Mit Wandel umgehen –Erneuerung in einer traditionellen NPOSwissFundraisingDay 2018Thomas Witte, Leiter M&KStiftung Kinderdorf Pestalozzi21.06.2018
Vorführender
Präsentationsnotizen
Eine über 70-jährige Geschichte geht nicht spurlos an einem traditionellen Schweizer Hilfswerk vorbei Häufig lösen Veränderungen im gesellschaftlichen und politischen Umfeld strategische Korrekturen aus Der Druck der Öffentlichkeit kann solche Veränderungsprozesse beschleunigen
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1945: 20'000'000 Kriegswaisen
Vorführender
Präsentationsnotizen
Das Leid der vielen Kinder, die Opfer des Krieges wurden, löste in der Schweiz grosse Betroffenheit aus Die Hilfsbereitschaft im und nach dem Krieg sind Meilensteine der humanitären Tradition, auf die wir uns noch heute berufen dürfen
«Da der Geist des Menschen sich zuerst im Kinde entfaltet, so kann nicht früh genug damit begonnen werden, schon dem Kinde das Bild des Friedens in der Freiheit einzuprägen und alle seine seelischen Kräfte mit ihm vertraut zu machen.»Walter Robert Corti in der Zeitschrift DU, August 1944
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Präsentationsnotizen
Der Gründerkreis um Corti, wollte nicht nur den armen Kindern helfen Es sollte nie wieder einen solchen Krieg geben und dafür müssen wir das friedvolle Zusammenleben lernen Corti sah bei Kindern die mentale Flexibilität, Fremden offen zu begegnen und in an anderen Kulturen eine Bereicherung und keine Gefahr zu sehen
«Bauen wir eine Welt, in welcher die Kinder leben können»Walter Robert Corti in der Zeitschrift DU, August 1944
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Präsentationsnotizen
Die Gründungsphase ist von Idealismus und Enthusiasmus geprägt und wird in der Schweiz und international positiv aufgenommen Die Vision Cortis begründete eine internationale Bewegung, es entstanden weitere Pestalozzi Kinderdörfer nach dem Vorbild Trogens in Deutschland, England und Indien. Der Verbund war jedoch immer nur lose, die Pestalozzidörfer entwickelten sich über die Zeit in unterschiedliche Richtungen Das Kinderdorf in Trogen ist ein Modell und ein Labor für die Grundlagen des friedlichen Zusammenlebens Corti stand im Austausch mit Herman Gmeiner, dessen SOS-Kinderdörfer ab 1949 nach dem Vorbild Trogens gebaut wurden Im Kinderdorf werden internationale Organisationen (z.B. FICE) gegründet, die heute noch bestehen, die Nähe zur UNESCO ist anfangs sehr gross
Auf Spenden gebaut
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Präsentationsnotizen
Im Krieg erklärte sich der Bundesrat bereit, bis zu 6'000 Kriegswaisen in der Schweiz aufzunehmen Als dann das Kinderdorf in Trogen für 200 Kinder gebaut wurde, wurden dafür keine Mittel gesprochen Das Geld kam anfangs mit der Unterstützung von Pro Juventute aus der Schweizer Bevölkerung und Wirtschaft, so wie aus dem Ausland Der Bau wurde grösstenteils von Freiwilligen geleistet, die ebenfalls aus der ganzen Welt nach Trogen kamen Trotz grossem Engagement von Freiwilligen, Spenderinnen und Spendern, war die finanzielle Situation schon zu Anfang immer wieder prekär (Häuser-)Patenschaften trugen stark zur Finanzierung bei – die Argumente, die seinerzeit gegen die Einführung von Einzelkindpatenschaften formuliert wurden, sind auch heute noch beispielhaft bereits 1952 erhielt die SKP das erste Legat
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Äusserer Wandel – Veränderungen im Innern
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Präsentationsnotizen
Die Schweiz hat sich seit dem Krieg stark verändert Die Flüchtlinge, die 1960 aus Tibet in die Schweiz und ins Kinderdorf kamen, waren wohl die letzten, die nahezu durchgehend mit Wohlwollen begrüsst wurden Spätestens seit der Schwarzenbach-Initiative, gewissermassen die Geburtsstunde der typischen SVP-Kampagnen, wie wir sie heute kennen, ändert sich die Haltung gegenüber Fremden Das führt letztlich im Asylwesen dazu, dass die Schweiz ab 1995 keine Flüchtlingskontingente mehr aufnimmt und damit dem Kinderdorf den Gegenstand seiner Arbeit entzieht
Massive Kritik am Modell Kinderdorf
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Präsentationsnotizen
1980 gerät das Kinderdorf öffentlich massiv in die Kritik, zunächst durch einen Artikel im TagiMagi, kurz darauf legt der Beobachter nach. Die Media-Clippings des vierten Quartals füllen zwei dicke Archivmappen, praktisch alle Schweizer Medien greifen das Thema auf, sogar im Ausland wird über das Kinderdorf geschrieben Zugrunde liegt der Kritik eine schon länger schwelende Debatte über die programmatische Ausrichtung im Innern, die via Medien nach Aussen getragen wird In der Folge schafft sich die SKP ein zweites programmatisches Standbein, die Auslandsarbeit, damals Hilfe vor Ort genannt: 1982 werden die ersten Projekte in den Herkunftsländern der Kinder im Kinderdorf gestartet, das Koordinationsbüro hat seinen Sitz in Fribourg, die SKP nun also drei Standorte Jedoch befindet sich die Stiftung weiterhin eine Sinnkrise, denn die Frage "was geschieht im Kinderdorf" kann lange nicht befriedigend beantwortet werden
Die Welt, die Schweiz, das Dorf…
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Schweiz
Politische VeränderungenSchwarzenbach-Initiative ändert Haltung ggü. Fremden IVSE verändert
Nach den Kriegswaisen des WK II kommen Sozialwaisen aus den ganz Europa, später Flüchtlingskinder aus der ganzen Welt nach Trogen Der Einstieg in die Entwicklungszusammenarbeit beantwortet eine Sinnfrage: warum erhalten immer nur wenige Kinder Hilfe, während es Millionen weiterhin schlecht geht Die Interkulturellen Austauschprojekte, die heute im Kinderdorf stattfinden, verbreitern ebenfalls die Wirkung – in einem Jahr kommen heute sehr viel mehr Kinder ins Kinderdorf (>2’000) als während der gesamten Heimphase, die erst 2014 mit der Schliessung des sozialpädagogischen Heimangebots beendet wurde. Insgesamt lebten von 1946 bis 2014 etwa 1’600 Kinder für längere Zeit im Kinderdorf. Einen Austausch mit Schweizer Schulklassen, die ihr Lager im Kinderdorf verbrachten, gab es praktisch seit der Gründung – der interkulturelle Austausch mit Schweizerinnen und Schweizern gehört also seit 70 Jahren zum programmatischen Repertoire Die Zusammenlegung aller Abteilungen in Trogen im Jahr 2001 schaffte die Basis für eine integrierte Entwicklung der Organisation und initiiert die Beendigung einer 20 Jahre schwelenden, latenten Krise der Organisation Die grössten strategischen Herausforderungen liegen heute in der 70-jährigen Bausubstanz des Dorfes und in der schwindenden (staatlichen) Unterstützung für die Ziele einer nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit
Mit Wandel umgehen heisst…• sich als Organisation den Fragen zu stellen, die durch
Veränderungen im gesellschaftlichen und politischen Umfeld entstehen…
• Antworten zu finden, die den Stakeholdern vermittelt werden können, diese bei der Stange halten oder helfen, neue Unterstützer zu gewinnen…
• Und dabei dem eigenen Kompass nicht zu verlieren