Prof. Dr. Hartmut DittonInstitut für Pädagogik, Bildungs- und Sozialisationsforschung
Soziale Ungleichheit undÜbergänge im Bildungswesen
# 2Prof. Dr. Hartmut Ditton
Gliederung
• Theoriegrundlagen und Modelle
• Untersuchung zum Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe
(KOALA-S)
• Ausgewählte Ergebnisse
• Ausblick
Boudon (1974)
Primäre Effekte:
Soziale Herkunft Kulturelle Praxis schulische Leistungen
Sekundäre Effekte:
Unterschiedliche „Kosten-Nutzen-Bilanz“
bei der Wahl einer Bildungslaufbahn
in Abhängigkeit von der sozialen Position
# 3Prof. Dr. Hartmut Ditton
Effekte der sozialen Herkunft bei der Wahl von Bildungslaufbahnen nach BOUDON(Wahl der Schulform, berufliche Bildung, Hochschulzugang)
(Raymond Boudon, geb. 1934)
Foto R. Boudon
Primäre und sekundäre Effekte(Boudon 1974)
Leistungen Bildungs-entscheidung
SozialerStatus
Primäre Effekte
Sekundäre Effekte („sozialspezifische Kalkulation“)
# 4Prof. Dr. Hartmut Ditton
Breen und Goldthorpe (1997)
Effects on Educational Decisions. Three groups of factors:
Cost of remaining at school
(direct costs, earnings forgone)
Likelihood of success
(subjective conditional probability of passing relevant examinations)
Utility attached to educational outcomes
# 5Prof. Dr. Hartmut Ditton
Klassenspezifische Bildungslaufbahnen (Erikson und Jonsson)
Entscheidungen über Bildungslaufbahnen als Maximierung des Nutzens (Utility)
Abwägung von erwarteten
- Kosten (Costs)
- Erträgen (Benefits) (Erwerb von Statusmerkmalen – Einkommen, soziales Prestige, Erhaltung der sozio-ökonomischen Position)
- Wahrscheinlichkeit des Bildungserfolgs (Probability of success)
U = (B – C) P – C (1 – P) bzw. U = PB – C.
# 6Prof. Dr. Hartmut Ditton
# 7Prof. Dr. Hartmut Ditton, Universität München
Erikson und Jonsson
Significance of institutional conditions
Point in time of decision in school career
Duration of schooling (of different system branches)
Extension / expansion of the educational system
Educational offers within reach (distances)
Instititutional preconditions for transitions (regulations)
Foto P. Bourdieu
Pierre Bourdieu (1930 – 2002)
# 8Prof. Dr. Hartmut Ditton
Reproduktionsmuster sozialer Ungleichheit über das verfügbare Kapital und den Habitus
Pierre Bourdieu – Reproduktion
# 9Prof. Dr. Hartmut Ditton
Der soziale Status / die soziale Position resultiert aus der Ausstattung mit Kapital.
Das Kapital, über das Personen verfügen, beeinflusst den Erwerb von Kompetenzen (auch schulische Kompetenzen) und das Verhalten.
Besonders die unterschiedliche Verfügung über kulturelles Kapital führtzu unterschiedlichen Aneignungsformen und Interessen an kulturellen Angeboten (Bildung).
Gesellschaftlich-soziale Differenzen werden zu einem erheblichen Teil durch die Weitergabe („Vererbung“) von Kapital reproduziert.
Pierre Bourdieu (1983, 185)
# 10Prof. Dr. Hartmut Ditton
Es sind drei (bzw. vier) Arten von Kapital zu unterscheiden:
Das ökonomische Kapital ist unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in der Form des Eigentumsrechts;
das kulturelle Kapital ist unter bestimmten Voraussetzungen in ökonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von schulischen Titeln;
das soziale Kapital, das Kapital an sozialen Verpflichtungen und „Beziehungen“, ist unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in ökonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von Adelstiteln.
Pierre Bourdieu (1983, 186)
# 11Prof. Dr. Hartmut Ditton
Das kulturelle Kapital kann in drei Formen existieren:
(1.) in verinnerlichtem, inkorporiertem Zustand, in Form von dauerhaften Dispositionen des Organismus,
(Inkorporiertes Kapital ist ein Besitztum, das zu einem festen Bestandteil der „Person“, zum Habitus geworden ist S. 187)
(2.) in objektiviertem Zustand, in Form von kulturellen Gütern, Bildern, Büchern, Lexika, Instrumenten oder Maschinen, in denen bestimmte Theorien und deren Kritiken, Problematiken usw. Spuren hinterlassen oder sich verwirklicht haben, und schließlich
(3.) in institutionalisiertem Zustand, einer Form von Objektivation, die deswegen gesondert behandelt werden muß, weil sie — wie man beim schulischen Titel sieht — dem kulturellen Kapital, das sie ja garantieren soll, ganz einmalige Eigenschaften verleiht.
Bourdieu (1983, 187)
# 12Prof. Dr. Hartmut Ditton
Inkorporiertes Kapital ist ein Besitztum, das zu einem festen Bestandteil der „Person“, zum Habitus geworden ist…
Der Habitus erfüllt eine Doppelfunktion:
Er ist als Opus operatum (Werk, Produkt des Handelns) durch die elementaren Lebensbedingungen der sozialen Lage bestimmt
und zugleich als Modus Operandi (Handlungsweise, Art des Handelns) generatives Erzeugungsprinzip für Praxis.
Der Habitus ist geronnene Lebensgeschichte und zugleich Erzeugungsprinzip sozialer Praxisformen.
Habitus als vermittelndes Glied
# 13Prof. Dr. Hartmut Ditton
(Bourdieu, P. (1987). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 280)
Pierre Bourdieu (1983, 191)
# 14Prof. Dr. Hartmut Ditton
Das soziale Kapital
Das Sozialkapital ist die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind; oder, andersausgedrückt, es handelt sich dabei um Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen.
Pierre Bourdieu – Symbolisches Kapital
# 15Prof. Dr. Hartmut Ditton
Symbolisches Kapital
Oberbegriff der sich aus dem Zusammenwirken der drei Kapitalsorten ergibt.↓
Ansehen, guter Ruf, Prestige einer Person in der Gesellschaft↓
Rang in der Hierarchie der Gesellschaft
•Verweist darauf, wie man sozial wahrgenommen wird
•Wird u.a. durch Kleidung und Sprachverwendung offenbar
•Verweist auf den wahrnehmbaren Lebensstil, der in der Regel der sozialenLage entspricht
Logo Koala-S
Foto 2 Kinder
# 16Prof. Dr. Hartmut Ditton
KOALA-S
Kompetenzaufbau und Laufbahnen im Schulsystem
Eine Längsschnittuntersuchung an Grundschulen
Hartmut Ditton, Jan Krüsken, Andrea Niedermaier, Magdalena Schauenberg, Nicola Stahl
(www.koala-s.de)
* gefördert durch die DFG
# 17Prof. Dr. Hartmut Ditton
Zwei Erhebungswellen
1. Längsschnitt Jahrgangsstufe 3 4
2003 bis 2004 in Bayern
2. Ländervergleichender Längsschnitt Jahrgangsstufe 2 4
2005 in Bayern und Sachsen, 2. Jahrgangsstufe
2006 3. Jahrgangsstufe
2007 4. Jahrgangsstufe
2009 7. Jahrgangsstufe (Nacherhebung I)
2011 9. Jahrgangsstufe (Nacherhebung II)
# 18Prof. Dr. Hartmut Ditton
Bereiche der Untersuchung
Untersuchte Entwicklungsbereiche
Fachleistungen Weitere leistungsbezogene
Komponenten
Leistungsbezogene Einstellungen
Leistungstests in Deutsch und Mathematik *
erzielte Noten
Einschätzungen zu Leistungsentwicklung,
Begabungen, Fähigkeiten
Persönlichkeits-entwicklung
Arbeitsstil
Einbindung in die Klasse
Entwicklung von Schullust, Zutrauen in die eigene Begabung und Fachinteressen
Erwartungen / Empfehlungen zur Schullaufbahn bei Lehrkräften, Eltern und Schülern
# 19Prof. Dr. Hartmut Ditton
Erhebungsbereiche -Bedingungsfaktoren
Bedingungen des Kompetenzerwerbs
Individuell Familial Regional Schulisch
vorhandene Kompetenzen u. Begabungen
Interessen
Motivation
Vorwissen
kultureller und sozialer Hintergrund
Werte und Orientierungen
Formen elterlicher Unterstützung
lebens- und sozialräumliche Bedingungen
Sozial-regionales Milieu
Merkmale der Lehrkraft
Unterrichts-gestaltung
Klassenzusam-mensetzung
(eigene Darstellung)
# 20Prof. Dr. Hartmut Ditton
Stichprobe zu T1:
3. Klassenstufe (2003)
Stichprobe zu T2:
4. Klassenstufe (2004)
Zu beiden Messzeitpunkten vorhanden
SchulklassenSchüler
N = 30N = 719
N = 27N = 681
N = 27N = 650*N = 581**
Testteilnahme N = 693 N = 611 N = 561
Schülerfragebogen
N = 703 (98%) N = 611 (90%)N = 568
Elternfragebogen N = 626 (87%) N = 509 (75%) N = 457
*ohne 31 neu zugezogene Schüler zu T2
** ohne 31 weggezogene / nicht versetzte Schüler aus T1; 28 Schüler ohne Elternerlaubnis, 10 Schüler abwesend am Testtag,
Stichprobe in BAYERN (Ditton 2007, S. 31)
(eigene Darstellung)
# 21Prof. Dr. Hartmut Ditton, Universität München
Stichprobe – BAYERN und SACHSEN
Beteiligungsquoten von T1 bis T3
Sachsen Bayern Gesamtstichprobe
SchulklassenSchüler mit T1 Genehmigung
N = 35N = 582
N = 42N = 871
N = 77N = 1453
Davon Teilnahme... an allen Tests T1-T3*
N = 448 (77%) N = 753 (87%) N = 1201 (83%)
an allen drei Schülerbefragungen
N = 416 (71%) N = 722 (83%) N = 1183 (78%)
an allen drei Elternbefragungen
N = 626 (62%) N = 509 (66%) N = 457 (64%)
min. Elternfragebogen zu T3 (Übergang) vorhanden
N = 416 (83%) N = 483 (76%) N = 1080 (74%)
* 89% der Schüler aus den Klassen zu T1 erhalten die erste Teilnahmegenehmigung in beiden Ländern
** inkl. Ausfälle aufgrund weggezogener / nicht versetzter Schüler seit T1; Neuzugänge aus den gleichen Gründen in den Klassen seit T1 sind hier nicht berücksichtigt, da sie nicht für den Längsschnitt zur Verfügung stehen.
(eigene Darstellung)
# 23Prof. Dr. Hartmut Ditton
Von den Schulformwünschen zu den Schulanmeldungen ...
51,4
22,0
26,6
40,6
24,7
34,7
15,7
47,0
37,3
5,5
54,7
39,9
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
Hauptschule Realschule Gymnasium
Empfehlung
Anmeldung
Wunsch T1
Wunsch T2+24,9%
-22,3%
Nur wenige Eltern (max. 15,7%) möchten, dass ihr Kind auf eine Hauptschule (HS) geht.Demgegenüber erhalten 51,4% der Schüler eine Empfehlung für die HS und 40,6% werden an einer HS angemeldet
T1: Ende 3. Kl.T2: Ende 4. Kl.
(eigene Darstellung)
# 24Prof. Dr. Hartmut Ditton
Schulanmeldungen nach EGP-Klassen(Ditton 2007, S. 73)
Anmeldung an Schulform
74
4954
36
27
16
27
3328 27
16
25
36
45
73
111013
0
10
20
30
40
50
60
70
80
un- u. angel.
Arbeiter
Facharbeiter Selbständige Routine -
Dienstl.
Untere Dienstkl. Obere Dienstkl.
Pro
ze
nt
HS
RS
GY
Kinder der „oberen Dienstklasse“ besuchen zu 73%, Kinder von Arbeitern zu 10 bzw. 25% ein Gymnasium
(eigene Darstellung)
# 25Prof. Dr. Hartmut Ditton
Schulanmeldungen nach Migrationsstatus(Ditton 2007, S. 72)
Anmeldung nach Migrationsstatus
35,2
40,6
65
28,4
9,4 10
36,3
50
25
0
10
20
30
40
50
60
70
ohne Mig. ein Elternteil beide Elternteile
Migratiosstatus
HS
RS
GY
Kinder ohne Migrationshintergrund besuchen zu 35,2% eine Hauptschule; Kinder, deren beideEltern nicht in Deutschland geboren sind, zu 65%
(eigene Darstellung)
Was steckt dahinter?
# 26Prof. Dr. Hartmut Ditton
Wie kommen die erheblichen sozialen Disparitäten des Schulbesuchs zu Stande???
1. Unterschiede in den Eingangsleistungen und in derLeistungsentwicklung im Verlauf der Grundschulzeit
# 27Prof. Dr. Hartmut Ditton
Schulische Leistungen Ende der 3. und 4. Jahrgangsstufe(Krüsken, 2007, S. 43)
Die Leistungen steigen im Verlauf eines Schuljahres in allen 3 Bereichen deutlich an
# 28Prof. Dr. Hartmut Ditton
Schulleistungen und sozialer Hintergrund (3. Klasse)Krüsken, 2007, S. 45
Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Gesamt Schritt
B beta p > B beta p > B beta p > B beta p > B beta p >
Leistungsindex Klasse 3 (n = 521)
Konstante 217.82 .001 217.75 .001 230.20 .001 224.12 .001 199.98 .001 1
Schulabschluss 16.35 .31 .001 16.00 .31 .001 13.07 .25 .001 13.19 .25 .001 10.02 .19 .001
2 Muttersprache (D) 15.81 .11 .05 17.56 .12 .03 17.26 .12 .04 16.82 .12 .04
Migrationsstatus -10.45 -.16 .005 -8.14 -.13 .03 -8.24 -.13 0.3 -4.87 -.08 ns
3 EGP – Gruppe -5.30 -.11 .03 -5.37- -.11 .01 -4.24 -.09 .07
4 Geschlecht 4.20 .05 ns 5.05 .06 ns
5 Buchbestand 7.88 .16 .001
R2 .096 .161 (+.065) .169 .172 .188 (+.016)
18,8% der Unterschiede in den schulischen Leistungen am Ende der dritten Jahrgangsstufe
können auf Merkmale der sozialen Herkunft zurückgeführt werden, d.h.: die soziale Herkunft
hat einen erheblichen Einfluss auf das erreichte Leistungsniveau
# 29Prof. Dr. Hartmut Ditton
OD/UD = Obere und untere Dienstklasse
RD/SL = Routinedienstleistung und Selbständige
ARB = Facharbeiten und Arbeiter
EGP Klassenzuordnung der Eltern
Fehlerbalken zeigen 95,0% Konf idenzintervall(e) des Mittelwerts
Zuwachs in der Leseleistung
Zuwachs in der Rechtschreib leistung
Zuwachs in der Mathematikleistung
Lernzuwächse
10,0
20,0
30,0
40,0
Le
rnzu
wäc
hse
ad
justi
ert
32,6
n= 171
20,9
n= 139
12,1
n= 213
40,2
n= 174
30,5
n= 140
29,0
n= 215
26,1
n= 172
27,6
n= 137 19,3
n= 219
Lernzuwächse (Klasse 3 4) nach sozialem Status der Eltern
Der Leistungszuwachs in der vierten Klasse ist bei den Kindern aus höheren Schichten größer (z.B. „Lesen“: Kinder der Dienstklasse 32,6 vs. Kinder von Arbeitern 12,1 Punkte im Lesetest).
(eigene Darstellung)
# 30Prof. Dr. Hartmut Ditton
Lernzuwächse (Klasse 3 4) nach Migrationshintergrund
Familie ohne Migrationsgeschichte
ein Elternteil im Ausland geboren
beide Elternteile im Ausland geboren
MigrationsstatusFehlerbalken zeigen 95,0% Konf idenzintervall(e) des Mittelwerts
Zuwachs in der Leseleistung
Zuwachs in der Rechtschreib leistung
Zuwachs in der Mathematikleistung
adjustierte Lernzuwächse
0,0
25,0
50,0
Zu
wäc
hse
(S
D =
50
)
22,4
n= 410
30,8
n= 39
-1,0
n= 50
35,1
n= 415 28,5
n= 39
21,0
n= 51
24,2
n= 410
27,5
n= 40
23,2
n= 52
Der Leistungszuwachs ist bei Kinder, deren beide ElternIm Ausland geboren sind, im Lesen (und in Mathematik)geringer (0 Punkte/kein Zuwachs vs. 22,4 bzw. 30,8 Punkte).
(eigene Darstellung)
# 31Prof. Dr. Hartmut Ditton
Schulleistungen von Klasse 3 nach 4Krüsken, 2007, S. 47
Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Gesamt Schritt
B beta p > B beta p > B beta p > B beta p > B beta p >
Leseverständnis (n = 506)
Konstante 141.83 .001 128.31 .001 120.06 .001 122.73 .001 120.33 .001 1
Leseleistung T1 0.51 .55 .001 0.46 .49 .001 0.43 .46 .001 0.43 .46 0.43 0.43 .46 .001
2 Schulabschluss 13.06 .23 .001 13.02 .22 .001 11.99 .21 .001 12.06 .21 .001
3 Muttersprache (D) 17.11 .11 .01 16.90 .11 .01 16.90 .11 .01
4 EGP – Gruppe 1.58 .03 ns 1.58 .03 ns
5 Geschlecht 1.70 .02 ns
R2 .302 .349 (+.047) .360 (+.011) .361 .361
Mathematik(n = 507)
Konstante 148.24 .001 141.55 .001 127.52 .001 126.18 .001 129.06 .001 1
Mathematikleist. T1 0.54 .62 .001 0.51 .60 .001 0.51 .59 .001 0.51 .59 0.43 0.51 .59 .001
2 Schulabschluss 6.80 .12 .001 6.37 .12 .002 6.91 .13 .002 6.87 .13 .001
3 Muttersprache (D) 18.77 .13 .002 18.91 .13 .002 18.98 .13 .001
4 EGP – Gruppe 0.81 -.02 ns -0.82 -.02 ns
5 Geschlecht -1.70 -.02 ns
R2 .399 .413 (+.014) .430 (+.017) .430 .430
Differenzen in der Leistungsentwicklung zwischen den sozialen Gruppen
Bildungsstatus der Herkunftsfamilie und Muttersprache haben einen Einfluss auf die Leistungsentwicklung
Erstes Zwischenergebnis
# 32Prof. Dr. Hartmut Ditton
Erstes Zwischenergebnis:
Kinder aus höheren Schichten / bildungsnäheren Familien haben bereits in der dritten Klasse (auch schon in der zweiten und schon bei der Einschulung) einen deutlichen Leistungsvorsprung.
Im Verlauf der Grundschulzeit entwickeln sich die schulischen Leistungen zwischen den sozialen Gruppen noch (etwas) weiter auseinander.
(vgl. auch: Ditton & Krüsken 2009)
# 33Prof. Dr. Hartmut Ditton
2. Unterschiede in den Bildungsaspirationen der Eltern,den Übertrittsempfehlungen der Lehrkräfte sowie den Anmeldungen an den weiterführenden Schulen durch die Eltern
# 34Prof. Dr. Hartmut Ditton
Logistische Regression: Gymnasialbesuch(vgl. auch Ditton 2010 und 2013a)
Aspirationen Empfehlungen
Modell I Modell II Modell III Modell I Modell II Modell III
Exp(B) sig. Exp(B) sig. Exp(B) sig. Exp(B) sig. Exp(B) sig. Exp(B) sig.
Noten D .391 ** .352 ** .107 ** .087 **
M .563 ** .543 ** .296 ** .313 **
HSK .825 n.s. .794 n.s. .466 ** .496 **
Bildung RS 2,82 * 3,018 * 1,94 * 1,98 n.s.
Vater GY 8,84 ** 9,279 ** 4,21 ** 3,92 **
R-Quadrat .352 .228 .505 .645 .101 .669
(Nagelkerkes)
Werte < 1.0 bedeuten reduzierte Chancen, Werte > 1.0 erhöhte ChancenAbhängige Variable: Gymnasialbesuch (ja/nein) – Odds Ratios
Die (voraussichtlichen) Empfehlungen der Lehrkräfte sind in etwa „doppelt“ so stark an den Leistungenund nur „halb“ so stark am sozialen Status ausgerichtet wie die Bildungsaspirationen der Eltern
# 35Prof. Dr. Hartmut Ditton
Ein „Pfadmodell“vgl. auch Ditton 2007, S. 89ff (Kap. 4)und wiederum: Ditton 2010, 2013a
Empfehlung
Status
Bildung
Migration
Geschlecht
Noten
Leistung
Aspiration
11
22
15
19
-59
09
1709
-86
.58
.05
.28
.31
CHI-Q.: 253, df = 56; GFI=.93, AGFI=.85; SRMR=.046
r =.78
05
Kog. Fähigk. 11
50
-79
Die Noten sind eng auf die Leistungen bezogen (r=-.79) und die Empfehlungen auf die Noten (r= -.86)(und Leistungen).
Die sekundären Effekte (grün) auf die Aspirationen der Eltern sind bedeutsamerals die sek. Effekte auf die Empfehlungen
# 36Prof. Dr. Hartmut Ditton, Universität München
Abweichungen der Schulanmeldungen von den Übertrittsempfehlung nach sozialem Status (Ditton & Krüsken 2010)
6,78,8
24,022,0
20,5
9,3
38,5
8,8
20,0
36,5
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
unte
re
Schic
ht
mittlere
Schic
ht
obere
Schic
ht
unte
re
Schic
ht
mittlere
Schic
ht
obere
Schic
ht
SN: Statusgruppe (nach ISEI-
Wert)
BY: Statusgruppe (nach
ISEI-Wert)
Pro
zen
t
GY bei mittlerer
Empfehlung (MI/RS)
ungenutzte GY-
Empfehlung (Mi/RS
satt GY)
SACHSEN BAYERN
36.5% der bay. Eltern aus derUnterschicht melden trotz einerGymnasialempfehlung ihr KindNICHT an einem Gymnasium an.
Ditton & Krüsken 2010, S. 43
# 37Prof. Dr. Hartmut Ditton
Zweites Zwischenergebnis:
Sowohl die Übertrittsempfehlungen der Lehrkräfte, besonders aber die Bildungsaspirationen der Eltern sind sozial selektiv.
Die Empfehlungen der Lehrkräfte sind weitaus enger auf die schulischenLeistungen bezogen und insofern „objektiver“ als die Wünsche der Eltern.
Viele Eltern unterer Schichten verzichten auf eine Gymnasialanmeldung, selbst wenn das Kind für das Gymnasium geeignet ist und eine entsprechendeÜbertrittsempfehlung hat (bei der Oberschicht ist es „umgekehrt“).
Für Bildungsungleichheit sind sowohl primäre als auch sekundäre Effekterelevant. Unseren Daten nach sind allerdings die primären Effekteinsgesamt bedeutsamer (vgl. Ditton 2010 und 2013a).
# 39Prof. Dr. Hartmut Ditton
Gründe für die Schulwahl der ElternDitton 2007, S. 90
Gründe für die Schulwahl
3,53
3,20
2,552,39
1,86
1,53 1,49
1
2
3
4
gu
te
be
ruflic
he
Ch
an
ce
n
gu
ter
Ru
f d
er
Sch
ule
gu
te
Err
eic
hb
ark
eit
Sch
ule
na
h a
n
de
r W
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Fre
un
de
de
s
Kin
de
s
Fre
un
de
,
Ve
rwa
nd
te,
Be
ka
nn
te
ae
lte
re
Ge
sch
wis
ter
Mit
telw
ert
Wichtigste Gründe bei der Wahl der Schulform durch die Eltern (höherer „Balken“) sind „ gute beruflichen Chancen“ und der „gute Ruf der Schule“
# 40Prof. Dr. Hartmut Ditton
Einschätzung der beruflichen Chancen mit Abschluss der ...(Ditton 2007, S. 92)
25,7
0,9 0,4
61,2
7,8
2,6
11,2
81,0
42,5
1,9
10,2
54,4
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
90,0
HS RS GY
sehr schlecht
eher schlecht
eher gut
sehr gut
Eltern schätzen die „beruflichen Chancen“ mit einem HS-abschluss als sehr ungünstig ein.
# 41Prof. Dr. Hartmut Ditton
Diskussion
Lehrkräfte tun (weitgehend) das, was sie von ihrem Auftrag her tun sollen
• Die Übertrittsempfehlungen sind eng auf die schulischen Leistungen bezogen
• Die „Aspirationen“ der Eltern gehen zum Teil in die Empfehlungen mit ein
• Besonders in „Zweifelsfällen“ greifen Lehrkräfte auf weitere „Informationen“ zurück
Sekundäre Effekte wirken allerdings ebenfalls
• Abbau von „Kosten“ und „Bildungs-Barrieren“ sind daher ebenfalls wirksam
„Primäre Effekte“ sind von erheblicher Bedeutung für die Schullaufbahn
• Abbau sozialer Selektivität durch eine Verringerung der
Leistungsdifferenzen (frühe Diagnose-, Förder- und Ganztagsangebote)
# 42Prof. Dr. Hartmut Ditton
Was könnte man tun??
Abbau von Effekten der sozialen Herkunft: Was könnte wirken??
•Frühe Förderung schwacher Schüler schon vor Beginn der Schulzeit
•Ganztagsbetreuung / Ganztagsschule (intensivere, individuellere Förderung)
•Größere Transparenz der schulischen Anforderungen
•Späterer Zeitpunkt des Übertritts (Orientierungsphase in Jg.stufe 5/6)
•Stärker integriertes / weniger stark differenziertes schulisches System
•Größere Durchlässigkeit des schulischen Systems (bes. von „unten“ nach „oben“).
Aktuelle Reformüberlegungen in mehreren Ländern:
Gemeinsame 5-/6-jährige Primarphase, „zweigliedriges“ Schulsystem
# 43Prof. Dr. Hartmut Ditton
Literaturhinweise
BAUMERT, J./MAAZ, K./TRAUTWEIN, U. (Hrsg.). (2009). Bildungsentscheidungen. (Sonderheft 12-2009 der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Ditton, H.; Krüsken, J. (2006). Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9(4).
Ditton, H. (Hrsg.). (2007). Kompetenzaufbau und Laufbahnen im Schulsystem. Eine Längsschnittuntersuchung an Grundschulen. Münster: Waxmann.
Ditton, H. & Krüsken, J. (2009): Denn wer hat, dem wird gegeben werden? Eine Längsschnittstudie zur Entwicklung schulischer Leistungen und den Effekten der sozialen Herkunft in der Grundschulzeit. In: Journal für Bildungswissenschaft, 1(1), S. 33-61.
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Krüsken, J. (2007). Entwicklung von Schülerleistungen und Zensuren in der Grundschule In: H. Ditton (Hrsg.). Kompetenzaufbau und Laufbahnen im Schulsystem. Ergebnisse einer Längsschnittuntersuchung an Grundschulen. Münster: Waxmann