Download - LOGISCHES SCHLIESSEN
1
LOGISCHES SCHLIESSEN
• Wie ziehen Menschen im Alltag logische Schlüsse?• Ursprüngliche Annahme: Logische Regeln sind (vielleicht etwas
idealisierte) Regeln des Denkensz.B. John Stuart Mill (1843),
• Ziehen gültiger Schlüsse für viele kognitive Prozesse relevant, z.B. Feststellung, ob ein Objekt eine bestimmte Eigenschaft hat oder nicht, Planung, Kommunikation, Rekonstruktion aus dem Gedächtnis, Problemlösen, Vorhersagen, .....
2
Vorschau
• Logik: Einfache Aussagenlogik Syllogismen
empirisch• Fragen für Denkpsychologie - zentrale theoretische Ansätze• Konditionale Schlüsse• Wason-Selektion Task• Theorien der Abstrakten Regeln• Modell-Theorie • Bereichspezifische Regel-Theorien• Analogieschlüsse
3
LOGISCHE SCHLUSSREGELN (Beispiele)
EINFACHE AUSSAGENLOGIK
P, Q …. Aussagen (Sätze) (es regnet, Saddam Hussain singt an der Met,…)
Aussagen können wahr sein (w) oder falsch (f)
Logische Operatorenwirken auf Sätze, kombinieren Sätze
Verneinung: nicht P P nicht P w f f w
4
Disjunktion: oder (inklusives oder) P Q P oder Q w w w w f w f w w f f f
Konjunktion: und
P Q P und Q
w w w
w f f
f w f
f f f
5
Beispiel: Wenn es regnet, dann ist die Strasse nass es regnet die Strasse ist nass wenn es regnet,
dann ist die Strasse nass w w w w f f f w w f f w
Implikation: wenn P, dann Q P Q wenn P, dann Q w w w w f f f w w f f w
6
Äquivalenz: P dann und nur dann, wenn Q
P Q P dann und nur dann, wenn Q w w w w f f f w f f f w
7
SCHLUSSREGELN
MODUS PONENS
Prämissen (voraussetzungen):
Wenn P, dann Q Wenn heute Sonntag ist, dann habe ich frei
P heute ist Sonntag
_______________ _________________________
Konklusion (Schlussfolgerung):
Q ich habe frei
8
MODUS TOLLENS
Prämissen Voraussetzungen):
Wenn P, dann Q Wenn heute Sonntag ist, dann habe ich frei
nicht Q ich habe nicht frei
_______________ _________________________
Konklusion (Schlussfolgerung):
nicht P heute ist nicht Sonntag
9
UNGÜLTIGE SCHLUSSFORMEN:
Falsche Negation der Konsequenz
Prämissen:
Wenn P, dann Q Wenn heute Sonntag ist, dann habe ich frei
nicht P heute ist nicht Sonntag
_______________ _________________________
Konklusion:
nicht Q ich habe nicht frei
( Konklusion folgt nicht logisch zwingend aus Prämissen!)
10
Falscher Schluss auf Antezedens (Vordersatz)
Prämissen:
Wenn P, dann Q Wenn heute Sonntag ist, dann habe ich frei
Q ich habe frei
_______________ _________________________
Konklusion:
P heute ist Sonntag
( Konklusion folgt nicht logisch zwingend aus Prämissen!)
11
SYLLOGISMEN
Schlussregeln mit Unterscheidung von Aussagen, die für alle Elemente einer Menge gelten, von solchen, die nur für einige Elemente (mindestens eines) gelten.(Quantoren)
Beispiele:
Alle B sind C
Einige A sind B_________________
Einige A sind C
alle Fribourger sind Schweizer
einige Psychologen sind Fribourger___________________________
einige Psychologen sind Schweizer
12
Einige B sind C
Einige A sind B________________
Einige A sind C
Einige B sind nicht D Alle B sind C _________________
Einige C sind nicht D
einige Fribourger sind Studenten
einige Schweizer sind Fribourger___________________________einige Schweizer sind Studenten
einige Schweizer sind nicht Bankiers
alle Schweizer sind Europäer___________________________einige Europäer sind nicht Bankiers
13
Einige B sind C
Einige A sind B________________
Einige A sind C
einige Bayern sind Päpste
einige Frauen sind Bayern___________________________
einige Frauen sind Päpste
14
Alle B sind CEinige A sind B______________Einige A sind C
B
C
A
Darstellung von Syllogismen in Form von
Venn - Diagrammen
15
Einige B sind CEinige A sind B_____________Einige A sind C
B C A
16
Einige B sind nicht DAlle B sind C__________________Einige C sind nicht D
B
C
D
17
WICHTIGE FRAGEN FÜR DENKPSYCHOLOGIE:
• Weichen Menschen von logischen Schlussregeln ab?
• Wenn ja, warum?
zwei zentrale theoretische Ansätze zur Erklärung
Regeltheorien
Mentale Modelle
18
Regeltheorien - Schlussfolgern aufgrund von Regeln z.B. Braine (1978,…..)
• Menschen besitzen allgemeine Schlussschemata oder -regeln.
• Je nach Theorie: abstrakt oder domainspezifisch (bereichsspezifisch),
Menschen wenden derartige Regeln an beim Schliessen domainspezifische Regeln sind sensitiv für den Inhalt
• Abweichungen, weil Aufgabe in natürlicher Sprache vorgegeben. Bei Enkodierung der natürlichen Sprache “Übersetzungsfehler” möglich Überlastung des Arbeitsgedächtnisses (z.B. bei komplexen Regeln)
19
Schlussfolgern mithilfe Mentaler ModelleJohnson-Laird (1983,...)
Menschen konstruieren aus den vorgegebenen Aussagen ein Mentales Modell (z.B. räumliche Anordnung).
Schlüsse werden dann mithilfe der Information aus dem Mentalen Modell gezogen.
Fehler, wenn zu viele Modelle gleichzeitig (Überlastung)
20
Implikation: wenn P, dann Q
(Äquivalenz: P dann und nur dann, wenn Q ) P genau dann, wenn Q
Schlüsse auf der Basis der Implikation, z.B.
P ist wahr, ist dann auch Q wahr?
P ist nicht wahr, ist Q wahr? etc.
Welche gültigen bzw. ungültigen Schlussformen verwenden Menschen?
Konditionale Schlüsse
21
Typisches Experiment:
• Vp werden konditionale Aussagen vorgegeben, z.B.
Wenn es regnet, ist die Strasse nass Es regnet
• Anschliessend Frage: Ist die folgende Aussage richtig? Die Strasse ist nicht nass
• Varianten: freie AntwortAuswahl aus vorgegebener Liste
22
Vier Schlussformen
gültig
MODUS PONENS
Wenn P, dann Q; P daraus folgt Q
MODUS TOLLENS
Wenn P, dann Q; nicht Q daraus folgt nicht P
ungültig
FALSCHE NEGATION DER KONSEQUENZ
Wenn P, dann Q; nicht P daraus folgt nicht Q
FALSCHER SCHLUSS AUF ANTEZEDENS
Wenn P, dann Q; Q daraus folgt P
23
Typisches Ergebnis - hier aus Marcus & Rips (1979)
0102030405060708090
100
Modusponens
Modus tollens falscher Schlauf
Antezedens
falscher Schlauf
Konsequenz
% Anwendung (korrekt bei MP und MT)
24
Fehler werden nicht in allen Fällen gemacht
KONTEXT - EFFEKTE bei Konditionalen Schlüssen:
Kontext-Effekte entstehen durch zusätzliche Information
z.B.: Vorgabe alternativer Antezedens-Sätze kann Fehler verringern. (Markovits, 1984, 1985; Rumain et al., 1983)
- es wird gezeigt, dass Q eine Konsequenz von mehreren Antezedens-Sätzen sein kann
Beispiel:
Wenn P, dann Q Wenn es regnet, dann ist sie nass
Wenn R, dann Q Wenn es schneit, dann ist sie nass
Q Sie ist nass
______________ ____________________________
? ?
25
Allerdings durch anderen Kontext auch zusätzliche Fehler
Byrne (1989) zusätzliche (additionale) info, die als zusätzliche Bedingung interpretiert wird:
Wenn sie eine Seminararbeit schreiben muss, dann arbeitet sie lange in der Bibliothek
Wenn die Bibliothek offen bleibt, dann arbeitet sie lange in der Bibliothek
Sie muss eine Seminararbeit schreiben
_____________________________________________
?
Struktur gleich wie vorher: Wenn P, dann Q Wenn R, dann Q P :
?
26
Ergebnis aus Byrne (1989)
0102030405060708090
100ohnealternativadditional
27
Syllogismen
Menschen machen häufig Fehler
z.B.: Einige B sind C Einige A sind B ________________ Einige A sind C
häufig als gültiger Schluss akzeptiert
28
Klauer, Musch & Naumer (2000): Effekt der Basisraten
gaben Vpn Syllogismen vor: ½ gültig – ½ ungültig
Info für Vpn: getestete Syllogismen sind Zufallsstichprobe aus grosser Zahl von SyllogismenUV 1 (zwei Gruppen): wieviele der Syllogismen sind gültig (Basisrate) Gruppe 1: 1/6 gültig
Gruppe 2: 5/6 gültigUV 2: hohe / geringe Glaubwürdigkeit der Schlussfolgerungen
z.B.: einige Fische sind keine Forelleneinige Forellen sind keine Fische
Beide UVn zeigen erwarteten Effekt:Schlussfolgerungen mit hoher Glaubwürdigkeit öfter als gültig beurteiltGruppe mit 5/6 Basisrate beurteilt öfter als gültig
Resultat zeigt, wie unsicher wir im Umgang mit Syllogismen sind
29
Atmosphären-Effekt (Woodworth & Sells, 1935 Chater & Oaksford, 1999)
Form der Prämissen beeinflusst Erwartungen über Form der Konklusion
z.B.: alle – alle alleeinige – einige einige
“Übersetzungs”-Fehler (z.B.: Chapman & Chapman, 1959) “alle A sind B” gleichgesetzt mit “alle B sind A” “einige A sind keine B” mit “einige B sind keine A”
BAA B
30
Wason Selektion Task
Aufgabe, die das Verständnis von Konditionalen Schlüssen (Wenn ... dann ...) erfordert.
Basis-Version
Welche der 4 Karten müssen unbedingt umgedreht werden, um folgende Regel zu testen?
Falls ein Vokal auf der einen Seite ist (=P), dann ist eine gerade Zahl auf der anderen Seite (=Q)
P nicht-P nicht-Q Q
E K 7 4
31
Implikation: wenn P, dann QP Q wenn P, dann Q
w w ww f ff w wf f w
• um festzustellen, ob Regel Wenn P, dann Q erfüllt ist, Konzentration auf Fälle, in denen sie falsch werden kann (2. Zeile der Wahrheitstafel)
•wenn P wahr prüfen, ob Q wahr oder falsch•wenn Q falsch prüfen, ob P wahr oder falsch
•Typisches Resultat:
nur wenige Vpn wählen korrekte Karten ( E und 7) ( P und nicht-Q )
32
Johnson-Laird & Wason (1970) (4 Experimente)
128 Vpn
E + 7 5 (4%)
E + 4 59 ( 46%)
E 42 ( 33%)
E + 4 + 7 9 (7%)
33
Erklärung von Wason:
Confirmation-Bias (bias = Verzerrung): Meiste Vpn versuchen, Regel zu bestätigen -- nicht, zu falsifizieren. (Analog zum 2-4-6 Problem).
Daher: E gewählt, um zu prüfen, ob gerade Zahl auf der anderen Seite 4 gewählt, um zu prüfen, ob Vokal auf der anderen Seite
Problem mit dieser Erklärung:
• Auch andere Ursache möglich: ungünstige Teststrategie beim Falsifikationsversuch
• Empirische Ergebnisse mit konkreter Formulierung: Wieso tritt Fehler dabei nicht auf
• (Generelles Problem von Confirmation biases: Vpn müssten eigentlich richtige Lösung kennen!)
34
Matching Bias (Evans, 1984, 1998)
Menschen wählen Karten mit Symbolen, die in Regel genannt werden.
z.B. im Beispiel: Vokal und gerade Zahl: E und 4
Problem: Matching Bias kann Verhalten in realistischer Version nicht erklären
35
Realistische Einkleidung des Wason Selection Tasks
Es ist zu prüfen, ob alle Briefe richtig frankiert sind.
Jeder Brief ist zugeklebt (P) oder offen (nicht P)Jeder Brief entweder eine 4d-Marke (nicht-Q) oder eine 5d-Marke (Q)
Regel: Wenn ein Brief zugeklebt ist, dann muss er mindestens eine 5d Marke haben.
Welche der vier Briefe müssen unbedingt kontrolliert (umgedreht) werden?
B.StuckiBern
4F. AebyFribourg
5
P nicht-P Q nicht-Q
36
Resultat
Johnson-Laird, Legrenzi & Legrenzi (1971):
92% korrekt (22 von 24) korrekt
Resultat (geringe Fehlerzahl bei realistischer Einkleidung des Wason-Task)
mit anderen realistischen Aufgaben bestätigt.
37
Erklärung
• Erfahrung (memory-cueing hypothesis) /Griggs, 1983)
realistische Einkleidung und Erfahrung allein als solche nicht ausschlaggebend (siehe Eysenck & Keane, 2000)
• Deontische Struktur (Normen, Regelung, Erlaubnis) realistische Versionen scheinen alle eine deontische Form zu suggerieren (Verbot, Gebot, Erlaubnis) (Manktelow & Over, 1991): Wenn du P tust, dann musst du Q ( Aussageform: Wenn P, dann Q)
38
Kritisches Experiment von Cheng & Holyoak (1985)
Schlussfolgerung sollte erleichtert werden, wenn spezielles deontisches Schluss-schema ausgelöst:
Erlaubnis-Schema: Wenn Du die Bedingung X erfüllst, dann darfst Du Y tun.
Aktivierungsprozess des Schemas beeinflussbar durch - Problemstellung - ob Anwendung eines Schemas in der Situation ausreichend begründet ist
Daher: Bei identischer Problemstellung sollte Schwierigkeit eines Schlusses mit Begründbarkeit variieren
39
UV 1: 2 Versionen des Wason Selection Tasks:
• Version 1: Post
• Version 2: Passagier-Formulare auf dem Flughafen: Vp agiert als Zollbeamter/in. Passagiere müssen ein Formular vorweisen.
Regel: Wenn ENTERING auf der Vorderseite, muss auf der anderen Seite CHOLERA auf der dort angeführten Liste von Krankheiten vorhanden sein.
40
UV 2: Begründung gegeben oder nicht
Begründungen (für die Anwendung des Schemas):
•Post: Zugeklebte Briefe haben höheren Status als offene, daher teurer.
•Cholera: Formular enthält auf Rückseite die Liste der Krankheiten, gegen welche diese Person geimpft wurde.
2 Gruppen von Vpn mit unterschiedlicher Erfahrung
Hongkong: Post-Regel bekannt Passagier-Regel unbekannt
Mich., USA: Post-Regel unbekanntPassagier-Regel unbekannt
41
Hypothesen:
•Einführung einer Begründung sollte zur Verbesserung der Leistung führen, bei unbekannten Regeln
•Für Vpn aus Hongkong sollte zusätzliche Begründung bei Post-Aufgabe
keinen Effekt haben (weil Post-Regel und ihre Begründung ohnehin bekannt ist).
Resultat:
•Hypothesen bestätigt:
•Deontische Struktur scheint ausschlaggebend zu sein
42
Resultate aus Cheng & Holyoak (1985)
0102030405060708090
100
KeineBegründung
Begründung
HK-Brief
HK-Cholera
Mich-Brief
Mich-Chol
% korrekt
43
•Menschen schliessen rational mithilfe einer Mentalen Logik: abstrakte, logikartige Regeln (z.B. Modus Ponens), konkreter Inhalt wird nicht beachtet
•Fehler entstehen u.a. beim Enkodieren durch Missverstehen oder Fehlinterpretation, z.B.:
Übersetzen der Alltagssprache in formale Sprache(Sie ist Schweizerin, aber sie mag keinen Käse)
Falsche logische Operatoren wegen inhaltlicher Annahmen(Wenn Du meinen Rasen mähst, bekommst Du 10 Fr) Wird als Äquivalenz interpretiert
Inhaltliche Annahmen aus Weltwissen(Sie kann nur dann in Bibliothek arbeiten, wenn diese geöffnet)
Theorie der Abstrakten Regeln
44
Abstract-rule Theory von Braine & O’Brien (z.B. 1991)
Die in der natürlichen Sprache formulierten Prämissen werden enkodiert (Verstehens-Mechanismus).
Resultierende Repräsentation im Arbeitsgedächtnis.
Beim direkten Schliessen: Abstrakte Regeln angewandt auf die Prämissen, um Konklusion abzuleiten.
Anwendung dieser Regeln wird durch ein Kontroll- und Koordinations”programm” koordiniert (z.B.: Auswahl der relevanten Schlussregel an bestimmtem Punkt)
45
drei Typen von Fehlern: 1 Fehler beim Enkodieren (Verstehen) 2 Fehler bei der Koordination 3 Verarbeitungsfehler aufgund von Aufmerksamkeitsfehlern, Problemen mit Arbeitsgedächtnis
indirektes Schliessen bei Problemen ausserhalb des Üblichen Schluss-Probleme (z.B. abstrakte Version des Wason-Selektion Tasks: hier besteht die Aufgabe darin, Testinstanzen zu finden)
Menschen wenden an und lernen andere nicht-logische, bereichsspezifische Regeln (kann zu systematischen Verzerrungen führen)
46
ANWENDUNG AUF KONDITIONALE SCHLÜSSE
Theorien der Abstracten Regeln nehmen an Regel wie Modus Ponens
bei Ketten von Wenn-dann Prämissen muss Regel wiederholt angewendet werden Zwischenergebnisse müssen gespeichert werden
Wenn ich hungrig werde, wenn P, dann Q dann gehe ich spazieren;
Wenn ich spazieren gehe, wenn Q, dann R dann fühle ich mich besser;
ich bin hungrig P
je länger die Kette, desto eher Fehler
47
Ketten von Schlussfolgerungen
Braine et al (1984)
Zuerst einfstufige Schlussfolgerungen (Thema: Buchstaben auf Tafel)
z.B.:Wenn ein T da ist, gibt es ein L
Ein T ist da Ist ein L da?
einstufige Schlussfolgerungen werden praktisch fehlerfrei durchgeführt (Schwierigkeitsmessungen bei verschiedenen Schlussarten
48
Bearbeitung von mehrstufigen SchlusskettenAbhängige Variablen zur Bestimmung der Problemschwierigkeit:
FehlerzahlReaktionszeitsubjektive Schwierigkeit
Vorhersage der Schwierigkeit mehrstufiger Schlussketten aus der Schwierigkeit der beteiligten einstufigen Schlüsse (additiv)
Resultat: Hohe Korrelation zwischen vorhergesagter und beobachteter Schwierigkeit mehrstufiger SchlusskettenStützt Regel-Theorie
49
Modus Tollenskeine eigene Regel verfügbarWenn-dann - Satz muss zuerst “umgedreht” werden, dann Modus Ponens: ( d.h.: mindestens zwei Schritte notwendig)Wenn es regnet, ist die Strasse nass Wenn die Strasse nicht nass ist, regnet es nicht
Falsche Negation der Konsequenz Falscher Schluss auf AntezedensEnkodierungsfehler z.B. Äquivalenz statt Implikation Annahme, dass “es regnet” die einzige Ursache ist, etc.
Kontext-Effekte ebenfalls durch Enkodierung erklärt
50
Nach Braine & O’Brian: abstrakter Wason Selection Task gehört nicht zu den üblichen Schluss-Problemen - daher Fehler
Gültigkeit von Regel (entspricht Wahrheitswert von Aussage) mit unsicherer Gültigkeit (=unsicherer Wahrheitswert) soll geprüft werden
Testinstanzen müssen gefunden werden(um zu sehen, ob Regel stimmt)
In deontischer Version sollen Vpn Verletzung von Regeln feststellen, deren Wahrheitswert nicht zur Debatte steht
dies einfacher - entspricht besser “normalen” Schlussaufgaben
(Testinstanzen, um zu sehen, ob Regel verletzt wird)
51
Hauptprobleme der Abstract-rule Theorie
Verstehens-Mechanismus beim Enkodieren nicht spezifiziert z.B. unterschiedliche Wirkung des Kontexts wann wird welche Interpretation gemacht, wann andere? Verstehensfehler werden “ad-hoc” zur Erklärung eingeführt
Nur für einfache Aussagenlogik formuliert Generalisierbarkeit auf andere Logikbereiche unklar
52
Johnson-Laird (z.B. 1983), Byrne
Schliessen aufgrund mentaler Modelle
Menschen konstruieren mentale Repräsentation aufgrund der Prämissen und des Weltwissens. Dabei werden logische Beziehungen häufig in räumliche übersetzt:
Fritz ist grösser als Max: FritzMax
Max ist grösser als Beat Max
Beat
Kombination der beiden Modelle: Fritz Max
Beat
Ist Beat grösser als Fritz? Schlussfolgerung direkt ablesbar
Modell - Theorie
53
zusätzliche Information:
Max ist grösser als Florian
3 Möglichkeiten (mögliche Modelle):
Fritz Fritz Fritz
Max Max Max
Beat Beat Florian Florian
Florian Beat
Ist Beat grösser als Florian?
Kann nicht eindeutig beantwortet werden
( Potts, 1975)
54
Modell-Theorie des Schliessens
•Deduktives Schliessen umfasst drei Prozesse: - Verstehen der Prämissen, um Modell zu bilden - Beschreiben und Kombinieren von Modellen, um eine Konklusion zu ziehen - Validierung der Konklusion durch Elimination alternativer Modelle
•Zum Verstehen der Prämissen: verschiedene semantische Prozeduren und Hintergrundwissen Die Modelle sind spezifisch: Enthalten nicht Variablen, sondern Mentale Token (individuelle ‘mentale Platzhalter’), z.B. visuelle Vorstellungen, oder abstrakte mentale Token. Modelle sind strukturanalog (d.h. bestimmte Eigenschaften der realen Welt werden abgebildet, z.B. räumliche Anordnung)
55
• Gibt es mehrere Prämissen, müssen deren Modelle zu (einem) integrierten Modell(en) zusammengefasst werden - möglichst sparsame Beschreibung Konklusion auf Basis des intergrierten Modelles
Validierung der Schlussfolgerung über Suche nach Gegenbeispielen oder alternativen Modellen. Wenn kein derartiges Modell gefunden, Konklusion gültig. Wenn ein falsifizierendes Modell gefunden, weitersuchen nach Konklusion, die in allen Modellen gültig ist.
56
Syllogismen
z.B.: Prämisse 1:
Einige Künstler sind Imker Einige A sind B
Menschen konstruieren Initialmodelle mit Beispielen:
Künstler 1 Imker 1 zwei Modelle ausgearbeitetKünstler 2 Imker 2
•••
“•••” charakterisiert weitere mögliche ModelleDieses implizite Modell zunächst nicht ausgearbeitet, aus Gründen der Sparsamkeit
57
Beispiel für mögliche weitere Modelle:
Künstler 3
( “Künstler 3“ designiert Individuum, das Künstler ist, aber nicht Imker )
Diese Repräsentation = korrekte Interpretation der Prämisse: Einige A sind B
58
Erklärung für Fehler beim Schliessen
• Übersetzungsfehler
• Mangelnde Ausarbeitung von Modellen (Übersehen)
• Überforderung der Kapazität durch zu viele Modelle
• Modell empirisch gut bestätigt
59
• Hauptprobleme der Modelltheorie
• Bei verschiedenen Problemen verschiedene Formulierungen mit unterschiedlicher Zahl von Modellen möglich- macht Vorhersagen basierend auf der Zahl der Modelle beliebig
( Notwendig: Regeln für Konstruktion von Modellen )
• Prozess der Validierung nicht ausreichend ausgearbeitet
• Prozess des Übersetzens / Verstehens nicht spezifiziert
60
• weniger allgemein als die beiden anderen Ansätze
• Konzentrieren sich auf Effekte der verschiedene Versionen des Wason-Selection Task
• Die meisten Bereichsspezifische Regel -Theorien nehmen 2-Komponenten Prozess an:generelle (abstrakte) Komponente wird vonbereichspezifischen Regeln unterstützt
BEREICHSSPEZIFISCHE REGEL - THEORIEN (domain-specific)
61
•Pragmatische Schluss-Schemata:Bereichspezifische Regeln für Erlaubnisse und Verpflichtungen
Cheng & Holyoak (1985), Cheng, Holyoak &, Nisbett & Oliver (1986)
“Pragmatische” Schluss-Schemata, weil sensitiv für konkrete Situation
Vier Schemata für Wenn-Dann Beziehungen im Zusammenhang mit Handlungen(Erlaubnis- und Verbots/Verpflichtungsregeln):
62
• Wenn eine Handlung ausgeführt werden soll, müssen die Vorbedingungen erfüllt sein
• Wenn eine Handlung nicht ausgeführt werden soll, brauchen die Vorbedingungen nicht erfüllt zu sein
• Wenn die Vorbedingungen erfüllt sind, kann die Handlung ausgeführt werden
• Wenn die Vorbedingungen nicht erfüllt sind, darf die Handlung nicht ausgeführt werden
63
Z.B. aus dem Alltag:
• Wenn Du an der Universität studieren willst, musst Du die Matura bestanden haben.
• Wenn Dir Kollegin A etwas zu Deinem Geburtstag schenkt, musst Du ihr auch etwas zu ihrem Geburtstag schenken.
• (Wenn Du den Brief zukleben willst, musst Du die teurere Marke daraufkleben) In Situationen, wo Schemata nicht appliziert werden können: Abstrakte Regeln oder ander Schlussstrategien
Fehler: wenn Situationen nicht leicht in pragmatisches Schluss-Schema eingeordnet werden können, oderwenn Regeln eines Schemas nicht mit logischen Regeln übereinstimmen.
64
Theorie der Soziale Kontrakte - Cosmides (1989)
Menschen verfügen über Regeln (“Darwin’sche Algorithmen), die ihre Fähigkeiten maximieren, Ziele in sozialen Situationen zu erreichen.
Evolutionäre Ausformung derartiger Regeln.
Cosmides konzentriert sich auf Situationen, wo Menschen zum gegenseitigen Vorteil kooperieren müssen:
Sozialkontrakt-Situationen (Untermenge des Erlaubnis Schemas)
Standard Sozialkontrakt: Wenn Du einen Vorteil annimmst, dann musst Du die Kosten bezahlen.
Umgedrehter SozialkontraktWenn Du die Kosten bezahlst, dann hast Du einen Anspruch auf den Vorteil.
65
Annahme
In der Evolution nicht nur diese Regeln herausgebildet,sondern auch Mechanismen, die erlauben, Menschen zu entdecken, die einen sozialen Kontrakt brechen:
Betrug-Entdeckungs Algorithmus
Anwendung auf Wason-Selektion Task (realistische Version):
Standard-Sozialkontrakt + Betrug-Entdeckungs Algorithmus: korrekte Antwort
Umgedrehter Sozialkontrakt + Betrug-Entdeckungs Algorithmus: korrekte Antwort wenig häufig
Betrug-Entdeckungs-Mechanismus spricht speziell an auf: P und nicht-Q
66
Ansatz kann bestimmte Ergebnisse mit Wason Task erklären, aber nicht alle (z.B. deontische, die nicht in Form sozialer Kontrakte sind -
z.B. im Kaufhaus:
Wenn eine Rechnung 30$ überschreitet, muss sie vom Abteilungsleiter kontrolliert werden.)
67
(komplexes) ProblemlösenWissenschaft (z.B. Atommodell, Triebmodelle)
Intelligenztests ( Grashalm : Wiese = ? : Wald )
Kreativität
[ Analogieschlüsse in Literatur oft unter: Induktives Schliessen bei Eysenck & Keane (20055) im Kapitel 14: Creativity and discovery ]
ANALOGIESCHLÜSSE
68
Analoges Denken involviert: Abbildung der konzeptuellen Struktur aus Modell-Gegenstandsbereich (base domain) in einen Ziel-Gegenstandsbereich (target domain) (z.B.: Planetensystem als base-domain Atomaufbau als Ziel-Gegenstandsbereich)
Zwei zentrale Prozesse:
1 Analogie-AbrufGegenstandsbereich muss gefunden werden, der zum Problem passt
2 Analogie-Abbildungkorrespondierende Konzepte in beiden Bereichen gesucht, d.h. gleiche Merkmale oder Relationen in beiden Gegenstandsbereichen ( matching )
69
O
gelb heiss massiv
Sonne
umkreist massiver-als zieht-an
Ursache
heisser-alszieht-an
zieht-an
Planet-i
Planet-j
zieht-an
A
umkreist
B
zieht-an massiver-als
Elektron-i
Atomkern
R E
S
O S OO
O
S OS
S
O O
OS
S
S
S
Sonnensystem Rutherford’sches Atommodell
Relationen 2. Odnung(zwischen Relationen)(Anziehung = Ursache für Umkreisen)
aus: Müsseler & Prinz (2002)
70
Lösung: Mehrere schwache Strahlungsquellen, die im Tumor gebündelt werden
Ca. 10% der Vpn finden Lösung
Eher unsystematische Untersuchung zur Verbesserung der Leistung bereits von Duncker (Linsen-Analogie)
Arzt soll Tumor im Körperinneren durch radioaktive Bestrahlung zerstören.Sind die Strahlen stark genug, wird der Tumor zerstört, aber auch das umgebende Gewebe.Sind die Strahlen so schwach dosiert, dass das umgebende Gewebe nicht geschädigt wird, wird auch der Tumor nicht angegriffen.
Gick & Holyoak (1980, 1983): Experimente mit Strahlungsproblem (Duncker, 1945)
71
Gick & Holyoak (1980, 1983): Können Vpn einen Analogieschluss von einem Problem auf das nächste herstellen?
UV: Teil der Vpn hörte und memorisierte vor Bestrahlungsproblem die Festungsgeschichte:
Ein General greift mit seinen Truppen eine Festung an. Er kann aber seine Truppen nicht auf einmal zur Festung bringen, da die Zufahrtsstrassen vermint sind, mit Minen, die auf grössere Menschenkonzentrationen ansprechen.Daher teilt er seine Truppen in kleine Gruppen auf, die auf verschiedenen Strassen zur Festung gelangen und sich dort versammeln.
72
Resultate: % richtige Lösung
Vpn ohne Festungsgeschichte: ca. 10%
Vpn mit Festungsgeschichte: ca. 40% ohne Hinweis +Vpn mit Festungsgeschichte mit Hinweis auf mögliche Analogie : ca. 40%
73
Generelle Ergebnisse:
• Mehrheit der Problemlöser scheint eher Schwierigkeiten zu haben, semantisch entfernte Analogien zu nutzen (ohne Hinweis).
• Inhaltliche Ähnlichkeit zwischen Gegenstandsbereichen erleichtert Abbildung
• Werden Teile des Gegenstandsbereiches betont oder als wichtig bezeichnet (z.B. Instruktion), werden sie eher in der Abbildung verwendet.