Übernahme nach der Ausbildung
Arbeitshilfe
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Impressum
Verantwortlich
IG Metall Vorstand, Ressort Jugendarbeit und -politik
Wilhelm-Leuschner-Straße 79, 60329 Frankfurt
Konzept und Gestaltung
rpa, offenbach am meer
Redaktion
Ressort Jugendarbeit und -politik
Grafik und Foto
Archiv der IG Metall, einfache lösungen
Druck
Henrich Druck+Medien GmbH, Frankfurt am Main
Dezember 2005
Wir danken den Bezirken Bayern und Baden-Württemberg sowie Andreas
Skowronek für ihre gute Vorarbeit und die Überlassung ihrer Materialien.
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Übernahme nach der Ausbildung
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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1. Perspektiven junger Erwachsener am Ende der Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2. Tarifliche Regelungen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.1 Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung
2.2 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke
3. Für wen gelten die Tarifverträge zur Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
4. Erläuterungen zur Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4.1 Was sind personenbedingte Gründe, die einer Übernahme entgegenstehen können?
4.2 Was sind „akute Beschäftigungsprobleme“?
4.3 Was ist Ausbildung über Bedarf?
4.4 Bestandene Abschlussprüfung
4.5 Teilzeitübernahme
4.6 Übernahme im erlernten Beruf
5. JAV-Mitglied und Übernahme nach § 78a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5.1 Allgemeines zu § 78 a BetrVG
5.2 Die Rechtsfolge des § 78 a BetrVG
5.3 Rechtliche Möglichkeiten der Akteure
5.4 Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung
5.5 Betriebspolitische Handlungsmöglichkeiten
6. Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
- Analyse über Beschäftigungsmöglichkeiten
- Fragebogen zur Vorbereitung der tariflichen Schlichtungsstelle über die Nichtübernahme wegen
„akuter Beschäftigungsprobleme“
- Musterübernahmeanträge
- Musterbrief Wehr- und Zivildienstaufschub
- Musterschreiben JAVis
- Musterrechnung Ausbildungsbedarf
- Berufsakademie
5
Inhalt
IIIInhalt
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6
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Auszubildende haben nach Beendigung ihrer Ausbildung heute im Grund-
satz mindestens für zwölf Monate einen tariflichen Anspruch auf Weiterbe-
schäftigung bzw. Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Das ist eine gewerk-
schaftliche Errungenschaft. Sie gibt den jungen Ausgelernten eine Per-
spektive über die Abschlussprüfung hinaus.
Tarifverträge mit Übernahmeregelungen gibt es in Metall- und Elektroindu-
strie (ME), Textil- und Bekleidungsindustrie, der Holz- und Sägeindustrie
sowie dem Kfz-Handwerk. Der Beschäftigungssicherungstarifvertrag und der
Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke für Auszubildende in der ME-Industrie
haben die Übernahme ausdrücklich zu ihrem Gegenstand. Diese Regelungen
sind aber immer wieder Angriffen durch Arbeitgeber ausgesetzt. Außerdem
gibt es hin und wieder auch Unklarheiten und Meinungsverschiedenheiten
bei der Auslegung und Anwendung der Tarifvorschriften, etwa bei den Fra-
gen „was personenbedingte Gründe“ für eine Nichtübernahme sein könn-
ten, welche „akuten Beschäftigungsprobleme“ es gibt, oder bei der Ein-
schätzung einer „ Ausbildung über den betrieblichen Bedarf“, die der Über-
nahme entgegenstehen und ob die Ausbildung (nur) abgeschlossen oder
„erfolgreich abgeschlossen“ sein muss.
Die vorliegende Handlungshilfe gibt euch zunächst einen kurzen Überblick
über die tariflichen Übernahmeregelungen und zeigt Möglichkeiten auf, wie
sich das Übernahmethema politisch besetzen und im Sinn der Interessen
der Beschäftigten ausgestalten lässt.
Regina Görner
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
7
Vorwort
VVVVorwort
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8
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Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist anhaltend geprägt
von hoher Arbeitslosigkeit von der auch Jugendliche
nicht verschont bleiben. Vielen gelingt es immer noch
nicht einen Ausbildungsplatz nach Ende der Schule zu
bekommen und selbst wenn man diese Hürde gepackt
hat, ist es nicht immer klar, wie es nach der Ausbildung
weiter geht.
Vor allem, da in vielen Betrieben ein Abbau von
Arbeitsplätzen droht. Vor diesem Hintergrund entsteht
scheinbar eine Konkurrenzsituation zwischen älteren
Beschäftigten und Auszubildenden, die am Ende ihrer
Ausbildung übernommen werden wollen. „Sollen wir
wegen der Übernahme eines Azubis einen Familienva-
ter entlassen?“ Fast jeder Betriebsrat und jede Jugend-
und Auszubildendenvertretung kennt diesen Satz.
Dennoch gibt es viele gute Gründe, auch in schwierigen
Beschäftigungssituationen die Übernahme nicht von
vornherein als aussichtslos aufzugeben. Nur allzu oft
ist diese scheinbar‚ soziale Einstellung’ lediglich vorge-
schoben, um Kosten zu sparen. Die Nichtübernahme ist
die billigste Lösung, die Belegschaft zu reduzieren,
weil es sich formal nicht um eine Kündigung handelt.
9
1. Perspektiven
1111 .... Perspektiven junger Erwachsener am Ende der Ausbildung
Arbeitslosigkeit
Bestand an Arbeitslosen im Oktober 2005
Jugendliche Veränd. gegenüber
unter 25 Jahren Vorjahr in %
Schleswig-Holstein 18.552 15,0
Hamburg 10.190 42,0
Niedersachsen 55.356 37,5
Bremen 4.989 33,3
Nordrhein-Westfalen 111.503 26,0
Hessen 37.315 28,7
Rheinland-Pfalz 23.582 16,7
Saarland 5.701 -1,2
Baden-Württemberg 45.225 5,3
Bayern 62.953 9,3
Mecklenburg-Vorpommern 21.302 -9,2
Berlin 36.610 15,3
Brandenburg 29.365 -1,4
Sachsen-Anhalt 27.651 -1,7
Thüringen 25.220 7,4
Sachsen 48.510 10,1
DDeeuuttsscchhllaanndd 564.024 14,6
davon: Westdeutschland 375.366 20,6
Ostdeutschland 188.658 4,4
© Statistik der Bundesagentur für Arbeit
*) Vorjahresvergleiche wegen Einführung von SGB II nur eingeschränkt möglich.
Die Daten zur Arbeitslosigkeit wurden bis Ende August 2005 ausschließlich aus den
IT-Fachverfahren der BA gewonnen.
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Für Betriebsrat, Jugend- und Auszubildendenvertretung und IG Metall
kann dies nur heißen, die Nichtübernahme der Azubis genau so wich-
tig zu nehmen wie Entlassungen – beides bedeutet für die davon
Betroffenen nämlich Arbeitslosigkeit. Deshalb müssen genau wie bei
jeder anderen Entlassung alle vorhandenen Möglichkeiten einer Wei-
terbeschäftigung geprüft und ausgeschöpft werden.
Um sämtliche bestehenden Übernahmemöglichkeiten im Betrieb nut-
zen zu können, ist es erforderlich, sich einen umfassenden Überblick
über die bestehenden und zu erwartenden Beschäftigungsmöglichkei-
ten zu verschaffen.
10
1. Perspektiven
Ausbildung: Die wahren Zahlen
Mitte Oktober 2005 waren bei der Bundesagentur
für Arbeit noch 33.800 Jugendliche registriert, die
einen Ausbildungsplatz suchten.
Die rechnerische Lücke zwischen Bewerbern und
noch freien Ausbildungsstellen (12.600) beträgt
24.400.
Das ganze Ausmaß der Ausbildungsmisere zeigt
sich aber erst, wenn man folgende Zahlen dazu
addiert: 85.997 Jugendliche drehen derzeit eine
Warteschleife. Sie befinden sich in sogenannten
”berufsvorbereitenden Angeboten” der Arbeits-
agentur. Dazu kommen noch 7.800 Jugendliche,
die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung absol-
vieren, wie sie im Ausbildungspakt vorgesehen ist.
Fazit: Tatsächlich brauchen noch 127.597 Jugendli-
che einen Ausbildungsplatz.
Fast 50.000 Ausbildungsplätze weniger
als 2004
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung. Insge-
samt wurden der Arbeitsagentur bis September
2005 471.500 Ausbildungsplätze gemeldet, das
sind 9 Prozent weniger als im Vorjahr!
Die Zahl betrieblicher Ausbildungsstellen ist im
Vergleich zum Vorjahr erneut gesunken, und zwar
um 8,9 Prozent oder 41.200 Stellen auf 422.000.
2001
570.300
2004
463.600
2003
485.200
2002
526.200
Immer weniger Ausbildungsplätze
Das Gesamtminus beträgt 107.600 Ausbildungsplätze
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Die Übernahmeregelung ist Teil der Vereinbarung zur Beschäftigungssiche-
rung. Die Situation der Auszubildenden muss also in die Überlegungen zur
Beschäftigungssicherung insgesamt einbezogen werden. Hierzu sollten fol-
gende Orientierungspunkte Maßstab sein:
1. Normalarbeitsverhältnis sichern
Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung prüfen rechtzeitig
vor dem Auslerntermin, wie sich die wirtschaftliche Situation und Beschäfti-
gungslage im Betrieb darstellt (Personalplanungsdaten, Überstundenent-
wicklung, Rationalisierungsmaßnahmen). Die Forderung nach einem unbe-
fristeten Arbeitsvertrag und damit die Sicherung des Normalarbeitsverhält-
nisses darf nicht von vornherein aufgegeben werden.
2. Sozialgesetzbuch III nutzen
Bei Beschäftigungsproblemen prüfen Betriebsrat und JAV gemeinsam, ob
eine Übernahme im erlernten Beruf durch Kurzarbeitsregelungen oder son-
stige Förderungen nach dem Sozialgesetzbuch III gesichert werden kann.
3. Ausgleichszeitraum nutzen
Betriebsrat und JAV prüfen gemeinsam, ob durch Arbeitszeitmodelle, die die
tariflich geregelte wöchentliche Arbeitszeit im Ausgleichszeitraum von 12
Monaten erreicht, eine Übernahme im erlernten Beruf, ggf. in Verbindung
mit Qualifikationsmaßnahmen, gesichert werden kann (notfalls auch berufs-
fremd).
11
1. Perspektiven
Alle Mitbestim-
mungs- und Mitspra-
chemöglichkeiten
des Betriebsrats voll
ausnutzen.
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4. Beschäftigungssicherung nutzen
Betriebsrat und JAV prüfen gemeinsam, ob durch die Verkürzung der Arbeitszeit
auf bis zu 30 Stunden pro Woche für Teile bzw. die gesamte Belegschaft eine
Übernahme im gelernten Beruf gesichert werden kann (notfalls auch berufs-
fremd).
12
1. Perspektiven
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13
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14
2. Tarifliche Regelungen
2222 .... Tarifliche Regelungen im Überblick
2.1 Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung
§ 3 Übernahme von
Auszubildenden
1. Auszubildende werden
nach erfolgreich bestan-
dener Abschlussprüfung
im Grundsatz für minde-
stens 12 Monate in ein
Arbeitsverhältnis über-
nommen, soweit dem
nicht personenbedingte
Gründe entgegenstehen.
Der Betriebsrat ist hier-
über unter Angabe der
Gründe zu unterrichten.
2. Mit Zustimmung des
Betriebsrates kann von
der Verpflichtung nach
Ziffer 1 abgewichen wer-
den, wenn das Angebot
eines Arbeitsverhältnis-
ses wegen akuter
Beschäftigungsprobleme
im Betrieb nicht möglich
ist, oder der Betrieb über
seinen Bedarf hinaus
Ausbildungsverträge
abgeschlossen hat.
3. Verweigert der
Betriebsrat die Zustim-
mung, so entscheidet
auf Antrag des Arbeitge-
bers die in § 2 Ziffer 7
genannte tarifliche
Schlichtungsstelle.
§ 4 Übernahme von Auszubilden-
den
(1) Die Tarifvertragsparteien ge-
hen davon aus, dass die Auszubil-
denden in der Regel nach be-
standener Abschlussprüfung un-
befristet in ein Vollzeitarbeitsver-
hältnis im Betrieb übernommen
werden.
(2) Weicht der Arbeitgeber davon
ab, so hat er den Auszubildenden
gemäß § 26 Ziffer IV (5) GMTV
rechtzeitig zu informieren und mit
dem Betriebsrat rechtzeitig zu
beraten. Der Auszubildende ist in
diesem Fall befristet für minde-
stens 12 Monate in ein Arbeitsver-
hältnis im Betrieb zu überneh-
men, soweit dem nicht personen-
bedingte Gründe entgegenstehen.
(3) Mit Zustimmung des Betriebs-
rates kann von der Verpflichtung
nach Ziffer (2) abgewichen wer-
den, wenn das Angebot eines
Arbeitsverhältnisses wegen aku-
ter Beschäftigungsprobleme im
Betrieb nicht möglich ist, oder der
Betrieb über seinen Bedarf hinaus
Ausbildungsverträge abgeschlos-
sen hat. Verweigert der Betriebs-
rat seine Zustimmung, so ent-
scheidet die tarifliche Schlich-
tungsstelle gemäß § 30 Ziffer (2)
GMTV. Sie soll innerhalb einer
Woche nach ihrer Anrufung eine
Entscheidung fällen.
§ 3 Übernahme von Auszu-
bildenden
1. Auszubildende werden im
Grundsatz nach bestandener
Abschlussprüfung für minde-
stens zwölf Monate in ein
Arbeitsverhältnis (gegebe-
nenfalls auch ausbildungs-
fremd) übernommen, soweit
dem nicht personenbedingte
Gründe entgegenstehen. Der
Betriebsrat ist hierüber unter
Angabe der Gründe zu unter-
richten.
2. Mit Zustimmung des
Betriebsrates kann von der
Verpflichtung gemäß Ziffer 1
abgewichen werden, wenn
das Angebot eines Arbeits-
verhältnisses wegen akuter
Beschäftigungsprobleme im
Betrieb nicht möglich ist
oder der Betrieb über seinen
Bedarf hinaus Ausbildungs-
verträge abgeschlossen hat.
Verweigert der Betriebsrat
seine Zustimmung, so ent-
scheidet die tarifliche
Schlichtungsstelle gemäß §
22 Ziffer 1. MTV. Sie soll
innerhalb einer Woche nach
ihrer Anrufung eine Entschei-
dung fällen.
§ 3 Übernahme von Auszubil-
denden
(1) Die Tarifvertragsparteiengehen davon aus, dass die Aus-zubildenden in der Regel nachbestandener Abschlußprüfungunbefristet in ein Vollzeitarbeits-verhältnis im Betrieb übernom-men werden.(2) Weicht der Arbeitgeber davonab, so hat er den Auszubilden-den gemäß § 24 IV (5.) Gemein-samer Manteltarifvertrag recht-zeitig zu informieren und mitdem Betriebsrat rechtzeitig zuberaten. Der Auszubildende istin diesem Fall befristet für min-destens 12 Monate in einArbeitsverhältnis im Betrieb zuübernehmen, soweit dem nichtpersonenbedingte Gründe ent-gegenstehen.(3) Mit Zustimmung desBetriebsrates kann von der Ver-pflichtung nach Ziffer (2) abgewi-chen werden, wenn das Angeboteines Arbeitsverhältnisseswegen akuter Beschäftigungs-probleme im Betrieb nicht mög-lich ist, oder der Betrieb überseinen Bedarf hinaus Ausbil-dungsverträge abgeschlossenhat. Verweigert der Betriebsratseine Zustimmung, so entschei-det die tarifliche Schlichtungs-stelle gemäß § 28 GemeinsamerManteltarifvertrag für diegewerblichen Arbeitnehmer. DieSchlichtungsstelle hat innerhalbeiner Woche nach ihrer Anrufungeine Entscheidung zu fällen.
§ 3 Übernahme von Auszubil-denden
Die Übernahme von Auszubil-denden richtet sich nach § 8des Tarifvertrages zur Beschäfti-gungsbrücke (TV BB) vom 28.März / 19. Mai 2000* bzw. desEinheitlichen Tarifvertrages zurBeschäftigungsbrücke vom 15.Oktober 2004 (ETV BB) bzw.deren Nachfolgeregelung.
Protokollnotiz:* § 8 des Tarifver-trages BB bzw. ETV BB lautet:
1. Auszubildende werden beieiner nach dem 01. Mai 2001erfolgreich bestandenenAbschlussprüfung im Grundsatzfür mindestens zwölf Monate inein Arbeitsverhältnis übernom-men, soweit dem nicht perso-nenbedingte Gründe entgegen-stehen.Der Betriebsrat ist hier-über unter Angabe der Gründezu unterrichten.
2. Mit Zustimmung desBetriebsrates kann von der Ver-pflichtung nach Nummer 1abgewichen werden, wenn dasAngebot eines Arbeitsverhält-nisses wegen akuter Beschäfti-gungsprobleme im Betrieb nichtmöglich ist oder der Betriebüber seinen Bedarf hinaus Aus-bildungsverträge abgeschlos-sen hat.
3. Verweigert der Betriebsratdie Zustimmung, so entscheidetauf Antrag des Arbeitgebers diein § 2 Nummer 6 des Tarifver-trages zur Beschäftigungssiche-rung genannte tarifliche Eini-gungsstelle.
Bezirk Frankfurt Bezirk Niedersachsen Sachsen-
Anhalt/Tarifgebiet Niedersachsen
Tarifgebiet Osnabrück Tarifgebiet Sachsen-Anhalt: Bezirk Nordrhein-Westfalen
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15
2. Tarifliche Regelungen
§3. Übernahme von Ausgebilde-
ten
3.1 Die Tarifvertragsparteien
gehen davon aus, dass die Ausge-
bildeten in der Regel nach
bestandener Abschlußprüfung in
ein unbefristetes Arbeitsverhält-
nis im Betrieb übernommen wer-
den.
3.2 Weicht der Arbeitgeber davon
ab, so hat er den Auszubildenden
spätestens vier Monate vor
Abschluß der Ausbildung zu infor-
mieren und mit dem Betriebsrat
rechtzeitig zu beraten. Der Auszu-
bildende ist in diesem Fall befri-
stet mindestens für sechs Monate
in ein Arbeitsverhältnis im Betrieb
zu übernehmen, soweit dem per-
sonenbedingte Gründe nicht ent-
gegenstehen.
3.3 Mit der Zustimmung des
Betriebsrates kann von der Ver-
pflichtung nach Ziffer 3.2 abgewi-
chen werden, wenn das Angebot
eines Arbeitsverhältnisses wegen
akuter Beschäftigungsprobleme
im Betrieb nicht möglich ist, oder
der Betrieb über seinen Bedarf
hinaus Ausbildungsverträge
abgeschlossen hat. Verweigert
der Betriebsrat seine Zustim-
mung, so entscheidet auf Antrag
des Arbeitgebers die Schlich-
tungsstelle gemäß Ziffer 2.9 die-
ses Tarifvertrages.
II. Übernahme von Auszubildenden
1. Auszubildende werden im
Grundsatz nach erfolgreich bestan-
dener Abschlussprüfung minde-
stens für einen der Anwartschafts-
zeit für den Anspruch auf Arbeitslo-
sengeld gem. § 123 SGB III ent-
sprechenden Zeitraum (z.Zt. 12
Monate) in ein Arbeitsverhältnis
übernommen, soweit dem nicht
personenbedingte Gründe entge-
genstehen. Der Betriebsrat ist hier-
über unter Angabe der Gründe zu
unterrichten. Eine Verpflichtung zur
Übernahme besteht nicht über
einen Zeitraum von 12 Monaten
hinaus.
2. Mit Zustimmung des Betriebsra-
tes kann von der Verpflichtung
nach Ziff.1 abgewichen werden,
wenn das Angebot eines Arbeits-
verhältnisses wegen akuter
Beschäftigungsprobleme im
Betrieb nicht möglich ist, oder der
Betrieb über seinen Bedarf hinaus
Ausbildungsverträge abgeschlos-
sen hat.
Verweigert der Betriebsrat die
Zustimmung, entscheidet auf
Antrag des Arbeitgebers die tarifli-
che Schlichtungsstelle gem. § 29
Abschn. D MTV-Arbeiter bzw. § 18
Abschn. D MTV-Angestellte endgül-
tig. Stimmt der Betriebsrat einer
Abweichung zu oder wird die Zu-
stimmung des Betriebsrats durch
die Entscheidung der Schlichtungs-
stelle ersetzt, gelten die Vorausset-
zungen für eine Abweichung von
der Verpflichtung nach Ziff. 1 als
erfüllt.
§2 Übernahme von Auszubilden-
den
Auszubildende werden im Grund-
satz nach bestandener Abschluß-
prüfung für mindestens 6 Monate
- nach bestandener Abschlussprü-
fung nach dem 1. Januar 2001 für
mindestens 12 Monate - in ein
Arbeitsverhältnis übernommen,
soweit dem nicht personenbe-
dingte Gründe entgegenstehen.
Der Betriebsrat ist hierüber unter
Angabe der Gründe zu unterrich-
ten.
Mit Zustimmung des Betriebsra-
tes kann von der Verpflichtung
nach Absatz 2.1 abgewichen wer-
den, wenn das Angebot eines
Arbeitsverhältnisses wegen aku-
ter Beschäftigungsprobleme im
Betrieb nicht möglich ist, oder der
Betrieb über seinen Bedarf hin-
aus Ausbildungsverträge abge-
schlossen hat.
Verweigert der Betriebsrat seine
Zustimmung gemäß Ziffer 2.2,
entscheidet auf Antrag des
Arbeitgebers die in Ziffer 1.6
genannte tarifliche Schlichtungs-
stelle.
§2 Übernahme von Auszubilden-
den
2.1 Auszubildende werden, sofern
keine unbefristete Einstellung
erfolgt, nach bestandener
Abschlußprüfung für mindestens 6
Monate in ein Arbeitsverhältnis
übernommen, soweit dem nicht
personenbedingte Gründe entge-
genstehen. Der Betriebsrat ist hier-
über unter Angabe der Gründe zu
unterrichten. Dem Auszubildenden
soll 4 Monate vor Ende des Ausbil-
dungsverhältnisses mitgeteilt wer-
den, ob und in welcher Form eine
Übernahme erfolgt.
Mit Zustimmung des Betriebsrates
kann die Befristung auf bis zu 18
Monate ausgedehnt werden. Im
Rahmen dieser 18 Monate ist eine
einmalige Verlängerung möglich.
2.2 Mit Zustimmung des Betriebs-
rates kann von der Verpflichtung
nach Ziffer 2.1 abgewichen werden,
wenn das Angebot eines Arbeits-
verhältnisses wegen akuter
Beschäftigungsprobleme im
Betrieb nicht möglich ist oder der
Betrieb über seinen Bedarf hinaus
Ausbildungsverträge abgeschlos-
sen hat.
2.3 Bei Streitigkeiten aus Ziffer 2.2
entscheidet die Schnellschlich-
tung. Sie soll vor Beendigung des
Ausbildungsverhältnisses angeru-
fen werden.
Bezirk Berlin Brandenburg
Sachsen
Bezirk Bayern Bezirk Bayern Bezirk Küste
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16
2. Tarifliche Regelungen
2.2 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke
§ 8 Grundsätzliche Mindestübernah-
me für 12 Monate
1. Auszubildende werden bei einer
nach dem 1. Mai 2001 erfolgreich
bestandenen Abschlussprüfung im
Grundsatz für mindestens 12 Monate
in ein Arbeitsverhältnis übernom-
men, soweit dem nicht personenbe-
dingte Gründe entgegenstehen. Der
Betriebsrat ist hierüber unter Angabe
der Gründe zu unterrichten.
2. Mit Zustimmung des Betriebsrates
kann von der Verpflichtung nach Zif-
fer 1 abgewichen werden, wenn das
Angebot eines Arbeitverhältnisses
wegen akuter Beschäftigungsproble-
me im Betrieb nicht möglich ist oder
der Betrieb über seinen Bedarf hin-
aus Ausbildungsverträge abge-
schlossen hat.
3. Verweigert der Betriebsrat die
Zustimmung, so entscheidet auf
Antrag des Arbeitgebers die in § 2
Ziffer 7 der Tarifvereinbarung zur
Beschäftigungssicherung genannte
tarifliche Schlichtungsstelle.
§ 8 Grundsätzliche Mindestübernah-
me für 12 Monate
1. Auszubildende werden bei einer
nach dem 1. Mai 2001 erfolgreich
bestandenen Abschlussprüfung im
Grundsatz für mindestens 12 Monate
in ein Arbeitsverhältnis übernom-
men, soweit dem nicht personenbe-
dingte Gründe entgegenstehen.
Der Betriebsrat ist hierüber unter
Angabe der Gründe zu unterrichten.
2. Mit Zustimmung des Betriebsrates
kann von der Verpflichtung nach Nr. 1
abgewichen werden, wenn das Ange-
bot eines Arbeitsverhältnisses wegen
akuter Beschäftigungsprobleme im
Betrieb nicht möglich ist oder der
Betrieb über seinen Bedarf hinaus
Ausbildungsverträge abgeschlossen
hat.
3. Verweigert der Betriebsrat die
Zustimmung, so entscheidet auf
Antrag des Arbeitgebers die in § 2
Nr. 6 des Tarifvertrages zur Beschäfti-
gungssicherung genannte tarifliche
Einigungsstelle.
§8 Grundsätzliche Mindestübernah-
me für 12 Monate
8.1 Auszubildende werden bei einer
nach dem 01. Mai 2001 erfolgreich
bestandenen Abschlussprüfung im
Grundsatz für mindestens 12 Monate
in ein Arbeitsverhältnis übernom-
men, soweit dem nicht personenbe-
dingte Gründe entgegenstehen.
Der Betriebsrat ist hierüber unter
Angabe der Gründe zu unterrichten.
8.2 Mit Zustimmung des Betriebsra-
tes kann von der Verpflichtung nach
Ziffer 8.1 abgewichen werden, wenn
das Angebot eines Arbeitsverhältnis-
ses wegen akuter Beschäftigungs-
probleme im Betrieb nicht möglich
ist oder der Betrieb über seinen
Bedarf hinaus Ausbildungsverträge
abgeschlossen hat.
8.3 Verweigert der Betriebsrat die
Zustimmung, so entscheidet auf
Antrag des Arbeitgebers die in Ziffer
2.9 des Tarifvertrages zur Beschäfti-
gungssicherung (Tarifgebiete I und
II) genannte tarifliche Schlichtungs-
stelle.
§ 8 Übernahme von Auszubildenden
1. Auszubildende werden, sofern
keine unbefristete Einstellung
erfolgt, nach bestandener Abschluss-
prüfung für mindestens 6 Monate in
ein Arbeitsverhältnis übernommen,
soweit dem nicht personenbedingte
Gründe entgegenstehen. Der
Betriebsrat ist hierüber unter Angabe
der Gründe zu unterrichten. Dem
Auszubildenden soll 4 Monate vor
Ende des Ausbildungsverhältnisses
mitgeteilt werden, ob und in welcher
Form eine Übernahme erfolgt.
Für nach dem 1. Mai 2001 durch
bestandene Abschlussprüfung been-
dete Ausbildungsverhältnisse
beträgt die Übernahmezeit entspre-
chend Absatz 1 mindestens 12 Mona-
te. Mit Zustimmung des Betriebsra-
tes kann die Befristung auf bis zu 18
Monate ausgedehnt werden. Im Rah-
men dieser 18 Monate ist eine ein-
malige Verlängerung möglich.
2. Mit Zustimmung des Betriebsrates
kann von der Verpflichtung nach Zif-
fer 1 abgewichen werden, wenn das
Angebot eines Arbeitsverhältnisses
wegen akuter Beschäftigungsproble-
me im Betrieb nicht möglich ist oder
der Betrieb über seinen Bedarf hin-
aus Ausbildungsverträge abge-
schlossen hat.
Bezirk Frankfurt Bezirk Nordrhein-Westfalen Bezirk Berlin Brandenburg-Sachsen Bezirk Küste
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Ein Anspruch auf tarifvertraglich geregelte Leistungen oder Arbeitsbedin-
gungen, also z.B. die tarifvertragliche Übernahmeregelung, gilt nicht auto-
matisch. Er besteht nach dem Tarifvertragsgesetz nur dann, wenn sowohl
der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer den Verbänden (Arbeitgeberver-
band bzw. Gewerkschaft) angehören, die den Tarifvertrag miteinander
schließen (falls nicht bei einem sogenannten Firmentarifvertrag der Arbeit-
geber selbst Tarifvertragspartei ist), oder wenn der Tarifvertrag für allgemein
verbindlich erklärt worden ist. Anspruch auf tarifliche Leistungen und Rege-
lungen haben ausschließlich die Mitglieder der vertragsschließenden
Gewerkschaft im jeweiligen Tarifbereich.
Nicht-Gewerkschaftsmitglieder erhalten in einem tarifgebundenen Unter-
nehmen in der Regel ebenfalls die Tarifleistungen, weil kein Arbeitgeber sie
durch schlechtere Arbeits- und Einkommensbedingungen zum Gewerk-
schaftsbeitritt veranlassen möchte. Sie profitieren damit als ”Trittbrettfah-
rer” von den Ergebnissen gewerkschaftlicher Tarifpolitik. Einen verbindli-
chen Rechtsanspruch auf tarifvertraglich geregelte Leistungen oder Arbeits-
bedingungen hat jedoch nur ein gewerkschaftlich organisierter Arbeitneh-
mer.
So klagten drei Auszubildende vor dem Arbeitsgericht Neu-Ulm auf ihre
Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Das Gericht lehnte ab mit der Begrün-
dung, sie seien erst nach Ende der Ausbildung in die IG Metall eingetreten.
Somit bestand kein Anspruch aus dem Tarifvertrag am Ende der Ausbildung.
17
3. Für wen Tarifverträge
3333 .... Für wen gelten die Tarifverträge zur Übernahme?
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4. Erläuterungen zur Umsetzung
4444 .... Erläuterungen zur Umsetzung
4.1 Was sind personenbedingte Gründe, die einer Übernah-
me entgegenstehen können?
Personenbedingte Gründe können per Definition nur in der Person begrün-
det sein. Damit sind Konflikte häufig schon vorprogrammiert, denn was sind
so genannte in der Person liegende Gründe? Krankheitsbedingte Abwesen-
heitszeiten sind beispielsweise noch nicht per se in der Person liegende
Gründe, die einer Übernahme entgegenstehen müssen.
Entsprechend dem Kündigungsschutzgesetz liegt die Messlatte dafür ziem-
lich hoch: Nur wenn eine negative Prognose des Heilungsprozesses vorliegt
und eine Weiterbeschäftigung wirtschaftlich untragbar wäre, käme eine
Kündigung aufgrund von Krankheit überhaupt in Betracht.
Diese strengen Kriterien sind auch bei der Übernahme anzulegen. „Schlech-
te“ Prüfungsergebnisse sind ebenfalls als Gründe zurückzuweisen. Schulno-
ten als Selektions- und Spaltungsinstrument nach dem Motto: Gute Note
gleich unbefristete Übernahme, durchschnittliche Noten gleich Bewährungs-
übernahme und schlechte Noten keine Übernahme, ist kritisch zu betrach-
ten.
Unterstützt durch die Rechtsprechung des obersten Arbeitsgerichtes dürfen
die Arbeitgeber typische „verhaltensbedingte“ Gründe – wie häufige Verspä-
tungen – anführen, um aus in der Person liegenden Gründen die Übernahme
zu verweigern.
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Übrigens: Es kann nicht sein, dass am Ende der Ausbildung „personenbedingte
Gründe“ ins Feld geführt werden, wenn diese während der Ausbildungszeit nie
ein Thema waren und der Betriebsrat darüber auch nicht unterrichtet wurde.
Der Versuch einiger Personalleitungen, diesen Bereich personenbedingter Grün-
de möglichst weit auszulegen sowie „Beispielkataloge“ auszuarbeiten, in denen
Gründe wie z.B. „häufige Fehlzeiten in der Berufsschule“ oder „schlechte Prü-
fungsergebnisse“ etc. aufgeführt werden, ist jedoch abzulehnen.
Personenbedingte Gründe zur Nichtübernahme müssen jeweils auf den Einzel-
fall bezogen sein.
Für die Jugend- und Auszubildendenvertretungen kommt es entscheidend darauf
an, auf die Betriebsräte entsprechend einzuwirken und „Pauschalregelungen“ zu
verhindern.
4.2 Was sind „akute Beschäftigungsprobleme“?
Ohne Zustimmung des Betriebsrates kann von der Übernahmeverpflichtung
wegen akuter Beschäftigungsprobleme nicht abgewichen werden. Dazu muss
der Arbeitgeber zunächst einen Antrag auf Nichtübernahme wegen akuter
Beschäftigungsprobleme schriftlich stellen. Dann wird über diesen Antrag im
Betriebsrat beraten und ein Beschluss gefasst. Der Arbeitgeber muss, umfas-
send seine Entscheidung begründen. Die Beschäftigungsprobleme im Sinne des
Tarifvertrages müssen real existieren. Also dann, wenn Betriebsrat und Arbeitge-
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4. Erläuterungen zur Umsetzung
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ber gerade aktuell über Personalabbau verhandeln. Trotzdem sollte und
kann der Betriebsrat eigene Vorschläge für die Beschäftigung und Qualifizie-
rung einbringen. Wichtig ist, diese Begründungen mit dem, was der
Betriebsrat beispielsweise im Wirtschaftsausschuss erfährt, zu vergleichen
und die Entscheidung des Arbeitgebers auf ihre Plausibilität zu überprüfen.
21
4. Erläuterungen zur Umsetzung
Folgende Leitfragen sind hilfreich bei der Bewertung des Arbeitgeberantrags:
t Werden im Moment bzw. in den vergangenen sechs Monaten Überstunden gemacht?
t Wird im Moment oder in den vergangenen sechs Monaten Mehrarbeit geleistet?
t Gibt es sonstige Zeitgutschriften, durch deren Wegfall zusätzlicher Personalbedarf entstehen würde?
t Kann über einen Beschäftigungssicherungstarifvertrag oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung die Arbeitszeit zeitwei-
se gekürzt und damit die Übernahme gesichert werden?
t Haben JAV und Betriebsrat mit der Geschäftsführung über die Personalplanung beraten bzw. Vorschläge unterbreitet?
t Liegt eine Bestandsaufnahme des Betriebsrats vor, wie viele Auslerner nicht übernommen werden sollen?
t Sind unter den betroffenen JAVis Betriebsräte oder Ersatzmitglieder der JAV oder des Betriebsrates?
t Gibt es eine Personalbedarfsplanung?
t Gibt es eine Personalentwicklungsplanung?
t Gibt es eine kurz-, mittel- oder langfristige Personaleinsatzplanung?
t Ist externes Personal (z.B. Leiharbeiter, Werksverträge) beschäftigt?
t Wurde überprüft, ob der Geschäftsleitung bei kurzfristigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten alternative Maßnahmen vorge-
schlagen werden können?
t Welche Möglichkeiten der Qualifizierung gibt es?
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Wenn Interessensausgleichs- und Sozialplanverhandlungen anstehen, dann
gehört die Übernahmethematik in diesen Kontext eingebracht.
4.3 Was ist Ausbildung über Bedarf?
Ohne Zustimmung des Betriebsrates kann von der Übernahmeverpflichtung
wegen „Ausbildung über Bedarf“ nicht abgewichen werden. Bedarf ist dabei
eine unbestimmte Größe. Er variiert beispielsweise stark von Branche zu Bran-
che. Er kann aber auch innerhalb eines Betriebes variieren, wenn sich in einem
Zeitraum Rahmenbedingungen verändern.
Die Entscheidung, wie groß der Bedarf ist, kann seriös erst zum Ausbildungsen-
de hin getroffen werden. Zu Beginn der Ausbildung kann man allenfalls Progno-
sen über den Fachkräftenachwuchs erstellen. Das bereits genannte oberste
22
4. Erläuterungen zur Umsetzung
t Ist kurzfristiger Lageraufbau möglich?
t Sind verstärkte Instandhaltungsarbeiten erforderlich?
t Was ist mit Kurzarbeit oder sonstige Förderungen nach SGB III?
t Ist eine Hereinnahme von Fremdaufträgen etc. in Aussicht?
t Wurde überprüft, ob die Geschäftsleitung den Auslernern über Kunden- oder Lieferanten-Beziehungen ein alternatives
Beschäftigungsverhältnis vermitteln kann?
t Besteht die Möglichkeit, Auslerner außerhalb der betrieblichen Kopfzahlen zu führen und somit die Übernahme zu realisieren?
t Wie sieht die Auftragssituation/Auftragsplanung im Betrieb und den einzelnen Abteilungen aus?
t Wo werden Arbeitsplätze frei, weil der Arbeitnehmer bald in Rente oder in Vorruhestand geht?
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Arbeitsgericht hat entschieden, dass maßgeblich für die Bedarfsbestim-
mung der Zeitpunkt des Beginns der Ausbildung ist. Es gibt jedoch eine Viel-
zahl von Einflussgrößen, die sich im Verlauf der Ausbildungszeit verändern
können.
Achtung: Bei der Festlegung des Bedarfs handelt es sich nicht um eine
mathematisch genau zu bestimmende Soll-Ist-Größe. Auch wenn es kurzfri-
stig den Anschein haben mag, dass kein Bedarf besteht, kann bei genaue-
rem Hinschauen ein mittel- und langfristiger Bedarf identifiziert werden. Das
heißt z.B.: Wir müssen uns mit der technologischen Entwicklung, mit dem
demographischen Wandel und mit der mittel- und langfristigen Produkt- und
Produktionsplanung beschäftigen. Auch dabei können die oben formulierten
Leitfragen herangezogen werden.
Und noch ein Hinweis: Arbeitgeber könnten versuchen der Interessenvertre-
tung gleich zu Beginn der Ausbildung die Zustimmung zur Nicht-Übernahme
abzuverlangen. Dies ist zurückzuweisen. Es ist ausdrücklich vereinbart, dass
vorrangig nach bestandener Prüfung zu übernehmen ist. Wenn der Arbeitge-
ber dann kein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages machen will,
benötigt er (erst zu diesem Zeitpunkt) die Zustimmung des Betriebsrates.
Wichtig:
Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, entscheidet auf Antrag der
Arbeitgeber die tarifliche Schlichtungsstelle.
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4. Erläuterungen zur Umsetzung
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4.4 Bestandene Abschlussprüfung
Die Tarifverträge in der Metall- und Elektroindustrie verpflichten die Arbeitgeber
zur Übernahme , wenn die Abschlussprüfung „bestanden ist“. Dass schlechte
oder nicht so gute (Zeugnis)Noten kein personenbedingter Grund sind, die Über-
nahme zu verweigern haben wir bereits erläutert. In den Tarifverträgen steht
aber, dass der Anspruch auf Übernahme besteht, wenn die Abschlussprüfung
„erfolgreich“ abgeschlossen
wurde, d. h. die Abschlußprüfung
bestanden wurde. Die tatsächli-
chen Einzelnoten spielen dabei
keine Rolle. Genauso wie bei der
Führerscheinprüfung: Flop oder
Top ist entscheidend und nicht
die Anzahl der Fahrstunden o.ä.
4.5 Teilzeitübernahme
Ob der Arbeitgeber statt Vollzeit
auch eine Teilzeitstelle anbieten
kann, ist gerichtlich noch nicht
endgültig geklärt. Wenn aber gar
nichts mehr geht, dann müssen
Betriebsrat und JAV gemeinsam
auch über eine Teilzeitübernah-
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4. Erläuterungen zur Umsetzung
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me und deren Realisierungsmöglichkeiten nachdenken. Dabei sind die Min-
destbedingungen zur Teilzeitübernahme unbedingt zu beachten. Denn Teil-
zeitübernahme bedeutet faktisch eine erzwungene individuelle Arbeitszeit-
verkürzung ohne Entgeltausgleich. Die entsprechenden Eckpunkte lauten:
- Sicherstellung einer Mindestbeschäftigung und Einkommenszusage.
- Nichtfreiwillige Teilzeit ist auf max. zwei Jahre zu begrenzen.
- Betriebsbedingte Kündigungen wegen nichtfreiwilliger Teilzeit sind aus-
zuschließen.
- Weitere Einkommensminderungen während der Teilzeit (bei eventueller
Kurzarbeit) sind zu verhindern.
- Die Dauer der nichtfreiwilligen Teilzeit ist auf Kalendermonate zu bezie-
hen; Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses durch Wehr- bzw.
Zivildienst, Mutterschutz u.ä. führen nicht zu einer Verlängerung der Teil-
zeit.
- Soziale Härtefallregelungen sind anzustreben, d.h. z.B. Vollzeitbeschäfti-
gung vor angestrebten Weiterbildungs-, Qualifizierungsmaßnahmen,
Studienbeginn etc.
Für alle möglichen Varianten sollte unbedingt beachtet werden: Keine Her-
anziehung leistungsorientierter Kriterien bei der Auswahl derjenigen, die
übernommen werden sollen!
25
4. Erläuterungen zur Umsetzung
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4.6 Übernahme im erlernten Beruf
Zweck der Übernahmeregelung ist es, erste Berufserfahrung zu sammeln und
die gerade erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Praxistest zu unterwer-
fen. Folglich kann es nur um eine Übernahme im erlernten Beruf gehen. Das
dürfte auch im Interesse der Arbeitgeber sein, da sie nicht gutes Geld in die Aus-
bildung junger Leute investieren, um sie anschießend am Band oder mit berufs-
fremden Tätigkeiten zu beschäftigen.
26
4. Erläuterungen zur Umsetzung
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5.1 Allgemeines zum § 78 a BetrVG
Übernahme – Das Recht des JAVi
Nur wer seine Rechte kennt, kann sie nutzen. Wer § 78 a
BetrVG nicht kennt, wird als Mitglied der Jugend- und
Auszubildendenvertretung (kurz: JAVi) sein Recht auf
eine unbefristete Übernahme im erlernten Beruf erst gar
nicht geltend machen. JAVis und Betriebsräte müssen
wissen, wie man eine Übernahme mit Hilfe des § 78 a
BetrVG erreicht und jeder ungerechten Behandlung
durch den Arbeitgeber einen Riegel vorschiebt. Wie das
im Einzelnen aussieht, welche Verfahrensschritte zu
beachten sind und was die Arbeitsgerichte dazu sagen,
ist Gegenstand dieser Handlungshilfe zu § 78 a BetrVG.
Schutzvorschrift für besondere Fälle
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) schützt mit dem
§ 78 a ausdrücklich jene Auszubildende, die das Amt
eines JAVis oder Betriebsratsmitglieds ausüben. Den Mit-
gliedern betriebsverfassungsrechtlicher Organe soll,
auch wenn sie in der Ausbildung stehen, eine Ausübung
ihres Amtes ohne Furcht vor Nachteilen für ihre künftige
berufliche Entwicklung ermöglicht werden.
27
5. Paragraf 78 a BetrVG
5555 .... Die Übernahme von Jugend- und Auszubildendenvertretern
(JAV) nach § 78 a BetrVG
BetrVG § 78 a Schutz Auszubildender in besonderen Fällen
(1) Beabsichtigt der Arbeitgeber, einen Auszubildenden, der Mitglied der
Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertre-
tung oder des Seebetriebsrats ist, nach Beendigung des Berufsausbil-
dungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit
zu übernehmen, so hat er dies drei Monate vor Beendigung des Berufs-
ausbildungsverhältnisses dem Auszubildenden schriftlich mitzuteilen.
(2) Verlangt ein in Absatz 1 genannter Auszubildender innerhalb der letz-
ten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses
schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung, so gilt zwischen
Auszubildendem und Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbil-
dungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begrün-
det. Auf dieses Arbeitsverhältnis ist insbesondere § 37 Abs. 4 und 5 ent-
sprechend anzuwenden.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn das Berufsausbildungsverhält-
nis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit der Jugend-
und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung
oder des Seebetriebsrats endet.
(4) Der Arbeitgeber kann spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen
nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsge-
richt beantragen, 1. festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis nach Absatz
2 oder 3 nicht begründet wird, oder 2. das bereits nach Absatz 2 oder 3
begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, auf-
grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die
Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. In dem Verfahren vor
dem Arbeitsgericht sind der Betriebsrat, die Bordvertretung, der Seebe-
triebsrat, bei Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung
auch diese Beteiligte.
(5) Die Absätze 2 bis 4 finden unabhängig davon Anwendung, ob der
Arbeitgeber seiner Mitteilungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist.
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Nicht ohne Grund trägt § 78 a BetrVG die Überschrift „Schutz Auszubildender in
besonderen Fällen“.
Wer aber glaubt, damit seien JAVis alle Übernahmesorgen los, der irrt. Zwar gibt
§ 78 a BetrVG einem besonders schutzwürdigen Auszubildenden einen Übernah-
meanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Doch kann der Arbeitgeber eine Über-
nahme dann verhindern, wenn er Gründe darlegt, die eine Weiterbeschäftigung
unzumutbar machen.
Die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung aus „dringenden betriebsbeding-
ten Gründen“ folgt strengeren Anforderungen als eine „betriebsbedingte Kündi-
gung“ im Sinne des § 1 Kündigungsschutzgesetz. So bedarf die Behauptung
eines Arbeitgebers, für den Jugendvertreter sei kein Arbeitsplatz vorhanden,
stets der gerichtlichen Klärung (§ 78 a Abs. 4 BetrVG).
5.2 Die Rechtsfolge des § 78 a BetrVG
Wer steht ab wann unter dem Schutz des § 78 a BetrVG?
Der Anspruch auf eine unbefristete Übernahme nach § 78 a BetrVG entsteht mit
der Mitgliedschaft (§ 78 a Abs. 1 und 2 BetrVG ). Das heißt, sobald die Auszäh-
lung der bei der Wahl zur JAV abgegebenen Stimmen abgeschlossen ist, stehen
die in die JAV gewählten Kandidatinnen und Kandidaten unter dem Schutz des §
78 a BetrVG. Darauf darf sich auch der JAVi berufen, der gerade frisch gewählt
und noch gar nicht in seinem Amt tätig werden konnte.
28
5. Paragraf 78 a BetrVG
Bundesarbeitgericht vom
16.1.1979
„Damit beinhaltet der § 78 a
BertVG eine gewisse Bevorzu-
gung der Auszubildenden, die
eine betriebsverfassungsrechtli-
che Funktion ausüben, gegen-
über den übrigen Auszubilden-
den. Dies ist aber die notwendige
Konsequenz davon, dass Mitglie-
der von Betriebsverfassungsor-
ganen im Interesse der freien
Ausübung ihrer betriebsverfas-
sungsrechtlichen Aufgaben eines
besonderen Schutzes bedürfen.
Es geht hierbei nicht um die indi-
viduellen Besserstellungen ein-
zelner Auszubildende, sondern
um den notwendigen Schutz des
Amtes.“
Die Mitgliedschaft
entscheidet ...
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 28
29
5. Paragraf 78 a BetrVG
So entschied das BAG am 22. September 1983 zugunsten eines Auszubil-
denden, dessen Ausbildung am 10. Juni 1980 mit der mündlichen Abschluss-
prüfung endete, und der einen Tag zuvor in die JAV gewählt worden war.
Noch am gleichen Tag verlangte er unter Beachtung der Formvorschriften die
unbefristete Übernahme nach Maßgabe des § 78 a BetrVG. Die Bekanntga-
be des Wahlergebnisses durch Aushang des Wahlvorstands erfolgte erst am
16. Juni 1980, also nach dem Ausbildungsende.
Für das Bundesarbeitsgericht ist die Sache klar, da es den Schutz richtiger-
weise mit der Mitgliedschaft in der JAV und nicht erst mit Beginn der Amts-
zeit beginnen lässt. Der Weg durch alle Instanzen bis zum Bundesarbeitsge-
richt hatte sich gelohnt. Die Übernahme des JAVi war damit unumstößlich.
Ersatzmitglieder und ehemalige JAV-Mitglieder
Neben den ordentlichen Mitgliedern der JAV genießen auch Ersatzmitglieder
den Schutz des § 78 a BetrVG. Zum einen ist das der Fall, wenn sie als or-
dentliches Mitglied in die JAV nachrücken. Aber auch die vorübergehende
Vertretung eines zeitweilig verhinderten ordentlichen Mitglieds der JAV stellt
das Ersatzmitglied unter den Schutz von § 78 a BetrVG. Ob während dieser
Vertretungszeit bedeutende Aufgaben aus dem Betriebsverfassungsrecht
wahrzunehmen waren, ist gleichgültig. Es reicht also aus, wenn ein Ersatz-
mitglied vertretungsweise an einer Sitzung der JAV teilnimmt. Das Sitzungs-
protokoll und die Anwesenheitsliste sollten in jedem Fall festhalten, wenn
ein Ersatzmitglied an der JAV-Sitzung teilgenommen hat.
... und nicht etwa
die später beginnen-
de Amtszeit.
Einmal aktiv gewor-
den, reicht.
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 29
Neben den in der JAV-Arbeit aktiven ordentlichen Mitgliedern und Ersatzmitglie-
dern können sich auch jene Auszubildende auf § 78 a BetrVG berufen, die in der
Vergangenheit Mitglied der JAV waren. § 78 a Abs. 3 BetrVG verlangt lediglich,
dass zwischen dem Ausbildungsende und dem Ende der Amtszeit nicht mehr als
ein Jahr liegt. Maßgeblich ist dabei nicht etwa die Amtszeit der JAV, sondern die
des betreffenden ehemaligen JAV-Mitglieds. Endet dessen Ausbildungsverhältnis
binnen eines Jahres nach seinem persönlichen Ausscheiden aus der JAV, hat es
den Übernahmeanspruch aus § 78 a Absatz 3 BetrVG.
Der Antrag auf Weiterbeschäftigung
Die Übernahme erreichen aktive und ehemals aktive JAVis, indem sie binnen drei
Monate vor Beendigung ihrer Ausbildung vom Arbeitgeber schriftlich verlangen,
unbefristet im erlernten Beruf übernommen zu werden. Diese durch § 78 a Abs.
2 BetrVG eröffnete Möglichkeit nennen die Gerichte „Weiterbeschäftigungsver-
langen“ und bringen damit nur die halbe Wahrheit zum Ausdruck. Denn sobald
ein JAVi dem Arbeitgeber sein Verlangen auf unbefristete Übernahme im erlern-
ten Beruf – und zwar schriftlich – mitgeteilt hat, passiert Folgendes: Ein unbefri-
stetes Vollzeitarbeitsverhältnis wird sofort und ohne jedes Zutun des Arbeitge-
bers begründet, sobald die Ausbildung beendet ist. Mit anderen Worten: Ein
rechtzeitig dem Arbeitgeber mitgeteiltes „Weiterbeschäftigungsverlangen“
sichert dem JAVi die angestrebte Übernahme. Auf ein Zutun des Arbeitgebers
kommt es dabei nicht mehr an.
30
5. Paragraf 78 a BetrVG
Nachwirkender
Schutz von 1 Jahr.
3-Monatsfrist
einhalten
Übernahme geht
automatisch,
wenn der Antrag
„okay“ ist
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 30
Wenngleich feststeht, dass die Übernahme nach § 78 a BetrVG immer einen
Anspruch auf einen unbefristeten Vollzeitarbeitsplatz sichert, stellt sich die
Situation in der betrieblichen Wirklichkeit häufig nicht so deutlich dar. So
werden JAVis das eine Mal nur befristet übernommen, das andere Mal hört
man von JAVis, die lediglich in ein Teilzeitarbeitsverhältnis übernommen
worden sind. Zuweilen irritiert bereits das Nebeneinander eines tariflichen
Übernahmeanspruchs für die Dauer von 12 Monaten einerseits und dem
„78 a-Anspruch“ andererseits.
Strategische Verfahrensweise
Trotz eindeutiger Rechtsprechung in diesem Punkt bleibt die Frage, was zu
tun ist, wenn der Arbeitgeber gleichwohl nur einen Teilzeitarbeitsplatz an-
bietet? Wer erst mal auf „Nummer Sicher“ gehen will, nimmt das vom Ar-
beitgeber unterbreitete Angebot unter Vorbehalt an, indem er zu verstehen
gibt, dass er die Erfüllung des „78 a-Anspruchs“ vom Arbeitsgericht prüfen
lassen wird.
Die damit gewonnene Zeit kann genutzt werden, um gemeinsam mit dem
Betriebsrat einen freien Vollzeit-Arbeitsplatz aufzuspüren. Überdies kommt
dem JAVi zugute, dass es ausreicht, wenn zum Ende der mündlichen Ver-
handlung vor dem Arbeitsgericht ein solcher freier Arbeitsplatz vorhanden
wäre. Zu- und Abgänge in der Belegschaft kann der Betriebsrat am besten
überschauen.
31
5. Paragraf 78 a BetrVG
Annahme unter Vor-
behalt ist manchmal
die einzige Möglich-
keit
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 31
Sobald eine Stelle frei wird, sollte der BR den JAVi davon unterrichten, so dass
das JAV-Mitglied aktiv werden kann. Etwa indem es dem Arbeitgeber mitteilt, von
einem freigewordenen Vollzeit-Arbeitsplatz erfahren zu haben und zu verstehen
gibt, dass es diesen nach Maßgabe des § 78 a BetrVG beansprucht. Weigert sich
der Arbeitgeber dem zu entsprechen, sollte Feststellungsklage beim Arbeitsge-
richt erhoben werden. Hierbei sollte der JAVi sich der Hilfe der IG Metall und
deren Rechtsschutz bedienen, da sonst die Rechtsanwaltskosten – jedenfalls in
der Ersten Instanz – vom JAV-Mitglied selbst zu tragen sind.
Wenn der Arbeitgeber „Toter Mann“ spielt
Dem einen oder anderen ist das Spielchen namens „Toter Mann“ bekannt. Tra-
gisch nur, wenn sich ein Arbeitgeber auf dieses Spiel besinnt und meint, auf
einen Weiterbeschäftigungsantrag im Sinne des § 78 a BetrVG nicht antworten
zu müssen. Die Ausbildung rückt ihrem Ende immer näher und dem JAVi bleibt
ungewiss, was nach dem letzten Ausbildungstag folgt.
Um dieser Ungewissheit ein Ende machen zu können, bieten sich zwei Möglich-
keiten an:
1. JAVi erhebt Feststellungsklage über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
wie es nach Maßgabe der in § 78 a BetrVG automatisch zu Stande kommt,
sobald ein form- und fristgerechter Übernahmeantrag gestellt wurde.
32
5. Paragraf 78 a BetrVG
Bei einer Feststel-
lungsklage stellt das
Arbeitsgericht fest,
ob ein Rechtsver-
hältnis besteht oder
nicht.
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 32
2. JAVi stellt beim Arbeitsgericht zusätzlich einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung, wonach der von § 78 a BetrVG geschützte Azubi
vom Arbeitgeber zu beschäftigen ist. Die Antragstellung sollte bis zur Erledi-
gung der Feststellungsklage erfolgen; zumal dieses Verfahren schneller zum
Ziel führt.
In gleicher Weise ist vorzugehen, wenn ein Arbeitgeber den Standpunkt ver-
tritt: „Du bekommst bei mir keinen Arbeitsplatz - § 78 a hin oder her.“
In einer solchen Situation, muss der JAVi die IG Metall-Verwaltungsstelle
aufsuchen und Rechtsberatung in Anspruch nehmen.
Übernahme schon, aber „befristet“?
Nicht erst seitdem es den Tarifvertrag-Beschäftigungssicherung bzw.
Beschäftigungsbrücke gibt, greifen Arbeitgeber gerne auf die Alternative
„befristete Übernahme“ zurück. Aber ebenso wie die Teilzeitarbeit stellt sie
keine geeignete, dem Gesetz genügende Alternative dar. Dies gilt – abgese-
hen von dem durch die genannten Tarifverträge verliehenen Anspruch auf
befristete Übernahme – auch dann, wenn der Arbeitgeber, ohne tarifgebun-
den zu sein, von sich aus eine befristete Übernahme anbietet.
Entsprechend den obigen Ausführungen zum „Teilzeit-Angebot“ gilt auch
hier, dass allenfalls eine Annahme unter Vorbehalt in Frage kommt. Denn
laut einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 24.07.1999 gelten die
zur Übernahme eines JAVis als Teilzeitbeschäftigter aufgestellten Grundsät-
33
5. Paragraf 78 a BetrVG
Rechtsschutz tut Not
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 33
ze „erst recht“ für den Fall, dass ein JAV-Mitglied lediglich befristet übernommen
werden soll.
Stammt das Angebot auf befristete Übernahme von einem tariflich nicht gebun-
denen Arbeitgeber, nimmt der Weiterbeschäftigungsantrag naturgemäß keinen
Bezug auf einen Tarifvertrag.
Frist für Klage beachten
Da der Arbeitgeber oft kein Interesse daran haben wird, das befristete Arbeits-
verhältnis dann doch in ein dem § 78 a BetrVG gerecht werdendes unbefristetes
Vollzeit-Arbeitsverhältnis umzuwandeln, wird dies häufig über eine Entfristungs-
klage angestrebt. Nach Maßgabe des § 17 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist
diese spätestens drei Wochen nach Ende der Befristung zu erheben.
So lange sollte aber niemand warten. Denn auch hier gilt es, in Zusammenarbeit
zwischen JAV und BR zu erforschen, wann wo welcher unbefristet bestehender
Arbeitsplatz frei wird.
Hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren und anderer mit einem Gerichtsverfah-
ren verbundenen Kosten gilt auch hier: Das JAV-Mitglied tut gut daran, den
IG Metall-Rechtsschutz über die Verwaltungsstelle in Anspruch zu nehmen.
34
5. Paragraf 78 a BetrVG
Bei tariflosem
Betrieb gilt
§ 17 Satz 1 Teilzeit-
und Befristungsge-
setz
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 34
Das Weiterbeschäftigungsverlangen stellen – Was ist noch zu beachten?
Ein JAVi, der die Übernahme gemäß § 78 a BetrVG geltend macht, hat zwei
formale Voraussetzungen zu erfüllen. Namentlich sind dies die Beachtung
der Schriftform und die Einhaltung der in § 78 a Abs. 2 BetrVG genannten
Drei-Monats-Frist.
Mit Blick auf die Drei-Monats-Frist, wonach der Antrag auf Übernahme
innerhalb der letzten drei Monate der Ausbildung erfolgen muss, sollte in
folgender Weise verfahren werden: Das Weiterbeschäftigungsverlangen soll-
te so spät wie möglich gestellt werden. Andernfalls muss damit gerechnet
werden, dass der Arbeitgeber das Weiterbeschäftigungsverlangen auf
gerichtlichem Wege angreift, indem er beim Arbeitsgericht behauptet, eine
Übernahme des JAV-Mitglieds sei ihm unzumutbar. Je später der Antrag auf
Übernahme wegen JAV-Tätigkeit gestellt wird, umso geringer wird der recht-
liche Handlungsspielraum des Arbeitgebers, das Übernahmeverlangen zu
vereiteln.
Der letztmögliche Termin ist der Tag vor der mündlichen Prüfung. Rechtmä-
ßig gilt die Ausbildung mit der mündlichen Prüfung und der Bekanntgabe
des Prüfungsergebnisses als beendet. Wer danach seinen Übernahmeantrag
stellt, kommt zu spät und hat seinen Anspruch durch Fristablauf verloren.
In jedem Fall kann es nicht schaden, wenn die Rechtzeitigkeit der Antrag-
stellung dokumentiert ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt des Eingangs des
35
5. Paragraf 78 a BetrVG
Form und Frist
beachten
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 35
schriftlich gestellten Antrags beim Arbeitgeber. Das kann entweder durch ein
„Einschreiben mit Rückschein“ geschehen oder, indem das JAV-Mitglied sein
Übernahmebegehren in der Personalabteilung einreicht und sich eine Kopie des
Schreibens für die eigenen Unterlagen mit Eingangsstempel und Empfangsun-
terschrift versehen lässt.
Bei nicht bestandener Abschlussprüfung kann der JAVi wie jeder Azubi seine
Ausbildung auf Antrag um höchstens ein Jahr bis zum Bestehen der Abschluss-
prüfung verlängern. Gemäß § 21 Abs. 3 muss der Ausbildungsbetrieb einem sol-
chen Antrag auf Verlängerung der Ausbildung entsprechen. Das JAVi-Amt besteht
fort. Gleichwohl muss der JAVi innerhalb der „3-Monats-Frist“ vor der Wiederho-
lungsprüfung erneut einen Übernahmeantrag stellen.
5.3 Rechtliche Möglichkeiten der Akteure
Ohne Gerichtsverfahren ist die Übernahme immer perfekt
Will der Arbeitgeber die Übernahme des JAVis verhindern, muss er zum Arbeits-
gericht. Der Übernahmeanspruch des JAVi wird nicht schon dadurch vereitelt,
dass der Arbeitgeber meint, eine Übernahme sei ihm nicht zuzumuten. Der
Arbeitgeber kann eine Übernahme des JAVis nur mit Hilfe des Arbeitsgerichts
verhindern. In § 78 a Abs. 4 BetrVG sind hierfür – je nach Zeitpunkt der Antrag-
stellung – zwei Verfahren vor dem Arbeitsgericht vorgesehen.
1. Vor dem Ende der Ausbildung kann ein Antrag auf Feststellung eines zustan-
degekommenen Arbeitsverhältnises, gemäß § 78 a Abs. 4 Nr. 1 BetrVG gestellt
werden.
36
5. Paragraf 78 a BetrVG
Empfang unbedingt
bestätigen lassen
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 36
2. Danach komt nur ein ebenfalls beim Arbeitsgericht zu stellender Antrag
auf Auflösung des bereits zustandegekommenen Arbeitsverhältnisses (§ 78
a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG) in Frage.
Über § 78 a Abs. 4 Nr. 1 BetrVG kann der Arbeitgeber bereits das Zustande-
kommen eines Arbeitsverhältnisses vereiteln. Dies sollten JAVis bei der
Antragstellung auf Übernahme berücksichtigen und den Zeitpunkt der
Antragstellung entsprechend bestimmen.
Rechtsschutz des BR und der JAV
Der Betriebsrat ist stets Beteiligter des vom Arbeitgeber eingeleiteten Be-
schlussverfahrens und hat somit die Möglichkeit, entstehende Kosten für ei-
nen Rechtsanwalt über § 40 Abs. 1 BetrVG auf den Arbeitgeber zu übertra-
gen.
Für die JAV gilt dies immer dann, wenn der von dem Beschlussverfahren
betroffene Azubi noch Mitglied der JAV ist. In diesem Fall kann auch die JAV
sich von einem Rechtsanwalt vertreten lassen und gemäß § 65 Absatz 1
BetrVG in Verbindung mit § 40 Abs. 1 BetrVG dessen Kosten auf den Arbeit-
geber übertragen. Notwendig hierfür ist lediglich ein Beschluss der JAV
sowie eine Kostenanzeige an den Arbeitgeber.
37
5. Paragraf 78 a BetrVG
Hier hat der Arbeit-
geber nur zwei
Wochen Zeit, um
zum Gericht zu
gehen.
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 37
Beantragt hingegen ein früheres Mitglied der JAV die Übernahme gemäß § 78 a
Abs. 3 BetrVG (Nachwirkung), ist die JAV nicht Beteiligte des Beschlussverfah-
rens.
Für die von § 78 a Abs. 2 und 3 BetrVG begünstigten JAV-Mitglieder, Ersatzmit-
glieder und frühere Mitglieder der JAV gilt mit Blick auf eine Vertretung, dass sie
den nötigen Rechtsbeistand über die IG Metall beantragen müssen.
5.4 Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung
Ein Arbeitgeber kann die Übernahme eines JAVi aus verschiedenen Gründen für
unzumutbar halten. Die Arbeitsgerichte berücksichtigen bei der Beurteilung des-
sen, ob eine Übernahme für einen Arbeitgeber unzumutbar ist, drei unterschied-
liche Gründe. Neben den bereits erwähnten betriebsbedingten können auch per-
sonen- und verhaltensbedingte Gründe vorgebracht werden.
Personen- und verhaltensbedingte Gründe
Personen- und verhaltensbedingte Gründe können Diebstahl oder Körperverlet-
zung sein (eher selten) oder eine unbefugte Arbeitsversäumnis. Insbesondere
bei der Inanspruchnahme einer Freistellung gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG zur Wahr-
nehmung von Aufgaben der JAV ist nicht ausgeschlossen, dass ein Arbeitgeber
sich darauf beruft, der JAVi habe sich unbefugt seiner Arbeitspflicht entzogen.
JAVis können diesem Vorwurf am besten dadurch begegnen, indem sie genau
Buch darüber führen, wofür sie sich von der Arbeit haben befreien lassen. Oft
38
5. Paragraf 78 a BetrVG
Einzig die von der
strittigen Übernah-
me betroffenen JAVis
benötigen Rechts-
beistand der IG
Metall
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 38
39
spielen personen- und verhaltensbedingte Gründe bei
der Verweigerung einer „78 a-Übernahme“ allerdings
keine Rolle.
„Dringende betriebsbedingte Gründe“
Neben den personen- und verhaltensbedingten Grün-
den können auch dringende betriebliche Ursachen eine
Weiterbeschäftigung von JAVis vereiteln. Zwar findet
sich dieser Begriff nicht im Gesetzestext, doch hat das
Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 1979 dieses Merk-
mal eingeführt (BAG vom 16.01.1979; bestätigt durch
BAG vom 15.01.1980). Ein Arbeitgeber, der einwendet,
er habe keinen freien Arbeitsplatz für den den Über-
nahmeantrag stellenden JAVi, hat gute Aussichten die
Übernahmeverpflichtung zu vermeiden, wenn er auch
sonst keine Azubis übernimmt.
Dabei berücksichtigt dieses Merkmal die unternehmeri-
sche Freiheit in einem Maße, das leicht nachvollziehen
lässt, weshalb die Arbeitgeber so gerne ausgerechnet
dieses Argument zur Sprache bringen. Zuweilen ent-
steht der Eindruck, dass dieses Merkmal die Gerichte
deshalb so oft beschäftigt, weil die Arbeitgeber häufig
keine Widerrede des Betriebsrats erwarten.
5. Paragraf 78 a BetrVG
Zur Veranschaulichung die Leitsätze eines vom Landesar-
beitsgericht Brandenburg gefassten Beschlusses:
„1. Dringende betriebliche Gründe, die eine Unzumutbarkeit der
Weiterbeschäftigung im Sinne des § 78 a Abs 4 S 1 BetrVG
begründen können, sind gegeben, wenn zum Zeitpunkt der
Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses im Betrieb des
Arbeitgebers kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist auf dem der
Auszubildende mit seiner in der Ausbildung erworbenen Qualifi-
kation beschäftigt werden kann.
2. Ein Arbeitsplatz ist nicht schon dann frei, wenn ein tatsächli-
cher Beschäftigungsbedarf besteht, sondern nur, wenn er nach
den organisatorischen Vorgaben des Arbeitgebers frei, d.h.
unbesetzt, ist. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, seine
Arbeitsorganisation zu ändern und einen neuen Arbeitsplatz zu
schaffen, um den geschützten Auszubildenden weiterbeschäfti-
gen zu können.
3. Ein freier Arbeitsplatz ist nicht bereits deshalb gegeben, weil
im Betrieb des Arbeitgebers bisher Überstunden angefallen sind
und auch weiterhin mit dem Anfallen von Überstunden zu rech-
nen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es nicht ausreichend
ist, daß rein rechnerisch die Anzahl der Überstunden im Betrieb
am Quartalsende eine Vollzeitstelle ergeben, da die Schaffung
eines Arbeitsplatzes geeignet sein müßte, die angefallenen
Überstunden zu ersetzen, was nur bei einem gleichmäßigen
Anfall überhaupt denkbar wäre.“
LAG Brandenburg vom 18.03.1998 – 5 TaBV 21/97
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 39
5.5. Betriebspolitische Handlungsmöglichkeiten
Es ist zu befürchten, dass das Bundesarbeitsgericht bei der soeben zi-
tierten Entscheidung allein auf die Argumentationsführung des Arbeit-
gebers eingegangen ist. Dieser hatte schlechte Umsatzzahlen beklagt,
die in den zurückliegenden vier Jahren zum Wegfall von 1.000 Stellen im
Betrieb geführt hätten. Dass die Auszubildenden – unter ihnen auch der
JAVi – überhaupt befristet übernommem worden waren, sei allein als so-
zialer Akt zu würdigen. Das BAG dazu in seinem Beschluss: „Gegen die-
se Darlegungen der Arbeitgeberin ist kein substantieller Einwand erho-
ben worden.“
Einwände dieser Art hätte allenfalls der an dem Verfahren beteiligte
Betriebsrat erheben können. Der Betriebsrat ist derjenige, der auf
Grund der ihm zustehenden Mitbestimmungsrechte und weitreichenden
Informationsansprüche überhaupt als „Gegenspieler“ des Arbeitgebers
hätte auftreten können.
Da Überstunden gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG der Mitbestimmung
unterliegen, erhält der Betriebsrat in einem Fall wie diesem über den
Wirtschaftsausschuss die wirtschaftlichen Kennzahlen. Die Bestimmun-
gen zur Personalplanung (vgl. § 92 BetrVG) sowie die dem Betriebsrat
zustehenden Rechte bei „personellen Einzelmaßnahmen“ (§ 99 BetrVG)
eröffnen dem Betriebsrat eine ganze Reihe von Handlungsmöglichkei-
ten.
40
5. Paragraf 78 a BetrVG
Das Bundesarbeitsgericht würdigt den
Aspekt „Überstunden“ in gleicher
Weise:
„Dieser Würdigung steht nicht entgegen,
daß im Betrieb der Arbeitgeberin Überstun-
den anfallen. Der Arbeitgeber ist nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesar-
beitsgerichts grundsätzlich nicht verpflichtet,
durch eine Änderung seiner Arbeitsorganisa-
tion einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen,
um einen durch § 78 a BetrVG geschützten
Auszubildenden weiterbeschäftigen zu kön-
nen.
Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der
Entscheidung, ob durch den Abbau von
Überstunden zusätzliche Einstellungsmög-
lichkeiten geschaffen werden sollen. Denn
jedenfalls soweit der Arbeitgeber mit seinen
Organisationsmaßnahmen nicht erkennbar
das Ziel verfolgt, gerade die Übernahme der
durch § 78 a BetrVG geschützten Auszubil-
denden zu verhindern, steht es in seiner
durch diese Vorschrift nicht eingeschränkten,
sondern allenfalls einer Mißbrauchskontrolle
unterliegenden unternehmerischen Entschei-
dungsfreiheit, wieviele Arbeitnehmer die
anfallenden Arbeiten verrichten sollen.“
Bundesarbeitsgericht vom 12.11.1997 – 7 ABR 73
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 40
Seit mehreren Jahren ist zu beobachten, dass eine auf § 78 a BetrVG basie-
rende Übernahme von JAV-Mitgliedern zusehends schwieriger wird. Vor dem
Hintergrund, dass das Merkmal namens „dringende betriebliche Gründe“
den Arbeitgebern das Leben so leicht und den Richtern die Entscheidung so
schwierig machen, ist das Eine. Das Andere ist, dass diese Entwicklung
nichts anderes ist als die Fortsetzung der Anfang der 1970er Jahre geführten
Auseinandersetzung zwischen Arbeitgebern und Beschäftigtenvertretern.
Nicht ohne Grund verlangt der Bundesverband der Deutschen Industrie
(BDI) gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber
(BDA) die Streichung des § 78 a BetrVG.
Dabei geht es keinesfalls um eine wirtschaftlich unangemessene Inan-
spruchnahme von Arbeitgebern, indem § 78 a BetrVG ihnen ein Arbeitsver-
hältnis mit einem JAVi aufbürdet. Wesentlich stärker dürfte wiegen, dass die
Betriebsverfassung als politisches Modell ohne Akteure auf Seiten der
Arbeitnehmer nicht auskommt. Mancher Unternehmer mag folgendes Kalkül
ziehen: Grab ihnen beim Nachwuchs das Wasser ab, dann gibt’s künftig
auch keine Betriebsräte mehr.
Um diese Rechnung nicht aufgehen zu lassen, bedarf es eines engagierten
und offenen Umgangs mit § 78 a BetrVG und dem in ihm enthaltenen
Anspruch auf Übernahme. Das fängt damit an, dass Betriebsräte und
Gewerkschaftssekretäre immer wieder auf die Existenz und Funktion dieser
Vorschrift aufmerksam machen und ihre Umsetzung fordern.
41
5. Paragraf 78 a BetrVG
Das Kalkül der
Arbeitgeber
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 41
Damit hat es aber nicht sein Bewenden. Wie die Strukur des § 78 a BetrVG zeigt,
ist die Vorschrift keinesfalls einfach zu handhaben. Insbesondere dann nicht,
wenn der Arbeitgeber dem JAVi „ein Weniger“ in Gestalt von Befristung oder Teil-
zeitarbeitsvertrag anbietet. Hier sollten IG Metall und Betriebsrat das JAV-Mit-
glied entsprechend beraten und unterstützen. Dies gilt umso mehr, wenn es um
die Frage geht, ob der Arbeitgeber einwenden wird, er habe keinen freien
Arbeitsplatz.
Hier müssen Betriebsräte sowie Jugend- und Auszubildendenvertretung auf allen
Ebenen zusammenarbeiten. Eine Analyse der wirtschaftlichen Lage des Unter-
nehmens über die aus dem Wirtschaftsausschuss zu erhaltenden Kennziffern ist
ebenso erforderlich wie eine nachdrückliche Positionierung gegenüber dem
Arbeitgeber. Konkret: Der Betriebsrat muss deutlich machen, dass er bei der
Übernahme nach § 78 a BetrVG nicht mit sich spaßen lässt. Am nachhaltigsten
ist dies dem Arbeitgeber verständlich zu machen, indem die Spielräume der
Betriebsverfassung ausgeschöpft werden. Überstunden gegen Übernahme – die-
ser Formel konnten bisher nur wenige Arbeitgeber widerstehen. Erfahrungsge-
mäß berichten Betriebsräte über positive Ergebnisse mit dem Arbeitgeber, wenn
die Übernahme von JAVis in Zusammenhang mit der Genehmigung von Über-
stunden diskutiert wird.
Abgesehen davon bietet § 92 a BetrVG gleich einen ganzen Koffer voller Instru-
mente, um dem Arbeitgeber den Einwand der „unzumutbaren Weiterbeschäfti-
gung im Sinne des § 78 a BetrVG“ abzuschneiden. Auch wenn der mit „Beschäf-
tigungssicherung“ überschriebene § 92 a BetrVG dem Betriebsrat kein Mitbe-
42
5. Paragraf 78 a BetrVG
Gemeinsam für die
Übernahme der
JAVis
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 42
stimmungsrecht an die Hand gibt, eines kann er mit Blick auf § 78 a BetrVG
leisten: Dem Arbeitgeber hilft die Einwendung der „Unzumutbarkeit“ dann
nicht weiter, wenn das Arbeitsgericht feststellt, er habe nicht ausreichend
darauf hingewirkt, für den zur Übernahme anstehenden JAVi einen Arbeits-
platz freizuhalten. Denn neben der Sicherung von Beschäftigung umfasst §
92 a BetrVG auch die Förderung von Beschäftigung.
Ablauf nach § 78 a BetrVG bei der Übernahme von JAVis
43
5. Paragraf 78 a BetrVG
Drei Monate vor dem Ausbildungsende
> Arbeitgebermitteilung
Will der Arbeitgeber den JAVi nach der Ausbildung nicht übernehmen, muss er ihm dies schriftlich mitteilen.
Achtung: Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, muss der JAVi trotzdem einen Antrag auf Übernahme stellen.
Innerhalb von drei Monaten vor dem Ausbildungsende
> Antrag auf Übernahme
Das schriftlich gestellte Weiterbeschäftigungsverlangen muss dem Arbeitgeber spätestens am letzten Tag vor der
Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses (Ende der Ausbildung) zugegangen sein.
Rechtsfolge
> Unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis kommt zustande.
Arbeitgeber kann dies gemäß § 78a Absatz 4 BetrVG nur per Gerichtsbeschluss verhindern. Voraussetzung für diesen
Schritt ist jedoch ein vorhandener Übernahmeantrag. Je später der Antrag auf unbefristete Übernahme dem Arbeitgeber
zu geht, desto günstiger für den JAVi. Denn dann hat das Arbeitsgericht nur zu entscheiden, ob das zustande gekomme-
ne Arbeitsverhältnis wegen Unzumutbarkeit aufzulösen ist. Frist: Der Arbeitgeber hat innerhalb von zwei Wochen nach
Beendigung des Ausbildungsverhältnisses den Antrag beim Arbeitsgericht einzureichen.
��
1
3
2
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 43
44
6. Anlagen
6666 .... Anlagen
6.1 Analyse über Beschäftigungsmöglichkeiten
t Wie sieht die Auftragssituation im Betrieb und in den einzelnen Abteilungen aus?
t Wo werden ständig Überstunden geleistet und in welchem Umfang?
t Wie viele Stunden sind in den Zeitkonten aufgelaufen und werden nicht abgebaut?
t Gibt es Personalmangel im Betrieb, und in welchen Abteilungen?
t Wird in einzelnen Abteilungen regelmäßig mit externen Aushilfskräften gearbeitet?
t Wo bestehen vorübergehende Beschäftigungsmöglichkeiten, weil ein Arbeitnehmer
langfristig erkrankt ist, zum Zivil-/Wehrdienst muss oder in Mutterschaftsurlaub geht?
t Gibt es Personalreserven oder „Springerdienste“ und sind diese personell ausreichend
ausgestattet?
t Wo werden Arbeitsplätze frei, weil der Arbeitnehmer bald in Rente oder in Vorruhestand geht?
t Wo sind oder werden Arbeitsplätze frei, weil der entsprechende Arbeitnehmer gekündigt hat oder
gekündigt wurde?
t Warum werden freie Arbeitsplätze nicht neu besetzt?
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 44
45
6. Anlagen
Überstundenbilanz
_______________Betrieb / Abteilung
Beschäftigte geleistete
Arbeitnehmer/innen: ____________ Überstunden: _______________
(evt. � der letzten 3 Monate)
AArrbbeeiittsspplläättzzee,, ddiiee rreeiinn
rreecchhnneerriisscchh bbeeii eeiinneemm vvöölllliiggeenn
� geleistete bezahlte Überstunden AAbbbbaauu ooddeerr bbeeii 110000%% FFrreeiizzeeiitt--
—————————————————— aauussgglleeiicchh ffüürr ÜÜbbeerrssttuunnddeenn
� monatliche tarifliche Arbeitszeit eennttsstteehheenn..
= __________________
Monat
Beschäftigte
Arbeitnehmer/innen
Zahl der Überstun-
den
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 45
46
6. Anlagen
6.2 Fragebogen zur Vorbereitung der tariflichen Schlichtungsstelle
über die Nichtübernahme wegen „akuter Beschäftigungsprobleme“
Tarifliche Schlichtungsstelle
Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der Übernahmeverpflichtung nach dem Tarif-
vertrag zur Beschäftigungssicherung abgewichen werden, wenn das Angebot eines Arbeits-
verhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist, oder der
Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.
Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die
tarifliche Schlichtungsstelle (sofern dies in dem jeweils gültigen Tarifvertrag geregelt ist).
Stimmt der Betriebsrat einer Abweichung zu oder wird die Zustimmung des Betriebsrats
durch die Entscheidung der Schlichtungsstelle ersetzt, gelten die Voraussetzungen für eine
Abweichung von der Übernahmeverpflichtung als erfüllt.
Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung und ruft der Arbeitgeber die tarifliche Schlich-
tungsstelle nicht an, besteht für gewerkschaftlich organisierte Auszubildende ein Rechts-
anspruch auf die Übernahme nach dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. D.h. die
betroffenen Auszubildenden können vor dem Arbeitsgericht ihren Übernahmeanspruch ein-
klagen.
Die IG Metall-Verwaltungsstelle hilft bei dieser Klage und gewährt Rechtsschutz.
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 46
47
Ausbildungssituation in den letzten fünf Jahren:
Wie viele Azubis sollen wegen „akuter Beschäftigungsprobleme“ oder „Ausbildung über Bedarf“ nicht
übernommen werden?
6. Anlagen
Jahr Aktueller Stand
Lohnempfänger
Gewerblich-technische
Azubis
Gehaltsempfänger
Kaufmännische
Azubis
Auszubildende
gesamt
sollen nicht über-
nommen werden
davon wegen
„akuter Beschäfti-
gungsprobleme“
davon wegen
„Ausbildung
über Bedarf“
Gewerblich-tech-
nische Azubis
Kaufmännische
Azubis
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 47
6.3 Musterübernahmeantrag
Da sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom
14.05.1997 der tarifliche Übernahmeanspruch auf das Angebot zum Abschluss
eines Arbeitsvertrages in unmittelbarem Anschluss an das Ausbildungsende
beschränkt, muss alles daran gesetzt werden, noch vor diesem Zeitraum den
Abschluss eines Arbeitsvertrages herbeizuführen (siehe Muster für Übernahme-
verlangen). Die Übernahme sollte ca. drei Monate vor dem voraussichtlichen
Ausbildungsende verlangt werden. Das Übernahmeverlangen muss von dem/der
Auszubildenden selbst gestellt werden.
Reagiert der Arbeitgeber nicht auf das Übernahmeverlangen oder lehnt er dieses
ab, so muss rechtzeitig vor Ausbildungsende eine einstweilige Verfügung bean-
tragt werden.
Die IG Metall-Verwaltungsstelle gewährt Rechtsschutz und hilft bei diesem
Antrag, der beim Arbeitsgericht einzureichen ist.
48
6. Anlagen
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 48
49
6. Anlagen
Muster Übernahme-Antrag
Vorname, Name Ort, Datum
Anschrift
An die
Firma im Hause
Übernahme gemäß Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit mache ich meinen tarifvertraglichen Anspruch auf Übernahme im erlernten Beruf, hilfs-
weise für eine andere Tätigkeit, nach Abschluss meiner Ausbildungsprüfung geltend. Diese
wird voraussichtlich am ......... abgeschlossen sein.
Teilen Sie mir bitte innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens mit, ob Sie mei-
nem Übernahmeverlangen - vorbehaltlich des Bestehens der Abschlussprüfung - nachkom-
men und mit mir einen Arbeitsvertrag unbefristet, hilfsweise auf mindestens 12 Monate befri-
stet, abschließen werden.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 49
50
6. Anlagen
Musterschreiben zur Beantragung der Übernahme nach § 78 a
BetrVG
„Nach § 78 a BetrVG beantrage ich die Übernahme in ein unbefristets Vollzeitar-
beitsverhältnis in meinen erlernten Beruf. Dieses Arbeitsverhältnis hat unmittelbar
im Anschluss an die bestandene Abschlusprüfung zu beginnen.
Mit freundlichem Gruß …“
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 50
51
6. Anlagen
Musterkostenanzeige der JAV zur Abwehr eines Beschlussverfahrens
Briefkopf der JAV der Fa. Ort, Datum
An die
Fa. ......Name/GF
Beschlussverfahren der Fa. ............. gegen die JAV der Fa. .......................
wegen: Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht bezgl. N.N. gem. § 78 a Abs.4 BetrVG
Hier: Kostenanzeige gem. §§ 65, 40 BetrVG
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit zeigen wir Ihnen an, dass die JAV in ihrer Sitzung vom ........................ beschlossen
hat, sich in dem Beschlussverfahren wegen Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht
bzgl. N .N. zur Abwehr Ihres Antrags anwaltlich vertreten zu lassen und die RAe ........(Name,
Adresse) mit der Vertretung zu beauftragen.
Entstehende Kosten in diesem Verfahren sind gem. § 65 i.V.m. § 40 BetrVG als notwendige
Kosten der JAV-Tätigkeit von Ihnen zu tragen.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift des JAV-Vors.)
Anlage: Beschlussprotokoll
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 51
6.4 Musterbrief Wehr- und Zivildienstaufschub
Ein Wehr-/Zivildienstaufschub gilt für bis zu 12 Monaten bei befristeten Arbeits-
verträgen im Anschluss an die Ausbildung.
Wehrpflichtige/Zivildienstleistende, die von dieser Regelung Gebrauch machen
wollen, sollten, auch wenn noch kein befristeter Vertrag vorliegt, 4 Monate vor
Beendigung der Ausbildung einen Antrag an das zuständige Kreiswehrersatz-
amt/Bundesamt für Zivildienst (siehe Musterbrief ) stellen und den Arbeitsver-
trag später nachreichen. Falls ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zustan-
de kommen sollte, kann der Antrag auf Aufschub des Wehr-/Zivildienstes zu-
rückgezogen werden, bzw. ist die Anspruchsvoraussetzung entfallen.
In diesem Fall tritt das Arbeitsplatzschutzgesetz in Kraft. Dort ist geregelt: Wird
ein Arbeitnehmer zum Grundwehr-/ Zivildienst oder zu einer Wehrübung einbe-
rufen, so ruht das Arbeitsverhältnis während des Wehr-/Zivildienstes.
Diese Regelung gilt jedoch nicht für Wehrpflichtige/Zivildienstleistende, die
nach Erlangung der Hochschul- oder Fachhochschulreife (z.B. Abitur, Fachabitur)
eine erste berufliche Ausbildung durchlaufen konnten.
52
6. Anlagen
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 52
53
6. Anlagen
Musterbrief Wehr/- Zivildienstaufschub
Vorname, Name Ort, Datum
Anschrift
An das Kreiswehrersatzamt /
Bundesamt für Zivildienst
Meine Einberufung zur Bundeswehr/ zum Zivildienst
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin zurzeit in der Berufsausbildung bei der Firma ... beschäftigt.
Es ist nicht auszuschließen, dass im Anschluss an die Ausbildung lediglich ein befristetes
Arbeitsverhältnis für ... Monate zustande kommt. Dieses befristete Arbeitsverhältnis dient
dazu, dass ich mir eine zusätzliche Qualifikation in Form von praktischer Erfahrung aneigne
und träge damit maßgeblich dazu bei, meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Eine
Heranziehung zur Bundeswehr/ zum Zivildienst in der Zeit meines befristeten Arbeitsverhält-
nisses würde für mich eine wesentliche Benachteiligung bedeuten.
Dieses Problem ist dem Bundesministerium für Verteidigung bekannt, weshalb es auch eine
Empfehlung an die Kreiswehrersatzämter dahingehend ausgesprochen hat, den Einberufungs-
spielraum möglichst im Sinne derart Betroffener auszugestalten.
Mir ist bekannt, dass ich keinen Rechtsanspruch auf spätere Einberufung habe. Dies ist des-
halb auch kein Antrag auf Zurückstellung, sondern die Bitte, den o.g. Spielraum auch in mei-
nem Fall zu nutzen und mich frühestens zum ... zur Bundeswehr/ zum Zivildienst heranzuzie-
hen.
Mit Dank im Voraus verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 53
6.5 Musterrechnung des Ausbildungsbedarfs
Gewerbliche Ausbildung
LE x Q x Fq x DgEst = -------------------------------------------------------------------
Vq x Üq x 100
1.000 x 60 x 5 x 80= ------------------------------------------------------------------
97 x 80 x 100
Die verwandten Begriffe der Musterrechnung bedeuten:
Est = Einstellungsbedarf:
Es geht darum, die Zahl der einzustellenden Azubis zu ermitteln.
LE = Lohnempfänger:
Da es nur um die gewerblich-technischen Azubis geht, kommt hier nur die Gruppe der
Lohnempfänger in Betracht. Der Betrieb muss im Rahmen seiner Planung angeben, wel-
che voraussichtliche Zahl von Lohnempfängern er in drei Jahren beschäftigen will. In drei
Jahren deshalb, weil die eingestellten Azubis dann als ausgebildete Facharbeiter zur Ver-
fügung stehen.
Q = Fachkräftefaktor in %:
Hier muss entschieden werden, mit welchem Anteil an Fachkräften, besser gewerblich-
technisch ausgebildeten Facharbeitern, das Unternehmen in drei Jahren arbeiten will. Nur
wenn der Wert bei Null liegt, gibt es keinen Einstellungsbedarf.
Fq = Fluktuationsquote in %:
Bei diesem Wert muss die Fluktuation (Pensionierung, Kündigung, Aufstieg etc.) im
Bereich der Lohnempfänger ermittelt werden.
54
6. Anlagen
26677_BR_Uebernahme 03.01.2006 12:54 Uhr Seite 54
Dg = Deckungsgrad in %:
Zu entscheiden ist, in welchem Umfang der Facharbeiterbedarf über die eigene Aus-
bildung oder über den externen Arbeitsmarkt gedeckt werden soll.
Vq = Verbleibquote während der Ausbildung in %:
Es sind nur wenige, aber es gibt sie: Ausbildungsabbrecher und diejenigen, die die
Prüfung nicht bestehen. Sie sind in diesem Wert zu berücksichtigen.
Üq = Übernahmequote nach der Ausbildung in %:
Nicht alle wollen nach der Ausbildung im Lehrbetrieb bleiben. Hier gibt es Erfah-
rungswerte, die zu berücksichtigen sind.
Die unter der Formel vorgestellte Musterrechnung zeigt das Ergebnis der Bedarfser-
mittlung an einem fiktiven Betrieb. Danach sollen in drei Jahren in diesem Betrieb
1.000 gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt werden, 60 % sollen davon Facharbeiter
sein, die Fluktuation wird mit 5 % sehr gering veranschlagt, 80 % des benötigten
Personals soll aus der eigenen Ausbildung kommen. Diejenigen, die eingestellt wer-
den, aber das Ausbildungsziel nicht erreiche, werden realistisch mit 3 % angenom-
men und die Übernahmequote wird mit 80 % bewertet. Ebenfalls ein Erfahrungs-
wert, der realistisch ist.
Ergebnis der Musterrechnung zum Ausbildungsbedarf:
31 Azubis müssten eingestellt werden.
55
6. Anlagen
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www.jugend.igmetall.de Produkt-Nr. 5066 - 8050
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