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Inhalt: BENN-Nachbarschaftsforum --- Tag der Nach-barn --- Neues aus der Gemeinschaftsunterkunft --- Interviews mit Geflüchteten und dem Neuköllner Integ-rationsbeauftragten --- Neues vom blub-Gelände und vom Milieuschutz in Britz --- Das Familienratsbüro stellt sich vor
Juni 2019
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BENN-Rundschau
Herausgeber: BENN-Britz, verantwortlich: Susen Engel,
im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Wohnen sowie des Bezirksamts Neukölln
Redaktion: S. Engel, L. Gefäller, I. Sang
BENN-Britz, Stephanus-Stiftung, Haarlemer Str. 89, 12359 Berlin
www.benn-britz.de, [email protected],
Telefon 0151 18 88 79 01
Fotonachweis:
Alle Fotos, wenn nicht anders benannt,
sind vom BENN-Team Britz.
Impressum
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Hallo Britz! Unser BENN-Team ist seit Januar 2018 am Standort Britz vertreten und
freut sich sehr, Sie kennenlernen zu dürfen. Für alle, die uns noch nicht kennen: Wir
sind eines von 20 BENN-Teams in Berlin, die das Miteinander in der Nachbarschaft
unterstützen und fördern. BENN steht für „Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaf-
ten“ und ist ein Programm der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Woh-
nen und den jeweiligen Berliner Bezirken. Die Stephanus-Stiftung ist als Träger
seit Januar 2018 für den Neuköllner Standort Britz zuständig. Unser Team besteht
aus: Susen Engel, Luca Gefäller und Irene Sang.
Was sind die Ziele des BENN-Programms? Grundvoraussetzung für ein friedliches
Zusammenleben und für stabile Nachbarschaften ist die gegenseitige Akzeptanz
aller Bewohnerinnen und Bewohner in Britz. BENN unterstützt die Begegnung zwi-
schen „alten“ und „neuen“ Kiezbewohnerinnen und -bewohnern, stellt Begegnung-
sorte bereit für gemeinsame Ideen und freiwilliges Engagement. Im Fokus des
BENN-Programms steht zudem die Integration von Geflüchteten. BENN arbeitet
beteiligungsorientiert. Das bedeutet, dass alle Menschen im Kiez aufgerufen sind,
eigene Ideen zu entwickeln. Die Umsetzung der Ideen erfolgt mithilfe des BENN-
Teams. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website: www.benn-britz.de
Die BENN-Rundschau erscheint sechs Mal im Jahr. Darin informieren wir regel-
mäßig über unsere Arbeit im Kiez. In dieser Ausgabe blicken wir auf das zweite
Nachbarschaftsforum zurück und berichten über weitere Entwicklungen in Britz.
Und es gibt Neues aus der Gemeinschaftsunterkunft in der Haarlemer Straße: das
neue Betreiberteam stellt sich vor und zwei Bewohnerinnen kommen zu Wort.
Herr Gefäller, Frau Engel und Frau Sang vom BENN-Team
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Engagierte Nachbarschaften „Was braucht Britz?“ Bericht vom 2. Britzer Nachbarschaftsforum
Das zweite Britzer Nachbarschaftsfo-
rum fand Ende April statt. Festlich ge-
öffnet war die Stadtmissionsgemeinde
für alle Britzerinnen und Britzer, die
ihren Kiez mitgestalten wollen. Es ka-
men knapp vierzig Menschen mit ganz
unterschiedlichen Anliegen. Darunter
waren Vertreter/-innen von Initiativen
und Behörden, Mitglieder von religiö-
sen Gemeinden und natürlich Nachba-
rinnen und Nachbarn aus dem Stadt-
teil. Die Versammlung stand unter dem
Motto „Was braucht Britz? Wünsche
für die Zukunft“.
Zunächst wurde in der großen Runde
an das erste Forum angeknüpft. Auf
einer Karte des sozialen Britz hatten
wir im Januar gemeinsam alle wichti-
gen Orte verzeichnet. Sie wurde jetzt
im Entwurf betrachtet. Die letzten feh-
lenden Einträge wurden von findigen
Britzerinnen notiert. Als nächstes
wird die Karte derzeit mit schicker
Grafik versehen und bald darauf ge-
druckt.
Nach einer Stärkung am vielfältigen
Buffet fanden wir uns in kleinen Grup-
pen zusammen. Gesprochen wurde
über Themen, die unser Alltagsleben
besonders betreffen. Am ersten Tisch
ging es um die gemeinsame Nutzung
des öffentlichen Raums. Einige Erfol-
ge gab es in der letzten Zeit: z.B. die
zusätzlich aufgestellten Mülleimer im
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nes Britzer Kiezfestes besprochen.
Viele Feste werden jedes Jahr in Britz
gefeiert – das Hufeisenfest, das Sied-
lerfest, die Britzer Baumblüte und so
weiter. Aber alle Feste richten sich an
eine bestimmte Gruppe. Deshalb hatte
Herr Otparlik, der Pastor der Stadt-
missionsgemeinde die Idee zu einem
„Tisch der Kulturen“ – einem interkul-
turellen Kiezfest für alle. Im Spätsom-
mer wollen wir nun gemeinsam feiern!
Wer bei der Organisation mit dabei
sein möchte, meldet sich bitte im
BENN-Büro.
Das nächste Nachbarschaftsforum
findet am Samstag, den 24. August
2019 statt. Themenvorschläge sind
herzlich willkommen.
Buschkrugpark, die Treppe neben der
Fritz-Karsen-Schule zum Fennpfuhl
wurde repariert und der Park am
Buschkrug hat auf Anregung von Bür-
ger-/innen Toiletten bekommen. Aber
es bleibt viel zu tun: viele Radwege
sind immer wieder von Grünzeug zu-
gewuchert und widerrechtlich ge-
parkte Autos an Überwegen und Ecken
sind ein Ärgernis. Eigeninitiative ist
hier nicht immer erwünscht oder er-
laubt. Einfach hinnehmen muss man
das aber auch nicht, sondern lieber an
zuständige Stellen melden. Das Ord-
nungsamt hat eine Handy-App dafür:
„Ordnungsamt-Online“.
Andere fragten nach einem Britz für
junge Leute. Viele gute Ideen kamen
zustande. Die öffentlichen Plätze und
Siedlungen sollten mehr „bespielt“
werden! Britzer Mädchen haben gro-
ßen Bedarf an Schwimmkursen.
Eine dritte Gruppe diskutierte knifflige
Fragen zur Wohnungssuche von ge-
flüchteten Menschen. Die große Her-
ausforderung ist, dass es zu wenige
bezahlbare Wohnungen gibt. So ist die
Wohnungsnot bei Jobcenter-Kunden
am größten. Dazu kommt, dass Ge-
flüchtete teilweise noch zusätzliche
Diskriminierung auf dem Wohnungs-
markt erfahren, z.B. aufgrund von
Sprachbarrieren. Deshalb braucht es
hier ehrenamtlichen Beistand bei
Wohnungsbesichtigungen.
Zu guter Letzt wurde noch die Idee ei- Bildquelle : Jana Kreisl
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ihren kleinen Kindern erst im letzten
Jahr zugezogen. Die Gemeinschafts-
unterkunft für Flüchtlinge (GU) liegt
direkt um die Ecke. Aber viele Men-
schen sind sich bisher noch nicht be-
gegnet.
So kam es, dass ein Herr im ehrwürdi-
gen Alter von 84 Jahren zum ersten
Mal mit seinem Nachbar aus dem Haus
gegenüber ins Gespräch kam. Auch
der Nachbar hat schon viel erlebt und
so hatten die beiden sich viel zu erzäh-
len. Sie stellten fest, dass sie schon
seit langer Zeit in der gleichen Straße
wohnen. Gemeinsam konnten sie sich
jetzt an die Nachkriegszeit in Britz er-
innern.
Eine geflüchtete Mutter mit ihren klei-
nen Kindern kam ins Gespräch mit
dem rüstigen Ehepaar auf Elektro-
Rollis: Die beiden erzählten uns von
ihren Reisen in jüngeren Jahren.
Tag der Nachbarn Kaffeetafel in der Tilburger Str.
Es war ein sonniger Tag in Britz. Sonst
ist die Tilburger Straße ein ruhiger Ort.
Aber am 24. Mai, dem Tag der Nach-
barn, kamen die Menschen aus ihren
Häusern und plauderten bei Kaffee
und Kuchen. Auf dem Gehweg hatten
wir eine Tafel aufgebaut. Der Sonnen-
schirm schaukelte im Wind. Um den
Tisch wurde über alte Zeiten, über Rei-
sen in die weite Welt und über den All-
tag in Britz gesprochen.
Die kleine Siedlung zwischen der
Haarlemer Straße und der Busch-
krugallee grenzt direkt an den Park-
platz des Lidl-Marktes in der Neuen
Späthstraße an. Trotzdem ist sie ein
ruhiger Rückzugsraum. Hier wohnen
manche ältere Ehepaare schon jahr-
zehntelang. Andere Familien sind mit
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Ankommen zu erleichtern, kann in
entspannter Atmosphäre deutsche
Konversation geübt werden. Die Brit-
zer Initiative für Flüchtlinge und das
BENN-Team freuen sich über Gäste
jeden Alters sowie ehrenamtliche Un-
terstützung bei der Organisation.
Kommen Sie vorbei und lernen Sie
Ihre Nachbarinnen und Nachbarn ken-
nen! Montags 16-18 Uhr in der Britzer
Stadtmission, Malchiner Straße 73,
12359 Berlin.
Sie möchten ein Nachbarschaftsfest
organisieren oder sich für Ihren Kiez
einsetzen und benötigen dazu Bier-
zeltgarnituren, eine mobile Bühne
oder eine mobile Soundanlage mit
Mikrofon?
Das BENN-Team möchte Ihr Engage-
ment in Vereinen, Initiativen oder
Hausgemeinschaften unterstützen
und stellt Mobiliar, Technik und Aus-
stattungsgegenstände für Sie kosten-
los zur Verfügung.
Wenden Sie sich bei Interesse an das
Team von BENN-Britz, um mehr Infor-
mationen über unser Veranstaltungs-
equipment zu erhalten.
Auf der Webseite www.benn-britz.de
können Sie einen Angebots-Flyer her-
unterladen.
Andere freuten sich gemeinsam über
die Wohnqualität im grünen Britz.
Auch die Leiterin der GU und eine Kol-
legin schauten vorbei. Zum Ende des
Nachmittags halfen uns einige junge
Bewohner der GU beim Abbau. Voller
Eindrücke ging der Tag zu Ende.
Wir vom BENN-Team haben uns sehr
über die vielen Begegnungen gefreut.
Deshalb wollen wir bald wieder in die
Tilburger Straße kommen. Jeder
Mensch hier hat eine Geschichte zu
erzählen und wir wollen sie hören!
Das Begegnungscafé bleibt auch den
ganzen Sommer über geöffnet und
lädt nun jeden Montag zum gemütli-
chen Austausch bei Kaffee oder Tee
ein. Um den neuen Nachbarinnen und
Nachbarn aus anderen Ländern das
Begegnungscafé jetzt wöchentlich
Equipment für Ihre Veranstaltung
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Da die Gemeinschaftsunterkunft in der
Haarlemer Str. von unterschiedlichs-
ten Baumängeln betroffen ist, wurde
am 01.05.2019 vom Landesamt für
Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) der
Landesbetrieb für Gebäudebewirt-
schaftung (LfG-B) als Interimsbetrei-
ber eingesetzt. Der LfG-B bleibt Be-
treiber bis die Sanierungsarbeiten
beendet sind und die Betreiberschaft
neu ausgeschrieben und vergeben
werden kann.
Derzeit leben hier 274 Menschen, da-
von 181 Männer, 31 Frauen und 62 Kin-
der, davon sind 24 Kinder unter 5 Jah-
re alt. Die Hauptherkunftsländer sind
Syrien, Irak und Afghanistan. Größere
Gruppen gibt es auch aus Eritrea,
Kosovo, Iran, Ägypten, Armenien und
Pakistan.
Das neue Betreiberteam besteht aus
zehn Mitarbeitenden. Das mehrspra-
chige Team des Sozialdienstes berät
die Bewohnerinnen und Bewohner in
allen Fragen zum Asylverfahren und
zur Familienzusammenführung, zu
Fragen in den Bereichen Gesundheit,
Bildung, Arbeitsmarkt und Wohnungs-
suche. Unterstützung gibt es bei allen
Anliegen des täglichen Lebens sowie
bei Konflikten. Die Ehrenamtskoordi-
nation unterstützt die Bewohner-
Neuigkeiten aus der Gemeinschafts- unterkunft Haarlemer Straße
Betreiberwechsel – Das neue Team stellt sich vor
Von links nach rechts: Malte Wehrs, Miriam Lutz, Hannah Lamprecht, Mahnaz Hosseini, Gihan Abdalla, Svetlana
Tomic, Andreas Bromann, Suada Dolovac. Nicht auf dem Bild: Sabine Knauf und Andreas Friedrich.
Bildquelle: LfG
Text: Miriam Lutz
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schaft, Ehrenamtliche und Kooperati-
onspartner/-innen bei der Planung
und Umsetzung weiterer sozialer, in-
tegrativer und kultureller Angebote
für und mit den Menschen in der Un-
terkunft. Durch den vom LAF vorge-
schriebenen geringeren Personal-
schlüssel hat das neue Team – anders
als der vorherige Betreiber – keine
Mitarbeiter/-innen für die Sozial- und
Kinderbetreuung.
Wenn Sie sich in der Gemeinschafts-
unterkunft ehrenamtlich engagieren
möchten, können Sie sich telefonisch
oder per Mail an die Ehrenamtskoordi-
natorin Miriam Lutz wenden. Bedarf
besteht momentan in der Kinderbe-
treuung und bei Angeboten für Män-
ner.
Leitung: Suada Dolovac E-Mail [email protected] Tel.: 030/ 62729779, 0151 55172121
Stellvertretende Leitung: Hannah Lamprecht [email protected] Tel.:030/ 62729779 und 030/ 83238878
Ehrenamtskoordination: Miriam Lutz [email protected] Mobil: 0151 55172122
Frau Mohammad*, wann sind Sie und
Ihre Familie nach Berlin gekommen
und wo leben Sie?
Im Sommer 2016 bin ich mit meinem
Mann und meinen sechs Kindern aus
Syrien nach Berlin gekommen. Zuerst
haben wir neun Monate gemeinsam
mit 22 weiteren Familien in einer Turn-
halle am Buckower Damm gelebt.
Dann waren wir für 13 Monate in der
Gemeinschaftsunterkunft in der Ger-
linger Straße. Seit 2018 lebe ich mit
meiner Familie in der Gemeinschafts-
unterkunft in der Haarlemer Straße.
Sie leben jetzt schon sehr lange mit
Ihren Kindern in einer Unterkunft. Wie
geht es Ihnen damit?
Am Anfang war es sehr schwer. In der
Notunterkunft dachte ich manchmal
daran, wieder nach Syrien zurückzu-
kehren. Jetzt sind wir sehr froh, hier in
der Haarlemer Straße für unsere Fa-
milie ein Apartment mit vier Zimmern,
Kochnische und eigenem Bad zu ha-
ben. Schwierig ist es für mich, dass wir
nur eingeschränkt Besuch empfangen
können. Und meine Familie in Syrien
fehlt mir sehr.
„Meine Kinder haben hier Pläne“ Interview mit Frau Mohammad
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Zimmern in Neukölln, da unsere Kin-
der hier zur Schule gehen und wir uns
in Neukölln wohlfühlen.
Am Anfang haben wir Wohnungen
über so genannte Makler angeboten
bekommen, die gezielt Kontakt zu den
Menschen in den Unterkünften such-
ten. Sie verlangten für die Vermittlung
einer Wohnung, die sie uns z. T. nicht
einmal zeigten, zwischen 4.000 und
11.000 Euro Provision. Am Ende hätten
wir nur einen befristeten Mietvertrag
in den Händen gehabt. Auf solche An-
gebote können wir nicht eingehen.
Meistens suchen wir über das Inter-
net. Wir schauen uns das gemeinsam
an, meine Tochter übernimmt die Kon-
taktaufnahme zu den Vermietern. Sie
spricht und schreibt sehr gutes
Deutsch. Bisher bekommen wir aber
nur Absagen.
Welche Wünsche haben Sie für die Zu-
kunft?
Ich hoffe, wir werden eine Wohnung
für uns finden. Wir sind eine große Fa-
milie mit sechs Kindern zwischen sie-
ben und 18 Jahren. Viele Vermieter
haben wahrscheinlich Vorurteile, dass
wir zu laut wären. Aber wir sind eine
ruhige Familie. Am liebsten hätte ich
eine ältere Dame als Nachbarin, ich
mag ältere Menschen sehr, unterhalte
mich gern mit ihnen. Das hat mir auch
schon in meiner Heimat viel Freude
bereitet.
Aber ich weiß die Möglichkeiten für
meine Kinder hier in Deutschland zu
schätzen. In meiner Heimat dürfen
gerade die Mädchen nur bis zur 6.
Klasse in die Schule gehen. Viele hei-
raten sehr früh, bekommen Kinder.
Meine Kinder haben hier Pläne. Unse-
re älteste möchte ihr Abitur und da-
nach ihren Führerschein machen und
eine Ausbildung oder ein Studium be-
ginnen. Ich bin froh, dass meine Mäd-
chen hier ein selbstbestimmteres Le-
ben haben können. Auch ich möchte
gern nach meinem Sprachkurs arbei-
ten. Aber eine Wohnung fehlt.
Sie suchen eine Wohnung in Neukölln.
Welche Erfahrungen haben Sie bisher
gemacht?
Wir haben sehr früh angefangen, uns
nach einer eigenen Wohnung umzu-
schauen. Es ist sehr schwer für eine
achtköpfige Familie etwas zu finden.
Wir suchen eine Wohnung mit 4 bis 5
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che zwei Kitaplätze für meine einjähri-
ge Tochter und meinen 2,5-jährigen
Sohn. Bei manchen Kitas stehe ich auf
der Warteliste, einige konnten mich
nicht mehr aufnehmen. Es gibt zu we-
nige Kitaplätze. Das macht es für mich
schwierig, meinen Sprachkurs zu be-
suchen. Deutsch habe ich mir bisher
selbst beigebracht. Es reicht für den
Alltag, aber ich möchte auch wieder
arbeiten gehen. Dafür muss mein
Deutsch besser werden. Im Kosovo
habe ich als Verkäuferin gearbeitet.
Und wie läuft die Wohnungssuche?
Pro Woche schreibe ich ca. fünf Be-
werbungen an Vermieter. Meist
schreiben sie mir, dass die Wohnung
schon weg ist. Das ist frustrierend.
Aber ich versuche es weiter. Ich suche
eine 3 bis 4-Zimmerwohnung in ganz
Berlin. Meine ehemalige Nachbarin
hier aus der Unterkunft wohnt jetzt in
einer Wohnung am Stadtrand von Hel-
lersdorf. Sie ist dort sehr zufrieden.
Was wünschen Sie sich für die Zu-
kunft?
Auch ich möchte wieder in einer eige-
nen Wohnung leben, mit eigenem Geld,
eigener Arbeit. Ein ganz normales Le-
ben. Eine Flüchtlingsunterkunft ist
kein Ort für Kinder.
* Anm. d. Red.: Die Bestimmungen zu Übernach-
tungen in Gemeinschaftsunterkünften und zur
Waschmaschinennutzung sind durch das Berli-
ner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten
geregelt.
Frau Durmishi, wann sind Sie und Ihre
Familie nach Berlin gekommen und wo
leben Sie?
Vor fünf Jahren kam ich mit meinem
Mann und meinem Sohn aus dem Ko-
sovo nach Berlin. Die ersten drei Mo-
nate lebten wir in einer Turnhalle in
Rudow. Seit 2015 leben wir in der Ge-
meinschaftsunterkunft in der Haarle-
mer Straße. Jetzt sind wir zu fünft.
Meine zwei jüngsten Kinder sind in
Berlin geboren.
Wie lebt es sich in einer Unterkunft?
Wir haben ein Apartment mit zwei
Zimmern. Wir haben es uns schön ge-
macht. Leider können wir hier keinen
Besuch über Nacht empfangen. Als
meine Mutter mich in Berlin besuchte,
tat es mir weh, dass sie nicht bei ihren
Enkeln bleiben konnte. Auch brauche
ich um Wäsche zu waschen immer
einen Termin. Das macht den Alltag
schwierig.*
Sie suchen seit zwei Jahren einen
Kitaplatz für Ihre Kinder. Welche Er-
fahrungen haben Sie bisher gemacht?
Ich glaube, ich war mittlerweile bei
fast allen Kitas in Neukölln. Ich brau-
„Ein selbstbe-stimmtes Leben “ Interview mit Frau Durmishi
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Wo sehen Sie weiteren Handlungsbe-
darf in Neukölln?
Die Themen Migration und Integration
sind Querschnittsthemen. Jedes
Fachamt im Neuköllner Bezirksamt
bringt sich hier ein. Bedarf sehe ich vor
allem in der Vernetzung verschiede-
ner Stellen, auch um Doppelstruktu-
ren abzubauen, in denen letztlich kei-
ner mehr durchsieht.
Auch gilt es den bezirklichen Integrati-
onsfond thematisch weiter zu entwi-
ckeln. Über diesen Fonds wurden in
den letzten Jahren Projekte finanziert,
die geflüchteten Menschen halfen, gut
im Bezirk anzukommen. Damit kam es
auch zu einer Öffnung bestehender
Strukturen. Ohne diese Öffnung läuft
die Integration ins Leere. Diese vom
Senat gestellten Gelder bleiben auch
im nächsten Jahr erhalten. Nun geht
es darum, mit dem Fonds auch wieder
andere Zuwanderungsgruppen in den
Blick zu nehmen. Die drängendsten
Herausforderungen sind hier, ange-
messenen Wohnraum für alle Neu-
köllner/-innen zu finden und die
Sprachkursangebote anzupassen.
Hier geht es um Qualität statt Quanti-
tät.
Was wünschen Sie sich für Neukölln in
der Zukunft?
Ich wünsche mir, dass wenn über
Neukölln geredet und geschrieben
wird, nicht immer nur über Clankrimi-
Herr Rockstedt, seit Juli 2018 sind Sie
Neuköllns Integrationsbeauftragter
und setzen sich für ein friedliches Zu-
sammenleben der unterschiedlichen
kulturellen und ethnischen Gruppen
im Bezirk ein. Wie lief das erste Jahr
für Sie?
Was mich wirklich überrascht hat, ist
Neuköllns Vielfalt in allen Dingen. Da-
zu gehören die vielfältigen sozialen
Problemlagen, aber genauso die Viel-
falt an Trägern, Vereinen, Initiativen
und Unterstützer/-innen, die sich die-
sen Herausforderungen annehmen.
Sie alle tragen zu einem lebenswerten
Neukölln bei. Es hat daher auch viel
Zeit gebraucht, alle kennenzulernen.
Jetzt ist es wichtig, diese vielen Akteu-
re zu vernetzen und in Kontakt zu brin-
gen.
„Migration in Neukölln lässt sich auch als Er-folgsgeschichte beschreiben “ Interview mit den Neuköllner Integrationsbeauftragten Jens Rockstedt
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schen.
Weitere Infos zum Neuköllner Integra-
tionsbeauftragten finden Sie unter:
https://www.berlin.de/ba-neukoelln/
politik-und-verwaltung/beauftragte/
integration/
Im Mai traf sich das BENN-Team mit
Herrn Rehberger aus dem Neuköllner
Stadtentwicklungsamt, um neue Ent-
wicklungen in Britz in Erfahrung zu
bringen.
nalität und das zwielichtige Agieren
einiger weniger Moscheevereine be-
richtet wird. Dem gegenüber stehen
gerade in Neukölln zahlreiche gute
Beispiele gelingender Integrations-
praxis. Migration in Neukölln lässt sich
auch als Erfolgsgeschichte beschrei-
ben. Gerade in der Phase der Flücht-
lingszuwanderung war das bürger-
schaftliche Engagement vor allem
migrantisch geprägt. Die Neuköllner
Gesellschaft ist vielfältig, was das An-
kommen für viele Zuwanderer/-innen
erleichtert. Auch die Wohlfahrtsver-
bände und andere Träger öffneten sich
in dieser Phase interkulturell und sind
personell besser aufgestellt als in den
Jahren zuvor.
Und wie steht es aus Ihrer Sicht in
Britz?
Momentan können wir beobachten,
wie sich Nord- und Südneukölln im-
mer mehr angleichen. Die Kieze im
Norden verändern sich in der Zusam-
mensetzung der Bevölkerung gerade
stark durch Gentrifizierungsprozesse
und ein verändertes Umzugsverhal-
ten. In Britz leben sehr engagierte
Nachbarschaften, die auch in ihrem
Engagement auf eine bewegte Ge-
schichte zurückblicken können. Das
nachbarschaftliche Engagement ge-
gen rechte Gewalt ist hier hervorzu-
heben. Hier würde ich mir mehr Unter-
stützung und Aufklärung auch von
Seiten der Berliner Behörden wün-
Stadtentwicklung Neues vom ehemaligen blub-Gelände und vom Milieuschutz in Britz
Bildquelle: Piotr Lavka, www.berlin-du-bist-wunderbar.de
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Abriss und Bebauung auf dem ehe-
maligen „Blub“-Gelände
Seit einigen Jahren berichteten die
Berliner Medien und die Berliner Be-
hörden immer wieder über den Ver-
fall, über Brände und Kriminalität auf
dem Gelände des ehemaligen
„Berliner Luft- und Badeparadieses
(Blub)“ in der Buschkrugallee. Gleich-
zeitig machte das Gelände Schlagzei-
len als „The Abandoned Water Park in
Neukölln“ und zog etliche (Hobby-)
Fotografierende aus aller Welt an.
Damit wird nun bald Schluss sein.
Auf dem 35.000 Quadratmeter großen
Gelände ist der Bau von ca. 450 Woh-
nungen geplant. Der Bebauungsplan
wurde bereits Ende 2018 von der Neu-
köllner Bezirksverordnetenver-
sammlung beschlossen. Die Abriss-
arbeiten und der Neubau durch eine
Münchener Immobiliengesellschaft
sollen voraussichtlich Ende 2019 be-
ginnen. Darunter entstehen auch ca.
80 preisgebundene Sozialwohnun-
gen. Dies hatte Baustadtrat Jochen
Biedermann nachverhandelt und
setzt damit ein wichtiges Zeichen im
Kampf gegen die Wohnungsnot in
Berlin.
Im Zuge der Wohnungsproblematik
wird auch immer wieder über die
Räumung und Bebauung von Klein-
gartenanlagen in Berlin diskutiert.
Nach dem Entwurf des Kleingarten-
entwicklungsplans der Senatsver-
waltung für Umwelt, Verkehr und Kli-
maschutz werden bis 2030 voraus-
sichtlich keine Flächen in Neukölln als
Wohnbauland in Betracht gezogen. Bei
den Flächen am Teltowkanal handelt
es sich ohnehin größtenteils um be-
reits jetzt langfristig gesicherte Klein-
gartenanlagen.
Milieuschutz in Britz erklärt
In der letzten Ausgabe der BENN-
Rundschau hat sich die „Hufeisen Mie-
ter*innen Initiative Britz (HUFI)“ vor-
gestellt. Sie berichtete von steigenden
Nöten und Sorgen vor Mieterhöhun-
gen, Verdrängung und Wohnungsver-
lust. Um sich im Kampf gegen Ver-
drängung zu organisieren, trifft sich
die Initiative regelmäßig in der Hufei-
sensiedlung (weitere Infos unter:
www.hufi-britz.de).
Seit Februar 2019 bekommen die
Mieter/-innen und die Initiative in Britz
Unterstützung auch vom Bezirksamt
Neukölln. So wurde beschlossen, für
die Gebiete in und südlich der Huf-
Bildquelle: Piotr Lavka, www.berlin-du-bist-wunderbar.de
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genehmigungspflichtig und nur unter
bestimmten Voraussetzungen zuläs-
sig. Gleiches betrifft auch Luxussanie-
rungen in Wohnungsbestand.
Ob auch Ihre Straße im Milieuschutz-
gebiet Britz Nord oder Britz Süd liegt,
erfahren Sie auf der Karte und der
Webseite des Neuköllner Stadt-
planungsamtes (https://
www.berlin.de/ba-neukoelln/politik-
und-verwaltung/aemter/
stadtentwicklungsamt/stadtplanung/
milieuschutz/artikel.294102.php)
Oder fragen Sie per E-Mail nach:
Milieuschutz@Bezirksamt-
Neukoelln.de.
eisen- und Krugpfuhlsiedlung Vor-
untersuchungen durchzuführen, auf
deren Grundlage entschieden werden
kann, ob Milieuschutzgebiete ausge-
wiesen werden. Was bedeutet das?
Auf Grundlage des Baugesetzbuches
hat das Bezirksamt Neukölln die Mög-
lichkeit diejenigen Quartiere und
Kieze, die besonders stark von Miet-
steigerungen und drohender sozialer
Verdrängung betroffen sind, durch das
städtebauliche Instrument einer so
genannten „sozialen Erhaltungsver-
ordnung“ in einem gewissen Rahmen
unter Milieuschutz zu stellen. Ziel ist
es, gewachsene Nachbarschaften zu
erhalten. So ist etwa die Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen
Bildquelle: Bezirksamt Neukölln, ABl. Nr. 10 / 7. März 2019 und ABl. Nr. 10 / 7. März 2019
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Zusammen Lösungen finden Die Arbeit der Familienratsbüros in Neukölln
„Ich wusste, dass ich jetzt nicht mehr
allein bin, dass ich die Unterstützung
jetzt immer habe…“ Bianca P.
Bianca P. ist alleinerziehende Mutter.
Als wir sie kennenlernten, ging es ihr
nicht gut. Zu viele Probleme auf einmal
drückten und überforderten sie. Aus-
bildungs-, Kitaplatz- und Jobsuche,
finanzielle Probleme und die Trennung
vom Vater ihres Kindes kamen zu-
sammen. „Ich hatte mich ein bisschen
fallen lassen“ sagt sie. „Und es war
mein größter Wunsch, mein Leben
endlich in den Griff zu bekommen… für
meinen Sohn und für mich.“ Anfänglich
habe sie sich überhaupt nicht vorstel-
len können, dass es etwas bringe, so
ein Familienrat. „…weil meine Familie
untereinander verstritten ist. Ich hatte
Angst, wenn alle zusammen kommen,
gibt es eine große Explosion an Gefüh-
len… Das war dann gar nicht so. Man
hatte gleich das Gefühl, wir gehören
zusammen“.
Der Bürgerratskoordinator, der Frau
P. geholfen hatte, den Familienrat zu
organisieren, berichtet: „Das erste,
was die Familie sagte, noch bevor sie
den Lösungsplan vorstellten, war: wir
möchten uns als Familie jetzt wieder
häufiger treffen. Das bewegt mich
sehr, wenn Leute sich zusammenrau-
fen, wenn alle sagen, es geht hier um
das Kind und wir setzen uns jetzt noch
einmal alle an einen Tisch“. Auch ein
Plan war entstanden, wer wie helfen
kann: So wollte zum Beispiel Frau P.s
Mutter mit den Finanzen helfen, der
Vater bei den anstehenden Behörden-
gängen, die Freundin mit einem Sohn
im gleichen Alter erklärte sich bereit,
das Kind zu betreuen, wenn Frau P.
ihre Bewerbungen schrieb. Jeder aus
der Familie und dem Freundeskreis
erklärte sich bereit, einen kleinen Teil
der Unterstützung zu übernehmen. Ein
Hilfenetz aus Liebe und Freundschaft,
Kompetenzen und Engagement konnte
Quelle: Familienratsbüro
Text: Meike Wolfart
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so für Frau P. und ihren kleinen Sohn
entstehen.
Familienrat? Was ist das eigentlich?
Der Familienrat ist ein koordiniertes
Treffen einer Familie mit ihren Ver-
wandten, Freunden und Bekannten.
Alle sitzen an einem Tisch und bespre-
chen, wer was tun kann, um ein be-
stimmtes Problem zu lösen. Wir von
den Familienratsbüros helfen dabei,
dieses Treffen zu organisieren, damit
möglichst viel Unterstützer und Un-
terstützerinnen zusammenkommen
und eine gute Lösung gefunden wer-
den kann, die niemanden überfordert.
In die Lösungssuche selbst mischen
wir uns nicht ein, die Familie weiß am
Besten, was hilft.
Der Familienrat von Frau P. zeigt, dass
die Lösung von Problemen oder Her-
ausforderungen auf mehreren Schul-
tern verteilt plötzlich viel einfacher
gelingen kann. Oft sehen die Freunde
und Verwandten, dass es einer Unter-
stützung bedarf, trauen sich aber
nicht, dies anzusprechen, aus Angst,
es könnte als Einmischung wahrge-
nommen werden. Die Familien wiede-
rum wollen oft ihr Umfeld nicht belas-
ten, wünschen sich aber eigentlich
Unterstützung. Der Familienrat bringt
alle zusammen.
Ihr Ansprechpartner in Sachen Familienrat:
Die Familienratsbüros
Die Familienratsbüros sind für alle da,
die sich für den Familienrat interes-
sieren. Wir informieren und unterstüt-
zen Familien, Freunde aber auch
Fachkräfte. Wir bieten kostenlose und
unbürokratische Hilfe bei der Organi-
sation von Familienräten durch ehren-
amtlich ausgebildete Bürgerratskoor-
dinatoren und Koordinatorinnen an.
ACHTUNG! Für unsere nächste Schulung
zum Bürgerratskoordinator/ zur Bürgerrats-
koordinatorin suchen wir Engagierte, die
Familien bei der Organisation eines
Familienrates unterstützen möchten!
Wenn Sie sich in ihrer Nachbarschaft
engagieren möchten und Menschen
helfen möchten, sich selbst zu helfen,
freuen wir uns über Ihren Anruf!
Oder kommen Sie zu unserem Info-
abend am 19.08.2019 in unser Regio-
nalbüro Mitte: kjhv/kjsh-Stiftung,
Ackerstraße 83, 13355 Berlin
Die Schulung zur/zum Bürgerratsko-
ordinator/in dauert drei Tage und wird
am 24.8.- 31.8. und 7.9. stattfinden. Sie
ist selbstverständlich kostenlos!
Familienratsbüro
Neukölln-Süd Meike Wolfart 0177-3004703 Kjhv/kjsh - Stiftung - Familien-punkt Jahnstraße 26 12347 Berlin [email protected]
Familienratsbüro
Neukölln-Nord Jens Schubert 0178-6118536 Jakus gGmbH Altenbrakerstraße 24 12051 Berlin [email protected]
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Aktuell be ndet sich das BENN-Büro auf dem Gelände der Gemein-
schafts-unterkunft Haarlemer Straße 89, 12359 Berlin. Zweimal in der
Woche bieten wir zudem Sprechzeiten im Gemeindehaus der Berliner
Stadtmission, Malchiner Str. 73, 12359 Berlin an.
Frau Engel ― Telefon 0151 18 88 7901
Herr Gefäller ― Telefon 0151 40 66 47 48
Frau Sang ― Telefon 0151 40 66 47 32
Gemeindehaus der Berliner Stadtmission,
Malchiner Str. 73, 12359 Berlin
Mittwoch 15 – 18 Uhr & Freitag 9 – 12 Uhr
BENN Britz, Stephanus-Stiftung, Haarlemer Straße 89, 12359 Berlin
Sprechzeiten: Dienstag 9 – 12 Uhr und nach Vereinbarung
www.benn-britz.de
Kontakt
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