www.agp-sozialforschung.de 125.10.2014
Aktiv und selbstbestimmt mitDemenz in einer sorgenden
GesellschaftProf. Dr. habil Thomas Klie
Freiburg
Gemeinsam Demenz begegnen …Bozen
25. Oktober 2014
www.agp-sozialforschung.de 225.10.2014
Aktiv & Selbstbestimmt?
• Können/dürfen wir die Prämissen unserer modernen Leistungsgesellschaft auf Menschen mit Demenz übertragen?
– Braucht es (zumindest) ein anderes Verständnisses von Aktivität ?
• Ist das Leitbild der Selbstbestimmung anthropologisch angemessen, wenn es um Vulnerabilität und Verwiesenheit auf Hilfe geht?
– Wie können wir Autonomie (wieder) anders denken ?
www.agp-sozialforschung.de 525.10.2014
Johann Christoph Friedrich von Schiller
(1759 – 1805)
Nicht mehr davon,Ich bitt Euch.Zu essen gebt ihm und ein Dach –Habt Ihr die Blöße erst bedecktDann ergibt sich die Würde von selbst
Menschenwürde
www.agp-sozialforschung.de 625.10.2014
Im Grund genommen beginnt die ganze feinfühlige, die Menschenwürde achtende Auseinandersetzung mit dem anderen damit, dass wir ihm einen fundamentalen Respekt entgegenbringen
Richard Sennett
Würde und Respekt
www.agp-sozialforschung.de 725.10.2014
Die zwei Seiten der Würde
• Privatheit
– Mein Leben leben dürfen
– Bei mir sein können
– Respekt vor meinenGrenzen erleben
– Abwehr von Übergriffen, auch fürsorglichen
– Nicht Objekt werden
– Nicht gläsern sein
– Geheimnisse haben dürfen
• Zugehörigkeit
– Sich als Teil der für einenrelevanten Gesellschaft / Gemeinschaft erleben
– Wertschätzung in sozialerInteraktion erfahren
– Bedeutsam sein
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Kultur und Demenz
• Eine Gesellschaft, die sich nicht um Respektvor Hochbetagtenbemüht, hat keineKultur
(6. Altenbericht der Bundesregierung)
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Menschenwürde und soziale Beziehung
Würde ist kein Zustand, sondern eine soziale Beziehung, die nicht das leiseste Schwanken im Gleichgewicht zwischen Selbstachtung und der durch die anderen erfahrenen Bestätigung zulässt (Le Breton 2003)
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2. Teilhabe
• Das dem Menschensubjektiv elementarbedeutsame an gesellschaftlicherTeilhabe ermöglichen
• Auch für Menschen mitDemenz
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Teilhabe an ….
• Am Arbeitsleben• Am politischen Leben• Am Verkehr• Am Konsum• Am kulturellen Leben• Am gesellschaftlichen Leben• Am Leben der Familie• Am religiösen Leben
• An dem, was Menschen elementar bedeutsam ist
• Auch unter Bedingungen von Vulnerabilität
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Demenz und BRK
• Menschen mit Demenz sind Menschen mit Behinderungen
– Nicht reduziert auf Pflege
– Nicht gleichgesetzt mit Alter
– Ausgestattet mit Rechten
– Behindert durch Gesellschaft
• Herausforderung für Gesellschaft mit Demenzleben zu lernen
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Mit Demenz leben Lernen
• Praktisch
– Verstehen
– Kommunizieren
– respektieren
• Paradigmatisch
– Teilhabeorientierung
– Nicht pathologisieren
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Teilhabe bei Demenz durch Pflege ?
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städt. Regionen
ländl. Regionen
Netzwerk
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Engagement gefragt
• Neue Bedeutung einerzivilgesellschaftlichenSichtweise
• Demenzfragen: nichtdelegationsfähig an Staat,Markt und Familie
• Gleichzeitig: keineFunktionalisierung und Instrumentaliserung derFreiwilligen
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Teilhabe: Nicht selbstverständlich
• Rückzug– Aus Arbeit, Gesellschaft
• Scham– Achtungsverlust– Unsicherheit
• Pathologisierung– Medikalisierung– Distanzierung
• Dämonisierung– witchcraft
• Ausgrenzung– Sozial– physisch
• Pflegefall– Reduktion
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Teilgabe
• „Teilgabe meint, dass jedes Mitglied einer Gesellschaft seinen Beitrag zur Gestaltung des gesellschaftlichen Miteinanders in allen Fragen, die sein Leben betreffen, leisten kann. “ M. Gronemeyer
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3. Rückzug
• Recht auf Weltferne(Sloterdijk)
• Demenz als ein Weg ausdem Leben(R.Gronemeyer)
• Bedeutung innererWelten
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4.Who cares?
• „dass dein Leiden auch mein Leiden, dein Glück auch mein Glück ist, ist Voraussetzung für eine bessere Welt“ M.
Gronemeyer
• Zukunftsfrage im demographischen Wandel
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In Sorge um die Sorge
• Wird für mich gesorgt sein?
• Haben meine Kinder eine Zukunft?
• Sorgenbarometer der Deutschen
– Alter und Pflege ganz „oben“
• Nicht zur Last fallen wollen
– Bereitschaft zum Lebensverzicht
• Sorge um die Würde und Personalität
– Meritokratischer Würdebegriff
– „so will ich nicht enden“
– Recht auf den eigenen Tod
• Vertrauen auf Professionalisierung:– Pädagogik der Kindheit
– Pflege
→ Errungenschaft und Gefahr
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Sorge?
Ein betulicher, altmodischer Begriff?Neue Aktualität
Vorausschauende Anteilnahme des Menschen an seiner Umwelt und sich selbstdie Sorge um den anderen und das Glück des anderen als zentrale Dimension der Existenz „Die einfache Sorge ist aller Dinge Anfang“ (Albert Camus)die soziale und gesellschaftliche Bezogenheit des Menschen gehört zum Kern menschlicher Existenz (Hannah Arendt) Wer seine Person gestaltet, dessen Leben wird wahr (Selbstverantwortlichkeit). Wer sein Land mitgestaltet, dessen Leben wird ganz (Mitverantwortlichkeit) (Andreas Kruse ).
Überwindung einer ökonomisierten Sichtweise des Lebens und der Gesellschaft
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Caring Community
Eine sich sorgendeGemeinde, Kommune, sorgt sich Um Zukunftsfähigkeit
Um Kinder
Um Integration
Um Werte
Um Spiritualität
Um den Anderen
Um Vulnerable
Um Sterbende und Trauernde
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Gemeinschaften?
• Gemeinschaften, in denen gesorgt wird
– Familie
– Nachbarschaften
– Freundeskreise
– Selbstorganisation und Assoziierung
– Glaubensgemeinschaften
– Kommune• Kreis, Gemeinde, Sublokale
Einheiten, Quartier
• soziales Miteinander und gegenseitige Verantwortung
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Drei Ebenen einer subsidiär angelegten Gesellschaftsordnung
• Die selbsttätige und eigeninitiative Person
• Die haltende und unterstützende Sozialwelt
• Der gewährleistende und regulierende Staat
• “Führe Dein eigenes Leben!”
• “Kümmere Dich um DeinenNächsten”
• “Verstehe Dich auf das Allgemeine!”
Bude 2006
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SubsidiaritätOrdnungsprinzip und Resultat zugleich
Subsidiarität setzt voraus, dass eineübergreifende Gesamtaufgabe auf eine Vielfalt von Akteuren und Trägern verteilt ist, die sichergänzen, um zur Erfüllung derGesamtaufgabe das ihnenGemäße beizutragen
Einfache Bilder von konzentrischenKreisen der Verantwortungwerden unserer modernen, funktional ausdifferenziertenGesellschaft nicht mehr gerecht.
Der Rückgriff auf das Subsidiaritätsprinzip verlangt nacheiner Debatte über Fairness: auf dem Weg in die “geteilte Sorge”
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Staat Markt
Assoziationen
(Dritter
Sektor)
Primäre
Netze
(Informeller
Sektor)
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Subsidiarität: Erinnerung an Grundlagen der Solidarität
• Solidarität: Nicht (allein) pragmatischund rational – Auch die Logik der Zeitbanken wird
scheitern
• Die Ethik der Subsidiarität ankert in der “Güte der unbegrenztenVerantwortlichkeit”(Levinas), die in der familialen Erfahrung ihrenUrspung hat, aber in der Beziehungzum fremden Nächsten ihreBewährung findet (Bude)– Bedeutung der Sozialisation
• Bricht sich mit– Der Dominanz von Marklogiken,– Umfassenden
Sozialstaatserwartungen, – Machtstrukturen der
Sozialadministration
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Organisierte Solidarität?
• Kleine Lebenskreise– Familien
– Nachbarschaftliche Solidarität
– Wahlverwandtschaften
• Selbstorganisation– Selbsthilfe
– Genossenschaft
– Verein
• Verbandlich / staatlich organisiert– Ehrenamt
– Freiwilliges Engagement
– Freiwilligendienst
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Sorgende Gemeinschaft?
• Hilfemix als Gemeinschaft?
– Auf Zeit?
• Familien in Nachbarschaften als Gemeinschaft?
– i.S. örtlicher Solidarität
• (Wahl-) Verwandtschaften
– Wohnprojekte
– Genossenschaften
• Wohngemeinschaften/Wohn-gruppen als Gemeinschaft?– Neue Formen von familialer,
freundschaftlicher Solidarität