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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Institut für Kunstgeschichte Ostasiens
Forschungsreise nach Hong Kong und Taipei, November 2012, unterstützt vom
Heinz-Götze-Reisestipendium
24 April 2013
Hong Kong-Taipei: Asia Art Archive (AAA), diverse Galerien,
Palace Museum Taipei, Taipei Biennale 2012, MOCA Taipei
Mein Masterprojekt skizziert den Anfang der Installationskunst in China durch zwei
Geschehnisse: die Sinisierung des Begriffs „Dada“ in Huang Yongpings „Zen ist
Dada“-Theorie und den transkulturellen Austausch zwischen Rauschenberg und
den ’85 New Wave Künstlern, insbesondere die visuelle Übersetzung von
Readymades und Combines in China. Der Prozess der Sinisierung der
Installationskunst wird analysiert, basierend auf dem Konzept der „Cultural
Translation“ von Peter Burke, nach welchem der Erwerb einer Fremdkultur immer
Missverständnisse und neue Bedeutungen erzeugt. Um diese zu beweisen, benötigte
ich Ressourcen und Dokumente wie zeitgenössische Zeitungsartikel und Bilder der
Werke. Zeitgenössische Kunst ist allgemein schlecht dokumentiert, besonders weil
viele Werke zerstört wurden oder verschollen sind. Publikationen dazu befinden sich
oft nur in den Privatsammlungen und Archiven wie dem Asia Art Archive in Hong
Kong. Dank der finanziellen Unterstützung der Heinz-Götze-Stiftung konnte ich die
Materialien im Asia Art Archive in Hong Kong sammeln und nebenbei die
Kunstszene in Hong Kong und Taiwan erfassen.
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Vor meiner Abreise habe ich den China Projekt Coordinator und Forscher
Anthony Yung im AAA kontaktiert. Durch seine Hilfe wurde die Schenkung einer
digitalisierten Version der Zeitschrift ‘中國美術報 [Schöne Kunst in China]’ aus den
1980er mit den Ausgaben von 1985 bis 1989 an die Bibliothek Ostasiens ermöglicht.
Dafür sind nicht nur die Heinz-Götze-Stiftung, Herr Hanno Lecher und Anthony
Yung zu danken, sondern auch Dr. Liu Xiaochun, welcher die Schenkung angeboten
hat. Die Zeitschrift ist für die Forschung der Kunst in China in den 80ern sehr
ausschlaggebend, jedoch heutzutage kaum noch erhältlich.
Das Asia Art Archive ist eine non-profit Organisation. Gegründet wurde sie im
Jahre 2000. Sie sammelt und dokumentiert zeitgenössische Kunst in Ost- und
Südasien. Das Ziel meiner Reise war, die unpublizierten Dokumente und
auflagenschwachen Bücher im Bestand des Asia Art Archive zu untersuchen. Unter
diesen sind Notizbücher und Skizzen der Künstler, Tonaufnahmen, Videos der
Ausstellungen und Künstlergespräche. Darüber hinaus sind Zeitschriften wie Jiangsu
Pictorial (江蘇畫刊), welche woanders nicht zugänglich sind. Ein Katalog der
Rauschenberg Ausstellung im Jahre 1985 in Beijing war für mich besonders wichtig.
Außerdem gibt es zahlreiche Bücher und Kataloge, die ich woanders nicht erwerben
kann.
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Während meiner 9 Tage in Hong Kong habe
ich die meiste Zeit im AAA und diversen
Galerien verbracht. Yue Minjuns 岳 敏 君
Druckwerke und Malerei wurden in der
kommerziellen Gallery by the Harbour
aufgestellt, inklusive Skulpturen, die direkt
neben dem Hafen am Harbour Platz aufgestellt
wurden. In der Blindgallery im
Soho Gebiet fand die
Ausstellung der
Performance-Kalligraphie der
Yangjiang Gruppe (陽江組 ) statt. Diese sind als C-Print erhältlich. Die
Dokumentation einer ursprünglich nicht zu profitzwecken gedachten Kunstaktion
wird nun zu verkaufen. Para/Site Art Space war für mich der angenehmste
Ausstellungsort im Soho Gebiet. In der Pao Gallery befanden sich Installationen von
jungen Hong Konger und internationalen Künstlern. Han Art TZ Gallery ist neulich in
einen renovierten Ausstellungsraum umgezogen. Dort hängen die kommerziell hoch
erfolgreichen Werke von Zhang Xiaogang 張曉剛, Yang Jiechang 楊杰昌 und Qiu
Zhijie 邱志傑 . Schätze Qianlongs aus dem Palastmuseum Peking und eine
Retrospektive von Feng Zikai 豐子愷 waren im Hong Kong Art Museum zu sehen.
1 Yue Minjun, Skulptur am Harbour City
2 Yangjiang Gruppe, Kalligraphie nach dem Essen
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3 Yeh Wei-Li, Antiquity-like Rubbish Research & Development im Raum 206, Taipei Biennial 2012
Die zweite Station meiner Reise war Taipei. Mein Ziel war das Palastmuseum,
das Taipei Fine Art Museum und MOCA Taipei. Für meine Forschung besonders
interessant war die Taipei Biennale, diesmal kuratiert von Anselm Franke aus Berlin.
Die Konzepte wie Erinnerung, Fossilisation der humanen Aktivitäten, und Museen als
moderne Allegorie waren meiner Ansicht nach auch an der dOCUMENTA Kassel
2012 präsent. Dies zeigt, dass die globalen und regionalen Biennalen ähnliche
Anliegen haben. Im Vergleich mit vergangenen Taipei Biennalen ist diesmal der
Raum im Taipei Fine Art Museum viel besser genutzt worden. Der Balkon, das
Treppenhaus und der Eingangsbereich wurden zum Ausstellungsort für Ton und
Video benutzt. Video und Installation waren die Hauptmedien.
Was meiner Forschung auch entgegen kam, war die Ausstellung Li Shans 李山
im MOCA Taipei, kuratiert von Gao Minglu 高名潞. MOCA Taipei hat keine
Sammlung, um das Konzept „Gegenwärtigkeit“ zu bewahren. Das Museum befindet
sich in einer ehemaligen Schule aus der Zeit der japanischen Besatzung. Heutzutage
hat MOCA Taipei auch Ausstellungräume in der U-bahnstation erschaffen, um sich
seinem Publikum anzunähern.
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4 Li Shan, Mistake of Translation
In Li Shans Werken ging es diesmal um die Fossilisation von biologischen
Spuren und auch das Bild-Lesen. Seit dem Pictorial Turn fangen die Zuschauer an,
die Bilder zu lesen, ähnlich wie Symbole und Schriften zu lesen. Dabei spielen die
zeitgenössischen Künstler oft mit symbolischer Bedeutung und der Fehlinterpretation
von Bildern (Beispiele sind Xu Bing 徐冰 und Gu Wenda 谷文達 ). Solche
Konzepte sind zwar interessant, aber meiner Meinung nach nicht wirklich in den
Werken von Li Shan zu sehen. Es ist die Frage, ob das Publikum die Bilder auch
kritisch reflektierte, oder sich lediglich auf die Erklärungsschriften an der Wand
beschränkte.
Die zwei Wochen waren sehr kurz. Ich habe sowohl meine Quellen für die
Masterarbeit gesammelt, als auch die Kunstszene in Hong Kong und Taiwan genauer
untersucht. Insgesamt ist dort zeitgenössische Kunst sehr vom Kunstmarkt abhängig.
Im Fall von Hong Kong und Taiwan sind Staffelmalerei in Staatlichen Museen noch
überwiegend, obwohl neue Medienkunst immer bedeutender wird. Ein Grund dafür
war, dass Staffelmalerei immer als die Standardkunstform schlechthin verstanden
wird: Sie ist technisch und finanziell leichter zu verkaufen, zu erwerben und zu
restaurieren. Darüber hinaus fällt es dem Publikum noch schwer, alles andere als
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Hochkunst zu akzeptieren. Museen dienen als Aufenthaltsorte der Familien, während
Präsentationen von Installations- oder Konzeptkunst oft in kleineren Galerien,
Künstlerateliers, oder sogar im Internet stattfinden.
Die Unterstützung hat mir sowohl dabei geholfen Rohmaterialien inklusiv
Tonaufnahme zu entdecken, als auch einen Überblick über die bis 2012 erschienenen
Publikationen in verschiedenen Sprachen zu erlangen. Dadurch habe ich tiefere
Erkenntnisse und konkrete Pläne für meine Masterarbeit und mein zukünftiges
Forschungsvorhaben gewonnen. Vor knapp einem Monat habe ich meine Masterarbeit
abgegeben. Ich möchte mich hiermit nochmals bei der Heinz-Götze-Stiftung
bedanken: Außerdem hat mich meine Reise dazu ermutigt, mich weiter mit dem
Thema chinesische Installationskunst in den 1980er Jahren für meine Doktorarbeit zu
beschäftigen.