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S I8 von 40 Hinduismus D Religionen und Weltanschauungen • Beitrag 10
M 1 Karma, Dharma und Co. – Was ist Hinduismus?
Das Wort „Hinduismus“ ist ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche religiöse Gemeinschaften und Denksysteme. Was macht den Hinduismus aus? Und wie hängen die verschiedenen Aspekte miteinander zusammen?
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Aufgaben
1. Betrachtet die Bilder und tauscht euch über eure Assoziationen zum Hinduismus aus.
2. Nehmt anschließend die Info-Kästchen zur Hand und ordnet diese den Bildern zu.
3. Subsumiert die hier angesprochenen Aspekte des Hinduismus unter sinnvolle Oberbegriffe. Setzt diese dann zueinander in Beziehung.
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S I 9 von 40HinduismusD Religionen und Weltanschauungen • Beitrag 10
Der Schutz der Kuh ist in den hinduisti-schen Religionen bis heute ein wichtiger Aspekt. Kühe gelten Hindus als unantast-bar. Sie zu töten, ist undenkbar. Dies gilt Hindus als verunreinigendes Vergehen. Auch wenn nicht alle Inder Vegetarier sind, so würden sie doch niemals Rindfleisch es-sen.
Der Begriff „Hinduismus“ stellt einen Sam-melbegriff dar für unterschiedliche, neben-ein ander existierende religiöse Glaubens-gemeinschaften. Deshalb ist es kaum möglich, das hinduistische Gottesbild ein-deutig zu definieren. Oft wird der Hinduis-mus als Henotheismus bezeichnet, weil die vielen Götter den meisten Hindus auch als „die vielen Gesichter eines Gottes“ gelten.
Religion und Gesellschaftsordnung, Kas-tensystem und Hinduismus sind in Indien untrennbar miteinander verbunden. Wer als Hindu auf die Welt kommt, wird in eine der vier Hauptkasten oder in die Kaste der „Unberührbaren“ hineingeboren. Die Zu-gehörigkeit zu einer dieser Gesellschafts-gruppen bestimmt das Leben von Beginn an.
Als Wege, dem Kreislauf der Wiedergebur-ten zu entkommen, gelten Hindus Askese und Meditation. Diese konkretisieren sich in sechs klassischen philosophischen Sys-temen. Der bis heute bekannteste ist der Yoga, wenn auch in Europa nur in einer eher körperbetonten Variante, dem Hatha Yoga.
Gemäß hinduistischer Vorstellung stellt der Tod nicht das Ende des Lebens dar, sondern einen Wechsel von einer Daseins-form in eine andere. Es existiert eine im-merwährende Kette von Leben und Schöp-fungszyklen, die entstehen und vergehen. Pflanzen, Tiere, Menschen, aber auch die Götter, unterliegen diesem Kreislauf. Gleich einem ständig sich drehenden Rad hält er den Lauf der Welt in Gang – man nennt ihn Samsara. Ziel aller Hindus ist deshalb die Erlösung durch Auflösung ohne Wiederkehr.
Ehen in Indien sind arrangiert. Braut und Bräutigam werden von den Vätern ausge-wählt. Sie lernen sich unter Aufsicht der Verwandten kennen. Entscheidend für die Partnerwahl sind neben kastenspezifischen Kriterien Alter, Bildung, Gesundheit und Hautfarbe. Nach der Hochzeit zieht die Frau in das Haus ihres Mannes, erhält dessen Familien- und Subkastennamen. Die Braut-partei trägt den weitaus höheren Anteil der Mitgift.
Aufgaben
1. Betrachtet die Bilder und tauscht euch über eure Assoziationen zum Hinduismus aus.
2. Nehmt anschließend die Info-Kästchen zur Hand und ordnet diese den Bildern zu. Tragt die ent-sprechenden Nummern in das Kästchen ein.
3. Subsumiert die hier angesprochenen Aspekte des Hinduismus unter Oberbegriffe. Setzt diese dann sinnvoll zueinander in Beziehung.
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S I 11 von 40HinduismusD Religionen und Weltanschauungen • Beitrag 10
M 2 Im Kreislauf des Lebens – Grundbegriffe des Hinduismus
Der Hinduismus vereint viele Glaubensrichtungen in sich. Dennoch gibt es Überzeugungen, die sich in allen Ausrichtungen wiederfinden – die Kerngedanken des Hinduismus.
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a) Gruppe 1: Der ewige Kreislauf des Lebens – Samsara, Karma, Wiedergeburt
Gemäß hinduistischer Vorstellung gibt es nicht nur ein Leben und eine Schöpfung. Viel-mehr existiert eine immerwährende Kette von Leben und Schöpfungszyklen, die entste-hen und vergehen. Pflanzen, Tiere, Menschen aber auch die Götter unterliegen diesem Kreislauf. Gleich einem ständig sich drehenden Rad hält er den Lauf der Welt in Gang – man nennt ihn Samsara. Für einen gläubigen Hindu bettet sich die Geburt folglich in eine Reihe von Daseinsformen. Der Tod eines Menschen stellt die Schwelle zu einer neuen Geburt („Wiedergeburt“ oder auch „Reinkarnation“) dar, bei dem der unvergängliche Wesenskern des Einzelnen (Atman), eine neue Existenzform annimmt. Wie aber vollzieht sich diese erneute Verkörperlichung?
Das Karma-Konzept geht davon aus, dass unser Handeln Folgen hat, wenn nicht in die-sem, so im nächsten Leben. Unser Handeln hat folglich nicht nur Auswirkungen auf an-dere, es hat auch Rückwirkungen auf uns selbst. Denn es bestimmt unsere Existenzform im nächsten Leben. Karma nennen Hindus die Summe all unserer Handlungen. Es lässt sich mit einer Art Bankkonto vergleichen: Sammeln wir positives Karma an, stehen wir „im Plus“. Die Wiedergeburt vollzieht sich unter besseren Bedingungen. Im umgekehrten Fall gilt das Gegenteil. Deshalb ist es das Ziel eines jeden Hindu kein negatives Karma mehr anzusammeln, um dem Kreislauf der Wiedergeburten zu entrinnen. Die Befreiung aus dem Kreislauf nennen Hindus Moksha.
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b) Gruppe 2: Ausstieg als Ziel? – Atman, Brahman und Mukti
Für die meisten Hindus ist Leben mit Leiden verbunden. Ziel eines jeden Hindu ist es deshalb, dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) zu entrinnen. Abgeleitet vom Sanskrit-Wort „muc“, was befreien bzw. erlösen bedeutet, heißt diese Unterbre-chung des Kreislaufes Mukti oder auch Moksha. Im Falle von Mukti sammelt der Einzel-ne kein neues, negatives Karma mehr an. Das Selbst (Atman) verbindet sich mit der Weltseele (Brahman) oder geht in Brahman auf. Brahman ist formlos, abstrakt und un-vergänglich. Es bildet den Urgrund allen Seins und zeigt sich uns in wechselnden For-men, in allem, was wir in der Welt antreffen. Weil wir mit unseren Sinnen aber nur die sekundären Ausprägungen von Brahman wahrzunehmen vermögen, lassen wir uns vom Schein täuschen. Wir verkennen das wahre Wesen der Welt und unseres Seins und blei-ben deshalb im Kreislauf der Wiedergeburten gefangen.
Eine Möglichkeit, Mukti zu erlangen, ist Erkenntnis. Diese aber ist nur möglich, wenn wir Abstand von der Welt und ihrem trügerischen Schein gewinnen. Manche suchen durch Yoga und Askese ihr wahres Selbst zu finden und sich mit Brahman zu verbinden. Dieser Weg ist jedoch mühsam und im Alltag kaum praktikabel. So bieten die Upanishaden, eine Sammlung philosophischer Schriften des Hinduismus, zwei weitere Alternativen an: Die bis heute größte Rolle im Alltag der Hindus spielt der „Weg des Handelns“. Ihm zu-folge kann Erlösung auch durch Beten, Meditieren, das Darbringen von Opfergaben so-wie Lesen oder Hören der heiligen Schriften erreicht werden. Die Bhagavadgita, eine der zentralen Schriften des Hinduismus, nennt zusätzlich ethisches Handeln, soziales Enga-gement und die Gottesliebe (bhakti) als Wege zur Erlösung.
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S I12 von 40 Hinduismus D Religionen und Weltanschauungen • Beitrag 10
Autorentext.
Aufgaben
1. Lies zunächst den ganzen Text. Unterstreiche dabei zentrale Schlüsselbegriffe.
2. Entscheide dich dann für ein Unterkapitel, das du eingehender bearbeiten möchtest.
Text a: Der ewige Kreislauf des Lebens – Samsara, Karma und Wiedergeburt: Beschrifte die Struk-turskizze M 3 mit geeigneten Begriffen sowie kurzen Erläuterungen.
Text b: Ausstieg als Ziel? – Atman, Brahman und Mukti: Stelle Mukti gestalterisch dar. Arbeite mit Farben.
Text c: Dienen als Pflicht? – Varnashrama-dharma: Erstelle eine Strukturskizze zur Visualisierung der gesellschaftlichen Struktur Indiens. Notiere darin die unterschiedlichen Kasten und fasse die wichtigsten Informationen über sie zusammen.
c) Gruppe 3: Die hinduistische Gesellschaftsordnung – Varnashrama-dharma
Offiziell wurde das Kastenwesen im Zuge der Unabhängigkeit Indiens 1947 abgeschafft. Die indische Verfassung räumt allen Menschen gleiche Rechte ein. Dennoch kommt dem Kastenwesen in Indien bis heute große Bedeutung zu. Einerseits entscheiden wie in westlichen Ländern Ausbildung und Leistung über die Vergabe eines Arbeitsplatzes und damit über den sozialen Status eines Menschen. Andererseits erscheint es den meisten Indern immer noch undenkbar, ihre Kinder mit Angehörigen einer niederen Kaste zu verheiraten. Nicht wenige Hindus sehen in den unterschiedlichen Kasten eine Ausdiffe-renzierung gesellschaftlicher Aufgaben, welche die Gesellschaft als Ganzes funktionsfä-hig erhält.
Wie entstand das Kastensystem? Ausgehend von der Unterwerfung der Urbevölkerung durch einwandernde Indogermanen zwischen 2200 und 1200 v. Chr. verband man eine hierarchisch gestufte Sozialstruktur mit religiösen Grundbegriffen wie der Karma-Lehre. Idealtypisch gesehen unterscheidet man vier Kasten, diese differenzieren sich in bis zu 3000 Untergruppen. Dieses Konzept, dass Menschen in unterschiedlichen Lebensberei-chen und Lebensstadien verschiedene Aufgaben zukommen, nennen Hindus varnashra-ma-dharma.
Den ältesten heiligen Schriften Indiens (Veden) gemäß entstammt die Priesterkaste (Brahmanen) dem Mund eines mythologischen Urindividuums (Purusha). Folgt man dem Mythos, so gingen aus seinem Arm die Kshatriyas (Krieger und Adlige), aus seinen Schenkeln die Vaishyas, Bauern und Händler, und aus den Füßen die Shudras hervor. Während die Brahmanen als priesterliche Elite Opfer darbringen und lehren sollten, wur-de den Kshatriyas die Aufgabe zuteil, das Volk zu schützen. Den Vaishyas oblag die Pflicht, durch Viehzucht und Ackerbau die Menschen zu ernähren, während die Shudras den anderen Kasten zu Diensten sein sollten. Unterhalb der vier Kasten gab es noch die Pa-rias, die sogenannten Kastenlosen, die als unrein galten und auch „Unberührbare“ ge-nannt wurden.
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S I 13 von 40HinduismusD Religionen und Weltanschauungen • Beitrag 10
M 3 Die Karma-Lehre im Überblick
Du hast dich mit der hinduistischen Vorstellung vom Kreislauf des Lebens auseinandergesetzt. Betrachte nun die nachfolgende Skizze und beschrifte sie.
Grafik: Doris Köhl.
Aufgabe
Beschrifte die Skizze oben mit geeigneten Begriffen sowie kurzen Erläuterungen.