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SPRACHENVIELFALT UND SPRACHSPUREN IN
AFRIKA
Gerrit J. DimmendaalInstitut für Afrikanistik
02.11.2009 Sprachenvielfalt & Sprachspuren in Afrika 2
1.Sprachenvielfalt
Etwa 2000 Sprachen auf dem afrikanischen Kontinent (30 Prozent aller Sprachen weltweit)
Wie Stelle ich genetische Verwandtschaft fest?
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Deutsch und Hausa (eine Sprache mit etwa 100 Millionen Sprechern in Nigeria, Niger usw):
Hausa Germanleeee Lippe ‘lip’hannuu Hand ‘hand’arfii Kraft ‘strength’
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Erklärungen:
Zufall
Hausa Germanjikii Körper ‘body’shaa trinken ‘drink’biyu zwei ‘two’
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Lautsymbolik (inkl. onomatopoetische Wörter)
gackeln (Deutsch)cackle (English) kokola (Swahili)kyarkyara (Hausa)
→ Entlehnung (nur relativ selten bei Grundvokabular)
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Verwandtschaft (Sprachfamilien) Systematische Übereinstimmung in Form und Bedeutung im
Grundvokabular und bei grammatischen Morphemen.
Bobangi Kinyarwanda
Luba-Kasai
Nyamwezi Swahili Zulu
Zählen -bal- -ar- -bal- -Bal- (hesabu) -al-
machen, basteln
-uumb- -buumb- -BUUmb- -umb- -umb-
Brust -bElE -eere -beele -Beele. -bele‘vor’ -ele
Regen -bula -vura -vula -bula -vua -vula
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Wilhelm Bleek (1827-1875)
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Sigismund Koelle (1820-1902) als Missionar in Sierra
Leone tätig Sammelte Wörter
(Grundvokabular) und einfache Sätze in etwa 120 Sprachen
Ergebnis (1854 in der Polyglotta Africana veröffentlicht): Es gibt mindestens 12 Sprachfamilien auf dem Kontinent
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Joseph H. Greenberg (1915-2001) veröffentlichte 1963 The
Languages of Africa Wichtigste Feststellung:
Es gibt vier Sprachfamilien auf dem afrikanischen KontinentAfroasiatischNiger-KongoNilosaharanischKhoisan
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Neuere Ansichten: Mindestens 22 Sprachfamilien,
darunter mehrere isolierte Sprachen
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Sprachökologie und Sprachkontakt
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Technologische Innovation (Ackerbau, Eisen, Rinder-nomadismus usw.) Klimawechsel
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Sehr wichtig: Soziale Faktoren (welche Rolle spielt die Sprache in einer bestimmten Gesellschaft, z. B. als Emblem für eine bestimmte soziale Identität)
→ Ein Beispiel: Sprachenvielfalt in den Nubabergen, Sudan
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Die Nubaberge
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2. Sprachspuren und Sprachkontaktphänomene Entlehnung (lexikalisch, grammatisch und
strukturell, inkl. Konvergenz zwischen Sprachen)
Sprachwechsel und –verlust: Dominanz regionaler und nationaler Verkehrssprachen (meistens afrikanische Sprachen)
Pidginisierung und Kreolisierung Sprachmanipulation (synkretische Sprachen)
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Pidginisierung und Kreolisierung Wikipedia:
Der Begriff Pidgin-Sprache (eigentlich nur: „Pidgin“) bezeichnet eine reduzierte Sprachform, die verschiedensprachigen Personen zur Verständigung dient.Kreolsprachen sind Sprachen, die in einer Sprachkontaktsituation aus mehreren Sprachen entstanden sind, wobei oft ein Großteil des Wortschatzes der neuen Sprache auf eine der beteiligten Kontaktsprachen zurückgeht. Nach dem Prozess der Kreolisierung ist dann vor allem die Grammatik, oft auch das Lautsystem der neuen Sprachen von jenen der beteiligten Ausgangssprachen deutlich unterscheidbar. In machen Fällen entwickelt sich eine Kreolsprache durch einen Prozess des Sprachausbaus zu einer Standardsprache. Im Unterschied zu den Pidginsprachen sind Kreolsprachen Muttersprachen.Kreolsprachen mit X -basiertem Wortschatz sowie auch grammatischen Morphemen und ihre afrikanische Spuren (Englisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch, Niederländisch, Deutsch)
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Substrateinflüsse aus westafrikanischen Kwa (Niger-Kongo)
Sprachen: Grammatik, Wortreihenfolge, Phonologie, Idiome Französisch-basiert: Haitianisch
kay-li pi-gra pase kay pa-mhouse-3SG more-big surpass house POSS-1SG‘his house is bigger than my house’
Mari ak Jan ale nan macheMary with John go in market‘Mary went with John to the market’
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Haitianisch: krab [mwen ] sa a yo
Fongbe: asOn nyE tOn elO O lEcrab me GEN DEM DEF PL
Französisch:ce(s) crabe(s) a moi‘these/those crabs of mine (in question that we know of)’
Idiome:
dan ap manje mZahn IMP essen 1SG‘Ich habe Zahnschmerzen (lit. Zahn isst mich)’
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Englisch-basiert: Nigerian Pidgin English (hat sich historisch aus dem Krio in Sierra Leone entwickelt) Serielle Verben:
→ a tek knife cut di bread→ 1SG take knife cut DEF bread→ ‘I cut bread with a knife’
→ a bay moto give dem→ 1SG buy car give 3PL→ ‘I bought a car for them’→ Gullah Creole English:
→ i tal pas mi→ 3SG tall pass 1SG→ ‘he is taller than I’→ Haitian Creole:
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Sprachmanipulation: Argots (Metapher, Metonymie, Hyperbole, Dysphemism, Synecdoche)
Jugendsprachen in afrikanischen Großstädten
→ Nouchi (Französisch in Abidjan, Elfenbeinküste)
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Nouchi Bedient sich der englischen Suffixe wie z.B. –ing oder –man für einen
produktiven Gebrauch:
Cherch-ing „auf der Suche nach Geld“
Französische derivative Suffixe werden an Lexeme von verschiedensten Nicht- Französischen Sprachen suffigiert:
Djibut-eur „Hexer (Jula: jigbo- Fetisch Zeremonie)
Bedient sich Jula Suffixen, die an Verben oder Nomen suffigiert werden, um Zustand, Qualität oder ein anderes Nomen zu formen:
Toutou-ya „eine Prostituierte sein (Laut von Engl.: two-two „two shillings twopence“, der Preis für eine Prostituierte. –ya ist ein Jula Suffix)
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Metapher:
Roi du soleil „Dieb, der Kleidung klaut, die zum Trocknen in die Sonne gelegt wurde“
Steki „Freundin“ (Engl. Steak)
Metonymie:
Yalan „Libanese“ (Arab. ya allah – oh Gott)
Prendre Sol „ausgeknockt werden“
Sentiment „das (angeberische) Verhalten der Europäer und Amerikaner
Le Kofi Annan „der Schwarzmarkt“
Semantische Manipulationen
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Et le mouvement c est comment? „Und wie steht‘s hier?“
Mon frère il y´a pas drap. Et chez toi, en forme? „Alles klar Bruder. Und bei dir?“
Quai, ca bouge ici. Il y´a Foyi. „Ja, alles läuft. Kein Problem.“
Ou elle est flèke- flèke? „Wo ist die denn dünn/ wabbelig?“
Mais sa maison est gnagamignagami. „Ihr Haus ist so durch-einander/ chaotisch“
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!