedie«großeKoalition»derEUpolitischunterDruckvonrechts,aberauchdurchdiewirtschaftlichenKrisenindeneinzelnenLändernmiteinerpolitischenSystemkrisederEUkonfrontiert.DielinkeBewegungcharakterisiertC.Hildebrandtalszwiespäl-tig–defactoineineNord-Süd-gespalteneentsprechendderwirtschaftlichenPositiondesLandesundderAuswirkungenderKriseindeneinzelnenLändern.Sieplädiertfür«mehralsnursymbolischeSolidarität»derLinkeninEuropauntereinander.«Dieeuro-päischeLinkestehtvorderDoppelaufgabe,dieInstitutionenderDemokratieinEuropazuverteidigenundzugleicheinenBeitragzurwirtschaftspolitischensozialenundöko-logischenUmgestaltungderFundamentederEUzuleisten.DiesisteineStrategieharterAuseinandersetzungmitderNeuenRechten,desoffenenKonfliktsmitdenherr-schendenElitenunddersehroffenenSuchenachBündnispartnern.»
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_MittevergangenenJahreswurdezudemein«AufruffüreinegalitäresEuropa»vonlinkenExponentenwieKarlHeinzRothundLotharPetervon«Alternativen»disku-tiert,dieKonzeptefürdiePeripherieländerzurKrisenüberwindungeinschließen,aberaucherheblicheSchwierigkeitenaufzeigen.EineglaubwürdigePerspektivefürEuropasiehtdiesesPapiernurunterbestimmtenKriterienrealisierbarundformulierteinAk-tionsprogramminneunPunkten,dasalsverbindendeKlammereineneuepoliti-scheVerfassungnotwendigmacht,einenpost-nationalstaatlichenAnsatzhatundnichtausdenStrukturenderEuropäischenUnionentwickeltwerdenkann,orientiertandenPrinzipienderdirektenDemokratieundaufein«ProjekteinerFöderativenRepublikEuropa»zielt.
_LetztlichistdasPositionspapierderParteiDIELINKEvom25.August2014zunennen.Im6.PunktdiesesPapiersistunterWohl-standundSolidaritätinEuropazulesen:«WirwolleneinSystemdereuropäischenIntegration,dasjenseitsvonMonetarismus,AusteritätundDumpingwettbewerbliegtundeinePolitikfürsozialenFortschrittundglobaleEntwicklungverfolgt.WohlstanddarfsichnichtaufAusbeutungandererKon-tinentegründen.DieKostenderKrisedür-fennichtweiteralsKürzungsprogramme
derMehrheitderBevölkerungübergeholfenwerden,siesollendurcheineeuropaweiteVermögensabgabefürMillionäreundMilliar-därefinanziertwerden.WirbraucheneinenEinstiegineineerneuerteWirtschaftsstruk-turundeinedemokratischeundregionalausgeglicheneInvestitionspolitik.OhneeineRegulierungdesFinanzmarktesundeinehö-hereBesteuerungvonFinanztransaktionenundFinanzvermögenlässtsichdieBelebunglangfristig-realwirtschaftlicherAktivitätennichtbewerkstelligen.»
InsgesamtzeigtsicheineKonzeptionslosig-keitderLinkenhinsichtlicheinerpolitischenStrategiezurLageinEuropa.AufjedenFallistesnotwendig,dasneueVerhältnisvonnati-onalenundinternationalenKampfbedingun-genfüreinelinkePolitikzurVeränderungderVerhältnisseinEuropaindenVordergrundzurücken.IndiesemZusammenhangbrachtendieMit-gliederdesÄltestenratesausaktuellemAnlassihreEmpörungüberdasAuftretendesBun-despräsidentenGauckam1.September2014inDanzigzumAusdruck.AusgerechnetamTagdesBeginnsdesfaschistischenRaub-undVernichtungskriegesRusslandimperialeMo-tiveundaggressiveAbsichtenzuunterstellen,zeugtnichtnurvonhistorischerIgnoranz,son-dernvorallemvomBestrebennachVorherr-schaftdesdeutschenImperialismusinEuropa.
DerÄltestenrathältesfürerforderlich,dasssichzusolchenVorkommnissennichtnurfüh-rendeFunktionäredesParteivorstandesposi-tionieren,sondernauchdieführendenKräftederParteiindenBundesländernimRahmenvonWahlkämpfenundausAnlassandererlan-desspezifischerAktivitäten.DerÄltestenratkamimErgebnisseinerDe-battezuderAuffassung,dassdiebisherer-folgteAuswertungderWahlenzumEuro-päischenParlamentnochnichtdenneuenHerausforderungeninderEntwicklungderEUgerechtwird.DieAnforderungenfürdieGestaltunglinkereuropäischerPolitiksindgewachsen.DieRegierungderBRDsetztaufFührungsanspruchinderEUundkämpftfürständigwachsendenEinfluß.DIELINKEmusssichdieserTendenznochentschiedenerent-gegenstellen.DerÄltestenratempfiehltdergesamtenPartei,natürlichinersterLiniedemParteivorstandunddenLandesvorständen,sichaufderGrundlagederWahlergebnissezumEU-ParlamentundweitererWahlengründlichmitderaktuelleninternationalenSituationundspeziellmitderEntwicklunginEuropaundinderEUauseinan-derzusetzenundkonkreteSchlussfolgerungenfürdiepolitischenAktivitätenderParteiundihreÖffentlichkeitsarbeitzubeschließen.FürbesondersdringendhältesderÄltestenratimErgebnisderheutigenDebatte,dassderPar-
teivorstandsichgemeinsammitsachkundigenundzuständigenMitgliedernderParteiundVer-treternandererlinkerParteienandieErarbei-tungeinerumfassenden,langfristigangelegtenKonzeptionfürdiepolitischeStrategiederLin-kenzurLageinEuropaundinderEUmacht.AufdemParteitagderEuropäischenLinkeninMadridimDezember2013wurdedieForderungnacheinemLinksdialoginEuropaerhoben,ähn-lichdemdesForumsSaoPauloinLateiname-rika.DerParteivorstandderParteiDIELINKEsolltediesenGedankenaufgreifenundeineIni-tiativefüreinensolchenDialogauslösen.
Erwartungen an den Kongress der Europäischen Linken. Mitteilung über eine Beratung des Ältestenrates (6. Oktober 2016)258
DerÄltestenratderParteiDIELINKEhatsicham6.Oktober2016mitseinenErwartungenandenKongressderEuropäischenLinken,dessenVollmitgliedsieist,beschäftigt.DieserKongressfindetineinerZeittieferKri-seninderEUundtieferGegensätzeinEuropastatt.DabeibleibtdieEuropäischeLinketrotzmancherAnstrengungensehrbeachtlichhin-
258 Quelle:DIELINKE.:DokumentedesÄltestenratesundseinerMitglieder.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/erwartungen-an-den-kongress-der-eu-ropaeischen-linken/(abgerufenam18.03.2018).
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terdenvorihrstehendenHerausforderungenzurück.Schwächen,diesichauchinunsererParteiDIELINKEzeigen.DerBerlinerKongresssollteAnlassfüreinebreiteInformationdergesamtenMitglied-schaftüberdieEntwicklungunddieaktuelleSituationinderEUunddenPlatzderELPimKampffüreinefriedliche,demokratischeundsozialeUnioninEuropasein.DerÄltestenratwillsichmitseinemArbeitspa-pierundderTeilnahmeseinerMitgliederamProzessderVorbereitungdesBerlinerKon-gressesderELPbeteiligen.Erunterstütztdenkonstruktiv-kritischenBerichtderLinke-De-legationimEPL-Vorstand,derdemParteivor-standvorgelegtwurde.BeiderWahlleitenderOrganeundPersonensollteBewährtesbeachtetundüberhöhtedeutscheRepräsentanznichtangestrebtwer-den.GeradedieseHinweiseimBerichtsolltengebührendeBeachtungbeidenbevorstehen-denBewerbungenfinden.DieVielfaltallerEL-ParteiensolltestärkeralsbisherzurGeltungkommen.EntsprechenddenRegelnseinerBeratungenbeschäftigtsichderÄltestenratmitProblemenderaktuellenpolitischenLageundderSitua-tioninderPartei.ImMittelpunktstandendieLandtags-undKommunalwahlen2016unddasWahljahr2017mitdenSchwerpunktenNRWundderBundestagswahl.BeiallerEi-
genständigkeitderLandesverbändeistDIELINKEeineParteiundnichteineAnsammlungvon16Landesverbänden.WahlniederlagenwieinSachsen-AnhaltundMecklenburg-Vor-pommernsolltenmitgrößeremErnstanaly-siertunddasachtungsvolleErgebnisinBerlingründlichhinterfragtwerden.Nochsteht,obNiederlageoderAchtungserfolg,ein«Weiterso»mehrimRaum,alseinegründlicheNeuo-rientierungfürunserenpolitischenKampfaufallenEbenenundBereichen.Esistgut,wennsichdiebeidenVorsitzendenderParteiinbestimmtenSituationenmiteinem«OffenenBrief»andieMitgliederderParteiwendenundzurMitarbeitamWahlprogrammauffordern.DievielenZwischentöne,dieesnunjedochgibt,sindfüreinenErfolgimWahl-kampfmehralsnurschädlich.NichtdieInhalteeinersonotwendigenlinkenPolitikwurdendis-kutiert,sondernvomgeschäftsführendenPar-teivorstandwirdeinsogenannterProzessüberModellefürdieSpitzenkandidatenausgelöst.WahlenlassennatürlichvieleMöglichkeitenfürWahlkandidaturenzu,aberwenndieDe-batteüberdieWahlstrategieaufNebenglei-senbeginnt,solltensichdieVerantwortlichenselbstbefragen.AusderSummevielerLehrenundErfahrungenbleibtunserStandpunkt:zweiSpitzenkandidatenundeinebishernochnichterreichteStärkeimKampfumDirekt-mandate,dieeinestarkeListebringt.Sokönn-
tenwirdiegesamteParteierreichenundalleihreMöglichkeitenausschöpfen.AlleZeichenbesagendoch,eshatnach1990nochkeinenWahlkampfgegeben,dersohochgradigpo-litisiertseinwird,wiederimJahr2017.DiebundesdeutscheGesellschaftbefindetsichineinemProzessgroßerVeränderungen.DiedeutscheLINKEistineinerbishernochnichtgekanntenWeiseherausgefordert.SetzenwiralsoalleKräfteein,umzubestehen!
Bericht zur Tätigkeit des Ältestenrates 2016. Abschließend beraten am 1. Dezember 2016259
1.EntsprechendderVerabredungmitderPar-teivorsitzendenKatjaKippingaufderkonstitu-ierendenSitzungam26.November2015stan-denfolgendeSchwerpunkteimMittelpunktderArbeitdesÄltestenrates:_VorbereitungundAuswertung
desMagdeburgerParteitages_KrisenstimmungundSicherheitsbedürfnis
inderBevölkerung_FriedenskonferenzderPartei
am18.und19.März2016_Strategiedebatte.DesWeiterenwurdeninderSitzungalswich-tigeThemenbenannt:Gesellschaftstrans-formation,EntwicklungderParteiundihreAttraktivitätfürjungeLeute,Auseinanderset-zungmitderAfD,«QuovadisEU?»
AlsstellvertretendeVorsitzendedesÄltesten-rateswurdenGretchenBinus,ChristinaEmm-rich,UrsulaSchumm-GarlingundWolfgangGrabowskigewählt.2.EinbesondererSchwerpunktderArbeitwarderParteitaginMagdeburg.DerÄltestenratundseinVorstanderörterteninmehrerenBera-tungenseinenBerichtandenParteitag,dervonHansModrowvorgetragenwurde,unddereinepositiveResonanzderDelegiertenfand.DerÄl-testenratgratuliertederParteiführungundallenVorstandsmitgliedernzurWahlundwiederholtedenschonbeiderKonstituierungam26.No-vember2015zumAusdruckgebrachtenWillenzukameradschaftlicherZusammenarbeit.Her-vorgehobenwurde,dassderParteitagsichen-gagiertdengewaltigenHerausforderungenalseinzigealternativeKraftzumneoliberalenPar-teienkartellgestellthat.DaswardieBotschaftallervierHauptredner,diedieProblemeundlinkeLösungsansätzekämpferischbenanntha-ben.DamitistdieErwartungverbunden,dassbeiderUmsetzungderBeschlüssesolidarischerGeist,kritischeOffenheitundkeinSpielüber«dieBande»mitdenMedienpraktiziertwird.
259 Quelle:DIELINKE.:DokumentedesÄltestenratesundseinerMitglieder.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnahmen-des-aeltestenrates/news/bericht-zur-taetigkeit-des-aeltesten-rates-2016/(abgerufenam19.03.2018).
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DerAppellvonHansModrowfürSolidaritätmitKuba(«WerRevolutionundSozialismussagt,istzurSolidaritätmitKubaherausgefor-dert…»)trafdenNervderDelegierten.IhreReaktionverdeutlichtdasVerlangeninderParteinachmehrundklarersystemkritischerPosition,zurwiderständigerenAuseinander-setzungmitdenneoliberalenKräften.DerPar-teitagerteilteGedankenspielenübereineRe-gierungskonstellationSPD-LINKE-GrüneimBundeineklareAbsage,ebensoderDebatte,dassDIELINKEnichtlängereineProtest-undKümmererparteiseinkann.3.InAuswertungdesParteitagesfandaufBittedesParteivorsitzendenBerndRiexingereinGesprächmitdemVorsitzendenunddenstell-vertretendenVorsitzendendesÄltestenratesstatt.ImMittelpunktstandenFragenderStra-tegie(u.a.Protestparteiund/oderParteiderGe-staltung,alsovonRegierungsverantwortung,HinwendungzurundAufgreifenderMeinungundWünschederParteibasis,UmsetzenderParteitagsbeschlüssemitderBasis).Zursozi-alenFragewurdedemParteivorstandeinAr-beitspapierübergeben.GefordertwurdediezügigeUmsetzungdesParteitagsbeschlusses«FriedenmitRussland–VerständigunginEu-ropa–NeinzuFaschismusundKrieg»,dereinebeeindruckendeMehrheitundvielApplausge-fundenhatte.DazuwurdedemParteivorstandeinArbeitspapierübergeben.Sowichtigdie
AktivitätenderBundestagsfraktion,u.a.fürdieDurchsetzungeinerVeranstaltungimBundes-taganlässlichdes75.JahrestagesdesÜber-fallsHitlerdeutschlandsaufdieSowjetunion,auchsind,dieVerhinderungvonmilitärischenKonflikteninEuropasetztVertrauensbildungvoraus,indieauchRusslandeinzubeziehenist.DassollteeinbesonderesMarkenzeichenderLinksparteiseinundaufallenEbenenderParteiimFokusstehen.Dasdarfnichtanderenüber-lassenwerden.KritisiertwurdeimÄltestenrat,dassdieFriedenskonferenzdiesemwichtigenAnliegennichtgenügte.Betontwurde,dassdiesevielewichtigeundinteressanteBeiträgebrachte,derParteivorstanddieKonferenzje-dochnichtnutzte,umeineneindeutigenStand-punktzurinternationalenLage,denKonfliktenunddenKriegstreibernzuformulierenundinderParteizurDiskussionundAktionzubringen.4.DerÄltestenratundseinVorstandhabensichausführlichmitdemKongressderEuro-päischenLinkenbeschäftigt,derimDezemberinBerlinstattfindet.ErhateinStandpunktpa-piererarbeitet,dasauchzurInformationfürdieBasisgenutztwerdenundhelfenkann,Wis-senundVerständnisfürdieELzufördern.EswurdenHerausforderungenformuliert,denensichdieELPmitihremBerlinerKongressstel-lenmüsste.DerÄltestenratunterstütztdenkonstruk-tiv-kritischenBerichtderLinke-Delegationim
ELP-Vorstand.DieELPdarfnichtNameohneProfilsein.DasNebeneinanderderParteienmussüberwundenundeinMiteinanderderParteienindensozialenundpolitischenKämp-fengestaltetwerden.BeiderWahlleitenderOrganeundPersonensollteBewährtesbeachtetundüberhöhtedeutscheRepräsentanznichtangestrebtwer-den.GeradedieseHinweiseimBerichtsolltengebührendeBeachtungbeidenbevorstehen-denBewerbungenfinden.DieVielfaltallerEL-ParteiensolltestärkeralsbisherzurGeltungkommen.NichtzuletztsetzendieWahlenindenUSAZeichenfürdieGefahren,diemitdenRechts-entwicklungeninFrankreich,Ungarn,auchmitderAfDunddenPositionenderCSUinDeutschlandmitdemTitel«Linksrutschverhin-dern–damitDeutschlandDeutschlandbleibt»verbundensind.DieeuropäischeLinkestehtindieserSituationvorhistorischenHeraus-forderungen,denensienuringroßerrevoluti-onärerGemeinsamkeitgerechtwerdenkann.DIELINKEinDeutschlandmussdafüreinengrößerenBeitragindensonotwendigenpoliti-schenKämpfengegenrechtsinEuropaleisten.5.DerÄltestenratlegtedemParteivorstandeinPapierfürdendeutschenOSZE-Vorsitzvor.DerPVfasstedazueinenBeschluss,dieBundes-tagsfraktionstellteeineausführlicheAnfrage,aufdiedieBundesregierungam26.10.[2016]
Antwortgab.ZukonkretenSachfragenfieldieserechtausführlichaus,zustrategischen,dieBedrohungvonFriedenundSicherheitbe-treffendennichtsosehr,eherausweichend.6.AufInitiativedesÄltestenratesunddesVer-einsCubaSiwurdeeineKonferenzzurEnt-wicklunginKubaerfolgreichdurchgeführt,aufderderParteivorsitzendeBerndRiexingergesprochenhat.DieKonferenzfordertedazuauf,densozialistischenWegKubasmitwach-senderSolidaritätzubegleiten.7.DerÄltestenrathältfürdasWahlprogrammzudenBundestagswahleneinengesondertenAbschnittüberdieostdeutschenLänderunddiediskriminierendeBehandlunggroßerTeileihrerBevölkerungfürerforderlich.Einentspre-chendesArbeitspapierfürdasWahlprogrammwurdedemParteivorstandvorgelegt.8.EntsprechenddenRegelnfürseineBeratun-genbeschäftigtesichderÄltestenratregelmä-ßigmitProblemenderaktuellenLageundderSituationinderPartei.ImMittelpunktstandendieLandtags-undKommunalwahlen2016sowiedasWahljahr2017.Eswurdebetont,dassbeiallerEigenständigkeitderLandes-verbändeDIELINKEeineParteiundnichteineAnsammlungvon16Landesverbändenist.WahlniederlagenwieinSachsen-AnhaltundMecklenburg-Vorpommernsolltenmitgröße-remErnstanalysiertunddasachtungsvolleEr-gebnisinBerlingründlichhinterfragtwerden.
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DerÄltestenratsiehtleiderweiterwachsendeSchwächeinderPartei.DieAktiondes«Zuhö-rens»derleitendenOrganeistgut,dieSchrittezurBeachtungundUmsetzungdervielfältigenAnregungenundkritischenHinweisederMit-gliederundvielerVerbündeterbleibenaberofthinterdenErwartungenzurück.DerÄltestenrathatsichwiederholtmitProb-lemenderverändertenWeltlagebefasst.DiesbleibtseinerMeinungnacheinewichtigeVor-aussetzungfürpolitischeEntscheidungenderLINKEN.DieWeltstehtheutevorProblemen,dieeineLö-sungerfordern,dasiedieExistenzderMensch-heitbedrohen.DasbetrifftdenKlimawandelunddieUmweltprobleme.DieindustrielleRe-volutionvernichtetmitihrenenormentech-nologischenFortschrittenzugleichhunderteMillionenvonArbeitsplätzen.Digitalisierung,Roboterisierung,Meinungsmanipulierungtra-gendasPotenzialderSelbstabschaffungderMenscheninsich.MigrationsproblemewerdeninGrößenordnungenproduziert.DieGeißeldesKriegeserstehtinvölligneuenDimensionen.DieGegenwartistdurcheinendramatischenWandelderpolitischenKulturgekennzeichnet.DiegroßeVerdrossenheitbreiterKreisederBevölkerunggegenüberder«institutionellenPolitik»unddemSchwindenvonVertrauenindieInstitutionen[der]Demokratiefindetsei-nenAusdruckbeispielsweiseimBrexitoder
derWahlvonTrumpzumnächstenPräsiden-tenderUSA.Auchwennmannochnichtgenauweiß,wiesichderAustrittvonGroßbritannienvollziehenundauswirkenwirdundwelcheWirtschafts-politikderneueamerikanischePräsidentDo-naldTrumpletztlichgenauumsetzenwird,zeichnensichgleichwohltektonischeVer-schiebungeninderGlobalökonomieunddenpolitischenAllianzenab.TrumpsPolitikisteineMischungausReaganomicsundProtektionis-mus.Daswirdkurzfristigpositive,abermittel-fristigschwerwiegendenegativeFolgenfürdieGlobalökonomiehaben.DiePolitik«MakeAmericagreatagain»wirddieWeltpolitikinheftigereKonfrontationen,Konflikteundmili-tärischeAuseinandersetzungenführen.DieGlobalisierungwarfürvieleLändereinEr-folg.Siehat500MillionenMenschenindenSchwellenländernausderArmutgeholt.DochaufderanderenSeitehatesauchVerliererge-geben–namentlichArbeitnehmerimproduzie-rendenGewerbederentwickeltenLänder.TrotzdesstarkenWachstumssinddieHaushaltsein-kommendieserGruppeindenvergangenendreißigJahrennichtwesentlichgestiegen.DieInstabilitätdeskapitalistischenWeltsystemswächstweiter.DasistderHintergrundfürdasBrexit-VotumunddenWahlerfolgvonTrump.DienächstenJahrewerdendurchprotektionis-tischeAnsätzebestimmtwerden.
AuchinderEUwieinderBundesrepublikDeutschlandzeichnetsicheinAufstiegvonrechtspopulistischenBewegungenab.DielangeZeitvorherrschendeWahrnehmungeinerrelativensozialenRuhewirdabgelöstdurcheineneuePolitikderWut.ErgebnisistdieZunahmedesrechtenPopulismus,odersogarweitergehendeineRevoltevonrechts.EinpolitischerParadigmenwechselzeichnetsichab:ArgumentativwirddieGegenüberstel-lungvonNeoliberalismusversusSozialismusoderrechtsgegenlinksnichtmehralsange-messenbetrachtet.DiskutiertwerdendieÖff-nungderGrenzengegendieSchließungvonGrenzen,Zuwanderungsquoten(Obergren-zen)gegenPersonenfreizügigkeit,FreihandelgegenProtektionismususw.ImKernmüssendieseAlternativendiskutiertundnachihrerEntwicklungsrichtungeingeschätztwerden.DieRevoltevonrechtsmachtdeutlich,dassdieherrschendenElitenmitihrenneoliberalenVer-sprechungen«wennesdenReichengutgeht,gehtesallengut»(trickle-down-Effekt)anihrEndegekommensind.FolgeistdiewachsendePolarisierunginarmundreichunddamitderZerstörungdesgesellschaftlichenZusammen-hanges.DasKrisenpotenzialderGlobalökonomieistgewachsen.Esrächtsichjetzt,denSystemab-sturz2007/2008durchstaatlicheInterventioneninkonzertierterAktionzwaraufgefangen,aber
die«gekaufteZeit»nichtzurgrundlegendensozialenundökologischenKrisenbereinigunggenutztzuhaben.UmdieWeltvoreinerWie-derholungeinesDesasterszubewahren,wur-deninternationaleKonferenzenabgehaltenundeineVielzahlvonVorschlägendiskutiert,diederRegulierungderFinanzindustriedienensollten.NurkurzeZeitspätersprudeltendieGewinne,Gehälter,DividendenundBoniwiederundeineRe-RegulierungderFinanzindustrieversandeteimGestrüppinternationalerVerhandlungenundnationalerLobbytätigkeit.DieFinanzmärktewerdenseitdemgroßzügigmitbilligemGeldge-flutet.DIELINKEsollteauchiminternationalenMiteinanderstrategischeSchlussfolgerungenfürdasVerhältnisvonPolitikundÖkonomieundfüreinetatsächlicheEinschränkungderMachtdesFinanz-undGroßkapitalsziehenundwiederindasBewusstsein,inDiskurseundpraktischeAnsätzezurückholen,wofüresvoralleminfolgedesBankencrashs2008ff.schonAnsätzegab.IndenletztenJahrenhatdieKrisederEuro-päischenUnionundbesondersderEurozonedeutlichzugenommen.ImmermehrBürge-rinnenundBürgerbegreifensichalsVerlierer/inneninderEU,diesgiltsowohlinnerhalbdereinzelnenStaatenalsauchzwischendenStaa-ten(Nord-Süd-bzw.Ost-West-Gefälle).DieAufnahmevonMigrantenundMigrantinnenindieEUunddieindenletztenJahrenverstärkteinsetzendenFluchtbewegungenhabendiese
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Tendenzenverstärkt.DieDeutunghabeninvie-lenFällenrechtspopulistischeundnationalisti-scheKräfteübernommen.HiersollteeineklareundeindeutigeKritikdurchDIELINKEformuliertwerden:Statteinesneoliberalen,undemokratischenundimperia-lenLeitbildeseinerWettbewerbsunionmussdasLeitbildeinesdemokratischenundsozialenEuropasformuliertwerden.Angesichtsderre-alenVerhältnisseinderEUundderKonkurrenzvorallemdergroßenundeinflussreichenNati-onalstaatenumMachtmüssendiefortschritt-lichenKräfteindenNationalstaatengestärktwerden,sonstbestehtdieGefahr,dassdiedemokratischenundsozialenRechteaufnatio-nalerEbeneweitergeschwächtwerden.Dazugehörtes,realisierbareMaßnahmenfürdieMenscheninEuropazuentwickeln:vorallemMaßnahmengegendieMassenarbeitslosigkeitunddieArmutsrisiken,Mindeststandardsge-genprekäreunderniedrigendeArbeitsverhält-nisseundeineausreichendeGrund-undSozi-alversicherungsowiedieradikaleAblehnungmilitärischerAuslandseinsätze.IndenletztenJahrenhatdiesozialeSpaltunginDeutschlandundinderEUgravierendzuge-nommen.EinArgumentdafür,dassdiepopu-listischenBewegungeninDeutschlandundEu-ropadabeisind,denlinkenBewegungenihreThemenabzunehmen,siedannallerdingsna-tionalistischbzw.protektionistischzuwenden.
WiekannderHerausforderungdurchdierechtspopulistischenundnationalistischenBewegungenbegegnetwerden?Esistunverzichtbar,eineeindeutigeAbgren-zungvonrechtspopulistischenundnationa-listischenPositionenvorzunehmen.DieVer-wahrlosungdervorherrschendenpolitischenDebattenzugunstenvonMeinungenanStellevonFakten,z.T.gespicktmitUnwahrheiten,machteskompliziert,gegentiefsitzendeweitverbreiteteRessentimentsmitAufklärungundpolitischerVernunftzuargumentieren.DiesenPositionsbestimmungenunterliegteineag-gressiveVerschiebungaufSündenböckewiedenIslam,dieFlüchtlingeaberauchEurokra-ten,Politiker,diedasVolkbetrügen,Emanzen,dieFamilienzerrüttenoderdie«Lügenpresse»undvielemehr.DiezugrundeliegendenUrsachenundVerlet-zungenmüssenaufgegriffenundpolitischbe-arbeitetwerden.Dazugehörtes,alleAngriffeaufSündenböckezurückzuweisenunddieVer-änderbarkeitgesellschaftlicherDeprivationindenVordergrundzustellenunddieökonomi-schenundpolitischenZusammenhängeoffenzulegen.Undesgeht–lastnotleast–darum,Politikzureformulieren.Unverzichtbarindie-semZusammenhangistes,sozialeUngleich-heitnichtnuralsökonomischessondernauchalshistorischesbzw.kulturellesPhänomenzubehandeln.
EineVerstärkungerfahrendiepopulistischenundantidemokratischenTendenzenauchdurchdenWandelderpolitischenKommunika-tion.Esistnotwendig,einelebendigeVerstän-digunginderParteizwischenobenunduntenzuvertiefen.FürdieWiederaneignungvonPo-litikreichtesnichtzuzuhören,obwohleseinewichtigeVoraussetzungist;vielmehrmüssenDeutungsangeboteundOrientierungshilfenzumVerständniskomplizierterZusammen-hängeentwickeltwerdenohnedabeiabgeho-benzuargumentieren,sondernunmittelbardieErfahrungenundNötevonMenschenauf-zugreifen,undsiezumHandelnfürihreInter-essenzubefähigenundalsParteizuvertreten.DieswärederPrüfstandfüreineanderePolitik.Esistwichtigerdennje,denPhänomenenderEntsolidarisierungentgegenzutreten.DieRückbindungvonPolitikanKlassenundsozialeMilieusundderenInteressenfindetzuwenigstatt.DieErfahrungvonpolitischerExklusionunddieSelbstausschließungdurchWahlenthaltungsinddieFolge.Diesistder«Saatboden»einesneuenFaschismus.EsgibteineAlternative:NurwenndieUrsa-chensozialer,ökonomischerundkulturellerDeprivationbenanntwerden,könnenErfolgeerwartetwerden.EineoffensiveHaltungderLINKENgegenRassismus,NationalismusundProtektionismusundfüreineandereDemo-kratie,diedazubeitragenkönnte,einenPoli-
tikwechselaufdenWegzubringen.FüreinenstarkenSozialstaat,fürguteArbeitundeinaus-kömmlichesEinkommenimAlter,gegenKin-derarmutundvorallemfürFriedenundAbrüs-tungfindensichineinzelnenParteienabervoralleminaußerparlamentarischenBewegungenvieleBündnispartner:indenGewerkschaf-teninderFrauen-undFriedensbewegung,inderÖkologiebewegungundindenSozialver-bändenebensowieinsozialenBewegungenwieAttac,dieBewegunggegendieneolibe-ralenFreihandelsabkommenTTIP,CETAoderdenvielenInitiativenzurUnterstützungvonMigranten.DieGlaubwürdigkeitlinkerPolitikwirdver-stärktdurchgemeinsameZieleundgemein-sameKämpfeundwechselseitigeUnter-stützungvonFraktionundParteiderLINKENsowiedurchdieEinbeziehungvonsozialenBewegungen.DamitsichdieLebens-undArbeitssituationderMenschennachhaltigverbessert,müssenBündnissegeschlossenundeineneueMeinungsführerschaftfürei-nenPolitikwechselimSinnedessozialenAuf-bruchsformuliertwerden.DabeigehtesumbreitestmöglicheBündnisseselbstverständ-lichauchmitMitgliedernundSympathisantenderSPDundderGrünen.ÜberlegungenvonLINKENfüreineRegierungskoalitionmitdie-senParteienimBundsolltennachdenWahlengeprüftwerden,wobeidiesozialenundfrie-
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denspolitischenKonditionenalsnichtverhan-delbargelten.EsgehtumeinePolitik,diefürdieErhaltungderprogressivenElementederbürgerlichenDemokratieeintrittundfüreineDemokratiekämpft,dievomVolkausgeht.WieunserBerichtzeigt,hatderÄltestenrat2016eineumfangreicheArbeitgeleistet,denParteivorstandberatenundInitiativenaus-gelöst,dievomParteivorstandaufgegriffenwurdenundauchinderFraktionDIELINKE.imDeutschenBundestagBeachtunggefun-denhaben.DasJahr2017wirdganzoffen-sichtlichtiefgreifendeVeränderungeninderbundesdeutschenGesellschaftbringen.DiepolitischenMachtverhältnissewerdensichweiterverändern,dasdeutscheundeuropäi-scheKapitalwirdseineMachtstärkenunddieAusbeutungbreitererSchichten,vonderAr-beiterklassebisweitindenMittelstand,ver-tiefen.DiewachsendeUnzufriedenheitmitderPolitikderetabliertenParteienlöstauchinderBundesrepublikDeutschland,sowieindenUSAundanderenEU-Staaten,wachsendeGe-waltbereitschaftaus.DieErgebnissederAfDbeidenjüngstenWahlensetzenZeichen.WiedieErfahrungeninjüngsterZeitlehren,zeigtDIELINKEnochimmerkeinklarerkennbaresProfilindenvielfältigenaktuellenpolitischenHerausforderungen.TeilederWählerschaftwerdenverunsichert,weildieAussagenvonFunktionsträgernsehrunterschiedlichsind,
dieVorsitzendenderParteiimmerhäufigerAussagentreffen,dienichtausgemeinsamenBeschlüssendesParteivorstandeserwachsen,aberinseineZuständigkeitgehören.Sover-schwimmtdasBildeinerlinkssozialistischenParteiimmermehrundDIELINKEwirdgleich-fallsalsetablierteParteibewertet.WirwollenbeiallerZurückhaltungaufsolcheErscheinun-gendieAufmerksamkeitderParteibisindieBasisderMitgliedschaftrichtenunddieEnt-scheidungsträgerindenleitendenOrganenbitten,hiermitderihnenübertragenenVerant-wortungzuhandeln.DasJahr2017istvollerWahltermine,vonLandtagswahlenüberdieBundespräsiden-tenwahlbiszurBundestagswahl.DasJahr2016solltefüralleEreignisseeineMahnungseinundnichtzumVorfeldtiefergehenderRechtsentwicklungeninderBundesrepublikDeutschlandwerden.DerÄltestenratwillsichimJahr2017mitfol-gendenSchwerpunktenbeschäftigen:1.FriedenundSicherheitinEuropa,diewei-tereEntwicklungderEuropäischenUnion.2.DerProzessderVeränderungderGesell-schaftsverhältnisseinderBundesrepublikDeutschlandunddieHerausforderungenfürdieParteiDIELINKE.3.DasWeißbuch2016–vonderVerteidi-gungs-zurAggressionspolitikundzurArmee,diesierealisierensoll.
4.DasGedenkenanMarx200mitseinemalsWeltkulturerbeanerkanntenWerk«DasKapi-tal»sollteeinenPlatzinlinkerBildungsarbeitundindenaktuellenKlassenkämpfenfinden.Wervon«Raubtierkapitalismus»spricht,musssichdenHerausforderungenvonMarxstellen.
Der Wahlkampf hat begonnen. Bericht von der Sitzung des Ältestenrates am 9. März 2017260
InseinerBeratungam9.März2017konntederÄltestenratunserenSpitzenkandidatenfürdieBundestagswahl,DietmarBartsch,begrüßen,derunsauchdieGrüßevonSahraWagen-knechtübermittelte.ErdanktedemÄltesten-ratfürseinaktivesMittunbeiderGestaltungderPolitikderPartei.DiepolitischeLagewirdsichimWahljahr2017weiterzuspitzen,sowohlimInnerendesLan-des,inderEUalsauchweltweit.DerWahl-kampfhatbereitsvonallenSeitenbegonnen.DieCDU/CSUsetzenweiteraufMerkel,derenSternjedochimSinkenist.DieSPDwechseltihreSpitzeaus,undMartinSchulzsetztneueZeichen.WirinderLinkenhadertenerstmitunsselbst.DieFührungfolgtedannunseremRatundderwachsendenZustimmungindenLandesverbänden,[Sahra]WagenknechtundDietmarBartschalsSpitzenkandidatenzube-stimmen.Jetztgiltes,unserVertrauenzuih-nenindieWählerschafthineinzutragen.
DerWahlkampfzumBundestagwirdmiteinerSchärfegeführtwerden,wieessienochnichtgegebenhat.DieFunktionselitensehensichmitvielfältigen,tiefenKrisenundungewohn-tenHerausforderungenkonfrontiert,diemitAussitzen,LavierenoderVertuschen,wiesooftpraktiziert,kaumnochzuhändelnsind.Einweitersoscheintnichtmehrmöglich.DieEnttäuschungVielermitdersogenanntenrepräsentativenDemokratiehatZulauf,weildieScherezwischenarmundreichweiterge-öffnetwird.ZukunftsängsteausrealemErle-bengreifenumsichtrotzWirtschaftswachs-tum.WederPolitiker,nochMainstreammedienkönnendiesenochwegschwatzen.DerWahl-siegvonTrumpundseinerabiatenAttackenaufdasgewohnteEstablishmenthabendenSchleierdervielenScheinheiligkeitenauchinderEUzerrissen.RatlosigkeitundVerwirrunghabenumsichgegriffen.DieFriedensfrageistundsolltefürDIELINKEimWahlkampfanersterStellestehen.WoVertrauensbildungfehlt,wirdMisstrauenver-breitet,unddieGefahreneinermilitärischen
260 Quelle:DIELINKE.:DokumentedesÄltestenratesundsei-nerMitglieder.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruk-tur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnah-men-des-aeltestenrates/news/der-wahlkampf-hat-begonnen/(abgerufenam19.03.2018).
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EskalationbestimmendasKlima.DieBestre-bungenderBundesregierung,dieEUzumilita-risieren,erfahrenseitdemBrexitundderInau-gurationdesPräsidentenTrumpeinenneuenSchub;sosollendieMilitärausgabendrastischerhöht,einmilitärischesEU-Hauptquartierein-gerichtetunddieMilitäreinsätzemitdeutscherBeteiligungintensiviertwerden.NATOundEUbetreibenseitlangemdieEin-kreisungRusslands.Sanktionen,ManöverunddieDauerstationierungvonNATO-Trup-penanderrussischenWestgrenzesowiedieVerstärkungumdasDreifachederSchnellenEingreiftruppe(NRF)verletzendiesicherheits-politischenInteressenRusslands.DerFriedeninEuropakannnurmitundnichtgegenRuss-landerhaltenwerden.Hinzukommt,dassmansichinDeutschlandinGestaltderAfDmiteinerRechtsaußen-Oppo-sitionkonfrontiertsieht,diedemneoliberalenLagerentsprungenist,extremrechtsradikaleKräfteaufsaugtundnuneigenständige,am-bitionierteMachtansprüchestellt.Siehatesverstanden,dieSchwächendertraditionellenneoliberalenMachthaberzuinstrumentalisie-renundgroßeTeiledesimLandwachsendenProtestpotentialsansichzubindenundzumo-bilisieren,zumindestfürProtestwahlkämpfeunterdemMotto«Gegendiedaoben».DurchdenTrump-SiegfühlensichFührungundAn-hängerderAfDbestätigt.
LeiderhatesdieLinksparteinichtverstanden,rechtzeitigundwirkungsvolldagegenzuhal-ten.VieleehemaligeWählerhabennichtmehrerkennenkönnen,dassDIELINKEweiterVer-treterinihrerInteressenfürFriedenundsozialeGerechtigkeitseinwillundfühltensichnichtmehrdurchsievertreten.DiePositionierungeinigerleitenderFunktionäreauchnochvordemMagdeburgerParteitag,dassDIELINKEnunvorallemgestalterischeAufgabenzulö-senhabe,führtezuUnverständnisundVerun-sicherung.OftwardieFragezuhören,obesnunvorallemumdieRegierungsbeteiligunggehensoll.Undmanhatbemängelt,dasskul-turelleundgeschichtlichenegativeErfahrun-gen,soausMecklenburg-VorpommernoderSachsen-AnhaltschlechtanalysiertundkaumzurPositionsbestimmungherangezogenwer-den.DerParteivorstandistgutberaten,wennerimWahlkampfdieFrageeinerRegierungs-beteiligungsehrbedachtunterEinbeziehungderBasisberätundentscheidet.Selbstver-ständlicherwartetdiegroßeMehrheitinderParteiundunsererWählerschaftzugleich,dasssieweiterundentschiedenProtestgegenSo-zialabbau,RüstungundKriegseinsätzeleistetundauchvertritt.DieSPDmitMartinSchulzrücktmiteinerKri-tikderAgenda2010dieFragenachsozialerGerechtigkeitindenMittelpunktihresWahl-kampfesundversucht,dasThemaArmutund
Reichtumzubesetzen.FürdieUrsachenderwachsendenSpaltunginArmundReichistjedochdieherrschendePolitikverantwortlich.SolangedasWirtschaftswachstumzumdo-minantenZielderPolitikerklärtwirdunddieVerteilungsfrageausgeklammertbleibt,wirdnichtsüberdieVerteilungdesWohlstandesinnerhalbundaußerhalbDeutschlandsausge-sagt.WiralsLINKEsolltenmehrdennjeMotordesKlassenkampfesfürsozialeGerechtigkeitseinundihninallerBreiteimWahlkampfmitForderungenführen,wie:_HöhereLöhneundeinenhöheren
gesetzlichenMindestlohneinschließlichderAufgabeallerSonderregelungen.
_RücknahmederHartzIV-RegelungenundEndederprekärenArbeit.
_AllgemeinverbindlichkeitvonTarifverträgenundAufgabedersachgrundlosenBefristungvonArbeitsverhältnissen.
_EinelebensstandardsicherndeRente._BezahlbaresWohnen._DieBesteuerungvonReichtumund
Erbschaften._ RegulierungderglobalisiertenFinanzmärkte._StärkungvonArbeitnehmerrechten.WählerundNichtwähler,diesichinderDDRfüreinantifaschistisches,nichtvonProfitgierundKriegstreibereidominiertesDeutschlandeingesetzthaben,wünschensicheinediffe-renziertereDebattezurGeschichtederDDR,
ihrerErgebnisse,Probleme,Widersprüche.EsistanderZeit,gegenKlischeesdesKaltenKrieges,wiedieReduzierungaufdasWirkendesMfS,offensivaufzutreten.DieDiskus-sionumAndrejHolmzeigt,dassdieAusein-andersetzungumdieDDRdurchauseingro-ßesThemableibt.Mehrdennjescheintaberaucherforderlichzusein,endlichdieLückeeinereinseitigenBetrachtungderdeutschenNachkriegsgeschichtezuschließen.GeradeinBerlinsollteDIELINKEneueAnsätzefüreineKulturderErinnerungandiegeteilteStadtauslösen.DieunsäglichenFormularausfra-gungenJahrzehntenachdemMauerfallge-hörenlängstabgeschafft.DieprotestierendenStudentenhabendasbesserverstandenundsichfürSachverstand,Versöhnungundsozi-aleGerechtigkeitaufdemsowichtigenFelddesWohnensstarkgemacht.Fürsiewarklar,dasseinkompetenterundbeliebterStreiterfürsozialesWohnenunbedingtausgeschaltetwerdensollte,nochbevorerzumZugekom-menkonnte.ImLandesvorstandsetztemanwenigeraufeinemutigepolitischeAuseinan-dersetzungundhoffteaufeineformaleadmi-nistrativeEntscheidung,diedieDirektorinderUnidannauchalsihreHaltunggetroffenhat.DIELINKEsollteaufpassen,dasssiesichnichtschonfrühzeitigausbremsenlässt,nochbevorsiesichinRegierungsverantwortungmitihrerHauptkompetenzaufdemGebietsozialerund
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gerechterStandardsfürWohnenundMietenentfaltethat.DieMieterhöhungenbeistädti-schenWohnungsbaugesellschaftendeutendaraufhin,dassdieMiethaieundInvestoren-lobbyMorgenluftwittern.VielederlinkenNichtwählerderLINKENsindinBürgerinitiativenundMassenvereinenak-tiv,soimVereinderNutzervonGrundstücken(VDGN)undderVolkssolidarität.InderZeitderletztenRegierungsbeteiligungwar,wasdenVDGNbetrifft,vielPorzellan(u.a.Altan-schlüsse)zerschlagenworden.OhneNotließmansichvomKoalitionspartnerauchbeiMiet-fragenaufantisozialePositionendrängen,waszueinemimmensenVertrauensverlustführte.Wirmusstenschmerzlicherfahren,wieschwierigesist,verlorenesVertrauenwiederzugewinnen,wiederglaubwürdigzuwerden.VonderLINKENerwartetman,dasssiesichnichtzudenEtabliertendrängt.GenaudamitversuchtdieAfD,gegenDIELINKEzupunk-ten.UndauchdieEtabliertenwürdengernmitdemMottodenunzieren:«Diesindjaauchnichtanders.»DasdürfenwirnichtzulassenundmüssendiesimWahlkampfundinRegie-rungsverantwortungklarmachen.ImWahlkampfwirddieHaltungzurAfDeinenzentralenPlatzeinnehmen.ÜberdenUmgangmitihrlässtsichvortrefflichstreiten.Aberessolltesolidarischundsachlichzugehen.DIELINKEwilleinevomMainstreamprinzipiell
anderepolitischeKulturpflegen.DieBasishateinenNervdafür,wennpersönlicheAnimositä-tenindieÖffentlichkeitgetragenwerdenundlehntdasab.Natürlichkannman,z.B.unter-schiedlicherMeinungdazusein,obeinInter-viewmitderAfD-Vorsitzendenangebrachtist.Abergenauhingeschaut,warnatürlichnichtzuübersehen,dass[Sahra]WagenknechtdieÜberzeugenderewar.IhreArgumentesindge-eignet,sichinderSacheklarunderfolgreichinallerÖffentlichkeitmitdenRechtspopulistenauseinanderzusetzen,besondersdort,wosiePositionenderLinkenbesetzenwill(u.a.beiden«Abgehängten»,zuRussland,beiKritikandenRegierenden).EinenanderenWeg,alsdiebesserenArgumenteverständlich,mitklaremProfilvorzubringen,habenwirnicht.AuchinderkompliziertenFlüchtlingsfrage,diedieGemüterVielerbewegt,solltenProblemeundDifferenzenimRahmenderParteiundnichtüberdieMedienausgetragenwerden.DieGesellschaftinderBRDbefindetsichineinemProzesstiefgehenderVeränderun-gen.WassichinanderenEU-Ländern,wieinFrankreich,denNiederlanden,inPolenoderUngarnvollzieht,entwickeltsichspürbarauchinDeutschland.ZweistelligeWahlergebnissefürdieAfDsprechenfürsich.UndalldieserfolgtuntermassivemEinsatzderMassen-medien.DiesesindkeinesfallsMittelderMei-nungsfreiheit,sonderneinpolitischesElement
impsychologischenKrieg,einegefährlicheStreitmachtzurManipulierungdesMassenbe-wusstseins,desVorschreibensvoneinseitigerInformationunddesDenkens.
Die EU in der KriseDIELINKEhatsichimZusammenhangmitdemKongressderEuropäischenLinkeninBer-linintensivmitderEUbeschäftigt.AuchderÄltestenrathatdazubeigetragen.Wirwarenunseinig,dassUngemachfürdieVölkerdroht.EsgehtaufeinewachsendesozialeKatastro-phehin.Schwelende,tiefgreifendeWidersprü-chemalendasGespenstderAuflösungderEUandieWand.WereinmalinDeutschlandglaubte,dassdieEUmitdemMaastrichterVertragaufdersiche-renSeiteangekommenwar,musssichheute,25Jahredanacheingestehen,dassdieReali-tätandersaussieht.WennschonderBundes-präsidentinseinergesalbtenJubiläumsredeinMaastrichtmahnt,dassbeideranfängli-chenEuphoriederEU-ElitendieBürgernichtausreichendmitgenommenwordenseien,wirddeutlich,dassmanindenFührungseta-gennichtmehrandenDefizitenvorbeigehenkann.DIELINKEhatseitJahrenkritisiert,dassderVertragvonMaastrichtdieInteressendesKapitalsvertrittundnichtdiederBürger.EsisteinegefährlicheSchieflageeingetreten.Offensichtlichhabensichdiesogenannten
führendenElitenderEUübernommen,eineÜberdehnungisteingetreten,diesystemi-schenFehlleistungenvonMaastrichtkönnennichtmehrübertünchtwerden.DiemeistenMitgliedsländerderEUkönnendie«heiligeKuh»vonMaastricht,dieForderungnachstrengerEinhaltungderSchuldengrenze,nichtbedienen.DasdrastischeVorgehenvorallemDeutschlandsgegeneinesderschwächstenEU-Mitglieder,Griechenland,hatvielUnmutausgelöst,auchinanderenLändern.UnddiegriechischeKriseschweltweiter.Natürlichistunsnichtentgangen,dassDeutschlandvorallemdaraufbedachtist,aufKostenandererseineExportwirtschaftweiterzustärken.Auchdasfindet,natürlich,keinenBeifall.MitderFlüchtlingswellenachEuropaver-schärftesichdieLagebeträchtlich.Daseigen-mächtigeAgierenderBundeskanzlerinunddasunprofessionelleVorgehenderdeutschenundEU-BeamtenbrachtendasFasszumüber-laufen.DievielenTreffendesSpitzenpersonalsderEUundderMitgliedstaatenvermittelteneherdenEindruckvonRatlosigkeitundAkti-onismus.WasgeschiehtistsozialeZerstörungundwachsendeArmutalspolitischesZiel,undmanhofftoffensichtlichaufdieseWeisedieKriseindenGriffzubekommen.EU-Kom-missionspräsidentJunckerhatfünfmöglicheVariantenfürdieEU-EntwicklunginsSpielge-bracht.KeinedavonkönnteeinederLinkenEu-
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ropassein,abereineAussagehatergeradefürunsgemacht:DIELINKEistherausgefordert,sichselberKlarheitzuverschaffenundOrien-tierungfürihrenKampfgegendenKursderMilitarisierungderEU,derVerschärfungderAusbeutung,dersozialenZerstörungunddesAbbausderDemokratiezugeben.DerBerlinerKongressderEuropäischenLinksparteikanndafürnuralseinAnfanggesehenwerden.EinzelnodermitdenunmittelbarenNachbarnversuchendiebesondersbetroffenenLänderLösungenzufinden,gegendieBestrebungenderdeutschenBundesregierung.AuchdiesüdlichenEU-LänderrückennäherzusammenundüberlegenStrategiengegendiereichenNordländerderEU.AufdiesemHintergrundwitterndieNationalistenundEU-GegnerMor-genluft,siewerdenzueinerrealenGefahr,auchfürdasEstablishmentderEU.GroßbritannienhatsichfaktischschonausderEUverabschiedet.UngarnundandereEU-Län-derhaltensichnichtandiegegenRusslandverhängtenSanktionen.Polenträgtseinein-nenpolitischenFragenindieEUundverschärftdieGegensätze.HilflosigkeitbereitetinBrüs-sel,Deutschland,FrankreichundanderenwesteuropäischenEU-LänderndasVorgehendesneuenUS-amerikanischenPräsidentengegenüberderEU.SeineWahlaussagenundderSchulterschlussmitderbritischenRegie-rungschefinverheißennichtsGutes.Trumpist
derdirekteVertreterdesMonopolkapitalsunddesmilitärisch-industriellenKomplexesanderSpitzederMachtindenUSA.MitgroßerSorgeschauenwirnachOsteu-ropa.DieNATOunddieEUhabensichbisandieGrenzeRusslandserweitert,bisüberdieFrontliniezuBeginndesfaschistischenÜber-fallsaufdieSowjetunionhinaus.Versprechen,diebeimAbschlussdes2+4-Vertragsgemachtwurden,sindnichteingehaltenworden.Die-serGrundlagenvertragwirdaufdasGröbstegebrochen.ÜberdasGebietderehemaligenDDRrollenPanzerderNATOunddieBundes-republikistführendbeteiligt.WieofttöntenwestdeutschePolitiker,dassvondeutschemBodenniewiederKriegaus-gehendarf.DIELINKEstehtinderVerantwor-tung,dassMassendenKriegstreibernindenArmfallen.InderUkrainestehtdieBRDaufderKriegführendenSeite.AuchimVorsitzderOSZEimvergangenenJahrwurdenachMinsk2faktischnichtszurUmsetzungderMinskerVereinbarunggetan,soumseinepolitischenGrundsatzpositionenüberdieTeilnahmederVertretervomDonbassundLuganskanVer-handlungensowiedieverfassungsmäßigeAbsicherungdesautonomenStatusunddieDurchführungvonWahlenindiesenGebietenzugewährleisten.Überweiterführendepoliti-scheDialogangebotewarnichtszuhören.
Was tun?1.DieParteivorsitzenden,KatjaKippingundBerndRiexinger,habeneinenumfangreichenProgrammentwurffürdieBundestagswahlenvorgelegt.EristaufderWeb-SeitederParteizulesen.InderParteiundmitSympathisan-tenistseingründlichesStudiumzusichern,umRedeundAntwortstehenzukönnenundVerbesserungenanzubringen.DafürsolltenauchdieRegionalkonferenzengenutztwer-den.EinMassenmaterialzumProgrammistfürdasGesprächmitdenBürgern,FreundenundVerwandtenfürInfoständeundSteckaktionenanzufertigen.2.DasProgrammmusszumProgrammderganzenParteiundvonderganzenParteigetra-genwerden.3.DiebenanntenSpitzenkandidatensindalsKandidatenderganzenParteizubetrachtenundihreBemühungensindaktivzuunterstützen.4.DieKandidaturenfürdenBundestagerfolgenüberLandeslisten.DieLandesverbändesindaufgefordert,Kandidatenzuwählen,diedurchihrselbstlosesundqualifiziertesAgiereneinho-hesAnsehenunterdenWählernhabenundsodenErfolgderWahlengewährleistenhelfen.5.DasAnliegenderLINKENsollteessein,sichimBundemitdenvielenFriedenskräftendengefährlichenEntwicklungenentgegenzustel-lenundsichfürVertrauensbildungzuengagie-ren.DiezentraleFragebleibtdieFriedensfrage,
derKampfgegendiewachsendeKriegsgefahr,gegenMilitarisierung,HochrüstungundAtom-waffen,fürAbrüstungundVernunft.6.DerÄltestenratwendetsichfürdenOster-marschmiteinemAppell«NiedermitdenWaf-fen»andieÖffentlichkeit.
Für die Erneuerung einer EuropaDiskussion in der Partei DIE LINKE. Erklärung des Ältestenrates (6. März 2018)261
I. Ansatzpunkte für eine antikapita listische EU-PolitikAnsatzpunktefüreineantikapitalistischeEU-PolitiksolleneinennotwendigenProzessgesellschaftlicherEntwicklungeinleitenundtiefgreifendeVeränderungenfüreinenSozia-lismus2.0–einemSozialismusmitmenschli-chemAntlitz–fürdiePraxisformulieren.DieLinkskräfteinderEU,allenvorandieEu-ropäischeLinkspartei,müssensichdenHer-ausforderungenstellen,ihreKräfteformierenundgemeinsamWegeausderKrisesuchen.UnterBeachtungnationalerBesonderheitengiltes,aufderEbenederEuropäischenUnion
261 Quelle:DIELINKE.:ErklärungenundStellungnahmendesÄltestenrates.URL:https://www.die-linke.de/partei/parteistruk-tur/kommissionen/aeltestenrat/erklaerungen-und-stellungnah-men-des-aeltestenrates/news/fuer-die-erneuerung-einer-euro-pa-diskussion-in-der-partei-die-linke/(abgerufenam17.04.2018).
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einensolidarischenKlassenkampfinvielfälti-genFormenzuentfalten.AufnationalenPar-teitagensolltenfürdieWahlenzumEuropäi-schenParlament2019WahllistenerstelltundgemeinsamePositionenaufdemKongressderEuropäischenlinkenParteifürdenWahlkampferarbeitetwerden.DaskannfürdaspolitischeÜberlebenderEU-LinkenabernurderAnfangsein.EsvollziehtsicheineZäsurdesÜberle-bensderkapitalistischenGesellschaft,diedieLebenschancenderMenschenaufdieserErdezerstörenkönnte.ImVerlaufderNachkriegsgeschichteistmitderheutigenEuropäischenUnion(EU)einkomplexesGebildeentstanden:DieEUistkeineFöderationwiedieUSAundauchkeineOrganisationfürdieZusammenarbeitvonRe-gierungenwiebeispielsweisedieUNO.IndenJahrenhabendieMitgliedsstaatenihreeige-nenOrganeeingerichtet:dasEuropäischePar-lament,denRat,dieEuropäischeKommission,denEuropäischenGerichtshofunddenEuro-päischenRechnungshof.DieMitgliedsländertreteneinenTeilihrerstaatlichenSouveränitätandieseOrganeab.DieserZusammenschlussvonHoheitsrechtenheißtauch«EuropäischeIntegration».Prak-tischbedeutetdas:DieMitgliedsländerent-scheidendemokratischüberwichtigeundaufdasgemeinsame,europäischeInteresseabzie-lendeFragen.
DieseeuropäischeIntegrationberuhtaufvierGründungsverträgen:demVertragzurEuropäi-schenGemeinschaftfürKohleundStahl(1951),demVertragzurGründungderEuropäischenWirtschaftsgemeinschaftunddemderEuropä-ischenAtomgemeinschaft(1957)sowiedemVertragüberdieEuropäischeUnion,auchVer-tragvonMaastrichtgenannt(1992).DieEUbe-findetsichamBeginneinerneuenPhaseihrerEntwicklung.GegründetinderZeitdesKaltenKriegesstandensichNATOundderWarschauerVertrag,dieEGundderRGWalsGegnermitih-rengesellschaftlichenSystemengegenüber.AufderGrundlagegegenseitigeratomarerBedrohungexistierteeinGleichgewichtdesSchreckensmitständigerAufrüstungundBe-drohung,aberohnedirekteKriegsführung.DiewestlicheSeiteverhindertedurchständigeSanktionendenAustauschvonstrategischenInformationeninwissenschaftlich-technischenBereichen.MitdemEndedesRealsozialismusinEuropaunddemZerfallderSowjetunion–sowurdeerklärt–seiderKalteKriegbeendet.WiederVerlaufderletztenbalddreiJahr-zehntezeigt,wachsenmilitärischeBedrohun-gen,undeswerdenheißeKriegegeführt.DieNATOundEUhabensichnachOsteuropaerweitert.SanktionengegenRusslandwerdenalsMitteldesKaltenKriegeseingesetzt.DieGründungvor60JahrenerfolgteimSinnedesNeoliberalismus,d.h.einesMarktfun-
damentalismus.DieStaatsquotenwerdenzurückgeführt,staatlicheAufgabenwerdenprivatisiertundderKapitalverkehrwirddere-guliert.DieseEntwicklungensindimVertragvonLissabonfestgeschrieben.DieneuePhasederEUwirdmitsog.ReformendenSozialabbaubeschleunigen,denGegen-satzzwischenReichtumundArmutverschär-fen,dieRechtsentwicklungbeschleunigenundmilitärischeKräfteunddieGefahrihrerEinsatzfähigkeitverstärken.EntgegendervorherrschendenverbreitetenMeinungzumGründungsprozessdespoliti-schenEuropasistfestzuhalten:1941verfasstendieaufderitalienischenInselVentotenefestge-haltenenantifaschistischenAktivistenErnestoRossiundAltieroSpinellieinManifestfüreinfreiesundvereinigtesEuropa,dasfürdieLinks-kräfteaufdemaltenKontinentRichtschnurwar.DieKernthesen lauteten:DieNiederlageDeutschlandswirdnichtautomatischdieNeu-ordnungEuropasmitsichbringen,dieunse-remKulturidealentspricht.DiereaktionärenKräfteverfügenübergeschickteLeuteundKader,diezumBefehlenerzogenwordensindundihreVorherrschafthartnäckigverteidigenwerden.ImkritischenMomentwerdensiesichgeschicktzuverstellenwissenundbeteuern,wiesehrihnendieFreiheit,derFriede,derall-gemeineWohlstandderbenachteiligtenKlas-senamHerzenliege.
VorallenDingenwerdensiedieWiederherstel-lungdesNationalstaatesinsFeldführen.SiegewinnensojenesVolksempfindenfürsich,dasamweitestenverbreitetistundamleich-testenzurBeutereaktionärerManipulationenwird,daspatriotischeGefühl.DieersteAufgabe,dieangepacktwerdenmussundohnederenLösungjeglicherFortschrittaufdemPapierbleibt,istdieendgültigeBesei-tigungderGrenzen,dieEuropainsouveräneStaatenaufteilen.EinfreiesundgeeintesEu-ropaistdieunerlässlicheVoraussetzungfürdieVerbreitungdermodernenKultur,derenEnt-wicklungdietotalitäreEpocheaufgehaltenhat.DieEuropäischeUnionwurdemitdemZielgegründet,denKriegenzwischenNachbarnendgültigeinEndezubereiten,dieihrenHöhe-punktimZweitenWeltkrieggefundenhatten.UnddieGewerkschaftenundlinkenParteienhatteneinennichtgeringen[Anteil]andieserpolitischenZielsetzung.DieDarstellungdergegenwärtigenSituationdesKapitalismuswirdholzschnittartiginzweigegensätzlichenPositionenbeschrieben.InvielenStellungnahmenwirddiejetzigeSi-tuationinsgesamtpositivbewertet.Seitmeh-rerenJahrengeheesmitderWirtschaftinderEuro-Zonemehroderwenigeraufwärts.EinbaldigesEndediesesAufschwungeszeichnesichgegenwärtignichtab.WesentlichenAnteildaranhatallerdingsdieNullzins-PolitikderEZB.
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DieseArgumentationistnurdannüberzeu-gend,wennsiesichaufstatistischeDurch-schnittswertebeziehtundverliertdannihrenErklärungswert,sobaldgesellschaftlicheWi-dersprüchegedeutetwerdensollen.Danner-scheintdiekapitalistischeEntwicklungalseinProzessdesNiedergangs.
Wesentliche Probleme sind in der EU nach wie vor nicht gelöst:_EsgibtMassenarbeitslosigkeit,wobeidie
hoheJugendarbeitslosigkeiteinebesondereRollespielt.
_IndereuropäischenParteienlandschafter-starkennationalistischeundrechtspopulis-tischeParteien.
_DieWahleninderBRD,inTschechien,Ös-terreichundItalienhabenzutiefgreifendenpolitischenVeränderungenindiesenLän-derngeführt.Umdiesezuerfassen,reichenBegriffewie«Rechtspopulismus»nichtaus.WassichvollziehtsindRäume,indenenEle-mentefaschistischerIdeologieundPolitikgesellschaftlichwirksamwerden.IndiesemSinneistesberechtigtdavonzusprechen,dassdieBRDmitdenWahlenzumDeut-schenBundestagunddemEinzugderAfDeine«EuropäischeNormalität»erreichthatwiesieinUngarn,Polen,Frankreich,ItalienundweiterenLändernschonlängerexis-tiert.
_Esbestehennachwievorerheblicheöko-nomischeundsozialeDifferenzenzwischendeneinzelnenMitgliedsländern.DieEinkom-mens-undVermögensungleichheitwächstinnerhalbundzwischendenStaaten.DieLohnungleichheitzwischendenGeschlech-ternistinkeinemLandbehoben.
_GrundlegendeKonstruktionsfehlerderEuro-zonebestehenfort.EinKerneuropaver-schärftdieLage.
VorsichtigeVersuchedieseKonstruktionsfeh-lerzukorrigierenwurdendurchdieEuropäi-scheKommission2017durchden«VorschlagfüreineinterinstitutionelleProklamationzureuropäischenSäulesozialerRechte»(ESSR)gemacht.Festgelegtwird,dassfürwichtigeBereichewieArbeitsrecht,Mindestlöhne,BildungundErziehung,GesundheitsfürsorgesowieOrga-nisationdersozialenSchutzsystemedieMit-gliedsstaatenund–invielenBereichen–dieSozialpartnerzuständigsind;alsodieEUkei-nenEinflusshat.InFortsetzungderGrund-rechtschartadesLissabon-VertrageswerdendieRechtesehrunspezifischformuliert,sodassRechtsverletzungenkaumfestgestelltwerdenkönnen.FolglichgibtesauchkeineInstrumentemitdeneneinÜber-oderUnter-schreitenvonSchwellenwertensichtbarge-machtwerdenkönnte.DieseSäulesozialer
RechteverhindertnichtdieFortsetzungderneoliberalenPolitik,wederinderEUnochindeneinzelnenLändern.Sokönnenbeispiels-weisedievonEmmanuelMacrongeplantenneoliberalenReformendesArbeits-undSozial-rechtsinFrankreichnichtaufgehaltenwerden.DieAblösungeineretatistischenSteuerungs-politikbisindie70erund80erJahreindeneinzelnenLändernderEUdurcheinenneoli-beralenReformeiferwarverbundenmiteinergehörigenPortionhistorischenOptimismus‘,dereinenBeitragzueinerbewusstenGesell-schaftsgestaltunggarnichterstaufkommenließ.DieserVerzichtaufeinDritteszwischenfordistischerSteuerungvonArbeitundKapitalundneuermarktförmigerKontrollehatdazugeführt,dasssichindereuropäischenStaa-tengemeinschaftindenletztenzweibisdreiJahrzehntenkeineKraftentwickelthat,dieinderLagewäre,eineam«Gemeinwohl»orien-tiertePolitikzuformulierenodergardurch-zusetzen.DarausfolgtenüberJahrzehntefürEuropatiefewirtschaftlicheDisparitätenundzwischenstaatlicheKonflikte.DieStaatenmüssensichdasVertrauenvonwenigenoligopolistischagierendenglobalenFinanzfondserwerben,umnichtindenBank-rottgetriebenzuwerden.DieKapitaleignerkönnensowohldirektdurchFinanzierungoderNichtfinanzierung(Steuerpolitik)desStaatesoderindirektdurchInvestierenoderNichtin-
vestiereninnationaleVolkswirtschaftenDruckausüben.DieserklärteinenZustand,indemsichwenigeSuperreicheeinengroßenTeildesgesellschaftlichenReichtumsaneignenundProduktionsowieReproduktionkontrollieren.DarausresultiertdasasymmetrischeHerr-schaftsverhältnis,indemderverbleibendeRestderGesellschaft–dieMehrheitvon90Pro-zent–sehrgemischtundinverschiedeneFor-mationengespaltenist.GroßeTeilederMittel-schichtenwurdenbeispielsweisemitneuenFreiheitsversprechengeködert.VielenerscheintheutedieRestitutionvonElementender«sozia-lenMarktwirtschaft»alserstrebenswert.Rück-blickendlässtsichsagen,dassdie«SozialeMarktwirtschaft»immerKapitalismuswarundwenigerdieInstitutionalisierungdesSozialen.ErrungenschaftenimsozialenBereichstandenunterdemVorbehalt,dassdieKapitalverwer-tungerhaltenbleibt.InderFolgezeitfehlteesanrelevantenAkteuren,diedieerreichtensozial-staatlichenErrungenschaftenverteidigthätten.EuropäischeWirtschaftspolitikmüssteimSinneökonomischerKonvergenzgedachtwerden.Auszulotenist,inwieweitesmöglichist,Misch-wirtschaftinverschiedenenSektorenwiederaufdieAgendazusetzen.SokönntenBankenundVersicherungenverstärktöffentlicherKon-trolleunterworfenwerden,wieesbeispiels-weiseinderKrise2007/8möglichgewesenwäre.Großunternehmenkönntenzumindest
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inderBundesrepublikentsprechenddemAr-tikel14,Abs.2«Eigentumverpflichtet»indiePflichtgenommenwerden(z.B.Siemens).DieMitbestimmungalsBeitragzueinerDemokra-tisierungunternehmerischerEntscheidungenkönntedurchgewerkschaftlicheKämpfeaus-geweitetwerden.DieVerwandlungderKapitalmärkteinFinanz-märktetriebdieHerrschaftderVermögens-besitzerundihrerVerwaltungsgesellschaftenvoran.ImmerneueFinanzproduktewurdenkreiert,umdieSpekulationinungeahnteHö-henzutreiben.TechnischeEntwicklungen,KapitalakkumulationundGeschäftstüchtigkeitschaffenfüreinekleineSchichtvonInvestorenoderRentiersunermesslicheVermögen.DamitverbundenisteinezunehmendeVer-schuldungnichtnurderführendenkapitalisti-schenStaaten,sondernauchderUnternehmenderRealwirtschaftundderPrivathaushalte.ZeitgleichverfestigensichTendenzenrückläu-figeröffentlicherDienstleistungenundLeis-tungenfürdiesozialeSicherheit.DieseEntwicklungensindindenEU-Ländernverschiedenstarkausgeprägt,spielenaberzwischendenStaateneinezentraleRolle.DieEntwicklungistgekennzeichnetdurchstag-nierendeoderabnehmendeLöhneimunterenEinkommensbereich,Ausweitungvonunge-schütztenbzw.prekärenBeschäftigungsver-hältnissen,erodierendenTarifvertragssyste-
men,derAushöhlungderTarifautonomieundKürzungenimBereichdersozialenSicherungensowiedenWandelvomManagerkapitalismuszurHerrschaftdesShareholderValue.AlldasgeschahohnebemerkenswertenWiderstand.IndenkommendenJahrenwirdsichdieSitua-tionnochzuspitzen,wennGlobalisierungundDigitalisierungnichtinengemZusammen-hangmitderVerwertungslogikdesKapitalsbegriffenwird.DiesesneueAkkumulations-regimezeichnetsichdadurchaus,dassAlgo-rithmenzurwichtigstenMaschine,DatenzumessentiellenRohstoffundInformationenzurWarewerden.DeraktuelleKapitalismustrans-formiertsicherfolgreichundschafftes,sichtäglichneuzuerfindenverbundenmitdemVersprechenvonFreiheitundTeilhabe.AuchbeiderangeblichdemokratischorganisiertenDigitalisierung(Plattformökonomie)bleibtdasStrebennachProfitzentral.DieseAmbivalenzaufzuzeigenwäreeinersterwichtigerSchritt.StattdessenwirdinderEUdieEntfesselungderMärkteunddesKapitalismusmitgroßerEnergievorangetrieben.DieAnpassungderRahmenbedingungenandieMarktsteuerungführtletztlichdazu,dasssichdieStaateneiner«marktkonformenDemokratie»unterwerfen,wiesieinsbesonderevonDeutschlandgefor-dertwird.DenKapitalismuszivilisierendeForderungenwurdenlangeZeitdurchdierealexistierende
staatssozialistischeKonkurrenzbegünstigt,wennauchnurindirekt.ÜberlegungenzurBeendigungderAusteri-tätspolitikundzuwirklichenReformenwer-dendadurcherschwert,dassheutejedwedeKritikunterdenVerdachteinerstaatlichre-guliertenPlanwirtschaftgestelltwird.InfolgedesNiedergangsundletztlichenScheiternsdesRealsozialismuswirdeinedemokratische,zukunftsfähigeundrealistischesozialistischePerspektivediffamiert.DasgiltauchfüreineMehrheitderBevölkerungeinschließlichderMenschen,dieinprekärenVerhältnissenle-ben,weilsievondemVersprechen«allenwerdeesbessergehen»(dasgebrocheneWahlversprechenvonden«blühendenLand-schaften»)nachhaltigenttäuschtwurdenundaußerdemeinerpermanentenIndoktrinationausgesetztsind.Gegenpositionenmüssendeutlichformuliertundöffentlichbreitdisku-tiertwerden.DerAufwärtstrenddesRechtspopulismusinalleneuropäischenLändernistAusdruckeinertiefsitzendenEnttäuschungüberdieungerechtenVerhältnisseindenkapitalisti-schenLändernundderOhnmachtresultie-rendausdemGefühlderMachtlosigkeit.DiespezifischennationalenFärbungenentstehenvornehmlichausderSchwächebestehenderSysteme,denUngerechtigkeitserfahrungenmitKonzeptenrealerfahrbarerGerechtigkeit
undsozialerSicherheitzubegegnen.InGesell-schaftenvorhandeneautoritäreMentalitätenwerdenangesichtsderenttäuschendenErfah-rungenderDeprivationdurchrechtspopulisti-scheStrömungenaufgefangenundverstärkt.EinenwesentlichenBeitragfürdieEmpfäng-lichkeitderBevölkerungfürrechtsradikaleForderungenindenneuenBundesländernhatdieErfahrungderHerabsetzung,Diskriminie-rungoderEntwürdigungihrerLebensleistunginderDDRgeleistet.AuchnachdemEndederDDRbleibtihreehemaligeExistenzeinDornimFleischdesKapitalismus.Wiesonstisteszuerklären,dasssienachwievormitNach-druckdelegitimiertwird.MitdenHinweisenaufPlanwirtschaftundSozialismuswirdjedeAlternativezumKapitalismusdiffamiert.DieseTendenzensinddurchausauchinetabliertenParteienanzutreffen.DieKanalisierungdesökonomischenKonfliktesaufdasVolkimRah-menbestehendernationalerGrenzenversusdenFremden,denZugewandertenoderdenMigrantenverstärktdieBereitschaft,mitGe-waltgegendiesevorzugehen.DerRechtspo-pulismusholtsiebeidenEmpfindungenderBenachteiligungab,verstärktdieseundfindetimFremdeneinenSündenbock.AlleDiskussionenumdieBeseitigungderFluchtursachenmüssenberücksichtigen,dassesnichtdarumgehenkann,dassEuropasichnochstärkerabschottet(Frontex),dieGren-
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zeninafrikanischeLändervorverlegtwerden(EU-Grenzschutzmissionen)oderdieSitua-tionvonSchutzSuchendennochrepressivergestaltet.EineBefriedungkannnurgelingen,wenndieExistenzbedingungenindenHeimat-ländernaufeinNiveaugehobenwerden,dieeinemenschenwürdigeExistenzgarantiert.Eskannzukünftignichtdarumgehen,anSymp-tomenzukurieren,sonderneineVeränderungderpolitischenundökonomischenMachtver-hältnisseundeinedarausresultierendePoli-tik–nichtzuletztderHandels-undWirtschafts-politik–wäredringendnotwendig.DieskannnurdurchRegelungenerreichtwerden,diesichgegendiedominantenMarktkräfterich-ten.DiesozialeFragedes21.JahrhundertsistdieFragenachdemkumuliertenReichtumundderVerteilungnachinnenundaußen.OhneeinenglaubhaftenRichtungswechselinderPolitikwerdendieRechtspopulisteninÖsterreich,Frankreich,denNiederlandenoderItalien–ganzzuschweigenvondenLändern,indenenschonrechtspopulistischeParteienregierenwieinUngarnoderPolen–weiterenZulauferhaltenmitunabsehbarenKonsequen-zen.DieszeigtesichbeidenWahlergebnissenzumitalienischenParlamentimMärzdiesesJahres.DieRegierungspartei,diePartitoDe-mocratico(PD),erreichtenur18,9ProzentderStimmen;zusammenmitanderenlinkenKräf-tenkamdasMitte-Links-Bündnisauf22,9Pro-
zent.EuropaskeptikerunddasrechteLagertriumphierenbeiderWahl.DieseRechtsver-schiebungerschüttertdiepolitischeNach-kriegsordnungundverschärftdieKrisedereuropäischenUnionmassiv.
II. Europa ist größer als die EU OhneodergargegenRusslandisteuropäischePolitikrealitätsfernundgefährlich.DieWeiter-entwicklungderEUkannnuralsFriedenspro-jektgelingen.SanktionenundKonfrontation,antirussischeHetzebedrohenaberdenFrie-den.DieGefahreinesgroßenKriegesistnichtgebannt,auchnichtinEuropa.DerWesten,allenvorandieUSA,habenihrVersprechenbeimAbschlussdes2+4-Vertragesgebro-chen,dieNATOnichtnachOstenzuerweitern.HeutestehenNATO-TruppenanderrussischenWestgrenze,undnachdenBrüsselerPlänensolltenweitere800kminderUkrainedazukommen.ProvozierendeMilitärmanöverwer-denveranstaltet.MitAntiraketensystemensolleineGegenwehrgegennukleareErstschlägederNATOverhindertwerden.EinebeispielloseHetzegegenRusslandsolldie«DrangnachOsten»-PolitikwiedersalonfähigmachenunddenMenschendieHirnevernebeln.Diehistori-schenErfahrungensollenvergessengemachtwerden,auchdiederStalingraderSchlacht.DerSiegderRotenArmeeließvor75JahrendasEndederNaziherrschafterahnen.
DiePariserCharta,dieeineFriedensordnungnachderWendeverheißensollte,wurdeandieWandgefahren.DerWestenfühltesichalsSiegerimKaltenKriegundwolltemitRusslandkeineBeziehungenaufgleicherAugenhöhe,gleicheundgemeinsameSicherheit.Versu-che,andieOstpolitikvonWillyBrandtanzu-knüpfen,wurdendurchdie«Atlantiker»vomRegierungstischgenommen.DieBeziehungenmitRusslandverschlechtertensichSchrittfürSchrittundmündetenschließlichineinerbei-spiellosenRussophobie,dienichterstmitderEingliederungderKrimihrenAnfangnahm.KonstruktiveBeziehungenmitRusslandsindvonzentralemInteresseeinerfriedlichenundentmilitarisiertenOrdnunginEuropa.FüreinigemittelosteuropäischeStaatenundkonservativeMilitärsinderNATOverkörpertdagegenPutinsRusslandeineFortsetzungdeszaristischenundsowjetischenImperialismus.MitderNATO-Er-weiterung,demKosovokrieg,demIrakkrieg,derLibyeninterventionetc.solleinemilitärischeAbgrenzungundeinwirtschaftlicher«DrangnachOsten»gerechtfertigtwerden.MitderVer-teidigungskooperation«PESCO»,einerMilitär-koalitionderWilligen,istjetztdie«schlafendeSchönheit»dereuropäischenVerteidigungspo-litikwiedererwecktworden.NichtalleEU-Staa-ten–aberimmerhin20odermehr–kooperierenstärkerbeiMilitärprojekten.JedesLand,daszurGruppederPioniereinSachenEU-Verteidi-
gungspolitikzählenwill,musseineReihevonAnforderungenerfüllen.SomüsstendieMili-tärausgabenregelmäßiggesteigertwerden.Jeder,derbeiPESCOmitmacht,verpflichtetsich,anmindestenseinemgroßenRüstungs-projektteilzunehmen.JetztseiderZeitpunktgekommen,dassEuropavoranschreitetmitderSicherheits-undVerteidigungsunion.DieBefürwortersehendarinnämlicheinenerstenSchritthinzueinerEU-Armee.DieEUtreibtunübersehbardieZusammenarbeitinSachenVerteidigungsunionvoranundgefährdetdamitdienochbestehendeFriedensordnung.DieEu-ropäischeUnionsolltekeineKernaufgabenderNATOübernehmenindemSinnederkollektivenVerteidigung,alsoBündnis-undLandesvertei-digung:imGegenteil;diewachsendeninternenWidersprüchedesNATO-MilitärbündnissessolltendieEUermutigen,inAnknüpfung[an]dieSchlussaktevonHelsinki,dieKSZEzube-leben.DieKSZEwurde1995offiziellin«Orga-nisationfürSicherheitundZusammenarbeitinEuropa»(OSZE)umbenannt.Zuihrenwichtigs-tenZielenzählendieSchaffungvonSicherheit,KonfliktverhütungundKonfliktmanagement,derSchutzvonMenschenrechten,DemokratieundRechtsstaatlichkeitsowieAbrüstungundTerrorismusbekämpfung.ImZugedesKonflik-tesinderUkraineistdieOSZEzuletztwiederindenMittelpunktdereuropäischenSicherheits-politikgerückt.
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FüreineneueOstpolitikzustreitenmusseinbesonderesAnliegenderParteiDIELINKEwerden,wieeseinaufdemMagdeburgerPar-teitageinmütiggefassterGrundsatzbeschlussgeforderthat.DasGebotderStundeist,DruckaufdieRegierendenauszuüben,umwiedernormaleBeziehungenmitRusslandherzustel-len.DIELINKEkannsichhierbeiaufWohlwolleninderBevölkerungstützen.ManwillkeinenKrieg.DasbrachteauchderAppellder60her-vorragendenPolitikerundPersönlichkeiten«WiederKrieginEuropa?NichtinunseremNamen!»odereineDenkschriftdesWilly-Brandt-KreiseseindrucksvollzumAusdruck.EinflussreicheWirtschaftsmanagerwollenfürbeideSeitenvorteilhafteWirtschaftsbe-ziehungen.SchließlichgehtesauchummehrArbeitsplätze.Vertrauenistnötig.EswächstdurchStädte-partnerschaften,BegegnungenjungerLeute,AustauschderKulturen.NichtwenigehabensichdavondurchdiefeindseligePolitikderRe-gierendennichtabbringenlassen.EinweitesFeldfürAktivitätenvonMitgliedernderParteiDIELINKEundihrerSympathisanten.VielevonihnenhabendieSpracheunddiegroß-herzigeLebensweiseimgroßenNachbarlandverinnerlicht.«AnnäherungdurchVerflechtung»könnteeinerfolgreichesKonzeptwerden.Zieleinerneuen
europäischenOstpolitikmussessein,daskonstruktiveEngagementRusslandsdurchneueKooperations-undIntegrationsangebotezufördernundseineVerankerunginEuropadurchengepolitische,wirtschaftlicheundkulturelleBeziehungenirreversibelzumachen.RusslandbleibteinwichtigerPartner,auchwennesjetztnachaußenmitneuemSelbstbe-wusstseinnationaleInteressenvertrittundimInnereneineneigenenWegverfolgt,derviel-fachasynchronzudemderEUverläuft.OhneintensivePartnerschaftmitRusslandkanneswedereinegesamteuropäischeFriedensord-nungnocheineLösungderKonfliktewieinderUkraine,imNahenOstenoderaufdemBalkangeben.DIELINKEwendetsichgegenzunehmendeMissachtungderLehrenderGeschichte,Ge-schichtsvergessenheitund-fälschung.SiesetztsichmitderPropagierungvonFeindbil-dernundneuenTrennungslinienaufdemeu-ropäischenKontinentauseinanderundfordertdiebesondereVerantwortungderMassenme-dieninderAuseinandersetzungmitRechts-populismusundzunehmendenneofaschisti-schenTendenzen.DieKriegsgefahrabzuwenden,erfordertkon-sequentpolitischeLösungenfürKonflikteimNahenOsten,aufderkoreanischenHalbinselundinderOstukraineanzustreben.ZuDialog,fairenVerhandlungenstattKonfrontationund
militärischerGewalt,zurStärkungderUNOunddesVölkerrechtsgibteskeineAlternative.FürDIELINKEkommtesdaraufan,ihrauf-klärendesWirkenzuUrsachenundFolgenvonKonfrontation,zurEinmischungininnereAngelegenheitenundAggressionzuintensi-vierenundzurAktivierungderFriedensbewe-gungbeizutragen.
III. Perspektiven einer Erneuerung der europäischen LinkenDaseuropäischeProjekt,istnachdemZerfalldesrealsozialistischenLagers1989–91mehrundmehrnichtnur[zu]einemProjektdesneo-liberalenAbbausnationalerSozial-undWohl-fahrtsstaatengeworden,sondernhatauchinoffensivexpansiverWeisezueinerAusdeh-nungdesüberdieNato-Mitgliedschaftvermit-teltenEinflussesderUSAsowiederErschlie-ßungneuerMärktefürdaseuropäischeKapitalbeigetragen.WegenderweitverbreitetenSorgeundAngstvorArmut,Arbeitslosigkeit,UngleichheitundderextremenKonzentrationvonEinkommenundReichtumbleibteineuropäischerPolitik-wechselhinzueinemalternativenSanierungs-undWachstumsmodellunverzichtbar.DiezentralerealwirtschaftlicheUrsachederEurokriseliegtinderungleichenEntwicklungderHandels-undKapitalströme.SeitEinfüh-rungdesEurowerdendiewirtschaftlichstarken
VolkswirtschaftenstärkerunddiewirtschaftlichschwachenVolkswirtschaftenschwächer.OhneeinenAbbaudieserUngleichgewichtewirddasWährungssystemdesEuronichtüberleben.DieKriseinEuropaistauchErgebniseinerfalschausgerichtetenKonzeptionderEuropäi-schenUnion.SpätestensseitdemVertragvonMaastrichtgibteseineumfassendeneolibe-raleAusrichtung,liegendieSchwerpunkteaufderFreizügigkeitdesKapitalsundaufWettbe-werbsvorteilenderwirtschaftlichstarkenLän-der.DiemeistenEU-Mitgliedsländersindange-sichtsderökonomischenundpolitischenKri-senmiteinemErstarkenderrechtsextremenundrechtspopulistischenKräftekonfrontiert.DiestarkeMigrations-undFluchtbewegunghatdieseitJahrenanhaltendeWirtschafts-undFinanzkriseindenHintergrundgedrängt.DieProblemedergroßenWachstumsunter-schiede,derinvielenMitgliedsländernhohenArbeitslosigkeit,hoherVerschuldungundmassiverDefiziteinderöffentlichenInfrastruk-tursindnichtgelöst.NachwievordominiertalsLösungsversucheineneoliberaleAuste-ritätspolitik,dievorallemdieKrisenländerindersüdlichenPeripherieniederdrücktunddiewirtschaftlichewiesozialeEntwicklunginEu-ropablockiert.AngesichtsderwachsendenZukunftsängsteunddesAufstiegsrechtspopulistischerPar-
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teiennichtnurinOstmitteleuropa,sondernauchindenLändernKerneuropas,istderenSprengkraftfürdaseuropäischeProjektnichtzubestreiten.VordemHintergrundderanhal-tendeneuropäischenWirtschafts-undFlücht-lingskrisesetzenRechtspopulistenaufeineStärkungderNationundlehneneineweiterge-hendeEuropäisierungundReformperspektivederEUab.DieBefürwortereinerRenationalisierungüber-schätzendieSpielräumenationalstaatlicherPolitik.VordemHintergrundfreierKapital-undWarenströmesowieeinergemeinsamenWährungkönnennationaleRegierungenindenzentralenFeldernderWirtschafts-,Sozial-undLohnpolitikkeineprogressivePolitikimnationalenAlleingangdurchhalten.WasaberimUmkehrschlussnichtbedeutet,dasseineengeZusammenarbeitderzwei/dreigrößtenVolkswirtschaften(Deutschland,Frankreich,Italien)nichtneueHandlungsspielräumeschaffenkönnte.ZudemhängtdieStabilitätnationalerAusteritätsregimeimmernochsehrengmitderStabilitätnationalerRegierungenzusammen.InsofernhatderNationalstaatkei-nesfallsausgedient.EineRückkehrzunationa-lenWährungen–dieradikalsteVarianteeinerRenationalisierung–istkeinewünschens-wertepolitischeOption.DieserWegwürdemitdramatischenökonomischenundsozialenVerwerfungeneinhergehen.DieAlternative
zuwenigerEuropaistmehrEuropa,aberan-ders.ZielisteindemokratischesundsozialesEuropa,dasmitderneoliberalenLogikdesMaastrichterVertragsbricht.DieLinkeinEuropasolltesichzurGeschichtederArbeiterbewegung,dersozialenKämpfe,ihresKampfesgegendenKrieg,zueigenenFehlern,alsauchzuihrenErfolgenbekennen.GefordertisteinoffenerDialog,dernachGe-meinsamkeitundZukunftsvisionenstrebenlässt.
Die Europäische Linke sollte folgende Themen vorrangig behandeln:_ Esgilt,dieKonstruktionsfehlerderEUlang-
fristigzubeseitigen.DazugehörtinersterLi-nie,dasProjekteinessozialenEuropawiederzubeleben.DievondenStaatenratifiziertenVerträgevonMaastricht,Amsterdam,NizzaundLissabonsinddurcheinVerfassungs-projektzueinemsozialenEuropazuerset-zen.
_EinePolitik,diedenkulturellenundsozialenZusammenhaltundeinedemokratischeEnt-wicklungfördert,indemgleicheLebensver-hältnissehergestelltwerden.DieEUbenötigtstarkepolitischeInstitutionen,diedieOrien-tierungvorgebenunddiesnichtdenMärktenüberlassen.
_DazugehörteineAbkehrvonderAusteri-tätspolitikhinzueinerPolitikfürdasGemein-
wohl,inderauchdiezukünftigenProblemederDigitalisierungberücksichtigtwerden.
_DasRechtallerSchutzsuchendenaufAsylmuss inderganzenEUanerkanntwer-den,verbundenmitdemKampfgegendieFluchtursachen,Elend,AusbeutungundTod.
_AnsatzpunkteeinerverändertenAußen-,Sicherheits-undFriedenspolitikderEUmüssenvonderEuropäischenLinkenent-wickeltwerden.DieForderungenlauten:militärischeAufrüstungunddenWaffen-handelstoppen,SpannungenabbauenundgegenseitigesVertrauenaufbauen,indem
PerspektivendersozialenSicherheitundEntwicklunggeschaffenwerden.
WienotwendigdieEntfaltungeinerantika-pitalistischenPolitikgeradevordenWahlenzumEuropäischenParlament2019auchist,sowichtigistauchdieForderungnacheinerge-sellschaftlichenAlternativezumKapitalismusüberhaupt.Marx200sollteunsAnspornsein,denDialogüberSozialismusim21.Jahrhun-dertaufzunehmen.WirÄlterenwollendafürwerbenundmitunse-renMöglichkeitendafüreinenBeitragleisten.
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NACHBETRACHTUNG
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InAsienprägtderKonfuzianismusdasBildvonKulturundGesellschaftseitvielenJahr-hunderten.ErbeeinflusstauchheutedenAlltaginJapan,China,Korea,Singapur,Viet-namundTaiwanmaßgeblich.ZuseinerLehregehörtnichtzuletztderRespektgegenüberdemAlter.ZualternistinJapanundanderenasiatischenLänderneineEhre.AufgrundihrerLeistungenfürdieGesellschaft,alsLehrerundEntwicklerderGesellschaft,aufgrundihrerLebensweisheitundihrerMenschenkenntnishabensichdieÄlterenAnerkennungundRe-spektverdient.262InChinafungiertedergroßeReformerDengXiaopingnachseinemoffizi-ellenRückzugausderPolitik1990alsBeraterfürdieFührungvonParteiundStaat.263AuchinFrankreichziehtheutederneuePräsidentEm-manuelMacronAmtsvorgängerwieNikolasSarkozyundValéryGiscardd’Estaingzurate.264InDeutschlandkonsultiertderjeweilsaktuelleParteivorsitzendederSPDseineVorgängerinwichtigenFragen.265
DiePDSbzw.dieParteiDIELINKEwählteeineandereFormderBeratungderjeweilsaktuel-lenParteiführung:denRat der Altenbzw.denÄltestenrat.ImVerlaufevonfastdreiJahrzehn-tenscheintsichdieseFormverstetigtzuha-ben,auchwennsichdasVerhältniszwischenBeraternundBeratenenindieserZeitkeines-wegsspannungsfreigestaltethat.EineAna-lysederErklärungenundStellungnahmendes
Rates der Alten bzw.des ÄltestenrateslässtimVergleichmitderoffiziellenParteilinieso-wohlderPDSalsauchderParteiDIELINKEvorallemfolgendeTendenzenhervortreten:DerRatverlangteimmerwieder,dasssichdiePar-teideutlichzumSozialismusalslangfristigemZielbekennenmüsse.DastrafinbesonderemMaßeaufdenschwierigenProzessderVerei-nigungderPDSbzw.Linkspartei.PDSmitderSozialstaatsparteiWASGzu–mitderGefahrdesScheiternsdiesesProzesses.Esistaller-dingsklar,werseinganzesLebenfüreinsozia-listischesZieleingesetzthat,derwirdimhohenAlterkaumaufdiesesZielverzichtenwollen.
262 Vgl.DieLehrendesKonfuzianismusundseinegesell-schaftlicheImplikation.URL:https://hallobusan.wordpress.com/2016/01/14/die-lehren-des-konfuzianismus-und-sei-ne-gesellschaftliche-implikation/(abgerufenam15.04.2018);TagderEhrungderAlten.WieundwarumwirdderTagderEhrungderAlteninJapangefeiert?URL:http://www.kalen-der-uhrzeit.de/feiertage/tag-der-ehrung-der-alten(abgerufenam15.04.2018). 263 Vgl.DavidHildebrand:DengXiaoping.URL:http://www.chinaweb.de/china_politik/deng_xiaoping/deng_xiaoping_china.htm(abgerufenam16.04.2018). 264 Vgl.Frankreich:HollandesLektionen.In:DERSPIEGEL,Hamburg,2018,Nr.16(vom14.04.2018),S.79. 265 ImFrühjahr2017hieltbeispielsweisederdamalsneueSPD-VorsitzendeMartinSchulzzuseinemAmtsvorgängerSigmarGabrielengenKontakt.Beideredetenvielmiteinander.Vgl.FlorianGathmann:SchulzundGabriel:Einerstrahlt,einerstrampelt.In:SPIEGEL-ONLINE,Hamburg,19.04.2017.URL:http://www.spiegel.de/politik/deutschland/martin-schulz-und-sigmar-gabriel-einer-strahlt-einer-strampelt-a-1143702.html(abgerufenam18.04.2018).
266 GunnarDecker:DerfalscheMann.In:NeuesDeutschland,Berlin,14./15.04.2018,S.9.
DerRat der Altenbzw.derÄltestenratwarsichstetsbewusst,dassderSozialismusversuchaufdeutschemBodendurchDeformationendersozialistischenIdeeundPraxis,insbesonderedurchdaserheblicheDemokratiedefizit,durchselbstverschuldeteFehlentscheidungenundMängelgekennzeichnetwar,underverurteiltedieVerbrechendesStalinismus.AberfürihnwarderSozialismusversuchinderDDRzutiefstlegitim.Deshalbbestanderdarauf,dassdenunzweifelhaftenErfolgenindiesemVersucheindeutlichhöheresGewichtbeigemessenwerdenmüssealsFehlern,MängelnoderVer-brechen.Erwarbzw.istderAuffassung,dassdiekritischeAufarbeitunghistorischerLehrennichtzueinerDelegitimierungdesSozialismus-versuchsinderDDRführendürfe.Westdeut-scheGewerkschafterimÄltestenraterinnerndaran,dassdieDDRbeiTarifverhandlungenalsunsichtbarerdritterPartnermitamTischsaß.InengemZusammenhangmitdieserBewer-tungdesSozialismusversuchsinderDDRbe-kundetederRatdieausdrücklicheSolidaritätmitaktuellenSozialismusversuchenimglo-balenSüden.DerRatbefasstesichmitdiesenVersuchenunterEinbeziehungexternenSach-verstandsundsahdadurchrechtklardiebeidiesenVersuchenauftretendenobjektivenPro-blemeundSchwierigkeitenunddiesubjektivenFehlerderführendenAkteureinsbesondereinlateinamerikanischenLändern.Diepolitischen
Bestrebungen,fürdieMillionenMenschenihreKräfteundihrLebeneinsetzenwürden,verdientendennochseinerMeinungnachinhöchstemMaßeSolidaritätundUnterstützung.WiederundwiederverbreitetederRatdieBot-schaft,dassEuropanichteinfachmitderEuro-päischenUniongleichgesetztwerdenkönne,sonderninsbesondereRusslandeinschließe.AndersalsjungeMenschensinddiemeistenMitgliederdesÄltestenratesmitostdeutscherBiographievon40JahrenDDR-GeschichteundderZugehörigkeitdiesesStaateszumöstlichenPaktsystemgeprägt.FürsiezähltRusslandganzselbstverständlichzumeigenenErfahrungsraum.WasderPhilosoph,Thea-terkritikerundBuchautorGunnarDeckerun-längstüberdasLesepublikuminderDDRimVergleichmitdeminderaltenBundesrepublikschrieb,giltmitSicherheitauchfürdieseMit-gliederdesÄltestenrates:«VonScholochows‹DerstilleDon›bisBulgakows‹DerMeisterundMargarita›,vonAitmatows‹DerTagziehtdenJahrhundertweg›bisGranins‹DerPlatzfürdasDenkmal›–inderDDRlasmandieseBücheranders.Warum?Weilmanhier–seelischwiealltagspraktisch–diesemTeilEuropasvielnä-herstandalsinKölnoderMünchen.»266
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DerRatbezogundbeziehteinehochgradigkritischeHaltungzuRegierungsbeteiligungenderPDSbzw.derParteiDIELINKEaufLandes-ebene,wobeierganzoffensichtlichdieRisikeneinersolchenBeteiligungweithöherbewertetalsdiedarinliegendenChancen.Sothemati-siertederRatineinersolchenKonstellationeinestrategischeAbhängigkeitvomKoalitionspart-nerundeineeingeschränkteDurchsetzungs-fähigkeiteigenerZielstellungenlinkerPolitik.InsbesonderesaherdieGefahr,dassdieParteidieGrundlinienihrespolitischenProfilsVertei-digungdesSozialstaates,Lösunginternationa-lerKonfliktemitausschließlichfriedlichenMit-telnundÜbergangzueinerökonomisch,sozialundökologischnachhaltigenWirtschaftspolitiketwaals«Preis»füreineRegierungsbeteiligungverlassenkönnteunddassdiesvonihrenAn-hängernundWählernalsVerratanihrenInte-ressenundAnliegenwahrgenommenwürde.BilanziertmandieGeschichtedesRates der Altenbzw.desÄltestenratesinsgesamt,giltesvorallemfolgendefünfPunktehervorzuheben:_ DerRat der AltenistBelegfürdieBestre-
bungen,mitderPDS1989/90eineneue,zukunftsgerichtetegesellschaftlicheKraftinderDDRzuentwickeln.AnliegenderMit-gliederdesRateswardieSchaffungeinerbesserenDDR,warenmehrDemokratieundechteMitbestimmung.DassdieseAnliegenangesichtsdersichraschveränderndenLage
inDeutschlandundinderWeltnichtzureali-sierenwaren,stehtaufeinemanderenBlatt.
_ DieErklärungenundStellungnahmendesRatesbelegen,dassdasGremiumdieunter-schiedlichenPositionen,dieseineMitgliedervertreten,inseinenReihenausdiskutiertundaufdieseArtundWeiseeinenlebendigenPluralismuslebt.
_ DiegegenüberderoffiziellenParteilinieoftlinkenPositionen,diederRat der Alten bzw.derÄltestenratvertratbzw.vertritt,richtensichexplizitgegeneineAnpassungandenpolitischenMainstream,wiesieeinigePoli-tikerderPDSrespektivederLINKENaussei-nerSichtvornehmen.
_DieGeschichtedesRates der Alten bzw.des ÄltestenratesisteinwichtigerTeilderbishernochungeschriebenenGeschichtederPDSundderjenigenderParteiDIELINKE.
_ ObwohlderRat der Altenmehrfachdarüberdiskutierthat,obdiesesGremiumnochzeit-gemäßistundgebrauchtwird,undindiesemKontextüberseineSelbstauflösungnachge-dachthat,kannmaninderRückschaufest-stellen,dasssichdiesesGremiuminderin-nerparteilichenWillensbildungbewährthat.DerÄltestenratwirkteundwirktallesinal-lemalsStachelimFleischderPDSbzw.derLINKENundihrerjeweiligenParteiführung.ErnahmundnimmtsomiteinekorrigierendeFunktionwahr.
DIE WEISHEIT DER PARTEI EIN ABRISS DER GESCHICHTE DES ÄLTES TENRATS DER LINKEN
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E DIE WEISHEIT DER PARTEI EIN ABRISS DER GESCHICHTE DES ÄLTES TENRATS DER LINKEN
JOCHEN WEICHOLD
ist Gründungsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung und gehörte viele Jahre deren Vorstand an. Bis zum Jahr 2013 leitete der promovierte Historiker den seinerzeitigen Bereich Archiv/Bibliothek.
DAGMAR ENKELMANN
ist Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die promovierte Historikerin war bis zum Jahr 2013 erste parlamentarische Geschäfts-führerin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag.