Lärmaktionsplan Berlin 2018-2023 I ENTWURF
Lärmaktionsplan Berlin 2018-2023 (ENTWURF) Nach Maßgabe des § 47d Bundes-Immissionsschutzgesetz
Berlin: gesünder und lebenswerter
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Lärmaktionsplan Berlin 2018-2023 I ENTWURF
Inhalt
Inhalt .......................................................................................................................................... 2
1. Einleitung ........................................................................................................................... 4
2. Was bisher erreicht wurde - Umsetzung der Lärmaktionspläne 2008 und 2013-2018 ........ 7
2.1. Konkrete Maßnahmen der Lärmaktionsplanung 2008 und 2013-2018 ...................... 7
2.2. Kfz-Verkehr ......................................................................................................................... 9
2.2.1. Fahrbahnoberflächen ........................................................................................................ 9
2.2.2. Zulässige Höchstgeschwindigkeiten ................................................................................ 9
2.2.3. Straßenraumgestaltung und Verkehrsorganisation ................................................... 10
2.2.4. Autobahnen ..................................................................................................................... 10
2.3. Lokale Bahnen ................................................................................................................. 10
2.3.1. Straßenbahn .................................................................................................................... 10
2.3.2. Oberirdische U-Bahn....................................................................................................... 11
2.4. Eisenbahn......................................................................................................................... 11
2.4.1. Schienenwege des Bundes ............................................................................................. 11
2.4.2. S-Bahn-Fahrzeuge .......................................................................................................... 11
2.4.3. Güterwagen ..................................................................................................................... 11
2.5. Flugverkehr ...................................................................................................................... 12
2.6. Hinweise aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Lärmaktionsplan 2013-2018 .........
.......................................................................................................................................... 12
2.7. Schallschutzfensterprogramm ...................................................................................... 12
2.8. Verschneidung der Lärmaktionsplanung mit der Bauleitplanung ............................ 13
3. Ist-Situation - Lärmkartierung 2017 ................................................................................ 14
4. Öffentlichkeitsbeteiligung ............................................................................................... 17
4.1. Online-Beteiligung .......................................................................................................... 17
4.2. Präsenzveranstaltungen ................................................................................................ 17
5. Lärmminderungsstrategien und Maßnahmen 2018 - 2023 .............................................. 20
5.1. Vorgehensweise .............................................................................................................. 20
5.2. Strategien im Einzelnen ................................................................................................. 20
5.2.1. Fahrbahnoberflächen ..................................................................................................... 20
5.2.2. Zulässige Höchstgeschwindigkeiten ............................................................................. 21
5.2.3. Straßenraumgestaltung ................................................................................................. 22
5.2.4. Bundesautobahnen ......................................................................................................... 23
5.2.5. Lokaler Schienenverkehr ................................................................................................ 23
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
5.2.6. Eisenbahn ......................................................................................................................... 23
5.2.7. Flugverkehr ...................................................................................................................... 24
5.2.8. Maßnahmen im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung 2018 ............. 25
5.2.9. Schallschutzfensterprogramm ...................................................................................... 27
5.2.10. Integrierte Ansätze .......................................................................................................... 27
5.3. Zukünftige Mobilität in neuen Stadtquartieren .......................................................... 28
5.4. Verhalten im Straßenverkehr ......................................................................................... 29
5.5. Modellprojekt Sterndamm ............................................................................................. 31
5.6. Zusammenfassung .......................................................................................................... 33
6. Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume ............................................. 35
6.1. Ruhige Gebiete nach Umgebungslärmrichtlinie .......................................................... 35
6.2. Städtische Ruhe- und Erholungsräume ........................................................................ 36
6.2.1. Qualitätskriterien ............................................................................................................ 37
6.2.2. Zukünftige Berücksichtigung der städtischen Ruhe- und Erholungsräume in der
Berliner Planung .............................................................................................................. 38
7. Zusammenfassung ........................................................................................................... 41
Karten im A3-Format ....................................................................................................................... 42
Anlagenverzeichnis ................................................................................................................... 43
Impressum ................................................................................................................................ 44
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
1. Einleitung
Berlin ist eine lebendige und attraktive Stadt, die seit vielen Jahren einen ungebrochenen Zu-
zug erlebt. Fast vier Millionen Menschen leben und arbeiten in der Hauptstadt. Mit dem Wachs-
tum der Stadt, den Ansprüchen ihrer Bewohnerinnen und Bewohner an Mobilität, der Verdich-
tung des Stadtraumes sind vielfältige Herausforderungen verbunden. Eine wesentliche Folge
ist Lärm. Gerade der Verkehrslärm gehört zu den negativen Umweltfolgen. Lärm ist dabei nicht
nur ein Störfaktor, sondern stellt eine konkrete Gesundheitsgefährdung dar. Die Gefahr liegt
dabei weniger in einer akuten Schädigung durch hohe Lärmpegelspitzen, wie sie im Arbeitsle-
ben oder auch in der Freizeit, z. B. durch laute Musik, auftreten können, sondern im dauerhaf-
ten Einwirken von Lärm. Internationale Lärmwirkungsstudien zeigen, dass insbesondere durch
hohe Verkehrslärmpegel die Beanspruchung des Herz-Kreislaufsystems steigt; damit erhöht
sich das Risiko an Bluthochdruck oder Durchblutungsstörungen zu erkranken oder einen Herz-
infarkt zu erleiden.
Um diese Risiken zu vermindern, ist eine Senkung der stadtweit hohen Verkehrslärmbelastung
erforderlich. Möglich ist dieses durch eine Vielzahl von Maßnahmen, die mit dem vorliegenden
Lärmaktionsplan beschrieben werden. Es ist das Ziel einer aktiven Umweltpolitik Berlin ge-
sünder, sauberer, klimaverträglicher und lebenswerter zu gestalten. Die Reduzierung des
Lärms gehört dazu und ist ein wesentlicher Anspruch für eine ökologischere Gestaltung der
Stadt.
Der vorliegende Lärmaktionsplan hat das Ziel die Lärmbelastung in Berlin zu reduzieren und
strukturelle Maßnahmen in die Wege zu leiten, um unsere Stadt lebenswerter zu gestalten;
damit die Berlinerinnen und Berliner weniger lärmgeplagt sind. Der Lärmaktionsplan baut auf
den bisherigen Erfahrungen auf und schreibt die Aktionspläne von 2008 und 2013-2018 fort. Er
knüpft dabei an die Vorgaben des Berliner Mobilitätsgesetzes, der Berliner Umweltgerechtig-
keitskonzeption sowie an die aktuelle Rechtsprechung, die dem Schutz der Gesundheit Vorrang
gegeben hat.
Rechtliche Grundlagen
Mit dem Lärmaktionsplan (LAP) 2018 - 2023 setzt das Land Berlin Erfordernisse aus der „Richt-
linie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und die Bekämpfung von
Umgebungslärm” (Umgebungslärmrichtlinie) um, die am 18. Juli 2002 in Kraft trat.
Die Umgebungslärmrichtlinie definiert den Lärmschutz als Gemeinschaftsaufgabe, um ein
hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau in der Europäischen Union sicherzustellen.
Ziel der Richtlinie ist es, den Umgebungslärm soweit erforderlich – und insbesondere in Fällen,
in denen das Ausmaß der Belastung gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann – zu
verhindern, zu mindern sowie die Umweltqualität in den Fällen zu erhalten, in denen sie zu-
friedenstellend ist. Weiterhin sollen bisherige Maßnahmen zur Minderung der wichtigsten
Lärmquellen weiterentwickelt und zu ergänzt werden.
Um das zu erreichen, sind in der Umgebungslärmrichtlinie folgende Maßnahmen vorgesehen:
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
1. Ermittlung der Belastung durch Umgebungslärm anhand von Lärmkarten nach gemeinsa-
men Bewertungsmethoden;
2. Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm und seine Auswirkungen;
3. Erstellung von Aktionsplänen auf Basis von Lärmkarten.
Die Umgebungslärmrichtlinie ging mit einer Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
(BImSchG) in deutsches Recht über. Der sechste Teil des BImSchG „Lärmminderungsplanung”
umfasst nun die Paragrafen 47a bis 47f und beinhaltet – neben Anwendungsbereich und Be-
griffsbestimmungen – Aussagen zu Zuständigkeiten, Zeiträumen und Anforderungen an Lärm-
karten und Lärmaktionspläne.
Vorgehensweise
Den Vorgaben der Umgebungslärmrichtlinie folgend, werden mit diesem Lärmaktionsplan
2018 – 2023 auf Basis der vorherigen Lärmaktionspläne aus den Jahren 2008 und 2013 sowie
der aktuell durchgeführten Lärmkartierung 2017 Strategien und Maßnahmen für die erforder-
liche weitere Lärmminderung in Berlin entwickelt. Dabei werden Maßnahmen zum Teil fortge-
schrieben und neue Ansätze zur Lärmminderung erarbeitet.
Die wichtigsten Ergebnisse der fortgeschriebenen Lärmaktionsplanung 2018 sind in diesem
Dokument zusammengefasst. Ausführliche Detail- und Zusatzinformationen enthalten die
Anlagen 1 bis 10.
Vorrangiges Ziel der Lärmaktionsplanung ist die Minderung gesundheitsrelevanter Lärmbelas-
tungen durch Reduzierung der Verkehrslärmemissionen. Dies trägt zugleich zu einer besseren
Wohnqualität in der Stadt bei und erhöht die Aufenthaltsqualität in den Stadträumen. Gemäß
der Lärmwirkungsforschung steigt ab einer Dauerbelastung von 55 dB(A) nachts und 65 dB(A)
tags das Risiko von Herzkreislauferkrankungen durch chronischen Lärmstress1 . Deshalb wird
die Einhaltung dieser Werte als mittelfristiges Ziel verfolgt. In Berlin ist zugleich wegen der
stadtweit an vielen Stellen auftretenden Verkehrslärmbelastungen zunächst eine Konzentrati-
on auf die besonderen Problemlagen erforderlich. Bereits in den beiden zurückliegenden Lärm-
aktionsplänen wurden daher Schwellenwerte für die Dringlichkeit von Maßnahmenprüfungen
in zwei Stufen definiert, die auch weiterhin Gültigkeit haben:
� 1. Stufe: LDEN ≥ 70 dB(A) und LNight ≥ 60 dB(A)
Bei Überschreitung dieser Werte sollen vorrangig und möglichst kurzfristig Maßnahmen zur
Verringerung der Gesundheitsgefährdung ergriffen werden.
� 2. Stufe: LDEN ≥ 65 dB(A) und LNight ≥ 55 dB(A)
Diese Werte wurden von der Lärmwirkungsforschung als gesundheitsrelevante Schwellenwerte
ermittelt und dienen als Zielwerte für die Lärmminderungsplanung.
Da neueren Erkenntnissen zufolge bereits bei niedrigeren Dauerbelastungen Gesundheitsge-
fährdungen auftreten können, sind langfristig geringere Zielwerte anzustreben.
1 Vgl. Sondergutachten des Rates von
Sachverständigen für Umweltfragen,
Drucksache 14/2300, 14. Wahlperiode
vom 15.12.1999.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Neben der Lärmminderung in hochbelasteten Bereichen beschäftigt sich der Lärmaktionsplan
2018 auch mit dem Schutz ruhiger Gebiete und mit der Frage, wie eine wachsende und sich
verdichtende Metropole weiterhin Erholungsqualitäten für den Alltag der Bevölkerung sicher-
stellen kann.
Begleitet wurde die Planerstellung von einer intensiven Öffentlichkeitsbeteiligung.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
2. Was bisher erreicht wurde -
Umsetzung der
Lärmaktionspläne 2008 und
2013-2018
Berlin betreibt seit über 15 Jahren eine aktive Lärmminderungsplanung. Bereits vor der Auf-
stellung des ersten gesamtstädtischen Lärmaktionsplans wurden von 2002 bis 2005 Lärmmin-
derungsplanungen für vier Modellbereiche mit hohem Handlungsbedarf entwickelt. Die Lärm-
aktionspläne der ersten (2008 - 2013) und der zweiten Stufe (2013 - 2018) bilden als gesamt-
städtische Planwerke die wichtigste Grundlage für die Darstellung von Gebieten mit hohem
Handlungsbedarf und Maßnahmen zur Lärmminderung. Daneben wurden verschiedene Mo-
dellvorhaben und Wirkungsanalysen durchgeführt, zum Beispiel zu Tempo 30 an Hauptver-
kehrsstraßen und zu straßenräumlichen und organisatorischen Maßnahmen, deren Erkennt-
nisse in den Lärmaktionsplan der zweiten Stufe eingeflossen sind.
Eine ausführliche Darstellung der Umsetzungsbilanz enthält die Anlage 2.
2.1. Konkrete Maßnahmen der Lärmaktionsplanung 2008 und 2013-2018
Die Lärmaktionspläne 2008 und 2013-2018 enthielten insgesamt 139 konkrete Maßnahmen:
� 92 kurzfristige Maßnahmen für 12 Konzeptgebiete und 8 Konzeptstrecken 2008-2013,
� 12 kurzfristige Maßnahmen für den lokalen Schienenverkehr 2008-2013,
� 24 mittelfristige Maßnahmen 2013-2018 (3-Jahresprogramm, Fortschreibung der mit-
tel- und langfristigen Empfehlungen für 12 Konzeptgebiete und 8 Konzeptstrecken aus
dem Lärmaktionsplan 2008-2013) sowie
� 11 straßenräumliche Maßnahmen 2013-2018.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
� 75 Maßnahmen (54 % der Empfehlungen) sind bereits vollständig realisiert. Dazu ge-
hören beispielsweise das Tempo 30-Nachtkonzept und Maßnahmen zur Minderung
des durch den lokalen Schienenverkehr verursachten Lärms.
� 2018 waren 15 Maßnahmen (11 %) teilweise realisiert beziehungsweise befanden sich
in Umsetzung. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Maßnahmen der Straßen-
raumgestaltung und Fahrbahnsanierungen. Zu den insgesamt 38 Maßnahmen (27 %),
deren Umsetzung später erfolgt oder die weiteren Prüfbedarf erfordern, zählen eben-
falls überwiegend Maßnahmen der Straßenraumgestaltung und Fahrbahnsanierun-
gen.
� Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen werden acht Maßnahmen (6 %) nicht
ausgeführt. Davon befinden sich sieben Maßnahmen im Konzeptgebiet Frankfurter Al-
lee (Nord). Dort konnten Maßnahmen nicht realisiert werden, weil die für die Umset-
zung erforderlichen Kapazitätsreserven an Lichtsignalanlagen nicht vorhanden waren.
Eine Realisierung hätte demnach zu nicht hinnehmbaren Störungen des Verkehrsflus-
ses geführt. Hier müssen neue Möglichkeiten geprüft werden.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass zwei Drittel der in den letzten beiden Lärmaktions-
plänen entwickelten konkreten Maßnahmen bereits umgesetzt wurden oder sich in der Umset-
zung befinden. Für weitere zwölf Prozent ist eine Umsetzung vorgesehen.
Abbildung 2 zeigt die realisierten und sich in Umsetzung befindlichen Maßnahmen für die Zeit-
räume vor und nach dem Lärmaktionsplan 2013-2018. Die meisten Empfehlungen wurden
bereits vor dem Lärmaktionsplan 2013-2018 umgesetzt.
Maßnahmen sind realisiert
54%
Maßnahmen sind teilweise realisiert
7%
Maßnahmen befinden sich in
Umsetzung4%
Umsetzung erfolgt später
12%
Weiterer Prüfbedarf ist erforderlich
6%
Umsetzung ist unsicher
9%
Maßnahmen werden nicht ausgeführt
6%
keine Angaben2%
Abbildung 1: Umsetzungsstand der
Empfehlungen aus den Lärmaktions-
plänen 2008 und 2013-2018
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
2.2. Kfz-Verkehr
2.2.1. Fahrbahnoberflächen
Seit 2013 wurden 27 Straßenabschnitte unter Berücksichtigung akustischer Belange erneuert
oder werden derzeit saniert. Die Fahrbahnerneuerungen wurden aufgrund von Empfehlungen
aus den letzten Lärmaktionsplänen, Vorschlägen der Bezirke oder Hinweisen aus der Öffent-
lichkeit über die Internetplattform „Leises Berlin“ ausgewählt und realisiert.
Darüber hinaus hat das Land Berlin bereits in den Jahren 2009 und 2010 mit Mitteln des Kon-
junkturprogramms II3 98 Straßenabschnitte auf herkömmliche Weise erneuert und 14 weitere
Straßenabschnitte durch teilweise neue technische Verfahren im Straßenbau mit einem lärm-
optimierten Asphalt versehen.
Zur Unterstützung der Straßenbaulastträger bei Planung und Bau der lärmmindernden Fahr-
bahnoberflächen wurde im Jahr 2018 ein Berliner Leitfaden zum Einbau besonders lärmmin-
dernder Fahrbahnoberflächen veröffentlicht.4
2.2.2. Zulässige Höchstgeschwindigkeiten
Berlin verfügt deutschlandweit bereits über die meisten Tempo-30-Anordnungen an Hauptver-
kehrsstraßen. Dies gilt absolut in Kilometern, aber auch prozentual in Bezug zum Hauptstra-
ßennetz sowie für Anordnungen aus Lärmschutzgründen. Derzeit gibt es im Berliner Haupt-
straßennetz an 264 Straßen, bzw. -abschnitten Anordnungen aus Lärmschutzgründen im
Nachtzeitraum.
Tempo-30-Anordnungen erfolgten zudem zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, z. B. im
Rahmen der Schulwegsicherung. Diese bewirken gleichfalls eine Lärmminderung. Insgesamt
hat sich die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit als effektive Maßnahme zur Minderung
verkehrsverursachten Lärms erwiesen.
Abbildung 2: Realisierte Maßnahmen
aus den Lärmaktionsplänen 2008 und
2013-20182
2 Die Karten liegen dem Lärmaktions-
plan im A3-Format bei (siehe Anla-
ge 11)
3 Gesetz zur Sicherung von Beschäfti-
gung und Stabilität in Deutschland
vom 2. März 2009, Bundesgesetzblatt
2009, Teil I Nr. 11.
4 Senatsverwaltung für Umwelt,
Verkehr und Klimaschutz (Hrsg.) /
Asphalta (Bearb.): Leitfaden für die
Planung, den Bau und die bauliche
Erhaltung von lärmtechnisch optimier-
ten Asphaltdeckschichten in Berlin.
Ausgabe 2018.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
2.2.3. Straßenraumgestaltung und Verkehrsorganisation
In Berlin werden zahlreiche Straßenräume stark vom Kfz-Verkehr dominiert und die vorhande-
nen Fahrbahnbreiten sind vielerorts für die gegebenen Verkehrsstärken überdimensioniert.
Gleichzeitig bestehen noch Defizite im Umweltverbund (öffentlicher Nah-, Fuß- und Radver-
kehr). Die Lärmaktionsplanung untersucht daher auch Maßnahmen, die Lärmminderungspo-
tenziale erschließen und Synergien mit der Förderung des Umweltverbundes und der Verkehrs-
sicherheit nutzen. Die elf im Lärmaktionsplan 2013-2018 identifizierten Straßenabschnitte
befinden sich derzeit überwiegend in der fachlichen Prüfung oder – wie in der Oranienburger
Straße in Reinickendorf – in der Umsetzung. Darüber hinaus gibt es weitere Untersuchungen
zur Ableitung von gebietsfremdem Verkehr und zu einer nachhaltig besseren Gestaltung der
Edisonstraße, Spreestraße und Siemensstraße in Schöneweide.
2.2.4. Autobahnen
Der Bund stellt den Ländern bundesweit jährlich 50 Mio. Euro für die Lärmsanierung bestehen-
der Bundesfernstraßen zur Verfügung. Dies ist eine freiwillige Leistung des Bundes ohne
Rechtsanspruch.
Zurzeit erfolgt für das gesamte Autobahnnetz des Landes Berlin erneut eine Lärmsanierungs-
maßnahme (letztmals 1979). Die schalltechnischen Berechnungen sind abgeschlossen. Alle
Abschnitte, in denen nur passive Schallschutzmaßnahmen möglich sind, wurden zur Durchfüh-
rung an Ingenieurbüros vergeben. Den Eigentümern wurde eine Förderung von Schallschutz-
fenstern und Lüftungsanlagen für Wohn- und Schlafräume angeboten. Dabei werden
75 Prozent der Kosten vom Bund übernommen. Ein Teil der Maßnahmen konnte bereits abge-
schlossen werden. Die Umsetzung dieses Programms erfolgt durch die Abteilung Tiefbau der
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, die vom Bund mit den Aufgaben des
Straßenbaulastträgers beauftragt ist.
2.3. Lokale Bahnen
2.3.1. Straßenbahn
Bereits vor dem ersten Lärmaktionsplan gab es von 2002 bis 2006 ein Programm zur Lärmsa-
nierung bei der Straßenbahn. So konnten Lärmschwerpunkte wie die Chausseestraße oder die
Prenzlauer Promenade entlastet werden. Bei Niederflurfahrzeugen wurden die Geräusche
durch abschirmende Laufwerksverkleidungen deutlich reduziert.
Der Lärmaktionsplan 2008 enthielt für zwölf Straßenbahnabschnitte konkrete Empfehlungen
zur Lärmminderung, von denen inzwischen neun realisiert wurden. Die übrigen Umsetzungen
sind ab 2019 beziehungsweise 2022 geplant.
Neben den Fahrbahnsanierungen hat die BVG als Betreiberin der Straßenbahn in den letzten
Jahren weitere Maßnahmen zur Lärmreduzierung an den Fahrzeugen selbst durchgeführt. Im
Mai 2018 waren bereits 62 von 161 Fahrzeugen des Typs Flexity mit einem Schienenkopfkondi-
tionierungssystem zur Verringerung des Kurvenquietschens ausgestattet. Zudem wurden
Maßnahmen beim Bau neuer Gleise und bei der Gleispflege ergriffen. Schließlich enthält der
Berliner Nahverkehrsplan generelle Standards zum Umwelt- und Klimaschutz, zu denen auch
Vorgaben für Straßenbahn und U-Bahn gehören, die zu einer Lärmminderung beitragen sollen.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
2.3.2. Oberirdische U-Bahn In den letzten Jahren hat das Land Berlin die Brückenfahrbahnen bei den Hochbahnviadukten
der U-Bahnlinien 1 und 2 im Rahmen von Streckensanierungen durch eine hochelastische La-
gerung der Schienen entdröhnt und den Schotteroberbau mit Unterschottermatten ausgestat-
tet. An Netzabschnitten der U1- und U2-Hochbahn wurden Schienenkopfschmieranlagen zur
Reduzierung der Kurvengeräusche eingebaut. Bei der Neubeschaffung von U-Bahn-Fahrzeugen
werden anspruchsvollere Geräuschanforderungen eingehalten als bei Altfahrzeugen.
2.4. Eisenbahn
2.4.1. Schienenwege des Bundes
Seit 1999 gibt es ein freiwilliges Schienenlärmsanierungsprogramm des Bundes, das in Berlin
zwölf Teilprojekte mit 27 km Streckenlänge enthält. Im Zeitraum bis 2017 wurden rund 1.200
Wohnungen passiv saniert (Schallschutzfenster, Dachsanierung, Schalldämmlüfter, Fassaden-
dämmung, Rollladenkästen), rund 3,5 km Schallschutzwände errichtet und elf Teilprojekte mit
einer Streckenlänge von 22 km vollständig saniert.
Am Abschnitt Berlin-Pankow / Blankenburg (ca. 5,8 km) befinden sich Schallschutzwände im
Bau. Außerdem wurden verschiedene Bereiche der Ringbahn (Fernbahn) mit Schienenschmier-
einrichtungen zur Minderung des Kurvenquietschens ausgestattet und an mehreren Standor-
ten der Stadtbahn Entdröhnungsmaßnahmen für Brücken erprobt.
2.4.2. S-Bahn-Fahrzeuge
Die S-Bahn Berlin hat seit 2016 an allen Fahrzeugen der Baureihe 480 die Getriebe und Rad-
satzlager erneuert. Dadurch konnten Geräuschverschlechterungen durch Verschleißerschei-
nungen an den Antriebsaggregaten vermindert werden. Insbesondere die Erneuerung der Rad-
satzgetriebe hat zu einer niedrigeren Geräuschentwicklung während der Fahrt geführt. Die
Maßnahme wurde an allen 70 Viertelzügen dieser Baureihe umgesetzt.
Bei der Vergabe des Verkehrsvertrages für das Teilnetz Ring (Linien S 41, S 42, S 46, S 47 und
S 8) von 2021 bis 2035 werden neue Fahrzeuge beschafft. Im Rahmen von Ausschreibungen
wird die Einhaltung von als Mindestanforderung festgelegten Geräuschstandards verpflichtend
vorgegeben, so dass bereits bei der Fahrzeugbeschaffung bzw. Fahrzeugkonstruktion auf den
Einsatz lärmarmer Komponenten geachtet werden muss.
2.4.3. Güterwagen
Seit 2012 existiert deutschlandweit ein lärmabhängiges Trassenpreissystem, das einen Anreiz
für die Umrüstung von Güterwagen auf „Flüsterbremsen“ gibt. Zudem hat der Bund das
„Gesetz zum Verbot des Betriebs lauter Güterwagen“ beschlossen, das ab 2020 den
Fahrbetrieb von Wagen untersagt, die die Lärmschutzstandards nicht erfüllen. Für besonders
leise Güterwagen, die die Emissionswerte der TSI Lärm (Technische Spezifikation
Interoperabilität Teilsystem Fahrzeuge Lärm) unterschreiten, wurden in 2017 neue
Fördermöglichkeiten geschaffen.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
2.5. Flugverkehr
Für den Flughafen TXL bewirkte die Einführung einer Nachtflugbeschränkung, lärmabhängiger
Landeentgelte und einer elektrischen Versorgung der zur Abfertigung genutzten Standplätze in
der Vergangenheit eine Lärmminderung. Außerdem wurde von 1976 bis Mitte der 1990er Jahre
der Einbau von Schallschutzfenstern in besonders lärmbelasteten Bereichen gefördert.
Die im Lärmaktionsplan 2008 angekündigte Lärmschutzwand zum Schutz der Wohnsiedlung
Cité Pasteur wurde im November 2008 fertig gestellt. Die ebenfalls angekündigte verstärkte
Nutzung der Südbahn für Landungen sollte zur Reduzierung der Lärmbelastung für ein am
Hohenzollernkanal gelegenes Wohngebiet beitragen. Dies hat aber nicht im erhofften Umfang
eine Entlastung bewirkt und wird daher nicht mehr praktiziert.
2.6. Hinweise aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Lärmaktionsplan 2013-
2018
Die Öffentlichkeit konnte sich zum Lärmaktionsplan 2013-2018 online informieren und Orte in
Berlin benennen, die durch Verkehrslärm belastet sind. Die Bürgerinnen und Bürger konnten
außerdem Vorschläge zur Lärmminderung machen und diese von anderen Teilnehmenden
bewerten lassen. Die Verwaltung beantwortete die 51 meistbewerteten Beiträge stellvertretend
für die rund 3.000 eingegangenen Hinweise mit einer öffentlichen, fachlichen Stellungnahme.
Die Ideengeber der 23 dringlichsten Themen wurden zu einem Fachworkshop eingeladen, um
ihre Hinweise und Vorschläge im direkten Gespräch mit der Senatsverwaltung und weiteren
Experten zu diskutieren. Die Bilanz zu den 23 dringlichsten Beiträgen fällt unterschiedlich aus.
An einigen Stellen konnte Lärmminderung erzielt werden, an anderen Stellen wurden aber die
Schwellenwerte des Lärmaktionsplans nicht erreicht bzw. es bestanden verkehrsrechtliche oder
finanzielle Hindernisse für die Umsetzung von konkreten Maßnahmen.
2.7. Schallschutzfensterprogramm
Die Lärmaktionsplanung konzentriert sich in erster Linie auf Maßnahmen an der Quelle oder
auf dem Ausbreitungsweg (aktiver Schallschutz). Es gibt aber auch akustisch hochbelastete
Orte in der Stadt, an denen aktive Maßnahmen keinen ausreichenden Lärmschutz bewirken
können. Daher hat Berlin im Jahr 2014 ein Förderprogramm für Schallschutzfenster in Wohn-
gebäuden eingeführt, die an Straßen in kommunaler Baulast sowie an oberirdischen Schie-
nenwegen der BVG liegen.
Bereits zuvor wurde in den Jahren 2010 und 2011 der Einbau von 288 Schallschutzfenstern in
der Frankfurter Allee in Lichtenberg und von 184 Fenstern in der Klosterstraße in Spandau aus
dem Konjunkturprogramm II gefördert.
Das aktuelle Berliner Schallschutzfensterprogramm fördert seit 2014 unter anderem den Ein-
bau von Schallschutzfenstern, -außentüren und Zusatzeinrichtungen wie schallgedämmten
Lüftungsanlagen. Das Programm wird gut nachgefragt: Bis Ende 2018 wurden rund 600 För-
deranfragen gestellt; daraus resultierten insgesamt rund 240 Anträge. Davon sind mehr als
90 Prozent der Vorgänge abgeschlossen.
Das Land Berlin hat mit diesem Programm bisher über 3 Mio. Euro Fördermittel ausgereicht.
Mehr als 5.000 Schallschutzfenster wurden verbaut und so über 10.000 m² Fensterfläche mit
Schallschutz versehen.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
2.8. Verschneidung der Lärmaktionsplanung mit der Bauleitplanung
Mit dem Lärmaktionsplan 2008 wurde bereits ein Konzeptbaustein Stadtentwicklung erarbei-
tet, der eine frühzeitige und umfassende Berücksichtigung von Verkehrslärm in Planungen
sowie die Entwicklung sinnvoller aktiver Lärmminderungsmaßnahmen ermöglichte. Seit 2011
wird die Arbeitsgruppe Lärmminderungsplanung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr
und Klimaschutz aktiv in die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange einbezogen.
Im Jahr 2013 wurde die „Handreichung zur Berücksichtigung der Umweltbelange in der räumli-
chen Planung“5 erarbeitet. Nachdem erste praktische Erfahrungen mit der Handreichung ge-
sammelt wurden und um einen einheitlichen Umgang mit der Lärmproblematik in der verbind-
lichen Bauleitplanung zu schaffen, wurde in 2017 gemeinsam mit der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Wohnen der Berliner Leitfaden „Lärmschutz in der verbindlichen Bau-
leitplanung“6 veröffentlicht. Dieser Leitfaden bildet eine Grundlage dafür, dass Lärmaspekte
sachgemäß berücksichtigt werden und damit eine Beschleunigung von Bebauungsplanverfah-
ren bei erhöhter Rechtssicherheit möglich ist.
6 Senatsverwaltung für Stadtentwick-
lung und Wohnen / Senatsverwaltung
für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
(Hrsg.) in Zusammenarbeit mit ALB /
BSM / FPB: Berliner Leitfaden Lärm-
schutz in der verbindlichen Bauleitpla-
nung 2017, Mai 2017.
5 Senatsverwaltung für Stadtentwick-
lung und Umwelt Berlin: Handreichung
zur Berücksichtigung der Umweltbe-
lange in der räumlichen Planung -
Aspekt Lärmminderung, Berlin, 8.
März 2013.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
3. Ist-Situation - Lärmkartierung
2017
Für das Land Berlin wurden zunächst die in Tabelle 1 genannten Lärmquellen kartiert.
Lärmquelle Netz Streckenlänge
Straßenverkehr Bundesautobahn und Bundesstraße, Be-
zugsjahr 2014
332,8 km
Stadtstraße, Bezugsjahr 2014 1.229,0 km
Straßenbahn
und U-Bahn
Straßenbahn, Bezugsjahr 2016 201,3 km
U-Bahn (oberirdisch), Bezugsjahr 2016 27,2 km
Gewerbe 18 Kraftwerksstandorte, Bezugsjahr 2016
Flugverkehr Flughafen Berlin-Tegel (TXL), Bezugsjahr 2015
Flughafen Berlin-Schönefeld (SXF), Bezugsjahr 2010
Flughafen Berlin Brandenburg (BER), Prognose 2023, infor-
mativ
Für die Lärmkartierung der Eisenbahn ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) verantwortlich. Die
Eisenbahn wurde vom Eisenbahnbundesamt kartiert und die Ergebnisse informativ für die
Gesamtlärmkarte der Berliner Lärmkartierung übernommen.
Die Berechnung der Lärmbelastung in Berlin erfolgte für die Straßen-, Straßenbahn- und ober-
irdischen U-Bahn-Abschnitte sowie für Industrie- und Gewerbeanlagen ebenso wie für den
Flughafen Berlin-Tegel im Auftrag der Senatsverwaltung. Die Lärmkartierung für den Standort
Schönefeld wurde durch das Brandenburgische Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt
und Landwirtschaft (MLUL) durchgeführt.
Der Straßenverkehr ist in Berlin bei weitem der Hauptlärm- und Konfliktverursacher (Abbildun-
gen 3 und 4). Ein knappes Zehntel der Berliner Wohnbevölkerung ist potenziell gesundheitsge-
fährdenden Straßenverkehrs-Lärmpegeln ausgesetzt.
An zweiter Stelle steht der Flugverkehr, gefolgt von Eisenbahn und lokalem Schienenverkehr.
Industrielle Anlagen verursachen nur in wenigen Fällen Betroffenheiten. Beim Flugverkehr ist
zu beachten, dass seine Belästigungswirkung bei gleichen Pegeln höher ist als die von Straßen-
oder Schienenlärm.7 Der Schienenverkehr verursacht zwar insgesamt vergleichsweise geringe
Betroffenheiten, kann aber lokal sehr hohe Belastungen verursachen.
Tabelle 1: Kartierte Lärmquellen im
Land Berlin 2017
7 vgl. die sogenannten NORAH-
Studien, www.laermstudie.de, letzter
Abruf am 08.02.2019.
15
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Für die strategischen Lärmkarten 2017 zum Straßenverkehr, lokalen Schienenverkehr und
Flugverkehr (Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld) musste im Vergleich zu 2012 auf
eine andere Detaillierung statistischer Kennwerte (unter anderem der Gebäudenutzungen und
der Verteilung der Einwohner auf Teilblockflächen) zurückgegriffen werden. Ein direkter
Vergleich der Betroffenheitsstatistik der Lärmkartierungen von 2012 und 2017 ist somit nicht
möglich.
Die Berliner Senatsverwaltung hat auch die Schwerpunkte der höchsten Betroffenheiten an-
hand der sogenannten LärmKennZiffer (LKZ) analysiert (Abbildung 5). An diesen Schwerpunk-
ten sollen Lärmminderungsmaßnahmen mit hoher Priorität entwickelt werden.
Abbildung 3: Betroffene nach Lärm-
verursachern im Tagesmittel (LDEN)
IED-Anlagen: Industrieanlagen ent-
sprechend der Industrial Emissions
Directive 2010/75/EU
Abbildung 4: Betroffene nach Lärm-
verursachern nachts (LNight)
16
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Die LKZ berücksichtigt zwei Aspekte: das Ausmaß der Auslösewertüberschreitung und die An-
zahl der von Lärm Betroffenen. Die LKZ wird damit wie folgt definiert:
LKZ = Betroffene * (Mittelungspegel – Auslösewert7) / Flächeneinheit.8
Die Lärmkennziffer ist demnach dort besonders hoch, wo hohe Einwohnerdichten und hohe
Lärmbelastungen gleichzeitig auftreten.
Die strategischen Lärmkarten sowie Informationen zu deren Erstellung und zusammengefass-
te Ergebnisse können auf der Internetseite
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/ib705.htm sowie im FIS-Broker
(http://fbinter.stadt-berlin.de/fb/index.jsp) unter dem Suchbegriff „Strategische Lärmkarte“ in
der Rubrik Umweltbeobachtungen eingesehen werden.
Eine ausführliche Auswertung der Lärmkartierung enthält Anlage 3.
Abbildung 5: Lärmbetroffenheit durch
Straßenverkehr und lokalen Schienen-
verkehr, Nacht, 20179
8 Berlin verwendet Auslösewerte von
65 dB(A) LDEN und 55 dB(A) LNight.
9 nach Bönninghausen / Popp mit der
Software IMMI 2017.
17
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
4. Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit ist bei der Lärmaktionsplanung ein ent-
scheidender Faktor. So können die Berlinerinnen und Berliner über Ziele, Alternativen und
Auswirkungen der Planung informiert, Lösungen erörtert sowie gemeinsame Ideen entwickelt
werden. Die Transparenz von behördlichen Entscheidungen wird erhöht. Konfliktfelder können
frühzeitig identifiziert und möglichst gelöst werden. Damit kann auch die Akzeptanz geplanter
Maßnahmen verbessert werden.
Die Mitwirkung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung und der Überprüfung der Lärmaktions-
pläne ist in § 47d Abs. 3 BImSchG geregelt.
Die Erstellung des Lärmaktionsplans 2018 wurde von einer intensiven Öffentlichkeitsbeteili-
gung begleitet, deren Ergebnisse in die jeweiligen Fachkapitel des Lärmaktionsplans einflossen.
Ein ausführlicher Auswertungsbericht (Dokumentation des Beteiligungsprozesses und der Er-
gebnisse) wurde erarbeitet.10 Der Auswertebericht ist als Anlage 4 Teil des Lärmaktionsplans.
Weitere Informationen zur Lärmaktionsplanung hat die Senatsverwaltung auf ihrer Webseite
zusammengestellt (https://www.berlin.de/senuvk/umwelt/laerm/).
4.1. Online-Beteiligung
Im Mittelpunkt der Online-Beteiligung zum Lärmaktionsplan 2018 über die Plattform
https://mein.berlin.de/ und über https://www.berlin.de/leises-berlin/ stand eine moderierte
Online-Diskussion vom 25.04.2018 bis zum 23.05.2018. Die Teilnehmenden konnten in dieser
Zeit Hinweise zu Lärmorten geben und Maßnahmen zur Lärmminderung vorschlagen. Es war
auch möglich, die Hinweise von anderen Teilnehmenden zu kommentieren und zu bewerten.
Die Teilnehmenden wurden außerdem zur Qualität von städtischen Ruheorten und nach Ideen
für Projekte und Initiativen rund um das Thema Verkehrslärm befragt.
Während der aktiven Beteiligungsphase gab es rund 15.000 Seitenbesuche unter lei-
ses.berlin.de. Circa 1.300 registrierte Teilnehmende gaben etwa 1.600 Hinweise zum Thema.
Die Senatsverwaltung hat die Hinweise ausgewertet und 51 Stellungnahmen zu den Maßnah-
menvorschlägen und Hinweisen mit den höchsten Nutzerbewertungen veröffentlicht.11
4.2. Präsenzveranstaltungen
� Auftaktveranstaltung
Zum Start der Öffentlichkeitsbeteiligung fand am 26.04.2018 eine sogenannte Multiplika-
torenveranstaltung statt. Die rund 40 Anwesenden aus Initiativen, Verbänden, Verwaltun-
gen und anderen Institutionen konnten sich über die geplante Vorgehensweise bei der
Lärmaktionsplanung informieren und ihre Hinweise in den Planungsprozess einbringen.
10 Berlin wird leiser - Auswertungsbe-
richt der Öffentlichkeitsbeteiligung,
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr
und Klimaschutz (Hrsg.), Berlin Januar
2019:
https://www.berlin.de/senuvk/umwelt
/laerm/laermminderungsplanung/de/l
aermaktions-
plan/2018/auswertebericht.shtml..
11 Berlin wird leiser 2018 - Stellung-
nahmen zu den meistbewerteten
Lärmorten (TOP 51), Senatsverwal-
tung für Umwelt, Verkehr und Klima-
schutz, Berlin, Februar 2019:
(https://www.berlin.de/senuvk/umwel
t/laerm/laermminderungsplanung/de
/laermaktionsplan/2018/top51-
hinweise.shtml).
18
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
� Lärmforum
Die Erarbeitung des Lärmaktionsplan 2018 wurde wie schon bei den vorherigen Lärmakti-
onsplänen 2008 und 2013-2018 von sogenannten Lärmforen begleitet (Abbildung 6). In
diesem Format hatten Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Bereichen Gelegen-
heit, sich zu informieren und ihre Hinweise zur Planung zu geben. Teilgenommen haben
Mitglieder der Abgeordnetenhausfraktionen, Interessenverbände (ACE, ADAC, ADFC, ALD,
BUND, Fuhrgewerbe-Innung, HWK, IHK, VCD, VDGN u.a.), Verwaltungen (verschiedene Se-
natsverwaltungen, VLB, Land Brandenburg) und weitere Institutionen wie Deutsche Bahn,
BVG und Umweltbundesamt. Das Lärmforum tagte am 12.04.2018, 12.11.2018 und
12.03.2019.
Quelle: LK Argus.
� Soundwalks
Zum Thema „Städtische Aufenthaltsqualitäten“ fanden zwei mobile Workshops in Form
von sogenannten Soundwalks statt. Sie wurden am 16.05.2018 in Köpenick und am
11.09.2018 in Mitte von Dr. Antonella Radicchi, TU Berlin und der Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz mit Unterstützung der jeweiligen Bezirke durchgeführt
(Abbildung 7). Die Soundwalks lieferten insbesondere Erkenntnisse zur Wahrnehmung von
akustischen Qualitäten öffentlicher Orte und ergänzten so die begrenzte Aussagekraft der
strategischen Lärmkartierung zu diesem Thema um wesentliche qualitative Aspekte.
Quelle: LK Argus.
Abbildung 6: Erstes Lärmforum am
12.04.2018
Abbildung 7: Soundwalk am
11.09.2018 in Berlin-Mitte
19
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
� Workshops und Arbeitskreise
Die Arbeiten an der Lärmaktionsplanung wurden laufend mit Fachleuten diskutiert und
abgestimmt. Die wichtigsten Gremien zu diesem Zweck waren die „Kerngruppe“, die „AG
Sterndamm“, die Workshops „Städtische Aufenthaltsqualitäten“ und Informationsveran-
staltungen für die Bezirksverwaltungen.
Die Kerngruppe bestand aus den unmittelbar am Lärmaktionsplan beteiligten Verwaltun-
gen Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK), Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung und Wohnen (SenStadtWohn) sowie der Verkehrslenkung Berlin (VLB)
als obere Straßenverkehrsbehörde. Die Kerngruppe diskutierte die jeweiligen Arbeitsstände
am 17.12.2017, 12.03.2018, 23.10.2018 und am 22.02.2019.
Die AG Sterndamm setzte sich aus SenUVK, VLB und dem Bezirk Treptow-Köpenick zu-
sammen. Sie begleitete das Lärmaktionsplan-Modellprojekt Sterndamm (Kapitel 5.5,
Seite 31 ff.) am 06.03.2018 und am 24.09.2018.
Zum Thema „Städtische Aufenthaltsqualitäten“ (Kapitel 6.2, Seite 36 ff.) fanden zwei
ganztägige Fach-Workshops statt. Das Thema diskutierten externe Expertinnen und Exper-
ten (Bundesamt für Umwelt Schweiz, Umweltbundesamt, TU Berlin, ALD) mit SenUVK, Sen-
StadtWohn und Bezirken am 05.03.2018 und am 04.12.2018.
Die Bezirksverwaltungen wurden am 6. März 2018 und am 10. April 2019 einbezogen.
� Öffentliche Auslegung
Der Entwurf des Lärmaktionsplans 2018-2023 wird im Sommer 2019 online gestellt und öf-
fentlich ausgelegt.
Eine ausführliche Auswertung der Öffentlichkeitsbeteiligung und die Stellungnahmen zu den
meistbewerteten Lärmorten (TOP 51) enthalten Anlage 4 und Anlage 5.12
12 Die Auswertung ist auch online
abrufbar unter:
https://www.berlin.de/senuvk/umwelt
/laerm/laermminderungsplanung/de/l
aermaktionsplan/2018/
https://www.berlin.de/senuvk/umwelt
/laerm/laermminderungsplanung/de/l
aermaktions-
plan/2018/auswertebericht.shtml
https://www.berlin.de/senuvk/umwelt
/laerm/laermminderungsplanung/de/l
aermaktionsplan/2018/top51-
hinweise.shtml.
20
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
5. Lärmminderungsstrategien und
Maßnahmen 2018 - 2023
5.1. Vorgehensweise
Berlin ist eine wachsende Stadt. Daher muss der Lärmaktionsplan 2018 teilweise anspruchsvol-
lere Herausforderungen bewältigen als seine Vorgänger. Seit dem ersten gesamtstädtischen
Lärmaktionsplan im Jahr 2008 hat sich Berlin deutlich dynamischer entwickelt als es damals
absehbar war. Der Lärmaktionsplan 2018 berücksichtigt daher nicht nur die Bestandssituation
und bewährte Lärmminderungsstrategien sondern auch absehbare zukünftige Entwicklungen
und zeigt Wege auf, wie Mobilität und Lärmsituationen bei der Entwicklung neuer Stadtquar-
tiere berücksichtigt und beeinflusst werden können.
Die bisherigen Lärmaktionspläne aus den Jahren 2008 und 2013 haben bereits zahlreiche
Maßnahmenarten geplant, die heute in Umsetzung sind und zukünftig fortgeführt werden
sollen.
Eine ausführlichere Darstellung der geplanten Fortführung von bisherigen Lärmaktionsplan-
Strategien bietet Anlage 6.
Darüber hinaus erschließt der Lärmaktionsplan 2018 weitere Handlungsfelder und Lärmminde-
rungspotenziale. Ein Beispiel ist das in der Öffentlichkeitsbeteiligung und in der laufenden
Beschwerdelage bei der Senatsverwaltung häufig thematisierte Verhalten im Straßenverkehr,
insbesondere hinsichtlich der Einhaltung bestehender verkehrsrechtlicher Regelungen. Die
strategischen Ansätze wurden so weit entwickelt, dass konkrete Arbeitsaufträge für die kom-
menden Jahre benannt werden.
Die konkrete Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen erfolgt gemeinsam mit den jeweils
zuständigen Bereichen, z. B. den betroffenen Senatsverwaltungen, den bezirklichen Straßen-
baulastträgern und der VLB.
Hierbei sind neben der Höhe der Lärmbelastung auch die Anzahl der betroffenen Anwohnen-
den, die verkehrlichen Aspekte (insbesondere die Belange des ÖPNV), die Hinweise aus der
Öffentlichkeitsbeteiligung und die Erfordernisse, die sich aus der Berliner Umweltgerechtig-
keitskonzeption ergeben, zu berücksichtigen.
5.2. Strategien im Einzelnen
5.2.1. Fahrbahnoberflächen
Die lärmrelevanten Emissionen des Straßenverkehrs setzen sich aus Antriebs- und Reifen-
Fahrbahn-Geräuschen zusammen. Bereits bei Geschwindigkeiten ab ca. 30 km/h dominiert das
Abrollgeräusch, sodass lärmarme Reifen und lärmoptimierte Fahrbahnoberflächen erheblich
zur Lärmminderung beitragen können. Die innerstädtischen Lärmminderungspotenziale lärm-
armer Beläge liegen bei rund 2 bis 3 dB(A).
21
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
► Fahrbahnerneuerungen in den Lärmbrennpunkten forcieren, Einbau lärmarmer Beläge:
Zur verstärkten Nutzung der vorhandenen Potenziale zur Lärmminderung durch lärm-
arme Beläge werden regelmäßige Abstimmungen mit den bezirklichen Straßenbaulast-
trägern durchgeführt. Hierbei werden Empfehlungen zur Verwendung neuer Bauweisen13
unter Berücksichtigung der Lärmbetroffenheit und Hinweisen aus der Öffentlichkeitsbe-
teiligung gegeben, ggf. ist eine anteilige Finanzierung für durch lärmarme Beläge ent-
stehende Mehrkosten seitens der Senatsverwaltung möglich.
► Aktuell unterstützte Baumaßnahmen:
Wilhelmsruher Damm in Reinickendorf, Veitstraße in Reinickendorf, Kastanienallee in
Pankow, Detmolder Straße in Charlottenburg-Wilmersdorf, Karl-Marx-Allee in Mitte,
Friesenstraße in Friedrichshain-Kreuzberg, Munsterdamm in Steglitz-Zehlendorf und
Feuerbachstraße in Steglitz-Zehlendorf.
5.2.2. Zulässige Höchstgeschwindigkeiten
Die Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h bewirkt eine
Senkung des Mittelungspegels um 2 bis 3 dB(A). Dies entspricht der Wirkung einer Verkehrs-
mengenreduzierung um rund 40 bis 50 Prozent.
Darüber hinaus bewirken geringere Geschwindigkeiten eine Abnahme der Pegelschwankungen
und der Maximalpegel. Damit ist eine Geschwindigkeitsreduzierung auch auf Hauptverkehrs-
straßen eine effektive Maßnahme zur Minderung des Kraftfahrzeuglärms.
Tempo-30-Anordnungen erfolgen nach der Straßenverkehrsordnung und im Ergebnis eines
Abwägungsverfahrens. Dabei sind neben der Lärmbetroffenheit auch verkehrliche Belange,
insbesondere die Auswirkungen auf den ÖPNV, zu beachten.
Wegen der stadtweit hohen Verkehrslärmbelastung ist mit der Umsetzung des Lärmaktions-
plans die Prüfung weiterer Straßen erforderlich. In Berlin geplante Maßnahmen:
► Tempo-30 nachts:
o Proaktive Anordnung von nächtlichen Geschwindigkeitsreduzierungen:
Um Lärmbelastungen an bewohnten Hauptverkehrsstraßen insbesondere für den
Nachtzeitraum zu mindern, wird ein neues Tempo-30-Nachtkonzept für das Berli-
ner Hauptstraßennetz erarbeitet. Untersucht wird dabei unter Berücksichtigung
der verkehrlichen Belange, welche weiteren Straßenabschnitte für eine Tempo-30-
Anordnung geeignet sind. Dabei werden die Hinweise aus der Öffentlichkeitsbetei-
ligung einbezogen. Damit wird die Verwaltung proaktiv tätig, um die Lärmsituation
zumindest in der besonders sensiblen Nachtzeit zu reduzieren. Erste Ergebnisse des
Verfahrens sollen im Herbst 2020 vorgestellt werden.
o Prüfung von Anwohneranträgen:
Soweit Anwohnende Anträge auf straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen stellen,
erfolgt die Prüfung und Abwägungsentscheidung durch die Verkehrslenkung auf
Grundlage eines Prüfleitfadens „Tempo-30 nachts“ der obersten Straßenverkehrs-
behörde aus dem Jahr 2015. Dieser wird bis Frühjahr 2020 überarbeitet, mit dem
Ziel den Aspekt Gesundheitsschutz stärker zu gewichten.
13 Leitfaden lärmtechnisch optimierte
Asphaltdeckschichten in Berlin – 2018.
Herausgeber: Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.
http://www.berlin.de/senuvk/service/
gesetzestex-
te/de/download/bautechnik/Leitfaden
_laermtechnisch_optimierte_Asphaltd
eckschichten_Berlin_2018.pdf)
22
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
o Ganztags-Tempo-30:
Um die Aufenthaltsqualität in besonders sensiblen Bereichen und somit Stadtquali-
täten zu verbessern, kann eine Tempo-30-Anordnung aus Lärmschutzgründen auch
im Tageszeitraum erforderlich sein. Deshalb ist vorgesehen, nach Erarbeitung des
Tempo-30-Nachtkonzeptes mit einem übergreifenden Verfahren die ganztägige
Tempo-30-Konzeption in Form eines an der Lärmbelastung orientierten Stufen-
plans in Berlin weiter zu entwickeln. Dabei werden neben der Lärmbelastung insbe-
sondere Synergien mit der Verkehrssicherheit und der Luftschadstoffbelastung in
die Untersuchung einbezogen.
► Der Senat wird das Erfordernis und Erfolgsaussichten einer Bundesratsinitiative für ei-
ne Änderung der StVO mit dem Ziel einer erleichterten Ausweisung von streckenbezo-
genen Tempo-30-Anordnungen aus Lärmschutzgründen prüfen.
Die Bearbeitung erfolgt durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
gemeinsam mit der Verkehrslenkung Berlin.
5.2.3. Straßenraumgestaltung
Die Gestaltung von Straßenräumen kann sich direkt und indirekt auf die Lärmbelastungen
auswirken. Direkte Wirkungen sind über größere Abstände zwischen Emittenten (Kraftfahr-
zeug) und Immissionsort (Wohnbebauung) erzielbar. Das Abrücken um die Breite eines Fahr-
streifens (beispielsweise von 12 auf 15 m) bewirkt eine Pegelminderung um 0,5 bis 1 dB(A).
Wenn durch die Umgestaltung der Kfz-Verkehrsfluss verstetigt werden kann, sind je nach Ge-
schwindigkeit weitere 1 bis 3 dB(A) Pegelminderung möglich. In der Summe entspricht dies den
Wirkungen einer Verkehrsmengenreduzierung um rund 30 bis 50 Prozent. Indirekte und län-
gerfristige Wirkungen sind auch durch die Förderung lärmarmer Fortbewegungsarten möglich,
beispielsweise durch geeignete Radverkehrsanlagen.
Welche Handlungsspielräume für eine geänderte Straßenraumaufteilung bestehen, wird in der
Regel zunächst mit Machbarkeitsstudien untersucht. Aktuelle Verfahren sind:
► Machbarkeitsstudien:
Für die Pankstraße (Mitte), Berliner Straße und Grunewaldstraße (Charlottenburg-
Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg) sowie der Olbersstraße und der Osnabrücker
Straße (Charlottenburg-Wilmersdorf). Die Ergebnisse werden voraussichtlich noch in
2019 veröffentlicht.
► Weitere straßenräumliche Maßnahmen:
In Planung und Umsetzung befinden sich Maßnahmen in Schöneweide (Edisonstraße,
Spreestraße, Siemensstraße, Brückenstraße und die Karlshorster Straße).
Zukünftig sind bei der Planung von Straßenräumen die Vorgaben des Mobilitätsgesetzes zu
beachten. Diese zeigen regelmäßig Synergien mit den Zielen der Lärmminderungsplanung:
► Mobilitätsgesetz:
Mit der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes wird zukünftig die Nutzung der Lärmminde-
rungspotentiale durch Straßenraumgestaltung forciert.
23
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
5.2.4. Bundesautobahnen
Im Rahmen der Umsetzung des Lärmsanierungsprogramms in einem Musterabschnitt am
Innsbrucker Platz wird die Errichtung einer Lärmschutzwand im Rahmen einer Vorplanung
geprüft. Über die weitere Verfahrensweise wurde jedoch noch nicht entschieden.
Geplant ist ein Umbau des Autobahndreieckes Funkturm A 100 / A 115. Derzeit werden Varian-
ten geprüft und die Trägerbeteiligung vorbereitet. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit wird
folgen.
5.2.5. Lokaler Schienenverkehr
Der Nahverkehrsplan Berlin 2019 - 2023 nennt verschiedene Maßnahmen zur Lärmminderung
(Luftschall und Erschütterung), unter anderem werden anspruchsvolle Geräuschanforderungen
insbesondere bei der Neubeschaffung und bei der Modernisierung von Straßenbahn- und U-
Bahnfahrzeugen sowie Maßnahmen zur Lärmminderung an der Infrastruktur genannt.
Die aktuellen Maßnahmen - in Zusammenarbeit mit der BVG - sind:
► Abschnitte mit hohen Lärmbetroffenheiten werden bei Sanierungsplanungen der Stra-
ßenbahninfrastruktur möglichst prioritär berücksichtigt.
► Geräuschminderungen in den Teilabschnitten mit Kurvengeräuschen durch den Einsatz
fahrzeugseitig eingebauter Fahrflächenkonditionieranlagen.
Neufahrzeuge des Typs Flexity werden bereits mit dieser Technik ausgeliefert.
► In Planung und Prüfung seitens der BVG ist die Nachrüstung der Straßenbahnen des
Typs GT6 mit Fahrflächenkonditionieranlagen.
► In Planung seitens der BVG ist die Streckensanierung auf der U-Bahnlinie 1 zwischen
Görlitzer Bahnhof und Schlesisches Tor mit Einbau einer elastischen Lagerung.
► Beschaffung eines neuen Schienenschleifzuges und eines neuen Schienenfräszuges zur
Vermeidung bzw. Beseitigung von Schienenschäden und Riffeln.
5.2.6. Eisenbahn
Bundesweiter Lärmaktionsplan an Haupteisenbahnstrecken
Seit 2015 liegt die Zuständigkeit für die Lärmaktionsplanung an Haupteisenbahnstrecken beim
Eisenbahnbundesamt. Die Hinweise aus der Öffentlichkeitsbeteiligung „Berlin wird leiser“ 2018
zum Bahnlärm leitet das Land Berlin daher an das Eisenbahnbundesamt mit der Bitte um Be-
rücksichtigung weiter.
Förderrichtlinie und Gesamtkonzept zur Lärmsanierung an Eisenbahnstrecken aktualisiert
Zur Minderung der Lärmbelastung durch Eisenbahnverkehr gibt es neben der Lärmvorsorge
seit 1999 auch das freiwillige Lärmsanierungsprogramm an Schienenwegen des Bundes. Die
Förderrichtlinie und das Gesamtkonzept dieses freiwilligen Lärmsanierungsprogramms wurden
überarbeitet und im Januar 2019 veröffentlicht14. Damit sind nun deutlich mehr Berliner Stre-
ckenabschnitte im Lärmsanierungsprogramm enthalten.
24
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Güterwagen
Minderungen der Lärmbelastung durch Schienengüterverkehr werden aufgrund der leiser wer-
denden Güterwagen erwartet, insbesondere da die in Deutschland verkehrenden Güterwagen
weiterhin auf leisere Bremssysteme (sogenannte Flüsterbremsen) umgerüstet werden.
Ab Ende 2020 ist zudem der Betrieb lauter Güterwagen auf dem deutschen Streckennetz durch
das Schienenlärmschutzgesetz verboten15. Für besonders leise Güterwagen, die die Emissions-
werte der TSI Lärm16 unterschreiten, wurden in 2017 neue Fördermöglichkeiten geschaffen.
S-Bahnen, Regionalbahnen
Bei der Ausschreibung von Verkehrsleistungen im Regional- und S-Bahnverkehr in Berlin be-
stehen Geräuschanforderungen, die über die gesetzlich vorgeschriebenen europäischen
Grenzwerte hinausgehen. Bei der Vergabe des Verkehrsvertrages für das Teilnetz Ring (Linien
S 41, S 42, S 46, S 47 und S 8) von 2021 bis 2035 werden neue Fahrzeuge beschafft. Im Rahmen
von Ausschreibungen wird die Einhaltung von als Mindestanforderung festgelegten Geräusch-
standards verpflichtend vorgegeben, so dass bereits bei der Fahrzeugbeschaffung bzw. Fahr-
zeugkonstruktion auf den Einsatz lärmarmer Komponenten geachtet werden muss. Ab 2021
bis 2035 werden diese neuen S-Bahnen in den Fahrgastbetrieb gehen und vor allem die alte
Baureihe 485 ablösen.
Machbarkeitsuntersuchung für den Berliner Außenring
Der östliche Berliner Außenring ist ein bestehender Bahn-Verkehrsweg, für den das zuständige
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und die DB Netz AG derzeit eine
Machbarkeitsuntersuchung für potentielle aktive Lärmminderungsmaßnahmen (zum Beispiel
Lärmschutzwände) durchführen:
► Die Untersuchung wird durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima-
schutz fachlich begleitet. Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2019 erwartet. An-
schließend werden diese in einem Beteiligungsverfahren der Öffentlichkeit vorgestellt.
5.2.7. Flugverkehr
Mit dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm wird der Anspruch auf passive bauliche Schall-
schutzmaßnahmen im Bereich der An- und Abflugkorridore der Flughäfen geregelt. Für weiter-
gehende Maßnahmen im Rahmen der Lärmaktionsplanung gibt es nur sehr begrenzte Hand-
lungsmöglichkeiten. Zudem wird eine effektive Reduzierung des Fluglärms dadurch erschwert,
dass wesentliche Vorgaben außerhalb des kommunalen Verantwortungsbereiches erfolgen.
Flughafen Berlin-Tegel (TXL)
Eine Auswertung der bundesweit nach EU-weiten Vorgaben erstellten Lärmkarten durch das
Umweltbundesamt belegt, dass TXL in Deutschland der Flughafen mit der höchsten Anzahl an
Lärmbetroffenen ist. Besonders schwer wiegt, dass 25.300 Menschen sehr hohen Lärmbelas-
tungen ausgesetzt sind. Insgesamt sind es fast 300.000 Berlinerinnen und Berliner, die einer
die Lebensqualität beeinträchtigenden Fluglärmbelastung ausgesetzt sind. Diese Betroffenheit
wird erst mit der Schließung des Flughafens Berlin-Tegel entfallen.
14
https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/
Artikel/E/laermvorsorge-und-
laermsanierung.html.
15 Gesetz zum Verbot des Betriebs
lauter Güterwagen – Schienenlärm-
schutzgesetz.
16 TSI Noise = Technische Spezifikati-
on Interoperabilität Teilsystem Fahr-
zeuge Lärm, https://eur-
lex.europa.eu/legal-
con-
tent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R1
304&from=DE, letzter Abruf am
26.02.2019.
25
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Die für den Flughafen TXL festgesetzten Maßnahmen zur Lärmminderung, wie
- die Nachtflugbeschränkung,
- die lärmabhängigen Landeentgelte und
- der Bau einer Schallschutzwand,
wurden bereits mit vorangegangenen Lärmaktionsplänen vorgestellt. Die Beschränkungen
bleiben weiterhin in Kraft. Damit ist der Rahmen möglicher Maßnahmen ausgeschöpft.
► Lärmschutzbereich für den Flughafen TXL:
Unabhängig vom Lärmaktionsplan 2018 oder von der Schließungsabsicht TXLs wird
entsprechend den Vorgaben des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm der Lärmschutz-
bereich für den Flughafen TXL spätestens zum 31. Dezember 2019 neu festgesetzt. Auf
dieser Grundlage können anspruchsberechtigte Eigentümerinnen und Eigentümer dann
zeitlich gestaffelt eine Erstattung der Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaß-
nahmen beantragen.
Flughafen Berlin-Schönefeld (SXF)
Derzeit wird im Flughafenumfeld das Schallschutzprogramm BER durchgeführt. Weitere Maß-
nahmen sind vor der Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) nicht geplant.
Flughafen Berlin Brandenburg (BER)
Der Planfeststellungsbeschluss zum BER trifft eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung der
Fluglärmbelastungen. Zudem ist eine Evaluierung der Fluglärmsituation nach Eröffnung des
Flughafens über die Dauer von einem Jahr gemeinsam mit Brandenburg vorgesehen. Anhand
der konkreten Lärmsituation wird dann geprüft, ob und welche Optimierungen zur Lärmminde-
rung möglich sind.
► Lärmaktionsplanung für den Flughafen BER:
Evaluierung der Fluglärmbelastungssituation und Prüfung weiterer Lärmminderungs-
maßnahmen ein Jahr nach Betriebsbeginn
5.2.8. Maßnahmen im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung 2018
Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat für den Lärmaktionsplan 2018
eine internetbasierte Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Im Dialogteil „Lärmorte“ wurden
auf die Fragen „Wo ist Berlin zu laut?“ und „Wie wird es leiser?“ knapp 1.600 Hinweise zu
Lärmorten mit Maßnahmenvorschlägen gegeben. Die Teilnehmenden hatten auch die Mög-
lichkeit, die eingegangenen Hinweise positiv und negativ zu bewerten.
Für die 50 Hinweise mit den meisten Positiv-Bewertungen war eine Stellungnahme seitens der
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz vorgesehen. Wegen der gleichen An-
zahl an Positiv-Bewertungen erhielten 51 Hinweise eine Stellungnahme (TOP 51). Alle Beiträge
und Kommentare zu den Lärmorten wurden ausgewertet.17 An den folgenden Beispielen aus
den TOP 51 wird gezeigt, wo Maßnahmen geplant und verwirklicht werden:
► Straßenräumliche Maßnahmen in den TOP 51
o Für die Lückstraße (TOP 26 und TOP 49, Lichtenberg-Rummelsburg) wird eine ver-
kehrliche Untersuchung zur Straßenraumgestaltung durchgeführt.
26
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
o In der Lindenstraße (TOP 07, Kreuzberg) ist eine Fußgängerampel für 2019 in Pla-
nung.
o Der konkrete Standortvorschlag für einen Fußgängerüberweg in der Brehmestraße
(TOP 11, Pankow) wird geprüft.
o Für die Hauptstraße zwischen Niederstraße und Uhlandstraße (TOP 37, Pankow-
Wilhelmsruh) sollen in Kürze die Planungen für Radverkehrsanlagen aufgenommen
werden. Die Umsetzung ist mittelfristig geplant.
► Tempo 30-Anordnungen in den TOP 51
o In der Schönhauser Straße (TOP 36, Pankow) wurde eine Tempo-30-Anordnung
nachts im Oktober 2018 umgesetzt.
o In der Lückstraße (TOP 26 / TOP 49, Lichtenberg-Rummelsburg) ist eine ganztägige-
Tempo-30 Anordnung beabsichtigt.
► Verkehrsführung / Durchgangsverkehre in den TOP 51
o In der Tschaikowskistraße, der „Stille Straße“, dem Majakowskiring, der Ossietz-
kystraße und der Wolfshagener Straße (TOP 21, Pankow) werden Durchgangsverkeh-
re zukünftig durch folgende Maßnahmen vermieden: Noch in 2019 soll der Strecken-
zug Ossietzkystraße / Majakowskiring / Stille Straße / Güllweg in Pankow in eine
Fahrradstraße umgewandelt werden. Neben der Einrichtung der Fahrradstraße sind
in der Ossietzkystraße für das Jahr 2019 auch noch weitere Maßnahmen geplant. Zur
Erhöhung der Sicherheit für Fußgänger werden Gehwegvorstreckungen an den Kno-
tenpunkten Ossietzkystraße / Parkstraße und Ossietzkystraße / Wolfshagener Straße
baulich hergestellt.
o Auf der Grundlage von Verkehrserhebungen sollen in der Schildower Straße (TOP 09,
TOP 14, TOP 38, Reinickendorf-Hermsdorf) weitere Maßnahmen geprüft und umge-
setzt werden, mit denen die reine Gebietsdurchfahrt unattraktiver wird.
► Fahrbahnsanierungen in den TOP 51
o In der Veitstraße (TOP 47, Reinickendorf-Tegel) ist 2019 / 2020 eine Fahrbahnsanie-
rung zwischen Berliner Allee und Medebacher Weg geplant.
o In der Schönhauser Straße (TOP 36, Pankow) ist mittelfristig eine Fahrbahnsanierung
geplant.
o Mit dem geplanten Umbau der Kastanienallee (TOP 03, Pankow-Rosenthal) geht ab
2020 der Einbau eines lärmarmen Fahrbahnbelags einher.
o Für die Hauptstraße (TOP 15, TOP 23, Pankow-Wilhelmsruh) ist der Einsatz von lärm-
armem Asphalt bei der nächsten Fahrbahnsanierung beabsichtigt.
Weiterer Umgang mit den Hinweisen zu Lärmorten
In den kommenden fünf Jahren und ggf. auch darüber hinaus werden die Hinweise aus der
Öffentlichkeitsbeteiligung in die Berliner Lärmminderungsplanung eingehen. Sie werden be-
wertet und soweit möglich bei der Planung von weiteren Maßnahmen berücksichtigt. Zudem
werden diese bei Abstimmungen mit den für die Maßnahmenrealisierung zuständigen Akteu-
ren - bspw. den bezirklichen Straßenbaulastträgern – einbezogen.
27
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Bezüglich der Hinweise zum Thema „Sonstiger Lärm“, insbesondere Lärm durch Partys, Clubs
oder Gastronomie, werden die Hinweise den zuständigen Stellen übergeben.
5.2.9. Schallschutzfensterprogramm
Die Lärmaktionsplanung verfolgt vorrangig das Ziel, den Verkehrslärm aktiv durch Verkehrs-
planung und -steuerung, Fahrbahnsanierungen oder andere Maßnahmen des aktiven Lärm-
schutzes zu mindern. Damit wird nicht nur der Wohnraum geschützt, sondern auch die Auf-
enthaltsqualität im Freien erhöht.
Doch aktiver Schallschutz ist nicht an allen Straßen möglich. Oft gibt es keine Möglichkeiten,
den Verkehr anders zu lenken oder andere Maßnahmen durchzuführen. Für Wohngebäude an
sehr lauten Straßen und/oder oberirdischen Schienenwegen der BVG, an denen in den nächs-
ten Jahren keine aktiven Maßnahmen zur Lärmminderung ergriffen werden können, hat das
Land Berlin deshalb ein Schallschutzfensterprogramm aufgelegt.
Das Programm ist seit 2014 Teil der Berliner Lärmaktionsplanung und hat mit über 200 abge-
schlossenen Fördermaßnahmen zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität vieler
Berlinerinnen und Berliner geführt. Überall dort, wo die Schwellenwerte der ersten Stufe des
Lärmaktionsplans (tags ≥ 70 dB(A) oder nachts ≥ 60 dB(A)) überschritten werden, kann der
Einbau von Schallschutzfenstern in Wohngebäuden in besonders vom Verkehrslärm belasteten
Straßen finanziell gefördert werden. Das Land Berlin fördert den Einbau von Schallschutzfens-
tern, -außentüren und Zusatzeinrichtungen wie schallgedämmten Lüftungsanlagen. Ausge-
nommen von der Förderung sind Anrainer von Autobahnen und Schienenwegen, für die bereits
Bundesprogramme zur Lärmsanierung bestehen17. Der Bund hat die Richtwerte für diese
Lärmsanierungsprogramme in den letzten Jahren um 3 dB(A) abgesenkt, für Wohngebiete
gelten jetzt Richtwerte von 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts.
► Die Förderrichtlinie „Berliner Schallschutzfensterprogramm“ wird in 2020 aktualisiert.
Dabei wird eine Anpassung der oben genannten Schwellenwerte an die Lärmsanie-
rungsprogramme des Bundes für Bundesfernstraßen und Autobahnen vorgenommen.
5.2.10. Integrierte Ansätze
Bestimmte Maßnahmenansätze können durch koordinierte Vorgehensweisen optimiert wer-
den:
� Aus akustischer Sicht ist es sinnvoll, die Erneuerung von schadhaften Fahrbahnoberflächen
anhand einer Verschneidung der Lärmkartierung mit ihren Betroffenenanalysen und ei-
nem Erhaltungsmanagement-System, das derzeit erarbeitet wird, zu priorisieren. Sinnvoll
ist eine Fahrbahnerneuerung demnach vor allem dort, wo bautechnische Erfordernisse und
hohe Lärmbetroffenheiten zusammentreffen. Hierzu soll eine integrierte und standardi-
sierte Vorgehensweise mit den bezirklichen Baulastträgern entwickelt werden.
17 Informationen zum Berliner Schall-
schutzfensterprogramm finden sie
hier:
https://www.berlin.de/senuvk/umwelt
/laerm/laermminderungsplanung/de/
schallschutzfenster/.
28
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
� Ein weiteres und auch in anderen Städten weitgehend ungelöstes Problem ist der Umgang
mit sehr hoch belasteten Hauptverkehrsstraßen mit geringen Eingriffsmöglichkeiten. In
Berlin gibt es Hauptverkehrsstraßen mit hohen Lärmbetroffenheiten, an denen bauliche
oder verkehrsorganisatorische Maßnahmen aus verschiedenen Gründen nicht in Frage
kommen. Dies ist ein strukturelles Problem, das angesichts der wachsenden und dichter
werdenden Stadt zukünftig häufiger auftreten wird und nicht nur akustische Auswirkun-
gen hat.
Gemeinsam mit Bezirken und der Verkehrslenkung Berlin wird die Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz prüfen, ob ein integriertes Vorgehen mit ressortüber-
greifenden Ansätzen Möglichkeiten zur Lärmminderung sehr hoch belasteter Hauptver-
kehrsstraßen bietet.
� Unter dem Aspekt der wachsenden Stadt ist die Berücksichtigung der Lärmminderungspla-
nung in der Stadtentwicklung bereits in den Planungsanfängen immer wichtiger.
Zudem gab es in verschiedenen Regelwerken für die Bauleitplanung bedeutsame rechtliche
Änderungen. Der Berliner Leitfaden „Lärmschutz in der Bauleitplanung“18 wird daher im
Jahr 2019 aktualisiert und fortgeschrieben.
Handlungsbedarf besteht auch im Rahmen von Genehmigungen nach § 34 BauGB. Hier
muss künftig – im Rahmen der gesetzlich bestehenden Möglichkeiten – verstärkt geprüft
werden, wie Belange des Lärmaktionsplans zur Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsver-
hältnisse berücksichtigt werden können. Dabei können die Orientierungshilfen des Berliner
Leitfadens zum Lärmschutz in der verbindlichen Bauleitplanung zur Bewertung mit heran-
gezogen werden.
Auch bei städtebaulichen Wettbewerben sind die Ziele der Lärmaktionsplanung bei Auslo-
bung und Entscheidungsfindung zukünftig stärker zu berücksichtigen, um frühzeitig in die
städtebaulichen Konzeptionen einzufließen.
5.3. Zukünftige Mobilität in neuen Stadtquartieren
Der Bau neuer Stadtquartiere schafft nicht nur Wohnraum für Jahrzehnte. Er schafft auch die
Rahmenbedingungen für die zukünftige Mobilität und damit für den Immissionsschutz. Auch
das Berliner Mobilitätsgesetz (MobG) betont in § 7 (2) die Zusammenhänge zwischen Stadt-
entwicklung und Mobilität: „Bei Erweiterung und Neubau von Quartieren ist [...] die vorrangige
Erschließung mit den Verkehrsmitteln des Umweltverbundes zu sichern.“19 In § 20 (4) MobG
heißt es: „Die regionale Planung, die Stadtentwicklungsplanung sowie Planungen und Ent-
scheidungen über verkehrsrelevante Einrichtungen und Standorte haben die Erfordernisse der
Verkehrsmittel des Umweltverbundes und die mit diesen verknüpften Ziele im gesamten Pla-
nungsprozess einzubeziehen und zu berücksichtigen. Für die Bauleitplanung hat eine Berück-
sichtigung in der Abwägung […] zu erfolgen.“
Vor diesem Hintergrund wurden stadt- und damit umweltverträgliche Möglichkeiten für die
Vorgehensweise bei der Planung von Mobilität in neuen Stadtquartieren untersucht. Für diese
Planungsprozesse sind folgende vier Aspekte von Bedeutung und sollten daher berücksichtigt
werden:
� Darstellung der Zusammenhänge zwischen Stadtentwicklung, Mobilität und Lärm-
schutz.
18 Berliner Leitfaden: Lärmschutz in
der verbindlichen Bauleitplanung.
https://www.stadtentwicklung.berlin.d
e/planen/b-
planverfahren/laermschutz/.
19 Gesetz zur Neuregelung gesetzli-
cher Vorschriften zur Mobilitätsge-
währleistung vom 5. Juli 2018. Gesetz-
und Verordnungsblatt für Berlin
74. Jahrgang Nr. 18, 17. Juli 2018.
29
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
� Erstellung eines Mobilitätskonzeptes; mögliche Arbeitsschritte wurden identifiziert
und werden in einem Flussdiagramm dargestellt. Diese reichen von der anfänglichen
Frage, in welchen Fällen ein Konzept sinnvoll und erforderlich ist, bis zu seiner Evaluie-
rung nach der Realisierung.
� Mögliche Maßnahmen für die Planung und Realisierung eines Mobilitätskonzeptes, zur
dauerhaften Sicherung und zur Kommunikation sind dargestellt.
� Schließlich werden zu klärende Fragen benannt, beispielsweise zur primären Zielgrup-
pe und zur Verbindlichkeit des zukünftigen Leitfadens.
Hieraus folgt in einem nächsten Schritt noch im Jahr 2019 die Erarbeitung eines entsprechen-
den Leitfadens unter Federführung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima-
schutz.
Eine ausführliche Darstellung der durchgeführten Untersuchungen zum Thema „Zukünftige
Mobilität in neuen Stadtquartieren“ enthält Anlage 7.
5.4. Verhalten im Straßenverkehr
Das individuelle Verhalten im Kfz-Verkehr hat Einfluss auf die Lärmbelastung. Unnötiger Lärm
entsteht vor allem durch das Fahren mit hoher Drehzahl und das Überschreiten der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit. Aber auch das Parken und Halten in zweiter Reihe erzeugt häufig
Lärm, weil es andere Verkehrsteilnehmende zum Bremsen, Ausweichen und wieder Beschleuni-
gen zwingt.
Ein regelkonformes Verkehrsverhalten trägt somit nicht nur zur Verkehrssicherheit und zur
Entwicklung hin zu einer ÖV-, rad- und fußverkehrsfreundlichen Stadt bei, sondern ist auch in
hohem Maße lärmrelevant. Die Befolgung der Verkehrsregeln ist somit ein Aspekt der Lärmak-
tionsplanung. Dies verdeutlicht auch die Öffentlichkeitsbeteiligung zu diesem Lärmaktions-
plan, bei der das Straßenverkehrsverhalten stark im Fokus der Teilnehmenden stand.
Es ist daher sinnvoll, neben den baulichen und verkehrsorganisatorischen Lärmminderungs-
maßnahmen auch Strategien zu den derzeit ungenutzten Potenzialen durch ein geändertes
Verkehrshalten der Kfz-Führenden aber auch sämtlicher Verkehrsteilnehmenden zu entwi-
ckeln. Der Fokus der Maßnahmen sollte dabei zunächst auf die Lärmbrennpunkte gerichtet
werden, an denen die Lärmpegel an den Fassaden der Wohnhäuser durch den Kfz-Verkehr
durchgängig im potenziell gesundheitsgefährdenden Bereich liegen.
Vor dem Hintergrund, dass auch das geplante Mobilitätsgesetz wirksame Maßnahmen u. a. zur
„Verhinderung und Beseitigung von verkehrsbehinderndem oder verkehrssicherheitsgefähr-
dendem Halten und Parken“ fordert20, wird die Erstellung eines ganzheitlichen Konzeptes unter
Federführung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz im Dialog mit der
Senatsverwaltung für Inneres und Sport, dem Polizeipräsidenten und Bezirken zur Prüfung der
folgenden Handlungsfelder vorgeschlagen:
30
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
� Verhalten freiwillig ändern: Die Vermittlung von Informationen und Anreizen zur freiwilli-
gen Verhaltensänderung kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen:
- Allgemeine Kampagnen zur Wissensvermittlung und Beeinflussung des Verhaltens
werden geprüft, hierbei sind bereits bestehende oder geplante Kampagnen einzube-
ziehen.
- Möglichkeiten zur gezielten Ansprache von Personen mit bestimmten Fehlverhalten
werden geprüft, um Verhaltensänderungen zu bewirken, z. B. durch die Bußgeldstelle.
- Die bereits bewährten Dialogdisplays werden verstärkt eingesetzt; gegebenenfalls sind
diese weiter zu entwickeln, um den Aspekt Lärm besser zur Geltung zu bringen.
- Möglichkeiten zur Optimierung des Ladens und Lieferns sollen parallel geprüft wer-
den.
� Besondere Zielgruppen ansprechen: Die gezielte Ansprache von Motorradfahrenden und
Lkw-Führenden wird empfohlen, da diese Fahrzeugkategorien oftmals besonders lärmin-
tensiv in Erscheinung treten.
Regeleinhaltung verbessern: Eine konsequente Ahndung von Regelverstößen trägt lang-
fristig zu einer geringeren Lärmbelastung bei. Es bestehen erhebliche Synergien mit ande-
ren Zielfeldern der Verkehrsüberwachung wie z. B. mit der Verkehrssicherheit und der
Leichtigkeit des Verkehrs. Zu prüfen sind beispielsweise die folgenden Handlungsansätze:
- Das Land Berlin könnte Diskussionen zur Anpassung von Bundesregelungen anstoßen,
insbesondere eine Bundesratsinitiative zu höheren Verwarnungs- und Bußgeldern.
- Die betroffenen Fachstellen prüfen, ob und wie die Verkehrsüberwachung optimiert
werden kann.
- Das Land prüft eine zentrale und damit bürgerfreundlichere Ansprechstelle, z. B. in
Form einer Online-Plattform für Polizei und bezirkliche Ordnungsämter.
� Rahmenbedingungen schaffen: Angesichts der bestehenden Aufgabenvielfalt und der vor-
handenen Personalsituation bei der Polizei und den bezirklichen Ordnungsämtern müssen
im Rahmen der Prüfung
- die erforderlichen Voraussetzungen für Optimierungen dargestellt werden (z. B. Per-
sonalbestand, Arbeitsstrukturen usw.),
- die entstehenden Kosten abgeschätzt werden und
- eine politische Entscheidung mit Abwägung aller Vor- und Nachteile vorbereitet wer-
den.
Die Konzepterarbeitung soll bis Ende 2020 erfolgen, damit die erforderlichen Finanzmittel im
Doppelhaushalt 2022 / 2023 angemeldet werden können.
Eine ausführlichere Darstellung der Strategie „Verhalten im Straßenverkehr“ enthält Anlage 8.
20 § 22 Abs. 2 Nr. 4. Gesetz zur
Neuregelung gesetzlicher Vorschriften
zur Mobilitätsgewährleistung vom
5. Juli 2018. Gesetz- und Verord-
nungsblatt für Berlin 74. Jahrgang
Nr. 18, 17. Juli 2018.
31
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
5.5. Modellprojekt Sterndamm
Räumliche Verkehrsverlagerungen können zur Lärmminderung beitragen, wenn der Kfz-
Verkehr von Straßen mit hoher Lärmbetroffenheit in weniger sensible Bereiche gelenkt wird.
Ein möglicher Anwendungsbereich für eine solche Maßnahme ist der Sterndamm im Bezirk
Treptow-Köpenick. Unter anderem mit dem Ziel einer Reduzierung der Verkehrsstärke im
Sterndamm wurde die Straßeninfrastruktur im städtebaulichen Entwicklungsbereich Berlin-
Johannisthal / Adlershof in der Vergangenheit geändert. Der Groß-Berliner Damm wurde aus-
gebaut und die Hermann-Dorner-Allee als kurzwegige Anbindung in Richtung Autobahn A 113
neu geschaffen. Ergänzend stuft der Stadtentwicklungsplan Verkehr den Segelfliegerdamm im
Zielnetz 2025 von einer örtlichen auf eine übergeordnete Straßenverbindung hoch. Parallel
wurde der Sterndamm von einer überordneten auf eine örtliche Straßenverbindung herunter-
gestuft.
Die Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen im Entwicklungsbereich Johannisthal / Adlershof sowie
die Veränderungen im Zielnetz des StEP Verkehr sollten einhergehen mit kapazitätsbeschrän-
kenden Maßnahmen am Sterndamm, die bislang noch nicht realisiert wurden. Das Lärmakti-
onsplan-Modellprojekt untersucht daher exemplarisch, welche Maßnahmen Verkehrsverlage-
rungen und damit eine spürbare Senkung der Lärmbelastung erreichen können. Zusätzlich
werden Querschnittsempfehlungen für den Sterndamm in Abhängigkeit von den prognostizier-
ten Verkehrsmengen gegeben.
Abbildung 8: Untersuchungsraum für
das Modellprojekt Sterndamm
32
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Die Untersuchung zeigt, dass Verkehrsverlagerungen nur mit der Pförtnerung des Verkehrs
über den Segelfliegerdamm oder darüber hinaus über den Groß-Berliner Damm und die Her-
mann-Dorner-Allee möglich sind. Die vom Sterndamm verlagerbaren Verkehrsstärken sind
jedoch vergleichsweise gering und bewirken somit lediglich eine Pegelminderung von maximal
etwa 1 dB(A). Aufgrund der hohen Ausgangsbelastung im Sterndamm ist eine Minderung der
Immissionspegel unter die gesundheitsrelevanten Schwellenwerte für die anliegende Wohnbe-
bauung nicht zu erwarten.
Es erscheint jedoch möglich, mit der Maßnahme zumindest in Teilbereichen des Sterndammes
Fassadenpegel unter LDEN 70 dB(A) beziehungsweise LNight 60 dB(A) zu erzielen.
Für den Segelfliegerdamm hätte die Pförtnerung einen Zuwachs der Verkehrsstärke und eine
deutlich hörbare Erhöhung der Fassadenpegel gegenüber dem Bestand zur Folge. Für die Be-
standsbebauung und die darin lebende Bevölkerung wäre dies eine Verschlechterung, die mit
kompensierenden Maßnahmen auszugleichen wäre. Für die im Zuge des Segelfliegerdamms
neu entstehenden Wohngebiete ergäben sich höhere Anforderungen an den Schallschutz. Mit
der Schaffung lärmrobuster Strukturen beispielweise in Form von straßenabgewandten Schlaf-
und Wohnräumen und ruhigen Innenhöfen könnten hier jedoch für die zukünftigen Bewohner
gesunde Lebensverhältnisse geschaffen werden.
Auf der Grundlage der zukünftig prognostizierten Verkehrsmengen wurde außerdem eine mög-
liche Umgestaltung des Sterndamms geprüft. Ziele waren die Förderung des Umweltverbundes
(öffentlicher Personennahverkehr, Fuß- und Radverkehr) und die Reduzierung von überdimen-
sionierten Flächen des fließenden motorisierten Individualverkehrs auf ein erforderliches Maß.
Im Ergebnis können am Sterndamm durchgängig Radverkehrsanlagen und Gehwege nach den
Vorgaben des neuen Mobilitätsgesetzes und der AV-Geh- und Radwege eingerichtet und die
Flächen für den fließenden Kfz-Verkehr reduziert werden. Je nach Lage entfallen durch die
Umgestaltung Parkstände. Aufgrund des hohen Parkdrucks im Bestand und der Nachverdich-
tung des Untersuchungsraumes ist der ruhende Verkehr in einer gesonderten Untersuchung
für das gesamte Plangebiet zu betrachten.
Weiterer Prüfbedarf
� Betrachtung der Verkehrsführung im Entwicklungsbereich Berlin-Johannisthal / Adlershof
in einem übergeordneten Gesamtverkehrskonzept.
� Verkehrstechnische Untersuchung für verschiedene Knotenpunkte in einem erweiterten
Betrachtungsraum.
� Konzeption zur Gestaltung des Straßenquerschnittes am Segelfliegerdamm.
� Parkraumuntersuchung.
► Weiteres Vorgehen: Die voran genannten Prüfbedarfe sind abzuarbeiten und die Planung
zur Umgestaltung des Straßenraumes am Sterndamm ist auf Grundlage der im Anhang
dargestellten Querschnittsempfehlungen einzuleiten.
33
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Fazit
Die Auseinandersetzung mit den Handlungsoptionen zur Verkehrsverlagerung vom
Sterndamm auf den Segelfliegerdamm oder zur Alternative Groß-Berliner Damm und Her-
mann-Dorner-Allee zeigt, dass in wachsenden Stadtstrukturen auf kleinräumiger Ebene und
ohne frühzeitiges Eingreifen nur bedingt Möglichkeiten für verkehrsverlagernde Maßnahmen
und eine damit verbundene Lärmminderung verbleiben. Die städtebaulichen Veränderungen
im Entwicklungsbereich Johannisthal / Adlershof und die einhergehenden Verkehrszunahmen
haben trotz Anpassungen an der Infrastruktur wie dem Ausbau des Groß-Berliner Damms und
dem Neubau der Hermann-Dorner-Allee dazu geführt, dass die vor Jahren in Betracht gezoge-
ne deutliche Entlastung des Sterndamms heute kaum mehr realisiert werden kann.
Für ähnlich gelagerte, aber städtebaulich noch nicht so weit entwickelte Bereiche Berlins be-
deutet dies, dass dort frühzeitig Maßnahmen in hoch lärmbelasteten Bestandsstraßen ähnlich
dem Sterndamm geplant und konsequent umgesetzt werden müssen – idealerweise im Vorgriff
oder zumindest parallel zu im Umfeld stattfindenden städtebaulichen Entwicklungsvorhaben.
Der Ansatz, den Kfz-Verkehr auf kleinräumiger Ebene möglichst gesamtverträglich lenken,
steuern und abwickeln zu wollen, stößt – wie das Beispiel Sterndamm verdeutlicht – mehr und
mehr an seine Grenzen. Für die Zukunft sind Konzepte gefragt, die die Problemursachen be-
handeln und eine nachhaltigere und weniger vom privaten Kfz-Besitz ausgehende Mobilität
fördern. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Untersuchungs- und Betrachtungsräume
erweitert werden. (Zu) kleinräumige Konzepte oder Insellösungen helfen dabei nur bedingt.
Eine ausführlichere Darstellung des Modellprojekts enthält Anlage 9.
5.6. Zusammenfassung
Mit diesem Lärmaktionsplan 2018 wird ein umfassendes Arbeitsprogramm für die kommenden
fünf Jahre vorgelegt, dessen Realisierung zum Gesundheitsschutz der Bewohner/innen und zur
Attraktivität der Stadt beitragen wird.
Dabei werden neue Handlungsfelder und Maßnahmen identifiziert, die in den kommenden
Jahren bearbeitet werden:
� Im Hinblick auf die „Zukünftige Mobilität in neuen Stadtquartieren“ wurde eine Grundlage
für die nun anstehende Erarbeitung eines entsprechenden Leitfadens der Senatsverwaltung
für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erstellt.
� Der strategische Ansatz „Verhalten im Straßenverkehr“ entwickelt Ansätze zur Reduzie-
rung von akustisch relevanten Verhaltensweisen wie Geschwindigkeitsübertretungen und
ordnungswidrigem Halten und Parken. Er bildet somit die Grundlage für die Erarbeitung ei-
nes stadtweit wirksamen Konzeptes.
Zugleich werden Maßnahmen der bisherigen Lärmaktionspläne fortgeführt, die sich als effek-
tive Instrumente zur Lärmminderung bewährt haben. Bei der Prüfung und Identifizierung von
Maßnahmen werden die Hinweise der Öffentlichkeitsbeteiligung berücksichtigt.
34
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
� Für die Fahrbahnsanierung mit lärmoptimierten Asphalten wird ein abgestimmtes Verfah-
ren mit den Straßenbaulastträgern angestrebt, damit insbesondere in hoch lärmbelasteten
Straßen bei anstehenden Sanierungen der Einbau lärmoptimierter Asphalte regelmäßig ge-
prüft wird.
� Die Lärmminderungspotenziale straßenräumlicher Maßnahmen sollen bei der Sanierung
von Straßen weiter berücksichtigt werden. Die Vorgaben des Mobilitätsgesetzes werden in
vielen Fällen auch zu Lärmminderungen führen.
� Zum Schutz der Nachtruhe wird ein neues Tempo 30-Nachtkonzept entwickelt. Der
Prüfleitfaden für nächtliche Tempo 30-Anordnungen wird überarbeitet.
� Das Schallschutzfensterprogramm für sehr laute Straßen wird fortgeführt.
� Der Leitfaden „Lärmschutz in der verbindlichen Bauleitplanung“ wird fortgeschrieben.
� Für sehr laute Straßen, die eine hohe verkehrliche Bedeutung haben und für die bisher
keine oder nur gering wirksame Maßnahmen empfohlen werden konnten, werden Möglich-
keiten zur Lärmminderung unter Einbeziehung ressortübergreifender Ansätze geprüft.
35
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
6. Ruhige Gebiete und städtische
Ruhe- und Erholungsräume
Ruhige Rückzugsräume haben eine sehr große Bedeutung für die Attraktivität der Stadt als
Wohnstandort. Dies gilt insbesondere für einen wachsenden und zunehmend verdichteten
Ballungsraum wie Berlin. Die Umgebungslärmrichtlinie fordert daher neben der Minderung
hoher Lärmbelastungen auch die Identifizierung und den Schutz von sogenannten „ruhigen
Gebieten“.
Darüber hinaus wurden im Rahmen der Erstellung des Lärmaktionsplans weitere Gebietstypen
untersucht. Für die Stadtentwicklung ist die Aufenthaltsqualität von öffentlichen Flächen von
herausragender Bedeutung, weil „städtische Ruhe- und Erholungsräume“ als kleinteilige Rück-
zugsorte wesentlich zum Wohlempfinden in einer dichter werdenden Stadt beitragen. Für den
Gesundheitsschutz der Bevölkerung sind sie wichtig, weil sie Ausgleichs- und Entlastungmög-
lichkeiten zur alltäglichen Lärmsituation im Wohn- und Arbeitsumfeld bieten. Insbesondere in
Quartieren mit hohen Umweltbelastungen, die zugleich eine soziale Problemdichte aufweisen,
ist die Sicherstellung solcher Rückzugsorte wichtig.
Eine ausführliche Darstellung des Themas enthält Anlage 10.
6.1. Ruhige Gebiete nach Umgebungslärmrichtlinie
Als ruhiges Gebiet in einem Ballungsraum gilt laut Artikel 3 der Umgebungslärmrichtlinie „ein
von der zuständigen Behörde festgelegtes Gebiet, in dem beispielsweise der LDEN-Index oder ein
anderer geeigneter Lärmindex für sämtliche Schallquellen einen bestimmten, von dem Mit-
gliedstaat festgelegten Wert nicht übersteigt.“ Der Gesetzgeber liefert für die Festlegung ruhi-
ger Gebiete keine konkreten Anhaltspunkte. Die zuständigen Behörden haben daher bei der
Auswahl große Handlungsspielräume. Der Lärmaktionsplan Berlin 2008 hat zwei Gebietstypen
definiert:
� „Ruhige Gebiete“ im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie sind große, zusammenhän-
gende Naturräume und Freiflächen wie Wald, Grünflächen, Parkanlagen, Feld, Flur und
Wiesen, teilweise auch in Verbindung mit ballungsraumübergreifenden Verbindungen
in benachbarte Landschaftsräume, die geringe Pegel aufweisen.
� Da die „ruhigen Gebiete“ lediglich die zentrumsfernen Areale abdecken, hat der Lärm-
aktionsplan 2008 eine zweite Kategorie mit kleineren „innerstädtischen Erholungsflä-
chen“ gebildet. Sie weisen nicht unbedingt geringe Pegel auf, haben aber eine hohe
Aufenthaltsfunktion in fußläufiger Entfernung zu Wohnstandorten und sind in ihrer
Kernfläche deutlich leiser als an ihrer Peripherie.
36
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Mit diesen Auswahlkriterien hat der Lärmaktionsplan 2008 insgesamt 37 Flächen festgesetzt:
� 11 zusammenhängende Freiflächen (Ruhige Gebiete)
mit LDEN < 55 dB(A) und einer Mindestgröße von 100 ha und
� weitere 26 innerstädtische Grün- und Erholungsflächen
mit zum Teil LDEN > 55 dB(A), die aber im Inneren mindestens 6 dB(A) leiser sind als am
Rand sowie eine Mindestgröße von 30 ha aufweisen.
Die Gebietskulisse des Lärmaktionsplans 2008 wurde mit der aktuellen Lärmkartierung über-
prüft und festgestellt, dass alle im Lärmaktionsplan 2008 festgesetzten Gebiete auch heute die
damaligen Auswahlkriterien erfüllen. Wegen der geänderten Flächennutzung ist lediglich das
Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof zu ergänzen (Abbildung 9). Es erfüllt
heute ebenfalls alle Auswahlkriterien und wird daher als neues „ruhiges Gebiet“ festgesetzt. Es
ist damit das einzige innenstädtische ruhige Gebiet in Berlin.
Die Gebietskulisse ist bei zukünftigen Lärmaktionsplan-Fortschreibungen, spätestens aber im
Falle der BER-Eröffnung und der TXL-Schließung zu überprüfen.
6.2. Städtische Ruhe- und Erholungsräume
Die bisherigen ruhigen Gebiete und innerstädtischen Erholungsflächen werden unter anderem
aufgrund ihrer geringen Anzahl den Ruhe-, Rückzugs- und Erholungsansprüchen einer wach-
senden und dichter werdenden Stadt nicht vollumfänglich gerecht. Dies zeigen auch die Ergeb-
nisse der Lärmaktionsplan-Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Teilnehmenden haben dort viele
städtische Rückzugsorte (städtische Ruhe- und Erholungsräume) genannt, die in der bisherigen
Kulisse nicht vertreten sind (32 von 52 Nennungen, vgl. Anlagen 4 und 10). Die aktuelle Lärm-
aktionsplanung zeigt daher neue Wege für die Auswahl von städtischen Ruhe- und Erholungs-
räumen auf.
Abbildung 9: Ruhige Gebiete und
innerstädtische Erholungsflächen 2018
37
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
6.2.1. Qualitätskriterien
Ob ein städtischer Ruhe- und Erholungsraum als angenehm empfunden wird, im gewissen
Maße ein Ruheempfinden auslöst und zur Erholung beiträgt und deshalb aus Sicht der Lärmak-
tionsplanung wertvoll ist, hängt nicht nur von der Lärmbelastung ab.
Selbst bei identischen Mittelungspegeln können Situationen bei unterschiedlichen Frequenzen,
Impulshaltigkeiten usw. als wohltuend oder störend empfunden werden.
Darüber hinaus benötigt die akustische Situation in der Regel weitere Unterstützer / Modera-
toren, damit die Nutzenden städtische Räume positiv erleben. Daher wurden zunächst entspre-
chende Kriterien identifiziert und um die Ergebnisse der Lärmaktionsplan-
Öffentlichkeitsbeteiligung ergänzt. Demnach haben die Berlinerinnen und Berliner bereits
großteils recht klare Vorstellungen davon, was einen städtischen Ruhe- und Erholungsraum
ausmacht (Abbildung 10).
Einige Teilnehmende nannten auch konkrete Orte, die aus ihrer Sicht städtische Ruheorte
sind.21 Das Ergebnis zeigt, dass die an der Befragung Teilnehmenden weit mehr Gebiete defi-
nieren und verstehen, als die bisherige Gebietskulisse angibt (Abbildung 11). Dies sind vor al-
lem zentrums- und wohnortnahe Erholungsflächen unterschiedlicher Größe, wie zum Beispiel
der Park am Gleisdreieck, der Volkspark Mariendorf, der Arkonaplatz oder das Engelbecken
sowie Uferbereiche und Grünzüge entlang von Spree, Havel, Dahme, Wuhle oder Panke.
Abbildung 10: Was zeichnet Ihren
städtischen Ruheort aus? (n = 226)
21 Die Nennung erfolgte aus Eigenini-
tiative. Die Beteiligungsplattform hat
nicht dazu aufgefordert, konkrete Orte
zu benennen.
38
Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
6.2.2. Zukünftige Berücksichtigung der städtischen Ruhe- und Erholungsräu-
me in der Berliner Planung
Das Verfahren zur Herleitung der ruhigen Gebiete für Berlin im Lärmaktionsplan 2008 ent-
spricht den Vorgaben der Umgebungslärmrichtlinie und der in Deutschland üblichen Vorge-
hensweise. Die bei der Lärmaktionsplan-Erarbeitung gewonnenen Erkenntnisse machen jedoch
deutlich, dass für die wachsende Metropole Berlin ein über die Umgebungslärmrichtlinie hin-
ausgehender Ansatz sinnvoll ist. Nachfolgend wird ein möglicher Weg skizziert, wie dieser As-
pekt zukünftig in der Berliner Lärmaktionsplanung behandelt und in die gesamtstädtische und
bezirkliche Arbeit überführt werden kann. Das vorgeschlagene Verfahren soll vorerst in einem
Pilotvorhaben erprobt und bei Bedarf weiterentwickelt werden.
Der Lärmaktionsplan unterscheidet bisher zwei Kategorien: (1) Ruhige Gebiete im Sinne der
Umgebungslärmrichtlinie und (2) kleinere, innerstädtische Erholungsflächen (Kapitel 6.1,
Seite 35). Um den unterschiedlichen Ruhebedürfnissen der Bevölkerung besser zu entsprechen,
ist eine Überführung dieses Ansatzes in drei Kategorien vorgesehen:
� (A) Ruhige Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie
(= Ruhige Gebiete des Lärmaktionsplans 2008):
Dies sind Räume außerhalb der Siedlungsbereiche, die für längere Spaziergänge und sport-
liche Aktivitäten geeignet sind und eine hohe akustische Qualität bieten. Sie sind identisch
mit den bisherigen ruhigen Gebieten der Kategorie 1 („Ruhige Gebiete“ im Sinne der Um-
gebungslärmrichtlinie).
� (B) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den längerfristigen Aufenthalt
(= Innerstädtische Erholungsflächen des Lärmaktionsplans 200822):
Abbildung 11: In der Öffentlichkeitsbe-
teiligung genannte städtische Ruheor-
te im Vergleich zur bisherigen Kulisse
der ruhigen Gebiete und innerstädti-
schen Erholungsflächen Berlins
Kartengrundlage: SenGUV Berlin
/ PGN, CS Plan, E. Heinrichs (Bearb.):
Lärmminderungsplanung für Berlin –
Lärmaktionsplan 2008, April 2008.
Blaue Orte: Der genannte Ort ist in der
bisherigen Kulisse der ru-
higen Gebiete Berlins ent-
halten.
Rote Orte: Der genannte Ort ist in der
bisherigen Kulisse der ru-
higen Gebiete Berlins nicht
enthalten.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Dies sind Grün- und Freiräume in Stadträumen mit hoher Wohndichte. Sie bieten in der
Regel differenzierte Angebote für verschiedene Gruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene,
Senioren). Die Verweildauer beträgt häufig mehrere Stunden. Neben den akustischen Kri-
terien bestimmen zahlreiche weitere Kriterien das Wohlbefinden der Nutzer.
� (C) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den kurzfristigen Aufenthalt
(= neue Kategorie):
Dies sind Orte in belebten Stadträumen mit z. B. vielen Einkaufsmöglichkeiten und hohem
Arbeitsplatzanteil, die dem kurzen Aufenthalt dienen. Von Bedeutung für das Wohlbefin-
den ist insbesondere ein deutlicher Kontrast (Akustik, Gestaltung) zur unmittelbaren Um-
gebung.
Die ruhigen Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie (Kategorie A) sind über eine Aus-
wahl geeigneter Flächen (beispielsweise auf Grundlage des Flächennutzungsplanes) und die
Anwendung eines akustischen sowie eines Mindestgrößenkriteriums verhältnismäßig einfach
herleitbar (vgl. nachfolgende Aufgabe 1).
Das Ermitteln der Gebiete der Kategorien B und C ist komplexer. Die Datenverfügbarkeit und
die Maßstabsebene (großräumig-allgemeine versus kleinräumig-konkrete Betrachtungsebene)
sowie die daraus resultierenden Arbeitsaufwände und Bearbeitungsabläufe erfordern eine
zweistufige Herangehensweise zur Auswahl der entsprechenden Flächen und Zuordnung zu
Gebietskategorien (siehe folgende Aufgaben 1 und 2). Anschließend erfolgt für diese Gebiete
gegebenenfalls als dritte Aufgabe die Einleitung von Planungen zur Qualifizierung des Stadt-
raumes.
Aufgabe 1: Potenzialflächen ermitteln
Für die Ermittlung möglicher Potenzialflächen für die Gebiete der Kategorien B und C sind drei
Bearbeitungsschritte vorgesehen:
� Auswahl von Flächen: Die Auswahl von Potenzialflächen kann als Verschnitt aus Umweltat-
las, Kulisse der Ruhigen Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie (Kategorie A),
Grünflächeninformationssystem (GRIS), Flächennutzungsplan (FNP), Landschaftspro-
gramm (LaPro), Netz der 20 Grünen Hauptwege und Erkenntnissen aus Öffentlichkeitsbe-
teiligungen erfolgen. So wird gewährleistet, dass alle geeigneten Flächen in die Betrach-
tung eingehen und neben der aktuellen Situation auch zukünftige Absichten Berücksichti-
gung finden. Die Daten liegen allesamt GIS-basiert vor.
� Zuordnung der Flächen zu Gebietskategorien: Eine Zuordnung der ausgewählten Potenzial-
flächen zu den Gebietskategorien (B) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den
längerfristigen Aufenthalt und (C) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den kurz-
fristigen Aufenthalt erfolgt anhand akustischer Kriterien auf Basis der strategischen
(Gesamt-)Lärmkarte und gegebenenfalls Mindestgrößen, für die jeweils sinnvolle Schwel-
lenwerte festzulegen sind.
� Erstellen einer Rangliste: Es wird voraussichtlich erforderlich sein, die städtischen Ruhe-
und Erholungsräume für einen kurzfristigen Aufenthalt (C) zahlenmäßig zu begrenzen be-
ziehungsweise zu priorisieren, um die im Aufgabenkomplex 2 zu bearbeitende Anzahl von
Potenzialflächen handhabbar zu halten. Für die Priorisierung der Flächen kommen ver-
schiedene Kriterien in Frage, die in einer modellhaften Testphase erprobt werden sollten.
22 Bei Umsetzung des hier skizzierten,
neuen Verfahrens entsprechen diese
Gebiete zukünftig eventuell nicht
mehr den Kriterien der innerstädti-
schen Erholungsflächen nach Lärmak-
tionsplan 2008.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Aufgabe 2: Potenzialflächen bewerten und Gebiete festlegen
Die Beurteilung der Potenzialflächen für die Kategorien B und C schafft die Grundlage für eine
Festlegung der städtischen Ruhe- und Erholungsräume in Berlin. Die definierten und mit einer
Rangfolge versehenen Potenzialflächen werden nach und nach anhand eines Kriterienkatalo-
ges eingehend analysiert und qualitativ bewertet. Im Ergebnis der Bewertung erfolgt
a) die Bestätigung der Potenzialfläche als geeignetes Gebiet der Kategorie B (Städtische Ru-
he- und Erholungsräume für den längerfristigen Aufenthalt) oder der Kategorie C (Städti-
sche Ruhe- und Erholungsräume für den kurzfristigen Aufenthalt) und die entsprechende
Festlegung
oder
b) keine Bestätigung der Potenzialfläche mit Aufzeigen der Ausschlussgründe und ggf. vorlie-
gender Verbesserungsmöglichkeiten, die zukünftig zu einem positiven Bewertungsergebnis
führen könnten.
Vorgesehen wird eine einzelfallbezogene Beurteilung der Potenzialflächen durch Ortsbegehun-
gen mit definierten Analyse- und Bewertungskriterien. Hier ist zu klären, wer diese Ortsbege-
hungen durchführt und wer an ihnen teilnimmt. Anlage 10 zeigt einen ersten Vorschlag für
mögliche Bewertungskriterien.
Aufgabe 3: Maßnahmen zur Qualifizierung des Stadtraumes mit städtischen Ruhe- und
Erholungsräumen entwickeln
Die Beurteilung der Potenzialflächen bieten eine gute Grundlage für eine weitere Qualifizie-
rung des Stadtraumes und die Verbesserung der Bedingungen in den festgelegten Räumen. In
unterversorgten Bereichen sollte die Stadt- und Freiraumplanung entsprechende Räume schaf-
fen. Die Qualität der jeweiligen Räume kann durch Beseitigung der in der Analyse festgestellten
Defizite verbessert werden. Die Mängelbeseitigung ist in der Regel eine Querschnittsaufgabe
von Freiraum- und Stadtplanung in Verbindung mit Verkehrsplanung (Erreichbarkeit) sowohl
auf Bezirks- als auch auf Senatsebene. Anhand der konkreten Situation muss dann geprüft
werden, wie und in welchem Zeitrahmen eine Mängelbeseitigung gewährleistet werden kann,
zum Beispiel über die Bereitstellung von Fördermitteln zur Aufwertung öffentlicher Räume.
Mögliche Umsetzung des vorgeschlagenen Verfahrens
Es ist sinnvoll, das skizzierte Verfahren bis zur nächsten, im Jahr 2023 anstehenden Stufe der
Lärmaktionsplanung in Pilotvorhaben mit Beteiligung von ein oder zwei Berliner Bezirken zu
testen und weiter zu entwickeln. Dabei sind die Belange der Berliner Umweltgerechtigkeitskon-
zeption zu berücksichtigen. Der Lärmaktionsplan 2023-2028 berichtet anschließend über die
Pilot-Ergebnisse, entwickelt darauf aufbauend eine gesamtstädtische Vorgehensweise und
beziffert den damit verbundenen Aufwand.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
7. Zusammenfassung
Für Berlin ist ein Lärmaktionsplan (LAP) nach EU-Umgebungslärmrichtlinie und § 47d Bundes-
Immissionsschutzgesetz aufzustellen und spätestens alle fünf Jahre zu überprüfen und bei
Bedarf zu überarbeiten. Der vorliegende Lärmaktionsplan 2018 schreibt die Lärmaktionspläne
2008 und 2013-2018 mit folgenden Inhalten fort:
� Lärmbelastung: Lärmbedingte Probleme treten an vielen Stellen der Stadt auf. Allein durch
den Straßenverkehr ist fast ein Zehntel der Wohnbevölkerung Lärmpegeln ausgesetzt, die
auf Dauer potenziell gesundheitsgefährdend sein können.
� Realisierte Maßnahmen: Berlin betreibt bereits seit über 15 Jahren eine aktive Lärmminde-
rungsplanung. Die Umsetzungsbilanz ist positiv. Rund drei Viertel der konkret benannten
Empfehlungen aus den Lärmaktionsplänen 2008 und 2013-2018 wurden realisiert, sind in
Umsetzung oder die Realisierung ist zu einem späteren Zeitpunkt gesichert.
� Öffentlichkeitsbeteiligung: Die Erstellung dieses Lärmaktionsplans wurde von einer inten-
siven Öffentlichkeitsbeteiligung mit Online-Plattform, Präsenzveranstaltungen und mobi-
len Workshops begleitet. Die Bürgerinnen und Bürger machten davon regen Gebrauch, al-
lein die Online-Beteiligung zu Lärmorten ergab rund 1.600 Hinweise. Diese werden in der
Planung und der Umsetzung von Maßnahmen, soweit möglich, berücksichtigt.
� Lärmmindernde Maßnahmen: Bisherige Strategien haben sich bewährt und sollen fortge-
führt werden, u. a. bei Fahrbahnerneuerungen, stadtverträgliche Geschwindigkeitsniveaus
(Tempo 30), Straßenraumgestaltungen, Maßnahmen bei Straßenbahn, oberirdischer U-
Bahn sowie dem passiven Schallschutz. Ein Jahr nach Inbetriebnahme des Flughafens Ber-
lin Brandenburg wird die Fluglärmsituation gemeinsam mit Brandenburg ermittelt und
Maßnahmen zur Lärmminderung geprüft. Der Aspekt der wachsenden Stadt wird mit der
Fortschreibung des Leitfadens „Lärmschutz in der verbindlichen Bauleitplanung“ und mit
einem Ansatz für die Entwicklung von Mobilitätskonzepten für Neubauquartiere aufgegrif-
fen. Um besonders lärmintensive Verhaltensweisen, die Gegenstand vieler Beschwerden
sind, zu vermindern, wurde darüber hinaus ein Ansatz zur Beeinflussung des Verhaltens
im Straßenverkehr entwickelt.
� Lärmvorsorge und Ruheorte: Die bereits 2008 festgesetzten Ruhigen Gebiete wurden über-
prüft und bestätigt, mit dem Tempelhofer Feld gibt es ein neues Ruhiges Gebiet. Zudem
wurden Kriterien für städtische Ruhe- und Erholungsräume untersucht. Dies sind Grün-
und Freiräume in den Stadträumen, die deutlich kleiner sind als die Ruhigen Gebiete.
Durch die Nähe zu Wohnquartieren oder auch zum Arbeitsplatz sind sie gut erreichbar und
können für das Wohlbefinden in der Stadt eine große Rolle spielen. Städtische Ruhe- und
Erholungsorte sollen daher stärker in den Fokus der Planung rücken. Ein Verfahren zur
Identifizierung solcher Bereiche wird empfohlen und soll in den nächsten Jahren mit einem
Pilotprojet getestet werden.
Damit legt dieser Lärmaktionsplan 2018 ein Arbeitsprogramm vor, das in den kommenden fünf
Jahren dazu beitragen soll, dass Berlin auch zukünftig vor dem Hintergrund der wachsenden
und dichter werdenden Stadt hohe Lebens- und Aufenthaltsqualitäten bieten wird.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Karten im A3-Format
Die Karten des Lärmaktionsplans finden Sie im A3 Format in der Anlage 11 – Karten.
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Anlagenverzeichnis
Anlage 1
Rahmenbedingungen
Anlage 2
Umsetzungsstand der Lärmaktionspläne 2008 und 2013-2018
Anlage 3
Auswertung der Lärmkartierung 2017
Anlage 4
Auswertungsbericht der Öffentlichkeitsbeteiligung
Anlage 5
Stellungnahmen zu den meistbewerteten Lärmorten (TOP 51)
Anlage 6
Fortführung der bisherigen Lärmminderungsstrategien
Anlage 7
Zukünftige Mobilität in neuen Stadtquartieren
Anlage 8
Verhalten im Straßenverkehr
Anlage 9
Modellprojekt Sterndamm
Anlage 10
Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Anlage 11
Karten
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Lärmaktionsplan Berlin 2018 - 2023 I ENTWURF
Impressum
Herausgeber
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Öffentlichkeitsarbeit
Am Köllnischen Park 3
10179 Berlin
www.berlin.de/sen/uvk/
Inhalte und Bearbeitung
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Gruppe Beurteilung von verkehrsbezogenen Lärmimmissionen, Maßnahmenplanung und
-umsetzung
in Zusammenarbeit mit
LK Argus GmbH
Schicklerstraße 5-7
10179 Berlin
www.LK-argus.de
Bildnachweise
Titelbild: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Abbildungen 6 und 7: LK Argus GmbH
Berlin, Juli 2019 (Entwurf)
Hinweis:
Die Erstellung des Lärmaktionsplan Berlin 2018-2023 wurde kontinuierlich durch verwaltungs-
begleitende Abstimmungen in einer Kerngruppe mit Teilnehmenden aus der Abteilung Verkehr
der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, der Verkehrslenkung Berlin (VLB)
und des Referats Wohnungsneubau der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen
unterstützt.