ORBIT ORGANISATION DER REHABILITATION FÜR BEWOHNER IM PFLEGEHEIM
ZUR VERBESSERUNG DER SELBSTSTÄNDIGKEIT UND TEILHABE
VORSTELLUNG DES PROJEKTS
ERSTE STUDIENERGEBNISSE
STUTTGART, 29.06.2016
Studie ORBIT: Projektpartner
Institut für Gerontologie
• Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Kruse (Projektleitung)
• Dr. med. Gabriele Becker Dipl. Geront. (Projektkoordination)
• Dr. med. Anna Natus Dipl.-Geront.
• Christine Stolla Dipl.-Soz. Dipl.-Geront.
AOK Baden-Württemberg
• Andreas Schmöller (Projektleitung) Referat Rehabilitation und Sozialer Dienst
• Dr. Andrea Wetzel, M.A. (Projektkoordination)
Kooperierende Einrichtungen
• 13 Pflegeheime im Raum Heidelberg / Mannheim / Bruchsal / Weinheim • 59 Arztpraxen aus der hausärztlichen Versorgung • 39 therapeutische Einrichtungen: Physio- und Ergotherapie, Logopädie
Konzept der rehabilitativen Pflege in der Studie ORBIT
• Aktivierende Pflege im Pflegeheim
• Anschub der rehabilitativen Pflege durch Intervention – Physiotherapie
– Ergotherapie
– Logopädie
• Kommunikation im Versorgungssystem – Zusammenarbeit von Pflegefachkräften mit Therapeuten
– Verstärkte Nutzung von Heimangeboten
– Orientierung an den Bedürfnissen der Heimbewohner
Zeitlicher Ablauf der Intervention
T1 Aufnahme in die Studie 1. Messzeitpunkt
T2 2. Messzeitpunkt nach der Intervention
Interventionszeitraum Ø 95 Tage
T1 bis T2 Ø 120 Tage T2 bis T3 Ø 95 Tage
T3 3. Messzeitpunkt nach weiteren drei Monaten
Therapiebericht mit Empfehlungen für die Pflege
Rehabilitative Pflege
Ärztliche Therapie-
verordnung
Stichprobenaufteilung in der aktuellen Auswertung
• 210 in die Studie aufgenommene Bewohner
• Aktuell 79 Verläufe mit kompletten Datenreihen (T1 bis T3)
– Interventionsdauer drei Monate, Therapiefrequenz 2x pro Woche
– Umsetzung von Therapieempfehlungen in weiteren drei Monaten
• 21 Kontrollverläufe ohne Intervention über einen Intervall von 3 – 4 Monaten
• 18 Kontrollverläufe ohne Intervention über einen Intervall von 6 – 12 Monaten
• Experteninterviews mit Pflegekräften, Therapeuten, Heim- und Pflegedienstleitern
Stichprobenbeschreibung (n=210)
Soziodemographische Daten, Gesundheit
Anteil weiblicher Heimbewohner 75 %
Durchschnittsalter 83 Jahre
Durchschnittlicher Heimaufenthalt vor Aufnahme in die Studie 2,7 Jahre
Pflegestufen 0 3 %
I 31 %
II 40 %
III 26 %
Krankenhausaufenthalte im letzten Jahr 55 %
Stürze im letzten Jahr 45 %
Schwere Erkrankungen des Bewegungsapparates 62 %
Schwere psychische Erkrankungen 58 %
Funktionsstatus bei Aufnahme in die Studie (Barthel-Index, n=210)
Unterstützungsbedarf in den Alltagsfunktionen
% %
Nahrungsaufnahme 53,6 Aufstehen und Gehen 71,2
Auf- und Umsetzen 73,1 Treppensteigen 97,2
Sich Waschen 67,9 An- und Auskleiden 89,6
Toilettenbenutzung 77,4 Stuhlkontrolle 61,3
Baden / Duschen 97,2 Urinkontrolle 83,5
Verlust von Ressourcen: Veränderungen im Barthelindex
ohne Intervention
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Intervall 6-12 Monate (N=18)
Intervall 3 - 4 Monate (N=21)
um ≥ 5 Punkte besser gleichbleibend um 5 P. schlechter um ≥ 10 P. schlechter
Von Pflegekräften genannte Interventionsziele bei 79 Bewohnern
• Erhalt der Fähigkeiten als Ziel bei 16 % der Bewohner
• Verbesserungen als Ziel bei 84 % der Bewohner
• Insgesamt 116 Nennungen in den Bereichen – Allgemeine Mobilität bei 38 % der Bewohner
– Gehfähigkeit 28 %
– Selbstständigkeit (Essen, Sich Anziehen, Hygiene) 25 %
– Teilhabe, Lebenszufriedenheit 13 %
– Kognition, Sprechen, Psychische Verfassung 13 %
– Kraftaufbau 11 %
– Therapie Kontrakturen, Schmerzlinderung 12 %
– Transfer 9 %
– Erleichterung der Pflege 5 %
– Sonstiges (nach Hause gehen, selbstständiges Üben) 3 %
Entwicklung der Mobilität in der Interventions- und der
Kontrollgruppe
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Interventionsgruppe (n= 72)
Kontrollgruppe ohne Intervention (n=19)
De
mm
i-Sc
ore
1. Messzeitpunkt
2. Messzeitpunkt
Signifikante Verbesserungen durch die Intervention, p < 0,05 Signifikanter Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe, p < 0,05
Empfehlungen der Therapeuten für die Pflege nach der Intervention (n=79)
Insgesamt 120 Nennungen
• Spezielle Empfehlungen (71 Nennungen) – Gehübungen (26)
– Bewegungsübungen (23)
– Lagern, Dehnung, passives Bewegen (14)
– Sonstiges ( z. B. nach Logopädie, Ergotherapie) (8)
• Allgemeine Mobilisation oder Aktivierung als Empfehlung (12)
• Anleitung / Motivierung als Empfehlung (37), z.B. – Motivation zur selbstständigen Übungen, Aktivitäten und
Gedächtnisübungen (33)
– Motivation zur Inanspruchnahme von Heimangeboten (4)
Befragung der Pflegefachkräfte (n=75)
• Inwieweit konnten die individuellen Empfehlungen umgesetzt werden?
• Von Pflegekräften genannte Gründe für die eingeschränkte Umsetzbarkeit (teilweise, in geringem Maß oder gar nicht)
• Zu geringe zeitliche und personelle Ressourcen (35%)
• Schlechter Gesundheitszustand des Bewohners (25%)
• Mangel an Kooperation beim Bewohner (22 %)
• Kognitiver Abbauprozess (18 %)
Vollständig Größtenteils Teilweise In geringem Maß Gar nicht
32 % 30 % 19 % 10 % 9 %
Entwicklung nach T2 nach dem Umfang der Umsetzbarkeit
der Therapeutenempfehlungen
10
15
20
25
30
35
40
T1 T2 T3
De
mm
i-Sc
ore
Empfehlungen umsetzbar (n=44)
Empfehlungen nur zum Teil oder nicht umsetzbar (n=26)
Signifikanter Unterschied der Verläufe nach T2, p < 0,05
Befragung der Pflegefachkräfte
Wann kann rehabilitative Pflege gelingen?
• Wenn sie kontinuierlich angewendet wird
• Wenn es um einfache, klar definierte Übungen geht
• Wenn sie individuell auf den Bedarf des Bewohners zugeschnitten ist
• Wenn ausreichend Pflegefachpersonal zur Verfügung steht
• Wenn die Zusammenarbeit mit den Therapeuten strukturiert wird
• Wenn der Informationsfluss beim Pflegepersonal gesichert ist
• Wenn eine verantwortliche Pflegekraft die Umsetzung der rehabilitativen Pflege und die Entwicklung beim Bewohner im Blick hat
• Wenn der Bewohner mitmacht und motiviert ist
• Wenn die Erwartungen nicht zu hoch angesetzt werden
Befragung der Pflegekräfte
• Kann das Konzept der rehabilitativen Pflege die Zufriedenheit der Pflegekräfte erhöhen?
– Es gibt den Pflegekräften Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen und zu gestalten.
– Pflegekräfte freuen sich über Rehabilitationserfolge bei Pflegeheimbewohnern.
– Die berufliche Motivation der Pflegekräfte wird gefördert.
– Eine höhere Selbstständigkeit der Bewohner kann die Pflege entlasten.
– Mit der rehabilitativen Pflege wäre eine höhere Qualifizierung und eine Image-Verbesserung des Berufs verbunden
Fazit
• Es gibt zusätzlichen Rehabilitationsbedarf in Pflegeeinrichtungen.
• Rehabilitationspotenzial auch schwer pflegebedürftiger Bewohner ist vorhanden
• Mit der Anwendung von Heilmitteln sind signifikante Effekte bei Mobilitätsverbesserungen nachzuweisen.
• Die Zusammenarbeit von Therapeuten und Pflegefachkräften ist Grundlage für den Erfolg der rehabilitativen Pflege.
• Durch die rehabilitative Pflege werden signifikante Verbesserungen in Mobilität und Selbstständigkeit erreicht.
• Die Implementierung der rehabilitativen Pflege kann zu einer höheren Zufriedenheit der Pflegekräfte beitragen.