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Peter Joseph Osterhaus (1823-1917) – ein deutsch-amerikanisches
Leben1
Von Peter Kleber
Der 1849 in die Vereinigten Staaten emigrierte Koblenzer Peter Joseph Osterhaus zählte seit dem
letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu den angesehensten Deutsch-Amerikanern. Als Offizier der
Nordstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) leiteten ihn die gleichen Ideale, die bereits
sein aktives Eintreten für Demokratie und Menschenrechte während der badischen Revolution 1848/49
bestimmt hatten. Mit dieser eindeutigen Stellungnahme schuf Osterhaus Gemeinsamkeiten, die auch
heute noch den positiven Teil der nicht immer unbelasteten deutsch-amerikanischen Beziehungen
ausmachen.
Während seine Rolle im amerikanischen Bürgerkrieg ausreichend Würdigung fand,2 wurde seine Zeit
in Deutschland bis 1849 und von 1877 bis zu seinem Tod kaum oder widersprüchlich dargestellt.3 Dies
lag vor allem an Osterhaus selbst. Obwohl von Freunden, Verwandten und Verlegern gedrängt,
besonders diese Perioden seines Lebens niederzuschreiben, fand sich als einzige persönliche
Aufzeichnung nur ein Tagebuch aus dem Bürgerkriegsjahr 1864 in seinem Nachlass.4 Manche
Stationen seines Lebens lassen sich daher nur anhand oberflächlich recherchierter Zeitungsberichte
oder nach seinem Tod entstandener Familienaufzeichnungen darstellen.
Gerade deshalb erscheint der Versuch reizvoll, erstmals zusammenhängend Osterhaus' Lebensweg in
Europa und Nordamerika nachzuzeichnen. Immerhin handelt es sich um einen Mann, der während
seines 17-jährigen USA-Aufenthaltes vom Kaufmann zum Generalmajor der Freiwilligen-, später
sogar der regulären Armee aufstieg, anschließend zum US-Konsul avancierte und mit der
Ehrendoktorwürde mindestens einer amerikanischen Universität ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus
war er mit mindestens vier US-Präsidenten, unter ihnen Abraham Lincoln, persönlich bekannt.
1 Überarbeitete Fassung des Aufsatzes: Kleber, Hans-Peter: Peter Joseph Osterhaus - ein deutsch-amerikanisches Leben. In: Koblenzer Beiträge zur Geschichte und Kultur (N. F. 2). Koblenz 1992, S. 87-109. 2 Aus der Vielzahl der Veröffentlichen, die insbesondere seine militärischen Leistungen hervorheben, sind auswahlweise zu nennen: Kaufmann, Wilhelm: Die Deutschen im amerikanischen Bürgerkriege . München, Berlin 1911 (künftig Kaufmann). Kaufmanns Darstellungen, der stellenweise mündliche Angaben von Osterhaus verwendete, gelten heute aufgrund der verfälschenden, einseitig prodeutschen Sichtweise als überholt, vgl. hierzu Helbich, Wolfgang; Kamphoefner, Walter D. (Hrsg.): Deutsche im Amerikanischen Bürgerkrieg. Briefe von Front und Farm 1861-1865. Paderborn u. a. 2002; Mannhardt, Emil: General Peter Joseph Osterhaus. In: Deutsch-Amerikanische Geschichtsblätter Bd. 4, Juli 1904, S. 54-63; Drake, Francis S.: Dictionary of American Biography including men of the time. Boston Mass. 1870; Boatner, Mark Mayo: The Civil War Dictionary. New York 1959, S. 613; Malone, Dumas (Hrsg.): Dictionary of American Biography. Vol. VII. New York 1962, S. 88 f.; Hess, Earl J.: Peter J. Osterhaus. Grant’s Ethnic General. In: Steven E. Woodworth (Hrsg.): Grant’ Lieutenants. From Cairo to Vicksburg. Kansas, Lawrence 1990, S. 199-216, und Townsend Bobbitt, Mary: Yankee Warhorse. A biography of Major General Peter Osterhaus. University of Missouri Press. Columbia 2010 (künftig Townsend). 3 So konnten etwa sein Besuch der Berliner Militärakademie und die Teilnahme am deutsch-dänischen Krieg (1848) nicht bestätigt werden, vgl. Huebner, Theodore: The Germans in America. Philidelphia, New York 1962, S. 115, und Brancaforte, Charlotte (Hrsg.): The German Fourty-Eighters in the United States. New York u. a. 1989 (German Life an Civilization 1), S. 191. Ebenso ist die Behauptung, Osterhaus habe nach dem Scheitern der Badischen Revolution mit einem Todesurteil rechnen müssen, zumindest fragwürdig, vgl. die Osterhaus Family Papers (künftig OFP) im Besitz der Missouri Historical Society, St. Louis, als Kopie im Stadtarchiv Koblenz (künftig StAK) Best. N 57 = Nachlass Osterhaus. 4 OFP.
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Peter Joseph Osterhaus kam am 4. Januar 1823 in Koblenz als zweiter Sohn des Baumeisters Joseph
Adolph Osterhaus und dessen Frau Eleonora Kraemer zur Welt.5 Die Eltern hatten am 7. November
1820 in Koblenz geheiratet. Der Vater, am 17. September 1797 in Ahaus (Westfalen) geboren, wirkte
ab ca. 1818 als Baufachmann an der Errichtung der Feste Kaiser Alexander (1817-1822) auf der
Karthause mit. Er gehörte zu den rund tausend Maurern, die damals beim Bau der preußischen Festung
Koblenz-Ehrenbreitstein eine Anstellung fanden.6 Anfangs führte er die Berufsbezeichnung
Steinbrechermeister, später Maurermeister und Bauunternehmer. Durch Vermittlung von Bauinspektor
Johann Claudius von Lassaulx (1781-1848) war Joseph Adolph Osterhaus unter anderem am
Fundamentbau der katholischen Pfarrkirchen St. Menas in Kapellen (1826-1830) und St. Johannes in
Treis (1824-1831) beteiligt.7 Von 1847 bis ca. 1852 gehörte er dem Stadtrat an.8 Er starb am 14. März
1868 in Koblenz. Die Mutter, eine Metzgerstochter, wurde am 5. Juni 1795 in Koblenz geboren und
starb hier am 21. Oktober 1838, als Peter Joseph 15 Jahre alt war. Seine beiden Brüder wurden
ebenfalls in Koblenz geboren. Anton Heinrich9 führte als Architekt und Bauunternehmer das Geschäft
seines Vaters weiter. Er heiratete am 20. Oktober 1845 in Koblenz Catharina Rösgen.10 Bruder Lorenz
Joseph Adolph, der am 15. November 1829 geboren wurde und als Junggeselle am 7. Februar 1884
starb, arbeitete ebenfalls im elterlichen Baugeschäft. Er scheint längere Zeit krank gewesen zu sein und
wurde deswegen Anfang der 1880er Jahre von Bruder Peter Joseph finanziell unterstützt.11
Die Familie Osterhaus war katholisch. Vater Joseph Adolph soll recht strenggläubig gewesen sein, was
weder seinem Sohn Peter Joseph noch dessen Kindern nachgesagt wurde. Möglicherweise konvertierte
Peter Joseph später zur Episkopalkirche, der sein Sohn Hugo12 angehörte, oder zur evangelischen
Kirche, wie seine Kinder Mathilde,13 Theresia gen. Thesi14 und Alexander.15 Sein Sterbeeintrag lässt
jedenfalls die Konfessionszugehörigkeit offen, es heißt lediglich, er sei christlicher Religion
gewesen.16 Dass er sich zumindest in formalkirchlichen Dingen eher undogmatisch verhielt, beweist
die von ihm selbst angeordnete Feuerbestattung.
5 Laut Geburtseintrag wurde er in der Wohnung seiner Eltern in der Schlossstraße geboren. Da jedoch keine Hausnummer angegeben wird, kann der Behauptung, er sei in der Schlossstraße 6 zur Welt gekommen, nicht gefolgt werden, vgl. Becker, Wilhelm J.: Ein Koblenzer als amerikanischer General. In: Rhein-Zeitung vom 4.9.1952. Nur wenige Monate nach Peter Josephs Geburt wechselte die Familie aus der Schlossstraße in die Schanzenpforte 10, vgl. Adressbuch 1823, das Mitte des Jahres zusammengestellt wurde. 6 Weber, Klaus T.: Die Preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815-1834). Weimar 2003 (Kunst- und Kulturwissenschaftliche Forschungen. Hrsg. von Ludwig Tavernier), S. 101 f. 7 Schwieger, Frank: Johann Claudius Lassaulx 1781-1848. Architekt und Denkmalpfleger in Koblenz (Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz, Jahrbuch 1969), S. 27, 40. 8 Bär, Max: Aus der Geschichte der Stadt Koblenz 1814-1914. Koblenz 1922, S. 81, 84. 9 (* 22.8.1821 - Koblenz - 1.4.1896). 10 (* 22.6.1823 - Koblenz - + 15.4.1899). 11 Peter Joseph Osterhaus (künftig PJO) an Sohn Hugo Osterhaus, Mannheim, 28.11.1881, OFP. 12 (* 15.6.1851 Belleville, Illinois, + 15.6.1927 Tupper Lake, Castle Point, New York). Er heiratete 1877 Mary Wilson (* 1855 Charlottesville), Tochter von George R. Wilson, der die Konförderiertenarmee in Richmond mit mehr als 20.000 Dollar unterstützt hatte, aufgrund der am 29.5.1865 von Präsident Johnson erlassenen Proklamation jedoch amnestiert wurde, OFP. 13 Mathilde Natalie gen. Tilde (* 17.1.1868 Caluire Cuire/Lyon, + 9.10.1942 Berlin). 14 (* 20.4.1865 St. Louis, + 2.3.1947 Alsfeld). 15 (* 16.8.1855 Lebanon, Illinois, + 26.4.1934 Redondo Beach, Kalifornien), evangelisch. 16 Vgl. Standesamt Duisburg, Sterbeeintrag Nr. 19 vom 2.1.1917. Dagegen bezeichnete sich Osterhaus 1905 in einem unbetitelten US-Zeitungsartikel als Katholik, OFP.
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Obwohl Peter Joseph Osterhaus nachweislich in Koblenz kein Abitur abgelegt hat,17 muss er eine
höhere Schulbildung genossen haben, denn er beherrschte Latein, Englisch und Französisch.
Außerdem verstand und sprach er recht gut Holländisch, das er als Jugendlicher in Rotterdam erlernte,
wo sich die Familie in den 1830er Jahren drei Jahre lang aufgehalten hatte. Wegen seiner
Sprachkenntnisse wurde er im Mai 1866 übrigens zum amerikanischen Gesandten in den Niederlanden
vorgeschlagen, was er jedoch ablehnte, da er sich diesem Amt nicht gewachsen fühlte.18 Sein
Berufswunsch war, Geschichtsprofessor an einer Universität zu werden. Das Interesse an Geschichte
in Verbindung mit aktueller Weltpolitik hat Osterhaus nie verloren. Der zwischen 1877 und 1916 mit
seinem in den USA lebenden Sohn Hugo geführte Briefwechsel19 vermittelt anschaulich seinen
historisch-politischen Kenntnisreichtum und das daraus resultierende Urteilsvermögen. Entgegen
seinen Neigungen musste Peter Joseph auf Weisung seines Vaters jedoch eine Kaufmannslehre
antreten. 1840 finden wir ihn denn auch als „Handelslehrling“, wohnhaft im Hause seines Vaters
Neustadt 19,20 das dieser um 1830 errichtet hatte.21 In welcher Firma Peter Joseph ausgebildet wurde,
ist nicht mehr festzustellen. Nach Beendigung seiner Lehrzeit unternahm er jedenfalls Reisen durch
Deutschland, die Schweiz und Frankreich.
Abb. 1: Eckhaus Neustadt 19, Koblenzer Stammsitz der Familie Osterhaus, um 1890.
17 In den Abiturientenlisten 1838 bis 1844 des Koblenzer Gymnasiums taucht er nicht auf, vgl. die entsprechenden Programme zur Schulprüfung am Königlichen Gymnasium Koblenz. 18 The Daily News vom 3.1.1914, OFP; Townsend, S. 199. 19 OFP. 20 StAK 623 Nr. 2172, Haus Nr. 1019a. 21 Laut Adressbuch 1828 wohnte Familie Osterhaus in der Löhrstraße 71. Eine Annonce im Coblenzer Anzeiger (künftig CA) vom 7.12.1830 gibt die Adresse mit „Neustadt“ an. Das Haus Neustadt [19] muss demnach zwischen 1828 und 1830 erbaut worden sein. Sowohl die Biographische Skizze PJO, verfasst von Tochter Emma Kamp (* 28.10.1857 Lebanon, Illinois, + 3.6.1935 Frankfurt a. M.) vom 17.4.1931, OFP, als auch Michel, Fritz (Bearb.): Die Kunstdenkmäler der Stadt Koblenz. Die profanen Denkmäler und die Vororte. Düsseldorf 1954, S. 346, geben den Vater Joseph Adolph als Erbauer an.
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1844 meldete sich Osterhaus als Einjährig-Freiwilliger zum 3. Rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 29
in Koblenz.22 Anfang 1845 wurde er dem 29. Landwehr-Regiment, einer in Neuwied, Andernach und
Simmern stationierten Ersatzeinheit, zugewiesen und soll angeblich zum Leutnant der Reserve ernannt
worden sein.23
Am 11. April 1845 reiste Osterhaus erstmals nach Mannheim, kehrte jedoch am 11. Juni kurzfristig
nach Koblenz zurück, um seine Freistellung vom Reservedienst zu erwirken.24 Während seines
zweimonatigen Aufenthalts in Mannheim hatte er mit finanzieller Unterstützung des Vaters seine
Teilhaberschaft an der Firma Carl Nestler & Co. vorbereitet, die „Spezerei, Schokoladen-Fabrikation
und Spedition“ zum Geschäftsgegenstand hatte. 1846 erscheint Osterhaus erstmals im Mannheimer
Adresskalender, ein Jahr später taucht er im „Verzeichnis der geschäftetreibenden Handelsleute“ unter
dem Firmennamen „C. Nestler und Comp., Spedition und Commission“ auf. Ebenfalls 1847 erfolgte
seine Aufnahme in den badischen Staatsverband und am 24. September sein Eintritt ins Mannheimer
Bürgerrecht.25 Bereits am 3. September war er Mitglied der Mannheimer Handelsinnung geworden.26
Wie in vielen Teilen Deutschlands brachen Anfang 1848 auch in Mannheim Unruhen aus. Zur
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit bildete sich eine bewaffnete Bürgerwehr,27 die am 13.
März 1848 mit Friedrich Hecker (1811-1881)28 die Leitfigur des Badischen Aufstandes zu ihrem
Befehlshaber wählte.29 Hecker verließ Mannheim jedoch schon am 10. April, um im so genannten
Heckerzug die Kämpfe bei Kandern (20. April) anzuführen. Der katastrophale Ausgang des Gefechts
zwang Hecker zur Flucht, zunächst in die Schweiz und im September 1848 in die USA.30 Nach seiner
Emigration war die Mannheimer Bürgerwehr längere Zeit ohne Befehlshaber.
Am 1. Mai 1848 besetzten zusätzlich bayerische Truppen die Stadt und ordneten die Entwaffnung der
Bürgerwehr an. Bei der anschließenden Neuordnung wurde sie auf 1200 Mann reduziert und in zwei
22 Coblenzer Zeitung (künftig CZ) vom 14.12.1861 und Dictionary of American Biography, S. 88. Einjährig-Freiwillige waren Wehrpflichtige, die durch ihre Vorbildung das Recht erworben hatten, ihrer aktiven Dienstpflicht mit nur einem Jahr zu genügen. Während dieser Zeit hatten sie sich selbst zu bekleiden, auszurüsten und zu verpflegen, wodurch diese Art des „Ersatzdienstes“ Mittellosen in der Regel nicht möglich war, vgl. auch Frobenius, H.: Militär-Lexikon. Handwörterbuch der Militärwissenschaften. Berlin 1901, S. 174 f. 23 Kaufmann, S. 445, widerspricht sich bezüglich der Ernennung zum Reserveoffizier selbst, indem er Osterhaus’ militärische Schulung als beschränkt bezeichnet, da er Pflichtsoldat, nicht Berufsmilitär gewesen sei. Zudem schloss sein Status als Einjährig-Freiwilliger grundsätzlich aus, ins Offizierskorps aufgenommen zu werden. Entsprechend taucht Osterhaus zu keinem Zeitpunkt in den Rang- und Quartierlisten der Kgl. Preußischen Armee auf. 24 Stadtarchiv Mannheim (künftig StaM), Best. Polizeipräsidium, Familienbogen PJO. 25 Ebd. sowie Ratsprotokoll der Stadt Mannheim vom September 1847. 26 Ebd. sowie Depositum IHK Mannheim, Alte Sign. 2. 27 Zur Revolution und Rolle der Bürgerwehr in Mannheim vgl. Walter, Friedrich (Bearb.): Geschichte Mannheims vom Übergang an Baden (1802) bis zur Gründung des Reiches (Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart. Jubiläumsausgabe der Stadt 2). Mannheim 1907, S. 275-418; Blastenbrei, Peter: Mannheim in der Revolution 1848/49. Mannheim 1997. 28 Lück, Andreas: Friedrich Hecker. Rolle, Programme und politische Möglichkeiten eines Führers der radikaldemokratischen Bewegung von 1848/49 in Baden. Diss. phil. Berlin 1979. 29 Ebd., S. 330; zu Hecker vgl. S. 68 f. 30 Hecker traf von Straßburg kommend am 16. September in Le Havre ein und bestieg vier Tage später das Dampfboot „Hermann“ Richtung USA, CA vom 24.9.1848.
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Banner (Bataillone) eingeteilt. Zu Bannerführern (Majoren) wurden am 26. Dezember 1848 Lorenz
Brentano (1813-1891), Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung,31 und Peter Joseph Osterhaus
gewählt, dessen Ernennung seiner militärischen Ausbildung zuzuschreiben war.32 Osterhaus'
Geschäftspartner Carl Nestler, der dem gemäßigten liberalkonservativen Lager angehörte, war bereits
im März 1848 zu einem der Hauptleute der Bürgerwehr gewählt worden.33 Nach dem Scheitern der
Badischen Revolution wurde er am 6. Juli 1849 als zweiter Bürgermeister Mannheims eingesetzt.34
Anfang 1849 eskalierten die Bürgerunruhen erneut. Stadtkommandant war zu dieser Zeit Oberst
August Freiherr von Roggenbach (1798-1854),35 Kommandeur des 2. Dragoner-Regiments. Am 14.
Mai wurde ihm auf Beschluss des Gemeinderates Osterhaus zur Seite gestellt, so dass nun beide
gleichberechtigt die Leitung der Stadtkommandantur ausübten. Mit Osterhaus’ Ernennung sollte im
Falle einer Konfliktausweitung eine wirksame Kontrolle über das Regiment gewährleistet werden, „um
des Militärs ganz sicher zu sein“.36 Eine Dreiergruppe, zu der auch Osterhaus gehörte, forderte zwei
Tage später von Roggenbach auf, den Treueid auf die tags zuvor gebildete Revolutionsregierung
Badens zu leisten. Während von Roggenbach ablehnte und das Kommando niederlegte, leistete das
Regiment, mit Ausnahme des Offizierskorps, den geforderten Eid.37
Vor den entscheidenden Kämpfen um Mannheim zwischen Revolutionsanhängern und der aus
regulären Truppen bestehenden Reichsarmee übertrug Franz Raveaux (1810-1851),38 Mitglied der
Badischen Revolutionsregierung, am 29. Mai Osterhaus die alleinige Leitung des Stadtkommandos.
Raveaux, der dem Einsatzwillen der Mannheimer Bürgerwehr nur bedingt traute, begründete seine
Entscheidung damit, dass er Osterhaus für einen absolut zuverlässigen Mann erachtete.39 Am 8. Juni
ernannte der Gemeinderat den erst 26-Jährigen zum Oberst der Bürgerwehr, nachdem er zuvor schon
die Exerzierübungen geleitet und ein von ihm aufgestelltes Artilleriekorps befehligt hatte. Doch bereits
am 20. Juni legte er ohne Angabe von Gründen sein Amt nieder, worüber der Gemeinderat sein
Befremden aussprach.40 Sein Rücktritt resultierte wohl aus der Erkenntnis, dass die Lage der
Aufständischen aussichtslos war und ein Sieg der Reichsarmee unmittelbar bevorstand. Tatsächlich
wurde Mannheim zwei Tage später von preußischen Truppen eingenommen.
Schon am 28. Juni erging Haftbefehl gegen Osterhaus, und zwar wegen Verleitung des 2. Dragoner-
Regiments zum Treuebruch. Aber auch andere Anschuldigungen wurden laut: So habe er der nur für
den Stadtbereich zuständigen Bürgerwehr befohlen, außerhalb Mannheims gegen die Reichstruppen in 31 Zu Brentano vgl. Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Ein Handlexikon der Abgeordneten der deutschen verfassungsgebenden Reichs-Versammlung. Hrsg. von Rainer Koch im Auftrag der Arbeitsgruppe Paulskirche. Kelkheim 1989, S. 110. 32 Walter, S. 362; Blastenbrei, S. 96, 98 f., 118 f. 33 Walter, S. 330. 34 Ebd., S. 405. 35 Badischer Kriegsminister 1849-1854. 36 Walter, S. 375. 37 Ebd., S. 376. 38 Zu Raveaux vgl. Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, S. 326 f. 39 Walter, S. 383. 40 Ebd., S. 398.
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Stellung zu gehen, die Bewaffnung eines holländischen Freikorps übernommen, die Munitionierung
der städtischen Kanonen organisiert, die Ludwigshafen beschossen, und die Entwaffnung von
Bürgerwehrleuten angeordnet, um sie dem ersten Aufgebot (Ledige und kinderlose Witwer von 18 bis
30 Jahre) zuzuweisen.
Zum Zeitpunkt des Haftbefehls war Osterhaus vermutlich über Worms bereits nach Kreuznach
geflohen.41 Aus Kreuznach stammte seine Frau Mathilde Born, die er dort am 25. August 1846
geheiratet hatte.42 Die Vermutung der Untersuchungsbehörden, Osterhaus sei von Kreuznach aus nach
England geflüchtet, erwies sich als falsch.43 Tatsächlich tauchte er zusammen mit Karl Eisenhardt,
einem Schwager Friedrich Heckers, in der letzten Juliwoche 1849, von Straßburg kommend, in Nancy
auf. Als „zwei der wichtigsten Flüchtlinge“ wurden sie rund eine Woche später wieder in Straßburg
angekündigt.44 Die rege Reisetätigkeit der beiden stand wohl in Zusammenhang mit der Rückkehr
Heckers aus den USA. Hecker, der einem Ruf der Badischen Revolutionsregierung gefolgt war, hatte
am 13. Juni seine Farm in Summerfield, Illinois, verlassen und war über Liverpool nach Straßburg
gereist. Hier erreichte ihn am 15. Juli die Nachricht vom Zusammenbruch des dritten Badischen
Aufstandes. Am 22. Juli verließ er Straßburg in Richtung Paris.45
Osterhaus’ genauer Fluchtweg aus Mannheim nach Frankreich lässt sich nicht mehr eindeutig
rekonstruieren. Insbesondere die Frage, wie er das Zusammentreffen mit seiner Frau arrangierte, bleibt
unbeantwortet. Angeblich soll ihm die Flucht aus Mannheim mit Hilfe eines freundlich gesonnenen
Rheindampfer-Kapitäns gelungen sein. Ein Freund habe ihn vor den in seinem Haus wartenden
Gendarmen gewarnt, wobei unklar ist, in welcher Stadt diese Warnung ausgesprochen wurde. Es
kommen sowohl Mannheim als auch Kreuznach und sogar Koblenz in Betracht, denn angeblich setzte
er sich mit dem Pass eines in Koblenz lebenden Bruders ins elsässische Straßburg ab, wobei er zwei
Flüsse durchschwimmen musste.46
Belegt ist dagegen, dass Osterhaus, Karl Eisenhardt und Dr. med. Heinrich Tiedemann (1813-1895),
ein weiterer Schwager Heckers, Anfang August 1849 von Straßburg nach Paris flohen, wo sie am 4.
des gleichen Monats eintrafen. Noch in derselben Nacht setzten sie ihre überhastete Flucht nach Le
Havre fort.47 Hier trafen sie vermutlich auf Hecker, der sich noch am 27. Juli mit seiner Familie in
Paris versteckt gehalten hatte.48 Das eigentliche Ziel der Flüchtlinge waren jedoch die Vereinigten
Staaten, da ihnen in Frankreich die Auslieferung an Baden oder Preußen drohte.49 Am 11. August
verließ Hecker endgültig den europäischen Kontinent,50 sein Schiff, die „Seine“, lief am 14. September
41 Mitteilung Heinrich Raab, Karlsruhe, vom 7.8.1991. 42 Sybilla Mathilde Born (* 17.1.1825 Kreuznach); Eltern: Notar Georg Carl Born und Margarethe Grebel. 43 Mitteilung Heinrich Raab, Karlsruhe, vom 7.8.1991. 44 Bundesarchiv (künftig BA), Außenstelle Frankfurt a. M., Best. DB 54 Nr. 43, S. 213. 45 Lück, S. 230 f. 46 The Daily News vom 3.1.1914, OFP. 47 BA Best. DB 54 Nr. 43, S. 210. 48 Mitteilung Heinrich Raab, Karlsruhe, vom 7.8.1991. 49 StAK 655,10 Nr. 422, 22.8.1849. 50 Mitteilung Heinrich Raab, Karlsruhe, vom 7.8.1991.
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1849 in New York ein.51 Osterhaus, Frau Mathilde und die dreimonatige Tochter Anna Josephine52
erreichten erst am 6. November 1849 mit dem Segler „Argo“ New York.53 An Bord befand sich unter
anderem auch Joseph Martin Reichard (1803-1872),54 dem Osterhaus freundschaftlich verbunden
war.55
Am 2. Oktober 1850 wurde Osterhaus in Abwesenheit vom Mannheimer Hofgericht wegen
Hochverrats zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem ihm zuvor schon am 22. Juli das badische
Staatsbürgerrecht aberkannt worden war. Im Zuge einer allgemeinen Amnestie wurde er allerdings am
9. Juli 1857 begnadigt.56
Unmittelbar nach seiner Ankunft in New York wandte sich Osterhaus nach Belleville, St. Clair
County, im Bundesstaat Illinois. Friedrich Hecker, der seit 1848 im nur wenige Kilometer entfernten
Summerfield eine Farm besaß und mit den Verhältnissen dort vertraut war, könnte Osterhaus zu der
Ansiedlung geraten haben, zumal das St. Clair County schon seit 1830 als Sammelbecken politischer
Flüchtlinge aus Deutschland bekannt war.57
Die dringlichste Aufgabe für Osterhaus bestand zunächst darin, sich eine Existenz aufzubauen.
Anfänglich arbeitete er als Angestellter in einem Textilgeschäft, doch schon im April 1850 ist er
Besitzer eines Haushaltswaren-Geschäfts für Porzellan, Glas und Keramik in der 150 Main Street.58
Vier Jahre später erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft.59 Hier in Belleville begegnete er
1856 zum ersten Mal dem späteren Präsidenten Abraham Lincoln (1861-1865), als dieser noch
Abgeordneter von Illinois war.60 Nach einer Wahlkampfrede hatte man zu Ehren Lincolns ein Diner
gegeben, zu dem auch das Ehepaar Osterhaus geladen war. In einem späteren, während des
Sezessionskrieges zwischen Lincoln und Osterhaus geführten Gespräch erinnerte sich der Präsident
daran, während des Diners neben einer reizenden Deutschen gesessen zu haben, die kaum Englisch
sprach. Osterhaus klärte Lincoln darüber auf, dass es sich um seine Frau Mathilde gehandelt hatte.61
51 CA vom 14.10.1849. Danach reiste Hecker mit Frau und 3 Kindern sowie Max Gritzner (1794-1872) und Franz Joseph Richter (1801-1865), beide Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung. Erst am 19.8.1849, als Hecker Frankreich längst verlassen hatte, setzte die Koblenzer Regierung die Landräte und Bürgermeister davon in Kenntnis, „daß die deutschen Flüchtlinge eifrig bemüht sind, in Gemeinschaft mit französischen Roth-Republikanern erneute Aufstände vorzubereiten, welche gleichzeitig in Deutschland und in Frankreich ausbrechen sollen. Namentlich ist in Straßburg stark die Rede von einer Revolution, welche im Herbst d. J. in Berlin ausbrechen soll. Als die thätigsten Agenten dieser Propaganda werden bezeichnet: [...] der frühere Oberst Osterhaus [...] Heinrich Tiedemann, Bruder des Befehlshabers der Rebellen in Rastatt, sämmtlich Straßburg“, StAK 655,10 Nr. 422, 22.8.1849. 52 (* 26.8.1849 Mannheim, + 1910 Frankfurt a. M.), verheiratet mit Carl Hartwig, Samtfabrikant in Lyon, Frankreich. 53 Auszug aus der Passagierliste der „Argo“,vgl. www.nausa.uni-oldenburg.de/1848/osterh.htm, Aufruf am 10.1.2012. 54 Rechtsanwalt und Notar, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, Vorsitzender der revolutionären Pfälzischen Provisorischen Regierung in Kaiserslautern, 1850 in Abwesenheit zum Tode verurteilt, Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, S. 331. 55 Tagebuch PJO vom 16.1.1864, OFP. 56 Mitteilung Heinrich Raab, Karlsruhe, vom 7.8.1991. 57 Ein Teil der hier ansässigen Emigranten wurde aufgrund ihrer klassischen Bildung scherzhaft als Latin Farmers bezeichnet, Kaufmann, S. 483. 58 Mitteilung St. Clair County Genealogical Society, Belleville, Illinois, vom 13.4.1991. 59 The New York Times vom 6.1.1917, S. 7, OFP. 60 Körner, Gustav: Memoirs of Gustav Körner, 1808-1896. Bd. 2. Cedar Rapids, Iowa, 1909, S. 32 f. 61 The Daily News vom 3.1.1914, OFP.
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Später zog Osterhaus in das nur 18 Kilometer nordöstlich von Belleville gelegene Lebanon. Hier
errichtete er 1856 eine Brennerei (The Lebanon Distillery), deren Bau rund 40.000 Dollar verschlang.62
Doch schon ein Jahr später ging das Geschäft infolge der amerikanischen Wirtschaftskrise in die
Brüche.63 Als der von Osterhaus unterstützte Republikaner John C. Frémont (1813-1890)64 im Kampf
um das Präsidentenamt gegen den Demokraten James Buchanan (1791-1868)65 unterlag, verlor
Osterhaus am 11. März 1857 auch seine Stellung als Posthalter.66 Dennoch soll sein Haus einer der
gesellschaftlichen Mittelpunkte Lebanons gewesen sein.67 1860 taucht Osterhaus letztmalig in der
Volkszählungsliste für das St. Clair County auf.68
Noch im September des gleichen Jahres zwang ihn die wirtschaftliche Situation zum Umzug nach St.
Louis im Bundesstaat Missouri, wo ihm eine große Eisenwarenhandlung den Posten eines Buchhalters
angeboten hatte. Obwohl das im Staat Illinois gelegene Lebanon und St. Louis nicht weit voneinander
entfernt sind, betrat Osterhaus eine völlig andere politische Landschaft. Missouri zählte zwar zur
nordstaatlichen Union, war aber im Gegensatz zu Illinois ein Sklavenhalterstaat. Hier in St. Louis sah
sich Osterhaus erstmals unmittelbar mit dem Sklavenhandel konfrontiert. Zeitlebens unvergessen und
prägend blieb ihm ein Reklameschild mit der Aufschrift James Skinner - Dealer in Slaves.69
St. Louis hatte seit Mitte des 19. Jahrhunderts einen bedeutenden Zuzug deutscher Einwanderer
erfahren, die der Sklavenhalterei meist ablehnend gegenüberstanden. Dieser Haltung begegnete man
von Seiten der mit den Südstaaten sympathisierenden Bevölkerungsmehrheit mit Misstrauen, teilweise
sogar mit Feindseligkeit. Für sie hätte die geforderte Abschaffung der Sklaverei einen empfindlichen
Schlag gegen ihre Handelsbeziehungen mit den Baumwollstaaten der Konföderation und damit einen
Wohlstandsrückgang bedeutet. Angeheizt wurde das politische Klima durch den aus Liblar bei Köln
gebürtigen Carl Schurz (1829-1906),70 der für Lincolns Ideen eintrat und am 1. August 1860 vor rund
10.000 Zuhörern eine Wahlkampfrede hielt mit dem Thema „Der Untergang der Sklaverei“.71 Die
Folge waren Übergriffe und Versammlungsverbote, die die Aktivisten unter der deutschstämmigen
Bevölkerung zwangen, sich im Untergrund zu organisieren. Eine dieser Organisationsformen war das
im Januar 1861 gebildete Freikorps der „Schwarzen Jäger“ (Black Guards). Schon nach kurzer
Mitgliedschaft in diesem Korps wurde Osterhaus mit Führungsaufgaben betraut.72
62 History of St. Clair County, Illinois. With illustrations, descriptive of its scenery, and biographical sketches of its prominent men and pioneers. Philadelphia 1881, Neudr. Evansville, Indiana, 1975, S. 337. 63 Unbetitelter Zeitungsausschnitt „Gen. Peter Osterhaus, Bürgerkriegsveteran, tot“ vom 6. 1. 1917, OFP. 64 Kaufmann, S. 236-243. 65 Präsident von 1857 bis 1861. 66 Mitteilung St. Clair County Genealogical Society, Belleville, Illinois, vom 13.4.1991. 67 The Daily News vom 3.1.1914, OFP. 68 1860 Census St. Clair County, Illinois. Compiled by Kay F. Jetton. Vol. II. Decorah, Iowa, 1981, S. 384. 69 The Daily News vom 3.1.1914, OFP. 70 Schurz, Carl: Lebenserinnerungen. Bd. I: Bis zum Jahre 1852. Bd. II: von 1852 bis 1870. Berlin 1906-1907. 71 Ebd., Bd. 2, S. 151 f. 72 The United States Intelligencer vom 29. 4. 1904, OFP.
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Als Folge des schon lange schwelenden Konflikts brach am 12. April 1861 mit dem Angriff der
Südstaaten auf das von Unionstruppen gehaltene Fort Sumter im Hafen von Charleston (Süd-Carolina)
der amerikanische Bürgerkrieg aus. In den darauf folgenden Tagen rief Unionspräsident Lincoln in
dramatischen Appellen zum freiwilligen Kriegsdienst auf. Beeindruckt von diesen Reden, und weil ein
Freund ihm eine rasche Militärkarriere voraussagte, meldete sich Osterhaus am 15. April 1861 in St.
Louis freiwillig zur Armee der Nordstaaten. Er ließ sich als einfacher Soldat (Private) einschreiben,
wurde aber aufgrund seines Bekanntheitsgrades bereits am 24. April zum Hauptmann und Chef der A
Kompanie im 2. Missouri-Freiwilligen-Infanterieregiment ernannt,73 das unter dem Kommando von
Heinrich Boernstein (1805-1892)74 stand.
Nach dem Angriff auf Fort Sumter trat eine dreimonatige Kampfpause ein, in der beide Seiten ihre
Armeen aufrüsteten. In St. Louis nutzten unter anderem Franz Sigel (1824-1902) und Osterhaus die
Zeit, um ein fast nur aus deutschen oder deutschstämmigen Freiwilligen ohne militärische Erfahrung
bestehendes Regiment auszubilden. Diese Übungen fanden wegen der politischen Lage heimlich in
Fabrikhallen oder großen Lagerhäusern hinter abgedunkelten Fenstern statt. Vor der Stadt lag Camp
Jackson, das als größtes Waffendepot der Union im Westen sofort nach Kriegsbeginn von 700
Milizsoldaten der Sezessionisten besetzt worden war. Doch bereits am 10. Mai 1861 gelang mit einem
unblutigen Handstreich unter Aufbietung von vier deutsch-amerikanischen Milizregimentern und zwei
Kompanien Berufssoldaten unter dem Befehl von Nathaniel Lyon (1818-1861) die Rückeroberung des
Camps. An dieser Aktion, mit der gleichzeitig St. Louis wieder unter die Kontrolle der Union gebracht
wurde, hatte sich Osterhaus maßgeblich beteiligt. Der spätere Oberkommandierende General Ulysses
S. Grant (US-Präsident von 1869-1877) bezeichnete den Handstreich als einen der größten Erfolge des
ganzen Krieges, da im Falle eines Abgleitens von St. Louis in das Lager der Konföderierten ein
besonderer Feldzug nötig gewesen wäre.75
Im weiteren Verlauf des Bürgerkrieges, an dem auf Unionsseite auch viele Koblenzer teilnahmen,76
wurde Osterhaus nach seiner am 27. April 1861 erfolgten Ernennung zum Major in rascher Folge bis
in die Generalsränge befördert.77 Zunächst am 27. August 1861 ausgemustert, da er als Freiwilliger nur
eine dreimonatige Dienstzeit zu absolvieren hatte, wurde er nach seinem Wiedereintritt ins 3.
Missouri-Freiwilligen-Regiment am 19. Dezember 1861 zum Oberst des von ihm aufgestellten 12.
Missouri-Freiwilligen-Infanterieregiments befördert78 und am 9. Juni 1862 zum Brigadegeneral
ernannt.
73 PJO: „What I saw of the war“, 1897, OFP (es handelt sich um einen so gen. „General`s Report“, der in den 1890ern von noch lebenden Kommandeuren durch das Nationalarchiv Washington erfragt wurde; als Typoskript in der City Library Belleville vorhanden). Über die Bezeichnung der Einheit, in die Osterhaus eintrat, liegen widersprüchliche Angaben vor. Während Rombauer, R.: The Union Element in St. Louis 1861. New York 1909, unrichtig die B Kompanie nennt, bestätigt der Dictionary of American Biography die Angaben Osterhaus`, nämlich die A Kompanie. 74 Kaufmann, S. 199, 485. 75 Ebd. S. 35 f. 76 CZ vom 23.8.1862: Ein Schreiben aus Amerika von einem Coblenzer. 77 OFP. 78 Kaufmann, S. 445, und The Daily News vom 3.1.1914, OFP.
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Abb. 2: US-Brigadegeneral Peter Joseph Osterhaus, 1863.
Höhepunkt seiner militärischen Laufbahn war die Ernennung zum Generalmajor am 22. Juli 1864
durch Präsident Lincoln. Damit hatte er den höchstmöglichen Dienstgrad der Freiwilligenarmee
erreicht. Diesen Rang erlangten von den in Deutschland geborenen Kriegsteilnehmern auf Unionsseite
nur noch Franz Sigel, Carl Schurz und August (von) Willich (1810-1878).79 Einen Monat vor Beginn
des unter dem Oberbefehl von General William T. Sherman (1826-1891) stehenden, berüchtigten
Zerstörungsfeldzuges (March from Atlanta to the sea) durch Georgia, übernahm Osterhaus am 22.
September 1864 in Atlanta für kurze Zeit das Kommando über das bisher von General John Alexander
Logan (1826-1886) befehligte 15. Armeekorps.80
Bereits am 5. November 1863 war in St. Louis überraschend seine Frau Mathilde gestorben. Osterhaus
ließ sich beurlauben und brach Anfang 1864 nach New York auf, wo sich die Schwester seiner Frau,
79 Historical Times. Illustrated Encyclopedia oft the Civil War. Ed. by Patricia L. Faust. New York u. a. 1986, S. 550. 80 Ebd., S. 447.
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Amalie gen. Malchen Born,81 aufhielt. Das Motiv dieser Reise lag klar auf der Hand, denn es galt, für
seine fünf unversorgten Kinder82 eine neue Mutter zu finden. Während seines Aufenthalts in New
York traf sich Osterhaus mit Joseph Hasslacher, einem Mitglied der dortigen Deutschen Gesellschaft.
Ein am nächsten Tag vereinbartes Treffen mit dessen Bruder im Brooklyner Stadtteil Williamsburg
kam wegen der unterbrochenen Fährverbindung nicht zustande.83 Die Brüder Joseph Maria und Georg
Joseph Hasslacher stammten ebenfalls aus Koblenz und betätigten sich in New York als Kaufleute.84
Mitte Januar trat Osterhaus zusammen mit Amalie Born die Rückreise nach St. Louis an. Die Route
wurde in Etappen bewältigt, wobei die wichtigste Zwischenstation in Washington eingelegt wurde.
Hier kam es am 17. Januar zu einer erneuten Begegnung mit Präsident Lincoln. Osterhaus' Tagebuch
ist zu entnehmen, dass ihre Ankunft in St. Louis am 21. Januar von seinen Kindern freudig begrüßt
wurde. Osterhaus scheint von Anfang an eine rasche Wiederverheiratung angestrebt zu haben, denn
noch vor Ablauf des Trauerjahres heiratete er am 28. Juli 1864 in St. Louis seine Schwägerin Amalie,
wenige Tage nach seiner Ernennung zum Generalmajor.85
Nach dem Sieg der Union fungierte Osterhaus von Januar bis zum 27. Mai 1865 als Militärgouverneur
für den Westteil, ab Ende Mai 1865 bis Januar 1866 für den ganzen Staat Mississippi, mit Sitz in
Jackson, später Vicksburg. Am 15. Januar 1866 beendete er in St. Louis seine aktive Laufbahn und
kehrte zu seiner Familie nach St. Louis zurück. Am 9. Februar besuchte er das Repräsentantenhaus in
Washington, von dem er „mit Enthusiasmus aufgenommen“ wurde.86
Schon bald betraute ihn die Regierung mit einer neuen Aufgabe. Am 18. Juni 1866 berief ihn Präsident
Andrew Johnson (1865-1869), angeblich auf Vorschlag von General Grant, zum Konsul der
Vereinigten Staaten in Lyon (Frankreich).87 Damit erlangte er die gleiche Anerkennung durch den
amerikanischen Staat wie eine Reihe anderer Achtundvierziger, zum Beispiel Carl Schurz, der 1861
sogar Botschafter in Madrid war, oder sein alter Mitstreiter in der Mannheimer Bürgerwehr, Lorenz
Brentano, der von 1872 bis 1876 als US-Konsul in Dresden residierte. Durch seine Berufung entging
Osterhaus dem Schicksal vieler Offizierskameraden der Freiwilligenarmee, die nach ihrer Entlassung
einer ungewissen Zukunft entgegensahen.
Vor seinem Amtsantritt in Lyon reiste Osterhaus mit seiner hochschwangeren Frau nach Kreuznach,
wo am 28. September 1866 die Zwillinge Joseph Adolph88 und Ludwig Reichard89 geboren wurden.
81 Emma Amalie Born (* 12. 11. 1828 Kreuznach). 82 Anna ( * 1849 Mannheim); Hugo (* 1851 Belleville); Alexander (* 1855 Lebanon); Emma (* 1857 Lebanon) und Karl (* 1859 Lebanon), OFP. 83 Tagebuch PJO vom 9./10. 1. 1864, OFP. 84 Hasslacher, Franz Anton: Zur Geschichte der Familien Hasslacher, Oswald und Leyenthal. Den Familienangehörigen gewidmet von Franz Anton Hasslacher (1838-1921), Geh. Bergrat in Bonn. 3. Aufl. München 1949, S. 35 f. 85 Dictionary of American Biography, S. 88. 86 CZ vom 28. 2. 1866. 87 Nur The American Magazine, OFP, berichtet von der Vermittlerrolle Grants. Offizielle Regierungsakten erwähnen nach Mitteilung des National Archives, Civil Reference Branch, Washington, vom 20. 5. 1992, darüber nichts. 88 War 1894/95 als Reserveoffizier im Rang eines Secounde Lieutenants im 2. Badischen Grenadier-Regt. Kaiser Wilhelm I. Nr. 110 in Molsheim stationiert (nachgewiesen in den Rang- und Quartierlisten der Kgl. Preuß. Armee 1894, S. 561, und 1895, S. 562). Um 1896 übersiedelte er nach Johannisburg, Südafrika, wo er am 17.1.1897 am Schwarzwasserfieber starb.
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Ludwig Reichard studierte in Heidelberg und Frankreich und ließ sich 1898/99 in Mannheim als
Rechtsanwalt nieder. 1901 übersiedelte er in die USA und lebte bis 1904 in Portland, Oregon. Danach
zog er nach St. Louis und später nach Belleville, wo er 1907 Josephine Andel heiratete.90 Ihr Vater,
Casimir Andel (1840-1918), hatte als Offizier in Osterhaus' 12. Missouri-Regiment gedient und
gründete im spanisch-amerikanischen Krieg um Kuba 1898 in Belleville ein Regiment von
Bürgerkriegsveteranen.91 Ludwig Reichard Osterhaus wurde 1916 Direktor der Stadtbibliothek von
Belleville und Schatzmeister der örtlichen Republikanischen Partei.92
Insgesamt elf Jahre bekleidete Peter Joseph Osterhaus sein Amt in Lyon. In dieser Funktion nahm er
auch an den Hofbällen Kaiser Napoleons III. (1852-1870) in Paris teil. Allerdings scheinen ihm diese
Repräsentationspflichten weniger gelegen zu haben, da ihm öffentliche Auftritte nach eigenem
Bekunden zuwider waren. In Caluire Cuire bei Lyon kam am 17. Januar 1868 sein letztes Kind,
Mathilde Natalie,93 zur Welt, bei der er später in Bonn und Duisburg seinen Lebensabend verbrachte.
Bei Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1870/71 soll er sich den besonderen Dank der
deutschen Regierung dafür erworben haben, dass er die in seinem Konsularbezirk lebenden Deutschen
unter den Schutz der amerikanischen Flagge stellte.94 Andererseits zeigen seine Konsularberichte, dass
er die vom Deutschen Reich Frankreich auferlegten Reparationsleistungen von fünf Milliarden
Goldmark und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Niedergang des Landes durchaus kritisch
anmerkte.
Spätestens seit der Amtseinführung von Präsident Rutherford B. Hayes (1877-1881) am 3. März 1877
trug sich Osterhaus mit dem Gedanken, einen Posten in der Wirtschaft, möglichst in Deutschland,
anzunehmen. Der Dienst im Konsulat, den er als dekadent bezeichnete, hatte ihn nach eigenen
Angaben schon seit einer Reihe von Jahren nicht mehr befriedigt. Darüber hinaus hielt er sein
Jahreseinkommen von 2000 Dollar angesichts seiner vielköpfigen Familie und der hohen
Lebenshaltungskosten in Frankreich für unzureichend. Überhaupt wollte er wegen seiner damals
kranken Frau, besonders aber wegen der Schulausbildung seiner Kinder, Frankreich verlassen und
nach Deutschland zurückkehren.
Etwa zeitgleich mit dem Amtsantritt von Präsident Hayes hatte ihm die American Rubber Company,
deren Besitzer alte Freunde aus Bürgerkriegszeiten waren, den Direktorenposten ihrer
Europaniederlassungen in Paris und Mannheim angeboten. Osterhaus, der trotz seiner kaufmännischen
Ausbildung in geschäftlichen Dingen oft glücklos operiert hatte, sah in diesem Angebot die Chance,
sein Leben endlich auf eine breitere finanzielle Basis zu stellen. Obwohl ihm die Firma ausgezeichnete
Verheiratet mit Maria Aller (+ 1946); die gemeinsame Tochter Mathilde (* 7.3.1898 Johannisburg, + um 1984 Bad Pyrmont) wuchs bei PJO und dessen Tochter Mathilde Petersen in Bonn und Duisburg auf. 89 (+ 9.6.1929 Belleville, Illinois). 90 Mitteilung St. Clair County Genealogical Society, Belleville, Illinois, vom 13.4.1991. 91 Kaufmann, S. 478. 92 Mitteilung St. Clair County Genealogical Society, Belleville, Illinois, vom 13.4.1991. 93 (+ 9.10.1942 Berlin). 94 Sonntagsblatt Staats-Zeitung und Herold vom 5.4.1925, OFP; Townsend, S. 204.
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Konditionen einräumte - so etwa eine dreimonatige Einarbeitungszeit in den USA bei vollem Gehalt -,
plagten ihn anfänglich große Zweifel über die Richtigkeit seines Ausscheidens aus dem
Konsulardienst. Immerhin war er bereits 54 Jahre alt und fürchtete auch aus diesem Grund einen
beruflichen Neuanfang. Überdies verspürte er keine allzu große Neigung, ausgerechnet in der
Gummibranche tätig zu werden. Erst nach reiflicher Überlegung teilte er seiner vorgesetzten
Verwaltungsabteilung in der Pariser US-Botschaft mit, dass er beabsichtige, zum 30. Juni 1877 den
Dienst zu quittieren. Hier war mit der Rücktrittsabsicht zunächst nicht einverstanden und forderte ihn
mehrfach auf, seinen Entschluss zu überdenken.95 Seine ganze Unschlüssigkeit zeigt sich darin, dass er
erst einen Monat später, am 27. Juli, seinen definitiven Abschied einreichte, aber noch bis zum 16.
August im Amt blieb.96 Ohne seine Entlasspapiere abzuwarten, verließ er unmittelbar danach Lyon
und zog mit seiner Familie nach Mannheim. Ganz Militär, verglich er seinen überstürzten Aufbruch
mit einer Art unerlaubtem Entfernen von der Truppe. Offenbar ließen sich die amerikanischen
Behörden mit der Aushändigung seiner Entlassurkunde viel Zeit, denn noch am 27. August bat er von
Mannheim aus um Zusendung der entsprechenden Papiere.
Osterhaus hatte Mannheim zu seinem Wohnsitz gewählt, weil die American Rubber Company hier
ihren deutsche Niederlassung unterhielt. Dabei kam ihm entgegen, dass er mit der Stadt positive
Erinnerungen an seine Jugendzeit verband, in die er auch die glückliche Ehe mit seiner ersten Frau
Mathilde einbezog. Ohne seine amerikanische Staatsangehörigkeit aufzugeben,97 erwarb er hier am 8.
Januar 1879 zum zweiten Mal die badische Staatsbürgerschaft.98 Sein Jahreseinkommen als Direktor
belief sich 1881 auf stattliche 130.000 Mark. Alles deutete auf eine gesicherte Zukunft, doch die
American Rubber Company hatte bereits 1880 mit der Umstrukturierung des Unternehmens begonnen.
Ende 1881 stand fest, dass er den Direktorenposten verlieren würde. Eindringlich bat er deshalb seinen
Sohn Hugo, Kontakt mit Sherman und Logan sowie anderen einflussreichen alten Freunden in den
USA aufzunehmen und sie um Vermittlung einer Konsularstelle oder einer vergleichbaren Tätigkeit in
Washington zu bitten,99 obwohl ihm das Gesellschaftsleben der Hauptstadt eigentlich verhasst war.100
Nachdem seine Bemühungen erfolglos blieben, trat Osterhaus die Flucht nach vorne an. 1883 gründete
er in Mannheim unter der Bezeichnung „P. J. Osterhaus, Kohlen, Agentur und Spedition“ eine eigene
Firma.101 Aus diesem Geschäft, das sich ab 1895 „P. Jos. & Alex. Osterhaus“ nannte und seit 1897 nur
noch Kohlen vertrieb, schied Osterhaus 1898 aus.102 Alleininhaber war nun sein Sohn Alexander,103
der am 21. April 1891 in Mannheim Maria Stebinger geheiratet hatte104 und 1904 in Riverside, später
95 PJO an Hugo Osterhaus, Mannheim, 28.8.1877, OFP. 96 Mitteilung National Archives, Civil Reference Branch, Washington, vom 20. 5. 1992. 97 Noch 1905 gab er an, Bürger der Vereinigten Staaten zu sein, StaB, Meldekartei PJO sowie Biographische Skizze PJO von Tochter Emma Kamp vom 17. 4. 1931, OFP. 98 StaM, Best. Polizeipräsidium, Familienbogen PJO. 99 PJO an Hugo Osterhaus, Mannheim, 28.11.1881, OFP. 100 Biographische Skizze PJO von Tochter Emma Kamp vom 17. 4. 1931, OFP. 101 Mannheimer Adreß-Kalender 1884, der Band wurde im Vorjahr zusammengestellt, so dass die Firmengründung für 1883 angenommen werden kann. 102 Mannheimer Adreß-Buch 1896 und 1899, auch hier wurden die Daten jeweils im Vorjahr erfasst. 103 (* 16.8.1855 Lebanon, Illinois, + 26.4.1934 Redondo Beach, California). 104 Standesamt Mannheim, Heiratseintrag Nr. 273 vom 21.4.1891. Maria Stebinger (* 31.5.1866 Meßkirch), katholisch, Eltern: Gastwirt Karl Stebinger und Maria geb. Bader; vgl. auch StaM, Best. Polizeipräsidium, Familienbogen PJO.
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im kalifornischen Hollywood lebte. Der Grund für die Aufgabe des zeitlebens ungeliebten
Kaufmannsberufs war seine am 16. März 1898 erfolgte Akkreditierung als Vize- und stellvertretender
Konsul der Vereinigten Staaten in Mannheim. Sie öffnete ihm, wenn auch nach beinahe 21-jähriger
Abstinenz und vielen erfolglosen Versuchen, endlich wieder den diplomatischen Dienst. In dieser eher
untergeordneten Position verblieb Osterhaus noch 19 Monate, ehe er am 8. November 1900 im Alter
von 77 Jahren endgültig Abschied vom amerikanischen Staatsdienst nahm und sich ins Privatleben
zurückzog. Für seine Verdienste als Generalmajor der Freiwilligenarmee genehmigte ihm der
amerikanische Kongress am 27. Juni 1902 eine monatliche Zusatzpension von 50 Dollar. Ob diese
Summe allerdings immer regelmäßig angewiesen wurde, scheint fraglich; denn in seinem Testament
gab Osterhaus 1916 an, dass noch rund 4000 Mark an fälligen Pensionen ausstünden.105
Da er in Mannheim keine Angehörigen mehr hatte - seine dort beerdigte Frau Amalie war schon am 1.
Juli 1896 in Kreuznach verstorben106 und sein Sohn Alexander hatte das Kohlengeschäft aufgegeben
und mit seiner Familie Europa verlassen -, übersiedelte Osterhaus Ende 1900 zu seiner Tochter
Mathilde Natalie nach Bonn. Nachdem diese am 9. März 1901 den Privatdozenten und (ab 1904)
Leiter der Chirurgischen Poliklinik in Bonn, Professor Dr. Hermann Adolph Theodor Petersen (1866-
1945), geheiratet hatte, zog Osterhaus zwei Monate später in deren Haus.107
Abb. 3: Porträt des 81-jährigen Peter Joseph Osterhaus, 1904.
105 Testament PJO vom 5.12.1916, OFP. 106 StAK 623 Nr. 7918, Bl. 193. 107 StaB, Meldekartei PJO.
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Das Jahr 1904 war für Osterhaus gekennzeichnet durch hohe Auszeichnungen, aber auch von einem
schmerzlichen Verlust. Zunächst brach er am 14. April mit der „S. S. Finland“ der Star & Stripes
Linie zu einer USA-Reise auf, deren Ziel die Vorbereitung einer Eingabe im Kongress zur Ernennung
als Brigadegeneral der regulären US-Armee war.108 Am Grund seiner Reise ließ Osterhaus keinen
Zweifel. Es ging um eine Jahrespension von 18.000 Mark, also „gewaltig viel Moos“ wie er
Schulmeister Baculus aus Lortzings Oper „Wildschütz“ in einem am 7. März 1905 aus Washington an
seine Tochter Mathilde Petersen gerichteten Brief zitierte.109 Obwohl sich sogar Präsident Theodore
Roosevelt (1901-1909) für die Ernennung aussprach, verhinderten gegenläufige politische
Strömungen im Kongress immer wieder die Entscheidung zugunsten Osterhaus’. Sein auf wenige
Monate angesetzter USA-Aufenthalt - er wollte am 25. August 1904 mit der „Blücher“ via Hamburg
zurückkehren - dehnte sich aus diesem Grund auf fast ein Jahr aus. Während dieser Zeit setzte er
bewusst und kalkulierend seine ungeheuere Popularität als einer der letzten noch lebenden
Unionsgenerale zur Durchsetzung seiner Ernennung ein. „Meine Sache im Congress treibe ich mit
allen Künsten und Kräften, [...] und werde in New York und Baltimore die nötige Stimmung machen,
um die Angelegenheit zu beschleunigen und zum Guten zu wenden“, verriet er im Dezember 1904
seiner Tochter.110 Osterhaus reiste kreuz und quer durchs Land und traf sich mit unzähligen
Repräsentanten des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens. „Empfänge, Banketts,
Versammlungen und dergleichen mehr [...] reihten sich so dicht aneinander, daß ich zuweilen dachte,
es nicht aushalten zu können“, hatte er sich bereits am 9. Mai beklagt.111
Unmittelbar nach seiner Ankunft am 26. April war er einer Einladung alter Kriegskameraden gefolgt,
die auch die Überfahrt bezahlt hatten und ihm zu Ehren am 29. April im Hotel Rauscher in
Washington einen großen Empfang mit anschließendem Diner bereiteten, an dem auch Präsident
Theodore Roosevelt teilnahm.112 Die anschließende Zugfahrt über Philadelphia zur Weltausstellung
nach St. Louis, die am 30. April ihre Tore öffnete, weitete sich zu einer wahren Triumphfahrt aus,
nachdem Zeitungen des ganzen Landes seine Reiseroute veröffentlicht hatten.113 Über seine
Unterbringung musste sich Osterhaus keine Gedanken machen. Im Gegenteil, da jeder Gastgeber des
berühmten Besuchers sein wollte, entbrannte über die Frage, wer ihn zuerst aufnehmen soll, ein
regelrechter Streit, der erst durch einen Kompromiss beigelegt werden konnte. In St. Louis wohnte er
zunächst bei Dr. med. Joseph Spiegelhalter (1834-1909), seinem ehemaligen Stabsarzt im 12.
108 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, St. Louis, 9.5.1904. 109 Ebd., PJO an Tochter Mathilde, Washington, 7.3.1905. 110 Ebd., PJO an Tochter Mathilde, Philadelphia, 10.12., und 20.12.1904. 111 Ebd., PJO an Tochter Mathilde, St. Louis, 9.5.1904. 112 Mitteilung St. Clair County Genealogical Society, Belleville, Illinois, vom 13.4.1991. 113 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, St. Louis, 9.5.1904.
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(Osterhausschen) Missouri-Regiment.114 Anschließend nahm er für einige Tage Quartier bei Dr. Emil
Pretorius (1827-1905), Redakteur und Herausgeber der „Westlichen Post“. Während dieser Zeit war er
auch Ehrengast der Feierlichkeiten zum 43. Jahrestag der Einnahme von Camp Jackson (10. Mai
1861), „an dem ich maßgeblich beteiligt war.“115 Am 22. Mai traf er sich mit ehemaligen Regiments-
Kameraden und Gegnern in Vicksburg zum 41. Jahrestag des ersten großen Unionsangriffs auf die
Stadt, an dem er als Kommandeur der 9. Division im 13. Armeekorps unter Generalmajor Grant
beteiligt war. Die Stadt ehrte ihn übrigens zum 50. Jahrestag der Kapitulation Vicksburgs erneut, und
zwar mit einer von Theodor Alice Ruggeles Kitson (1876-1932) geschaffenen Bronzebüste, die am 3.
Juli 1913 im National Military Park enthüllt wurde.
Abb. 4: Bronzebüste von Peter J. Osterhaus im National Military Park Vicksburg, enthüllt am 3. Juli 1913.
114 Kaufmann, S. 553 f. 115 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, St. Louis, 9.5.1904.
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Nach der Rückkehr aus Vicksburg bezog er vom 24. Mai bis 29. Juli 1904 die Villa des
deutschstämmigen Bierfabrikanten Adolph Busch (1839-1913)116 in St. Louis. „Geradezu betäubt“
vom Ausmaß der Bierproduktionsstätte verglich er Buschs „Etablissement mit einer ganz großen
Stadt“, die eine „Ausdehnung und ein Flächenareal wie Coblenz“ habe.117 Busch, der sich von Juni bis
Oktober in seinem Domizil im Taunus aufhielt, hatte ihm sein Privathaus samt Personal zur
Verfügung gestellt. Von hier unternahm Osterhaus Ausflüge ins Umland wie etwa ins 15 Kilometer
entfernte Belleville, seinem ersten Niederlassungsort in den USA, wo er von Altbürgermeister Eduard
Abend (1822-1904) begrüßt wurde.118 Der Grund und gleichzeitig Höhepunkt des Besuchs war die
Verleihung der Ehrenbürgerrechte der Stadt Belleville am 13. Juli 1904 an Osterhaus. Eine weitere
Ehrung soll ihm bereits am 13. Mai durch die Verleihung der Ehrendoktorwürde der University of
Illinois zu Teil geworden sein,119 für die allerdings bislang keine Bestätigung vorliegt. Gesichert
dagegen ist, dass ihn das Institute of Germanics der Northwestern University in Evanston, Illinois,
wegen seiner Verdienste um den amerikanischen Staat am 22. Juni mit dem Ehrendoktor der Rechte
würdigte. An der Feier nahmen über 500 Personen teil, darunter viele Veteranen des
Sezessionskrieges.120 Danach war er Gast bei Josephine Hecker geborene Eisenhardt (1821-1916), seit
1881 Witwe von Friedrich Hecker, die auf der so genannten Heckersfarm in Summerfield lebte. Im
Anschluss besuchte er weitere alte Bekannte aus seiner frühen Emigrantenzeit wie Rosa Tittmann geb.
Hilgard (ca. 1822-1920),121 Witwe von Eduard Tittmann (1809-1872), oder den 84-jährigen Dr. med.
Adolph Berger (1821-1910) in Lebanon.
Sieben Tage, vom 8. bis 14. August, war Osterhaus Gast seines „Freundes“ Carl Schurz in Lake
George, im Staat New York. Vom 15. bis 18. August vertrat er den Staat Missouri beim 38.
Jahrestreffen der Unions-Veteranen in Boston, das rund 8000 Teilnehmer verzeichnete und dem er
große Bedeutung für seine „schwebenden Interessen“ zumaß.122 Eine Einladung von Präsident
Roosevelt zur Teilnahme an einer vierwöchigen Wahlkampfreise in einem „Luxuszug“ durch
Kalifornien im Oktober oder November 1904 lehnte der 81-Jährige mit Hinweis auf sein Alter jedoch
ab.123 Anlässlich des „Deutschen Tages“ besuchte er am 6. Oktober erneut die Weltausstellung in St.
116 Westerkamp, Johannes: „Prinz Busch“. Studien zum Leben und Wirken des Deutsch-Amerikaners Adolphus Busch. Magisterarbeit Gutenberg-Universität Mainz 1991. 117 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, St. Louis, 9.5.1904. 118 Kaufmann, S. 482. Eduard (Edward) Abend war 1851 und 1857/58 Bürgermeister von Belleville. 119 The Daily News vom 3.1.1914, OFP. 120 Nur diese Verleihung konnte definitiv nachgewiesen werden, vgl. Bulletin of Northwestern University. President’s Report 1902-1904. Evanston, Ill. 1904, S. 12, und Chicago Tribune vom 23. 6. 1904, OFP. 121 Emigrierte 1835 aus politischen Gründen mit Bruder Carl von Dresden in die USA, vgl. http://boards.ancestry.com/thread.aspx?mv=flat&m=9&p=surnames.titman, Aufruf am 12.1.2013. 122 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, Chicago, 7.8.1904; vgl. Unofficial proceedings in connection with the thirty-eighth National Encampment Grand Army of the Republic. Held in Boston week August 15-20 1904. Boston 1907. 123 StAK N 57 (Zug. 1994/67), PJO an Tochter Mathilde, St. Louis, 26.9.1904.
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Louis und hielt sich vom 28. Oktober an ein weiteres Mal bei Witwe Josephine Hecker in
Summerfield auf. Ende Februar 1905 folgte seine letzte Begegnung mit Carl Schurz, der ihn zum
Frühstück eingeladen hatte.
Seine immer noch anhängige Beförderung trat am 4. Dezember 1904 mit der Eingabe (Bill) der
deutschstämmigen Kongressabgeordneten Richard Bartholdt (1855-1932)124 aus St. Louis125 und
William Sulzer (1863-1941) aus New York in die entscheidende Phase. Am 23. (24.?) Februar 1905
entschied der Kongress per Sondergesetz (special act) die Ernennung Osterhaus’ zum Brigadegeneral
der regulären Armee der Vereinigten Staaten, die am 3. März wirksam wurde. Mit diesem Dienstgrad
nahm er am 17. März seinen Abschied. Die Entscheidung des Kongresses empfand er als
Ehrenbezeigung und Glanzpunkt seiner militärischen Laufbahn. Nach mehreren Treffen (4.-8. März)
mit Präsident Roosevelt, der am 4. März seine zweite Präsidentschaftskandidatur ausrief und auf
Anraten seiner Berater die Popularität des alten Nordstaatengenerals nutzen wollte, verbrachte
Osterhaus noch einige Tage bei Freunden in Belleville und kehrte im April 1905 nach Deutschland
zurück. Ob er sein Vorhaben in die Tat umsetzte, nach der Ankunft seinen in Lübeck wohnenden
Regiments-Kameraden Hermann Türk zu besuchen, ist nicht bekannt. Türk, Offizier im 12.
(Osterhausschen) Missouri-Regiment, war infolge einer Schussverletzung in der Schlacht am Pea
Ridge seit März 1862 vollständig erblindet und erhielt vom US-Kongress eine Ehrenpension.126 Ab 1.
Mai nahm Osterhaus seinen Wohnsitz bei Emma Born in Bonn, einer Schwester seiner verstorbenen
Ehefrauen Mathilde und Amalie.127
Noch während seines USA-Aufenthalts hatte ihn die Nachricht ereilt, Sohn Karl habe bei den
Kämpfen um Waterberg in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) eine schwere Verwundung
erlitten.128 Karl, am 31. Mai 1859 in Lebanon, Illinois, geboren, war 1879 als Fahnenjunker in das
preußische 2. Brandenburgische Feldartillerie-Regiment Nr. 18 (Frankfurt/Oder) eingetreten und
führte nach 1890 als Hauptmann eine Abteilung im Feldartillerie-Regiment Nr. 35 (Graudenz).129 1900
wurde er zur Niederschlagung des Boxeraufstandes nach China kommandiert. Als Major und
Kommandant der Etappen-Kommandantur der Ostasiatischen Besatzungs-Brigade schied er im
124 Bartholdt kam 1872 in die USA. Seit 1893 vertrat er als republikanischer Kongressabgeordneter einen Wahlkreis von St. Louis. 1915 trat er von diesem Posten zurück. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er einer der eifrigsten Befürworter des wilhelminischen Deutschland und versuchte alles, um den Kriegseintritt der USA zu verhindern. Aufsehen erregte er, als er 1904 als Präsident der Interparlamentarischen Union ein Treffen in St. Louis veranstaltete, bei dem ein Schiedsvertragsmodell zur Beilegung internationaler Streitigkeiten ausgearbeitet wurde. 125 The Daily News vom 3.1.1914, OFP. 126 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, Philadelphia, 10.12.1904; zu Türk (auch Türck) vgl. Kaufmann, S. 558. 127 StaB, Meldekartei PJO und Adreßbuch der Stadt Bonn 1905. 128 StaB, Meldekartei PJO. 129 Vgl. die entsprechenden Rang- und Quartierlisten der Kgl. Preußischen Armee.
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November 1903 aus dieser Einheit aus und wurde dem 2. Rheinischen Feldartillerie-Regiment Nr. 23
in Koblenz zugeteilt.130 Im Juni 1904 wurde er dann als Kommandeur der 1. Feldartillerie-Abteilung
der Schutztruppe zur Niederschlagung des Herero-Aufstandes in Deutsch-Südwestafrika eingesetzt,131
wo er am 25. September in Waterberg angeblich an den Folgen einer Verwundung (Blutvergiftung),
tatsächlich aber einer Herzschwäche erlag. Erst knapp ein Jahr später wurde Karl nach Deutschland
überführt und am 24. Juni 1905 mit einer „militärischen Leichenparade“ durch sein Stammregiment
Nr. 23132 auf dem Koblenzer Hauptfriedhof in der am 7. Juni 1905 vom Vater angekauften
Familiengruft beigesetzt.133 In diese Gruft ließ Osterhaus am 20. Dezember des gleichen Jahres auch
seine in Mannheim beerdigte Frau Amalie überführen.134 Der Tod seines Sohnes Karl hatte Osterhaus
schwer getroffen, und so oft er konnte, besuchte er sein Grab in Koblenz.135 Karl und Hugo, seine
Lieblingssöhne, hatten den von ihm hochgeschätzten Soldatenberuf ergriffen und standen vor einer
glänzenden Offizierslaufbahn. Dass die beiden verschiedenen Nationen dienten, hat den Vater nie
gestört. Hugo stieg schließlich bis zum Rear Admiral (Konteradmiral) der US-Navy auf und
kommandierte 1911/12 die amerikanische Atlantikflotte.136 Auch sein Sohn Hugo Wilson137 diente als
Offizier in der amerikanischen Marine.
Abb. 5: US-Konteradmiral Hugo Osterhaus (1851-1927), um 1911.
130 CZ 23.10.1903. 131 Testament Karl Osterhaus vom 16.6.1904, OFP. 132 CZ vom 24.6.1905. 133 StAK 623 Nr. 7899, S. 93, Ankauf der Gräber Nr. 931 und 932 zur Errichtung einer Familienbegräbnisstätte für 200 Mark. 134 StAK 623 Nr. 7918, Bl. 203. 135 PJO an Hugo Osterhaus, Duisburg, 22.10.1906, OFP. 136 The National Encyclopedia of American Biography being the history of the United States. Vol. 43. Ann Arbor, Michigan, 1967, S. 105 f. 137 (* 12. 11. 1878 Norfolk, Virginia, + 17.9.1972).
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1906 bereiste Osterhaus zum letzten Mal die USA. Am 29. März 1906 meldete er sich von Bonn nach
St. Louis ab.138 Am 13. April bestieg er in Bremen den Dampfer „Grosser Kurfürst“ nach New York,
wo er am 24. April eintraf. Hier empfingen ihn die Söhne Hugo und Ludwig. Im Anschluss reiste er in
Begleitung Ludwigs über Washington D.C. nach St. Louis, Belleville und Lebanon,139 wo er am 20.
Mai wie schon 1904 seine „Braut und alte Freundin“ Rosa Tittmann besuchte. Ein Tag später nahm er
in St. Louis an der Gedächtnisfeier für den am 14. Mai verstorbenen Carl Schurz teil. Als Ehrengast
besichtigte er am 24. Mai eine Militärparade in Jefferson City, der Hauptstadt des Staates Missouri.
Wieder zurück in St. Louis, war er am 27. Mai Gast bei Caroline Flad geb. Richard. Sie war Witwe des
im badischen Rennhoff geborenen Ingenieurs Heinrich „Henry“ Flad (1824-1898), wie Osterhaus
Teilnehmer am badischen Aufstand und 1861 Freiwilliger im 3. Missouri-Regiment, der unter anderem
am Bau der New York und Erie Railroad sowie als Chefassistent der Missisippibrücke (1867-1874) bei
St. Louis mitwirkte.140 Ab Pfingsten (Anfang Juni) nahm Osterhaus einen jeweils dreitägigen
Aufenthalt in Chicago und Milwaukee, reiste danach nach Michigan und anschließend nach Peoria.
Um den 20. Juni besuchte er die Witwe Heckers in Summerfield, Illinois.141 Nach einem kurzen
Aufenthalt in Lebanon, traf er Ende Juni in Philadelphia ein, wo er am 4. Juli an den Feierlichkeiten
zur 130. Jahresfeier der Unabhängigkeitserklärung teilnahm, bei der nach seiner Schätzung „allein
über 450 Personen mehr oder weniger durch Feuerwerkskörper verwundet wurden.“142 Am 10. Juli
begab er sich nach New York und reiste von hier Ende August, Anfang September nach Europa. Nach
der Rückkehr folgte er seiner Tochter Mathilde Natalie nach Duisburg, die inzwischen mit ihrem
Mann, Professor Hermann Petersen, hier ihren Wohnsitz genommen hatte.
Abb. 6: Peter Joseph Osterhaus, 1908.
138 StaB, Meldekartei PJO. 139 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, an Bord des „Grossen Kurfürsten“, 21.-23.4.1906. 140 Kaufmann, S. 497. 141 StAK N 57 (Zug. 67/1994), PJO an Tochter Mathilde, St. Louis, 22.5.1906. 142 Ebd., PJO an Tochter Mathilde, Philadelphia, 6.7.1906.
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Hier lebte Osterhaus zuletzt in der Hindenburgstraße 19.143 Seine Wohnung glich, wie eine
amerikanische Zeitung formulierte, einem „Bürgerkriegsmuseum“. An den Wänden hingen unter
anderem mit handschriftlichen Widmungen versehene Fotos der Präsidenten Lincoln und Johnson
sowie ehemaliger Kriegskameraden und amerikanischer Politiker. Sein Schreibtisch soll sogar ein
Geschenk Präsident Johnsons gewesen sein.144 Leider ist nicht bekannt, ob sich diese Nachlassteile
erhalten haben.145 Seine Waffen aus dem Bürgerkrieg hatte Osterhaus schon früher seinem 1904
verstorbenen Sohn Karl übergeben, der sie testamentarisch seinem Bruder Hugo in den USA
vermachte. Sein Paradesäbel gelangte mit anderen Nachlassteilen an die Missouri Historical Society in
St. Louis, sein Kampfsäbel in den Besitz des Ur-Ur-Enkels Dr. Karl Hargrave.
1913 erschien in Bonn eine von Verwandten unter dem Anonym „K.“146 herausgegebene Festschrift
mit dem Titel: „Dem neunzigjährigen General Osterhaus zum 4. Januar 1913, Duisburg.“147 Das nur
zwei Blatt umfassende Bändchen schildert in Reimform das Leben des Jubilars unter anderem mit den
Worten:
„Du warst nicht dreißig Stunden alt, Da hieß es schon im Land:
'Das Kind ist zu zart und zu schmächtig, Drum hegt es und pflegt es nur mächtig,
Sonst stirbt es Euch unter der Hand!'
Wo in den Rhein die Mosel fließt, Hat er's zum Bub gebracht.
Am liebsten studiert er Geschichte - Von andern, in trocknem Berichte? - Nein, die, die man selber einst macht.
Warst noch nicht dreißig Jahre alt Und gingst schon über See;
Allein? - Nein, mit Frau und mit Kindern, Nie durft' sich der Hausstand vermindern,
Daß ewig Dein Stamm nun besteh?
Hart war's Geschick. Und hast doch nie, Nie krämerhaft gehaust.
Wo's Sklaven dort galt zu befreien, Der Menschheit den Degen zu weihen,
Ist siegend er niedergesaust“.
143 Seit 1949 Kardinal-Galen-Straße. 144 Unbetitelter Zeitungsausschnitt von 1916, OFP. 145 Möglicherweise ging ein Teil des Nachlasses an seine Tochter Therese (1865-1947), die am 30.3.1901 in Bonn den Papierfabrikanten Emil Buth geheiratet hatte. Buth war Teilhaber zweier Papiermühlen in Kirchberg bei Jülich, vgl. Geuenich, Josef: Geschichte der Papierindustrie im Dürener-Jülicher Wirtschaftsraum. Hrsg. von der Düren-Jülicher Papierindustrie. Düren 1959, S. 344-353. 146 Vermutlich Tochter Emma Kamp (1857-1935). 147 OFP.
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Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges nahm der Briefwechsel mit seinem Sohn Hugo an Intensität zu.
In Hugo, der 1917 als Admiral a. D. reaktiviert wurde, sah Osterhaus einen kompetenten
Gesprächspartner zur Erörterung der Weltlage. In recht umfangreichen Briefen übermittelte der nun
schon 91-Jährige regelrechte Lagebeurteilungen des Frontgeschehens in Europa, die zwar zensiert
wurden, aber offensichtlich unbeanstandet blieben.148 Man spürt förmlich, wie er in seinem Element,
der militärischen Kriegsführung, aufging, wobei der Sieg Deutschlands für ihn unzweifelhaft
feststand.149
Im März 1915 erhielt Osterhaus die Nachricht, dass der Kongress ihn als Generalmajor der regulären
Armee wieder eingesetzt habe. Demnach war er nach 1905 vom Brigadegeneral zum Generalmajor der
regulären Armee befördert worden. Wann und aus welchem Grund man ihm wieder in den
Freiwilligenstatus versetzt hatte, ist unklar. Seinem Sohn Hugo gestand er, die seinerzeitige
Versetzung in die Freiwilligenarmee als Degradierung empfunden zu haben.150 Es war für Osterhaus
ausschließlich eine Prestigefrage, nun wieder zum Offizierskorps der regulären Berufsarmee zu
gehören, denn finanzielle Vorteile erwuchsen ihm aus der Wiedereinsetzung nicht. Befriedigt
kommentierte er deshalb die Wiedereinsetzung als Geste der Ehrerbietung des Kongresses. Sie habe
ihm gezeigt, dass „die Soldaten von 1861-1865 in den USA nicht vergessen waren“.
Den von ihm befürchteten Kriegseintritt der USA am 6. April 1917 hat Osterhaus nicht mehr erlebt. Er
starb am 2. Januar 1917 morgens um sechs Uhr an einer Lungenentzündung im Alter von 94 Jahren. Er
war der letzte Nordstaaten-General des amerikanischen Bürgerkrieges. Während deutsche Zeitungen,
mit Ausnahme der Coblenzer Zeitung,151 keine Notiz von seinem Ableben nahmen, brachten fast alle
amerikanischen Blätter, allen voran die angesehene New York Times, einen Nachruf,152 obwohl zu
diesem Zeitpunkt von einer deutschfreundlichen Stimmung in den USA nicht die Rede sein konnte.
Osterhaus hatte testamentarisch seine Einäscherung und die Beisetzung der Urne in der Familiengruft
auf dem Koblenzer Hauptfriedhof verfügt.153 Nach der in Krefeld vollzogenen Einäscherung wurde die
Urne am 31. Mai 1917 neben seiner Frau Amalie und Sohn Karl beigesetzt. Die Familiengruft Nr. 375
mit den Ruhestätten 931/932 lag im Gräberfeld 18. Die gesamte, in einem Steilhang gelegene
Grabreihe, wurde aus Sicherheitsgründen durch Beschluss vom 5. Mai 1969 für weitere Bestattungen
geschlossen. Ein regionaler öffentlicher Aufruf der Friedhofsverwaltung wegen der künftigen Pflege
148 Fünf Briefe von PJO an Sohn Hugo Osterhaus, Duisburg, Sept. 1914 - Janr. 1916, im Besitz von Mary Bobbitt Townsend, USA, als Kopie im StAK N 57 (Zug. 31/2010). 149 PJO an Hugo Osterhaus, Duisburg, 25.2.1915, OFP. 150 PJO an Hugo Osterhaus, Duisburg, 9.4.1915, OFP; Townsend, S. 211. 151 CZ vom 5. 1. 1917. 152 The New York Times vom 6. 1. 1917, S. 7. Allerdings wird irrtümlich Berlin als Sterbeort angegeben. 153 Testament PJO vom 5.12.1916, OFP.
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des Grabes blieb ohne Resonanz, da in Koblenz kein Mitglied der Familie Osterhaus mehr ansässig
war. Nach einem Erdrutsch wurde das stark beschädigte Grab 1976 endgültig aufgelassen. Reste der
Gruft haben sich zwar erhalten, sind aber nicht mehr zugänglich.154 Nach einer im September 2010
eingeleiteten Initiative155 deutsch-amerikanischer Nachfahren und Verehrer Osterhaus’, einen
historical marker (Gedenkstein/-plakette) am Standort des ehemaligen Grabes zu setzen, konnte rund
zwei Jahre später das Vorhaben realisiert werden. Nach umfangreichen Vorbereitungs- und
Koordinierungsarbeiten enthüllten die Initiatoren, Mary Bobbitt Townsend und Eugen Deubner,
gemeinsam mit Vertretern der Stadt Koblenz, der Bundeswehr und einem Angehörigen der US-
Streitkräfte, am 23. Juni 2012 einen Gedenkstein für P. J. Osterhaus auf dem Koblenzer
Hauptfriedhof.156 Den aus Spenden finanzierten, zweisprachigen Gedenkstein schuf der Bilderhauer
Eckhard Braun aus Alterkülz im Hunsrück. Die Gestaltung des Gedenksteinumfeldes übernahm der
städtische Eigenbetrieb für Grünflächen und Bestattungswesen. Der Standort des Steins, der
gleichzeitig auch den verloren gegangenen Originalgrabstein ersetzt, liegt oberhalb der ursprünglichen,
nicht mehr zugänglichen Osterhausschen Familiengruft.
Abb. 7: Gedenkstein für Peter Joseph Osterhaus auf dem Koblenzer Hauptfriedhof am Enthüllungstag.
154 Mitteilung EB/67 der Stadt Koblenz vom 10.10.1988 und 10.9.2010. 155 Anfrage Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck, Leiter des Englischen Seminars-Hochschulstudien an der Universität Freiburg, an Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig, Oberbürgermeister der Stadt Koblenz, September 2010.
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Bei der Eröffnung des Testaments am 3. Januar 1917 stellte sich heraus, dass Osterhaus’ mobiler
Nachlass wie Möbel, Bücher, Bilder und Uhren einen Wert von rund 15.500 Mark besaß. Seinem
Schwiegersohn Professor Petersen hatte er ein Darlehen von 15.000 Mark gewährt, ebenso seinem
Enkel Arnold Hartwig, einem Sohn seiner Tochter Anna und des Samtfabrikanten Carl Hartwig aus
Lyon, der 4500 Mark erhalten hatte. Für insgesamt 15.000 Mark hatte er drei deutsche Kriegsanleihen
gezeichnet, und er besaß ein Bankguthaben, dessen Höhe aus dem Testament allerdings nicht
hervorgeht.157 Alles in allem scheint sich seine über weite Strecken unerfreuliche finanzielle Situation
gegen Ende seines Lebens stabilisiert zu haben.
Wie schon angedeutet, hinterließ Peter Joseph Osterhaus keine Memoiren. Es fällt daher schwer, ein
Resümee seiner Persönlichkeit zu ziehen, ohne auf bereits Geäußertes zurückzugreifen. Eine
Eigenschaft sticht immer wieder hervor, nämlich sein logisch-nüchternes Denken in allen
Lebenslagen. Diese, von Zeitgenossen und Verwandten immer wieder betonte Fähigkeit, vermittelt
auch heute noch sein Briefnachlass. Seine direkten Nachkommen schildern ihn als einen Mann mit
bissigem Humor, der jedoch den Umgang mit Menschen liebte und peinlich genau auf korrekte
Kleidung und gutes Benehmen achtete. Er besaß ein angenehmes Äußeres und erreichte mit 1,85
Metern eine stattliche Größe. Sein schlohweißes Haupt- und Barthaar verlieh ihm im Alter ein
patriarchalisches Aussehen, ein Eindruck, der durchaus der Realität entsprach. Ausgestattet mit einer
natürlichen Autorität und deshalb von allen akzeptiert, übernahm Osterhaus wie selbstverständlich die
Rolle des Oberhaupts der weltweit verstreuten Familie. Sein Hang, selbst über Kontinente hinweg die
Fäden zu ziehen, zu arrangieren und wenn es sein musste, auch zu intrigieren, kommt besonders in
dem 1904 mit seiner Lieblingstochter Mathilde geführten Briefwechsel zum Ausdruck. Von seinen
Kindern wurde er geliebt und verehrt. Allerdings gibt es Hinweise, dass er zumindest für einige seiner
Söhne eine erdrückende Übervaterfigur darstellte. Jedenfalls gewinnt man diesen Eindruck, betrachtet
man die über lange Strecken wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Misserfolge seiner Söhne
Alexander und Ludwig sowie die leichtsinnige Lebensweise von Sohn Joseph Adolph, dem
Spielschulden nachgesagt wurden.
Osterhaus’ politische Einstellung war mit dem Kampf für Demokratie und Menschenwürde klar
umrissen. Seine 1848 in Mannheim entwickelte Bereitschaft, aktiv für die liberaldemokratischen
Ideale einzutreten, setzte er in den Staaten nahtlos fort. Er stand den Ideen Lincolns nahe und war
Mitglied der Republikanischen Partei. Jedoch scheint er später in den Sog einer Deutschtümelei
geraten zu sein, die vermeintlich deutsche Tugenden wie Fleiß, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit
156 Rhein-Zeitung vom 23.6.2012, S. 12: Koblenzer, Amerikaner, General: Osterhaus wird geehrt. 157 Testament PJO vom 5.12.1916, OFP.
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überbetonte. In den während seines USA-Aufenthalts 1904 verfassten Privatbriefen wird diese
Tendenz besonders spürbar, indem er unter Hervorhebung des Deutschtums aus seiner Ablehnung der
amerikanischen Lebensart keinen Hehl machte. Die nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 in
den USA um sich greifende Bewegung erreichte nach der Jahrhundertwende ihren Höhepunkt.
Besonders gerne wurden Deutsch-Amerikaner hervorgehoben, die wie Osterhaus durch ihre Erfolge
den Beweis für die Überlegenheit des „deutschen Elements“ zu erbringen schienen. Dieses
überzeichnete Selbstbild erweckte jedoch zu Recht bei vielen Amerikanern den Eindruck von
Selbstüberschätzung und Arroganz der deutschstämmigen Bevölkerung. In seinen späteren
Lebensjahren neigte Osterhaus dem deutschen Konservatismus zu, wobei er als eingefleischter
Republikaner weniger die Monarchie als vielmehr das deutsche Militär bewunderte. Von den
Leistungen des Generalfeldmarschalls von Hindenburg war er 1916 so beeindruckt, dass er ihn als den
größten General der Kriegsgeschichte bezeichnete, der Napoleons Armee bereits am ersten Tag besiegt
hätte.158 Unumstritten ist dem gegenüber seine Bewunderung für die amerikanische Demokratie, ohne
die dieses Land nach seiner Meinung eine im politischen Sinn „unfruchtbare Wüste“ geblieben
wäre.159 Allerdings bemängelte er die nie ernsthaft in Angriff genommene Integration der schwarzen
Bevölkerung nach dem Bürgerkrieg.160 Er habe nie verstehen können, bemerkte Osterhaus hierzu
1914, warum der Norden die Schwarzen nach ihrer Befreiung so vernachlässigen konnte. Der von den
Sklavenhaltern der Südstaaten verbreiteten Meinung, alle Schwarzen seien unselbständig und neigten
zur Faulheit, hätte die Regierung sofort nach Beendigung des Krieges durch den Bau von
Gewerbeschulen und sonstigen Erziehungseinrichtungen entgegenwirken müssen, in denen die Kinder
ehemaliger Sklaven hätten lernen können, ihre Fähigkeiten voll auszuschöpfen. Dieses Versäumnis
hielt Osterhaus für eine ebenso große Dummheit wie grobe Pflichtverletzung der Regierung gegenüber
der schwarzen Bevölkerung.161 Es erstaunt nur auf den ersten Blick, dass sich Osterhaus trotz dieser
engagierten Haltung nicht politisch betätigte, geschweige denn ein politisches Amt in den USA
angestrebt hat. Dies erklärt sich zum Teil daraus, dass er von Politik, insbesondere Politikern keine
besonders hohe Meinung besaß. Eine der wenigen Ausnahmen war wohl der Vize-Gouverneur von
Illinois und Parteigänger Lincolns, Gustav Körner (1809-1898), mit dem er private Kontakte unterhielt
und während des Bürgerkrieges auch militärische Fragen erörterte.162 Es heißt von Osterhaus, er sei in
158 PJO an Hugo Osterhaus, Duisburg, 9.4.1915, OFP. 159 PJO an Hugo Osterhaus, Mannheim, 28.8.1878, OFP. 160 Bereits 1863 hatte Osterhaus Lincolns Vorschlag zur Bildung schwarzer Einheiten gefördert und unterstützt. So übernahmen z. B. Teile seiner Einheit während der Vicksburg-Kampagne die Rekrutierung und Ausbildung schwarzer Soldaten für das 1st Mississipi Volounteer Infantry Regiment (African Descent), vgl. Hochbruck, Wolfgang: American Civil War, German Participants in. In: Germany and the Americas: Culture, Politics, and History. A Multidiciplinary Encyclopedia. Ed. by Thomas Adam. Santa Barbara u. a. 2005, S. 62-65, und Townsend, S. 86, 98. 161 The Daily News vom 3.1.1914, OFP. 162 Körner, Bd. 1, S. 559; Bd. 2, S. 174-176, 187, 206, 210, 227, 397.
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erster Linie Militär gewesen, nicht „Weltverbesserer“, wie viele seiner 48er Weggenossen.163
Politischen Einfluss habe er schon deshalb nicht nehmen können, weil ihm die Unterstützung seiner
Landsleute fehlte. Dies lag vor allem an seiner Anpassungsfähigkeit an den militärischen Führungsstil
der Amerikaner. Diese Fähigkeit beeindruckte zwar seine amerikanischen Vorgesetzten und
verschonte ihn weitgehend vor nativistischen Angriffen. Bei deutschstämmigen amerikanischen
Offizieren, die in Deutschland eine streng hierarchische Militärausbildung durchlaufen hatten und oft
genug von Standesdünkeln geprägt waren, stieß der wegen seines nur einjährigen Militärdienstes
militärisch nahezu ungeschulte Self-made-General jedoch oft auf Unverständnis, teilweise sogar
Ablehnung. Seiner 1864 von Präsident Lincoln vorgeschlagenen und vom Senat gebilligten Ernennung
zum Generalmajor der Freiwilligenarmee lagen daher auch weniger politische Kriterien zugrunde,
etwa um sich der Loyalität der deutschstämmigen Bevölkerung während des Krieges zu versichern.
Vielmehr erlangte er diesen Rang durch seine immer wieder betonten Führungsqualitäten.164 Ein
anderer Aspekt seiner politischen Zurückhaltung bestand darin, dass ihm während seines gesamten
Amerika-Aufenthaltes der berufliche Erfolg versagt blieb. Die Sorge, seine Familie nicht ernähren zu
können, ließ daher kaum Spielraum für eine kostspielige politische Karriere. Nach dem Bürgerkrieg
hatte er keine Gelegenheit mehr, die politische Bühne Amerikas zu betreten, denn er wurde als Konsul
nach Europa entsandt. Danach betrat er bis zu seinem Tod nur noch als Besucher amerikanischen
Boden.
Eine besondere Beziehung zu seiner Geburtsstadt lässt sich zumindest anhand seines Nachlasses nicht
ausmachen. Abgesehen von einer finanziellen Unterstützung seines kranken Bruders Lorenz scheinen
keine Verbindungen nach Koblenz bestanden zu haben. Umso mehr verwundert es, dass er 1905 auf
dem Koblenzer Hauptfriedhof eine Grabstätte für sich, seine Frau und Sohn Karl ankaufte, obwohl
seit etwa 1900 keine Mitglieder der Familie Osterhaus mehr hier ansässig waren. Auch sein Vaterhaus
Neustadt 19 war im Mai 1903 von der Erbengemeinschaft Osterhaus an Bartholomäus Kallfels,
Teilhaber der Firma Kallfels & Emsbach, veräußert worden.165 Nur nach der Überführung und
Beisetzung seiner Frau Amalie und seines Sohnes Karl 1905 hielt sich Osterhaus nachweislich zum
Besuch der Gruft in der Stadt auf. Lange Jahre erinnerte in Koblenz nichts an Peter Joseph Osterhaus.
Erst 1993 ehrte die Stadt sein Andenken durch die Benennung einer Erschließungsstraße im Stadtteil
Metternich.166
163 Vgl. hierzu Bachteler, Ulrich; Hochbruck, Wolfgang; Zimmermann, Henning (Hrsg.): Achtundvierziger/Forty-Eighters. Die deutschen Revolutionen von 1848/49, die Vereinigten Staaten und der amerikanische Bürgerkrieg. Münster 2000. 164 Kaufmann, S. 445-449. 165 CZ 12.5.1903. 166 Durch Stadtratsbeschluss vom Juni 1993. Auslöser für die Benennung war die anlässlich der Herausgabe der Osterhaus- Monographie 1992 (vgl. Anm. 1) in der Koblenzer Rhein-Zeitung am 25.2.1993, S. 18, veröffentlichte Sonderseite: „Ein langes Leben im Kampf für Demokratie und Menschlichkeit. Deutschland ließ den späteren US-Konsul trotz seiner Emigration in den Staaten nie mehr los.“
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Abbildungsnachweis
Abb. 1: StAK FA4 Nr. 1, Bild 004, Foto: Otto Kilger. Abb. 2: Missouri Historical Society, St. Louis, Foto: (Hermann) Hoelke & (Robert) Benecke. Abb. 3: Missouri Historical Society, St. Louis, Fotostudio Gutekunst, St. Louis. Abb. 4: United States National Park Service. Abb. 5: StAK FA1-240. Abb. 6: Missouri Historical Society, St. Louis. Abb. 7: StAK FA1-240.