26.06.2012 10-1
10. Polymerwerkstoffe
10.1 Aufbau von Polymerwerkstoffen
10.2 Eigenschaften von Polymerwerkstoffen
26.06.2012 10-2
• Weltweiter Verbrauch von Kunststoffen steigt jährlich um 7%
• Aktueller Verbrauch von rund 120 Mio. t pro Jahr
• Aktualität des Themas Entsorgung
• 120 Mio. t pro Jahr = rund 24 kg pro Kopf der Weltbevölkerung
• Jährliche Kunststoffproduktion in Deutschland beträgt 9,1 Mio. t
• Pro-Kopf-Verbrauch an Kunststoffen in Deutschland von 61,3 kg.
o 18,6 kg Polyethylen niederer Dichte (PE-LD),
o 12,3 kg Polyethylen hoher Dichte (PE-HD),
o 13 kg Polypropylen (PP),
o 17,4 kg Polyvinylchlorid (PVC).
Kunststoffe
Mülldeponie
26.06.2012 10-3
29%
24%16%
9%
8%
7% 5% 2%
Verpackung Bau Sonstiges
Fahrzeigindustrie Elektro/Elektronik Möbel
Haushaltswaren Landwirtschaft
Einsatzgebiete von Kunststoffen
26.06.2012 10-4
Mineralölverbrauch in Westeuropa in %
Kunststoff ist nachhaltig in der Anwendung
Kunststoffproduktion benötigt nur 4% des Ölverbrauchs in Westeuropa
Nach den Gebrauch ist der Energiegehalt des Kunststoffs immer noch verfügbar
26.06.2012 10-5
• Naphta = Bezeichnung für ein Produkt aus der Raffination von Erdöl
• Wichtiger Rohstoff für die Kunststoffindustrie:
o Durch Cracken wird Ethen gewonnen
o Ethylen ist das Monomer für Polyethylen (PE).
Schritte der Erdölverarbeitung zu Kunststoffprodukten
WerkzeugHeizung
Granulat
Rohöl
Cracken
Granulat
Kunststoffprodukt
Spritzgießen
26.06.2012 10-6
• Durch Polymerisation von Monomeren werden Polymere gebildet
Polymerisation
Monomere Polymere
chemische Reaktion
26.06.2012 10-7
• Ethen (früher Ethylen) ist ein ungesättigtes Molekül
o Beide C-Atome teilen sich zwei Elektronen (d.h. deren Aufenthaltswahrschein-
lichkeit umfasst beide C-Rümpfe)
o Die Doppelbindung besitzt eine höhere Bindungsenergie als eine Einfachbin-
dung (560 kJ/mol gegenüber 350 kJ/mol)
o Wird diese Doppelbindung aufgebrochen, so werden 140 kJ/mol freigesetzt
o Das erlaubt ungesättigte Monomere zu Ketten zusammenzufügen. Man
spricht von Polymerisation
o Aufbrechen durch Erwärmung: thermische Polymerisation
• Moleküle können, wenn sie zwei reaktive Endgruppen besitzen (bifunktionelle
Moleküle), mit den reaktiven Endgruppen anderer Moleküle reagieren
o Bildung von Makromoleküle (z. B. Hydroxylgruppe bei Alkoholen)
o kovalent gebundenen Makromoleküle
o Anlagern zu größeren Gruppen
o Stufenwachstumsreaktionen
o elektrostatische Bindungskräfte zwischen den Ketten
Radikalische Polymerisation am Beispiel von Polyethylen
Van der Waals Bindungskräftewirken zwischen den Ketten alsFolge lokaler Polarisation
-+
Elektronendefizit Elektronen-überschuss
H H
C = C
H H
Monomer: Ethen (Ethylen)Doppelbindung
Thermische Energie
+ Katalysator•−•
HH
CC
HH
Aufbrechen der Doppelbindung⇒ bifunktionales Monomer
Stufenwachstumsreaktion
H H H H H H H H H H H H
•C - C• + •C - C• + •C - C• •C - C - C - C - C - C •
H H H H H H H H H H H H
⇒
freies Radikal
26.06.2012 10-8
• Schwächste aller Sekundärbindungskräfte ist die Van-der-Waals-Bindung
o Zufällige Ladungsverschiebungen bei unpolaren oder nur schwach polaren
Molekülen
o Aus einem unpolaren Molekül wird für den Bruchteil einer Zeiteinheit ein
schwach polares Molekül
o Nachbarmoleküle werden polarisiert
o Induzierte Dipole induzieren andere Moleküle zu Dipolen (induzierte Dipole)
26.06.2012 10-9
• Polykondensation:
o Polymerisation erfolgt stufenweise
o Unterschiedliche Monomere besitzen reaktive Gruppen an beiden Enden des Mo-
leküls
o Besonders reaktionsfähig sind z. B. -OH, -COOH, -CO
o Reaktion erfolgt mehrmals hintereinander bis sich ein Makromolekül gebildet hat
o Bei der Polykondensation werden ein oder mehrere Nebenprodukte (z. B.
Wasser) frei
o Die Bildungsreaktion kann durch Veränderung der Reaktionsbedingungen unter-
brochen werden (z. B. Temperaturabsenkung)
o Vorkondensate bleiben reaktionsfähig
• Makromoleküle können verschieden angeordnet sein
• C-C Bindungen weisen einen Winkel von 120° auf. Au feinanderfolgende Bindungen
erlauben deshalb mehrere mögliche Orientierungen
Polykondensation
chemische Reaktion
MonomerePolymere
+ Rest
26.06.2012 10-10
• Verschiedenen Konformationen (räumliche Anordnung eines Moleküls, die sich durch
Drehung um die C-C Einfachbindung ergibt)
• Durch diese Anordnungen (Abknicken oder Verknäulung von Ketten) werden dreidi-
mensionale Anordnungen von Molekülketten bewirkt, die auch Einflüsse auf die phy-
sikalischen Eigenschaften haben:
o Schmelzpunkt
o Flammpunkt
o elektrische Eigenschaften
o Löslichkeit
26.06.2012 10-11
• Polyester sind Polymere mit Esterbindungen [-CO-O-] in der Hauptkette
o Familie synthetischer Polymere (Kunststoffe, Plastik).
o PES Polyestergruppe:
• PBT (Polybutylenterephthalat)
• PC (Polycarbonat)
• PET (Polyethylenterephthalat), PET ist eines der wichtigsten thermoplasti-
schen Polyester
• Aliphatische Polyester: z. B. Folien, Flaschen (PET), Filme, Flüssigkeitsbildschirme
(LCD) Hologramme
• Aliphatisch kennzeichnet Moleküle mit einem oder mehreren offenen, kettenförmigen
Kohlenwasserstoff-Resten
Polykondensation: Bildung von Polyestern*Quelle: BASF
Polybutylenterephthalat
aliphatisch aromatische Copolyester
Reaktion von Alkohol + Säuregruppenzu Estern
Dialkohol + Disäure ⇒⇒⇒⇒ Polyester
C O CH2 CH2C OO O
Polyethylenterephthalat (PET)RR
RR
O O
O+H2O
OH + HO<=>
26.06.2012 10-12
• Aneinanderreihung verschiedenartiger molekularer Bausteine wird als Polyaddition
bezeichnet.
Polyaddition
chemische Reaktion
Monomere Polymere
26.06.2012 10-13
• Polyaddition (Beispiel Polyurethan PUR)
o Keine Abspaltung von Nebenprodukten.
o Keine abgesättigten Kohlenstoff-Doppelbindungen.
o Vernetzung durch intermolekulare Umlagerung - Wasserstoffatome aus den
funktionellen Gruppen verschieben sich zu einem anderen Molekül.
o Hauptvalenzen bewirken die Verknüpfung.
• Die Reaktion ist beendet, wenn keine funktionellen Gruppen der Ausgangstoffe mehr
zu Verfügung stehen
• Zur sauberen (vollständigen) Polymerbildung ist eine genaue mengenmäßige
Abstimmung der Ausgangsstoffe erforderlich
• Typische Polyaddukte sind
o Thermoplaste: lineare Polyurethane und
o Duroplaste: Epoxidharze, vernetzte Polyurethane
o Thermoplastische Elastomere aus PUR:
� Herstellung durch Gießmethode
� Elastizität beruht auf dem räumlichen Netzwerk
Polyaddition (Beispiel Polyurethan)
Geschäumtes PUR Formteile PUR
Polyurethan (Ausschnitt)
Hexamethylendiisocyanat Glykol
26.06.2012 10-14
10. Polymerwerkstoffe
10.1 Aufbau von Polymerwerkstoffen
10.2 Eigenschaften von Polymerwerkstoffen
26.06.2012 10-15
Einordnung der Eigenschaften von Kunststoffen
GraugussAluminiumMagnesiumTechnische KeramikThermoplastische Kunststoffe
Dichte
Schmelztemperatur
Schmelzwärme
Wärmekapazität
Wärmeleitfähigkeit
Wärmeausdehnung
Steifigkeit (E-Modul)
Festigkeit
Preis/kg
Preis/dm3
0,001 0,01 0,1 1 10 100
Die Eigenschaften sind auf Stahl bezogen (Stahl=1)
26.06.2012 10-16
• Makromoleküle
o Aufgebaut aus Monomeren organischer Verbindungen
o Im einfachsten Fall wiederholend aneinander gereiht
o Vernetzung kann linear, verzweigt, räumlich eng oder weit sein
o Nahezu beliebige Verbindungen
o Lineare Polymere sind Thermoplaste; vernetzte Polymere sind Duroplaste
o Weitmaschiger vernetzte Polymere sind elastische Kunststoffe, auch Elasto-
mere genannt
• Thermoplaste:
o In Thermoplasten liegen die Makromoleküle hauptsächlich nebeneinander vor
o Moleküle können aneinander entlang gleiten und der Gegenstand verformt
sich
Strukturen und Eigenschaften
Thermoplaste Duroplaste Elastomereeher weichwarm verformbar
Verformung wiederholbar
ketten- oder strauchförmig verzweigt
Hart und sprödetemperaturbe-ständignicht verformbarnicht schmelzbarunlöslich
In alle Richtungen eng vernetzt
Molekularer Aufbau wie bei einem Fischer-netzquellbar gummielastisch
weitmaschig vernetzt
26.06.2012 10-17
• Duroplaste:
o Bakelit war der erste industriell produzierte duroplastische Kunststoff (Baeke-
land 1909)
o Duroplaste sind aus Makromolekülen aufgebaut, die engmaschig miteinander
vernetzt sind
o Zwischen den Molekülen sind feste Bindungen
o Die Moleküle können beim Erhitzen nicht aneinander vorbeigleiten
• Elastomere:
o Die Makromoleküle der Elastomere bilden dichte "Knäuel"
o Beim Dehnen werden die "Knäuel" auseinandergezogen
o Das wesentliche Merkmal ist, dass sie sich auf mindestens das Doppelte ihrer
Länge dehnen lassen und beim Loslassen in ihren Ausgangszustand zurück-
kehren (Fachwort dafür: Gummielastizität)
26.06.2012 10-18
Thermoplaste Duroplaste Elastomere
Polyamid (PA)Polyethylen (PE)
Polyethylenterephthalat (PET)Polyprophylen (PP)
Polystyrol (PS) Polytetrafluorethylen
(PTFE,Teflon)Polyvinylchlorid (PVC)
Epoxidharz (EP)Phenol-
Formaldehydharz (PF, Bakelite)
Polyurethan (PUR)Silikonharze (SI)
Naturkautschuk (NR)Chloropren-Kautschuk (CR)
Acryilitril-Butadien-Kautschuk (NBR)
Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR)
Beispiele für verschiedene Polymere
26.06.2012 10-19
//
//
10 20 200 400 800600 1000
00
20
40
60
80
100
Dehnung ε in %
Zug
span
nung
�in
MP
a
� R, εR
σS, εS
σB, εB
UP-Harz verstärkt (hart, spröde
PC (zäh-elastisch)
ABS (zäh-elastisch)
PUR-Elastomer (gummielastisch)
Spannungs-Dehnung-Kurven verschiedener Polymere
26.06.2012 10-20
• Relaxationstemperatur ⇒ Entspannungstemperatur (Relaxation bezeichnet die Ent-
spannung nach einer Anspannung)
• Glasübergangstemperatur: Steigt mit der Vernetzungsdichte der Kunststoffe
• Schmelztemperatur
Tp= RelaxationstemperaturTg= GlasübergangstemperaturTm= Schmelztemperatur
12
3
4
Tp
Tg
Tm
Ela
stiz
itäts
mod
ul E
Temperatur T1
2
3
4
Dehnung ε
Spa
nnun
g �
43
21 = spröde = zäh
= elastisch = gummielastisch
26.06.2012 10-21
• Erweichungsbereich: Spontaner Abfall des E-Moduls
100
101
102
103
104
105
106
-80 -40 0 40 80 120 160 200
Ela
stiz
itäts
mod
ul N
/mm
2
Temperatur °C
Faserverstärkte DuroplasteDuroplasteThermoplasteElastomere
TgE TgT
TgD
Erweichungsbereich
Festigkeit von Polymerwerkstoffen
26.06.2012 10-22
E-Modul in Abhängigkeit von der Temperatur einiger ausgewählter Werkstoffe
0
50
100
150
200
250
300
350
400
-200 -100 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000
Temperatur in C°
E-M
odul
[GP
a]
Stahl (34CrMo4) Keramik (Aluminiumoxid)Aluminium (AlCuMg2) DuroplasteThermoplaste Elastomere
26.06.2012 10-23
100 1000 10000 100000 1000000
Phenolformaldehydharz
Polyoxymethylen (POM)
Polyamid (PA)
Polycarbonat (PC)Polyvinylchlorid (PVC)
PolyesterharzPF-Hgw
PolyolefineStahl
KupferAluminium
unverstärkt
GF-verstärkt
E-Modul in N/mm2
Vergleich der Elastizitätsmoduln von Polymeren und Metallen
26.06.2012 10-24
Polystyrol (PS)
Polyoxymethylen (POM)Polyamid (PA)
Polycarbonat (PC)
Polyvinylchlorid (PVC)
Polymethylmethacrylat (PMMA)
StahlKupfer
Aluminium
Polyester (UP)Polyethylen (PE)
Melamin-Formasse (MF) Phenol-Formaldehyd (PF)
100 600300 400200 500 8007000Temperatur in C°unverstärkt
GF-verstärkt
Kurzzeit-Gebrauchsgrenztemperaturen von Kunststoffen und Metallen