Rhythmus und Metrum
Klaus FrielerUniversität Hamburg
Musikwissenschaftliches Institut
Seminar 56.803, SoSe 08
Klaus Frieler: Rhythmus und Metrum
Überblick
• Zeitwahrnehmung ist elementar für Musik• Kontinuierliche Zeit – Diskrete Zeit:
Ereignisse• Zeitmessund:
– Zeitpunkte – Zeitintervalle – Intervallverhältnisse
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Rhythmus, Puls, Metrum
(Freier) Rhythmus
Puls Akzente
Metrum
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Perceptual Onset
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Zeitauflösung für akustische Ereignisse
• Gleichzeitigkeitschwelle: ~2 – 5 ms• Unterscheidungsschwelle: ~5 – 30 ms• Schnellste Bewegung: ~80 ms• Ordnungsrelation: ~30 – 50 ms• Rhythmuswahrnehmung: ~50 – 3000 ms• Temposchwelle: ~200 ms (300 bpm)• Subjektive Präsenszeit: ~3000 ms
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Puls & Ereignisdichte
• Puls: Isochrone Zeitenfolge• Tempo ist Frequenz einer wahrgenommen
isochronen Zeitenfolge (Periode ms, Frequenz Hz, Beats per Minute bpm)
• Ereignisdichte: Anzahl der Ereignisse• Gibt es auch anisochrone Pulse? (z. B.
Balkan 7/8 = 3 + 2 + 2)
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Antizipation
• Phänomen der Synchronisierung zur Musik• Isochrones Tappen: Bis zu 2-3% genau im
guten Tempobereich. Unter 200ms und über 3000ms Synchronisation schwierig
• Accelerande/Ritardando ebenfalls recht genau tappbar
• Phänomen der negativen Asynchronie: Vpn tappen in der Regel zu früh (~50ms)
• Regularität und Antizipation
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Spontanes Tempo
• Spontanes Tempo: Tempo bei freien isochonren Tappen
• Im Bereich von 500-600 ms (120-100 bpm)• Bevorzugtes Tempo: Tempo, bei dem ein
isochroner Rhythmus am „natürlichsten“ erscheint
• Im selben Bereich wie das spontane Tempo • Kinder haben höheres spont. Tempo, ältere
Menschen langsameres: Körperkonstanten?
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Antropologische Frequenzen
• Säuglingsaugfrequenz: ~600-1200 ms• „Zappel“frequenz: ~500-2000 ms• „Normale“ Gehfrequenz: ~500 – 600 ms (6
km/h) (korreliert mit spontamen Tempo)• „Normaler“ Herzschlag: ~800 ms (korreliert
nicht mit spontanem Tempo)• Silbenfrequenz: ~150-250 ms• Zeiteinheit Sekunde: ~ 1000 ms
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Temporesonanzkurve
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Temporesonanzkurve
• Moelants & van Noorden (1999)
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Gruppierung & Metrum
Zwei prinzipielle Gruppierungsmechanismen (Lerdahl & Jackendoff 1983, GTTM).
1. Segmentierung/Phrasierung der musikalischen Oberfläche (vgl. Horizontale Integration)
2. Metrum als Gruppierung einer Pulsfolge
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Segmentierung
• Verschiedene Ereignisse werden spontan gruppiert: Phrasierung, Segmentierung
• Wichtigster Faktor: Pausen (längere Noten)• Wirksame Gestaltprinzipien: Ähnlichkeit und
Nähe, Geschlossenheit (Kadenzen), • Beispiel: x x x o x x o o
– x x x o x x o o (48%)– o x x o o x x x (24%)– x o x x o o x x (0 %)
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Puls & Metrum
Nicht-Pulsinduzierend Pulsinduzierend
Reguläres Metrum
Musik
Irreguläres Metrum
Isochron Anisochron Irregulär(?)Pulsbasierend Frei
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Puls & Metrum
Musik
Polytaktisch Niltaktisch
Polymetrisch
Monotaktisch
Monometrisch
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Metrum
• Ein Metrum ist Gruppierung eines der Musik zugrundeliegenden oder durch sie induzierten Pulses
• Klassische Definition (z. B. GTTM, 1983): Metrum ist die reguläre Abfolge von „schwachen“ und „starken“ (isochronen) Pulsen
• Nicht haltbar für alle Arten Musik• Alternative Begrifflichkeit: Akzentmetrum
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Metrum (GTTM, Longuet-Higgins)
• Akzentmetren entstehen durch mindestens zwei gekoppelte Pulsfolgen, wobei die Zeitpunkte „stärker“ sind, je mehr Hierarchieebenen sie angehören.
• Beispiel der klassische 4/4- Takt: 1 1+ 2 2+ 3 3+ 4 4+
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Metrum
• Metrischer Baum und Anfangsbewertung
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Klassische westliche Metren
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Puls & Metrumsinduktion
• Wie induziert Musik welchen Puls bei welchen Hörer?
• Wie wird ein Puls gruppiert (Periode) und wo liegt die Eins (Phasenlage)?
• Welche Rolle spielen Akzente bei der Metrumsinduktion?
• Was sind überhaupt Akzente?
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Periodizität
• Wichtigster Faktor der sind statistische Regularitäten in den wahrgenommen Ereignissen
• Kategoriale Wahrnehmung von IOIs (kurz-lang, 2:1, 3:1)
• Sowohl auf Pulsebene als auch Metrumsebene
• Für die Phasenlage sind Akzente wichtig
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Akzente
• Man unterscheidet– Phänomenologische Akzente– Strukturelle Akzente– Metrische Akzente
• Zyklizität: Akzente helfen bei der Metrumsinduktion, ein induziertes Metrum induziert Akzente
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Modelle Puls- und Metrumsinduktion
• Agentenmodelle
• Oszillatormodelle
• Stochastische Modelle
• Regelbasierte, grammatische Modelle
• Autokorrelationsmodelle