Potentiale der Erdwärme
Fachtagung des Landesverbandes Erneuerbare Energien Mecklenburg-Vorpommern am 24.01.2018
Björn Oldorf (Dipl.-Ing.) - H.S.W. Ingenieurbüro Gesellschaft für Energie und Umwelt mbH
Bildquelle: www.wikipedia.de/innerer Aufbau der Erde
Erdkruste
0 – 35 km
Oberer Mantel
35 – 410 kmÜbergangszone
410 – 660 km
Temperaturen
Erdkruste: bis 600 °C
Mantel: bis 2.000 °C
Kern: bis 6.000 °C
99 %der Erde sind heißer als
1.000 °C
von dem
1 % sind 99 % heißer als
100 °C
• Aus dem Inneren unseres Planeten steigt ein ständiger Strom von
Energie an die Oberfläche.
• Die Erde strahlt täglich etwa viermal mehr Energie in den Weltraum ab,
als wir Menschen derzeit an Energie verbrauchen.
• 30 % des an die Erdoberfläche steigenden Energiestroms kommen aus
dem heißen Erdkern selbst.
• 70 % entstehen durch den fortwährenden Zerfall natürlicher radioaktiver
Elemente im Erdmantel und in der Erdkruste.
Diese in der Erde gespeicherte Wärme ist
„nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich“
gleichzusetzen mit „nachhaltig verfügbar“ / „regenerativ“ / „erneuerbar“
3,62 ° K / 100 m
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120
Temperatur in °C
Te
ufe
in
m
Temperatur-Tiefen-Beziehung in Norddeutschland
Quelle: GTN
ZONEN:
Solarspeicherzone
(beeinflusst u.a. durch Klima,
Grundwasser, Bebauung)
Geosolarer Bereich
(neutrale Zone)
Terrestrische Zone
Geothermischer Gradient Ø 3 K/100 m
Temperaturen im oberflächennahen Untergrund
Bildquelle: HSW, frei nach Panteleit & Mielke, 2010
Temperaturen im oberflächennahen Untergrund
Bildquelle: Umweltatlas Berlin 2012, Grundwassertemperatur 20 m unter der Erdoberfläche
„Oberflächennahe“ und „Tiefe“ Geothermie
Differenzierung:
allgemein …
… Oberflächennahe Geothermie = Nutzung von Energie bis max. 400 m
… Tiefe Geothermie = Nutzung von Erdwärme ab 400 m Tiefe
vielmehr …
…Unterschiede der thermischen und geologischen Gegebenheiten
…Unterschiede in den Verfahren der Erschließung, Förderung und Nutzung
…Unterschiede an die Anforderungen der Planung
„Oberflächennahe“ und „Tiefe“ Geothermie
Kennzahlen Geothermie
(bundesweit, 2016/17):
- Anteil Wärmebereitstellung: 0,7 %
- Anteil Stromerzeugung: 0,1 %
- Beschäftigte: 17.300
Anzahl und Leistung der Anlagen:
ONG: ca. 350.000 Stk.
ca. 20.000 Stk./Jahr
ca. 4.400 MWth.
TG: 33 Stk. in Betrieb
ca. 303 MWth. und
ca. 37 MWel.
in Bau 3 Stk.
in Planung 30 Stk.
• typische Erschließungstiefen zwischen 1,2 m und 200,0 m
• vorrangig Lockergestein (Kies, Sand, Schluff, Ton, Kreide)
• geologische und bohrtechnische Risiken gering / beherrschbar
• Nutztemperaturen ca. 9…14 °C
• Einsatz „erdgekoppelter“ Wärmepumpen erforderlich
• auch zur Gebäudekühlung einsetzbar
• ausschließlich dezentrale Wärme-(Kälte-)versorgung
• Teil der aktuell möglichen Versorgungsoptionen gemäß EnEV und
EEWärmeG im Gebäudeneubau und daher im Markt etabliert
Oberflächennahe Geothermie in M-V
Zahlen: Oberflächennahe Geothermie in Deutschland / M-VEntwicklung installierter Anlagen / Wärmepumpen (WP)
343
274
339 333
269 271
223 218
550
474
122
82 79 7856
71
0
100
200
300
400
500
600
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
dokumentierte Erdwärmeanlagen/WP in MV 2006 - 2016
LUNG M-V Agentur für Erneuerbare Energien
Quelle: Bundesverband Wärmepumpe – Absatzzahlen bundesweit
2016 = 20.700 erdgekoppelte Wärmepumpen
Quellen: LUNG M-V – über Anfragen bei den Unteren Wasserbehörden des Landes
Agentur für Erneuerbare Energien – über das MAP geförderte Wärmepumpenanlagen
konkrete Aussage zu M-V nicht möglich!
Zahlen: Oberflächennahe Geothermie in Rostock
durch die H.S.W. GmbH konzipierte Anlagen (ca. 160 Stk.)
Zahlen: Oberflächennahe Geothermie in Rostock
AIDA - Home
39 Erdwärmesonden a 100 m Tiefe
3.900 Gesamtbohrmeter
Heizwärme: 200 kW
255 MWh/a
Kühlung: 200 kW
170 MWh/a
+ Fernwärme / KältemaschinenQuelle: AIDA-Cruises
Zahlen: Oberflächennahe Geothermie in Rostock
ZMF –
Universitätsmedizin
Rostock
52 Erdwärmesonden a 110 m Tiefe
5.720 Gesamtbohrmeter
Heizwärme: 300 kW
800 MWh/a
Kühlung: 300 kW
550 MWh/a
+ Fernwärme / KältemaschinenQuelle: BBL M-V
Zahlen: Oberflächennahe Geothermie in Rostock
Inselquartier der WIRO
80 Erdwärmesonden a 110 m Tiefe
8.800 Gesamtbohrmeter
Heizwärme: 100 % Geothermie
300 kW
550 MWh/a
Warmwasser: über Fernwärme
Quelle: WIRO
Rahmenbedingungen für die
Oberflächennahe Geothermie in M-V
• vergleichsweise günstige geologische Standortbedingungen
• im Bundesvergleich moderate Genehmigungsverfahren
• gute Fördermöglichkeiten (BAFA, KfW, Landesprogramme)
• allgemein und politisch akzeptiert und unterstützt
• geologisches Landesamt unterbesetzt
• kaum Bohrbetriebe in M-V mit Spezialisierung in der
Geothermie
• bundesweit hohe Strompreise und günstige Gaspreise
(EEG-Umlage auf CO2-arme Wärmeversorgung ???)
förderlich:
Hemmnisse:
Bedeutung der Oberflächennahen Geothermie in M-V
• Möglichkeit zur dezentralen, auf regenerative Energien basierenden
Wärmeversorgung im Flächenland M-V
• Während die anderen regenerativen Quellen im Ausbau eingeschränkt
werden, hat die Geothermie noch das größte Wachstumspotential
• autarke Insellösungen mit Geothermie, PV (und ggf. Wind) werden
zunehmen
• das große Stromangebot aus Erneuerbaren Energien ist mittels
erdgekoppelter Wärmepumpe effizient nutzbar („Power-to-Heat“
mit 1 kWh Strom werden 3 bis 5 kWh Wärme bereit gestellt)
• Wärmepumpen sind Smart Grid - fähig
• Wärmepumpen unterstützen somit die „Sektorenkopplung“
• Erschließungstiefen zwischen 700 m und
2.450 m
• installierte Gesamtleistung ca. 24 MWth
(ca. 8 % im Bundesvergleich)
• ausschließlich Hydrogeothermie mit der
Nutzung von Aquiferen (wasserführende
Sand- bzw poröse Sandsteinschichten)
• Nutztemperaturen ca. 21…99 °C
• ausschließlich zur Wärmeversorgung,
keine Stromerzeugung
• Nutzung für Thermalbäder und
Fernwärmeeinspeisung
Tiefe Geothermie in M-V
Tiefe Geothermie in M-V
Quelle: Geotis – Geothermisches Informationssystem für Deutschland (Stand: 2015)
Anlagen in Betrieb:
Neustadt-Glewe
Waren
Neubrandenburg
Binz (Therme)
Sassnitz-Dwasieden ? (Therme)
Lauterbach ? (Therme)
Anlagen in Planung:
Schwerin
Usedom – Kaiserbäder
Usedom – Karlshagen
Stralsund (außer Betrieb)
Zahlen: Tiefe Geothermie in M-V
Neubrandenburg
Dublette mit Förder- und
Injektionsbrunnen
Tiefe: 1.185 m bis 1.285 m
Temperatur: ca. 55 °C
Nutzung als saisonaler Thermal-
speicher zur Fernwärmeversorgung
Injektionstemperatur ca. 85…90 °C
Quelle: Wikipedia
Zahlen: Tiefe Geothermie in M-V
Waren
Dublette mit Förder- und
Injektionsbrunnen
Tiefe: 1.200 m bis 1.655 m
Temperatur: ca. 62 °C
Leistung: ca. 8,3 MWth
Wärmelieferung: ca. 10,2 MWh/a
Nutzung zur Fernwärmeversorgung
und Thermalsolegewinnung
Heiznetz: 70/50 °C
Quelle: Stadtwerke Waren GmbH
Zahlen: Tiefe Geothermie in M-V
Neustadt Glewe
Dublette mit Förder- und
Injektionsbrunnen
Tiefe: Förderbrunnen 2.455 m
Injektionsbrunnen: 2.335 m
Temperatur: ca. 98 °C
Nennleistung: ca. 11 MWth
Wärmlieferung: ca. 16 MWh/a
Nutzung zur Fernwärmeversorgung
Heiznetz: 90/70 °CQuelle: Wikipedia
Rahmenbedingungen für die
Tiefe Geothermie in M-V
• vergleichsweise günstige geologische Standortbedingungen
• gute Fördermöglichkeiten
• allgemein und politisch akzeptiert und unterstützt
• Problem der Abnehmer (Nahwärme-/ Fernwärmenetze)
• hohe Investitionskosten
• zu leistender hoher Eigenmittelanteil
(nur durch Kommunen/Energieversorger leistbar)
• lange Projektentwicklungszeit, ca. 3…5 Jahre
• relativ niedrige Preis der fossilen Primärenergieträger
förderlich:
Hemmnisse: