Possibilistische Netze
Seminar: Fuzzy-Systeme in Industrieanwendungen
27. März 2003Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Sebastian Stober
27. März 2003 Seminar: Fuzzy Systeme in Industrieanwendungen - Sebastian Stober: Possibilistische Netze
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Gliederung
1. Possibilitätstheorie2. Relationale Netze3. Possibilistische Netze4. Quellen
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1. Possibilitätstheorie
Possibilität beschreibt die Möglichkeit eines Ereignisses/Auftreten eines Wertes
Oder: Gibt es einen existierenden aber nur partiell beschreibbaren Wert x0, so gibt die Possibilität (x) [0,1] an, inwieweit x0=x möglich ist.
Klar: (x)=1 heißt, der Wert x ist (uneingeschränkt) möglich (x)=0 heißt, der Wert x ist unmöglich
Was ist mit den Werten dazwischen?
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Interpretation
Mehrere Interpretationsansätze möglich, z.B.: Epistemologische Interpretationen von Fuzzy Mengen Präferenzrelationen Ähnlichkeiten Hier: Kontext Modell
Kontext-Modell: Idee - ein Kontext kann sein: Physikalische Rahmenbedingungen Beobachtungsbedingungen Beobachter Meßgerät
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Definition Zufallsmenge: (C, 2C, P) – endlicher Wahrscheinlichkeitsraum
C – modelliert die Kontexte P(c) – Wahrscheinlichkeit für das Auftreten / die Wahl
eines Kontexts c - nichtleere Menge Eine Zufallsmenge ist die mengenwertige Abbildung:
: C 2 (c), c C heißen Fokalmegen von
Beinhalten die Werte aus , die im Kontext c möglich sind Oft ist (c) gefordert
Achtung: Def. nimmt implizit an, daß die Kontexte disjunkt sind (als Elementarereignisse im Wahrscheinlichkeitsraum)
Mathematische Formalisierung (1)
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Mathematische Formalisierung (2)
Definition Elementare Possibilitätszuweisung
Der Possibilitätsgrad eines Ereignisses ist die Wahrscheinlichkeit der Möglichkeit des Ereignisses, d.h. die Wahrscheinlichkeit der Kontexte, in denen es möglich ist.
cCcP
1,0:
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Mathematische Formalisierung (3) Normalisierung
Konsistenz (Widerspruchsfreiheit)
d.h. es gibt mindestens ein Element, das in allen Kontexten vorkommt
Normalisierung kann nur vorliegen, wenn Konsistenz vorliegt
Im Allgemeinen ist Konsistenz gefordert (plausibel), es können aber auch inkonsistente Fälle konstruiert werden.
1:
Cc
c
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Mathematische Formalisierung (4)
Definition Possibilitätsmaß
Erweiterung der Elementaren Possibilitätszuweisung auf Potenzmengen
Weist (allgemeinen) Ereignissen, d.h. Mengen von Elementarereignissen, Possibilitätsgrade zu
)(
1,02:
cECcPE
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Beispiel: Würfelexperiment
1 bis 4 1 bis 6 1 bis 8 1 bis 10 1 bis 12
1 bis 5
1. Wurf: Auswahl des Bechers
21 3 4 5
2. Wurf: Ermittlung des Ergebnisses
Die Würfelbecher stellen die Kontexte dar.
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Possibilität vs. Wahrscheinlichkeit
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Modifiziertes Würfelexperiment
1 bis 4 1 bis 6 1 bis 8 1 bis 10 1 bis 12
1 bis 5
1. Wurf: Auswahl des Bechers
21 3 4 5
2. Wurf: Ermittlung des Ergebnisses
Modifikation: Jetzt 2 identische Würfel je Becher (wähle Maximum)
Ergebnis: Es verändern sich nur die Wahrscheinlichkeiten!
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Erkenntnisse Beim possibilistischen Ansatz wird im Experiment kein
Wissen über die Wahl des Würfelbechers hinaus modelliert Modellierung des Unwissens über die Vorgänge beim zweiten Wurf
Hier werden die Becher als Kontext gewählt (grob) Genaueres Wissen über den Vorgang würde es möglich
machen, die Kontexte feiner zu modellieren Dabei wird versucht, in jedem Kontext, so viele Ergebnisse wie
möglich auszuschließen („negative Information“) Definiert man für jeden Verlauf (!) des Experimentes einen
Kontext (feinste Modellierung), so entsprechen die Possibilitätsgrade den Wahrscheinlichkeiten
Possibilität ist (lose) obere Grenze für die Wahrscheinlichkeit
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2. Einführung Relationale Netze Idee:
Unter bestimmten Umständen läßt sich eine mehrdimensionale Verteilung (Relation) , welche ein bestimmtes domainspezifisches Vorwissen darstellt, zerlegen in eine Menge von (überlappenden) Verteilungen {1,..., k} auf Unterräumen geringerer Dimension
Vorteile: Effizienteres Speichern, Vermeidung von Redundanzen (Analogie
zur Theorie der relationalen Datenbanken) Effizientes Schlußfolgern auf {1,..., k} ist möglich, ohne dazu die
Gesamtverteilung rekonstruieren zu müssen Leite die Information von Unterraumverteilung zu
Unterraumverteilung weiter bis alle aktualisiert sind Unterscheidung verschiedener Ansätze, u.a.:
Markovnetze – Ungerichtete Graphen Bayes‘sche Netze – Gerichtete Graphen
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Beispiel 3 Attribute A,B,C:
dom(A)={a1,a2,a3,a4} dom(B)={b1,b2,b3} dom(C)={c1,c2,c3}
Gesamtraum: dom(A) dom(B) dom(C) = {A,B,C} RABC:
Es gilt die „closed-world assumption“, d.h. alle nicht in RABC enthaltenen Wertekombinationen sind unmöglich.
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Beispiel: 2-dimensionale Projektionen
RABC RAB
RAC RBC
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Beispiel: Schlußfolgern
Angenommen, der Wert eines Attributes ist bekannt. Was kann über die anderen Attribute gefolgert werden?
Naiv: betrachte alle Objekte in RABC mit der entsprechenden Attributausprägung – für höherdimensionale Verteilungen ist das nicht machbar
Graphische Modelle: versuche, die Verteilung zu zerlegen, indem bedingte Unabhängigkeiten genutzt werden
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Bedingte Relationale Unabhägigkeit Die Attribute A und C sind genau dann bedingt
relational unabhängig gegeben Attribut B, wenn gilt:
D.h. ist der Wert für B gegeben können alle Werte, die für A und C möglich sind frei kombiniert werden.
(*) liefert eine Formel für die Zerlegung
cCbBRbBaARcCbBaAR
CdomcBdombAdoma
bzw
bBcCRbBaARbBcCaAR
CdomcBdombAdoma
,,,min,,
:::*
.
,min,
:::
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Beispiel: Zyl. Erweiterung und Schnitt
Zylindrische Erweiterung:RAB C
RBC A
Schnitt der zylindrischen Erweiterungen:min{(RAB C), (RBC A)} = RABC Zylindrische
Erweiterung:
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Beispiel: Evidenzen-Propagation
Beobachtung des Wertes für Attribut A:
Schließen auf Werte der Attribute B und C:
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Beispiel: Bedingte Unabhängigkeit
Graphisches Modell:
Die Attribute A und C sind bedingt unabhängig gegeben Attribut B, da alle Wege von A nach C durch Entfernen von B zerstört werden („u-Separation“).
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Bemerkungen
Eine Zerlegung ist nicht immer möglich. Nicht jede Menge von Projektionen einer
Relation liefert eine Zerlegung. Zerlegbare Relationen sind selten. In der Anwendung ist oft ein gewisser Verlust
an Information akzeptabel (verglichen mit dem Vorteil der geringeren Komplexität)
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3. Possibilistische Netze
Übertragen der Idee der Zerlegung einer (mehrdimensionalen) Relation auf (mehrdimensionale) Possibilitätsverteilungen
Modifikation der Operationen Projektion: berechne den maximalen Possibilitätsgrad über
den entfernten Dimensionen Zylindrische Erweiterung und Schnitt (kombiniert):
berechne das Minimum aus der a priori Verbund-Verteilung und der a posteriori Rand-Possibilitätsgrade
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Beispiel: Verteilung und Projektionen
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Beispiel: Schlußfolgern
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Bedingte Possibilistische Unabhängigkeit Possibilistische Netze können als „Fuzzyfikation“ von
Relationalen Netzen gesehen werden, indem anstelle der Beschränkung auf die Werte 0 und 1 alle Werte aus dem Intervall [0,1] betrachtet werden.
Daraus ergibt sich analog zur bedingten relationalen Unabhängigkeit: A und C sind genau dann bedingt possibilistisch unabhängig, wenn gilt:
wobei Possibilitätsmaß auf einem (endlichen) Beispiel-Raum ist.
bBcCbBaAbBcCaA
CdomcBdombAdoma
,min,
:::
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Wahrscheinlichkeit vs. Possibilität
Suche nach dem wahrscheinlichsten Tupel:
Nicht alle Attributwerte tragen zum Resultat der Projektion bei, nur die mit maximalem Possibilitätsgrad
Es geht nicht die gesamte Information über die entfernten Attribute verloren
Gibt es nur einen Maximalwert in jeder Zeile / Spalte wird das Tupel mit höchstem Possibilitätsgrad zurückgeliefert
Alle Attributwerte tragen zum Resultat der Projektion bei
Durch die Summe geht die Information über die entfernten Dimensionen verloren
Um das richtige Tupel zu wählen muß zuerst die Verbund-Verteilung rekonstruiert werden
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Zusammenfassung
Graphische Modelle stellen eine wichtige Methode zur effizienten Repräsentation und Analyse unsicherer Information in wissensbasierten Systemen dar
Durch Verwendung der Possibilitätstheorie ist es möglich, impräzise Informationen zu berücksichtigen
Possibilistische Netze bieten als Kombination beider Ansätze die Möglichkeit mit sowohl unsicherer als auch impräziser Information zu arbeiten
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4. Quellen Graphical Models - Methods for Data Analysis and Mining.
Christian Borgelt and Rudolf Kruse. J. Wiley and Sons, Chichester, United Kingdom 2002, ISBN 0-470-84337-3
Possibilistic Graphical Models. Christian Borgelt, Jörg Gebhardt, and Rudolf Kruse. Computational Intelligence in Data Mining (Proc. 3rd Int. Workshop, Udine, Italy 1998), pp. 51-68. G. Della Riccia, R. Kruse, and H.-J. Lenz, eds. CISM Courses and Lectures 408, Springer, Wien, Austria 2000.
Fuzzy-Systeme. Series Leitfäden und Monographien der Informatik.
R. Kruse, J. Gebhardt und F. Klawonn. Teubner Verlag, Stuttgart, 1. Auflage 1993, 2. Auflage 1995
Vorlesung „Unsicherheit und Vagheit in wissensbasierten Systemen“.R. Kruse, C. Borgelt. Sommersemester 2002
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