Jürg Schläpfer Unterlagen für den TA/GRAPHO-WORKSHOP vom 21. Oktober 2017 __________________________________________________________________________________________
Workshop21. Oktober 2017
TA +
Graphologie
Jürg Schläpfer Bäulistrasse 22 8049 Zürich Tel. 044 251 19 68
Internet: www.juerg-schlaepfer.ch
E-mail: [email protected]
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Übersicht:
Meine persönliche Schriftprobe: Seite 3
Graphologie Seite 4
Selbsteinschätzung Seite 5/6
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Ich-Zustände im Funktionsmodell Seite 7/12und dazugehörende graphologische Merkmale
Miniskriptablauf Seite 13/14
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Bitte schreibe auf dieses Blatt unter Zeitdruck (4 Minuten) eine Geschichte mit folgendem Anfangssatz:
Ich befand mich tief in einem dunklen Höhlengang und ........
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GraphologieBereits der Laie kann eine Schrift mit den sogenannten Eindruckscharakteren beschreiben.Solche Beschreibungen benützen Ausdrücke wie:
locker, unbeschwert, originell, natürlich, offen, ungekünstelt, schwungvoll, beweglich, intensiv, frei, auffällig, ausfahrend, übertrieben etc.
Oder auch:Geformt, kontrolliert, sauber, geordnet, geregelt, diszipliniert, eng, monoton, verklemmet, unelastisch etc.
Oder auch:schülerhaft, einheitlich, geformt, schlicht, regelmässig, exakt, angepasst, unauffällig, unprofiliert, monoton, unlebendig etc.
Dann gibt es den graphologischen Weg. Da gibt es ein breites Spektrum von graphologischen Variablen. Aussagen können hier über folgende Begriffe gemacht werden:
Zeilenführung (gerade, aufwärts, abwärts, gestaffelt) Rechtsläufigkeit und Linksläufigkeit Grösse und Kleinheit Längenunterschiede Oberlängen und Unterlängen Weite und Enge Schrägheit und Steilheit Bindungsformen: Girlande, Arkade, Winkel und Faden Verbundenheit und Unverbundenheit Schnelligkeit und Langsamkeit Vereinfachung und Bereicherung Völle und Magerkeit Teigigkeit und Schärfe Regelmässigkeit und Unregelmässigkeit Druckstärke und Druckschwäche Anordnung der Schrift im Raum (Raumbild)
Wir werden uns heute mit den Bindungsformen beschäftigen und auch noch mit Weite und Enge. Die drei folgenden Tabellen verweisen auf eher positive, wie auch auf eher negative Aspekte hin. Die Tabellen und sind mit Vorsicht zu geniessen, weil sie nur einen Teilaspekt der graphologischen Arbeit beleuchten. Je nach Schriftniveau gibt es eher positive oder eher negative Bewertungen. Ganzheitsmerkmale und Raumbild fehlen. Für exakte Analysen sind diese selbstverständlich miteinzubeziehen. Wie die Tabellen zeigen, gehört zu jedem positiven Aspekt auch das Gegenstück im negativen Bereich.
Grundsätzlich ist noch zu sagen, dass an diesem einen Tag, mit wenigen Beispielen das Interesse an der Grafologie geweckt werden soll. Das heute erworbene Wissen ist nicht geeignet weiterzugeben oder gar in irgend einer Form bei seinen Nächsten zur Anwendung zu bringen.
Wir beginnen mit einer psychologischen Selbsteinschätzung: Auf den nächsten 2 Seiten siehst du 6 Einteilungen mit je 2 Wortpaaren. Die Wortpaare gehören zusammen.VERSUCHE IN JEDER GRUPPE DIE BEGRIFFE ANZUSTREICHEN, VON WELCHEN DU GLAUBST, DASS DIESE AUF DICH ZUTREFFEN.
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Auf den folgenden Seiten zeige ich noch Zusammenhänge zwischen dem Funktionsmodell (transaktionsanalytische Bedeutungen) und im Anschluss entsprechende graphologischen Variablen auf:
Ich-Zustände im Funktionsmodell
Das Funktionsmodell ermöglicht einen besseren Zugang zu sich selbst und auch eine differenziertere Wahrnehmung anderer Menschen.
Im Eltern-Ich sind strukturell Aufzeichnungen von ungeprüft übernommenen Normen, Geboten, Verboten, Prinzipien, Maximen und damit zusammenhängenden Ereignissen aus der Kindheit und gegebenenfalls auch später gespeichert. Das Verhalten aus dem Eltern-Ich lässt sich daher auch vergleichen mit dem Abspielen alter Tonbänder, auf welchen die Normen gespeichert sind. Im kritischen Eltern-Ich (kEL) beschäftigen wir uns gerne mit dem, was hätte sein sollen, die Vergangenheit spielt dann eine starke Rolle. Wir können uns dann schlecht damit abfinden, dass etwas nicht klappt, dass Menschen Fehler machen, zu spät kommen, unzuverlässig sind, die Unwahrheit sagen usw. In der Regel ist es dann wichtiger den Schuldigen zu finden als ein Problem zu analysieren oder gar zu lösen. Das kEL, wie auch das fEL wird unterteilt in einen positiven und einen negativen Anteil (siehe folgende Tabelle).Wenn wir aus dem fürsorglichen Eltern-Ich (fEL) handeln, dann dürfen wir etwas tun und spüren Unterstützung (positiver Aspekt). Die dort gespeicherten Normen können uns vor Schaden bewahren. Hingegen kann das notwendige Sammeln von Erfahrungen erschwert oder gar blockiert werden, weil Überfürsorge einengend wirken kann (negativer Aspekt).Das Erwachsenen-Ich wird im Funktionsmodell im allgemeinen nicht unterteilt. Die Entwicklung des ER beginnt im Kindesalter. Seine Entfaltung dauert in aller Regel lebenslang. Das Eltern-Ich und das Kind-Ich bilden sich allerdings früher und sind in vielen Fällen, von ihrem Einfluss auf unser Verhalten, wesentlich stärker.Das ER ist auf die gegenwärtige Realität (Hier und Jetzt) und das objektive Sammeln von Informationen gerichtet. Es ist anpassungsfähig und intelligent. Es überprüft die gesammelten Daten objektiv, schätzt Wahrscheinlichkeiten ein und trifft sachliche Entscheidungen. Typisch für das ER ist, dass es Fragen stellt, bevor es eine Stellungnahme abgibt. Das ER ist nicht nur in unserem Verhalten anderen gegenüber ein guter Problemlöser, sondern es spielt bei unseren Auseinandersetzungen mit unseren eigenen Ich-Zuständen die wesentliche Rolle. Gegenüber dem kritischen Eltern-Ich hat das Erwachsenen-Ich die Aufgabe, die dort gespeicherten übernommenen Normen – unter Einbezug der Infos aus EL und K - darauf zu überprüfen, ob sie der Gegenwart und den augenblicklichen Interessen überhaupt noch entsprechen.Das Kind-Ich wird zweifach unterteilt in angepasstes Kind (aK) und freies Kind (fK) und hat ebenfalls positive und negative Aspekte. Impulse, welche ein Kind von Natur aus hat, sind hier gespeichert. Also Aufzeichnungen aus frühen Erfahrungen, verbunden mit den entsprechenden Gefühlen und Grundanschauungen über sich selbst und andere. Reaktionen auf diese Ereignisse führen zum Funktionsmodell. Kinder können angepasst, die Kehrseite dieser Medaille heisst rebellisch. Deshalb die zwei Unterteilungen: Im angepassten Kind-Ich versucht man sich möglichst unauffällig zu benehmen und die Erwartungen anderer zu erfüllen. Wir richten uns nach Tausenden von Regeln, die uns sagen, wie wir zu leben haben, damit wir von der Umwelt akzeptiert werden. Dabei denken wir in der Regel nicht bewusst über diese Regeln nach. Es wird wenig zur Änderung unternommen, Alternativen werden nicht diskutiert – Passivität heisst das Losungswort – „es wird irgendwie schon gut kommen, man muss einfach etwas Geduld haben“. Im ok-angepassten Kind sparen wir viel seelische Energie – alles ist klar und läuft wie automatisch. Im negativ angepassten Kind schmollen wir auch als Erwachsene, in der Hoffnung, nach altem Muster etwas zu erreichen. Ein direktes Bitten oder Nachfragen steht nicht zur Diskussion. Im rebellischen Kind-Ich können wir „nein“ sagen und sind selbstsicher (positiv), aber wir können auch trotzig und
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+ fEL -
+ kEL -
+ a/rK -
+ fK -
ER
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schmollend sein (negativ). Im freien Kind-Ich (nat. K) werden Gefühle, Affekte und Impulse frei, unkontrolliert und unzensiert geäussert. Hier wird auch intuitiv und rasch entschieden – nicht analysiert wie im ER. Viele Erziehungsmassnahmen sind darauf ausgerichtet, das fK zu unterdrücken. Jedem Ich-Zustand können bestimmte Verhaltensweisen, Formulierungen, Sprechweisen, Gesten und Körperhaltungen zugeordnet werden. Dies soll in den folgenden Tabellen aufgezeigt werden:
fürsorgliches Eltern-Ich+
fürsoglich unerstützend verständnisvoll
- überfürsorglich einengend
angepasstes Kind-Ich+
rücksichtsvoll integrierend soziale Vorschriften
beachtend -
überangepasst hilflos klammernd sich kritiklos fügend
rebellisches Kind-Ich+
kann nein sagen selbstsicher kann Wahrheiten in Frage
stellen-
trotzig schmollend „Wahrheiten“
niederreissend
kritisches Eltern-Ich+
andere schützen sinnvolle Grenzen setzend gibt konstruktive Kritik
- abwertend niedermachend überkritisch moralisierend
Erwachsenen-Ich objektiv sachlich problemlösend Realitäten ermittelnd
freies Kind-Ich +
freudvoll vergnügt spontan kreativ intuitiv
- launisch rücksichtslos verletzend undiszipliniert
Eltern-Ich
kritisch nährend-fürsorglich
Allgemeines Verhalten automatisch / schnell urteilend strafend autoritär anklagend zurechtweisend
gütig anerkennend hilfsbereit anderen alles
abnehmend
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schwarz-weiss-Kategorien geduldigFormulierungen „Du musst...“
„Hör auf damit...“ „Du darfst nicht!“ „Das tut man nicht“
„Es kommt schon gut!“ „Armer Kerl“ „Ich kann Sie gut
verstehen“Tonfall hart und scharf
überheblich scharf
warm beruhigend mitfühlend
Gesichtsausdruck kritischer Blick hochgezogene Augenbrauen Kopfschütteln
umsorgend aufmunternd interessiert-liebevoll
Gesten/Körperhaltung Zeigefinger Arme in Hüfte breitbeinig
Hand auf die Schulter legend
Kopf tätscheln
Eindruckscharaktere und graphologische Variablen zu den beiden EL- Zuständen (nach Andreas Vogel 1993) hier leicht gekürzt:
Kritisches EL Fürsorgliches ELEindruckscharaktere
Geformt, kontrolliert, sauber, geordnet, geregelt, diszipliniert, zackig, getaktet, auch eng, monoton verklemmt, dominant, unelastisch usw.
Graphologische Variablen Formbetonung Klares Raumbild Tendenziell Oberlängenbetonung
(Motivation im geistigen Bereich) Winkel, Anfangsbetonung,
Autoritätsmerkmale (Durchsetzungszeichen)
Eindruckscharaktere Warm, weich, geschmeidig, natürlich,
ausgeglichen, offen, einheitlich, ruhig, elastisch, auch dicht, verschlungen, raumfüllend, keine Luft lassend usw.
Graphologische Variablen Girlanden, rund, mittlere Völle, warmer
Strich, ev.Teigigkeit (Gefühlsansprechbarkeit und –wärme) Ev. Tendenz zum Normativen, Regelmass, geordnete Schrift, leicht formbetont, eher kleine Wort- und Zeilenabstände (mitmenschliche Nähe), kleine Längenunterschiede (Motivation im Alltäglichen)
Das Erwachsenen-Ich
Allgemeines Verhalten sachlich und objektiv zuhörend und interessiert aufmerksam und konzentriert Alternativen entwickelnd emotionslos Fragen stellend kooperativ, nachdenklich, empfindsam
FormulierungenIn der Regel: sachbezogen und
Wie? Was? Warum? Wann? Wer? Wo? Aussagen mit: wahrscheinlich, ich denke, meiner Meinung nach,
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nicht dogmatisch (damit ist eine Diskussion möglich)
möglicherweise, ich glaube, nach meiner Erfahrung, ich werde..... usw.
Tonfall selbstbewusst, aber nicht überheblich sachlich, aber nicht unpersönlich klar und deutlich wie ein Nachrichtensprecher neutral ruhig leidenschaftslos
Gesichtsausdruck Blickkontakt, offen und direkt (Lidschlag alle 3-5 Sekunden) Aktives zuhören, abwägend, nachdenklich, entspannt Aufmerksam Häufiger Wechsel des Gesichtsausdrucks – je nach Situation
Gesten/Körperhaltung aufrechte Haltung Oberkörper nach vorne und Interesse zeigend Kopfhaltung gerade (K = gesenkt, EL = erhoben)
Erwachsenen-Ich (Eindruckscharaktere und graphologische Merkmalpunkte)
Eindruckscharaktere Ruhig, sachlich, schlicht, unauffällig, klar einheitlich, aber auch kühl, karg, distanziert, usw.
Graphologische Variablen Gute Gliederung, Formbetonung, klares Raumbild (gezielte Abgrenzung, Schaffung von
Distanz und Ordnung) Rhythmus getaktet (eher wenig Variationsmöglichkeiten) Tendenz zur Vereinfachung und Kleinheit (Betonung des Wesentlichen, der Zweckmässigkeit,
der Objektivität) Gutes Niveau: schlicht, sachlich
Das Kind-Ich
angepasst rebellisch frei
Allgemeines Verhalten vorsichtig ängstlich hilflos + gehemmt klagend schämt sich resigniert schmollend
trotzig regt sich über
Autoritäten auf launisch aufsässig frech störrisch
spontan und neugierig
schadenfroh ungeduldig kreativ pfiffig tanzend
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Gefühle unterdrückend
aggressiv egoistisch
FormulierungenMeistens: gefühlsbezogen und ichbezogen
ich möchte schon... ich will versuchen ich sollte ich kann das sicher
nicht... ich wollte doch nur... man muss ....
„ich will nicht!“ „das mach ich
nicht!“ lasst mich in
Ruhe! Verdammt
noch mal!
„Ich will..“ „Toll!“ „Super!“ „Lässig!“ „Geil!“ „Spitze!“ „Ist mir egal!“
Tonfall leise unsicher stockend devot klagend brav
lauter werdend
bestimmt wütend motzend
oft laut sprudelnd sich über-
schlagend
Gesichtsausdruck Blick gesenkt zitternde Lippen feuchte Augen verstohlener Blick rücksichtsvoll Takt
rebellisch scharfer Blick verstockt trotzig abweisend
begeistert offener Mund glänzende
Augen verschmitzt pfiffig
Gesten/Körperhaltung achselzuckend verkrampft hängende Schultern gesenkter Kopf liebenswürdig
angriffig Zeigefinger drohend trotzig verkrampft
verspielt locker aufgeregt händereibend
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Eindruckscharaktere und Graphologische Variablen angepasst rebellisch frei
Eindruckscharaktere schülerhaft,
einheitlich, geformt, schlicht, geordnet, genormt, regelmäsig, exakt, angepast, unauffällig, aber auch unprofiliert, monoton, langweilig, unlebendig, usw.
Graphologische Variablen eher formbetont,
schulmässige Schriften mit guter Lesbarkeit (wenig Bewegung und Dynamik, Festhalten an erlernten Mustern)
eher hohe Versteifung
Tendenz zu Regelmass und ordentlicher Gliederung (wenig Eigenprägung und innere Dynamik)
Leichter bis mittlerer Druck (eher zarte Konstitution, Sensibilität)
Weite, Rechts-läufigkeit (Um-weltbezogenheit)
Eindruckscharaktere Spitz, stachelig,
verkrampft, gespannt, eigenwillig, sperrig, gestaut, aufgebäumt, auffällig, aggressiv, usw.
Graphologische Variablen Verspannte und
gespannte Schriften (wenig psychische Elastizität)
Winkelbildung
Tendenz zu Unordnung und Unregelmässigkeit: Lageschwankungen, Stemmungen, Richtungswechsel, Linksläufigkeiten
Widerstand gegen Anpassung, tendenz. Anpassungsver-weigerung, starke und unruhige innere Dynamik
Grosse und unregelmässige Wortabstände (Isolationstendenz)
Aggressionszeichen, bohrender Schwelldruck, Ambivalenzen (innere Unausgeglichenheit, Alarmbereitschaft)
Eindruckscharaktere locker, unbeschwert,
tanzend, originell, natürlich, offen, ungekünstelt, schwungvoll, beweglich, intensiv, und frei, aber auch auffällig, ausfahrend, übertrieben, masslos, chaotisch, grenzenlos, usw.
Graphologische Variablen eher grosse weite
Schriften mit ausgeprägter Bewegungsbetonung
Wenig gegliedert, eher unregelmässig
Tendenz zur Eile und Verbundenheit und zu wechselnden Bindungsformen
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Ich füge hier das Miniskript ein und versehe es mit ‹Scham-Zuschreibungen›:
Miniskriptablauf
Das Miniskript beschreibt eine Sequenz (Dauer einige Sekunden bis einige Minuten) von skriptgebundenen Verhaltensweisen und Maschengefühlen, die immer mit einem der fünf bekannten Antreiber anfängt. «Ich bin OK, wenn ich immer...»
1. Antreiber: bedingtes OK-Sein: kann als Schamvermeidung gesehen werden + + bedingt 2. Einhalt: kann als Scham in normaler Ausprägung gesehen werden - + 3. Tadel: kann als kompensatorische Schamabwehr gesehen werden + - 4. Verzweiflung: kann als traumatische Scham gesehen werden - -
Ich postuliere: Wenn wir den Schambegriff in normale Scham (halb gefülltes Wasserglas) und in traumatische Scham (überlaufendes Wasserglas) separieren, können wir in den Positionen 1, 2 und 3 einen sich häufig wiederholenden Schamzyklus erkennen. Je nach Schamstärke und Lebenszyklus der Scham (oft lebenslänglich) kommt irgendwann auch Punkt 4 dazu. Punkt 4 bedeutet dann völlige Verzweiflung, oft Suizid. Voraussetzung um im ‹kleinen Kreislauf› 1,2 und 3 zu bleiben wäre eine sichere Bindungsform Voraussetzung. Traurige Voraussetzung für den grösseren Kreislauf 1,2,3 und schliesslich 4 ist eine stark traumatisierte, unsichere Bindungsform, worüber meist nicht gesprochen werden kann.
Insbesondere die traumatische Scham führt:
zum Verlust der Selbstachtung
zum Skript-Glaubenssatz „Mit mir stimmt etwas nicht!“ oder auch „Ich bin nicht zugehörig!“
zu Selbstgerechtigkeit als Abwehrform und Verleugnung des Bedürfnisses nach Beziehung
zu narzisstischen Wunden
zu Einsamkeit (Aufmerksamkeit und Wahrnehmung richten sich nur noch auf sich selbst)
zu Kontaktvermeidung (gemäss John Bowlby meist vermeidende unsichere Bindungsform)
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zum Verstecken (Beziehungen zum Mitmenschen werden dann schlagartig abgebrochen)
Der oben beschriebene Schamzyklus kann – wie der uns allen bekannte Miniskriptablauf – unterbrochen oder gar vermieden werden.Dies geschieht durch seelische Reife, durch Aufarbeiten seiner persönlichen Geschichte, durch psychoanalytisches Bearbeiten traumatischer Scham, durch Offenlegung der Schamerlebnisse und durch Umwandlung der früher erlebten unsicheren Bindungsform in eine reife und sichere Bindungsform. Eine sichere Bindungsform kann im Laufe des Lebens nachgeholt werden und entspricht transaktionsanalytisch der wechselseitigen und bereichernden Autonomie oder auch dem integrierten ER.
Dann noch einige Worte zur Schamabwehr resp. zu den Kompensationsstrategien:
Angriff als beste Verteidigung: Andere werden beschämt, verachtet, zynisch behandelt Perfektionismus (transaktionsanalytisch: sei perfekt!) Schwerverständliche Sprache Logorrhoe Projektionen Grössenphantasien Narzissmus
Diese verschiedenen Methoden haben immer etwas mit ‹verstecken› zu tun und gewähren dem entsprechenden Anwender ‹Schutz› vor weiteren seelischen Verletzungen. Reife und echte Entwicklung kann auf diesen scheinbaren Schutz verzichten.Sehr schöne Beispiele dazu lieferte Hilde Anderegg Somaini in ihrem berührenden Buch «Der verschlossene Umschlag» 2014 und auch Klara Obermüller in «Spurensuche», 2016.Beide Bücher sind ausserordentlich geeignet, eine persönliche Öffnung und damit Befreiung zu fördern.
Jürg Schläpfer [email protected]
Literatur:Stephan Marks: Scham – die tabuisierte Emotion
Leon Wurmser: Die Maske der Scham
Salman Rushdie: Scham und Schande
M. Jacoby: Scham und Angst und Selbstwertgefühl
Eva Bänninger Doktorarbeit zur Bedeutung von Scham bei stotternden Menschen, 2002 an der Universität Innsbruck
John Bowlby: Frühe Bindung und kindliche Entwicklung
Hilde Anderegg Somaini: Der verschlossene Umschlag
Klara Obermüller: Spurensuche
Daniel Hell: Depression als Störung des Gleichgewichts
S. Kaufmann in «Die Psychologie der Scham», 1989
Kongressreader 2016 Tore und Brücken zur Welt (37. Kongress in Hamburg) Artikel von Jürg Schläpfer auf Seite 353-360) Separater Artikel abrufbar unter [email protected]
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