„Morbus Crohn, Colitis ulcerosa“: Ursachen und diagnostische Standards –
upd@te 2013
Dr. med. Thomas KrauseFA für Innere Medizin, Zertifikat CED der DGVS
3. Seminar „Viszeralmedizin“ Rotes Kreuz Krankenhaus Kassel
27. Februar 2013
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„Morbus Crohn, Colitis ulcerosa“: Ursachen und diagnostische
Standards – upd@te 2013
• 1. Modell der Pathogenese chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
• 2. Diagnostische Standards bei Colitis ulcerosa: ECCO – Leitlinie 2012
• 3. Neuer Diagnostischer Standard bei Morbus Crohn: Der Lémann Score / ECCO – Leitlinie 2010
• 4. Zusammenfassung
Krause 27.02.2013
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1. Modell der Pathogenese chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
• Zitat Prof. Schreiber TNFα – Forum München 2013: „Es gibt zurzeit etwa 160 diskutierte Ursachen für CED, aber nur ein Ulkus…“→ Die Pathogenese der CED ist noch nicht vollständig geklärt
• Konsens: Bei CED – Patienten besteht eine Barrierestörung (Bakterien und Toxine können in die Mukosa der Darmwand eindringen)
Krause 27.02.2013
Schleimschicht / Mukus
Mukosa
WasserNährstoffeAngeborenes
Immunsystem
Defensine, Lecithin u. a.
AT
TA
Gesunde Darmmukosa: Bakterielle undvirale Antigene sowie Toxine können nicht durch die Schleimschicht in dieMukosa eindringen!
A Bakterielle und virale Antigene
T Toxine u. a.
AT
Bei CED besteht eine gestörte Barriere- undAbwehrreaktion: Eindringende Antigenerufen eine Entzündungsreaktion hervor
AT
Abwehrreaktion
EntzündungGestörte Barrierefunktion
Vermehrte Durchlässigkeit für Bakterien, andere Antigene und Toxine
A Bakterielle und virale Antigene
T Toxine u. a.
BakterielleInvasion
Störung vonBarrierefunktion und angeborener Immunität
Entzündung
Schmerzen und Krämpfe
Blutiger Durchfall
Anämie
Entwicklung der klinischen CED-Symptomatik
Entzündung/Abwehr durch das erworbene Immunsystem
AT
A
T
A
T
Die gestörte Barrierefunktion mit erhöhterPermeabilität für Antigene und Toxine führtzu einer Reaktion des erworbenen Immun-systems
A Bakterielle und virale Antigene
T Toxine u. a.
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1. Modell der Pathogenese chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
Funktionsstörung des Membranmukus:
• In ihm sind Phosphatidylcholin (Lecithin) und körpereigene, antimikrobiell wirksame Peptide (z. B. Defensine) eingelagert
• Bei CU: Veränderungen von Muzin – Glykoproteinen und Phosphatidylcholin mit unzureichender Einlagerung von beta-Defensinen
• Bei MC: Primäre Beeinträchtigung von Produktion, Sekretion und Einlagerung von alpha-Defensinen
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2. Diagnostische Standards bei Colitis ulcerosa (ECCO 2012)
Krause 27.02.2013
Krause 27.02.2013
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2. Diagnostische Standards bei Colitis ulcerosa (ECCO 2012)
• 1. Anamnese• 2. Labordiagnostik• 3. Endoskopie• 4. Bildgebung
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1. Anamnese bei Colitis ulcerosa (ECCO 2012)
ECCO statement 3A:• Symptome sind abhängig von der Ausdehnung der
Entzündung• Blutige Diarrhöen, rektale Blutungen, und / oder
Schmerzen im Enddarm• Nächtliche Stühle• Anzeichen einer schweren Entzündung: AZ –
Verschlechterung, Anorexie, Fieber
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2. Labordiagnostik bei Colitis ulcerosa (ECCO 2012)
ECCO statement 3F:• Initiale Labordiagnostik: Großes Blutbild, Harnstoff,
Kreatinin, Elektrolyte, Leberwerte, Eisenwerte, CRP• Essentiell: Faekales Calprotectin als exakter Marker der
Kolonentzündung• DD Infektiöser Durchfall: Pathogene Keime, CD – Toxin
additional• Weitere Stuhltests bei vorherigen Auslandsaufenthalten• Impf- und Tuberkulosestatus (Hepatitis? HIV?)
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3. Endoskopie bei Colitis ulcerosa (ECCO 2012)
ECCO statement 3H:• Bei V.a. Colitis ulcerosa: Ileokoloskopien mit
Segmentbiopsien (E1, 2, 3?)• Patienten mit schwerer Krankheitsaktivität: Röntgen
Abdomen sowie Sigmoidoskopie als First line - Prozeduren
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Endoskopische „Besonderheiten“
• 3.5.1.1. Aussparung des Rektums und “Zökalflecken”: Makroskopische und mikroskopische Aussparung des Rektums bei Kindern vor Therapie, bei Erwachsenen häufig unter Therapie.
• Fleckförmige Entzündung des Zökums bei Patienten mit Linksseitencolitis
• 3.5.1.2. Skip lesions der Appendix: Bei bis zu 75 % der Patienten mit CU
• 3.5.1.3. Backwash ileitis: Bei 20 % der Patienten mit Pancolitis
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Endoskopische Merkmale
ECCO statement 3K:• Kein endoskopisches Merkmal ist spezifisch für CU• Am ehesten: Kontinuierlicher, konfluierender
Kolonbefall mit klarer Abgrenzung der Entzündung nach oral und Rektumbeteiligung
• Verwaschene Gefäßzeichnung mit “krümeliger” Oberfläche, Spontanblutungen und tiefen Ulzerationen als endoskopische Schwerezeichen
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Endoskopische Merkmale (ECCO 2012) / UCEIS
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3. Neuer diagnostischer Standard bei Morbus Crohn: Der Lémann Score
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Der Lémann Score soll den kumulativen strukturellen Gewebeschaden des Darmes erfassen: Lokalisation?, Schwere?, Ausdehnung?, Verlauf?
„M. Crohn ist eine chronisch – progressive destruktive Erkrankung.“ Pariente et al. 2011
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Warum ein neuer Score?
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Welche diagnostischen Parameter und Untersuchungsmethoden können die Gewebeschädigung erfassen?
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Warum ist die umfassende Primärdiagnostik so wichtig?
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Welche diagnostischen Parameter und Untersuchungsmethoden können die ungünstige Prognose frühzeitig erkennen?
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Warum reichen HBI etc. nicht mehr aus?
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Bisherige Aktivitätsindizes (CDAI und HBI) und endoskopische Indizes (CDEIS, SES-CD, Rutgeerts‘ Score) sind die aktuellen Instrumente zur Beurteilung der Krankheitsaktivität. Sie können den kumulativen Strukturschaden im Verlauf jedoch nicht erfassen.
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Welche Untersuchungsmethoden können den Gewebeschaden
erfassen?
• Ultraschall: Untersucherabhängig, gute Beurteilung der Darmwand, Detektion von Komplikationen (KM – Sono!)
• CTE: > 80 % Sensitivität und Spezifität für Detektion Crohn – befallener Darmsegmente, cave: Strahlenexposition
• MRE: Sensitivität und Spezifität idem („MRE has the potential to be the most useful imaging modality to evaluate bowel damage because of its accuracy, lack of ionizing radiation, and ability to detect penetrating complications of CD“)
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Worin liegt der Stellenwert der Endoskopie?
• Obere und untere Intestinoskopien: Detektion mukosaler Läsionen = der Krankheitsaktivität ≠ der strukturellen Darmschädigung (erg. „in der Tiefe“)
• Mitbeteiligung des oberen GI-Trakts < 15 % (cave: Patienten < 20 Jahre!)
• „Colonoscopy, on the other hand, has been recommended for assessment of colonic damage because, despite improvements in MRI technique, biopsy confirmation of the nature of lesions and potential therapy can be performed with one technique.”
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Untersuchungsverfahren in Bezug auf die Lokalisation der
Erkrankung
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Anwendung des Lémann Score: Beispiel
Dünndarmbefall
QZI 05.11.2012
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ECCO – Leitlinie M. Crohn 2010
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Diagnostik M. Crohn: 2. Standardlabor
• Differentialblutbild• CRP, BSG• AP, gGT, GPT• Lipase• Elektrolyte, Retentionswerte• Elektrophorese• Ferritin, Transferrinsättigung• Gerinnung• Stuhlmikrobiologie, C.-diff-Toxin/Antigen• Calprotectin
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Diagnostik M. Crohn:3. Endoskopie I
- Bei allen Patienten sollte bei Baseline eine Endoskopie durchgeführt werden, um Ort, Ausmaß und Schweregrad der Erkrankung zu ermitteln.
- Bei Verdacht auf MC stellen die Ileokoloskopie und die ÖGD die Verfahren der ersten Wahl dar. Dabei werden Biopsien aus Magen und Duodenum sowie Ileum und Kolon entnommen.
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Diagnostik M. Crohn:3. Endoskopie II
- SBCE kann bei Patienten erwogen werden, bei denen der klinische Verdacht auf MC trotz negativer Ergebnisse bei der Ileokoloskopie und radiologischen Untersuchungen (SBE/SBFT bzw. CT-/MR-Enterographie) weiterhin hoch ist.
- Enteroskopische Verfahren sollten bestimmten Fällen vorbehalten sein, in denen Biopsieproben von vermutlich betroffenen Bereichen für die Diagnose von Bedeutung sind oder in denen eine Dilatation von Stenosen ratsam ist.
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Endoskopie bei M. Crohn: Der „vereinfachte
endoskopische Crohn- Score“
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Diagnostik M. Crohn:4. Bildgebung I
- US-Untersuchungen sollten bei Patienten mit auf CED
hinweisenden Beschwerden das bildgebende Verfahren der ersten Wahl sein.
- MR-Enteroklysma oder -Enterographie wird als eine Staging-Methode der ersten Wahl empfohlen, um die Beteiligung des Dünndarms zu bewerten.
- CT weist zwar eine vergleichbare diagnostische Genauigkeit auf, die damit verbundene Strahlenexposition sollte jedoch vermieden werden.
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Diagnostik M. Crohn:4. Bildgebung II
- Kontrastmittelultraschall spielt aufgrund seiner nicht standardisierten Methoden und schwachen Verfügbarkeit bei der Baseline-Beurteilung nur eine untergeordnete Rolle.
- Die Nutzung des Farbdopplers ist zur Beurteilung der Entzündungsaktivität geeignet.
- MRT und/oder Endosonografie sind für die Bildgebung perianaler Läsionen bei Patienten mit Verdacht auf MC Verfahren der ersten Wahl.
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Montreal Klassifikation
Krishnapasad et al., J Crohn Colitis 2012; 6(3): 287-293
Es wäre schön, wenn alle unsere„Crohn – Briefe“ so begännen…
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4. Zusammenfassung
• 1. Die Entstehung von CED ist weiterhin unklar. Konsens ist die „Endstrecke Barrierestörung“
• 2. Die Diagnostik der Colitis ulcerosa ist im Wesentlichen eine makromorphologische
• 3. Die Diagnostik bei Morbus Crohn muss sowohl endoskopische Merkmale als auch strukturelle Gewebeschäden erfassen
• 4. Primärdiagnostik und – Therapie von CED – Patienten mit ≥ moderater entzündlicher Aktivität sollten in Tertiärzentren erfolgen
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