Download - Keynesianismus Und Monetarismus Im Vergleich
U. van Suntum VWL III, WS 2005/06 1
10.2. Keynesianismus und Monetarismus im Vergleich
Zwei „idealtypische“ Konzeptionen der Konjunkturpolitik: „Rules vs Discretion“
Regelbindung von Geld- und Fiskalpolitik
Antizyklische Globalsteuerung mithilfe von Geld- und Fiskalpolitik
Verstärkung der Zyklen durch politische Motive (Phillipskurve)
Buildt-In-Stabilizers (AL-Versicherung, Progressivsteuer etc) unzureichend
Vermögen bzw. Langfristeinkommen ist relativ stabil
Privater Konsum relativ instabil, da von Einkommen abhängig
Scheitert an mangelnder Disziplin der Politik und Wirkungsverzögerungen*)
Nachfragesteuerung durch Fiskalpolitik möglich und sinnvoll
Umlaufsgeschwindigkeit wird erst durch unstete Geldpolitik instabil
Geldnachfrage inhärent instabil, Geldmenge nicht steuerbar
Staat ist KonjunkturverursacherInstabilität des privaten Sektors
Monetaristischer AnsatzKeynesianischer Ansatz
*) siehe weiter unten
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Problem: Dosierung, Zeitverzögerungen und Wirkung antizyklischer Konjunkturpolitik
Inside lags:• Recognition lag (Erkennen der Konjunkturlage)• Action lag (Planung der Maßnahmen, Einsatzentscheidung)• Instrumental lag (politische Durchsetzung, Administration)
Outside lags:• Reaction lag (Reaktionsentscheidung der HH und Unternehmen)• Operational lag (praktische Reaktion der HH und Unternehmen)
Dosierungsproblem: Dynamik der Konjunktur könnte verstärkt werden oder bei zu geringer Dosis kaum reagieren
Erwartungsbildung: eventuell veränderte Reaktionen im Zeitverlauf
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Optimales Assignment der Konjunktur- und Beschäftigungspolitik (nach SVR)
Preisniveaustabilität
Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum
außenwirtschaftliches Gleichgewicht
Hoher Beschäftigungsstand
SVR: Nicht mit einer Waffe auf mehrere Ziele schießen!
Zentralbank (EZB) => PreisniveaustabilitätTarifparteien/Sozialpolitik => hoher BeschäftigungsstandFinanz/Ordnungspolitik => angemessenes WirtschaftswachstumFiskal/Geld/Lohnpolitik => stetiges Wachstum (Konjunktur)Währungspolitik => außenwirtschaftliches Gleichgewicht
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Beispiel regelgebundene Fiskalpolitik: Strukturelles Defizit (vgl. Jahresgutachten 2003/04, Anhang IV)
Gesamtes Defizitdes Staatshaushalts
„dauerhaft akzeptableNeuverschuldung“
= Nettoinvestitionen Staat
Strukturelles, d.h.abzubauendes Defizit
Konjunkturell bedingteMindereinnahmen
und Mehrausgaben*)
Einmalige Sonder-ausgaben (z.B. Flut)*)
Verschwinden bei Erholung derKonjunkturautomatisch
*) Bei Sondereinnahmen bzw. konjunkturellen Minderausgabenoder Mehreinnahmen erhöht sich das strukturelle Defizit entsprechend
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Zu beachten: Der Staat spart im Sinneder VGR auch bei hohem Defizit!
Übertragungen(z.B. Sozialhilfe)
(negativer)Finanzierungssaldo Staat
(= Defizit)
Verfügbares Einkommendes Staates
Ersparnis StaatNettoinvestitionen
des Staates
Staatsverbrauch(z.B. Beamtengehälter)
Staatskonto in der VGR
FinanzierungAusgaben
⇒Verfügbares Einkommen ./. Staatsverbrauch = Ersparnis Staat⇒Verfügbares Einkommen ./. Ausgaben = Finanzierungssaldo Staat
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Beispiel für regelgebundene Geldpolitik: Geldmengenregel der EZB
B * m = M =Yreal * p
v• Ausgangspunkt Quantitätsgleichung:
(B = Geldbasis, m = Geldschöpfungsmultiplikator, M = Geldmenge)
gM = gYreal + gP - gv
• Daraus folgt für die entsprechenden Zuwachsraten g:
• Daraus ergibt sich der EZB-Zielpfad für die Geldmenge derzeit wie folgt:
gYreal = 2% (trendmäßiger Anstieg des realen BIP bzw. des PP)
gP = 2% (angestrebte maximale Inflationsrate im Euroraum)
gv = -0,5% (trendmäßiger Rückgang der Umlaufsgeschwindigkeit)
=> gM = 4,5 % (mittelfristiger Zielpfad für Geldmengenausweitung M3)
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In der Praxis sieht alles etwas anders aus... • Konjunkturpolitik (und heutige Konjunkturtheorie) präferiert
Mischung aus rules und discretion. Z.B. SVR: Grundsätzlich Regelbindung, aber in Notfällen auch direkte Nachfragesteuerung
• EZB verfolgt „Zwei-Säulen-Strategie“: Geldmengenbeobachtung und direkte Beobachtung der aktuellen Inflationsentwicklung => zinspolitische Entscheidungen
• Assignment ist umstritten: EZB sieht sich z.B. Preisniveaustabilität verpflichtet, Regierungen wollen sie dagegen oft zu konjunkturpolitischem Handeln oder zu Wechselkurspolitik veranlassen
• Tarifparteien weisen Verantwortung für Vollbeschäftigung weit von sich (und stattdessen dem Staat zu)
• Fiskalpolitik verletzt fortwährend Art. 115 Grundgesetz (Defizit < Investitionen) und auch den Stabilitätspakt (Defizit < 3% des BIP)