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Krisenprävention mit zivilen MittelnEin Beitrag zu Frieden und Sicherheit
In Zusammenarbeit mit dem:
Bundesministerium des Auswärtigen Amtes
Bundesministerium des Innern
Bundesministerium der Justiz
Bundesministerium der Finanzen
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Bundesministerium Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Bundesministerium der Verteidigung
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Bundesministerium für Gesundheit
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Bundesministerium Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bundesministerium Bildung und Forschung
Krisenprävention mit zivilen MittelnEin Beitrag zu Frieden und Sicherheit
Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Welt-
kriege nicht verhindern, aber das Denken der Zukunft muss Kriege
unmöglich machen.
Albert Einstein
Inhalt
01 Was sind die Ursachen von Krisen und Konflikten? .................................................. 6
Beispiel Angola .......................................................................................................................................... 10
Beispiel Liberia ........................................................................................................................................... 12
02 Was kann zivile Krisenprävention leisten? ...................................................................... 14
Beispiel Bolivien ........................................................................................................................................ 18
03 Was ist der „Aktionsplan Zivile Krisenprävention“? .............................................. 22
Beispiel Naher Osten ........................................................................................................................... 24
Beispiel DR Kongo .................................................................................................................................. 26
04 Welches sind die Akteure der zivilen Krisenprävention?................................. 28
Beispiel Burundi ...................................................................................................................................... 30
05 Welches sind die Handlungsfelder der zivilen
Krisenprävention? .................................................................................................................................. 32
Beispiel Sri Lanka ..................................................................................................................................... 34
06 Welches sind die Risiken und Grenzen
von Krisenprävention? ....................................................................................................................... 38
Beispiel Elfenbeinküste ................................................................................................................... 40
01 Was sind die Ursachen von Krisen und Konflikten?
In den letzten 15 Jahren haben innerstaatliche Gewaltkonflikte traditi-onelle zwischenstaatliche Kriege abgelöst. Diese sind häufig Folge von wirtschaftlicher, politischer und sozialer Ungleichheit, Strukturschwä-chen der Wirtschaft und der Privilegierung bestimmter Gruppen.
Mehr als je zuvor wird die Welt auch nach dem Ende des Kalten Krieges von gewalt-
samen Konflikten erschüttert. Diese bewaffneten Auseinandersetzungen sind so-
wohl Folge als auch Ursache weitreichender politischer, sozialer, wirtschaftlicher
und ökologischer Missstände. Neben Konflikte zwischen Staaten sind zunehmend
innerstaatliche Konflikte getreten, oft solche zwischen unterschiedlichen Volks-
gruppen wie in den Ländern des westlichen Balkan oder Kämpfe um die Verteilung
von Ressourcen wie im Kongo.
6 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
02: Kongolesische
Flüchtlinge vor
der UN Basis in Goma
03: Bürgerkrieg in
Bosien Herzegowina
01
01 Was sind die Ursachen von Krisen und Konflikten? | 7
02 03
01: Nkunda-Rebell in
der Demokratischen
Republik Kongo
Gefahren für die globale Sicherheit gehen heute auch von schwachen oder zer-
fallenden Staaten aus. Dort, wo Regierungen die öffentliche Ordnung nicht mehr
sicherstellen, kann Gewalt eskalieren, in staats- und rechtsfreien Zonen können
sich Terroristen wie auch organisierte Kriminalität ungehindert entfalten. Kaum zu
durchschauende Verflechtungen zwischen Kriegsherren, Milizen, Rebellengrup-
pen, Terroristen und kriminellen Banden bis hin zu Söldnertruppen und privaten
Sicherheitsfirmen erschweren die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols
oder machen sie unmöglich.
Aber auch neue Risiken, die bisher in ihrer möglichen Tragweite kaum Beachtung
gefunden hatten, sind in den letzten Jahren in den Blickpunkt der Öffentlichkeit
geraten. Längst ist eine breite Öffentlichkeit dafür sensibilisiert, dass die Auswirk-
ungen des Klimawandels – wie etwa Wasserknappheit und der Rückgang land-
wirtschaftlich nutzbarer Flächen – geeignet sind, bestehende politische und sozi-
ale Spannungen zu verschärfen und zur Destabilisierung von Staaten und sogar zu
kriegerischen Auseinandersetzungen zu führen.
Die Auswirkungen all dieser Gefahren und Bedrohungen machen im Zeitalter der
Globalisierung nicht mehr an Staatsgrenzen halt. Die destabilisierenden Folgen
von Schmuggel und grenzüberschreitender organisierter Kriminalität erfassen
ganze Regionen, unkontrollierte Migration und Flüchtlingsströme angesichts feh-
lender Lebensgrundlagen oder mangelnder Sicherheit für die Menschen in ihrem
Heimatland wirken sich auch über die Region hinaus aus. Auch der internationale
Terrorismus bildet heute eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit weltweit.
8 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
01 Was sind die Ursachen von Krisen und Konflikten? | 9
04: Arbeiterin in einer
Ziegelsteinfabrik in
Dhaka, Bangladesch
10 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
05
Beispiel Angola | 11
Beispiel Angola
05: Kurs in der Wildhüter-
schule „Catalangombe“
im Quiçama National-
park, Angola
In Angola herrschte fast 30 Jahre Krieg. Mit dem Waffenstillstand 2002 kehrten
viele ehemalige Kombattanten wieder in ihre ländliche Heimat zurück. Diese Men-
schen, die oft keine Ausbildung haben, finden nur schwer wieder Arbeit.
Mit deutschen Mitteln wurde im Quiçama Nationalpark eine Wildhüterschule ge-
baut, die Ausstattung hierfür bereitgestellt und ein Konzept für die Ausbildung der
Wildhüter entwickelt. Inzwischen haben 40 ehemalige Kämpfer dort eine Ausbil-
dung durchlaufen und werden jetzt als Wildhüter in den zahlreichen Naturparks
des Landes eingesetzt.
Die ehemaligen Kämpfer erlernen damit einen zivilen Beruf und erhalten so die
Möglichkeit, ein neues Leben jenseits des Krieges und der Gewalt zu beginnen
und ein gesichertes Einkommen zu erhalten, mit dem sie ihre Familien ernähren
können. Damit wird ein wichtiger Schritt getan, um zu verhindern, dass diese
Personen sich schon aus wirtschaftlicher Not heraus künftig erneut bewaffneten
Gruppierungen anschließen. Ganz nebenbei wird auch ein Beitrag zum Aufbau
und Erhalt der vielen Naturparks des Landes geleistet, die während des Krieges zu
einem großen Teil zerstört wurden.
12 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
06
Beispiel Liberia | 13
Beispiel Liberia
06: Wiederein-
gliederungs-
unterstützung
in Liberia
Vierzehn Jahre Bürgerkrieg haben in Liberia tiefe Spuren hinterlassen. Fast Drei-
viertel der Frauen und Mädchen wurden Opfer sexueller Gewalt, über 700.000 Men-
schen mussten ihre Heimat verlassen. Wenn gleich sich die politische Situation im
Land nach Kriegsende 2003 stabilisierte, bleibt die Lebenssituation der Bevölkerung
kritisch. Ehemalige Kämpfer und Flüchtlinge versuchen, in der Gesellschaft wieder
einen Platz finden.
Die Bundesregierung unterstützt im besonders vernachlässigten Südosten des Landes
Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Gesellschaft. Der Wieder-
aufbau etwa von Schulen, Wasserversorgungssystemen, Straßen und Brücken trägt
dazu bei, dass die Menschen ihr normales Leben in einem friedlichen Umfeld wieder-
aufnehmen können. Gleichzeitig bieten die arbeitsintensive Durchführung von Infra-
strukturmaßnahmen der Bevölkerung Arbeitsplätze und ermöglichen ihr somit, sich
ihr eigenes Einkommen zu verdienen. Zugleich werden im Rahmen des Programms
neue landwirtschaftliche Flächen erschlossen. Als eines der ärmsten Länder der Welt
ist Liberia dringend darauf angewiesen, dass mehr Lebensmittel im Land hergestellt
werden. Deshalb hilft Deutschland bei der Beschaffung von Geräten und Saatgut und
bildet die Dorfbewohner in Anbaumethoden aus, damit sie sich eine neue Existenz
aufbauen können. Zum Programm gehören auch psychosoziale Angebote für Frau-
en und Mädchen, um ihnen dabei zu helfen, ihre traumatischen Gewalterfahrungen
während des Konflikts zu bewältigen. Auch sie werden dabei unterstützt, sich einen
eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Dringend benötigte Lehrer werden an den
wiedereröffneten Schulen ausgebildet und Alphabetisierungsprogramme für Frau-
en und Grundausbildungsprogramme für perspektivlose Jugendliche durchgeführt.
Ferner wurde Jugendlichen, die während des Krieges keine Schule besuchen konnten,
die Möglichkeit geboten, in einer beschleunigten Ausbildung einen Schulabschluss
zu erlangen. Auf diese Weise werden die Voraussetzungen für die Bevölkerung, ein
selbstbestimmtes Leben unter verbesserten Bedingungen zu führen, geschaffen.
14 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
07
02 Was kann zivile Krisenprävention leisten?
Auf diese komplexen Herausforderungen für die Sicherheit der Men-schen muss die internationale Gemeinschaft Antworten finden.
Allzu häufig wird erst dann mit Nachdruck eingegriffen, wenn ein Konflikt die
Schwelle zur Gewalt überschritten hat und durch die Berichterstattung der Massen-
medien in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wird. Ziel einer vorausschau-
enden und verantwortlichen Politik muss es jedoch sein, krisenhafte Entwicklungen
frühzeitig zu erkennen, ihnen effizient entgegenzuwirken und somit ihre Zuspit-
zung, ganz besonders aber den Ausbruch gewaltsamer Konflikte wo immer möglich
zu verhindern. Prävention erfordert in der Regel einen geringeren personellen und
materiellen Einsatz als die Beilegung eines Konflikts, wenn er einmal ausgebrochen
ist. Dort, wo es nicht gelingt, einen gewaltsamen Konflikt zu verhindern, ist häufig
die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft gefordert, um das betroffe-
ne Land oder die Region zu befrieden und wieder dauerhaft zu stabilisieren. Rund
50 Prozent der Länder fallen binnen fünf Jahren nach einem Friedensschluss zurück
in die Gewaltspirale. Maßnahmen der Konfliktbewältigung dienen insofern gleich-
zeitig der Vorbeugung, um einen erneuten Ausbruch von Gewalt zu verhindern.08: Stimmenauszählung
in Afghanistan
Gewaltsamen Konflikten effizient vorzubeugen kann aber nur nachhaltig gelingen,
wenn die Ursachen des Konflikts an ihrer Wurzel beseitigt werden.
Eine vorausschauende, präventive Politik muss daher potentielle Konflikte in ei-
nem möglichst frühen Stadium erkennen, ihre Ursachen analysieren und ihnen mit
geeigneten Maßnahmen entgegenwirken.
Hierbei sind in erster Linie zivile Mittel gefordert. Dies kann z.B. der Einsatz von
Experten sein, die Partnerländer beim Aufbau und Ausbau demokratischer und
rechtsstaatlicher Strukturen beraten. Hierzu gehören auch Maßnahmen der Ar-
mutsbekämpfung und die Sicherung der Lebenschancen der Menschen (– z.B.
im Rahmen der Entwicklungspolitik –), aber auch die Förderung wirtschaftlicher
Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit oder die Umsetzung internationaler Ver-
einbarungen zum Umweltschutz. Auch die Unterstützung von Verhandlungen
oder Mediation zwischen Konfliktparteien sind Mittel ziviler Krisenprävention und
Konfliktbewältigung. Schließlich müssen diejenigen Kräfte in Gesellschaften un-
terstützt werden, die sich für einen friedlichen Ausgleich, für Toleranz und Verstän-
digung einsetzen. Dabei richtet sich ein besonderes Augenmerk auch auf die Rolle
von Frauen in Friedensprozessen.
02 Was kann zivile Krisenprävention leisten? | 15
07: Alternativer
Schulunterricht in
Mujehra, Indien:
Ein Unicef-Projekt
zur Förderung Kinder
armer Eltern
08
All diese Beispiele zeigen: Effiziente Krisenprävention bedarf des Einsatzes aller
Politik felder, neben Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik also beispiels-
weise auch Wirtschafts-, Handels-, Finanz- oder Umweltpolitik. Dort, wo der Einsatz
militärischer Mittel unverzichtbar ist, um eine gewaltsame Austragung von Konflik-
ten zu verhindern oder zu beenden, müssen zugleich gezielt zivile Mittel eingesetzt
werden, um die Konfliktursachen nachhaltig zu beseitigen. Militärische und zivile
Maßnahmen müssen sich dabei im Rahmen eines umfassenden Ansatzes ergänzen.
16 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
09: Aufbau eines Kinder-
zentrums in Windhuk,
Namibia
10: Ein Soldat der
kongolesischen Armee
registriert Waffen,
die von Milizen in einem
Entwaffnungslager der
UN-Mission abgegeben
wurden
09
02 Was kann zivile Krisenprävention leisten? | 17
10
18 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
11
Beispiel Bolivien | 19
Beispiel Bolivien
11: Lokale Rechtsbera-
tung zur Klärung der
Landbesitzverhältnisse
durch die „Deutsche
Welthungerhilfe“ in
Bolivien
Bolivien ist das ärmste Land Südamerikas und von extremer Ungleichverteilung
von Besitz und Einkommen geprägt. Die Benachteiligung der indigenen Bevölke-
rung verschärfte sich in den letzten Jahren u. a. aufgrund der steigenden Einwan-
derung und bedroht die Existenz-grundlage der Kleinbauern.
Mit deutscher Unterstützung entwickelt die Nichtregierungsorganisation Funda-
ción TIERRA Prozesse zur Klärung der Landbesitzverhältnisse, um auf der Basis des
geltenden Rechts und des lokalen Gewohnheitsrechts die bestehenden Konflikte
auf gewaltfreiem Wege zu regeln. Gleichzeitig werden indigene Organisationen
und kommunale Führungspersonen zu Multiplikatoren in Rechtsfragen fortgebil-
det; sie stehen dann ihren Gemeinden bei der Schlichtung von Landkonflikten zur
Verfügung. Darüber hinaus ermöglicht es das Projekt, unterschiedliche Positionen
der staatlichen Stellen und der Bürger auszutauschen und gibt der bisher ausge-
grenzten indigenen und kleinbäuerlichen Landbevölkerung die Möglichkeit, ihre
Interessen in politische Aushandlungsprozesse einzubringen.
Das Projekt verhilft den indigenen- und Kleinbauernfamilien zu Rechtssicherheit
über ihr Land und damit zu einer gesicherten Existenzgrundlage. Gleichzeitig leis-
tet es damit einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Konfliktreduktion.
20 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
Beispiel Bolivien | 21
12: Liberianische Jugendliche zeigen ein Poster
des UNMIL DDR (Abrüstung, Demobilisierung und
Reintegration) Projektes in Monrovia
22 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
03 Was ist der „Aktionsplan Zivile Krisenprävention“?
Gewaltsame Konflikte zu verhindern und Frieden, Sicherheit und Entwicklung weltweit zu fördern sind zentrale Ziele der Politik der Bundesregierung.
Mit dem „Aktionsplan Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonso-
lidierung“ hat sie im Mai 2004 einen strategischen Rahmen für ihre krisenpräven-
tive Politik verabschiedet. An der Erarbeitung des Aktionsplans haben neben den
Bundesministerien auch Vertreter des Bundestags, der Zivilgesellschaft und der
Wissenschaft mitgewirkt.
Der Aktionsplan beschreibt die heutigen Bedrohungen für Frieden und Sicherheit
weltweit. Dabei schließt er vor allem auch nicht-militärische Bedrohungen z.B.
durch innerstaatliche Konflikte, grenzüberschreitende organisierte Kriminalität
oder den internationalen Terrorismus, Armut und fehlende Lebenschancen, Kämpfe
um Ressourcen und die Folgen des Klimawandels mit ein und macht die möglichen
Folgen dieser Bedrohungen weit über die unmittelbar betroffenen Staaten hinaus
deutlich.
Der Aktionsplan zieht daraus folgende Schlussfolgerungen
○ dass es von herausragender Bedeutung ist, diese Bedrohungen so früh wie
möglich zu erkennen und ihre Ursachen zu bekämpfen, damit aus ihnen keine
gewaltsamen Konflikte entstehen.
○ dass hierfür vorrangig zivile Mittel zum Einsatz kommen müssen
○ dass angesichts der Vielfalt und Komplexität der heutigen Bedrohungen kein
Akteur allein die Fähigkeiten und Mittel hat, diesen Bedrohungen effizient ent-
gegen zu wirken.
○ dass daher wirksame Krisenprävention nur gelingen kann, wenn alle Akteure
ihren besonderen Beitrag leisten und diese zu einem umfassenden, aber gleich-
zeitig gezielt auf das jeweilige Konfliktszenario abgestellten und kohärenten
Ansatz verknüpft werden.
03 Was ist der „Aktionsplan Zivile Krisenprävention“? | 23
13
13: Bundesentwicklungs-
minister, Dirk Niebel, bei
der Einweihung eines
Bolzplatzes im Township
Winterveld. Durch das
Projekt „Youth Develop-
ment Through Football“
sollen Kinder und Jugend-
liche einen fairen und
gewaltfreien Umgang
miteinander lernen.
Dies gilt sowohl international für die Bemühungen der Staatengemeinschaft insge-
samt, als auch für den Beitrag jedes einzelnen Staates.
Gleichzeitig zeigt der Aktionsplan Handlungsfelder für das krisenpräventive En-
gagement der Bundesregierung auf und gibt Empfehlungen (sogenannte „Aktio-
nen“) für konkretes Handeln der Bundesregierung.
Schließlich zeigt der Aktionsplan auch Wege auf, vorhandene Institutionen und Inst-
rumente der Krisenprävention auszubauen, zu stärken oder neu zu schaffen, um die
Handlungsfähigkeit der Bundesregierung in diesem Bereich durch eine wirksame
Abstimmung der Aktivitäten der verschiedenen Ressorts zu stärken. Mit eben diesem
Ziel wurde der sogenannte „Ressortkreis Zivile Krisenprävention“ eingerichtet. In
diesem Gremium treffen sich Vertreter der Ministerien unter Federführung des Aus-
wärtigen Amts regelmäßig, um sich in Fragen der Krisenprävention zu beraten und
abzustimmen. Über einen Beirat aus Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisatio-
nen (Nichtregierungsorganisationen, Think Tanks, Kirchen, Wirtschaft, Wissenschaft
u.a.) wird dort vorhandenes Fachwissen in die Arbeit des Ressortkreises eingebracht.
24 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
14
Beispiel Naher Osten | 25
Beispiel Naher Osten
Die politische und gesellschaftliche Situation im Nahen Osten ist nach wie vor
vom gewaltsamen Konflikt zwischen der arabischen und jüdischen Bevölkerung
geprägt. Das Wissen über die jeweils andere Gruppe ist stark begrenzt, wodurch
bestehende Stereotypen begünstigt werden. Das betrifft vor allem Jugendliche, die
in diesen Konflikt hineingeboren wurden und damit aufgewachsen sind. Mit der
Förderung der Begegnung zwischen arabischen und israelischen Jugendlichen will
die Bundesregierung einen Beitrag zur Toleranzerziehung und zur Förderung von
Verständnis und Annäherung leisten.
So werden in Israel im Rahmen eines mit deutschen Mitteln geförderten Pro-
jekts der Organisation „Sadaka Reut for Coexistence in Israel“ Schüler und Lehrer
aus beiden Bevölkerungsgruppen in Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung
ausgebildet und mit Themen wie Rassismus, Identität und Geschichtsschreibung
konfrontiert. Sie setzen sich mit der eigenen Identität, der Wahrnehmung der
Anderen und verschiedenen Konfliktbearbeitungsmustern auseinander. Lehrer,
die für den Konfliktkontext wenig relevante Fächer, wie Fremdsprachen, Naturwis-
senschaften u. ä. unterrichten, werden ebenso mit einbezogen wie Lehrer für Ge-
schichte und Landeskunde. Sie alle sind von der Konzipierung bis zur Evaluierung
eng eingebunden. Unter Einbeziehung der Praxiserfahrungen wird in der Folge
ein Lehrprogramm zu Toleranzerziehung und Methoden der Konfliktbearbeitung
entwickelt. In gemeinsamen Treffen der Lehrer der arabischen und jüdischen Schu-
len können die jeweiligen Erfahrungen ausgetauscht und zukünftige Partnerschaf-
ten aufgebaut werden.
14: Jugendseminar zur
zivilen Konfliktbearbei-
tung in Israel
26 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
Beispiel DR Kongo
Um den ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen abzusichern, baten die Vereinten
Nationen im Dezember 2005 die EU, die in der Demokratischen Republik Kongo
stationierte UN-Peacekeeping-Mission MONUC mit europäischen militärischen
Kräften für den Zeitraum der Wahlen zu unterstützen. Einem entsprechenden Kon-
zept stimmte der EU-Rat am 23. März 2006 zu. Das Mandat wurde durch Resolution
1671 des UN-Sicherheitsrats vom 25. April 2006 erteilt. Zwei Tage später wurde die
Entsendung vom EU-Rat beschlossen. Der Deutsche Bundestag stimmte am 1. Juni
2006 der Entsendung von 780 Soldaten der Bundeswehr im Rahmen des Einsatzes
EUFOR RD Congo zu, der insgesamt rund 2.400 Soldaten umfasste. Die Bundeswehr
wurde zum Großteil in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa sowie in Libreville/
Gabun als ein Teil der Reserve, die so genannte „Over the horizon“-Force (über den
Horizont) stationiert. Die restlichen, darunter auch die französischen Streitkräfte
waren dagegen direkt in der DR Kongo eingesetzt.
Zusammen mit ihren europäischen Kollegen und den Blauhelmsoldaten der VN ha-
ben die deutschen Soldaten einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass die Wahl
weitestgehend friedlich, frei und fair verlaufen konnten, das Wahlergebnis von der
kongolesischen Bevölkerung akzeptiert und den gewählten Vertretern eine echte
demokratische Legitimation verliehen wurde. Dies hat erheblich dazu beigetragen,
Beispiel DR Kongo | 27
15: Bundeswehrsoldaten
im Rahmen des Einsatzes
EUFOR RD Congo
15
eine weitere Verschärfung der Konflikte in der DR Kongo im Umfeld der Wahlen zu
verhindern und das Land auf seinem schwierigen Weg hin zu Frieden und Sicher-
heit zu unterstützen.
Die politische Kontrolle des Einsatzes übernahm das Politische und Sicherheitspo-
litische Komitee der EU, wogegen die militärische Kontrolle durch das Einsatzfüh-
rungskommando der Bundeswehr in Potsdam als EU Hauptquartier sichergestellt
wurde. Die Kosten für Deutschland beliefen sich auf 56 Mio. Euro, die Gesamtkosten
betrugen 428 Millionen US-Dollar. Die Mission wurde am 30. November 2006 durch
den Rat der Europäischen Union planmäßig beendet.
Der deutsche Bundeswehreinsatz fand eingebettet im Gesamtkonzept der Bundes-
regierung statt, die Demokratische Republik Kongo beim Wiederaufbau eines stabi-
len und demokratischen Staates zu unterstützen. Auf Grundlage der aus den Wah-
len hervorgegangenen Regierung wurde auch die Entwicklungszusammenarbeit
wieder formell und umfassend aufgenommen. Mit der kongolesischen Regierung
wurden dabei u.a. Projekte vereinbart, die direkt Krisen bewältigend wirken – etwa
die Reintegration von ehemaligen Kindersoldaten und anderen benachteiligten Ju-
gendlichen durch eine praktische Berufsausbildung in der Provinz Maniema.
04 Welches sind die Akteure der zivilen Krisenprävention?
Innerhalb der Bundesregierung ist zivile Krisenprävention eine Querschnittaufgabe,
die die meisten Bundesministerien betrifft. Im Rahmen seiner jeweiligen Zustän-
digkeit ist jedes Ministerium gefordert, seinen Beitrag zu dieser gemeinschaftli-
chen Aufgabe zu leisten. Das gilt für diplomatische Bemühungen um die Verhinde-
rung oder Eindämmung von Konflikten ebenso wie für die entwicklungspolitische
Zusammenarbeit, deren Ziel es vor allem ist, strukturelle Konfliktursachen wie z.B.
Armut oder schlechte Regierungsführung mit längerfristigen Programmen zu
beseitigen. Das gilt aber auch für die Bereitstellung polizeilicher Expertise, die Zu-
sammenarbeit mit anderen Staaten im Umweltbereich oder für die Förderung von
Direktinvestitionen und andere wirtschaftliche Maßnahmen.
Auf der internationalen Ebene sind wichtigste Akteure die multilateralen Organi-
sationen, in erster Linie die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die NATO,
die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Eu-
roparat. Hier werden die Fähigkeiten und Kapazitäten der Staaten zusammenge-
führt und koordiniert. Die Vereinten Nationen nehmen dabei als einziger globaler
Akteur und Forum für weltweite Krisenprävention und Konfliktbewältigung eine
herausgehobene Stellung ein. Aber auch im Rahmen regionaler Strukturen, ins-
besondere der EU mit ihrer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
(ESVP), in der NATO, der OSZE und im Europarat wirkt die Bundesregierung aktiv an
der Gestaltung der Aktivitäten im Bereich der Krisenprävention mit und setzt sich
für den Ausbau der entsprechenden Kapazitäten dieser Organisationen ein.
Eine besonders wichtige Rolle kommt über die staatlichen Institutionen hinaus den
nichtstaatlichen Akteuren wie z.B. den Nichtregierungsorganisationen zu. Ihnen
öffnen sich aufgrund ihrer Unabhängigkeit häufig Türen, die staatlichen Vertre-
tern verschlossen bleiben. Der Aktionsplan Zivile Krisenprävention hat daher die
Rolle der nichtstaatlichen Akteure ausdrücklich anerkannt. Staatliche Aktivitäten
und die der zivilgesellschaftlichen Akteure müssen sich letztlich zum Vorteil der Sa-
che ergänzen. Auch die wichtige Rolle, die gerade Frauen bei der Suche nach friedli-
chen Lösungen für Konflikte und beim Wiederaufbau nach Konflikten einnehmen,
wird im Aktionsplan herausgehoben.
28 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
17: Irakischer Polizist
vor der UN-Vertretung
in Bagdad
16: Ein Beamter des
deutschen Polizeikon-
tingentes und sein
afghanischer Kollege in
der Polizeischule in Kabul,
Afghanistan
04 Welches sind die Akteure der zivilen Krisenprävention? | 29
16
17
30 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
18
Beispiel Burundi | 31
Beispiel Burundi
18: Aufführung im
„Centre Jeunes Kamenge“
Burundi
Seit Burundis Unabhängigkeit 1962 haben interethnische Auseinandersetzungen
zwischen Tutsi und Hutu zu zahlreichen blutigen Auseinandersetzungen und Kon-
flikten geführt. Ihnen fielen allein seit 1993 rund 250.000 Menschen zum Opfer,
Hunderttausende flüchteten oder wurden vertrieben. Besonders stark von Gewalt-
ausschreitungen betroffen war der Norden der Hauptstadt Bujumbura, vor allem
der Stadtteil Kamenge. Noch immer stehen dort zerstörte Häuser und haben Tutsi
Angst, sich in diesem Viertel zu bewegen.
In dem mit deutschen Mitteln unterstützen „Centre Jeunes Kamenge“ kommen
Jugendliche der nördlichen Viertel zusammen. Sie gehören verschiedenen Ethni-
en und unterschiedlichen Religionen an, stammen aus unterschiedlichen sozialen
Milieus und vertreten verschiedene politische Positionen. Durch gemeinsame Ak-
tivitäten in Sport, Kultur und Bildung lernen sie, zusammen zu arbeiten und zu-
sammen zu leben. So werden beispielsweise gemeinsam Theaterstücke aufgeführt,
musiziert, Fußballturniere veranstaltet, Filme vorgeführt und gemeinsam Fremd-
sprachen gelernt.
Das Centre Jeunes Kamenge gibt den jungen Menschen das Handwerkszeug und
ein konkretes Verständnis für die Notwendigkeit von Toleranz und friedlichem
Engagement im gegenseitigen Umgang. Das Projekt will den interethnischen und
interreligiösen Dialog voranbringen und unterstützt so den politischen Ausgleich.
Für seine Arbeit wurde das Centre im Jahr 2002 mit dem Right Livelihood Preis, dem
alternativen Nobelpreis, ausgezeichnet.
Ähnliche Ansätze der Versöhnung und Verständigung werden in Burundi auch von
den durch Deutschland unterstützen Organisationen der Kirchen, dem deutschen
Zivilen Friedensdienst und der Entwicklungszusammenarbeit gefördert.
32 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
19: Wahlplakate in
Kabul, Afghanistan
05 Welches sind die Handlungsfelder der zivilen Krisenprävention?
Der Aktionsplan nennt eine Vielzahl von Handlungsfeldern ziviler Krisenprävention. Als Beispiel seien hier genannt:
○ Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und verantwortlicher
Regierungsführung; Einhaltung der Menschenrechte
Funktionstüchtige demokratische und rechtsstaatliche Strukturen bilden eine
wichtige Grundlage für einen friedlichen und geregelten Interessenausgleich
innerhalb einer Gesellschaft. Der gleichberechtigte Zugang zu den Machtstruk-
turen für alle und ihre Beteiligung an Entscheidungsprozessen zählen hierzu
ebenso wie der verantwortungsvolle Umgang des Staates mit seiner Macht und
öffentlichen Ressourcen. Daher setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass
demokratische und rechtsstaatliche Strukturen und Verfahren gestärkt und die
Menschenrechte und Grundfreiheiten weltweit gewahrt werden,
○ Sicherung der Lebenschancen für alle
Armut kann eine Ursache für gewaltsame Konflikte sein, gewaltsame Konflikte
wiederum verursachen Armut, indem sie Existenzgrundlagen vernichten. Die
Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben
sich daher im Jahr 2000 zur Halbierung der extremen Armut in der Welt bis zum
Jahr 2015 verpflichtet.
○ Die gesellschaftliche Dimension der zivilen Krisenprävention
Konflikte sind Bestandteil eines jeden gesellschaftlichen Wandlungsprozesses.
Damit diese Konflikte keine gewaltsamen Formen annehmen, bedarf es aus-
reichender Mechanismen zu ihrer friedlichen Lösung. Die Bundesregierung
unterstützt und fördert daher gesellschaftliche Gruppen und Individuen, die sich
für eine gewaltfreie Austragung von Konflikten einsetzen. Sie setzt sich darüber
hinaus für die Vermittlung von Werten wie Freiheit und Toleranz ein und trägt
mit der Förderung des interkulturellen Dialogs zum Abbau von Feindbildern bei.
Aber auch Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Ressourcen, die Stärkung der
Regime für Abrüstung und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen tra-
gen dazu bei, Frieden, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung zu sichern.
05 Welches sind die Handlungsfelder der zivilen Krisenprävention? | 33
19
Dort, wo ein gewaltsamer Konflikt ausgebrochen ist, stellen sich für die internatio-
nale Gemeinschaft ganz besondere Herausforderungen. Nach Beendigung der Ge-
walttätigkeiten gilt es, Hilfe beim physischen Wiederaufbau von durch den Konflikt
zerstörten Gebäuden und Infrastruktur, bei der Wiederherstellung funktionieren-
der staatlicher und wirtschaftlicher Strukturen, der Rückkehr und Reintegration
von Flüchtlingen und Vertriebenen und bei der Entwaffnung von Kombattanten
und ihrer Wiedereingliederung in ein ziviles Leben zu leisten. Ebenso notwendig
ist die Aufarbeitung von während des Konflikts begangenem Unrecht.
34 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
20
Beispiel Sri Lanka | 35
Beispiel Sri Lanka
20: Friedenserziehung in
Sri Lanka
Der über mehrere Jahrzehnte andauernde Bürgerkrieg in Sri Lanka wurde im Mai
2009 durch einen militärischen Sieg der sri-lankischen Armee offiziell für beendet
erklärt. Die Auswirkungen dieses Konflikts werden jedoch noch lange zu spüren
sein. Sie spiegeln sich auch im Bildungssektor wieder: Der ungleiche Zugang zu
Bildungseinrichtungen verlief entlang ethnischer und sprachlicher Grenzen und
trug zu einer weiteren Verwurzelung des Konflikts in der Gesellschaft bei. Es wurde
auch versäumt, durch schulische Bildung die Voraussetzungen für ein friedliches
Zusammenleben zu legen.
Das Bildungsministerium Sri Lankas ist bemüht, dies zu ändern, jedoch fehlen für
die Umsetzung einer Bildungsreform kompetente und erfahrene Akteure bei den
Bildungsbehörde und den Lehrkräften.
Seit 2005 wird mit deutschen Mitteln die Friedenserziehung in Sri Lanka unter-
stützt: Die Behörden werden bei der Entwicklung von Lehrplänen beraten, Lehr-
kräfte und Fachpersonal werden ausgebildet, um Kinder und Jugendliche zum
friedlichen und verantwortungsvollen Zusammenleben in einer multikulturellen
und multiethnischen Gesellschaft zu befähigen. Bei der Beratung wird vor allem
darauf geachtet, dass die Förderung von Singhalesisch und Tamil als den beiden
Nationalsprachen, Bildungsangebote für benachteiligte Kinder sowie Friedens-
und Werteerziehung berücksichtigt werden und so Grundlagen für ein künftiges
friedliches Zusammenleben gelegt werden.
36 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
h
Beispiel Sri Lanka | 37
21: Schüler in einem
Hilfszentrum für Kinder-
soldaten in Uganda
38 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
22: Frauen der „SAGNARIGU
Woman Shea Butter Group“,
eines von Deutschland, den
Niederlanden und Japan
geförderten Selbsthilfepro-
jektes in Ghana
06 Welches sind die Risiken und Grenzen von Krisenprävention?
Jede Maßnahme der Krisenprävention oder Konfliktbewältigung muss zunächst auch daraufhin überprüft werden, ob sie nicht ungewollt mehr Schaden als Nutzen stiftet – das so genannte „do-no-harm“-Prinzip.
Letztlich darf auch nicht verkannt werden, dass die Wirksamkeit krisenpräventi-
ver Maßnahmen dort an ihre Grenzen stößt, wo sie von einer oder allen Konflikt-
parteien nicht mitgetragen oder unterlaufen werden. Maßnahmen Dritter können
insoweit immer nur die eigenen Bemühungen der Betroffenen um eine friedliche
Regelung des Konflikts unterstützen – die Verantwortung für eine friedliche Lö-
sung liegt letztendlich bei ihnen selbst. Auch dort, wo Regierungen Maßnahmen
der internationalen Gemeinschaft nicht zulassen oder aber die Sicherheitslage vor
Ort ein Tätigwerden unmöglich macht, bleiben der internationalen Gemeinschaft
die Hände gebunden.
Zivile Krisenprävention kann auch selten kurzfristige Lösungen bieten; sie ist viel-
mehr eine langfristige und oft schwierige Aufgabe, die darauf angelegt ist, dauer-
hafte und nachhaltige Wirkung zu erzielen. Dennoch: Krisen und Konflikte früh-
zeitig zu erkennen, ihre Ursachen durch geeignete Maßnahmen zu bekämpfen und
damit den Ausbruch von Gewalt zu verhindern ist und bleibt ein grundlegendes Ge-
bot einer vorausschauenden, verantwortlichen Politik, die Frieden und Sicherheit
schaffen will. Die Bundesregierung bleibt einer solchen Politik verpflichtet.
06 Welches sind die Risiken und Grenzen von Krisenprävention? | 39
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40 | Krisenprävention mit zivilen Mitteln – Ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit
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Beispiel Elfenbeinküste | 41
Beispiel Elfenbeinküste
23: Ausbildung für
Justizpersonal mit deut-
scher Unterstützung,
Elfenbeinküste
In der Elfenbeinküste ist der Justizsektor gekennzeichnet von Problemen, die seine
Funktionsfähigkeit erheblich einschränken. Hierzu gehört schlecht ausgebildetes
Personal, schlechte Ausstattung und ein beschränkter Zugang der Bevölkerung zur
Justiz. Für viele ist es nicht möglich, sich ausreichenden Rechtsbeistand zu leisten;
Unterstützung in Form von kostenlosem Rechtsbeistand oder Prozesskostenhilfen
gibt es nicht. Folge davon ist, dass die Justiz ihre Aufgabe, Rechtskonflikte friedlich
zu lösen, nicht ausreichend erfüllen kann. Viele Verbrechen bleiben ungeahndet,
das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz ist gering. In einer solchen Situation
werden Konflikte nur allzu schnell auf anderem, oft gewaltsamen Weg gelöst.
Gemeinsam mit der ivorischen Regierung hat die Bundesregierung daher Maßnah-
men zur Unterstützung des Justizwesens in der Elfenbeinküste identifiziert und
hierfür Mittel bereitgestellt. Zu den Maßnahmen gehören insbesondere die Ausbil-
dung für Justizpersonal, die Verfügbarmachung von Rechtsprechungs- und Geset-
zestexten, Maßnahmen, die den Zugang der Bevölkerung zur Justiz erleichtern und
die Unabhängigkeit und Transparenz der Justiz sicherstellen.
Ähnliche Maßnahmen sollen gleichzeitig in Sierra Leone und Liberia durchgeführt
werden, wo die Justiz ebenfalls vor großen Problemen steht. Dabei werden die Maß-
nahmen aufgrund einer sorgfältigen Analyse der Lage vor Ort in jedem Land auf
den speziellen Bedarf abgestellt. Obwohl die Rechtssysteme unterschiedlich sind,
gibt es zahlreiche Fragen von gemeinsamem Interesse; hierzu sollen- wo möglich-
gemeinsame Seminare stattfinden, die auch einen Erfahrungsaustausch zwischen
Experten der drei Länder in Gang setzen sollen.
Impressum
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