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Marcus-Theorie des ElektronentransfersElektronentransfer zwischen Ionen und an der Grenzfläche Metall-
Elektrolyt
1. ElektronentransferEine elektrochemische
Reaktion besteht aus Ladungstransferreaktionen innerhalb der elektrochemischen Doppelschicht.
Analoges gilt für Ionenreaktionen in Lösung.
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Ladungstransfer:Der Ladungstransfer erfolgt über den quantenmechanischenTunnelprozess:strahlungsloser Übergang durch eine Energiebarriere zwischenEnergieniveaus gleicher Höhe (= gleicher Energie)Tunnelwahrscheinlichkeit für Elektronen P 1, da:de-Broglie-Wellenlänge des Elektrons bei einer Austrittsarbeitvon 5 10-12 erg/atom: e 10-3 cm =105 Å >> dOHP !
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Ladungstransfer:Tunnelwahrscheinlichkeit:
EUm
hLPT 0
2
2exp
U0: energetische Höhe der Barriere, L: Breite der BarriereE, m: Energie und Masse des tunnelnden Teilchens
der Elektronentransfer an der Elektrode und bei Redoxreaktionen in der Lösung sollte unmessbar schnell ablaufen!!
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Problem: die Realität!
(a) Die gemessenen Geschwindigkeitskonstanten überdeckeneinen Bereich von mehr als 10 Zehnerpotenzen!!
(b) ET-Raten für kleine Ionen (z.B. Fe3+) sind sehr viel kleiner
als jene für große Ionen (z.B. Fe(CN)63-)! (Das
Umgekehrtehätten wir erwartet!)
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Erste Idee zur Lösung:
Je kleiner die Ionenradien sind, desto größer ist die elektrostatische
Wechselwirkung, desto größer und fester gebunden ist die Solvathülle --> größere Energien sind zur Umorientierung
notwendig!
Libby 1952: unterschiedliche Solvatisierungsenergien(„dielektrische Reorganisierungsenergien“) für unterschiedlicheIonenkomplexe:
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Marcus:
Marcus ließ sich, nach eigenen Angaben, von Libbys Arbeitinspirieren, traf diesen selbst aber erst viele Jahre später. VonLibby übernahm der die Verwendung des Frank-Condon-Prinzipsund die Erkenntnis über die Schlüsselrolle der Solvatisierungsenergien.Er stellte aber auch fest, dass Libbys theoretische Ableitungfehlerbehaftet war, da sie den Energieerhaltungssatz verletzte.
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Marcus TheorieMarcus 1956: erste quantitative Formulierung durch folgende
Ableitung:Zwei Ausgangsprinzipien:1. Der Elektronentransfer erfolgt (als Tunnelprozess) zwingend
isoenergetisch
2. Franck-Condon-Prinzip: da der Elektronenübergang selbst sehr viel schneller abläuft (10-15 s), als die Bewegung der Atomkerne (10-13 s), ändern sich die Kernkoordinaten während des Übergangs selbst faktisch nicht
Schlußfolgerung:Der Elektronentransfer ist ein strahlungsloser FC-Übergang, der erst
dann abläuft, wenn die geeignete Konfiguration der Polarisations- und Schwingungskoordinaten in der Solvenshülle durch die Fluktuationen erreicht worden ist!
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Marcus Theorie
Wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit solch einer Fluktuation?
Eine dritte geniale Idee aber war vonnöten, um das Problemso weit zu vereinfachen, dass es berechenbar wurde:Im hochdimensionalen Raum aller Bewegungsfreiheitsgradeder Solvensmoleküle stellt der Reaktionsweg eine Kurve minimalenEnergieunterschieds über eine Sattelpunkt (auf der Flächeder potentiellen Energie) dar.Diese Reaktionskurve interpretierte Marcus als eine verallgemeinerteglobale Reaktionskoordinate!
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Ableitung der Marcus-FormelG
RP
G
G140
*
y
y
*
140
VerallgemeinerteReaktionskoordinate
Schwingungsenergienbeider Solvathüllen
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Ableitung der Marcus-Formel
Schwingungsenergien beider Solvathüllen:
02
02 )y-a(yf(y) :P und )(:R Gayyf
Forderung: beide Prinzipien müssen gleichzeitig erfüllt sein:--> kann nur im Schnittpunkt der Parabeln stattfinden!
G
RP
G
G140
*
y
y
*
140
02
02* )y-a(y :y Gay
0020
* 2ayGayy
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Ableitung der Marcus-FormelDann ist die Aktivierungsenergie im
Schnittpunkt gleich:
mit 4 20
20
* ayGG
- Reorganisierungsenergie
Daraus folgt für die Geschwindigkeitskonstante entsprechend der Theorie des Übergangszustandes:
RTGk ET
4
exp2
0
- Transmissionskoeffizient ( 0 .. 1 )
- Frequenz der Bewegung durch den Übergangszustand entlang der Reaktionskoordinate („Stoßzahl“) (1012 - 1013 s-1)
G
RP
G
G140
*
y
y
*
140
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Reorganiserungsenergie
outin
Reorganisierungsenergie: Energie, die nötig ist, um alle Atome vom Ausgangszustand in den Produktzustand umzuorientieren.
Man unterscheidet einen inneren und einen äußeren Anteil:
„inner sphere“ und „outer sphere“
Innere Schale: Änderung der Bindungslängen und manchmal auch des Spinzustandes der Liganden
Äußere Schale: Änderung der Orientierung der Solvensdipole, betrachtet in der Kontinuumsnäherung
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Reorganiserungsenergie
„outer sphere“:(Libby 1952, Marcus 1956, dielektrische Reorganisationsenergie):jeder Komplex behält seine Koordinationsschale während des Elektronentransfers, nur die äußeren Solvent-Moleküle werden umorientiert (Bornsche Kontinuumsnäherung der Polarisationsenergie) Anregung durch Polarisationsfluktuationen:
sopBAAout drreN
111
21
212
: Dielektrizitätskonstanten im statischen und hochfrequenten Grenzfall,Donor und Akzeptor sind kugelförmige Körper mit den Radien r, d ist der Abstand
outin
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Reorganiserungsenergie
„inner sphere“(George und Griffith 1959, Marcus 1960, 1965):zwei Komplexe bilden ein Intermediat, wobei mindestens ein Ligand während des Elektronentransfers beiden gemeinsam ist Vibrationsanregung --> Berechnung über die Summe der Kraftkonstanten der relevanten Schwingungen der Ion-Solvent-Bindungen:
i
iPi
Ri
Pi
Ri
in qffff
outin
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Marcus-Theorie: Folgerungen I1. Erhöhung der Triebkraft -G0 : k erhöht sich folgerichtigABER: Maximum von k bei -G0 =, danach verkleinert sich k bei
weiterer Erhöhung der Triebkraft -G0 ! (= "invertierte Region" )
(a) (b) (c)
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Marcus-Theorie: Invertierte Region
1956 bis 1986:Jahre des Zweifels an
der Richtigkeit der Theorie!!
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Marcus-Theorie: Folgerungen IIAnwendung auf die Elektrochemie:
In der Elektrochemie gilt für die freie Reaktionsenthalpie:
G0 = F (E – E0) = F
RTFkkred
4exp
20
Analog für die Oxidation:
RTFkkox
4exp
20
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Marcus-Theorie: Folgerungen II
RTFkkred
4exp
20
die Tafel-Auftragung liefert:
RTFii
4)ln()ln(
2
0
Wo bleibt die lineare Tafel-"Gerade"??
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Marcus-Theorie: ElektrochemieDie Lösung des Paradoxons liegt in den relativen
Größenverhältnissen der Energiebeiträge:
1. Wie groß ist die maximal mögliche Überspannung, bevor die Diffusionslimitierung einsetzt (Grenzpotential der Diffusionsüberspannung)?
diFDc
FRT
DL0
0ln
2. in der Regel ist das äquivalente Potential der Reorganisationsenergie größer als das Grenzpotential:
DLF
Für viele Hexaquo-Komplexe: = 2 .. 4 eV
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Marcus-Theorie: Elektrochemische Kinetik
Dann gilt im ansteigenden Bereich der Strom-Spannungs-Kurve:
RTRT
FRTF
RTF
421
42
4
22
D.h.:
RTRTFii
421)ln()ln( 0
lineare Abhängigkeit, Anstieg: 0.5 F/RTd.h. Butler-Volmer mit Transferkoeffizient = 0.5 !!
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Marcus-Theorie: Jenseits der Linearität
Aber: Gibt es Abweichungen von der Geraden, wenn die obige
Ungleichung nicht erfüllt ist?Warum werden diese Abweichungen kaum beobachtet?
DLF
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Marcus-Theorie: Jenseits der Linearität
C.Miller, P.Cuendet, M.Grätzel:
J.Phys.Chem. 1991,
95, 877-886For all these data, the diffusion-limited rate of mass transfer of the redox species to the electrode measured at a bare electrode was at least 20 times higher than the maximum measured rate so that diffusion limitations were avoided.Trick: Thiol-Monolayer als ET-Barriere
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Marcus-Theorie: Jenseits der Linearität
RTF
RTFii
4exp
4exp
22
0
Wie also sieht dann die „Butler-Volmer“-Gleichung unter Einbeziehung der Marcus-Theorie aus?
Butler-Volmer-Marcus-Gleichung der elektrochemischen Kinetik des Ladungstransfers!
RTF
RTFii 5.0exp5.0exp0
Dabei wurde berücksichtigt, dass der Markus-Term für die Rückreaktion folgendermaßen aussieht:
RTGk ET
4
exp2
0
Mit der Näherung für kleine Überspannungen folgt daraus die klassische Butler-Volmer-Gleichung:
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Marcus-Theorie: Jenseits der Linearität
RTF
RTFii
4exp
4exp
22
0
Umformung in eine vertrautere Form (keine Näherung):
RTF
RTFii 21'
0 expexp
Mit den beiden Transferkoeffizienten:
21
21
1F
und
21
21
2F
Die Koeffizienten sind schwach von der Überspannung abhängig! Die Summe ist trotzdem exakt gleich Eins!
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Marcus-Theorie: Universalität
Redoxreaktionen in Lösungen Elektrochemische Reaktionen Elektronentransferprozesse innerhalb von Biomolekülen -->
intramolekulare Konfigurationsänderungen!