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Abschlussveranstaltung
Quo Vadis? Zukünftige Aufgaben und Handlungsfelder der beruflichen Weiterbildung
Reflexionen und Interpretationen der Ergebnisse des FSP
Dr. Claudia Zaviska
Berlin, 11.10.2018
Agenda: Reflexionen zu den Ergebnissen im FSP InnovatWB
1. Innovationen in der beruflichen Weiterbildung?!
2. Innovationsmatrix als Heuristik für soziale Innovationen
3. Schwerpunktsetzung durch Clusterfallstudien: Erkenntnisse und offene Fragen
4. Quo vadis – Zukünftige Aufgaben und Handlungsfelder der beruflichen Weiterbildung?
5. Diskussion: Wie kann eine innovative, zukunftsfähige Weiterbildungskultur beschrieben werden?
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1. Innovationen in der beruflichen Weiterbildung?!
Welches sind die Kriterien für eine innovative, zukunftsorientierte berufliche Weiterbildungskultur? Lassen sich hierfür bildungspolitische, strukturelle und institutionelle Rahmenbedingungen verallgemeinern?
Worin besteht die Innovation der einzelnen Projekte und wie wird diese im Förderschwerpunkt reflektiert? Wie kann im Ergebnis der Analysen im Förderschwerpunkt eine zukunftsfähige Weiterbildungskultur beschrieben werden?
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1. Innovationen in der beruflichen Weiterbildung?!
Technische vs. soziale Innovation: Entwicklungs-/prozessorientierte Perspektive
Soziale Innovation bedeutet „die intentionale Veränderung bestehender sozialer Praktiken in unterschiedlichen Handlungsfeldern, also die Abweichung von bisherigen Routinen des Handelns und Verhaltens“ (Sozialforschungsstelle Dortmund 2010, S. 23 f.) und die „Neukonfiguration sozialer Praxis“ (S. 91)
• Kontextbezogener Innovationsbegriff: Weiterentwicklung vorhandener Praktiken
Soziale Innovationen müssen „in alltägliche Verhaltenszusammenhänge eingeführt werden“ und können erst „nach erkennbarer Verbreitungsdynamik“ – sowie ggf. erforderlichen Anpassungsprozessen –als solche bezeichnet werden (Gillwald 2000, S. 32 f.)
• Invention > Imitation > Diffusion > Innovation > Kulturwandel (?)
Innovation nach Diffusion/Transfer (Howaldt/Kopp/Schwarz 2014): Inventionen (neue Erfindungen/Ideen) gehen mit einen Diffusionsprozess im Sinne von Nachahmungsaktivitäten in Anwendungsfeldern einher und führen zu sozialen Lernprozessen und veränderten Verhaltensweisen, die wiederum zu einem Kulturwandel führen (können)
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1. Innovationen in der beruflichen Weiterbildung?!
„Die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft hängt entscheidend davon ab, ob und in wie weit es gelingt, soziale Innovationen zu entwickeln, durchzusetzen und zu verbreiten, um auf dieser Grundlage als notwendig erachtete Wandlungsprozesse in Gang zu bringen“
(Howaldt/Kopp/Schwarz 2014 S. 91/95)
Lassen sich die Resultate (Ergebnisse, Produkte, Konzepte) des FSP als „innovationsverdächtige soziale Entwicklungen“ (Gillwald 2000, S.41) oder als auf dem Weiterbildungsmarkt bzw. in der Praxis etablierte soziale Innovationen bezeichnen?
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2. Innovationsmatrix als Heuristik für soziale Innovationen
TSP Themencluster/
zentrale Inhalte
Innovative Ansätze/
Soziale Innovationen
Zentrale wissenschaftliche
Erkenntnisse
Beiträge für Praxis
(Produkte, Leitfäden)
Implikationen für
Bildungspolitik/BMBF
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Erfassung, Validierung und
Anerkennung informell und
nicht formal erworbener
Kompetenzen
Verzahnung formalen und
informellen/nicht formalen
Lernens;
Übergänge zwischen beruflicher
und akademischer Bildung
(DQR-Niveau 5);
Übertragung von Lerntheorien
auf Praxiskonzepte;
Vielfalt der Verfahren zur
Erfassung/ Bilanzierung
von Kompetenzen im
betrieblichen Kontext;
Dokumentation von
Lernprozessen mit
digitalen Artefakten
Instrumente zur
Feststellung der
individuellen
Kompetenzen (online-
basiert)
Regelungen und
verbindliche Standards
zur Anerkennung
informeller und non
formal erworbener
Kompetenzen; Stärkung
der Akzeptanz in
Gesellschaft und
Wirtschaft
Zielgruppengerechte Lehr-
/Lernformate (unter
Einsatz digitaler Medien)
Hoher Zielgruppen- und
Branchenbezug;
Gezielte
Fachkräfteentwicklung/Unterst
ützungsangebote (soft skills);
Reaktion und Bezugnahme auf
fortschreitende Digitalisierung;
Beteiligung von
Adressaten an der
Angebotsplanung und -
gestaltung
(dialogorientierte
Angebotsentwicklung)
Gestaltungsanforderungen
für arbeitsintegriertes,
situatives Lernen
Curriculumentwicklung
für adressatengerechte
Weiterbildung;
Lernenden-Tutorials
(betriebliches
Wissensmanagement);
Gestaltung von WB-
Finanzierung, die nicht an
Seminarlogik (TN-
Stunden, TN-Anzahl)
sondern individueller
Kompetenzentwicklung
ausgerichtet ist.
(Weiter-)Bildungszugänge
und -beteiligung sowie
Weiterbildungsmotivation
(individuelle
Einflussfaktoren und
Hemmnisse)
Ganzheitliche
Weiterbildungskonzepte (inkl.
Validierung, OE/PE); Stärkung
des Lernorts Betrieb;
Aktivierung („vom Lernenden
zum Lehrenden“)
Komplexität und
Abhängigkeit von
Determinanten der WB-
Bereitschaft/ WB-Teilhabe
Auslöser für WB-
Bereitschaft in
Unternehmen
Arbeitsplatznahe
Weiterbildungsmaßnah
men für
branchenfremde
Quereinsteiger bzw. nfQ
Forschung zu Corporate
Learning Szenarien (z.B.
Betriebsfallstudien)
Förderung betrieblicher
WB-Innovationen (analog
zu
Innovationsgutscheinen,
Go-Inno Berater BMWi)
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2. Innovationsmatrix als Heuristik für soziale Innovationen
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Formate
selbstgesteuerten
Lernens (SOL)
Didaktische Innovation:
Bezugnahme zu
technologischem Wandel;
kritische Reflexion von
(digitalen) innovativen
Lehr-/Lernformaten;
MOOCs und social Media
in der berufl. WB;
Bedeutung von SOL aus
Perspektive der Lernenden
Gelingensbedingungen für
SOL im Unternehmen
(„Flexibles Lernen mit
Leitblanken“)
Gestaltung von SOL im
Unternehmen
Instrumentenkoffer zum
SOL; diverse Blogs und
wiss.
Papiere/Publikationen;
Konzepte für WB-
Personal; Definition SOL;
Gelingenskriterien für
SOL (Selbstlern-
architekturen)
(Anschluss-)Förderung zur
zielgruppenspezifischer
Wirkung von SOL
(experimentell); ggf.
Bündelung der
entwickelten Instrumente
auf der BMBF-Homepage
(Best Practice);
Handlungsfelder und
Anforderungs-
/Kompetenzprofile des
Weiterbildungspersonals
Theoriegeleitete,
empirisch basierte
Kompetenzprofile
(Medienkompetenz); erste
Differenzierung/Typologie
des heterogenen WB-
Personals; Führungskräfte
und betriebliche
Interessensvertretungen
als WB-Verantwortliche;
Methodische Innovation
(Praxisbezug)
(Neues) Selbstverständnis
von WB-Personal;
Kompetenzanforderungen an
WB-Personal;
Berufs- und Tätigkeitsprofile
von (betrieblichem)
Weiterbildungspersonal;
Professionalisierungsangebot
e für Weiterbildungspersonal
Kompetenzreflektor
Weiterbildungspersonal;
Selbsttest für
Medienkompetenz;
„kollegiale Beratung“
Führungskräfteworkshop
; Konzept für assistierte
WB;
Zukunftskompetenzen
(WBner = Future
Designer)
Förderung von breit
angelegten,
vergleichenden
Erhebungen zur Struktur
des WB-Personals,
Modellversuche zur
regionalen
Strukturentwicklung
(kooperative WB-
Landschaft; Verzahnung
von beruflicher und
allgemeiner WB)
(WB-)Organisations-
strukturen, institutionelle
Rahmenbedingungen
und bildungspolitische
Steuerungslogiken
Institution- und
Programmperspektive
(kulturelle WB); Logiken
erwachsenenpäd.
Planungshandelns;
„dialogische“
Planungsstrategien und
Zielgruppenentwicklung
Neue Ansätze und Logik
pädagogischer Steuerung;
Akteurskonstellationen in der
beruflichen Weiterbildung;
Lernmanagement als
Mittelpunkt innerhalb
komplexer Akteurssysteme
Zertifikatkurs (Alanus HS)
und BA-Studiengang
(Modulhandbuch) etc.;
Qualitätsmatrix
(Handwerk);
Reifegradmodell für
Lernfabriken;
Adressatengerechte
Angebotsgestaltung vor
dem Hintergrund der
aktuellen WB-Finanzierung
(marktorientierte vs.
öffentlich finanzierte WB)
> Bedingungslose(r)
Lernzeit
TSP Themencluster/
zentrale Inhalte
Innovative Ansätze/
Soziale Innovationen
Wissenschaftliche
Erkenntnisse
Praxisbeiträge
(Produkte, Leitfäden)
Implikationen für
Bildungspolitik/BMBF
2. Innovationsmatrix als Heuristik für soziale Innovationen
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TSP Themencluster/
zentrale Inhalte
Innovat
ive
Ansätze
/
Soziale
Innovat
ionen
Wissenschaftliche
Erkenntnisse
Praxisbeiträge
(Produkte, Leitfäden)
Implikationen für die
Bildungspolitik/BMBF
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(Umgang mit und
Einflussmöglichkeiten
auf) Digitalisierung in
der beruflichen
Weiterbildung
Subjektorientierte
Perspektive auf
Digitalisierung (Identität,
Wertewandel etc.);
Kritische
Auseinandersetzung mit
digitalisierten
Arbeitsprozessen (Verlust
von Erfahrungslernen);
Methodische Innovation
(mehrperspektivisch)
Einerseits: (1) Wegfall von
Einfacharbeitsplätzen und (2)
steigende Komplexität von
Arbeitsaufgaben hin
Andererseits:
Dequalifizierung durch
Assistenzsysteme („digitale
Werkerführung“);
Anforderung: reflexive
Handlungsfähigkeit >
Ableitung geeigneter
Qualifikationsformate
WB-Kultur in Unternehmen
abhängig von Größe,
Branche, Geschäftsfeld,
Aufgaben von MA
Wiss. Erkenntnisse zum
digitalen Wandel in der
beruflichen WB
Förderung konsistenter
Qualifizierungspfade zu
Förderung von Fach- und
Spezialistenkarrieren
zwischen Gesellen- und
Meister/Technikerebene
(bzw. BA-Abschluss);
Förderung von
Modellversuchen zur
Kompetenzentwicklung/OE
in digitalisierten Branchen
(Wirkungszusammenhänge
etc.)
Weiterbildungsfinanzier
ung
Alleinstellungsmerkmal
des Projekts VorREFFi-WB
Zusammenhang von WB-
Teilnahme und
Wirtschaftswachstum
(Makroökon.) bzw.
Innovationsfähigkeit
(Mikroökon.)
Weiterbildungs-
motivation und
Hemmnisse aus
Adressatenperspektive
Projekt InAB ist integraler
Bestandteil des TSP 1)
s.o.
s.o. s.o. s.o.
TSP Themencluster/
zentrale Inhalte
Innovative Ansätze/
Soziale Innovationen
Wissenschaftliche
Erkenntnisse
Praxisbeiträge
(Produkte, Leitfäden)
Implikationen für die
Bildungspolitik/BMBF
Individualisierte Weiterbildungs-
formate
Lernanlässe/Ansprache
WB-FinanzierungLern-/
Fehlerkultur
Wirksamkeit/Lernerfolg
Entgrenzung & Aufgaben-integration
Anpassungs-qualifizierung
vs. Kompetenz-entwicklung
Innovation vs. Anpassung
Anerkennung informeller/ nicht
formaler Kompetenzen
Lernräume/-zeiten
Dialogische Angebots-entwicklung
Lernprozess-begleitung
3. Schwerpunktsetzung durch Clusterfallstudien: Erkenntnisse & offene Fragen
Selbstorganisiertes Lernen im Prozess
der Arbeit
Digitalisierung im Kontext von (Weiter-)
Bildung, Arbeit und Gesellschaft
Institutionelle Rahmen-
bedingungen und Steuerungslogiken
beruflicher Weiterbildung
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4. Quo vadis – Zukünftige Aufgaben und Handlungsfelder der beruflichen Weiterbildung?
Weiterbildungsanbieter stellen sich strategisch neu auf. Sie sind nicht mehr nur „Anbieter“ und „Leistungserbringer“, sondern zunehmend Partner in der dialogischen Entwicklung und Durchführung von zeitgemäßen Bildungsdienstleistungen. (Professionalisierung der Weiterbildungsanbieter/Professionalität des Weiterbildungspersonals)
Berufliche Weiterbildungsanlässe und individuelle Weiterbildungsmotivationen(von Personen in Beschäftigung) entstehen durch Veränderungen des Arbeitskontexts und konkrete, individuelle Weiterbildungsbedarfe. Dafür entwickeln die Projekte passgenaue berufliche Weiterbildungsangebote.
Berufsbezogene Weiterbildung findet im Rahmen beruflicher Tätigkeiten statt. Die Projekte entwickeln modulare Weiterbildungssysteme/-formate, die den Erwerb von Kompetenzen im Prozess der Arbeit transparent machen und die Anerkennung und Zertifizierung non-formal und informell erworbener Kompetenzenermöglichen.
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4. Quo vadis – Zukünftige Aufgaben und Handlungsfelder der beruflichen Weiterbildung?
• Lernfabriken (oder auch Lernlabore, Maker Spaces, Innovation Hubs) sind Räume beruflicher Kompetenzentwicklung, die es Fachkräften ermöglichen, innovative Produktionsverfahren und Dienstleistungen nicht nur kennen zu lernen, sondern direkt selbst neue Verfahren, Produkte oder Dienstleistungen für ihre eigenen Unternehmen zu entwickeln.
Regionale Weiterbildungslandschaften fungieren als Treiber für Weiterbildungsteilhabe und Professionsentwicklung. Zur Entwicklung einer koordinierten (WB-)Anbieterstruktur sind gezielte Regionalentwicklung (Kooperation und Vernetzung auf organisationaler Ebene) und förderliche institutionelle Rahmenbedingungen notwendig.
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Literatur
Gillwald, K.: Konzepte sozialer Innovationen (WZB Discussion Paper P 00-519). Berlin 2000 – URL: www.econstor.eu/bitstream/10419/ 50299/1/319103064.pdf (Stand: 31.07.2018)
Hemkes, B./Vogel, C./Zaviska, C.: Innovationen in der beruflichen Weiterbildung aufspüren. Erkenntnisse aus dem BMBF-Förderschwerpunkt „InnovatWB“. BWP (5/2018) S. 25-29.
Howaldt/Kopp/Schwarz (2014): Zur Theorie sozialer Innovationen. Tardes vernachlässigter Beitrag zur Entwicklung einer soziologischen Innovationstheorie. Weinheim/Basel.
InnovatWB: Diskurspapier „Institutionelle Rahmenbedingungen und Steuerungslogiken beruflicher Weiterbildung“ – internes Dokument (Stand: Juli 2018)
InnovatWB: Innovationsmatrix und ausgewählte Innovationsfelder – internes Dokument (Stand: März 2018)
Sozialforschungsstelle Dortmund (SFS): Soziale Innovationen im Fokus. Jürgen Howaldt und Michael Schwarz im Interview mit Jürgen Schultze. Dortmund 2010
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1. Vernetzte Weiterbildung – regionaleKommunikations-strukturen,Rahmenbedingungen und Steuerungslogiken
2. Gestaltungspotenziale beruflicher Weiterbildung in einer sich wandelndenArbeitswelt
3. Lernen im Prozess der Arbeit –Herausforderungen für dir berufliche Weiterbildung
World-Café• Drei Runden (20 min.): Welche Implikationen ergeben sich aus den Ergebnissen
des FSP für die 1. Wissenschaft, 2. (betriebliche) Praxis, 3. weitere Stakeholder (Rahmenbedingungen)?
• Moderation erfolgt durch eine*n Gastgeber*in pro Tisch (selbstorganisiert)• Dokumentation auf „Tischdecken“ (Brownpaper)• Präsentation und Diskussion der „Tischdecken“ (ca. 10 min. pro Tisch)• Vorstellung der Ergebnisse durch eine*n Gesprächspartner*in im Plenum